Julia Herzensbrecher Band 39 - Charlene Sands - E-Book
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Julia Herzensbrecher Band 39 E-Book

Charlene Sands

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Beschreibung

IN EINER STÜRMISCHEN GEWITTERNACHT von CHARLENE SANDS Gerade hat Carter sie vor den Paparazzi gerettet, nun begleitet Macy den sexy Cowboy spontan auf seine Ranch nach Texas. Und in einer Gewitternacht schmilzt sie unter seinen Küssen dahin. Doch mehr als Lust will Carter keiner Frau je wieder schenken … ZEIT DER ZÄRTLICHKEIT, ZEIT DER LIEBE von STELLA BAGWELL Gespannt reist Rebecca nach New Mexico, um ein Erbe anzutreten – und findet sich in einem verfallenen Landhaus wieder. Das Citygirl ist ratlos – bis Jake Rollins auftaucht. Der attraktive Rancher erweist sich als Retter in der Not. Doch während Rebecca bereit ist, ihr Herz zu verschenken, muss sie glauben, dass Jake nur eine Affäre sucht … VERFÜHR MICH UNDERCOVER! von BARBARA DUNLOP Eine Story über Immobilien-Mogul Jared Ryder würde Melissas Karriere als Journalistin retten! Undercover fängt sie auf seiner Ranch als „Stallbursche“ an, um mehr über ihn zu erfahren. Doch Hals über Kopf verliebt sie sich in Jared und genießt seine erregenden Küsse. Als er ihr sein Geheimnis beichtet, muss Melissa sich entscheiden: für die Story oder die Liebe ihres Lebens …

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Seitenzahl: 591

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CHARLENE SANDS, STELLA BAGWELL, BARBARA DUNLOP

JULIA HERZENSBRECHER BAND 39

IMPRESSUM

JULIA HERZENSBRECHER erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Neuauflage 2023 in der Reihe JULIA HERZENSBRECHER, Band 39

© 2012 by Harlequin Enterprises ULC Originaltitel: „Exquisite Acquisitions“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Maike Stein Deutsche Erstausgabe 2013 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1784

© 2011 by Stella Bagwell Originaltitel: „His Texas Wildflower“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Marc Tannous Deutsche Erstausgabe 2013 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1889

© 2010 by Barbara Dunlop Originaltitel: „Seduction and the CEO“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Eva Ritter Deutsche Erstausgabe 2013 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1769

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 12/2023 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751519793

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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In einer stürmischen Gewitternacht

PROLOG

Wild River Ranch, Texas

Er strich mit dem Streichholz über die Sohle seines Stiefels und hielt dann die kleine Flamme an die Zigarette, die zwischen seinen Lippen klemmte. Tief sog er daran. Carter McCay schloss die Augen, während in seinem Kopf die Bilder von Soldaten aufstiegen, an deren Seite er gekämpft hatte. Er nahm einen weiteren tiefen Zug … im Gedenken an die Gefallenen. Am ersten jeden Monats zündeten alle seine Kameraden, die damals wie er das Glück gehabt hatten, wieder nach Hause zurückzukehren, irgendwo da draußen ihre Zigaretten an und erinnerten sich an Afghanistan.

Das leise Rauschen des Flusses holte ihn aus seiner Versunkenheit. Gegen den Stamm einer alten Eiche gelehnt, blickte er über den Fluss und beobachtete die kleinen Wellen, die in nahezu perfektem Rhythmus auf- und abstiegen. Wild River. Der Name traf schon lange nicht mehr zu. Hier am Ufer, wo der Baum ihm Schutz vor der heißen texanischen Sonne bot, war es ruhig und friedlich.

Der Hund ließ sich zu Carters Füßen nieder und winselte laut, als der Rauch auf seine empfindliche Nase traf.

Carter schob seinen Stetson zurück und blickte in die fragenden großen Hundeaugen. Er konnte dem Hund keinen Vorwurf daraus machen, dass der den Rauch nicht mochte. Dieser Hund sah zu viel. Wusste zu viel.

Carter warf die Zigarette auf den Boden und zerdrückte sie mit dem Stiefelabsatz. Dann hockte er sich neben den Golden Retriever. Der Hund legte den Kopf auf die Vorderpfoten und blickte zu ihm hoch.

„Ja, ich weiß, Kleiner. Du hast es schon schwer.“ Carter zauste dem Hund das Fell im Nacken. Er war verdammt froh, dass er den Hund vor seinem Vater gerettet hatte. Sein Elternhaus war einfach kein guter Ort für Hunde.

Sein Handy klingelte. Carter zog es aus seiner hinteren Hosentasche und schaute auf das Display. Eine SMS von Roark Waverly. Seit Monaten hatte er nichts mehr von seinem früheren Marine-Kameraden gehört. Aber es überraschte ihn nicht, dass er ausgerechnet heute eine Nachricht schickte. „Hat sich vermutlich auch gerade eine Zigarette angesteckt“, murmelte Carter. Doch als er den Text der Nachricht las, wurde ihm schnell klar, dass es um etwas ganz anderes ging, und Carter musste die Nachricht zweimal lesen.

C. Stecke in Schwierigkeiten. Bin untergetaucht. Kontaktiere Ann Richardson bei Waverlys. Die Goldherz-Statue ist nicht gestohlen. Kann dem Kommunikationsnetz von Waverlys nicht trauen. R.B.

Was zum Teufel war da los?

Nach dem Militärdienst war Roark beim Auktionshaus Waverly in New York eingestiegen, und seitdem war er weltweit unterwegs, immer auf der Jagd nach wertvollen Kunstgegenständen und Artefakten, die eine Versteigerung lohnten. Roark hatte sich über die Jahre in vielen heiklen Situationen befunden, aber üblicherweise kam er auch gut wieder allein aus ihnen heraus. Einmal hatte Roarks scharfer und schnell arbeitender Verstand Carter das Leben gerettet, als sie in einem kleinen afghanischen Ort auf Straßenpatrouille gewesen waren. Roark hatte bemerkt, dass das Auto, das Carter gerade kontrollieren wollte, mit einer Bombe versehen war. Er hatte Carter weggeschubst, bevor er die Hand um den Türgriff schließen konnte – und Carter hatte sofort gewusst, dass er Roark sein Leben verdankte.

„Rocky, komm.“ Ohne einen weiteren Blick auf den Hund zu werfen, ging Carter zu seinem Jeep. Rocky würde ihm folgen. Er war ein absolut treuer Gefährte.

Zwei Stunden später klopfte sein Cousin Brady bei ihm an, und Carter führte ihn in das große Wohnzimmer. Carter hatte die Wild River Ranch von seinem Onkel Dale geerbt. Und mit viel harter Arbeit und etwas Glück hatte Carter die kleine Ranch seines Onkels über die Jahre zu einem Unternehmen entwickelt, das leicht mit denen der großen texanischen Viehbarone mithalten konnte.

Er reichte Brady ein Glas mit Whiskey. „Auf dein Wohl.“

Brady grinste. „Klar, irgendwo auf der Welt ist es bestimmt schon fünf, aber jetzt verrat mir bitte mal, warum wir so früh am Nachmittag trinken?“

„Weil ich dank dir morgen nach New York fliege.“

„Meinetwegen? Was haben denn Brady McCay und New York gemein?“

Carter konnte ihm nichts von Roarks Nachricht erzählen. Die war für ihn allein bestimmt, er konnte sie nicht einmal mit jemandem teilen, dem er vertraute. Aber er konnte Brady den anderen Grund für seine Reise anvertrauen. Als er sich über das Auktionshaus, für das Roark arbeitete, kundig gemacht hatte, hatte er auch herausgefunden, dass dort an diesem Wochenende die Diamantringe der Hollywoodlegende Tina Tarlington versteigert wurden. Der berühmte Tarlington-Diamant war seit Tinas erster Hochzeit vor Jahrzehnten immer wieder Thema in der Presse gewesen. Jetzt, da die Filmdiva gestorben war, gab es noch mehr Wirbel um ihre drei Diamantringe. Carter plante, einen dieser Ringe zu ersteigern und gleichzeitig Roarks Nachricht an die Geschäftsführerin von Waverlys weiterzugeben.

„Du hast mich doch Jocelyn vorgestellt, oder?“, sagte Carter.

„Kann ich nicht leugnen. Sicher.“

„Sie ist gerade in New York. Besucht eine Freundin.“

Brady kniff die Augen zusammen. „Und?“

„Ich habe vor, sie dort zu treffen und zu fragen, ob sie mich heiraten will.“

Brady blinzelte und fuhr überrascht zurück. „Du willst Jocely Grayson heiraten? Ich habe gar nicht gewusst, dass es zwischen euch so ernst ist.“

„Verdammt ernst. Ich habe jetzt seit Wochen nach dem perfekten Verlobungsring gesucht. Wenn alles nach Plan läuft, wird sie sehr bald meine Verlobte sein.“

„Dann liebst du Jocelyn wirklich?“ Ein ungläubiger Ton schwang in Bradys Stimme mit.

