Julia Best of Band 209 - Emma Darcy - E-Book

Julia Best of Band 209 E-Book

Emma Darcy

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Beschreibung

SCHICK MIR KEINE ROSEN … Die Nacht mit ihm war traumhaft, doch Ivy weiß: In einen Casanova wie Milliardär Jordan Powell sollte sie sich nicht verlieben! Wenn bloß ihr dummes Herz nicht jedes Mal so heftig schlagen würde, sobald er ihr wieder rote Rosen schickt! STÄRKER NOCH ALS LEIDENSCHAFT Wiedersehen in Sydney: Zwischen Nicole und ihrem Ex-Geliebten Quin prickelt es noch immer heiß! Früher war dem attraktiven Millionär Geld wichtiger als Liebe. Aber würde Quin sie so leidenschaftlich küssen, wenn nicht auch sein Herz im Spiel wäre? DU LÄSST KEINE WÜNSCHE OFFEN Seit einem Jahr hat Lissa mit ihrem Boss, dem gutaussehenden Unternehmer Kane Marriott, ein Verhältnis. Jetzt will sie mit ihm Schluss machen, weil sie ihn für eiskalt hält. Doch plötzlich steht Kane vor ihr und macht ihr einen Heiratsantrag ...

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Seitenzahl: 566

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Emma Darcy

JULIA BEST OF BAND 209

IMPRESSUM

JULIA BEST OF erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Neuauflage by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg, in der Reihe: JULIA BEST OF, Band 209 – 2019

© 2011 by Emma Darcy Originaltitel: „Hidden Mistress, Public Wife“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: SAS Deutsche Erstausgabe 2012 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg,in der Reihe JULIA EXTRA, Band 347

© 2006 by Emma Darcy Originaltitel: „The Secret Baby Revenge“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: SAS Deutsche Erstausgabe 2007 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 1757

© 1992 by Emma Darcy Originaltitel: „The Velvet Tiger“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Dr. Susanne Hartmann Deutsche Erstausgabe 1997 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 1229

Abbildungen: Getty Images_structuresxx, sakkmesterke, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 01/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733712679

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Schick mir keine Rosen …

1. KAPITEL

„Unser Rosenkavalier holt wieder zum Schlag aus.“ Verschmitzt lächelnd schwang Heather Gale auf ihrem Schreibtischstuhl zu Ivy herum. „Er hat soeben die große Pralinenschachtel und drei Dutzend rote Rosen an die Adresse seiner aktuellen Begleiterin beordert. Das ist das typische Abschiedsgeschenk. Ich sage dir: Damit ist die Frau ab sofort aus seinem Leben gestrichen.“

Ivy Thornton verdrehte die Augen. Das glühende Interesse ihrer Verkaufsleiterin am Liebesleben des Playboys Jordan Powell war einfach nur bemitleidenswert. Ivy hatte den Mann ein Mal persönlich getroffen – bei einer Vernissage in der Galerie, in der die Bilder ihrer Mutter ausgestellt wurden. Das war vor zwei Jahren gewesen, kurz nach dem Tod von Ivys Vater, der an Krebs gestorben war, und sie hatte alle Hände voll damit zu tun gehabt, die Rosenzucht plötzlich ohne ihn führen zu müssen.

Zum Entsetzen ihrer Mutter war sie zu der Vernissage in Jeans erschienen, völlig unbeeindruckt von den anwesenden Gesellschaftsgrößen. Aus einem unerfindlichen Grund hatte Jordan Powell darum gebeten, ihr vorgestellt zu werden, zum Unmut ihrer Mutter, die sich somit zu einer Tochter bekennen musste, die es für unnötig hielt, sich entsprechend zurechtzumachen.

Interesse und Neugier hatten in seinem Blick gelegen, vermutlich nur, weil Ivy nicht in die schillernde Menge passte. Die Begegnung war auch sehr kurz gewesen. Das Topmodel an seinem Arm hatte ihn schnellstens wieder weggezogen, pikiert, dass seine Aufmerksamkeit – wenn auch nur vorübergehend – nicht ihm gehörte.

Durchaus verständlich. Der Mann war nicht nur Milliardär, sondern auch unglaublich sexy. Strahlend blaue Augen, die Statur der verkörperten Männlichkeit und dazu eine samtweiche Stimme. Ein faszinierendes Lächeln hatte um seinen sinnlichen Mund gespielt, während er sich mit Ivy unterhalten hatte. Bei seinem Aussehen und seinem Vermögen stand ihm zweifelsohne die ganze Welt offen.

„Wie lange hat es diesmal gedauert?“ Ivy wusste, Heather führte akribisch Buch über Jordan Powells Affären, war er doch der größte Privatkunde der Rosenzucht.

Eifrig drehte Heather sich zum Computerbildschirm um. „Lass mich nachsehen. Also… vor einem Monat hat er Weingummis mit den Rosen geordert – was heißt, dass er die Dame aufheitern wollte, damit sie mehr Spaß zusammen haben. Ich nehme an, sie hat die Botschaft nicht verstanden, daher wohl jetzt die Abschiedspralinen. Vier Wochen davor waren es Rumkugeln – die intensive Sexphase.“

„Das kannst du doch gar nicht wissen, Heather“, wiegelte Ivy ab.

„Ich bin mir aber ziemlich sicher. Es fängt nämlich immer mit dunkler Schokolade an – eindeutig die Verführungsphase.“

„Ich denke, der Mann hat es nicht nötig, irgendeine Frau umständlich zu verführen“, murmelte Ivy. Die meisten sanken ihm wahrscheinlich bei der kleinsten Ermunterung zu Füßen.

Doch Heather ließ sich nicht von ihrer Theorie abbringen. „Mag sein, aber manche spielen wohl für eine Weile die Unnahbare. Dann schickt er Rosen mit Nussschokolade, um anzudeuten, dass sie eine ‚harte Nuss‘ sind, die ihn um den Verstand bringt. Die Letzte hat übrigens keine Nussschokolade bekommen.“

„Woraus du ableitest, dass sie leichte Beute war“, schloss Ivy.

„Ich würde sogar sagen, sie sind direkt in die Vollen gegangen“, stimmte Heather zu. „Das war vor … drei Monaten. Lange hat es nicht gedauert.“

„War das bei ihm je der Fall?“

„Laut meiner Liste waren sechs Monate das Längste, und das ist auch nur ein Mal vorgekommen. Der Durchschnitt liegt bei zwei bis vier Monaten.“

Heather schwang wieder zu Ivy herum, die an ihrem Schreibtisch saß und sich vergeblich auf ihre Arbeit zu konzentrieren versuchte. Dieses Gespräch rührte nämlich an einen wunden Punkt bei Ivy, ausgelöst durch einen Anruf ihrer Mutter. Die nächste Ausstellung. Erneut der Rat, die Rosenzucht zu verkaufen und endlich unter interessanten Leuten in Sydney zu leben. Und die Androhung eines gemeinsamen Einkaufsbummels, damit man sich mit der Tochter sehen lassen konnte.

Das Problem war, Ivy und ihre Mutter lebten in verschiedenen Welten, und das schon, seit Ivy denken konnte. Ihre Eltern hatten sich nie scheiden lassen, aber nicht zusammengewohnt. Ivy war bei ihrem Vater auf dem Hof, von dem sie die Rosenzucht leiteten, aufgewachsen, während die Mutter ihrem Bedürfnis nach kultureller Aktivität in der Stadt nachgegangen war. Gartenbau hatte nie zu ihren Interessen gehört, und so drängte sie Ivy ständig, die Gärtnerei aufzugeben, um endlich das wahre Leben kennenzulernen – was hauptsächlich aus endlosen Partys mit endlosem Small Talk zu bestehen schien.

Ivy liebte die Gärtnerei, hier fühlte sie sich wohl und erfüllt. Und sie hatte ihren Vater geliebt, der ihr alles über Gartenbau beigebracht hatte. Ihr fehlte nur noch ein Mann, dem sie tiefe Gefühle entgegenbringen konnte und der ebenso für sie empfand. Sie hatte gedacht, dass … Aber nein, Ben hatte ihr nicht geholfen, als sie seine Unterstützung dringend gebraucht hatte.

„Hey, vielleicht triffst du unseren Rosenkavalier ja auf der Ausstellung deiner Mutter wieder!“ Heather hob vielsagend die Augenbrauen. „Und möglicherweise ist er dieses Mal sogar frei.“

„Ich bezweifle, dass ein Mann wie er irgendwo allein auftaucht“, erstickte Ivy die lächerlichen Spekulationen sofort im Keim.

