John Sinclair 2392 - Stephen Kruger - E-Book

John Sinclair 2392 E-Book

Stephen Kruger

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Beschreibung

In der Wand regte sich etwas. Eine gefangene Seele, verschmolzen mit dem alten Stein, erwachte aus langem Schlaf.
Dunkelheit umfing die nächtliche Szenerie des majestätischen National Theatre. Weiter unten spiegelte sich das fahle Mondlicht in der Themse. Nebel wallte auf, breitete sich aus und kroch durch die nächtlichen Straßen Londons.
Ein Murmeln drang aus der Wand, als die ruhelose Seele begriff, was passierte.
Jemand kam!
Das war nichts Ungewöhnliches, hier herrschte ständig Betrieb. Und doch war in dieser Nacht etwas anders. Die Seele spürte, dass es so weit war. Spürte, dass es begann. Endlich. Ihre Zeit war gekommen.


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Inhalt

Cover

Tränen aus Stein

Briefe aus der Gruft

Vorschau

Impressum

Tränen aus Stein

von Stephen Kruger

In der Wand regte sich etwas. Eine gefangene Seele, verschmolzen mit dem alten Stein, erwachte aus langem Schlaf.

Dunkelheit umfing die nächtliche Szenerie des majestätischen National Theatre. Weiter unten spiegelte sich das fahle Mondlicht in der Themse. Nebel wallte auf, breitete sich aus und kroch durch die nächtlichen Straßen Londons.

Ein Murmeln drang aus der Wand, als die ruhelose Seele begriff, was passierte.

Jemand kam!

Das war nichts Ungewöhnliches, hier herrschte ständig Betrieb. Und doch war in dieser Nacht etwas anders. Die Seele spürte, dass es so weit war. Spürte, dass es begann. Endlich. Ihre Zeit war gekommen.

»Und du bist sicher, dass wir das durchziehen sollen?«, fragte Dex, als Nina den Rucksack absetzte und zwei Farbsprühdosen herausnahm.

Seine Freundin blickte zu ihm auf. »Bist du bescheuert? Klar ziehen wir das durch! Das ist ja wohl die perfekte Location für unser Vorhaben, oder nicht?«

Dex zögerte. Okay, es stimmte, besser als hier ging es kaum. Sie standen auf einem breiten Vorsprung in der nackten Betonfassade des Royal National Theatre, etwa fünf Meter über der Eingangsebene.

Es war mitten in der Nacht, doch einzelne Abschnitte des Gebäudes wurden in wechselnden Farben angestrahlt. Der Mond stand voll am Himmel und tauchte alles in silbrigen Schein. Von der Themse her wehte ein kalter Wind, der Nebelschwaden in den Himmel trieb.

Die beiden waren begeisterte Sprayer, die schon so manche Wand mit ihren Schriftzügen und Gemälden dekoriert hatten, und dies hier war der ideale Ort dafür.

Das National Theatre war ein hässlicher futuristischer Betonklotz, den ein wenig Farbe nur verschönern konnte. Und genau dafür würden Nina und Dex in dieser Nacht sorgen.

Die Fassade, die sie dafür ins Auge gefasst hatten, war der South-Bank-Promenade zugewandt. So würde ihr Kunstwerk, wenn es erst einmal fertig war, schon aus weiter Ferne zu sehen sein.

Nina hatte einen großen Drachenkopf entworfen, den sie an die Wand bringen wollten. Damit würden sie garantiert für Aufsehen sorgen ...

In der Ferne schlug Big Ben zur vollen Stunde.

Eine Stunde nach Mitternacht!

»Kriegst du etwa Schiss?«, fragte Nina. Sie war genauso gekleidet wie Dex: schwarzer Hoodie, schwarze Jeans, dunkle Sneaker. Da sie beide ihre ebenfalls dunklen Schlaufenschals bis unter die Augen hochgezogen hatten und zudem die Kapuzen ihrer Hoodies trugen, war Ninas Lippenpiercing ebenso wenig zu sehen wie ihr rotgefärbtes Haar.

