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Scarlett schäumt vor Wut: Ihr Exmann, der Millionär Liam, platzt mitten in ihre Verlobungsfeier und entführt sie! Wieso muss er unbedingt jetzt auftauchen - als sie ein neues Leben mit Henry beginnen will. Doch in Liams Nähe schlägt ihr Herz immer noch wie wild …
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Seitenzahl: 571
Sharon Kendrick, Stephanie Howard, Helen Bianchin
JULIA EXKLUSIV, BAND 226
IMPRESSUM
JULIA EXKLUSIV erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH
© 1996 by Sharon Kendrick Originaltitel: „Untamed Lover“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: JULIA, Band 1270 Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Margit Sommersberger
© 1994 by Stephanie Howard Originaltitel: „Come Back Forever“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: JULIA EXTRA, Band 208 Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Andreas Becker
© 2002 by Helen Bianchin Originaltitel: „The Wedding Ultimatum“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: ROMANA, Band 1458 Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Irmgard Sander
Fotos: Corbis
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXKLUSIVBand 226 - 2012 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
Veröffentlicht im ePub Format im 09/2012 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-86494-656-1
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY, STURM DER LIEBE
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Zehn Jahre ist es her, dass die zauberhafte Scarlett ihm das Jawort gab. Und obwohl ihr Glück nur kurz währte, ist es für den Multimillionär Liam Rouse bis heute unvergesslich. Deshalb kehrt er zurück – gerade als Scarlett sich mit dem langweiligen Henry verloben will. Das muss er verhindern! Aber wird es ihm gelingen, Scarlett erneut zu erobern?
Wer ist diese atemberaubende Fremde, die sich sein Schloss ansehen möchte? Die umwerfende Frau stellt sich als Liza Blake vor, eine amerikanische Touristin, die Ferien in England macht. Richard hätte nichts dagegen, wenn Liza länger bei ihm auf Abbotsdale Castle bleiben würde. Doch ist Liza wirklich die harmlose Touristin, für die sie sich ausgibt?
Der millionenschwere Rafe Valdez weiß sofort: Danielle ist genau die Richtige, um ihm einen Erben zu schenken. Darum fackelt Rafe nicht lange und unterbreitet ihr ein brisantes Angebot: Er bewahrt ihre Dessous-Boutique vor dem Ruin, im Gegenzug wird sie seine Frau. Rafe hat alles haargenau geplant. Womit er allerdings nicht gerechnet hat, ist Liebe …
„Ich habe keine Lust, über Liam zu reden“, sagte Scarlett, und es kostete sie ziemliche Mühe, gleichmütig zu klingen. Während sie sich einen schwarzen Seidenstrumpf anzog, fügte sie hinzu: „Und schon gar nicht an dem Abend, an dem ich mich mit einem anderen Mann verlobe.“
„Wirklich nicht?“ Camilla lächelte süffisant. „Gedacht hast du aber gerade an ihn. Das sehe ich dir an der Nasenspitze an.“
Scarlett setzte eine lässige Miene auf, eine Miene, die sie oft zur Schau und wie eine Maske trug, hinter der sie sich versteckte. Es gelang ihr sogar, amüsiert zu wirken, als sie die gleichaltrige Camilla, die sie seit ihrem dritten Lebensjahr kannte, ansah. „Ich soll an Liam gedacht haben? Bist du verrückt?“
„Nein, aber du warst verrückt, als du …“
Scarlett hatte genug. „Hör auf, Camilla, und lass mich jetzt bitte in Ruhe, damit ich mich anziehen kann. Sonst komme ich am Ende noch zu spät zu meiner eigenen Party.“
Camilla ging wirklich, und als die Tür hinter ihr zugefallen war, blickte Scarlett auf ihre zitternden Hände. Genügte immer noch die bloße Erwähnung seines Namens, sie so in Aufruhr zu versetzen?