Was Heathers Begeisterung keinen Abbruch tat. „Man kann nie wissen. Ich wette, wenn du dir ein bisschen Mühe gibst, kannst du ihm den Kopf verdrehen. Wie oft bekommt man so eine rotgoldene Haarpracht schon zu sehen? Würdest du sie nicht ständig zu einem Zopf flechten, würde allein die Fülle seine Aufmerksamkeit erregen.“

„Selbst wenn … und dann?“, fragte Ivy skeptisch. „Glaubst du wirklich, Jordan Powell interessiert sich für eine Gärtnerin? Und überhaupt … ich habe keine Lust, die Nächste auf der Liste unseres Rudolfo Valentino zu sein.“

Heather, fast dreißig und damit zwei Jahre älter als Ivy, verheiratet mit Barry Gale, dem Gewächshausverwalter, legte provozierend den Kopf schief. „Das wäre mal eine ganz neue Erfahrung für Jordan Powell, das könnte ihm guttun. Und dir auch, Ivy.“

Der Kommentar der Freundin brachte Ivy zum Lachen. „‚Wäre‘ ist hier definitiv der richtige Ausdruck. Ich kenne doch seine Biografie.“

„Eben! Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Er kann dir nicht das Herz brechen, weil du von vornherein weißt, dass er schon bald weiterziehen wird. Ivy, seit drei Jahren hast du keinen Urlaub mehr gemacht und fast genauso lange keine Beziehung mit einem Mann gehabt. Du vergeudest deine besten Jahre mit Arbeit. Wenn du nicht bald wieder einmal ein bisschen Spaß hast, vergisst du noch, wie das geht. Jede Wette, dass Jordan Powell genau der Richtige dafür ist. Nein, für großartigen Spaß … und großartigen Sex. Nur für eine Weile dem Trott entfliehen, mal was anderes, eine Abwechslung, um die Dinge aus einer neuen Perspektive zu sehen … Das ist die Sache wert, auch wenn es nur ein kurzes Intermezzo ist.“

„Tagträumerei, Heather. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jordan Powell ausgerechnet auf mich aufmerksam wird, selbst wenn er allein in der Galerie erscheinen sollte.“ Ivy zuckte mit den Schultern. „Und was das andere angeht … Jetzt, da sich hier auf dem Rosenhof alles wieder eingespielt hat, habe ich schon an einen Urlaub gedacht. Gerade gestern habe ich mir den Reiseteil der Sonntagszeitung angesehen und …“

„Ha, das ist es!“ Heather sprang auf. „Hast du die Zeitung noch?“

„Im Papierkorb.“

„Ich hab nämlich genau das Richtige für dich. Warte.“ Heather eilte zum Papierkorb, zog die Zeitung heraus und glättete sie auf Ivys Schreibtisch, um dann bis zum Modeteil zu blättern.

„Ich sprach von Urlaub, nicht von Mode …“

„Hier, das ist es.“ Heather tippte mit dem Finger auf das Bild eines Models in schwarzem Paillettenbolero, knappem pinkfarbenen Minirock und schwarzen Stilettos. „Wenn du das zur Ausstellungseröffnung deiner Mutter trägst, haust du sie alle von den Socken.“

„Garantiert! Pink zu karottenrotem Haar? Du bist nicht bei Trost, Heather.“

„Den Rock gibt es bestimmt auch in anderen Farben. Grün – das passt dann zu deinen Augen. Oh Ivy, du sähst einfach toll darin aus. Du bist groß, schlank und kannst so etwas tragen.“ Heather legte wieder den Finger auf das Bild. „Siehst du die langen Ohrringe? Wenn die vor deinem Haar blitzen … Das musst du natürlich offen tragen. Bei deiner Haarfarbe wird der Bolero viel mehr wirken. Und die schwarze Abendtasche ist ein absolutes Muss.“

„Kostet wahrscheinlich ein Vermögen“, murmelte Ivy. Es reizte sie, sich in diesem erotischen Outfit zu sehen, nur wusste sie nicht, wann sie so etwas jemals wieder anziehen sollte. Solche Sachen trug man hier draußen einfach nicht. Die Gärtnerei lag hundert Kilometer südlich von Sydney, in einem Tal, das einst ein einzelner großer Besitz gewesen und nun in mehrere kleine Farmen aufgeteilt worden war. Selbst bei gesellschaftlichen Anlässen trug man hier draußen lässige Kleidung.

„Das kannst du dir leisten“, beharrte Heather. „Zum Valentinstag haben wir enormen Umsatz gemacht. Und selbst wenn du es nur ein einziges Mal trägst … Sagtest du nicht, deine Mutter erwartet dich dieses Mal in einem schickeren Aufzug zu ihrer Ausstellung?“

Bei der Erinnerung schnitt Ivy eine Grimasse. „Damit ich ins Bild passe und nicht heraussteche.“

Ein breites Grinsen erschien auf Heathers Gesicht. „Hey, zeig’s ihr. Und zeig’s Jordan Powell – falls er ebenfalls anwesend ist.“

Ivy lachte auf. Die Vorstellung besaß durchaus einen gewissen Reiz – in beiderlei Hinsicht. Sacha Thornton würde wahrscheinlich der Mund offen stehen, wenn sie ihre Tochter in der Aufmachung einer modernen Sirene erblickte. Vielleicht würde das sogar die Tirade der ungebetenen Ratschläge für ein neues Leben unterbinden, die jedes Mal erfolgte, sobald Mutter und Tochter sich trafen.

Und was nun Jordan Powell anbelangte … Nun, eine Garantie, dass er kommen würde, gab es nicht, aber falls er kam … Es wäre sicherlich lustig zu sehen, ob sie, Ivy, die Aufmerksamkeit des begehrtesten Junggesellen Australiens auf sich ziehen konnte. Auch wenn nichts weiter passierte, so würde es auf jeden Fall ihrem weiblichen Ego schmeicheln.

„Na gut! Setz dich an deinen Computer und finde heraus, wo man diese Sachen kaufen kann“, forderte sie Heather auf. Ivy fühlte sich plötzlich kühn, forsch und draufgängerisch. Und warum auch nicht?! Nur ein einziges Mal!

„Jawohl!“ Triumphierend stieß Heather die geballte Faust in die Luft. Sie packte die Zeitung, tanzte zu ihrem Stuhl zurück und summte dabei einen alten ABBA-Song – Take a Chance on me …

Ivy konnte nicht anders, sie grinste. Wenn sie wirklich verrückt genug war, in diesem Ensemble aufzutauchen, dann brauchte sie die Sachen so schnell wie möglich – damit sie genug Zeit hatte, um das Laufen auf den mörderisch hohen Absätzen zu üben. Die Ausstellung eröffnete Freitagabend, das hieß, ihr blieben noch viereinhalb Tage.

Jordan Powell saß am Frühstückstisch und überflog die Immobilienanzeigen in der Tageszeitung, während er darauf wartete, dass Margaret mit dem perfekt gebratenen Speck und den perfekt gebratenen Eiern kommen würde – so perfekt, wie es keinem Sternerestaurant jemals gelang. Margaret Partridge war eine wahre Perle – eine peinlich genaue Haushälterin und eine hervorragende Köchin. Zudem schätzte Jordan ihre unverblümte Offenheit. Gerade Letzteres war eine Seltenheit in seinem Alltag, und er hatte nicht vor, das zu verlieren. Ihm lag wesentlich mehr daran, Margaret zu halten als Corinne Alder.

Der Duft von knusprigem Speck wehte durch die Luft, Jordan schaute lächelnd von der Zeitung auf. Margaret, die mit einem Teller in den Händen das sonnendurchflutete Speisezimmer betrat, erwiderte das Lächeln nicht. Jordan faltete die Zeitung zusammen und legte sie ab. Es war nicht zu übersehen, dass Margaret immer noch sehr verstimmt war.

Unsanft setzte sie den Teller vor ihm ab und stemmte resolut die Fäuste in die Hüften. „Wenn du diese Corinne Alder noch einmal ins Haus bringst, Jordan, gehe ich“, warnte sie ihn. „Von einem so oberflächlichen Ding lasse ich mich nicht so abschätzig behandeln, nur weil Mutter Natur sie zufälligerweise mit den entsprechenden Attributen ausgestattet hat, die dich reizen, diese Frau in dein Bett zu holen.“

Jordan hob beschwichtigend die Hände. „Schon erledigt, Margaret. Ich habe heute Morgen den Schlussstrich gezogen. Und ich entschuldige mich für ihr Verhalten dir gegenüber. Zu meiner Verteidigung kann ich nur sagen, dass sie zu mir nie anders als ausnehmend nett gewesen ist.“

„Glaube ich gern.“ Margaret schnaubte abfällig. „Mir ist es gleich, und wenn eine ganze Parade Frauen durch dein Bett zieht, das ist zumindest ehrlicher als eine zu heiraten und sie dann zu betrügen. Aber ich verlange, mit Respekt behandelt zu werden.“

„Das werde ich jeder klarmachen, bevor ich sie in dieses Haus einlade“, versprach Jordan ernst. „Es tut mir leid, dass meine Menschenkenntnis in diesem Fall so grundlegend versagt hat.“

Wieder schnaubte Margaret. „Du solltest versuchen, auch mal unter die Oberfläche zu sehen.“

„Beim nächsten Mal werde ich mir mehr Mühe geben, auch in die Tiefen einzutauchen.“

„Aber bitte auch außerhalb des Bettes“, konterte sie scharf.

Jordan seufzte schwer. „Also wirklich, Margaret, war das nötig? Bin ich nicht immer nett zu dir? Habe ich nicht gerade bewiesen, wie viel mir an dir liegt, und die Sache mit Corinne beendet?“

„Sei froh, dass du sie los bist!“, stieß sie mit Inbrunst hervor. „Und nur weil du immer nett zu mir bist, habe ich dein Frühstück nicht anbrennen lassen.“ Endlich bedachte sie ihn mit einem Lächeln. „Lass es dir schmecken.“ Auf ihrem Weg zum Zimmer hinaus murmelte sie noch: „Sie hatte sowieso einen viel zu dicken Hintern.“

Jordan schmunzelte in sich hinein. Margaret verfügte über keinerlei weibliche Rundungen. Mitte fünfzig, klein und dünn, hatte sie zudem nicht das geringste Interesse, etwas aus sich zu machen. Nie trug sie Make-up, das graue Haar hatte sie zu einem strengen Knoten gebunden, und die nüchternen Hemdblusenkleider zusammen mit den Gesundheitsschuhen sah sie als passende Uniform für ihre Stellung an. Dabei strahlte sie enorme Tatkraft aus und besaß eine äußerst wache Intelligenz, die sich des Öfteren in einem messerscharfen Kommentar manifestierte.