Schnell schüttelte Dex den Kopf. »Natürlich nicht«, versicherte er. Was sollte er auch sonst sagen? Sie waren seit ein paar Monaten ein Paar, aber verknallt war er schon seit der siebten Klasse in sie.

»Dann los«, sagte Nina. »Wir müssen uns an unseren Zeitplan halten.«

»Und die Wachleute machen wirklich nur um zwölf und drei ihre Rundgänge?«

»Sparmaßnahmen, ja. Hat Max jedenfalls gesagt. Und er muss es wissen, immerhin arbeitet sein Dad hier. Die Kameras zeichnen auch nur auf, da sitzt keiner vor irgendwelchen Überwachungsmonitoren. Und ist ja nicht so, als könnte uns jemand erkennen, so wie wir aussehen.«

Ohne ein weiteres Wort nahm Nina ihre beiden Spraydosen und trat hinüber zur Wand.

Dex zögerte noch einen Moment, dann setzte auch er seinen Rucksack auf dem Boden ab und holte ebenfalls zwei Farbdosen daraus hervor.

Er war noch immer über seine Tasche gebeugt, als ihn ein eisiger Schauer durchlief. Schlagartig schien die Temperatur um mehrere Grad gefallen zu sein.

Dex konnte sehen, wie sein Atem vor seinen Lippen kondensierte.

Was zum Teufel ...?, dachte er. Aber es war vermutlich nur irgendein seltsames Wetterphänomen. Ja, so musste es sein.

Er richtete sich auf und trat an die Mauer, wo er sich rechts neben seine Freundin stellte. Eine der Spraydosen hielt er in der herunterhängenden linken, die andere einsatzbereit wie eine Pistole in der rechten Hand.

Nina blickte zu ihm herüber. »Fertig?«

»Fertig!«

Gerade wollte er seine erste Linie ziehen, als plötzlich etwas an seine Ohren drang.

Suchend sah er sich um. Was war das? Es klang fast wie ... Er kniff die Augen zusammen. Sang da jemand?

»Was ist?«, fragte Nina und hielt in der Bewegung inne. Sie hatte gerade das Maul des Drachen umrissen und fing nun an, die erste Füllfarbe aufzusprühen.

»Hörst du denn nichts?«

Sie schnaubte. »Was soll ich denn hören? Den Wind vielleicht? Außer uns ist hier keiner.«

Und doch war Dex sicher, dass er Gesang gehört hatte. Es war aber zu leise gewesen, als dass er wirklich etwas hätte verstehen können. Und jetzt war auch wieder alles still.

Mit einem Kopfschütteln hob er die Farbdose wieder an und begann, den Hinterkopf des Drachen an die Wand zu sprühen.

Es dauerte jedoch nicht lange, bis er es erneut hörte.

Kein Zweifel, es war eine Stimme. Sie sang. Und dieses Mal klang sie näher.

Viel näher.

»In der Mauer, auf der Lauer, sitzt ein kleines Monster ...«

Sofort setzte er die Sprühdose ab und sah sich wieder um.

In beide Richtungen erstreckte sich nur die nackte Wand aus Sichtbeton. Da war niemand. Hinter ihnen auch nicht. Und von unten war die Stimme eindeutig nicht gekommen.

Nina sprühte weiter in aller See‍lenruhe das Drachenmaul auf den Beton. Es war offensichtlich, dass sie nichts gehört hatte. Vermutlich ganz einfach, weil da auch nichts gewesen war.

Kopfschüttelnd setzte Dex die Farbdose abermals an und betätigte die Sprühdüse. Doch anstatt den Arm in einer Kurve nach oben zu bewegen, wie er es eigentlich vorgehabt hatte, führte er ihn in einer geraden Linie nach unten.

Und zwar ganz ohne sein Zutun!

Zuerst begriff er selbst nicht, was da passierte. War er abgerutscht? Doch dann zog er eine weitere Linie. Dieses Mal nach rechts.

Sein Arm bewegte sich von selbst!

»Hey, was machst du denn da für 'nen Scheiß?«, beschwerte sich Nina.