„Verdammt!“, sagte sie gepresst. „Verdammter Liam Rouse!“
Sie nahm das Kleid, das sie sich für ihre Verlobungsfeier gekauft hatte, vom Bügel und betrachtete es kopfschüttelnd. Es war das ideale Partykleid für einen Winterabend – langärmlig, aus schwarzem Samt figurbetont geschnitten und mit einem Überrock aus schwarzem goldgesprenkelten Tüll. Schwarz wie ihr Haar, Gold wie der Schimmer ihrer Augen – perfekt, aber so gar nicht ihr Stil.
Nachdem sie das Kleid angezogen hatte, stellte sie sich vor den Spiegel. Das bin doch nicht ich, dachte sie beim Anblick des verführerischen Geschöpfs, das ihr entgegensah. Sogar ihr Haar wirkte fremd. Normalerweise hing es glatt bis knapp über die Schultern, aber für diesen Abend hatte es der Dorffriseur in große weiche Wellen gelegt. Bernsteinfarben, fast golden, funkelten ihre Augen unter dem dichten schwarzen Pony.
Jetzt wird es aber langsam Zeit, hinunterzugehen und nach Henry zu schauen, dachte sie, als sie durch das gardinenlose Fenster eine Bewegung wahrnahm. Sie sah hinaus in die dunkle Nacht und ließ den Blick über das weitläufige Gelände von Seymour House schweifen, bis er schließlich bei der mächtigen alten Eiche verweilte, deren kahle Äste schwer mit Schnee beladen waren. War da nicht ein Schatten? Furcht ergriff sie, und ihr Herz schlug schneller. Ja, da stand ein Mann …
Scarlett schloss kurz die Augen und sah wieder zu dem großen alten Baum, aber dort war niemand. Natürlich war da niemand! Wer wäre schon so verrückt gewesen, sich in der kältesten Nacht des Jahres unter eine tief verschneite Eiche zu stellen?
Kopfschüttelnd über ihre Schreckhaftigkeit und ihre grundlosen Ängste, verließ sie ihr Schlafzimmer und schritt die breite Treppe hinunter, die in die Eingangshalle führte, wo der Butler ihrem Verlobten Henry gerade den Mantel abnahm. Henrys hellbraunes Haar, das schon etwas schütter wurde, glänzte im Licht des Kronleuchters.
Als er sie bemerkte, blickte ihr Verlobter auf und kratzte sich an der Nase, wie er es in Momenten starker Gefühle – sofern man bei ihm überhaupt von starken Gefühlen reden konnte – gern tat.
Wenn er doch nur diese Kratzerei lassen würde, dachte Scarlett, empfand diesen Gedanken aber sofort als illoyal und lächelte strahlend. „Hallo, Henry!“
„Guten Abend, Scarlett.“ Er räusperte sich, als wollte er eine Rede halten, und blickte sie verzückt an. „Ich muss schon sagen, meine Liebe, dein Kleid ist wirklich – umwerfend.“
„Der Preis war es auch“, antwortete Scarlett trocken.
Henry runzelte die Stirn. „Das ist aber keine sehr nette Art, auf ein Kompliment zu reagieren.“
„Tut mir leid.“ Scarlett seufzte. „Vielleicht liegt es daran, dass du mir gewöhnlich keine machst.“
„Soll das heißen, dass ich es tun sollte?“
Es sollte heißen, dass sie überrascht war, über Henrys romantische Anwandlungen, denn Romantik spielte in ihrer Beziehung keine allzu große Rolle. „Nein, natürlich nicht. Ach Henry, lass uns nicht streiten. Besonders nicht am heutigen Abend.“
„Nein, streiten wollen wir heute bestimmt nicht.“ Henry sah auf sie hinunter. „Komm mit“, sagte er unvermittelt und nahm sie bei der Hand.
„Warum?“
„Das wirst du schon sehen“, meinte er geheimnisvoll.
Bis sie auf der Terrasse waren, sagte er kein Wort. Und dort, im schimmernden Licht des Mondes, blickte er sich erst um, als wollte er sich vergewissern, dass die Luft rein war, bevor er in die Tasche griff und lächelnd ein kleines türkisfarbenes Kästchen herauszog.