Jordan hatte sie sofort gemocht. Bei dem Bewerbungsgespräch hatte Margaret ihm erzählt, dass sie geschieden war und auch nicht vorhatte, jemals wieder zu heiraten. Ihrer Meinung nach war es nur angebracht, dass sie, wenn sie schon für einen Mann kochte, auch dafür bezahlt wurde. Ihre beiden erwachsenen Kinder hatten sich ein eigenes Leben aufgebaut, und so konnte Margaret sich wieder voll auf ihren Beruf konzentrieren. In einem Monat Probezeit in dem luxuriösen Milliardärshaushalt wollte sie Jordan zeigen, welch guten Griff er mit ihr getan hatte.

Und ja, er schätzte sich enorm glücklich, Margaret angestellt zu haben. Schöne Frauen gab es wie Sand am Meer, aber Margaret war definitiv unersetzlich. Und für Corinne würde sich sicherlich schnell eine Nachfolgerin finden lassen. Was nun eine Frau anbetraf, die mehr als nur Bettgespielin war … Nein, diesen Weg würde er nicht mehr gehen. Einmal wäre er fast darauf hereingefallen – bei der äußerst raffinierten Bianca, die sich ihm als die perfekte Ehefrau präsentiert hatte. Bis der Betrug sich offenbart hatte.

Der angebliche Reichtum ihres Vaters war nichts als eine trügerische Fassade gewesen, und Bianca hatte Jordan von Anfang an als Rettungsanker anvisiert. Hätte Margaret schon damals für ihn gearbeitet, wäre es ihr sicherlich aufgefallen. Seiner gewieften Haushälterin entging kaum etwas. Um genau zu sein, mit einer so perfekten Angestellten sah Jordan keinen Grund, jemals zu heiraten, vor allem nicht, wenn es ihm an Bettgespielinnen nie mangelte.

Wenige Ehen hielten dauerhaft, vor allem in den Kreisen, in denen er sich bewegte, und die finanziellen Konsequenzen einer Scheidung waren immer gravierend. Das hatte er bei den gescheiterten Ehen seiner Schwester miterleben müssen. Dreimal war Olivia blind auf Glücksritter hereingefallen, die es nur auf ihr Geld abgesehen hatten. Gelernt hatte sie daraus nichts. Ihm allerdings würde so etwas nicht mehr passieren!

Zumindest seine Eltern hatten genügend Verstand besessen, sich nicht zu trennen, aber die beiden gehörten ja auch einer anderen Generation an. Sein Vater war immer äußerst diskret bei seinen Affären vorgegangen und hatte es Jordans Mutter erlaubt, die Rolle der Ehefrau eines der reichsten Tycoons Australiens aufrecht zu halten. Über dreißig Jahre hatte das Band zwischen seinen Eltern bestanden, und offensichtlich hatte es auch noch so etwas wie Zuneigung zwischen den beiden gegeben, denn beim Tode seines Vaters hatte seine Mutter ehrlich um ihren Mann getrauert.

Jordan zweifelte daran, dass eine Frau sein Interesse länger als ein paar Monate fesseln konnte. Irgendwann zeigten sie alle ihr wahres Gesicht. Ich will … ich brauche … Und wenn ich nicht das Zentrum deines Universums bin, schmolle ich oder mache eine Szene …

Sein Handy klingelte, als er das Frühstück beendet hatte. Hoffentlich war das nicht Corinne. Aber nein, die Nummer auf dem Display war die seiner Mutter. Erleichtert nahm er den Anruf an.

„Guten Morgen“, meldete er sich aufgeräumt. „Was kann ich für dich tun?“

„Du kannst dir den Freitag frei halten und mich zu einer Vernissage begleiten“, erwiderte seine Mutter mit der ihr eigenen majestätischen Würde. Erstaunlich, wie viele Menschen bei diesem Ton kuschten. Aber Nonie Powell hatte ja auch ein enormes Polster im Rücken, sodass sie sich so ein Verhalten leisten konnte. Ihr eilte der Ruf einer großzügigen Wohltäterin voraus, und sie war sich auch nicht zu schade, das einzusetzen.

Jordan jedoch gehörte nicht zu ihren Höflingen. „Was ist mit Murray?“ Er fragte sich, ob die bevorzugte Eskorte seiner Mutter – wie jede ihrer Begleitungen gut aussehend und homosexuell – bei ihr in Ungnade gefallen war.

„Der arme Junge ist ausgerutscht und hat sich den Knöchel gebrochen.“

„Der arme Junge“ war ein höchst modebewusster Mittsechziger. „Das tut mir leid. Was wird denn gezeigt?“

„Der gute Henry stellt Sacha Thorntons neueste Werke in seiner Galerie in Paddington aus. Du hast zwei ihrer Bilder auf der letzten Ausstellung gekauft, es müsste dich also interessieren.“

Er erinnerte sich. Lebhafte Farben, ein weites Mohnfeld in Italien und eine Vase mit leuchtenden Ringelblumen. Die Bilder frischten jetzt die Empfangshalle einer seiner Seniorenwohnanlagen auf. Er erinnerte sich auch an das rotgoldene Haar von Sacha Thorntons Tochter. Sie war in Jeans erschienen. Ihren Hintern hätte Margaret bestimmt nicht kritisiert. Aber es war dieses Haar gewesen, das ihn, Jordan, zu der Bitte veranlasst hatte, ihr vorgestellt zu werden. Allerdings ein unguter Zeitpunkt – mit Melanie Tindell an seinem Arm.

Jetzt flammte erneut Interesse in ihm auf, die Tochter der Künstlerin wiederzusehen. Er erinnerte sich sogar an ihren Namen – Ivy. Helle Haut – erstaunlicherweise ohne die kleinste Sommersprosse. Hellgrüne Augen – Jordan würde keine Einwände haben, in deren Tiefen einzutauchen. Mit wenigen Handgriffen würde die Frau fantastisch aussehen. Er fragte sich, warum sie sich keine Mühe gegeben hatte. Andere Frauen würden jedes einzelne solcher Attribute betonen. – Und da hatte es eindeutig Spannungen zwischen Mutter und Tochter gegeben.

Alles höchst interessant.

„Um sechs fängt es an“, teilte seine Mutter ihm jetzt mit. „Henry reicht einen guten Champagner und die üblichen Hors d’œuvres. Ich hole dich um halb sechs mit der Limousine ab.“

„Abgemacht.“ Sollte Ivy sich als interessant genug erweisen, konnte er ohne Probleme eine andere Transportmöglichkeit organisieren.

„Danke, Jordan.“

„Keine Ursache.“

Mit einem Lächeln klappte er das Handy zu. Er tat seiner Mutter gern den Gefallen – vor allem, wenn die Möglichkeit bestand, dass er selbst sich ebenfalls vergnügen würde.

2. KAPITEL

Ivy kam zu spät. Der Freitagnachmittagverkehr war die Hölle, und es hatte ewig gedauert, bis sie einen Parkplatz fand – drei Blocks von der Galerie entfernt. Während sie mit ihren neuen High Heels den Bürgersteig entlanghastete, verfluchte sie in Gedanken sämtliche Designer, die solche Schuhmode entwarfen. Sie sollten dazu verdammt werden, bis in alle Ewigkeit in den eigenen Kreationen zu laufen!

Als sie um die letzte Ecke bog, sah sie einen Rolls-Royce in zweiter Reihe vor der Galerie parken. Tja, manche hatten es eben leichter als andere. Sofort musste Ivy an Jordan Powell denken. Für einen Milliardär musste alles leichter sein – vor allem, was Frauen betraf. Das durfte sie nicht vergessen. Was, wenn er heute tatsächlich anwesend war?

Immer schön eins nach dem anderen. Damit würde sie sich befassen, wenn es notwendig wurde.

Als Ivy die Galerie betrat, stand Henry Boyce, der Eigentümer, mit zwei offensichtlich superreichen Kunden im Gespräch zusammen, registrierte jedoch jeden Neuankömmling. Als er Ivy erblickte, blieb ihm der Mund offen stehen. Die elegante Frau mit der makellosen Frisur, die sich seiner Aufmerksamkeit beraubt sah, folgte pikiert seinem Blick, um den Grund für einen solchen Affront herauszufinden. Der Mann an ihrer Seite wandte ebenfalls den Kopf – und ein entzücktes Lächeln erschien auf seinem Gesicht.

Jordan Powell.

Ivy raste das Herz.

„Grundgütiger, Ivy“, stammelte Henry fassungslos. Seine übliche Weltgewandtheit hatte ihn offenkundig im Moment verlassen.

„Wer ist das?“, fragte die Frau verschnupft.

Sie war erheblich älter als Jordan, wie Ivy jetzt erkannte, allerdings äußerst gepflegt und vor allem sehr von sich eingenommen.

„Sie müssen verzeihen, Nonie“, beeilte Henry sich zu sagen. „Ich hatte nicht erwartet … Das ist Ivy Thornton, Sachas Tochter. Treten Sie ein, Ivy. Ihre Mutter wird sich freuen, dass Sie gekommen sind.“

Und dieses Mal siehst du nicht wie ein Bauernmädchen aus. Er sagte es zwar nicht, aber er dachte es, dessen war sich Ivy sicher. Beim letzten Mal hatte sie tatsächlich erst ihren Ausweis zeigen müssen, sonst hätte er sie gar nicht hereingelassen.