Carter musste zugeben, dass er etwas schnell vorging. Doch seit dem Tag, als er der Enkelin von Bradys Nachbar vorgestellt worden war, hatte sie ihn verzaubert. Daher war er nun, kaum ein Jahr später, bereit für eine ernsthafte Verbindung. Und selbst für Jocelyn, die aus altem texanischem Geldadel stammte, wäre es beeindruckend, wenn er ihr einen Tarlington-Diamanten an den Finger steckte. Dann würde sie ohne jeden Zweifel wissen, wie viel sie ihm bedeutete. „Sie ist die Eine, Brady.“

„Na, dann – herzlichen Glückwunsch.“

Carter hob sein Glas. Jetzt, wo er sich entschieden hatte, konnte er es kaum noch erwarten, Jocelyns Gesicht zu sehen, wenn er ihr mit dem Tarlington-Diamantring einen Antrag machte. „Auf Jocelyn.“

Brady zögerte kurz und sah Carter prüfend in die Augen, bevor er sein Glas hob. „Auf Jocelyn.“

Doch nachdem sie den Whiskey hinuntergestürzt hatten, schaute Brady nachdenklich drein. Mit einem Lächeln seines Cousins hatte Carter aber schon gerechnet.

1. KAPITEL

Macy Tarlington war nie sicher, ob ihre Verkleidung funktionierte oder nicht. Heute schienen der beigefarbene Schal, der ihre dunklen Locken verbarg, und die Sonnenbrille, hinter der sie ihre blauvioletten Augen versteckte, die gewünschte Wirkung zu tun. Niemand war ihr gefolgt. Dem Himmel sei Dank! Sie sah ihrer Mutter ein bisschen zu ähnlich, was an sich nicht schlecht war. Ihre Mutter war für ihre Schönheit berühmt gewesen, doch der beliebten Hollywooddiva zu ähneln hatte nicht nur Vorteile. Ständig wurde Macy von den Paparazzi verfolgt, die der Meinung waren, allein ihre DNA gäbe ihnen das Recht, Macys Privatsphäre zu missachten, vor allem in ihrer Trauerzeit.

Tina Tarlington mochte ja ein Weltstar gewesen sein, und ihre Fans mochten glauben, sie würden alles über sie wissen – von ihren Filmrollen, für die sie mehrfach ausgezeichnet worden war, über ihre drei gescheiterten Ehen bis hin zu ihrem Starruhm –, aber sie hatten sie nicht wirklich gekannt. Nicht so, wie Macy sie gekannt hatte.

Das beeindruckende New Yorker Auktionshaus auf der Madison Avenue zu betreten machte sie nervös. Auf dem Weg zum Verkaufsraum stieß sie mit ihrer Freundin Avery Cullen zusammen. Avery entsprach so gar nicht dem Klischee einer reichen amerikanischen Erbin, sie war eher bescheiden und zurückhaltend.

„Ich hoffe, ich dränge mich dir nicht zu sehr auf“, flüsterte Macy.

Averys herzliches Lächeln beruhigte sie, und die Freundin hakte sich bei ihr ein. „Keine Sorge, Macy. Deswegen bin ich doch hier – um dich zu unterstützen.“

Da die Sonnenbrille ihre Augen verbarg, konnte Macy sich unbeobachtet in dem großen und elegant eingerichteten Verkaufsraum umsehen, in dem Tina Tarlingtons wertvolle Erbstücke versteigert werden würden. Wunderschöne, mit rotem Samt bezogene Stühle standen in mehreren Reihen hintereinander. Nur in der Mitte war ein Gang frei gelassen worden. Die Wände waren in hellen Tönen gehalten, und funkelnde Kristallkronleuchter tauchten den Raum in ein warmes Licht.

„Ich kann dir gar nicht genug dafür danken, dass du das hier mit mir durchstehst.“ Macy drückte Averys Arm. Ihre Freundin war extra aus London angereist, um heute bei ihr zu sein.

„Ich weiß doch, wie hart das hier für dich ist.“

„Hart und notwendig, leider. Die Sachen meiner Mutter so ausgestellt zu sehen verursacht mir wirklich Magenschmerzen. Oh Gott, ich wünschte, das wäre alles schon vorbei.“

Avery drückte Macys Hand.

„Die zwei Stühle da hinten sind unsere“, sagte Macy leise zu ihr. „Das habe ich im Vorhinein arrangiert.“

Auf dem Weg zu ihren Plätzen stellte Macy fest, dass alle Stühle im Raum besetzt waren. Noch im Tod zog Tina Tarlington die Massen an.

Sobald sie saßen, wurde ihnen ein Katalog gereicht, in dem alle Gegenstände der Auktion aufgelistet waren. Macy nickte Ann Richardson, der Geschäftsführerin von Waverlys, zu. Sie hatte die Auktion in ihr Haus geholt. Sie erwiderte Macys stillen Gruß, bevor sie sich wieder den Kunden in der ersten Reihe widmete.

Macy schlug den Katalog auf und blätterte darin, las die Einträge über die Gegenstände aus dem Vermögen ihrer Mutter. Neben den Beschreibungen standen jeweils eine Nummer und eine Schätzung des Geldwertes. Schon beim ersten Eintrag musste sie innehalten. Erinnerungen stiegen in ihr hoch, und sie spürte, wie Tränen in ihren Augen brannten.

An Macys zehntem Geburtstag war Tina in das Magic Castle Mansion gestürmt, gerade als die Feier beginnen sollte. Sie trug noch immer das Kostüm ihrer aktuellen Rolle als Eleanor Neal, die ihr eine Oscar-Nominierung einbrachte. Sie kam direkt vom Set zur Geburtstagsfeier in den exklusiven Club, in dem sonst weltberühmte Musiker auftraten. Die Filmarbeiten hatten mal wieder länger gedauert als erwartet. Aber Macy hatte es nicht gekümmert, dass ihre Mutter zu spät zur Party und auch noch in Kostüm und Maske erschienen war. Sie war auf ihre Mutter zugerannt und hatte sich ihr in die Arme geworfen und sich so fest an sie gedrückt, dass Tina lachte, bis ihr die Schminke übers Gesicht lief. Es war ein magischer Augenblick gewesen und einer von Macys schönsten Geburtstagen.

Jetzt wurde das rosafarbene Seidenkleid mit Pailletten, das ihre Mutter an jenem Tag getragen hatte, ganz nüchtern als „Kleid, das Tina Tarlington in dem hochgefeierten Film Quest for Vengeance, 1996, trug“, beschrieben.

Das gesamte Leben ihrer Mutter schien zu kurzen Werbetexten und Listennummern zusammengeschrumpft zu sein. Macys Magenschmerzen wurden schlimmer.

Sie schlug den Katalog zu und atmete tief durch. Sie durfte nicht zusammenbrechen. Nicht jetzt. Sie musste diese Auktion durchstehen. Still redete sie sich selbst gut zu und rief sich in Erinnerung, warum der Verkauf der Schätze und Juwelen ihrer Mutter notwendig war.

Macy schaute sich im Raum um und betrachtete die Leute. Ihr Blick blieb auf einem absoluten Traumtyp von einem Mann hängen, der auf der anderen Seite des Ganges, eine Reihe weiter vorn, saß. Der Cowboy trug ein strahlend weißes Hemd unter dem stilvollen Westernjackett, das seine breiten Schultern betonte, und einen Stetson. Die Enden seiner Cowboy-Krawatte glitzerten silbern im Licht der Kronleuchter. Sein Profil wirkte kantig und sprach von einem starken Charakter. Plötzlich blickte er sie für einen kurzen Moment lang an, als hätte er sie bei ihrer Musterung ertappt. Panik ergriff sie, und sie hielt den Atem an. Zum Glück ließ er aber den Blick schnell weiter durch den Raum schweifen.

Aber als er sich zu ihr umgedreht hatte, war sie wie vom Blitz getroffen gewesen und hatte ihn noch attraktiver gefunden. Hitze breitete sich plötzlich in ihrem Körper aus. Eine ganz und gar neue Erfahrung für Macy.

Statt der Übelkeit spürte sie jetzt das Flattern von Schmetterlingen in ihrem Bauch.

Wie seltsam.

Sie starrte den Cowboy weiter an, wandte nur ab und an den Blick ab, um nicht erwischt zu werden. Sie war dankbar für ihre Verkleidung. Sie gab ihr die Freiheit, etwas wesentlich Interessanteres zu verfolgen als die Auktion.

Der Cowboy warf immer wieder Blicke nach vorn zum Podium, als sehne er den Beginn der Auktion herbei.

Dann betrat Ann Richardson das Podium. Nach einer herzlichen Begrüßung überließ sie dem Auktionator das Mikrofon. Die Auktion begann, und Macy beobachtete, wie die Bieter nacheinander ihre Bieterkarten hoben, um ihre Gebote für das erste Kleid ihrer Mutter abzugeben.

Die gute, fürsorgliche Avery saß wachsam an ihrer Seite und war ihr eine Stütze. Als der Auktionshammer niedersauste und das finale Gebot bestätigte, drückte Avery ihren Arm und flüsterte ihr zu: „Denk immer daran, deine Mutter wollte, dass du das hier tust.“

Macy nickte und schloss kurz die Augen. Es stimmte. Ihre Mutter hatte ihren Besitz und ihren Schmuck geliebt, und sie hatte nicht mit Geld umgehen können. So fehlgeleitet das Leben ihrer Mutter auch gewesen sein mochte, Macy hatte immer gewusst, dass sie geliebt wurde. Und Tina hatte nie einen Zweifel daran gelassen, dass Macy das Wichtigste in ihrem Leben war.

Wieder spähte sie zu dem attraktiven Cowboy hinüber. Er hatte seinen Hut abgesetzt, wohl aus Rücksicht auf die Leute hinter ihm. Sein volles dunkelblondes Haar sah gepflegt aus und fiel ihm bis auf den Hemdkragen. An den Enden lockte es sich ein bisschen. Der Stetson lag auf einem ausgestreckten Bein, und Macy überließ sich ihren wilden Fantasien, hätte zu gern den Platz mit dem Hut getauscht.