Scarlett schauderte, aber das war eher der Kälte zuzuschreiben.
„Na? Bist du nicht neugierig, was drin ist?“
Sie ließ sich auf das Spiel ein. „Sag es mir.“
„Immer mit der Ruhe.“ Henry drohte gespielt mit dem Finger. „Nur nicht so ungeduldig.“ Dann klappte er den Deckel des Kästchens auf, und zum Vorschein kam ein riesiger Diamant, der im Mondlicht seine ganze kalte Schönheit funkelnd entfaltete.
Scarlett fühlte sich wie eine unbeteiligte Beobachterin, als sie zusah, wie Henry den Solitär an ihren linken Ringfinger steckte. Da der Ring etwas zu weit war, rutschte der schwere Stein zwischen ihren gespreizten Fingern durch, sodass nur noch der schmale Goldreif zu sehen war – wie ein Ehering …
Wieder schauderte Scarlett.
„Kein Problem, ich lasse ihn enger machen“, sagte Henry beiläufig. „Ich wollte dich überraschen.“
„Er ist … wunderschön.“ Scarlett war nun doch etwas ergriffen.
„Ja, das finde ich auch!“ Henry zog sie an sich und wollte sie küssen, aber Scarlett wandte genau in diesem Moment den Kopf, weil sie glaubte, hinter sich etwas gehört zu haben, sodass seine Lippen ihre linke Wange berührten.
Er lachte befangen und drückte einen schnellen Kuss auf ihren Mund, bevor er sie wieder freigab. „Keine Angst, Mädel, ich werde dich mit diesem Zeug schon nicht allzu sehr belästigen.“ Er senkte die Stimme. „Über kurz oder lang werden wir uns zwar um einen Erben kümmern müssen, aber überbewerten wollen wir diesen ganzen Schweinkram doch nicht.“
Scarlett sah ihren Verlobten nur an. Seine Worten hatten sie getroffen wie ein Schlag. „Dieses Zeug.“
„Dieser ganze Schweinkram.“ Sie schluckte, denn Sex mit Henry war ein Thema, das sie bis jetzt nur zu gern ignoriert hatte. Sex mit irgendeinem anderen als Liam war unvorstellbar. Aber wenn sie mit Henry erst verheiratet wäre …
„Keine Sorge“, fuhr Henry fort, „dass ich als Ehemann keine großen Forderungen stellen werde, habe ich dir ja schon gesagt. Und nun lass uns reingehen, ein Glas Champagner trinken und deinen Ring herumzeigen.“
Sie fühlte sich etwas elend, als sie sich von ihm wieder hineinführen ließ, und die erste Person, die ihnen über den Weg lief, war Scarletts Stiefvater.
„Schönen guten Abend, Sir Humphrey!“, rief Henry überschwänglich. „Wollen Sie mal einen tollen Klunker sehen?“
„Zeig her, Scarlett!“ Sir Humphrey begutachtete den Ring. „Gerade die richtige Größe, Henry! Gute Geldanlage. Wo haben Sie ihn gekauft?“
„Bei Tiffany’s“, sagte Henry strahlend. „Getreu Ihrer Empfehlung, Sir Humphrey.“
„Gute Wahl!“ Sir Humphrey klopfte Henry anerkennend auf die Schulter.
„Gefällt er dir, Scarlett?“
„Und ob.“ Lächelnd sah sie ihren Stiefvater an, und da fiel ihr plötzlich auf, wie alt er wirkte und wie tief die Falten waren, die sich in sein Gesicht gegraben hatten. Dass er geschäftliche Probleme hatte, wusste sie. Er hatte zwar nie direkt mit ihr darüber gesprochen, aber sie hatte Gerüchte gehört, dass seine Firma nicht so gut laufe, wie sie es sollte. Die Rezession hatte auch vor den Seymours nicht haltgemacht.