Sie hatte ihre heftige Reaktion auf Jordan Powells Anwesenheit mittlerweile so weit unter Kontrolle, dass Ivy ein Lächeln zustande brachte. „Ich gehe nach hinten durch.“

„Es ist mir ein Vergnügen, Sie wiederzusehen, Ivy“, mischte sich der Rosenkavalier ein und brachte ihren Puls damit erneut zum Rasen. „Ich glaube, meine Mutter haben Sie beim letzten Mal nicht kennengelernt.“ Er trat um die blonde Frau herum und lud Ivy mit einer auffordernden Geste in die kleine Runde ein. „Darf ich vorstellen? Nonie Powell.“

Seine Mutter also, dachte Ivy, während sie von der Älteren von Kopf bis Fuß gemustert wurde, als müsse sie abwägen, ob Ivy es wert war, ihr vorgestellt zu werden. Nonie Powell hatte die gleichen blauen Augen wie ihr Sohn, aber die Frostigkeit in ihnen war nicht zu übersehen. Vermutlich schon allein wegen der Anzahl der Frauen im Leben ihres Playboy-Sohns, von denen keine je lange genug blieb, um Aufmerksamkeit zu verdienen.

Es zuckte ironisch um Ivys Lippen. „Angenehm, Sie kennenzulernen, Mrs. Powell.“

„Sind Sie auch Künstlerin, meine Liebe?“ Immerhin ließ Nonie Powell sich dazu herab, Ivys Hand kurz zu ergreifen.

„Nein, ich habe das Talent meiner Mutter nicht geerbt.“

„So? Was tun Sie dann?“

Das verschmitzte Grinsen ließ sich nicht zurückhalten. Im Moment mochte sie vielleicht aussehen wie ein Model, aber … „Ich arbeite auf einer Farm.“ Was sie wohl automatisch disqualifizierte. „Wenn Sie mich entschuldigen wollen … meine Mutter erwartet mich.“

„Lassen Sie mich Ihnen behilflich sein, Ihre Mutter zu suchen.“ Schon hakte Jordan sich bei ihr unter. „Henry, Sie kümmern sich doch um meine Mutter?“

Verblüfft sah Ivy ihn an. So schnell ging das also bei ihm? „Nett von Ihnen“, murmelte sie, während ihre Sinne von seinem Aftershave, seinem muskulösen Arm und seiner samtig-sinnlichen Stimme bombardiert wurden.

„Reiner Eigennutz. Beim letzten Mal konnten wir leider nicht viel miteinander reden, dabei platze ich schier vor Neugier.“

„Wieso?“ Weil sie gesagt hatte, sie arbeite auf einer Farm? Machte sie das zu einer Exotin für ihn?

„Nun, zum einen ist da diese Verwandlung.“

Ivy zuckte die Achseln. „Meine Mutter war nicht begeistert von meinem Aufzug bei ihrer letzten Ausstellung. Ich dachte, ich sollte ihr nicht schon wieder mit meiner gewöhnlichen Aufmachung den Auftritt verderben.“

„Mit Ihrem Haar könnten Sie nie gewöhnlich wirken“, erklärte er überzeugt. „Es ist wie eine strahlende Aureole.“

Die Worte kamen ihm so glatt über die Lippen, dass Ivy sich keineswegs geschmeichelt fühlte. Ja, sie hatte sich zurechtgemacht und seine Aufmerksamkeit erregt, aber der Playboy setzte seinen berüchtigten Charme ein, und ihr gut ausgeprägtes Selbstwertgefühl begehrte auf.

Sie blieb mitten in der Menge stehen, zog ihren Arm aus seinem und drehte sich zu Jordan Powell. „Flirten Sie etwa mit mir?“

Die direkte Frage überraschte ihn. „Ja und nein“, antwortete er mit einem hinreißenden Lächeln. „Was ich über Ihr Haar sagte, ist die reine Wahrheit, aber …“

„Ich bestehe aus mehr als nur rotem Haar“, fiel sie ihm ins Wort und hatte Mühe, sein Lächeln zu ignorieren. „Und da ich damit geboren wurde, ist es mir eigentlich ziemlich egal.“

Ihre Bemerkung hätte seine Forschheit dämpfen müssen, tat sie aber nicht. Er lachte, und der tiefe weiche Laut berührte etwas in Ivys Innerstem, erweckte das Bedürfnis, diesen Mann zu spüren, ganz gleich, wie kurzfristig die Erfahrung auch sein würde. Dennoch hielt sich das Missfallen über seine Oberflächlichkeit.

„Sollte ich vielleicht auch von Ihrem Haar oder Ihrem Aussehen schwärmen? Ist es das, was Sie als Mensch ausmacht?“

Seine Mundwinkel zuckten. „Ich nehme die Kritik an. Darf ich noch einmal von vorn beginnen?“

„Womit?“

„Sie als Mensch, der Sie sind, kennenzulernen.“

Das war gut, wirklich gut – beschwichtigende Worte gegen aufflammenden Ärger. Aber so leicht würde Ivy seinem Charme nicht erliegen. „Lassen Sie sich von meiner Aufmachung nicht täuschen. Das trage ich für meine Mutter – und für Henry, diesen ausgemachten Snob. Ich bin nicht Ihr Typ.“

Herausfordernd hob Jordan eine Augenbraue. „Sollen wir gemeinsam herausfinden, wer genau mein Typ ist?“

Vorsicht, Ivy! Sie durfte nicht verraten, was sie über ihn wusste, und vor allem nicht, woher. „Wie ich bei unserem letzten Treffen sehen konnte, ziehen Sie schöne repräsentative Frauen vor.“

Er runzelte nachdenklich die Stirn. „Vielleicht, weil sie sich mir an den Hals werfen. Reichtum wirkt wie ein Magnet. Es lässt sich nur schwer beurteilen, wer einen wirklich mag und wer nur daran denkt, was er für sich selbst herausschlagen kann.“

„Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie sich an mich gehängt haben, nicht umgekehrt?“

Er lächelte. „Wie wunderbar erfrischend, Ivy. Erlauben Sie mir, Sie näher kennenzulernen.“

Sich gegen dieses Lächeln zu wehren war praktisch unmöglich. Mit einem Seufzer ergab Ivy sich. „Nun, meine Mutter wird beeindruckt sein, wenn ich mit Ihnen an meiner Seite auftauche.“ Sie hakte sich wieder bei ihm ein. „Sehen Sie Sacha irgendwo?“ Auch wenn sie nicht klein war, so überragte er sie, Ivy, noch immer um einen halben Kopf.

„Da rechts. Sie redet mit einem Paar, das scheinbar an einem ihrer Bilder interessiert ist.“

„Dann sollten wir besser nicht stören, bis sie das Gespräch beendet und uns von allein bemerkt.“

„Oh, ich denke, sie wird Sie wahrnehmen, egal, ob die Unterhaltung abgeschlossen ist oder nicht.“

Stimmt, niemand sonst hier trug Pailletten. „Ich hoffe, ich hab’s nicht übertrieben“, meinte Ivy plötzlich besorgt. „Diese schicke Stadtversion von mir war als angenehme Überraschung geplant.“

„Die Farmversion gefiel ihr nicht?“

Ivy verdrehte die Augen. „Wenn jemand Glamour zur Kunstform erhebt, dann beleidigt alles andere seine Sinne. Nein, meine Mutter war nicht angetan von meinem Mangel an Entgegenkommen.“

„Heute Abend ist das bestimmt anders. Sie sehen aus, als wären Sie einem Modemagazin entstiegen.“

„Bin ich auch.“

„Wie bitte?“

Ivy lachte auf, ihre Augen funkelten vergnügt. „Ich habe ein Foto von diesen Sachen gesehen, sie gekauft und – tadaa! Hey, sogar Sie sind beeindruckt.“ Sie drückte seinen Arm. „Sollte sie auf mich losgehen, müssen Sie mich beschützen, ja?“

„Stets gern zu Diensten“, erwiderte er amüsiert.

Er war ein Charmeur, zweifellos. Aber sie ging kein Risiko ein, in der Galerie seine Gesellschaft zu genießen. Es würde auf jeden Fall amüsanter sein, als allein hier herumzustehen.

Sacha Thornton trug ein wallendes langes Gewand und unzählige Armreifen, die bei jeder ihrer ausdrucksvollen Gesten leise klirrten. Das Klimpern hörte jedoch abrupt auf, als sie ihrer Tochter gewahr wurde, die sich am Arm von Jordan Powell näherte.

Ivy musste ein fast hysterisches Kichern zurückhalten. Sie wünschte, Heather wäre hier und hätte die verdatterten Mienen miterlebt – erst Henry, dann Jordan Powell und nun ihre Mutter. Da vergaß sie sogar ihre schmerzenden Füße!

Sacha fing sich schnell wieder. „Sie müssen mich entschuldigen“, sagte sie zu dem Paar und nickte zu Ivy. „Meine Tochter ist gerade angekommen.“

Dieses Mal also kein Zögern, sich zum eigenen Fleisch und Blut zu bekennen. Und Jordan Powell machte sich ja auch großartig als Dekoration an Ivys Arm.

„Wenden Sie sich doch bitte an Henry. Er regelt alles Notwendige für den Kauf.“ Sacha schüttelte dem Paar formvollendet die Hand und wandte sich dann zu Ivy, um sie mit theatralischen Wangenküssen zu begrüßen. „Darling! Du siehst bezaubernd aus. Ich freue mich so, dass du hier bist. Und mit Jordan!“ Sie trat zurück und warf dem soeben Genannten ein kokettes Lächeln zu. „Ich hoffe doch, das heißt, Sie möchten weitere meiner Gemälde erstehen?“

„Ivy und ich wollten erst Sie begrüßen, Sacha“, antwortete Jordan charmant. „Wir hatten noch keine Gelegenheit, uns die Ausstellung anzusehen.“

Man plauderte einige Minuten, und süffisant stellte Ivy fest, dass Jordan Powell ihrer Mutter wichtiger war als sie. Natürlich, schließlich hatte der Mann Geld und Verbindungen. Aber der heutige Abend gehörte auch Sacha, es ging nicht um das Wiedersehen zwischen Mutter und Tochter.