Eine weitere Linie nach oben. »Ich ... kann nichts dafür«, stotterte Dex. »Mein Arm ...«

»Was ist mit deinem Arm?«

»Er ... er bewegt sich von allein!« Dex wusste, wie doof das klingen musste. Aber es stimmte. Es war, als wäre sein Arm plötzlich nicht mehr Teil seines Körpers. So als hätte er ein Eigenleben entwickelt.

Und anstatt der Umrisse eines Drachenkopfs sprühte er jetzt eine rechteckige Form auf den Beton. Etwas, das aussah wie ... eine Tür? Ein Tor?

»Willst du mich verarschen?«, schimpfte Nina. »Nimm die Dose runter und hör auf, du versaust uns ja noch alles!«

Dex versuchte es, er versuchte es wirklich, aber er konnte nicht. Er hatte keine Gewalt mehr über seinen Arm.

Da hörte er es wieder.

»In der Mauer, auf der Lauer, sitzt ein kleines Monster ...«

Er sah Nina an, um sie zu fragen, ob sie die Stimme jetzt auch gehört hatte. Doch etwas stimmte nicht, das konnte er deutlich daran erkennen, wie panisch weit ihre Augen unterhalb der tief sitzenden Kapuze aufgerissen waren.

»Was ist denn das für ein kranker Scheiß?«

Dex schluckte hart. Er wusste nicht, ob er sehen wollte, was Nina so einen Schrecken eingejagt hatte, aber der Impuls, ihrem Blick zu folgen, war zu stark.

Er bereute es in dem Moment, in dem er wieder nach vorn sah und das dunkelrote, dickflüssige Etwas bemerkte, das aus dem Mauerwerk hervorquoll und in kleinen Rinnsalen die Wand hinunterlief.

War das ... Blut?

Fuck, ja, das sah aus wie Blut! Okay, das war jetzt eindeutig nicht mehr normal.

Dex wollte zurückweichen. Abhauen. Bloß weg von hier.

Doch jetzt war es nicht mehr nur sein Arm, der ihm nicht gehorchte. Auch über seine Beine hatte er keine Gewalt mehr. So sehr er sich auch anstrengte, er konnte sie nicht bewegen.

Hilfesuchend sah er seine Freundin an. Entsetzen lag in Ninas Blick.

Da erklang der Gesang erneut. Dieses Mal direkt vor Dex. Ein Zittern durchlief seinen Körper, als er wieder nach vorn sah.

Im selben Moment schoss etwas aus der inzwischen mit Blut besudelten Betonwand hervor.

Eine Hand!

Die Finger, lang und knochig und irgendwie falsch, als hätten sie ein Gelenk zu viel, schlossen sich um seinen rechten Unterarm. Die Sprühdose rutschte aus seiner Faust und fiel runter, und Dex wurde in Richtung Wand gezogen.

Er versuchte sich loszureißen, konnte sich aber nicht aus dem Griff befreien. Wie ein Schraubstock lagen die Finger um seinen Unterarm.

»Nina!«, rief er in Panik. »Nina, hilf mir!«

Doch seine Freundin stand nur wie versteinert da, starrte ihn ungläubig an.

Eine weitere Hand drang aus der Wand hervor, umklammerte seinen anderen Arm.

Scheppernd landete auch die zweite Sprühdose, die er die ganze Zeit noch festgehalten hatte, auf dem Boden.

Mit einem Aufschrei nahm Dex seine ganze Kraft zusammen. Doch ganz gleich, wie sehr er auch zerrte, wie wild er sich auch mit seinem gesamten Gewicht nach hinten warf, es half nichts.

Die Hände zogen ihn immer näher und näher zur Wand, und es gab nichts, absolut gar nichts, was er dagegen tun konnte.

Seine Schreie verklangen, als er mit unbarmherziger Kraft in die Wand gezogen wurde. Das vorhin noch feste Mauerwerk fühlte sich jetzt weich wie Gelee an. Wie eine glibbernde Masse, die Dex umschloss, als er in sie eintauchte.