Scarlett war schon aufgefallen, dass das Dach von Seymour House dringend einer Reparatur bedurfte, wofür anscheinend das Geld fehlte. Andererseits gab Sir Humphrey – vor allem seit er in den Adelsstand erhoben worden war – Unsummen für Personal aus, was in ihren Augen in diesem Umfang nicht nötig gewesen wäre.
Warum ihr Stiefvater sich für ihre Verlobungsparty, der ein noch viel rauschenderes Hochzeitsfest folgen sollte, so in Unkosten stürzte, hatte sie sich auch schon oft gefragt. Aber jedes Mal, wenn sie ihn darauf angesprochen hatte, hatte er im Brustton der Überzeugung nur gesagt: „Adel verpflichtet.“
Scarlett hätte mit der kostspieligen Hochzeit gern gewartet, bis sich die finanzielle Lage etwas entspannt hätte, aber Sir Humphrey hatte hartnäckig darauf bestanden, sie so bald wie möglich abzuhalten, denn er wollte seine Stieftochter glücklich und in geordneten Verhältnissen lebend sehen. Von ihrer Mutter, die Sir Humphrey abgöttisch liebte und die ihm jeden Wunsch von den Augen ablas, hatte sie sich schließlich überreden lassen, einem frühen Hochzeitstermin zuzustimmen.
Als die Gästeschar einzutrudeln begann, verscheuchte Scarlett ihre Gedanken und setzte ein strahlendes Lächeln auf. Mäntel wurden abgelegt, und zum Vorschein kamen festlich schimmernde Roben in leuchtenden Farben, die in heiterem Kontrast zu den schwarzen Smokings der männlichen Gäste standen. Der Adel hatte sich versammelt, und bald war die Party in vollem Gang.
Zum Abendessen gab es fangfrischen Lachs mit allen erdenklichen Beilagen und danach wunderbar aromatische Erdbeeren mit Schlagsahne. Den Abschluss machten riesige Käseplatten, die – ein Augenschmaus – mit exotischen Früchten garniert waren.
Große Reden wurden nicht gehalten, denn dafür stand die Hochzeit zu unmittelbar bevor, aber der große Salon war ausgeräumt und zum Ballsaal umfunktioniert worden, und als Henry mit Scarlett den Tanz eröffnete, applaudierten die Gäste.
„Es läuft hervorragend.“ Henry lächelte zufrieden, als sie zu einer getragenen Melodie übers Parkett glitten.
Scarletts bernsteinfarbene Augen funkelten. „Freu dich nicht zu früh, vielleicht trete ich dir gleich auf die Zehen.“
„Ernst kannst du wohl nie sein?“ Er lachte. „Nein“, bestätigte sie lächelnd, denn was Ernsthaftigkeit anbelangte, hatte sie ihre Lektion gelernt. Nahm man die Dinge ernst, brach es einem das Herz, nahm man sie leicht, kam man mit heiler Haut davon.
Das Lied war zu Ende, und Henry ließ Scarlett los. „Schau, dein Vater winkt mir. Ich gehe mal zu ihm und sehe nach, was er will. Misch dich doch einfach unter die Gäste, Liebes.“
Scarlett sah ihm nach, ließ den Blick über die Tanzpaare schweifen, von denen sie viele nicht einmal vom Sehen kannte, und empfand plötzlich eine große innere Leere. Sie fühlte sich wie eine Außenstehende, die nur zusah und nicht dazugehörte. Fühlte sich so, wie sie sich in diesem Haus schon immer gefühlt hatte.
Hör auf, das ist doch lächerlich, schalt sie sich im Stillen, als sie auf die Terrasse ging, um etwas Luft zu schnappen. Der Champagner hat mich sentimental gemacht, dachte sie und atmete tief den süßen Duft des Winterjasmins ein, der gerade blühte.
Still und ohne die Kälte zu spüren, genoss sie den Anblick, der sich ihr bot. Der schneebedeckte Rasen schimmerte wie Silber, und hoch droben am Himmel stand wie eine weiße Scheibe der Mond. Langsam schob sich eine dunkle Wolke davor.