„Ivy, Liebes, führe Jordan doch herum, damit er sich alle Bilder ansehen kann“, meinte Sacha schließlich.

„Ich werde mein Bestes tun, Sacha“, erwiderte Ivy und ließ sich von Jordan in den nächsten Ausstellungsraum steuern.

„Sacha? Nicht Mum?“, fragte er, sobald sie außer Hörweite waren.

Ivy zuckte mit den Schultern. „Sie zieht es vor, und mir macht es nichts aus. Wie eine richtige Mutter war sie nie für mich. Mein Vater hat mich großgezogen. Auch das war ihre Wahl.“

„Trotzdem sind Sie heute Abend für sie hergekommen.“

„Sie kam auch immer zu Anlässen, die wichtig für mich waren.“

„Zum Beispiel?“

„Schulaufführungen, Examensfeiern … wann immer mir daran lag, dass beide Elternteile anwesend waren.“

„Werden Sie übers Wochenende bleiben?“

„Nein, ich fahre lieber nach Hause.“

„Und wo ist das?“

„Ungefähr hundert Kilometer von hier.“ Sie hatte nicht vor, ihm ihre Adresse zu verraten. Auf der Website war die zwar angegeben, aber Ivy würde ihn nicht mit der Nase darauf stoßen.

„Das ist eine ziemliche Entfernung, mitten in der Nacht.“

„Es wird nicht spät werden, in ungefähr zwei Stunden ist die Sache hier erledigt.“ Sie schaute ihn spöttisch an. „Haben Sie eine Broschüre? Dann können wir uns die Bilder ansehen. Mich haben Sie ja weggezerrt, bevor Henry mir eine überlassen konnte.“

„Ja.“ Er zog das Heftchen hervor und reichte es ihr.

Ivy blätterte und suchte nach der Zahl des Bildes, vor dem sie gerade standen. „Ah, hier. ‚Hof in der Nachmittagssonne‘. Gefällt es Ihnen?“

Mit vor der Brust verschränkten Armen studierte er das Gemälde. „Hübsch, aber mir ist es ein wenig zu bonbonfarben.“

Insgeheim gab Ivy ihm recht, aber das Bild trug bereits einen roten Punkt, war also schon verkauft. „Kommen Sie, finden wir etwas, das Ihnen mehr zusagt.“

„Oh, das habe ich schon.“

Seine leise gesprochenen Worte ließen keinen Zweifel aufkommen, worauf er sich bezog. Ivy wandte ihm das Gesicht zu und begegnete seinem Blick. Es war wie eine Flut sinnlicher Versprechen der ursprünglichsten Art – für Ivy eine neue und äußerst verwirrende Erfahrung. Sie mochte den Mann ja nicht einmal – oder?

„Sie vergeuden nur Ihre Zeit, wenn Sie mit mir flirten.“

„Und trotzdem tue ich nichts lieber.“ Er lächelte, so als würde ihre Abfuhr ihn erheitern. „Sagen Sie, wenn ich ein oder zwei Bilder kaufe … gehen Sie dann mit mir essen?“

Hätte sie nicht diese halsbrecherischen Absätze getragen, würde sie wütend mit dem Fuß aufstampfen. So jedoch musste sie sich damit begnügen, Jordan hochmütig anzusehen. „Das ist wohl das Beleidigendste, was man je zu mir gesagt hat!“

Er stutzte bei ihrem Ausbruch, dann runzelte er die Stirn. „Ich dachte, Sie würden sich freuen, Ihrer Mutter einen Gefallen tun zu können.“

„Hätte meine Mutter nicht mehr als genug Talent, um Käufer anzuziehen, würde Henry ihre Bilder nicht in seiner Galerie ausstellen“, ereiferte Ivy sich. „Ihr Erfolg hängt nicht davon ab, dass ich mich selbst verkaufe.“ Stolz hob sie ihr Kinn. Jordan Powell schien zu glauben, jeder sei käuflich.

Zerknirscht verzog er das Gesicht. „Ich meinte doch nicht …“

„Oh doch, das meinten Sie“, schnitt sie ihm das Wort ab. „Sie bilden sich ein, Sie brauchen nur Ihre kleinen Gefälligkeiten zu verteilen, und schon liegt Ihnen jede Frau zu Füßen.“

„Nun, ‚klein‘ würde ich sie nicht nennen“, erwiderte er ironisch.

Vielleicht hatte er seinen Kommentar nicht doppeldeutig gemeint, dennoch brannten Ivys Wangen. „Mir ist gleich, wie groß sie sind! Warum gehen Sie nicht besser wieder zu Ihrer Mutter zurück? Ich passe nicht in Ihre Kreise. Und werde es auch nie!“

Sie erwartete, dass er sich jetzt umdrehen und gehen würde. Das wäre das Vernünftigste, vor allem, da sie gegen den eigenen Drang kämpfte anzunehmen, was er ihr bot, nur um zu sehen, wie es war … um es einmal zu erleben …

Aber das würde nur ein schlimmes Ende nehmen. Er würde sie ausrangieren, so wie er es mit allen anderen getan hatte.

Jordan befand sich in einer vollkommen ungewohnten Lage und musste eine Entscheidung treffen. Bisher hatte noch keine Frau ihm einen Korb gegeben oder ihn je so negativ charakterisiert. Vielleicht hatte Ivy Thornton ja recht, und er sollte keine Zeit mit ihr verschwenden, sondern sich höflich verabschieden.

Er wollte sich aber nicht von ihr trennen. Ihr ablehnendes Verhalten machte sie interessanter als jede Frau aus „seinen Kreisen“. Und ihr Temperament ließ auf echte Leidenschaft schließen. Allein sie zu beobachten erregte ihn. Es juckte ihn in den Fingern, ihre nahezu durchsichtige Haut zu streicheln, in diese flammende Mähne zu greifen …

Er musste Ivy für sich gewinnen.

„Man sollte niemals nie sagen, Ivy“, meinte er ernst. „Und ich entschuldige mich dafür, vom Kauf eines Gemäldes Ihrer Mutter im selben Atemzug mit meiner Dinnereinladung gesprochen zu haben. Das war ungehobelt. Bitte nehmen Sie es als Zeichen, wie gern ich mehr Zeit mit Ihnen verbringen möchte.“

Mit zusammengekniffenen Augen warf sie ihm einen kritischen Blick zu, der besagte, dass er sich auf dünnem Eis bewegte. Dann: „Na schön. Wenn Sie möchten, können Sie mich durch die Galerie begleiten. Mehr nicht.“

Jordan konnte ein Gefühl des Triumphs nicht unterdrücken, und es kostete ihn Mühe, sein Lächeln reumütig zu halten. „Ich werde darauf achten, was ich sage, um Ihre Gefühle nicht zu verletzen.“

Das brachte ihm ein Lachen ein. „Ich bezweifle, dass Sie Ihr wahres Wesen verleugnen können, Jordan. Sie müssen daran gewöhnt sein, Ihren Kopf durchzusetzen. Sie verfügen schließlich über alle nötigen Voraussetzungen – Vermögen, gutes Aussehen und Charme im Überfluss.“

Er sah zerknirscht aus. „Doch das alles scheint keinerlei Wirkung auf Sie zu haben.“

Wieder lachte sie. „Auf jeden Fall sind Sie unterhaltsam.“

Er grinste. „Sie auch. Ich muss eine verborgene masochistische Ader haben. Sie stutzen mich zurecht, und ich bettle auch noch um mehr.“

Ihre grünen Augen funkelten. „Vielleicht teste ich das mal irgendwann.“

Plötzlich sah er Ivy in schwarzem Leder, mit hohen Stiefeln und Peitsche in der Hand vor sich. Mit ihrer hellen Haut und dem roten Haar war das ein fantastischer Anblick. „Sind Sie etwa eine Domina?“ Diese Art von Sex war nicht sein Ding, aber mit Ivy würde er es vielleicht sogar ausprobieren.

„Was?“ Sie schnappte nach Luft.

„Ich dachte, Ihre Bemerkung mit dem Testen … Entschuldigung, reine Neugier. Ich musste einfach fragen. Ich weiß gern, woran ich mit anderen bin. Und da Sie mich so völlig aus dem Gleichgewicht bringen …“

Ihre Wangen brannten. Das Rot ließ ihre Augen noch grüner wirken. „Ich bin keine Domina!“, stieß sie mit Nachdruck aus.

„Gut. Ich bin nämlich auch nicht wirklich ein Masochist.“ Die Vorstellung, beim Sex mit Ivy die Kontrolle zu behalten, gefiel ihm wesentlich besser als die umgekehrte Rollenverteilung.

Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Und wie ist das Gespräch jetzt im Schlafzimmer gelandet? Denken Sie eigentlich ständig an Sex?“

„Die meisten Männer tun das“, meinte er spöttisch.