Das Letzte, das er wahrnahm, war, wie ihn Finsternis umfing. Dann war da nichts mehr ...

»D-Dex?«

Nina konnte einfach nur dastehen und auf die Stelle starren, an der Dex gerade noch gewesen war, bevor er von schauerlich aussehenden Händen in die Fassade gezogen worden war.

Die Sprühdosen, die sie die ganze Zeit fest umklammert hatte, rutschten aus ihren plötzlich schlaff gewordenen Fingern und fielen scheppernd zu Boden.

»Dex!«

Mit zittrigen Beinen ging sie auf die Wand zu, in der ihr Freund soeben verschwunden war. Ihre Zähne klapperten aufeinander, und ihr Körper war von kaltem Schweiß bedeckt.

Zögernd streckte sie eine Hand aus und berührte die Wand. Dann zog sie die Finger mit einem schmerzerfüllten Zischen zurück.

Der Beton war glühend heiß!

Dex! Was war mit Dex? Wo war er?

Tränen traten ihr in die Augen. Die unheimlichen Hände waren längst verschwunden, aber sie konnten jederzeit wieder auftauchen. Ihr Instinkt schrie, dass sie weglaufen musste.

Aber was würde dann aus Dex werden? Sie konnte ihn doch nicht einfach zurücklassen!

Sie holte tief Luft und sah sich die Stelle, an der sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte, noch einmal genauer an. Da war noch immer Blut an der Wand – und diese merkwürdige Tür, die Dex darauf gesprüht hatte.

Ein Geräusch kam plötzlich aus der Wand, von dort, wo Dex verschwunden war. Es klang irgendwie feucht und widerlich, wie ein ... Schmatzen.

Nina machte einen Schritt zurück. Sie musste hier weg, und zwar schnell. Hilfe holen. Vielleicht war Dex ja noch irgendwo. Hinter der Wand möglicherweise.

Ohne den Blick von der Wand zu nehmen, trat sie noch einen weiteren Schritt nach hinten.

Da regte sich etwas in der Wand. Etwas darin wölbte sich nach außen. Als würde ein Körper gegen eine weiche Membran gepresst.

Und plötzlich kam ein Kopf zum Vorschein.

Nina riss die Augen auf. »D-Dex?«

Doch es war nicht der Kopf ihres Freundes, der sich durch die Wand drückte. Es war kein menschlicher Kopf, sondern etwas, das nur entfernt daran erinnerte.

Die Züge des Gesichts waren wie in Stein gemeißelt, doch anders als bei einer Statue wirkten sie grob und verzerrt und irgendwie falsch. Die Haut oder was Haut sein sollte, war rissig, und es schienen auch immer wieder ganze Stücke herauszubrö‍ckeln.

Das Einzige, was irgendwie lebendig wirkte, waren die Augen, die von einem dämonischen Feuer erfüllt waren.

Es war schauderhaft. Unwillkürlich wich Nina noch weiter zurück, während dem Kopf breite Schultern folgten, schief und verrenkt wirkend, Arme wie Betonpfeiler und ebensol‍che Beine.

Ein Schrei verließ ihre Kehle, während sie noch einen Schritt nach hinten machte. Ein weiterer Schrei folgte, als sie plötzlich mit dem Absatz ihres rechten Schuhs gegen etwas stieß.

Nina spürte, wie sie das Gleichgewicht verlor. Hilflos ruderte sie mit den Armen, doch es war zu spät.

Mit einem erstickten Schrei stürzte sie rückwärts vom Vorsprung.

Ihr Fall dauerte nur wenige Augenblicke, dann schlug sie mit dem Rücken auf dem Boden auf, ihr Kopf schleuderte nach hinten und knallte auf den Asphalt.

Sofort wurde sie umfangen von gnädiger Bewusstlosigkeit.

So bekam sie zumindest nicht mehr mit, wie das grauenvolle Wesen aus der Wand mit einem Satz auf die Promenade sprang. Ein Grollen ließ den Boden erzittern, als es mit einem seiner breiten, unförmigen Füße auf ihr landete und ihren Brustkorb unter sich zerquetschte.