Scarlett kniff die Augen zusammen, um sich an das dunklere Licht zu gewöhnen, doch dann riss sie sie erschrocken auf. Am Rand der Terrasse stand ein Mann und blickte zu ihr herüber.
Ihr Herz schlug schneller, als sie registrierte, wie groß und breitschultrig dieser Mann war. Entsetzt schüttelte sie den Kopf, als könnte sie die Gestalt damit verscheuchen, aber die ließ sich nicht verscheuchen, sondern kam langsam auf sie zu.
Als der Mann ihr schon ziemlich nahe war, wurde Scarlett blass. Sein Gesicht wirkte wie gemeißelt und der Mund darin wie ein harter Strich. Er war größer als alle anderen Gäste, und seine Schultern waren breit wie die eines Rugbyspielers. Er hatte das gleiche tiefschwarze Haar wie Scarlett, und auch seine Augen, die blauen Augen, die sie so gut kannte, wirkten in diesem Moment schwarz. Schwarz wie seine Seele, dachte sie bitter. Als sich ihre Blicke trafen, verzog er den Mund zu dem wohlbekannten spöttischen Lächeln.
Einen Moment lang schüttelte Scarlett den Kopf, als hätte sie sich nur eingebildet, Liam Rouse vor sich zu sehen. Dieser Mann in schwarzem Smoking, weißem Seidenhemd und schwarzer Fliege konnte doch gar nicht Liam sein. Liam trug Jeans. Und zwar immer.
Sie war sprachlos und sah ungläubig zu ihm auf. Der funkelnde Blick aus seinen Augen ließ ihr Herz rasen, und ihr Mund war ganz trocken, als sie am Terrassengeländer Halt suchte. Das ist nicht fair, das ist einfach nicht fair, dachte sie verzweifelt. Wie konnte er nur nach so langer Zeit immer noch diese Wirkung auf sie haben! „Liam!“, rief sie schließlich erstickt, als das Bild des Mannes, den sie seit fast zehn Jahren nicht mehr gesehen hatte, vor ihren Augen verschwamm. „Liam bist du es wirklich?“
Er verzog den Mund zu einem zynischen Lächeln. „Das wirst du gleich merken“, sagte er, zog sie an sich und küsste sie.
Zuerst war Scarlett völlig überrumpelt und ließ es regungslos geschehen.
Liams Küsse waren aber auch unvergleichlich …
Oh nein, nur das nicht, dachte sie noch und drängte sich an ihn, als sein Kuss fordernder wurde. Dass sie seine stürmischen Liebkosungen zu allem Überfluss auch noch erwiderte, nahm sie nur noch verschwommen wahr, denn diese Küsse weckten in ihr Empfindungen, die sie an viel intimere Situationen erinnerten.
Liam wusste ganz genau, was ihr guttat …
„Glaubst du jetzt, dass ich es bin?“, fragte er spöttisch lächelnd, als er sich schließlich von ihr löste, „öder küsse ich etwa wie ein Geist?“
Scarlett rang nach Luft. „Du küsst nicht wie ein Geist, du küsst wie der Teufel!“, schleuderte sie ihm entgegen. „Und jetzt verschwinde, bevor ich dich rauswerfen lasse.“
„Aber Scarlett, wie eine besorgte Ehefrau klingst du nicht gerade“, höhnte er. „Willst du denn gar nicht wissen, wo ich all die Jahre gewesen bin?“
Sie blickte in das Gesicht, das ihr so vertraut war wie ihr eigenes – in das Gesicht des Mannes, der ihr Herz in tausend Stücke gerissen hatte. „Wo du gewesen bist, interessiert mich nicht im Geringsten“, erwiderte sie ärgerlich. „Du hast mich vor zehn Jahren sitzen lassen und bist ohne ein Wort gegangen – und genauso kannst du auch jetzt gehen. Wenn du nicht sofort von unserem Besitz verschwindest, rufe ich die Polizei.“
Er lachte nur und packte sie hart am Handgelenk. „Solange ich nicht das habe, weswegen ich gekommen bin, gehe ich nirgendwohin.“
Sie hörte die wilde Entschlossenheit in seinem Ton und wurde von einem unguten Gefühl beschlichen, denn sie kannte Liam, der schon als Zwanzigjähriger ziemlich bestimmend gewesen war. Dass sich dieser Wesenszug in den letzten zehn Jahren noch stärker ausgeprägt hatte, war offensichtlich.