„Nun, könnten Sie dann vielleicht versuchen, Ihre Gedanken auf die Bilder zu lenken, vor denen wir hier stehen?“

„Schwierig, wenn Sie so aussehen, aber ich werde mein Bestes tun.“

„Strengen Sie sich an.“

„Versprochen.“ Er schnappte nach der Broschüre in ihrer Hand und blätterte. „Wasserlilien.“ Er deutete auf das Gemälde, vor dem sie standen. „Das gefällt mir schon besser. Erinnert mich an Monet. Waren Sie schon einmal in Monets Garten in Giverny, Ivy?“

„Nein.“

„Er ist zauberhaft. Sehr inspirierend. Ich wollte so etwas in jeder der Seniorenwohnanlagen schaffen, die ich gebaut habe. Nichts eignet sich besser als ein blühender Garten, um Frieden und Wohlgefühl zu vermitteln.“

Der Themenwechsel von Sex zu Gärten kam zu spät für Ivy, der Schaden war bereits angerichtet. Die eigenen Gedanken gingen mit ihr durch, sie stellte sich vor, wie Jordan wohl als Liebhaber sein mochte. Er hatte wunderschöne Hände, schlank und elegant, dazu geschaffen, sanft zu verführen. Ben war nie wirklich zärtlich gewesen. Oft hatte sie sich gewünscht, er würde … Aber sie hatten eine unbeschwerte, kameradschaftliche Beziehung geführt, und wahrscheinlich hätte sie ihn geheiratet, wenn er für die letzten Monate im Leben ihres Vaters mehr Verständnis aufgebracht hätte.

Bei Jordan Powell brauchte man gar nicht an Hochzeit zu denken.

Nur an Schlafzimmer und Rosen.

Nun, der Teil mit dem Schlafzimmer könnte durchaus eine verlockende Erfahrung sein. Und der Reiz wuchs mit jeder Minute …

Er kaufte „Wasserlilien“.

„Das hat nichts mit meiner ungehobelten Bemerkung von vorhin zu tun“, versicherte er ihr. „Selbst wenn Sie nicht hier wären, hätte ich es erstanden.“

„Wohin werden Sie es hängen?“ Sie wollte prüfen, ob es ihm wirklich gefiel.

„In eines meiner Wohnheime. Ich bin sicher, die Bewohner werden es zu schätzen wissen.“

Ihre Neugier war geweckt. „Ihnen scheint an den Leuten zu liegen, die sich bei Ihnen einkaufen.“

„Ich mag sie. Sie haben ein Alter erreicht, in dem sie es nicht mehr nötig haben, jemanden wie mich zu beeindrucken. Sie sagen genau das, was sie denken, und das respektiere ich.“ Kurz lag Zynismus in seinem Blick. „In meiner Welt ist Ehrlichkeit eine relativ seltene Erscheinung.“

Vermutlich. Ivy fragte sich, ob das ein Grund für seinen hohen Frauenverschleiß sein könnte. Obwohl … damit schob sie den Frauen die Schuld zu, und Jordan Powell war bestimmt kein Unschuldsengel. Das letzte Mal, als er darum gebeten hatte, ihr vorgestellt zu werden, war er schließlich bereits in Begleitung gewesen.

Sie schaute ihn von der Seite an. „Wie halten Sie es denn, Jordan? Sind Sie ehrlich?“

„Ich bemühe mich.“ Das belustigte Funkeln blitzte wieder in seinen Augen auf. „Im großen Ganzen glaube ich schon, dass ich auch halte, was ich verspreche.“

Er dachte mit Sicherheit an sündige Freuden. Und in Ivys Bauch flatterten Schmetterlinge.

„Wie sieht es bei Ihnen aus?“, gab er die Frage an sie zurück.

„Oh, ich liefere immer, wenn ich etwas zusage.“ Schließlich hing ihr Geschäft davon ab.

„Ah! Eine Frau mit Integrität.“ Er sprach die Worte genüsslich aus, so als würden sie ihm gefallen.

Nun, er gefiel Ivy. Sie hatte ihren Vater in seinen letzten Monaten zu Hause gepflegt, aber hätte sie ihn in ein Heim geben müssen, wäre nur eines von Jordan Powells infrage gekommen.

Trauer überfiel sie plötzlich, als sie an ihren Vater dachte. „Kommen Sie, hier gibt es bestimmt noch mehr Bilder, die Ihre Aufmerksamkeit verdienen.“ Sie wandte sich ab, Jordan sollte den tränenfeuchten Schimmer in ihren Augen nicht sehen.

Sanfte Finger streichelten ihren Handrücken. „Was ist denn, Ivy? Irgendetwas hat Sie aufgeregt. Etwa mein lockerer Kommentar über Integrität? Ich versichere Ihnen …“

„Nein.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Es hat nichts mit Ihnen zu tun, Jordan. Ich musste nur gerade an meinen Vater denken.“

„Was ist mit ihm?“

Echtes Interesse lag in seiner Frage. Ivy war gerührt. Vielleicht wollte er ja nur von sich ablenken und sie wieder in seinen Bann ziehen, dennoch …

„Bei Sachas letzter Ausstellung, als wir uns hier das erste Mal trafen … Das war kurz nach dem Tod meines Vaters. Als Sie Ihre Pflegeheime erwähnten, musste ich daran denken, wie schwer er es zum Schluss hatte.“

„Woran ist er gestorben?“

„Hautkrebs. Er hatte rotes Haar und helle Haut, so wie ich. Man hat ihm immer wieder Melanome entfernen müssen. Deshalb war er auch so fanatisch darauf bedacht, meine Haut zu schützen.“

Jordan nickte ernst. „Deshalb haben Sie also keine Sommersprossen.“

Sie musste lachen. „Ich bin die Sklavin meiner Sonnencremes, Sonnenhüte und langärmeliger Pullover. Sie dagegen sehen aus, als wären Sie ein Sonnenanbeter …“ – so gebräunt, wie er war – „… was nur ein weiterer Beweis dafür ist, dass ich nicht in Ihre Welt passe.“

Er grinste. „Ich habe durchaus nichts gegen Sonnenhüte und Pullover mit langen Ärmeln – und erst recht nichts gegen Sonnencremes. Ich denke sogar, es würde mir ungeheuren Spaß machen, Sie einzureiben. Es wäre ein Verbrechen, wenn Ihre wunderbare Haut Schaden nehmen würde.“

Die erotische Anziehung zwischen ihnen war nicht mehr zu leugnen: Er wollte Ivy berühren, und sie wollte von ihm berührt werden. Ihr Puls begann zu rasen. In blanker Panik riss sie den Blick von Jordan los. Sie fühlte sich plötzlich schrecklich verwundbar, als ihr bewusst wurde, was dieser Mann mühelos mit ihr machen könnte.

Es wäre der größte Fehler ihres Lebens, würde sie es zulassen. Es war sehr gut möglich, dass sie mehr von ihm wollte, als vernünftig wäre – angesichts seines Rufs.

„Wollen Sie nicht ein Gemälde für sich kaufen?“ Überstürzt steuerte Ivy den nächsten Ausstellungsraum an.

„Eigentlich bin ich ganz zufrieden mit den Bildern, die in meinem Haus hängen.“ Er folgte ihr – für den Moment damit zufrieden, ihr die Leitung zu überlassen.

Ivy wusste, dass er geduldig auf die Gelegenheit zu einem intimeren Stelldichein wartete. Es brauchte nicht laut ausgesprochen zu werden. Der Gedanke daran hielt sie bereits gefangen, rief Bedürfnisse in ihr hervor, die Ivy seit Jahren unterdrückt hatte. Jordan hatte die Frau in ihr erweckt, die jetzt darauf brannte, umworben, verwöhnt und verführt zu werden.

„Ich nehme an, bei Ihnen hängen alle großen europäischen Meister, oder?“, meinte sie leichthin. Er konnte es sich schließlich leisten.

„Nein, ich bin Australier. Ich mag mein Land. Bei uns gibt es etliche Künstler, die die Einzigartigkeit unseres Kontinents auf Leinwand gebannt haben – Drysdale, Sydney Nolan, Pro Hart. Ich denke, ich habe ihre besten Werke gekauft.“

Sacha Thornton gehörte nicht in diese Ruhmessphären australischer Maler, auch wenn ihre Bilder bekannt waren und sich gut verkauften. Ivy war beeindruckt von den Namen, die Jordan aufzählte. Und sie war beeindruckt von ihm und seinem Patriotismus. „Sie können sich glücklich schätzen, Bilder dieser Künstler zu besitzen.“

„Es wäre mir ein Vergnügen, sie Ihnen zu zeigen.“ Er lächelte. „Ohne Hintergedanken.“

Sie lachte auf. „Ja, sicher. Nur ein kleiner Köder.“

„Die Entscheidung bleibt Ihnen überlassen.“

„Vielleicht überlege ich es mir“, erwiderte sie unverbindlich und wandte sich wieder der Kunst ihrer Mutter zu.

Er lehnte sich zu Ivy und flüsterte ihr ins Ohr: „Überlegen Sie doch beim Dinner mit mir.“

Sein warmer Atem kitzelte die empfindsame Haut ihres Halses, und die Versuchung drohte, übermächtig zu werden.

Glücklicherweise kamen genau in diesem Moment zwei Kellner zu ihnen, einer mit dem Hors d’œuvre-Tablett, der andere offerierte Champagner. Jordan nahm zwei Flöten, während Ivy sich an den Lachs- und Krebsfleischkanapees bediente.

„Halten Sie es noch eine Weile für mich fest“, bat sie, als er ihr eines der Gläser reichen wollte. „Ich sterbe vor Hunger.“

„Dann brauchen Sie eine anständige Portion. Wie ich sehe, mögen Sie Meeresfrüchte. Ich kenne da ein Lokal, das den besten Hummer macht …“

„Mmh …“ Der beste Hummer, die besten Künstler … der beste Casanova? Die Versuchung wurde immer größer. Ivy spielte ernsthaft mit dem Gedanken, sämtliche Bedenken über Bord zu werfen und sich eine verrückte Nacht mit diesem Mann zu gönnen.