Völlig ungerührt richtete sich das Steinwesen zu voller Größe auf und ging mit ruckartigen, zuckenden Bewegungen weiter, bis es schließlich neben dem National Theatre verschwand und von der Dunkelheit verschluckt wurde.

»In der Mauer, auf der Lauer, saß ein kleines Monster ...«

Mitten in der Nacht an einen Tatort gerufen zu werden, hat durchaus einen Vorteil: Das Risiko, auf der Fahrt in einen Stau zu geraten, ist ziemlich gering.

So kamen Suko und ich dann auch gut durch, als wir uns um kurz nach drei auf dem Weg zum National Theatre befanden. Die Waterloo Bridge, über die wir mussten, um auf die andere Seite der Themse zu gelangen, tauchte schon eine Viertelstunde, nachdem wir in Soho losgefahren waren, vor uns auf.

Trotzdem war meine Laune bescheiden. Ich war noch platt vom letzten Fall, der mich nach Südfrankreich und in die Pyrenäen verschlagen hatte, zumal ich erst vor wenigen Stunden in London gelandet war. Mein Partner jedoch wirkte trotz der frühen Stunde ausgeschlafen und fit. Keine Ahnung, wie er das immer hinbekommt.

Während er den Audi A6 routiniert über die Waterloo Bridge lenkte, lehnte ich mich einen Moment im Beifahrersitz zurück und blickte nach links aus dem Seitenfenster. Was ich sah, waren Sommerset House und The Gherkin auf der North Bank, auf der gegenüberliegenden South Bank The Shard, OXO Tower und Tate Modern. Dazwischen die hell beleuchtete Kuppel von St. Pauls Cathedral.

In diesem Moment wirkte London, die eigentlich niemals schlafende Stadt, ruhig und friedlich. Doch leider erweist sich die Metropole an der Themse immer wieder als beliebtes Ziel nicht nur für Touristen, sondern auch für Dämonen und andere Höllenwesen.

Nachdem wir die Brücke überquert hatten, war zu unserer Linken das National Theatre zu sehen, eines der umstrittensten Bauwerke Londons. Mit seinem brutalistischen Baustil ist es von der Londoner Bevölkerung sowohl zu einem der zehn beliebtesten als auch zu einem der zehn meistgehassten Gebäude der Stadt gewählt worden.

Nachdem wir das gewaltige IMAX-Gebäude umrundet hatten, fuhren wir wieder in Richtung Brücke zurück, bogen aber auf halber Strecke nach rechts ab. Anschließend ging es weiter, bis wir die Theatre Ave erreichten. Dieser folgten wir zur Themse hinunter, wo Suko den Audi seitlich des National Theatre abstellte.

Von dort ging es zu Fuß weiter. Der Nachthimmel über uns war wolkenverhangen. Ich stellte den Kragen meiner Jacke hoch. Zwar war es nicht wirklich kalt, aber von der Themse her blies ein scharfer Wind.

Es dauerte nicht lange, bis wir unser Ziel erreichten, das mit Absperrband weiträumig von der South-Bank-Promenade, die direkt am Ufer der Themse entlang verlief, abgetrennt war.

Wir zeigten einem Beamten unsere Dienstausweise und stiefelten dann schnurstracks auf die grellen Lichter zu, mit denen die Leute von der Spurensicherung den Tatort ausleuchteten. Die waren auch schon in ihren weißen Ganzkörperanzügen fleißig bei der Arbeit.

»Aber angemacht wird erst, wenn ich es sage!«, hörten wir Tanner von Weitem einem Beamten zurufen, der über ihm auf einem Mauersims stand. Dann bemerkte er uns, hob zum Gruß die Hand und kam uns entgegen.

Tanner ist Chiefinspektor der Mordkommission. Er war es auch gewesen, der uns aus den Betten geklingelt und herbestellt hatte. Er weiß, mit welchen Fällen sich unsere kleine Spezialabteilung beim Scotland Yard befasst.

»Und? Was haben wir?«, fragte ich, nachdem wir die Begrüßung hinter uns hatten.