Sie spürte, wie sich bei diesem Gedanken ein zartes Lächeln auf ihre Lippen legte. Und ihr törichtes Herz begann schneller zu schlagen.

Allmählich wurde ihr sein Gesicht vertraut. Ihn zu betrachten war ein guter Zeitvertreib, eine Ablenkung, von der sie nicht lassen konnte. Sie fühlte sich zu ihm hingezogen, und sie wusste nicht warum. Immerhin lebte sie in Hollywood, wo gut aussehende Männer Dutzendware waren. Sie hatte kleine Filmrollen gehabt, in denen sie neben Männern gespielt hatte, die schöner waren als jedes weibliche Filmsternchen.

Nein, es lag nicht an seinem Aussehen. Etwas anderes zog sie zu ihm hin. Er strahlte ein Selbstvertrauen aus, das über sein offensichtliches Unbehagen in diesem altehrwürdigen New Yorker Auktionshaus hinwegtäuschte.

Das gefiel ihr an ihm.

Sie vermutete, dass er sich bei einer Auktion von Langhornrindern wohler fühlen würde.

Und auch das gefiel ihr.

Sie musste aufhören, sich Fantasien über ihn hinzugeben. Macy richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Auktion, aber sie war dem Cowboy dankbar für die aufregende Zerstreuung, während das Leben ihrer Mutter versteigert wurde.

Bald würden die Diamantringe zur Versteigerung kommen.

Macy wünschte sich weit fort. Sie bedauerte die Leute, in deren Besitz die Ringe gehen würden.

Drei Diamantringe. Drei fehlgeschlagene Ehen.

„Diese Ringe sind verflucht“, flüsterte sie Avery zu.

Ihre Freundin nickte kaum wahrnehmbar. „Dann solltest du froh sein, sie loszuwerden.“

Oh ja, das war sie. Sie war unglaublich froh darüber. Die Ringe bedeuteten nichts als Schmerz und Leid für jeden, in dessen Besitz sie kamen. Die Liebe, die mit diesen Ringen ausgedrückt werden sollte, überlebte nie. Die drei gescheiterten Ehen ihrer Mutter bewiesen das nur zu deutlich. Jede davon war auf ihre spezielle Art schrecklich gewesen, und Macy hatte die Diamantringe daher insgeheim die „Liebesfluch-Diamanten“ getauft. Natürlich konnte sie das der Presse nicht sagen. Sie brauchte das Geld zu dringend, um irgendetwas verlauten zu lassen, das den Wert der Ringe schmälern könnte. Aber diese Diamanten hatten alle ihre eigenen Geschichten, und leider kannte Macy sie alle nur zu gut.

Den Anfang machte der 3-Karat-Ring, den Clyde Tarlington ihrer Mutter geschenkt hatte. Ein wahrhaft einzigartiges Schmuckstück. Der nahezu perfekte Diamant war so gesetzt, dass er mit den ihn einfassenden kleineren Steinen ein T bildete. Er war wirklich der erlesenste Ring des Trios.

Avery stieß sie an, und Macy, die tief in ihre Gedanken versunken gewesen war, blickte die Freundin überrascht an.

„Schau mal.“ Avery deutete über den Gang. „Der gut aussehende Cowboy, den du die ganze Zeit über angestarrt hast, macht sich bereit. Ich wette, dass er hier ist, um auf die Tarlington-Diamanten zu bieten.“

Carter wollte diesen Diamantring so sehr, dass es fast wehtat. Er war bereit, ein kleines Vermögen dafür auszugeben. Er seufzte vor Ungeduld auf.

Die imposante Dame, die neben ihm saß und ihn gehört hatte, gab einen herablassenden Laut von sich. Dann blickte sie auf den Hut, der auf seinem Bein ruhte. Und sie schnaufte verächtlich.

Nun ja. Er hatte sie anscheinend beleidigt.

Da er guter Laune war, immerhin war er so gut wie verlobt, schenkte er ihr ein um Verzeihung bittendes Lächeln.

Die Frau umklammerte ihre Handtasche mit dünnen, knochigen Fingern und rutschte von ihm weg, ohne sein Lächeln zu erwidern. Sie bemühte sich gar nicht erst, ihr Missfallen zu verbergen. Er passte nicht hierher. Und es gefiel ihr ganz und gar nicht, dass er hier war.

Er konnte ihr das nicht übel nehmen. Schließlich passte er wirklich nicht hierher. Er mochte keine Menschenansammlungen, keine engen Räume und auch nicht den Lärm auf New Yorks Straßen. Aber er hatte zwei verdammt gute Gründe, hier auf dieser Auktion zu sein.

Zum einen den Verlobungsring, den er unbedingt kaufen wollte, und zum anderen den Freund, dem er unbedingt helfen wollte.

Beide Gründe waren wichtig, und beide konnten ein Leben verändern.

Seine Gedanken schweiften ab zu einem Artikel, den er an diesem Morgen in der New York Times gelesen hatte. Es ging um eine mögliche Absprache zwischen Waverlys und dem Rothschild-Auktionshaus. Und Waverlys war in dem Artikel nicht sehr gut weggekommen.

Sofort hatte er überlegt, ob er überhaupt Geld auf dieser Auktion verschwenden sollte, und alte Überlebensinstinkte hatten sich geregt. Carter war bekannt für seine vernünftigen Finanzentscheidungen, und wenn es um irgendwen anderen gegangen wäre, hätte er die Auktion sausen lassen. Aber sein Freund Roark war ein aufrechter Typ. Und wenn Roark dieser Ann Richardson und Waverlys vertraute, dann reichte das Carter als Referenz. So einfach war das.

Die Geschäftsführerin saß vorn an der Seite und beaufsichtigte den Verlauf der Auktion. Er wiederum hatte sie seit Beginn der Auktion beobachtet und würde sie auch weiter im Blick behalten. Bevor die Veranstaltung vorüber war, würde er nicht mit ihr reden können, aber er würde nicht gehen, ohne ihr Roarks Nachricht übermittelt zu haben.

In ihrer Begrüßungsrede hatte Ann Richardson an die alte, ehrwürdige Tradition des Auktionshauses erinnert und betont, dass hier seit über 150 Jahren ehrlicher Handel getrieben wurde. Das war wohl ihre Art, den Gerüchten entgegenzuwirken, die die heutige Veranstaltung überschatteten. Er wurde ganz kribbelig, als er plötzlich wieder daran dachte, weswegen er hier war. Nach 31 Jahren als Junggeselle würde er nun einen Heiratsantrag machen und war bereit, sich mit einer Frau niederzulassen.

Endlich kündigte der Auktionator den ersten der berühmten Ringe an. „Der Tarlington-Diamant im Smaragd-Schliff hat drei Karat, einen Reinheitsgrad von VS1 und den Farbgrad D. Die ihn einfassenden sechs kleineren Diamanten im Baguette-Schliff haben insgesamt eins Komma vier Karat. Wir starten mit einem Gebot von 50.000 Dollar.“

Carter hob seine Bieterkarte.

Drei andere Bieterkarten schnellten in die Höhe.

Und als er seine wieder hob, waren sie bereits bei 70.000 Dollar angekommen. Im Saal wurde es still. Nur noch das leise Rascheln von Kleidern und ein gelegentliches Husten waren zu hören. Soweit Carter die Sache überblickte, waren noch vier Bieter im Spiel. Und alle von ihnen blieben am Ball, als der Preis für den Tarlington-Diamanten sich verdoppelte.

Wieder hob er seine Bieterkarte.

Zwei der anderen Bieter stiegen aus, und jetzt wurde es zu einem Duell. Carter konnte den anderen Bieter nicht wirklich ausmachen und sah nur, dass der irgendwo weiter vorn saß. Sein mysteriöser Konkurrent gab nicht auf.

Als das Gebot sich erneut verdoppelt hatte, ließ Carter seine Bieterkarte sinken. Sein Konkurrent hatte ganz klar unbegrenzte Mittel und wollte diesen Ring um jeden Preis. Und Carters Geschäftssinn verbot es ihm, mehr als doppelt so viel für den verdammten Ring zu bezahlen, als er im Grunde wert war. Er hatte seine Möglichkeiten ohnehin schon mehr als ausgereizt. Als der Hammer niedersauste und das letzte Gebot bestätigte, streckte Carter sich und verrenkte den Hals, um zu sehen, wer ihn überboten hatte. Eine junge Frau in einem strengen Geschäftskostüm nickte dem Auktionator höchst zufrieden zu.

Carter runzelte die Stirn. Er hasste es zu verlieren.

Der nächste Diamant, der zur Versteigerung kam, hatte zwar weniger Kultstatus als der Tarlington-Diamant, aber dafür zwei perfekt glänzende Karat auf einem Platinring. Diesen hatte die Filmdiva von ihrem dritten Ehemann Joseph Madigan bekommen. Carter würde sich nicht noch einmal überbieten lassen.

„Zum ersten. Zum zweiten. Letzte Chance für ein Gebot.“ Eine Sekunde verstrich. Schweigen. Dann fiel der Hammer. „Und verkauft!“

Zufrieden lehnte Carter sich zurück. Der Diamant gehörte ihm. Quer über den Kontinent war er geflogen, um einen Ring zu kaufen, der Jocelyn beeindrucken würde, und morgen Abend würde er ihn ihr auf einem Silbertablett präsentieren.