Sie kaute zu Ende und nahm das Glas von ihm entgegen. „Es ist Freitagabend. Die Restaurants, die den besten Hummer servieren, müssen alle ausgebucht sein. Wie wollen Sie halten, was Sie versprechen?“

„Es gibt keinen Maître in ganz Sydney, der nicht einen Tisch für mich frei machen wird“, behauptete er.

Es war diese unübertreffliche Arroganz, die Ivy zu der spitzen Bemerkung veranlasste: „Und keine Frau, die Ihnen widerstehen kann?“

Ihre grünen Augen sprühten Funken, doch Jordan erwiderte ihren Blick vollkommen ruhig. „Nicht, Ivy“, bat er leise. „Ich habe noch nie jemanden wie Sie getroffen.“

Und sie noch niemanden wie ihn. „Der Reiz des Neuen“, murmelte sie und verspottete damit sie beide.

„Warum es dann nicht auskosten?“, drängte er sanft. „Zumindest für einen Abend.“

Sie nippte an ihrem Champagner, fühlte die Bläschen in ihre Nase steigen und den Übermut in ihren Kopf. „Also gut. Mit dem Hummer haben Sie es geschafft – ich gehe mit Ihnen essen. Falls Sie halten können, was Sie versprechen“, fügte sie herausfordernd hinzu und machte so die Meeresfrüchte zum ausschlaggebenden Faktor.

Es tat Jordans triumphierendem Grinsen keinen Abbruch. „Erachten Sie es schon jetzt als erledigt“, meinte er und zog sein Handy hervor.

Ivy wartete nicht darauf, dass er seine Arrangements traf, sondern schlenderte zum nächsten Bild. Gab sich den Anschein, als interessiere es sie nicht, ob es ihm gelang, noch einen Tisch zu bekommen. Denn sie war sich ziemlich sicher, dass er Erfolg haben würde. Jordan Powell konnte sich alles kaufen, was er wollte, jederzeit.

Doch sie, Ivy, würde er nicht kaufen können. Sie würde bestimmen, wie weit sie ging. Ein Abend, vielleicht eine Nacht …

Langsam, ermahnte sie sich. Möglicherweise verblasste der Reiz des Neuen ja schon während des Dinners.

Aber sie hatte ihren Gaumen schon lange nicht mehr mit dem Geschmack von Hummer verwöhnt. Das zumindest wäre der eine Genuss, den sie sich ohne Reue erlauben durfte.

3. KAPITEL

Sie ließen sich mit dem Rolls-Royce zum Restaurant bringen, geborgt für die Fahrt von Nonie Powell. Jordans Mutter hatte resigniert die Augen über die Bitte ihres Playboy-Sohnes verdreht und Ivy mit einem Seufzer kurz erneut von Kopf bis Fuß gemustert.

Ivy war es egal, was Jordans Mutter über sie dachte. Ihre eigene Mutter war ganz offensichtlich entzückt, dass die Tochter mit dem Milliardär die Galerie verließ. Vermutlich hegte sie die Hoffnung, er könnte der Mann sein, der Ivy endlich vom Landleben loseiste und in die Stadt lockte. Ivy interessierte sich jedoch auch nicht dafür, was Sacha dachte.

Im Moment wollte sie nur die neue Erfahrung auskosten, in einem Rolls-Royce zu sitzen. Es war das erste Mal für sie, und Ivy bezweifelte, dass es erneut vorkommen würde. Es fühlte sich unglaublich luxuriös an und roch sogar so. Sie wollte sich alles genau einprägen, um es Heather beschreiben zu können. Außerdem lenkte es sie von dem Mann ab, der neben ihr saß.

Der allerdings riss Ivy aus ihren Gedanken, indem er ihre Hand ergriff. Er hatte lange, schlanke, sinnliche Finger … Ivys Puls schnellte in die Höhe, ihr Blick glitt wie magisch angezogen zu den verschränkten Händen. Und sofort sah sie zwei Körper nackt und eng umschlungen auf einem Bett … schwarzes Haar – rotes Haar, helle Haut – gebräunte Haut … Es war hypnotisierend.

„Woran denken Sie?“

Als ob sie ihm das verraten würde! „Wohin gehen wir?“ Erwartungsvoll lächelnd sah sie ihn an.

„Wohin auch immer Sie wollen.“ Seine samtweiche Stimme lud sie ein, gleich welches ihrer Bedürfnisse auszuleben.

„Ich bezog mich auf das Restaurant“, stellte sie klar. „Mein Wagen steht bei der Galerie. Falls ich mich entscheiden sollte, Sie sitzen zu lassen – was durchaus passieren könnte –, möchte ich wissen, wie weit der Rückweg ist.“

Lachend drückte er ihre Finger. „Ihre Fluchtroute stellt kein Problem dar. Das Restaurant liegt an der Rose Bay. Wir sind schon fast da.“

„Gut. Und wie heißt es?“

„‚Pier‘. Ein Spezialitätenrestaurant für Fisch und Meeresfrüchte – Krebse, Hummer, Thunfisch. Als Vorspeise würde ich das Forellen-Carpaccio empfehlen.“

„Dann kann ich nur hoffen, dass Sie nichts Beleidigendes sagen, bevor wir gegessen haben.“

„Ich werde meine Zunge im Zaum halten“, versicherte er lächelnd und fand Ivy einfach hinreißend.

Sie hingegen fragte sich sofort, wie sexy seine Zunge beim Küssen wohl sein mochte. Mühsam riss sie den Blick von seinen Lippen los, bevor er noch erriet, woran sie dachte.

Es war auch eine neue Erfahrung, in einem der exklusivsten Restaurants direkt am Hafen mit solcher Ehrerbietung begrüßt und an den Tisch geführt zu werden. Jeder überschlug sich, um Jordan Powell zu Diensten zu sein. Und wer sollte es einem normalen, arbeitenden Menschen auch verübeln, war Jordan doch offensichtlich für seine großzügigen Trinkgelder bekannt? Außerdem war er wirklich nett, und zwar zu jedem. Es war unleugbar ein Vergnügen, sich in seiner Gesellschaft zu befinden.

Und das Essen war einfach köstlich.

Mit einem genüsslichen Seufzer schob Ivy sich den letzten Hummerbissen in den Mund.

„Wurden Ihre Erwartungen erfüllt?“, fragte Jordan, amüsiert über ihr augenscheinliches Behagen.

„Der beste Hummer, den ich je gegessen habe“, antwortete sie ehrlich. „Danke.“

Er bedachte sie mit einem sehr sinnlichen Lächeln. „Ich denke, das Beste steht uns noch bevor.“

Ivys Magen zog sich zusammen. Sie musste sich überlegen, wie der nächste Schritt aussehen sollte – eine Nacht mit Jordan oder so schnell wie möglich nach Hause. „Ein Dessert bekomme ich nicht mehr herunter. Aber Kaffee wäre nicht schlecht.“

Ein Glas Champagner in der Galerie und ein Glas Wein beim Essen – das sollte ihr Urteilsvermögen eigentlich nicht trüben. Dennoch schien sie nur an die Verlockung in Jordans Blick denken zu können, daran, dass sie herausfinden wollte, was er genau mit dem noch bevorstehenden „Besten“ gemeint hatte. Vielleicht würde der Kaffee helfen, sie auf den Boden der Tatsachen zurückzuführen und die Reißleine zu ziehen. Diese ganze Sache mit Jordan Powell war ein Luftschloss, es konnte zu nichts führen.

Er bestellte den Kaffee und übergab dem Kellner seine Kreditkarte.

„Ich brauche ein Taxi, das mich zu meinem Wagen bringt. In diesen mörderischen Schuhen kann ich nicht so weit laufen.“

Ohne den kleinsten Einwand bat Jordan den Kellner darum, in zwanzig Minuten ein Taxi zu bestellen.

Entsprechend später verließen sie das Restaurant und stiegen in das wartende Taxi. Bis zu Ivys Wagen war es nur eine kurze Fahrt, dennoch zerrte jede Sekunde an ihren Nerven. Jordan hielt wieder ihre Hand, und Ivy schaffte es nicht, ihre Finger zurückzuziehen. Ihr ganzer Körper bebte erwartungsvoll und sträubte sich trotzig gegen die Einschränkungen, die der Verstand ihm auferlegen wollte. Ihr Puls schien im Rhythmus „Tu es, tu es, tu es“ zu schlagen.

Das Taxi hielt genau neben ihrem Wagen. Jordan gab Ivys Finger frei, bezahlte den Fahrer und stieg aus, um ihr die Tür aufzuhalten. Während das Taxi davonbrauste, kramte Ivy in ihrer Handtasche nach dem Autoschlüssel.

Jetzt waren sie allein in der spärlich beleuchteten Nacht … Ein unerträglicher Druck lag auf Ivys Brust. „Sie hätten das Taxi behalten sollen.“

„Der Gentleman legt immer Wert darauf, die Lady sicher auf ihren Weg zu schicken“, erwiderte er übertrieben ernst.

Ja, mit Rosen. „Ich muss die Schuhe wechseln“, murmelte sie und kämpfte gegen die magische Anziehungskraft dieses Mannes. „Mit den Absätzen kann ich nicht fahren.“ Sie wollte um den Wagen herumgehen, um ihre flachen Sandalen aus dem Kofferraum zu holen.

„Lassen Sie mich Ihnen helfen.“ Er stellte sich vor sie, fasste ihre Hand und drehte Ivy zu sich herum. Sie warf ihm einen argwöhnischen Blick zu, wollte protestieren, doch plötzlich fiel ihr Widerstand in sich zusammen. Sie wollte wenigstens wissen, wie es war, von ihm geküsst zu werden.