„Wovon redest du? Weswegen bist du gekommen?“, fragte sie, aber ihre Stimme klang bei Weitem nicht so fest, wie Scarlett es sich gewünscht hätte.
Er heftete den Blick auf ihre dunkelroten bebenden Lippen und antwortete, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt: „Deinetwegen, Scarlett.“
„Meinetwegen?“, flüsterte sie ungläubig. „Du musst verrückt sein.“
Im weißen Licht des Mondes wirkte sein Mund hart. „Kommst du nun still und unauffällig mit?“
„Mit dir? Mit dir gehe ich nirgendwohin!“
„Ich glaube schon, Scarlett. Ein kleines Gespräch unter vier Augen wirst du deinem Ehemann doch nicht verwehren wollen.“
„Du bist verrückt!“, rief sie fassungslos. „Wir sind geschieden, und ich heirate bald einen anderen!“
Er schüttelte den Kopf. „Du täuschst dich, meine Liebe. Das Scheidungsurteil wurde zwar gesprochen, aber rechtskräftig wird es erst in fünf Wochen.“ Zynisch lächelnd fuhr er fort: „Vor dem Gesetz bist du noch meine Frau, und ich habe dir einen Vorschlag zu machen. Ich frage dich also noch mal: Kommst du still und unauffällig mit?“
Es dauerte einen Moment, bis Scarlett antworten konnte, denn sie schien erst jetzt zu begreifen: Liam war wieder da! Als sie dann aber antwortete, tat sie es sehr heftig. „Mitkommen?“, schrie sie. „Mit dir? Du machst wohl Witze! Du bist der Letzte, mit dem ich irgendwohin ginge, du verkommenes Subjekt, du Mistkerl, du …“
Als er ihr Handgelenk packte, umspielte wieder dieses zynische Lächeln seinen Mund. „Oh Scarlett, dass du Zicken machst, hätte ich mir eigentlich denken können.“
„Lass mich los“, fuhr sie ihn an, „oder ich schreie die ganze Gesellschaft zusammen.“
„Du bist also immer noch die Alte“, stellte er amüsiert fest. „Ich habe eigentlich gehofft, dass wir diese Angelegenheit wie zivilisierte Menschen erledigen können, an dein Temperament habe ich dabei allerdings nicht gedacht.“
Sie versuchte sich loszumachen, aber es gelang nicht. Und als sie mit der freien Hand nach ihm schlug, führte es nur dazu, dass er sich bückte, sie um die Kniekehlen fasste und sich Scarlett über die Schulter warf. Da hing sie nun kopfüber, das Gesicht ganz nah an seinem breiten Rücken, und fühlte seine Hand, die knapp oberhalb ihres halterlosen Seidenstrumpfs besitzergreifend auf ihrem nackten Oberschenkel lag.
„Mmm“, raunte Liam, und es war wie ein erotisches Versprechen, als er zart über ihren Schenkel strich. „Wie verlockend.“
Und dann geschah etwas Unglaubliches.
Scarlett hing über seiner Schulter, spürte seine Berührung – und lächelte. Nach so vielen Jahren hatte Liam immer noch die Fähigkeit, sie zum Lächeln, diesem entrückten Lächeln zu bringen. Er war wirklich der unkonventionellste Mann, dem sie je begegnet war! Und er war wieder bei ihr! Hielt sie wieder fest! Bevor sie sich jedoch ganz in diesen trügerischen Empfindungen verlieren konnte, führte sie sich vor Augen, was er ihr angetan hatte.