Sobald die Auktion vorüber war, beeilte er sich, seinen Ring abzuholen. Er erwischte Ann Richardson, als sie gerade den Saal verlassen wollte. „Ms. Richardson?“

Die gertenschlanke Blondine drehte sich zu ihm um, und Carter war überrascht, wie jung sie von Nahem wirkte. Sie blinzelte. „Ja?“

„Verzeihung, Ma’am, aber ich muss Sie privat sprechen.“

„Gibt es ein Problem mit Ihrem Kauf? Sie haben da einen beeindruckenden Ring erstanden.“

„Nein, nein, mit dem Ring bin ich mehr als zufrieden.“

„Das freut mich zu hören. Ich hoffe, er bringt Ihnen Glück.“ Sie blickte ihn wachsam an.

„Das wird er.“ Carter lächelte. „Ich habe vor, morgen damit meinem Mädchen einen Heiratsantrag zu machen.“

Ihr Blick wurde weicher. „Oh, also dann, herzlichen Glückwunsch, Mr. …?“

„Carter McCay.“

Sie streckte die Hand aus, und Carter schüttelte sie. „Ich stecke nicht mit der Presse unter einer Decke, falls das Ihre Befürchtung ist.“

Ihre Augen weiteten sich. Dann breitete sich ein schuldbewusstes Lächeln auf ihrem Gesicht aus, als wäre sie auf frischer Tat ertappt worden. „Ich kann nicht leugnen, dass ich den Verdacht hatte.“ Sie seufzte leicht und blickte sich um, während das Auktionspublikum aus dem Saal strömte. „Die Presse kann brutal sein“, sagte sie mit gesenkter Stimme.

Carter nickte. „Können wir uns irgendwo allein unterhalten? Es geht um Roark Black.“

Ann hob die Brauen, als wäre dieser Name der letzte, den sie erwartet hätte zu hören. In ihre Besorgnis mischte sich Neugier. „Folgen Sie mir bitte.“

Die Absätze ihrer schwarz glänzenden Schuhe klapperten auf dem Steinfußboden des Flurs. Carter passte sich ihrem Tempo an, und bald erreichten sie eine Bürotür, auf der „Privat“ stand. Ann drückte auf einen Schalter, und Neonlampen erhellten das Büro. Sie lehnte sich gegen einen großen Glasschreibtisch und verschränkte die Arme vor der Brust. „Was ist mit Roark? Geht es ihm gut?“

„Das hoffe ich. Er ist ein Freund von mir. Wir kennen uns seit Ewigkeiten. Ich habe ihn in der Armee in Afghanistan kennengelernt. Vor ein paar Tagen hat er eine SMS geschickt. Ihr Name kam darin vor.“ Carter zog sein Handy aus der Tasche und tippte auf dem Display herum, bis Roarks kryptische Nachricht erschien. Er reichte Ann das Handy.

Sie stand still da und las den Text einige Male. „Er schreibt, dass er niemandem außer mir diese Informationen anvertrauen kann. Und dass er sich irgendwo versteckt hält.“ Sie sah Carter in die Augen. „Wo ist er denn da reingeraten?“

„Ich habe keine Ahnung. Er erwähnt eine Statue. Wissen Sie, worum es dabei geht?“

Sie nickte nachdenklich und las noch einmal die Nachricht. „Die Goldherz-Statue. Von der gibt es nur drei Exemplare. Er könnte da über etwas gestolpert sein, dass er nicht hätte entdecken dürfen.“ Ann sah ihn wieder an. „Er könnte wirklich in Gefahr sein.“

Carter hielt ihrem Blick stand. „Könnte er.“

Beunruhigt seufzte sie und gab ihm das Handy zurück. „Er ist ein guter Mann.“

Carter nickte. „Ich kenne Roark. Er hat schon oft in gefährlichen Situationen gesteckt, und er hat immer einen Ausweg gefunden.“

„Wollen Sie mir damit sagen, ich soll mir keine Sorgen machen?“ Ihre Stimme war nicht mehr als ein Wispern.

Carter machte sich Sorgen. Aber er konnte verdammt noch mal nichts unternehmen, bevor er nicht wieder von Roark hörte. „Sinnlos, Zeit damit zu verschwenden. Ich habe großes Vertrauen in ihn. Roark weiß, was er tut. Aber worum auch immer es hier geht, er wollte auf jeden Fall, dass ich Ihnen persönlich diese Nachricht überbringe. Er weiß nicht, wem er vertrauen kann.“

„Ich verstehe. Vielen Dank für Ihre Mühe. Versprechen Sie mir, mich zu benachrichtigen, wenn Sie wieder von ihm hören?“

„Das werde ich.“

„Danke.“ Sie brachte ihn an die Tür. „Und Glückwünsche noch mal zu Ihrer Verlobung. Ich glaube, jede Frau wäre glücklich, wenn sie einen Tarlington-Ring tragen darf.“

Carter grinste. „Das ist der Plan.“

Sie lächelte ihn so offen und herzlich an, dass sich ihre Grübchen zeigten. Carter vermutete, dass sie so ein Lächeln nicht allzu oft sehen ließ. „Ich glaube, Ihre zukünftige Verlobte kann sich glücklich schätzen.“

Carter dankte ihr und verließ Waverlys mit einem Diamantring in der Tasche und einem warmen Gefühl im Herzen. Heute hatte er beide Ziele erreicht, die er sich gesetzt hatte.

Und morgen würde sich sein Leben für immer verändern.

Macy lag im Pyjama lang ausgestreckt auf dem Kingsize-Bett ihres Hotelzimmers und betrachtete ihr Spiegelbild in der dunklen Fensterscheibe. Sie mochte diese riesigen Betten nicht, zu viel Platz für eine schlanke Person wie sie. Sie drückte das Telefon fester ans Ohr.

„Denkst du immer noch an den Cowboy von der Auktion?“, fragte Avery am anderen Ende.

Macy lächelte. Der Cowboy? Nun, der würde den leeren Platz im Bett gut ausfüllen. „Ertappt. Aber das kannst du mir nicht wirklich vorwerfen, oder? Mein Liebesleben ist praktisch nicht existent. Wenn ich nur ein Zehntel der Liebhaber hätte, von denen MovieMash.com behauptet, dass ich sie hätte, wäre das ein wahres Wunder. Ich hatte seit acht Monaten kein Date mehr. Und das bedeutet, ich bin reif für Dating Dilemma, diese neue Realityshow.“

„Ach, Macy. Das bedeutet nur, dass du mit der Krankheit deiner Mutter und mit deinem Verlust beschäftigt bist. Es kommt auch wieder eine Zeit für Verabredungen. Du wirst sehen.“

Auch Avery hatte vor Kurzem ein Elternteil verloren. Ihren Vater. Daher wusste sie, was Macys Verlust bedeutete, und konnte ihren Schmerz nachvollziehen. Avery war ihr eine gute Freundin gewesen, als Tina gestorben war. Das geteilte Leid über den Verlust hatte das Band zwischen ihnen verstärkt.

„Du bist auf den Cowboy scharf gewesen. Das ist doch ein guter Anfang.“

„Stimmt.“ Macy seufzte und starrte auf ihr Spiegelbild und auf das Blumenmuster ihres Pyjamas. Sie nahm sich vor, so bald wie möglich sexy Unterwäsche zu kaufen.

Irgendetwas an diesem Cowboy sprach sie an. Sie war vom ersten Moment an verzaubert gewesen. Verzaubert. Ein Wort, das ihre Gefühle für diesen geheimnisvollen Mann perfekt beschrieb. Er hatte ihr heute durch eine schwierige Zeit geholfen. Nicht, dass er je davon erfahren würde, aber trotzdem löste es warme Gefühle für ihn in ihr aus.

„Der arme Kerl“, sagte sie leise. „Er hat diesen verfluchten Diamantring gekauft. Ich habe zufällig gehört, wie er gesagt hat, er wolle sich morgen verloben.“

„Zufällig gehört?“

„Ich habe feine Ohren. Als wir aus dem Saal gegangen sind, habe ich mitbekommen, wie er Ms. Richardson erzählt hat, er habe den Ring für seine anstehende Verlobung gekauft. Wirklich traurig.“

Avery kicherte. Sicherlich dachte sie, Macy hätte einen Witz gemacht. Und warum auch nicht? Keine normale Frau würde ernsthafte Gefühle für einen Mann entwickeln, den sie gerade erst gesehen hatte. Und so konnte Macy nicht mal ihrer besten Freundin erzählen, wie ihr das Herz schwer geworden war, als sie hörte, dass der sich verloben wollte. Ihre Enttäuschung war überwältigend gewesen. Ihr Traum-Cowboy war bereits vergeben – das schmerzte auch jetzt noch. „Mit dem Ring ist seine Ehe schon vor dem Antrag zum Scheitern verurteilt.“

„Das kannst du nicht sicher wissen. Würdest du nicht auch lieber glauben, dass das Scheitern dieser drei Ehen nicht an den Ringen lag, sondern eher eine seltsame Laune der Natur gewesen ist oder eben einfach ein merkwürdiger Zufall?“

„Ich weiß nicht, Av. Vielleicht hast du ja recht, und es liegt nicht an den Ringen. Vielleicht glaube ich einfach nicht mehr an die Liebe. Ich meine, nicht nur meiner Mutter auch allen ihren Freundinnen wurde durch die Liebe das Herz gebrochen. Du weißt doch, wie sehr meine Mutter meinen Vater geliebt hat. Sie war so wütend auf ihn, als er gestorben ist und sie allein gelassen hat.“

Clyde Tarlington war ein talentierter Schauspieler gewesen und für Macy ein liebevoller Vater, doch seine wahre Liebe galt dem Glücksspiel und dem Alkohol. Nach beidem war er süchtig gewesen. Wenn er große Gewinne abräumte, schmiss er eine Lokalrunde nach der anderen, und leider hatte einer dieser großen Gewinne vor zehn Jahren auch seinen größten Verlust bedeutet. Er hatte sich betrunken hinters Steuer gesetzt und war mit seinem Lamborghini gegen einen Baum gefahren. Nur drei Häuserblocks von ihrem Zuhause entfernt. Sein Blutalkohol lag weit über dem Erlaubten. In dieser Nacht war es mit seinem Glück vorbei gewesen.