„Ivy.“ Rau, leise … Jordan trat näher, zog ihre Hand an seine Schulter, beugte langsam den Kopf.

Wie gebannt starrte Ivy auf seinen Mund, der ihrem näher und näher kam, und sie tat nichts, um Jordan aufzuhalten. Es war gerade so, als hätten sich Vernunft und gesunder Menschenverstand verabschiedet.

Seine Lippen streiften ihre und jagten einen Stromstoß durch ihren Körper. Mit der Zungenspitze strich er ihr über den Mund und lockte sie, die Lippen zu öffnen. Es war ein leichter neugieriger Kuss, der nichts verlangte, aber alles versprach. Und Ivy konnte dem nichts entgegensetzen, nicht, wenn die Hitzewelle der Lust sie derart mitriss.

Sie hob die Hand, schob die Finger in Jordans dichtes Haar und genoss das seidige Gefühl an ihrer Haut. Vermutlich signalisierte diese Geste Ivys Einverständnis mit dem, was hier geschah. Vernünftiges Denken war nicht länger möglich. Ihr Hirn registrierte nur noch sinnliches Vergnügen, Empfindungen, Aufregung, brennende Leidenschaft. Und die Neugier auf Jordan Powell überwog jeden Zweifel.

Mit dem Daumen streichelte Jordan ihre Wange, ihr Ohrläppchen, den Haaransatz in ihrem Nacken. Den anderen Arm um ihre Hüfte geschlungen, zog er Ivy eng an sich, und sein Kuss wurde fordernder.

Ivy wusste kaum noch, was sie tat. Es war ein wunderbares Gefühl, sich an Jordans harten Körper zu pressen. Erregung durchflutete sie. Ihr Mund verlangte nach mehr, sie intensivierte den Kuss, machte ihn zur Aufforderung für Jordan, weiterzugehen. Noch nie hatte ein Moment sie so gefangen genommen, noch nie hatte ein Mann ihr solch eine losgelöste, hemmungslose Reaktion entlockt. Lasziv rieb sie sich an seiner pulsierenden Männlichkeit und genoss es, begehrt zu werden. Zu lange schon war sie allein, und die Frau in ihr sehnte sich nach dem Kontakt mit diesem Mann, unabhängig von Zeit, Ort oder den Umständen.

Sie spürte den harten Griff seiner Hände an ihrem Po, dann hob er sie hoch und setzte sie auf den Kofferraum. Jordan ließ seine Hand unter ihren Minirock wandern, schob die zarte Spitze ihres Slips beiseite und tauchte mit den Fingern in das brennende Zentrum ihrer Lust ein, reizte sie dort, bis ihr ganzes Wesen nur noch nach Erlösung schrie. Nichts anderes war mehr wichtig, nichts anderes existierte mehr.

Und es passierte schnell. Mit wilder Freude jubelte Ivy heiser, als Jordan mit einem drängenden Stoß tief in sie eindrang. Welle um Welle ekstatischen Vergnügens überrollte sie, während sein Rhythmus immer härter und fiebriger wurde, bis auch er sich dem süßen Taumel des Höhepunkts überließ.

Ivy lag matt auf dem Kofferraum ausgestreckt, Jordan über ihr. Sein stoßweiser Atem strich heiß über ihren Hals. Falls Autos an ihnen vorbeigefahren sein sollten, so hatte sie es nicht bemerkt. Die Nacht hatte einen Kokon der Leidenschaft um sie gewebt und damit die Gefühle noch intensiviert.

Jordan hob sie hoch und trug sie zur Beifahrerseite. Nur um sie auf den Sitz niederzulassen, zog er sich aus ihr zurück. Er küsste sie, während er ihr den Sicherheitsgurt umlegte, holte ihre Handtasche, die sie irgendwo hatte fallen lassen, legte sie ihr auf den Schoß und küsste Ivy erneut. Dann ging er um den Wagen herum und glitt hinters Steuer.

Ivy sah ihm benommen zu – diesem Fremden, mit dem sie eine so erotische Erfahrung gemacht hatte. Schwäche und Mattigkeit krochen ihr ins Mark, sie konnte sich nicht zur kleinsten Bewegung aufraffen. Kaum dass sie begriff, dass Jordan die Führung übernommen hatte und jetzt hinter dem Steuer ihres Autos saß. Nur ein einziger Gedanke beherrschte sie: Ich fasse nicht, was ich da getan habe …

Jordan fuhr wie auf Autopilot. Noch immer konnte er diesen völligen Kontrollverlust nicht begreifen. Das war absolut untypisch für ihn. Er hatte sich wie ein hormongebeutelter Teenager benommen. Überhaupt keine Finesse, keinerlei Schliff.

Und noch viel schlimmer – kein Schutz!

Nie ging er das Risiko ein, dass eine Frau schwanger von ihm wurde. Doch Ivy Thornton hatte er von der Sekunde an begehrt, da er sie gesehen hatte, und mit jeder Minute war sein Verlangen nach ihr gewachsen. Er hatte sie nicht einfach wegfahren lassen können, aber er hatte vorgehabt, sie zu verführen und zu verwöhnen. Stattdessen hatte er …

„Ich kann nicht glauben, dass ich das getan habe.“ Der Schock saß ihm so tief in den Knochen, dass er Worte murmelte, die er nicht laut hatte aussprechen wollen.

„Ich auch nicht“, erwiderte sie mit bebender Stimme.

Jordan warf ihr einen schnellen Seitenblick zu. Sie hielt ihren Kopf gesenkt und starrte auf ihre Hände in ihrem Schoß, die Handflächen nach oben gedreht. Die Finger, die sich vorhin noch mit unbändiger Gier in seine Haut gekrallt hatten, schienen nun schlaff und leblos.

Sie stand eindeutig unter Schock.

Impulsiv fasste Jordan nach ihrer Hand und drückte ihre Finger. „Ich werd’s wiedergutmachen.“

Deshalb brachte er sie ja jetzt mit ihrem Wagen zu sich nach Hause nach Balmoral. Er würde sie in sein Bett tragen und all die Dinge mit ihr genau so tun, wie er es sich ausgemalt hatte, anstatt in einen verrückten Rausch der Begierde zu verfallen. Um sich wegen der Verhütung Sorgen zu machen, war es zu spät, aber nicht, um alles zu genießen, was er mit Ivy Thornton noch erleben wollte.

Zumindest sollte er sich wohl erkundigen, ob sie irgendeine Form der Schwangerschaftsverhütung benutzte. Obwohl … jetzt würde eine solche Frage wohl eher unpassend wirken. Nun noch Kondome zu benutzen wäre lächerlich. Da konnte er sich dem Sex mit ihr auch „ohne“ hingeben. Es würde fantastisch sein. Er würde das Thema später anschneiden. Sie konnte ja die „Pille danach“ nehmen, falls nötig. Im Moment wollte er nichts anderes als auskosten, was zwischen ihnen passiert war.

Es war eine Flutwelle der puren Lust gewesen. Die aufschießende Erregung, das Fieber, der unbändige Drang, den Moment beim Schopf zu packen … und Ivys wilde Hemmungslosigkeit, die ihn über die Klippe getrieben hatte, bis sie beide fast den Verstand verloren hätten. Noch nie hatte er derartige absolut ursprüngliche, primitive Gefühle empfunden. Sex mit Ivy würde weiter erkundet werden müssen. Sehr viel weiter.

„Wohin bringst du mich?“ Ihre Stimme bebte noch immer.

Sie fuhren über die Hafenbrücke zur Nordseite der Stadt. Jordan lächelte Ivy zu. „Zu mir. Ich habe ein Haus in Balmoral.“ Er hoffte, dass kein Widerspruch von ihr erfolgen würde.

Nein, nichts dergleichen. Sie saß reglos da und starrte nach vorn auf die Straße. Vielleicht hatte sie ja Schwierigkeiten damit, ihre Gedanken zu ordnen. Wie auch immer … von ihr kam kein einziger Einwand.

Jordan fühlte erneut heiße Erwartung in sich auflodern. Er wusste, sie beide verspürten dieses unglaubliche Verlangen. Sie mussten die Glut nur wieder anfachen, die Hitze langsam schüren, damit sie nicht zu schnell von ihr verbrannt wurden.

Er wollte das volle Programm mit Ivy Thornton. Für eine faszinierende Frau wie sie war ein Quickie auf dem Kofferraumdeckel eine Beleidigung. Er würde es besser für sie machen. Viel besser.

Ivy fühlte sich wie erschlagen. Gedanken ließen sich nur mühsam wie aus einem dichten Nebel fassen. Sie hatte Sex mit Jordan Powell gehabt. Auf dem Kofferraum ihres Wagens. Er fuhr mit ihr zu seinem Haus in Balmoral.

Das waren die Fakten. Sie konnte sich nur nicht entscheiden, wie sie darauf reagieren sollte.

So war Sex für sie noch nie gewesen – so wild, so losgelöst, so wunderbar hemmungslos. Lag es an dem Mann, an den ungewöhnlichen Umständen, an ihrer langen Enthaltsamkeit …? Sie hatte keine Ahnung, wusste nur, dass Jordan die verkörperte Versuchung war und sie sich von ihm hatte verführen lassen.

Und warum auch nicht?

Glück für sie, dass sie sich keine Sorgen um eine ungewollte Schwangerschaft zu machen brauchte, mit ihrem Zyklus war sie in einer sicheren Phase. Was nun gesundheitliche Fragen anging … Bei ihr war alles in Ordnung, und sie nahm an, dass Jordan generell zu verantwortungsbewusst war, um Risiken einzugehen. Obwohl … heute hatte er genau das getan. Vermutlich war er deshalb so entsetzt über sein Verhalten.