Liam hatte sie am Tiefpunkt ihres Lebens verlassen, und das würde sie ihm nie verzeihen. „Ich hasse dich“, sagte sie gepresst, als er mit seiner Last in Richtung Auffahrt marschierte.
„Das beruht ganz auf Gegenseitigkeit“, erwiderte er in einem eigenartig bitteren Tonfall.
„Lass mich runter!“, schrie Scarlett in die kalte winterliche Nacht, aber Liam ignorierte sie und schritt unbeirrt durch den Schnee auf ein schnittiges schwarzes Auto zu, das am Band der Auffahrt geparkt war.
Irgendjemand würde sie doch sicher sehen? Und es seltsam finden, dass dieser Riese von einem Mann die Gastgeberin über der Schulter durch den Schnee trug. Wo, zum Teufel, steckte Henry oder ihr Stiefvater? „Lass mich sofort runter, oder ich schreie zetermordio!“
„Dann ersticke ich dein Geschrei mit einem Kuss“, drohte Liam.
Um das zu riskieren, traute Scarlett ihren Gefühlen zu wenig und schloss lieber den Mund, den sie gerade geöffnet hatte, um ihren schrillsten Schrei loszulassen.
Beim Auto angelangt, öffnete er die Fahrertür, bückte sich und schob Scarlett mit einer einzigen fließenden Bewegung auf den Beifahrersitz, wo er sie anschnallte. Dann– erstaunlich elegant für einen so großen, kräftigen Mann– ließ er sich selbst hinters Steuer gleiten, legte den Sicherheitsgurt um und startete den PS-starken Motor. Mit einem tiefen Röhren schoss der Wagen davon.
„Vergiss es“, meinte Liam lächelnd, als er bemerkte, dass Scarlett versuchte, die Beifahrertür zu öffnen. „Die Türen haben eine Sicherheitsverriegelung und gehen nur auf, wenn das Auto steht.“
„Dann halte sofort an!“ Was da mit ihr passierte, konnte einfach nicht wahr sein. Sicher würde sie gleich wieder auf ihrer Party sein und ohne irgendwelche erotischen Hintergedanken von Henry in die Arme genommen werden.
„Nein.“
„Wo bringst du mich hin?“
„Das wirst du schon sehen.“
Den entschlossenen Zug um seinen Mund kannte sie von früher– er signalisierte, dass sich Liam von seiner unerbittlichen Seite zeigte. Aber so leicht wollte sie sich nicht geschlagen geben. Sie lehnte sich in dem komfortablen Ledersitz zurück und schloss kurz die Augen, um sich zu sammeln.
„Ist dir eigentlich klar, dass das eine Entführung ist?“, herrschte sie ihn schließlich an.
„Eine Entführung? Der Scheidungsrichter würde es vielleicht anders sehen– nämlich als den Versuch eines Mannes, sich in letzter Minute mit seiner Frau zu versöhnen …“
Scarlett wurde es plötzlich ganz schwer ums Herz, als sie an die Nächte dachte, in denen sie in ihr Kopfkissen geschluchzt hatte und einfach nicht hatte glauben können, dass Liam sie wirklich verlassen hatte. Oh, dieser herzlose schwarze Teufel! „Liam“, sagte sie kühl, „der Anlass für die Party, in die du hineingeplatzt bist, ist dir doch nicht entgangen, oder? Ich werde in fünf Wochen heiraten, und zwar Henry.“
„Wirklich?“, meinte er samtweich.
„Ja! Wirklich!“, antwortete sie bestimmt, doch der Klang seiner tiefen dunklen Stimme hatte sie erschauern lassen, und dafür hasste sie sich. Was hatte dieser Mann nur an sich, das ihre Gefühle so leicht in Wallung brachte? „Wo bringst du mich hin?“, fragte sie wieder, allerdings ohne großen Nachdruck, denn sie wusste, dass sie gegen ihn keine Chance hatte. Er war zu stark– und das nicht nur physisch.
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