„Ich weiß, das hat ihr das Herz gebrochen“, sagte Avery.

Macy schluckte. „Aber sie hat sich wieder aufgerappelt und schließlich Ehemann Nummer zwei und danach Ehemann Nummer drei geheiratet. Und du weißt ja auch, wie es mit diesen Ehen gelaufen ist.“ Macy spürte, wie ihr die Kehle eng wurde. „Und der Cowboy hat den Ring von Verlierer Nummer drei gekauft.“

„Macy, geht’s dir gut? Ich kann vorbeikommen, wenn du willst.“

„Nein, nein, alles in Ordnung. Außerdem ist es bereits nach Mitternacht. Mach dir meinetwegen keine Umstände.“

Von ihren finanziellen Problemen schwirrte Macy der Kopf. Und da Avery ohnehin das meiste darüber wusste, hatte es auch keinen Sinn, ihre rechtlichen Schwierigkeiten aufzulisten. Sie wurde verklagt, weil sie sich weigerte, von ihren Prinzipien abzuweichen. Und jetzt zahlte sie die Folgen – mit dem Vermögen ihrer Mutter. Morgen hatte sie ein Treffen mit ihrem New Yorker Anwalt. Ein Termin, auf den sie sich wahrlich nicht freute. „Du hast schon mehr als genug für mich getan.“ Sie täuschte ein Gähnen vor. „Ich bin völlig fertig. Ich werde es mir in diesem riesigen Bett bequem machen und versuchen zu schlafen.“

„Okay … wie du willst.“

„Ich sehe dich morgen zum Abendessen, bevor du zurückfliegst. Schlaf gut.“

„Du auch, Macy.“

„Hab ich vor.“ Sie wusste, dass sie nicht viel Schlaf finden würde. Ihre Probleme würden sie bis in ihre Träume hinein verfolgen und sie wach halten.

Im Russian Tea Room saß Carter mit Jocelyn am Tisch und starrte sie ungläubig an. Die Kulisse, der Diamantring, einfach alles war perfekt. Ausgenommen von ihrer Antwort. „Nein?“

„Das stimmt“, flüsterte sie. „Nein, ich will dich nicht heiraten.“

Er schüttelte den Kopf und lehnte sich fassungslos zurück.

Jocelyn strich sich das blonde Haar über die Schulter zurück mit einer Geste, die er als Verärgerung zu deuten gelernt hatte. Ihre vollen kirschrot geschminkten Lippen verzogen sich zu einem Schmollen. Dann seufzte sie theatralisch. „Ich habe geglaubt, dir wäre klar, dass das mit uns nichts Ernstes ist.“

Er zwang sich ruhig zu bleiben. „Und woher hätte ich das wissen sollen?“

„Wir haben nie über eine Zukunft gesprochen.“ Sie blickte kurz zu dem Samtkästchen hinüber, das offen auf dem Tisch stand. „Nicht so richtig jedenfalls.“

„Du meinst, als wir nachts im Bett gelegen haben und du gesagt hast, wie sehr du dir eine Familie wünschst – drei Kinder, um genau zu sein …“ Carters Stimme wurde lauter. „… und auch dass du gern ein zweites Haus in den Hamptons haben würdest – das hast du alles nur so dahingesagt?“

Er hatte geglaubt, sie wollten beide dasselbe. Wie konnte er die Signale übersehen haben?

„Wir kennen uns ja nicht gerade lange, Carter.“

„Ein Jahr ist kurz?“

„Ja, mit dir in Wild River und mir in Dallas. So oft haben wir uns wirklich nicht gesehen.“

Die glatte Zurückweisung tat weh und traf ihn in seinem Stolz. Er sah Jocelyn in einem ganz neuen Licht. Einem nicht sehr schmeichelhaften. Ein Muskel an seinem Kiefer begann zu zucken.

„Der Ring ist wirklich umwerfend.“

Und er würde nie im Kerzenschein an ihrem Finger funkeln.

„Aber ich kann ihn nicht annehmen. Ich liebe dich nicht.“

Er griff nach dem Kästchen und ließ es zuschnappen. Er wollte den verdammten Ring keine Sekunde länger ansehen. „Deutlicher könntest du es nicht ausdrücken.“

„Ich … nun, es – tut mir leid.“

Sie klang nicht überzeugend.

„Klar, deine Entschuldigung macht alles wieder gut. Ich nehme mal an, als Nächstes willst du, dass wir Freunde bleiben?“

Das war ein harter Schlag für sein Ego, aber auch sein Herz tat weh. Immerhin hatte er davon geträumt, mit dieser Frau den Rest seines Lebens zu verbringen. Wie hatte das so schiefgehen können? Natürlich hatte er gewusst, dass Jocelyn eine Frau mit hohen Ansprüchen war. Doch er hatte geglaubt, dass er sie glücklich machen konnte. Jetzt kam er sich wie der letzte Trottel vor.

„Sei nicht sauer, Carter.“

„Sag mir nicht, wie ich mich fühlen soll, Jocelyn. Selbst du solltest begreifen können, wie sehr mich das trifft.“

„Du hast das alles falsch verstanden. Du hast zu viel in unsere Beziehung hineininterpretiert.“

„Ich habe …“ Carter kämpfte darum, sich unter Kontrolle zu bekommen „Du hast mich doch erst zu dieser Beziehung verführt. Oder erinnerst du dich nicht mehr? Vom ersten Tag an hast du dich an mich rangeschmissen. Beim Jahrmarkt in Wild River? Du hast dich so oft an mich gedrückt, dass ich mich im Fluss abkühlen musste. Und soweit ich mich erinnere, bist du mir hinterhergesprungen. Und seitdem sind wir zusammen gewesen. Also entschuldige bitte, wenn ich sauer bin. Entschuldige bitte, wenn ich das nicht verstehe.“

Und was war mit all diesen Nächten, in denen sie seinen Namen geschrien und ihm versichert hatte, er wäre der beste Liebhaber der Welt? Oder ihre mitternächtlichen Ausritte auf der Ranch? Oder damit, wie sie immer an ihm gehangen hatte, sobald sie sich irgendwo in der Öffentlichkeit befanden, als wäre er die wichtigste Person in ihrem Leben? War das alles nur Show gewesen?

„Du hast das alles falsch verstanden. Ich war nicht hinter dir her.“

„Nein, natürlich nicht.“

Sie seufzte. „Und ich habe geglaubt, ich wäre so leicht zu durchschauen.“ Sie umklammerte ihre kleine Handtasche und stand auf. „Ich bin in Brady verliebt. Ich habe nur versucht, ihn eifersüchtig zu machen.“

„In meinen Cousin?“ Ein bitterer Geschmack breitete sich in Carters Mund aus. „Die ganze Zeit über wolltest du nur Brady eifersüchtig machen?“ Er erhob sich, sodass er sie überragte. „Und wie läuft’s?“

Sie versteifte sich. „Halt die Klappe.“

Sie wollte an ihm vorbei, doch er packte sie am Arm. „Du hast mich für dumm verkauft.“

Sie richtete sich auf, als wäre sie eine Königin. „Du bist ja auch ein Dummkopf, so leicht wie du es mir gemacht hast, du dummer Hinterwäldler.“

„So siehst du mich also?“ Seine Stimme war ein dumpfes Grollen. „Dann werde ich das Brady wissen lassen, denn da wir verwandt sind, ist er ja auch ein dummer Hinterwäldler. Er hatte recht, was dich angeht. Ja, der dumme Hinterwäldler hält nicht allzu viel von dir. Und jetzt kann ich ihm auch nicht mehr widersprechen.“

Sie zuckte zusammen. Aber sein Sieg war nur ein schwacher Trost.

Gerade, als sie sich von ihm losreißen wollte, gab er ihren Arm frei. „Geh.“

Sie ging, und er sah ihr nicht nach. Er begab sich an die Bar. Er musste seinen Kummer dringend in einem doppelten Whiskey ertränken. Jocelyn war ganz und gar nicht die Frau, für die er sie gehalten hatte. Sie hatte ihn nur benutzt, ihn nach allen Regeln der Kunst verarscht. Und dabei war sie wirklich gut gewesen, das musste er zugeben.

Keine Frau würde ihn je wieder so täuschen. Carter stürzte seinen Whiskey hinunter und gratulierte sich dazu, dass er noch einmal davongekommen war.

Eine halbe Stunde später verließ er das Restaurant, gestärkt vom besten Whiskey, den man für Geld kaufen konnte, und trat hinaus in eine heißfeuchte Augustnacht. Das war das Einzige in New York, was ihn an Texas erinnerte – die erdrückende Luftfeuchtigkeit. Die Hitze kroch ihm unter den Kragen, und ihm brach der Schweiß aus.

Draußen sah er, wie eine Frau, die versuchte, das Restaurant zu betreten, von einem Dutzend Paparazzi bedrängt und daran gehindert wurde. Ein Blitzlichtgewitter brach los. Sie bemühte sich verzweifelt zu flüchten, war aber dermaßen eingezingelt, dass jeder Fluchtversuch vergeblich war. Sie wurde hin und her geschoben und mit Fragen regelrecht bombardiert. Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke, und Carter erkannte, dass diese Frau in der Falle saß.

Und plötzlich erkannte er sie. Die Frau war ihm gestern bei der Auktion aufgefallen.

Jemand riss ihr den Schal vom Kopf. Lange schwarze Locken fielen ihr über die Schultern, und sie griff hastig nach dem Schal, um ihn wieder hochzuziehen. Carter hatte genug gesehen. Er bahnte sich einen Weg durch die Menge und setzte seine Ellbogen an ein paar strategischen Stellen ein, sodass man ihn zu ihr durchließ. Als er ihr gegenüberstand, umfasste er fest, aber sanft ihre Hände mit seinen. Sie blickte ihn aus ihren großen blauvioletten Augen verzweifelt an. Carter blockierte die Sicht eines Fotografen, und der breite Stetson gab ihnen weitere Deckung. Setz alles ein, was dir zur Verfügung steht, sagte er sich. Das hatte er bei den Marines gelernt.

Er beugte sich zu ihr. „Ich kann Sie hier rausbringen. Aber Sie müssen mir vertrauen.“

2. KAPITEL

„Hast dir wohl einen Cowboy angelacht“, rief ein Fotograf aus der Menge.

„Drehst du Nacktszenen mit ihm, Macy?“, fügte ein anderer hinzu.

Die Pressegeier lachten.

Es machte sie wütend, dass diese Meute sie duzte, als wären sie ihre Freunde. Tina, ihre Mutter, hatte mit Paparazzi umzugehen gewusst. Macy nicht.

Die Worte des Cowboys waren eine Wohltat für ihre Ohren. Sie blickte ihm in die Augen, und er nickte ihr zu.

Vertrauen Sie mir.

Das tat sie.

Jemand rempelte sie von hinten an, und der Cowboy funkelte denjenigen warnend an. „Verschwinden Sie!“

Dann blickte er wieder zu ihr. „Kommen Sie mit?“

Macy musste nicht lange nachdenken. Sie hatte keine Alternative. Die Menge bedrängte sie jetzt immer mehr, seit der Cowboy eingegriffen hatte, und verlangte zu wissen, wer er war.

Eine Frage, die sie nicht beantworten konnte.

Aber sie würde es herausfinden.

Sie nickte, und er lächelte ihr zu. „Verschwinden wir.“

Der Cowboy hielt ihre Hand fest in seiner, als sie losrannten. Insgeheim verfluchte sie ihre Paciotti-High-Heels, denn sie hatte große Mühe, mit ihm Schritt zu halten.

„Schauen Sie nicht zurück.“ Sie durfte unter keinen Umständen hinfallen. Der Schal rutschte ihr vom Kopf, und der Knoten, der ihn noch hielt, drückte ihr gegen die Kehle. Schweißperlen standen auf ihrer Stirn, und ihre Nerven flatterten, während der Cowboy sie mit sich zog und die Pressegeier ihnen folgten.

Einige der Verfolger fielen allmählich zurück. Nur noch ein paar vereinzelte, besonders hartnäckige Reporter waren hinter ihnen her. Der Cowboy verstärkte den Griff um Macys Hand, als sie das Ende der schmalen Straße erreichten. Er spähte in beide Richtungen. „Da entlang.“ Er deutete auf die rechte Seitenstraße.

Sie rannten auf eine glänzende schwarze Limousine zu. „Steigen Sie ein, und dann sind wir hier weg.“

Macy warf einen Blick zurück. Am Ausgang der schmalen Straße standen vier der Pressegeier und fotografierten wie wild.

Ihr Retter öffnete ihr die hintere Autotür, und überraschte damit den Chauffeur, der gerade einen Burrito aß. Sie stieg ein und rutschte auf der Rückbank auf die andere Seite. Der Cowboy folgte ihr. „Drücken Sie aufs Gas, Larry. Schnell.“

„Ja, Sir.“ Der Chauffeur ließ sein Essen fallen und fummelte mit dem Schlüssel herum. Endlich sprang der Motor an. Bevor die Paparazzi noch auf zehn Meter herankamen, waren sie bereits auf der Hauptstraße, und Larry fuhr so schnell, wie der Verkehr es zuließ.

„Wow.“ Macy lehnte sich in ihrem Sitz zurück und schloss die Augen. Sie versuchte sich zu beruhigen, aber da war noch dieser Cowboy mit seinem Stetson neben ihr. Und der brachte sie noch mehr als die Flucht außer Atem.

Sie wandte sich ihm zu und nahm den Geruch seines moschusartigen Aftershaves wahr. Der Duft an sich war schon antörnend, und an ihm wurde er zu etwas ganz und gar Unwiderstehlichem. Sie hatte ihn doch schon zum Ritter in glänzender Rüstung erklärt, er brauchte wirklich keine weiteren kleinen Hilfen. Sie räusperte sich. „Normalerweise steige ich nicht einfach so zu Fremden ins Auto.“

Er lächelte, und zwei Grübchen zeigten sich auf seinem ohnehin schon attraktiven Gesicht. „Aber bei mir machen Sie eine Ausnahme?“

„Ich habe sofort gewusst, dass ich Ihnen vertrauen kann. Ich habe Sie gestern schon gesehen – bei der Auktion. Ich war auch dort.“

„Ich weiß.“

„Sie wissen, wer ich bin?“

„Nein, kann ich nicht behaupten. Aber Sie sind mir gestern aufgefallen. Sie haben um jeden Preis versucht, unauffällig zu bleiben. Schätze mal, die Markensonnenbrille und der Schal haben Sie verraten. Und irgendwie ist es schwer, eine schöne Frau nicht zu bemerken, auch wenn sie noch so bemüht ist, sich zu verhüllen. Nicht dass ich Ihnen einen Vorwurf wegen der Verkleidung machen würde.“ Er deutete mit dem Kopf in die Richtung, aus der sie gerade geflüchtet waren. „Passiert Ihnen das oft?“

Er fand sie schön, selbst in ihrer Verkleidung. „In letzter Zeit ja … leider.“

Macy hatte keine Ahnung, wohin sie fuhren. Sie konnte lediglich Straßenlaternen und Neonreklamen ausmachen.

Bedächtig nahm der Cowboy seinen Hut ab und legte ihn zwischen sie. Er blickte sie immer noch an. Unter dem Blick jedes anderen Fremden hätte sie sich gewunden, aber bei ihm fühlte sie nur eine angenehme Erregung. Als würde ihre Fantasie wahr. Sie konnte immer noch nicht glauben, dass sie in seinem Auto saß und mit ihm wer weiß wohin fuhr.

Sie pfiff ihre ungezügelten Gedanken zurück. Er war verlobt. Oder war es bald. Aus ihrer Fantasie würde nichts werden. „Ich bin Macy Tarlington.“

Etwas blitzte in seinen Augen auf. „Tarlington?“

Ganz offensichtlich kannte er den Namen Tarlington, aber verband ihn mit ihrer Mutter und nicht mit ihr. Gut möglich, dass er keinen der Filme gesehen hatte, in denen sie mitspielte. Sie war ja auch nicht wirklich ein Star, aber die Eingeweihten erkannten sie für gewöhnlich. „Tina Tarlington war meine Mutter.“

„Teufel auch!“ Er grinste und streckte ihr eine Hand entgegen. Die große, vertrauenerweckende Hand, die sie bereits gehalten hatte. „Carter McCay. Ich komme aus Wild River, Texas.“

Natürlich war er Texaner. Was sonst? „Hollywood, Kalifornien.“

Seine Mundwinkel hoben sich, und sie blickten sich an, während sie sich die Hände schüttelten.

Unter seinen Blicken konnte man glatt das Gleichgewicht verlieren. „Ich möchte mich bei Ihnen bedanken. Ohne Sie hätte ich dieser Meute nicht entkommen können.“

Er ließ ihre Hand los. „Schien mir ganz so.“

„Sie haben mich gerettet.“

„Sie haben Rettung gebraucht.“

Macy hielt einen Seufzer zurück. Seine Verlobte konnte sich wirklich glücklich schätzen. „Ist Frauen zu retten eine Angewohnheit von Ihnen, oder haben Sie für mich eine Ausnahme gemacht?“

„Ich bin nicht mehr im Geschäft, was die Rettung von irgendwem angeht.“

„Das heißt, Sie waren es mal?“

„Vor langer Zeit.“ Die Lichter der Stadt spiegelten sich in seinen Augen, als er aus dem Fenster blickte. „Ich bin Marine gewesen.“

„Ah, das erklärt Ihre Hilfsbereitschaft.“

Mit gerunzelter Stirn starrte er sie an.

„Ich meine, ähm, ist das nicht das, was – was Sie tun?“ Oh, verflixt, sie wollte auf keinen Fall den Mann beleidigen, der sie gerettet hatte. Sie suchte verzweifelt nach einer Erklärung. „Sie wissen schon – Marines, die erste Eingriffstruppe in jeder Krise.“

Er grinste, als fände er sie höchst amüsant. „Ich bin Texaner. Und wir mögen es nun mal nicht, wenn Frauen in Bedrängnis sind. Marine oder nicht, jeder Mann, der was taugt, hätte dasselbe getan.“

„Wie auch immer, ich weiß es zu schätzen.“

„Warum waren diese Deppen denn so verdammt hartnäckig?“

Die gefürchtete Frage. „Vermutlich halten die ihr Handeln für gerechtfertigt.“

Er verzog den Mund. „Es gibt keine Rechtfertigung dafür, eine hilflose Frau herumzuschubsen und mit Kameras zu verfolgen.“

„Wenn Sie mich besser kennen würden, wüssten Sie, dass ich nicht wirklich hilflos bin“, scherzte Macy. „Die haben mich heute überrumpelt. Meistens bin ich besser vorbereitet.“

„Ich könnte mir nicht vorstellen, so zu leben.“

„Im Moment ist es schlimmer als üblich. Der Tod meiner Mutter hat das Scheinwerferlicht auf mich gezogen.“ Macy zuckte mit den Schultern. „Ich bin momentan der Mittelpunkt eines Streits.“

Er blickte sie weiter an, fragend, abwartend. Aber Macy sagte nichts mehr. Es war ihr zu unangenehm, einem Fremden zu erklären, warum sie aus zwei laufenden Produktionen ausgestiegen war. Zum Glück waren die Klagen, die deswegen gegen sie liefen, noch nicht öffentlich bekannt geworden.

„Warum die Auktion?“, fragte er schließlich. „Ihre Mutter war doch …“

„Pleite. Sie konnte nicht mit Geld umgehen, und sie hat schöne Dinge einfach zu sehr geliebt.“

Seine Augen weiteten sich, als hätte sie etwas sehr Aufschlussreiches verraten. „Wollen Sie etwas trinken? Ich habe allerdings nur Champagner.“

Die Flasche Dom stand in einem silbernen Kühler in der Mitte der Limousine. Er schenkte zwei Gläser ein und reichte ihr eins. Sie nahm es und warf wieder einen Blick nach draußen. Sie ließen die Stadt allmählich hinter sich. Bald würde sie nur noch eine entfernte Erinnerung sein.

Sie nahm einen Schluck Champagner. „Verraten Sie mir, wo Sie mich hinbringen?“

Der Wind zerzauste ihr das Haar, und die kühle Brise erfrischte ihre Gedanken und belebte ihren Körper. Sie stand auf dem Deck einer Privatyacht und betrachtete die glänzende Skyline von Manhattan. Hätte Avery nicht ihre Essensverabredung in letzter Sekunde abgesagt und Macy sich nicht dazu entschlossen, die zwei Häuserblocks zu ihrem Lieblings-Sushi-Restaurant zu Fuß zu gehen, dann würde sie jetzt allein vor einer Platte mit Lachs-Sashimi und Wasabi sitzen.

Die Redewendung zu gut, um wahr zu sein war wirklich überbewertet, außer wenn es um Carter McCay ging. Er hatte sich als der perfekte Gentleman gezeigt und ihr angeboten, sie an ihrem Hotel abzusetzen.

„Und was wäre die Alternative?“, hatte sie gefragt.

Und nun segelte sie mit ihrem attraktiven Cowboy über den Hudson. In der Limousine hatte sie ihm eine Million Fragen stellen wollen. Aber sie hatte sich zurückgehalten. Sie wollte noch eine Weile länger so tun, als wäre alles in Ordnung mit der Welt, und zur Abwechslung einfach mal mit dem Strom schwimmen, wie ihre Mutter es getan hatte.

Carter lehnte sich neben sie an die Reling. Sie lächelte ihm zu. Von ihrer Perspektive betrachtet, sah der „Strom“ verdammt attraktiv aus. In seiner Gegenwart hatte sie Schmetterlinge im Bauch, und gleichzeitig fühlte sie sich bei ihm sicher. Sie vertraute ihm. Und jemand wie sie, der mit dem Hollywoodzirkus aufgewachsen war, vertraute niemandem leichtfertig.

„Das ist wirklich schön, Carter. Es ist so friedlich hier auf dem Wasser.“

Er atmete tief durch und nickte. „Das war der Plan.“

„Aber ich war eigentlich nicht eingeplant.“

„Stimmt. Haben Sie mitbekommen, was ich gestern bei der Auktion gekauft habe?“

„Ist mir aufgefallen. Einen der Diamantringe.“

„Ja. Und wie der letzte Depp hab ich gedacht, mit einem Tarlington-Diamanten wäre es eine sichere Sache. Ich hab heute Abend meinem Mädchen einen Heiratsantrag gemacht.“

„Heute Abend?“

Er starrte über das Wasser. „Ja. Kurz bevor ich Sie getroffen habe. Sie hat rundweg abgelehnt und mich wie den letzten Idioten aussehen lassen. Es hat sich rausgestellt, dass sie mich nur benutzt hat, um die Aufmerksamkeit meines … von jemand anderem zu bekommen.“

War diese Frau verrückt? „Oh. Wow. Ganz schön gemein.“

„Da ist nichts schön dran.“

„Es ist so falsch.“

„Falsch.“ Er nickte.

„Himmel, es ist fies und abstoßend. Verdorben.“

„Moment, Moment mal.“ Er hob eine Hand, und ein leises Lachen stieg aus seiner Kehle auf. „Jetzt fühle ich mich noch schlechter.“

„Immerhin habe ich Sie zum Lachen gebracht.“

Er lächelte. „Das haben Sie.“ Seine Augen funkelten. „Danke.“

Carter war wirklich niemand, den man einfach so wegwarf. Schon die kurze Zeit, die sie jetzt mit ihm verbracht hatte, bewies ihr das.

Dieser verdammte Fluch. Sie wünschte, sie hätte ihn davon abgehalten, auf den Ring zu bieten. Sie wünschte, er hätte diese Zurückweisung nicht erleben müssen. Wenn sie das Geld nicht so dringend benötigte, um die Schulden ihrer Mutter und die Anwaltskosten zu bezahlen, dann hätte sie die Ringe, die schon so viel Unglück und Leid gebracht hatten, gar nicht erst verkauft.

„Es tut mir wirklich leid, Carter.“ Natürlich waren die Limousine, der Champagner und die Jacht für das frisch verlobte Paar gedacht gewesen. Und dass ihr das erst jetzt aufging, lag nur daran, dass der Cowboy ihr die Sinne verwirrte.

Er nickte. „Wissen Sie was? Sie zu treffen, heute Nacht, war genau die Dosis an Realität, die ich nötig hatte. Mit Ihnen fühle ich mich nicht mehr so verdammt elend, wie ich mich gefühlt habe, als ich aus diesem Restaurant gegangen bin. Gut möglich, dass Sie mir ebenso viel geholfen haben wie ich Ihnen.“

„Das bezweifle ich zwar, aber trotzdem danke.“

„Es stimmt aber.“ Carter schaute wieder hinaus auf den Fluss und stieß den Atem aus. „Oh Mann, ich bin reif für die Rückkehr nach Wild River. Nach Hause. Die Stadt ist einfach nichts für mich.“

„Diese Stadt im Besonderen?“

„New York im Speziellen, ja. Aber ich kann keinen Ort ausstehen, in dem Hochhäuser einem die Sicht auf den Sonnenuntergang verbauen. Durch den man nicht gehen kann, ohne angerempelt und eingeengt zu werden. Ich mag weite, offene Flächen. Und von denen haben wir viele in Wild River. Dort ist es so ruhig, dass man seine Gedanken hören kann.“

Macy schloss die Augen. „Klingt paradiesisch.“

„Nah dran. Und was ist mit Ihnen? Sind Sie ein Großstadtmensch?“

„Musste ich ja sein. Meine Eltern waren beide Schauspieler. Und ich bin mit dem ganzen Glamourzirkus aufgewachsen. Und auch mit all den kleinen Eitelkeiten, den Eifersüchteleien und Genuss im Überfluss. Ich mag aber die Großstadt nicht. Und wenn ich zurück in Los Angeles bin, werde ich weiter mit dieser ständigen Beobachtung konfrontiert sein. Andere Reporter, aber dieselben Absichten. Ich werde keinen Moment für mich, keine Privatsphäre haben. Und ich fürchte mich schon jetzt davor.“

„Gibt es denn keinen Ort, wo Sie untertauchen können?“

Macy schüttelte den Kopf. Wenn die Schulden ihrer Mutter und die Anwaltskosten beglichen wären, bliebe ihr nicht genug Geld, um an irgendeinem exotischen Ort Zuflucht zu suchen, wo niemand sie erkennen würde. „Nicht wirklich.“

Carter schwieg, während die Jacht sanft schaukelte und an Ellis Island vorbeiglitt. Von der Freiheitsstatue fielen Lichtstreifen auf das Wasser. Macy fühlte sich bei Carter unglaublich sicher und beschützt. Doch das Gefühl würde nicht von Dauer sein. Schon bald würde sie sich der Realität stellen müssen.

Sie seufzte und hielt ihr Gesicht in den Wind.

Als sie die Augen wieder öffnete, blickte sie direkt in Carters, der sie entschlossen ansah. „Warum kommen Sie nicht einfach mit mir nach Wild River?“

„Wie … bitte?“

„Sie können dort untertauchen, solange wie Sie wollen. Ich hab ein großes Haus und Tausende von Morgen Land. Dort wird Sie niemand aufspüren.“

„Ich, äh … äh …“

„Sie könnten noch vor Sonnenaufgang mit mir in den Flieger steigen. Und wir wären zum Frühstück in Texas und zum Mittagessen in Wild River.“

Das klang nach dem Paradies. Aber sie konnte doch nicht einfach so mit einem Fremden auf und davon. Oder? Sie wusste kaum etwas über ihn – außer dass er reich, attraktiv, ehrenhaft und liebenswürdig war.

Sie hatte gerade ihre eigene Frage beantwortet. Aber konnte sie das wirklich tun? Konnte sie wirklich vor all ihren Problemen davonlaufen? Mit Carter? Was wartete schon in L. A. auf sie? Sicher, sie würde sich bald überlegen müssen, wie ihre Zukunft aussehen sollte, aber in letzter Zeit hatte sie nur daran denken können, irgendwie diese Auktion zu überstehen. Nun war ihr gerade eine Ruhepause angeboten worden. Bedenkzeit. „Ich kenne Sie gar nicht wirklich und …“

„Bis vor ein paar Stunden war ich mit einer Frau zusammen und drauf und dran, sie zu heiraten. Ich mache Ihnen ein Angebot ganz ohne Verpflichtungen. Ich werde mich nachts nicht in Ihr Zimmer schleichen.“

Warum nicht? Fand er sie vielleicht nicht attraktiv? Ihr entschlüpfte ein nervöses Lachen. „Oh, das wollte ich Ihnen auch gar nicht unterstellen.“

Er wurde ernst. „Nur um das ganz klarzustellen – ich biete Ihnen einen sicheren Ort an. Es liegt also bei Ihnen. Sobald wir von dieser Jacht runter sind, treffe ich alle nötigen Vorbereitungen für meine Heimreise. Und meine Einladung steht, wenn Sie sie annehmen wollen.“

Denn das war es, was Carter McCay tat. Er rettete Leute. Und Macy musste eine schwerwiegende Entscheidung treffen. Wollte sie nach Hollywood zurückkehren und sich den Reportern und dem Blitzlichtgewitter stellen, auf jegliche Privatsphäre verzichten – oder wollte sie mit ihrem sexy Cowboy auf und davon?

Die Entscheidung sollte nicht allzu schwer sein.

Aber in diesen Dingen war Macy so gar nicht wie Tina Tarlington. Sie tat nie etwas aus einer Laune heraus.

Außer dieses Mal.

Sie brauchte Ruhe.

Sie brauchte Zeit zum Nachdenken.

Sie musste ihr Leben wieder in den Griff bekommen und herausfinden, wohin die Reise gehen sollte.

Und eigentlich brauchte sie keine weitere Ermutigung. Mit einem tapferen Lächeln wandte sie sich Carter zu. „Ich nehme die Einladung an.“

In der ersten Klasse des Flugzeugs war es beinahe leer. Carter saß auf der anderen Seite des Gangs und hatte die langen Beine ausgestreckt. Da er die Augen geschlossen hielt, konnte sie ihn ausführlich betrachten. Seine Wimpern waren geradezu unverschämt lang. Die dunkelblonden Haare reichten ihm bis auf den Kragen, ungebändigt für einen Soldaten, aber passend für einen Rancher. Und seine Schultern wirkten gut einen Meter breit.

Zuvor hatte sie ihn nur im Anzug gesehen. Jetzt trug Carter ein hellbraunes Hemd, das er locker in seine abgetragenen Jeans gesteckt hatte. Auf der silbernen Gürtelschnalle standen die Initialen W.R. Sie nahm an, dass die Buchstaben für die Ranch standen: Wild River. Der Hut, den er nun halb über sein Gesicht gezogen hatte, schien eine Konstante zu sein. Bei Carter wirkte er nicht wie ein modisches Accessoire – er gehörte einfach auf diesen Kopf.

Plötzlich öffnete er die Augen und drehte sich zu ihr um. So beim Starren erwischt, richtete sie den Blick schnell auf die Gepäckfächer und weigerte sich, Carter anzusehen.

„Was war da mit dieser Nacktszene?“, fragte er unvermittelt.

Oh, verflixt! Macys Herz begann schneller zu schlagen. Sie hatte so gehofft, dass er ausgerechnet von diesem Paparazzi-Kommentar nichts mitbekommen hatte. „Es ist … nichts.“

Carter, der sein Nickerchen jetzt offensichtlich beendet hatte, richtete seine volle Aufmerksamkeit auf sie. „Ist dem so? Wollen Sie mich zwingen, das online zu recherchieren?“

Macy fiel die Kinnlade herunter. „Das würden Sie tun?“

Belustigt funkelten Carters Augen. „Also ist was dran.“

„Nichts, worüber ich reden möchte.“

„Ich bin kein Fan von Computern, Macy. Aber ich benutze sie, wenn ich muss.“

„Vertrauen Sie mir. Es ist nichts, was Sie wissen müssten.“

Er verzog missmutig den Mund, und Macy dachte daran, wie er selbstlos zu Hilfe geeilt war. Daran, dass er ihr eine Zuflucht angeboten hatte. Vermutlich schuldete sie ihm eine Erklärung.

„Also gut. Ich habe an diesem Film gearbeitet. Es war keine große Rolle oder so, nur ein kleiner Independent-Streifen über fünf Frauen, die auf einer einsamen Insel stranden. Und da war diese Szene, in der ich …“

Carter beugte sich vor und schaute sie an. So hatte er sie bis jetzt noch nie angesehen. Als würde er sie zum ersten Mal als Frau wahrnehmen. Ein Zittern durchlief sie, und ihr war mulmig zumute.

„Reden Sie weiter“, bat er und hob erwartungsvoll die Augenbrauen.

Klar, sobald man fünf Frauen und Nacktheit in einem Atemzug nannte, fingen Männer an, Frauen ernsthaft zuzuhören. Sie schluckte. „Na ja, da war diese eine Szene, in der ich nackt in diesem tropischen See baden sollte, und … ähm …“

„Und?“

„Und den Rest können Sie sich denken, oder?“

Wieder ließ Carter seinen Blick über sie wandern. Mit mehr Hitze als sie es von einem Mann erwartet hätte, der gerade den Laufpass bekommen hatte. Seine braunen Augen wurden noch dunkler. „Ich denke.“

Sie hatte die Worte zurücknehmen wollen, sobald sie sie ausgesprochen hatte. Himmel, sie wollte nicht, dass er sie sich nackt vorstellte! Und doch ließ das Schimmern in seinen Augen sie schwach werden.

Schnell redete sie weiter. „Nun, ich habe einen Rückzieher gemacht. Ich konnte das einfach nicht. Der Gedanke, dass Millionen von Leuten mich im Evakostüm sehen würden – das konnte ich nicht zulassen. Das Studio hat mir zwar ein Bodydouble angeboten, aber das Publikum würde ja doch denken, dass ich das war. Daher …“ Sie wünschte, sie müsste ihm diese erniedrigende Erfahrung nicht erzählen. „Ich, ähm, ich habe es einfach abgelehnt. Ich – na ja, ich hatte so eine Art Wutausbruch.“ Eine Lektion, die sie von ihrer Mutter gelernt hatte. „Und schließlich haben sie die Szene so umgeschrieben, dass ich sie nicht nackt spielen musste. Ist wohl unnötig zu sagen, dass ich eine Menge Leute enttäuscht habe.“

Carter lehnte sich in seinem Sitz zurück und nickte. Die seltsame Anspannung zwischen ihnen war verschwunden. „Sie haben zu Ihren Prinzipien gestanden.“

„Ich hätte dem Ganzen gar nicht erst zustimmen dürfen.“

„Tja, nun – hinterher ist man immer klüger. Wir machen Dinge, von denen wir denken, dass sie richtig sind, nur um später herauszufinden, wie falsch wir damit gelegen haben.“

Das Bedauern in seiner Stimme verriet Macy, dass er über seine eigene Situation sprach. Sie lächelte ihm sanft zu. „Tut mir leid, was da gestern mit Ihrer …“

„Jocelyn?“ Er drehte sich zum Fenster. „Ja, das hab ich nicht kommen sehen. Ich bin mir nicht sicher, was da wirklich abgegangen ist, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich so etwas nicht noch mal zulassen werde. Ab jetzt bin ich wachsam.“

3. KAPITEL

Sobald er seine Füße auf texanischen Boden setzte, fühlte Carter sich besser. Wild River. Zu Hause. Etwas Besseres gab es einfach nicht.

Jocelyn hatte ihn um den Finger gewickelt, und wie der letzte Trottel hatte er sich von ihr verführen und täuschen lassen.

Auch Macy war verletzt worden. Sicher, bei ihr war es eine andere Geschichte, aber als er sie da draußen vor dem Restaurant gesehen hatte, war ihm der Ausdruck in ihren Augen nur zu vertraut gewesen – dieser Blick voller Schmerz und Unglauben. Er hatte sofort eine Art Seelenverwandtschaft mit ihr gespürt. Dieses Gefühl war immer noch da, und er konnte es einfach nicht erklären. Jedenfalls war dieses Gefühl schuld daran, dass er sie nach Wild River eingeladen hatte.

Er warf einen Blick auf sein Haus und sog den erdigen Geruch des weiten Landes tief ein, bevor er sich wieder dem Auto zuwandte und Macy seine Hand anbot. Sie ergriff sie und stieg anmutig aus.

„Bereit für ein Stück vom Paradies?“

Mit ihren großen blauvioletten Augen blickte sie über das Gelände, und ein leiser Seufzer entfloh ihren Lippen. Angesichts ihres überwältigten Ausdrucks spürte Carter, wie ihm vor Stolz die Brust schwoll. „Es ist unglaublich schön, Carter.“