5,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 5,99 €
LIEBESSTERNE ÜBER DER KARIBIK von ELLA HAYES Fasziniert starrt Emilie den sexy Traummann an, der halbnackt aus den türkisblauen Fluten steigt: Milliardär Joel Larsson, für den sie in dem karibischen Inselparadies arbeiten wird! Sie ist rettungslos verloren – obwohl es heißt, Joel habe der Liebe abgeschworen … NUR EINE SOMMERAFFÄRE MIT DEM MILLIARDÄR? von JESSICA GILMORE Ich werde meine Träume leben! Entschlossen übernimmt die junge Engländerin Lily die Pension ihrer Großmutter auf der kleinen Insel vor Kroatiens herrlicher Küste. Sogar die Liebe findet sie hier bei dem attraktiven Hotelier Damir. Bis sie erfährt, worauf er es abgesehen hat … IN DER BRANDUNG DER LEIDENSCHAFT von NATALIE ANDERSON Javier Torres' weiße Luxusjacht durchkreuzt stolz die Wogen des Pazifiks, während die Leidenschaft zwischen Emerald und dem spanischen Tycoon brennt. So heiß wie damals während ihres One-Night-Stands! Aber verwöhnt Javier sie nur, weil er ihr den gemeinsamen Sohn nehmen will?
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 597
Ella Hayes, Jessica Gilmore, Natalie Anderson
JULIA SOMMERLIEBE BAND 32
IMPRESSUM
JULIA SOMMERLIEBE erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA SOMMERLIEBE, Band 32 06/2021
© 2021 by Ella Hayes Originaltitel: „Tycoon’s Unexpected Caribbean Fling“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Rita Koppers
© 2020 by Jessica Gilmore Originaltitel: „Mediterranean Fling to Wedding Ring“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Cordula Schaetzing
© 2020 by Natalie Anderson Originaltitel: „Secrets Made in Paradise“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Julia Lambrecht
Abbildungen: Harlequin Books S.A, Getty Images / RomoloTavani, alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 06/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751503129
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de
Milliardär Joel Larsson sucht Einsamkeit – und findet sie auf einer exklusiven Karibikinsel. Aber mit der schönen Sterne-Köchin Emilie, die ihn in seinem Luxusresort mit Köstlichkeiten verwöhnt, wird daraus verführeri- sche Zweisamkeit! Doch Joel ist entschlossen, die heiße Urlaubsromanze unter Palmen schnell zu beenden, denn für die Liebe ist er nicht frei …
Hotelier Damir Kozima hat einen Plan! Er will die hüb- sche Pensionswirtin Lily umwerben, bis sie restlos in ihn verliebt ist. Und dann wird sie ihm hoffentlich ihre malerische Villa auf der kleinen Insel vor der Küste Kroatiens verkaufen. Doch als er Lily zum ersten Mal küsst, gerät sein raffinierter Plan in Gefahr – er verliert sein Herz!
Erstaunt erkennt Javier Torres die rothaarige Schönheit: Vor achtzehn Monaten hatte er einen unvergesslichen One-Night-Stand mit ihr. Wie eine Meeresgöttin war sie ihm damals am Strand vorgekommen. Jetzt lodert sein Verlangen sofort wieder auf! Doch als er ihren süßen kleinen Sohn sieht, beschleicht ihn ein Verdacht. Hat Emerald ihm etwas verschwiegen?
Emilie Clayton wackelte mit ihren sandigen Zehen und begutachtete ihre Unterschenkel. Inzwischen hatten sie einen schönen goldbraunen Ton angenommen. Sie zog den Sarong ein wenig höher und betrachtete die Haut oberhalb der Knie, die ebenfalls schon gebräunt war. Wie das hatte geschehen können, war ihr allerdings ein Rätsel.
Vielleicht war sie bei ihrem täglichen Gang vom Cottage zum Haus braun geworden. Nicht auf dem Weg, der sich durch die riesigen Weißgummibäume schlängelte, durch deren große, herzförmige Blätter sich nur hin und wieder ein Sonnenstrahl verirrte, sondern eher bei dem langen Aufstieg zum Hintereingang der Luxusresidenz, wo es keinen Schatten gab.
Wenn sie die Stufen aus hellem Granit hinaufgestiegen war, hatte die Sonne ihre nackten Waden gewärmt, was die Bräune wohl erklärte. Obwohl die Fahrt mit der Motorbarkasse auch in Betracht kam. Emilie trug immer Shorts, wenn sie nach Tortola fuhr, um Vorräte einzukaufen, und sie hatte nie unter dem Verdeck gesessen.
Sie zog den Sarong wieder herunter und sah hinaus auf das leuchtende Meer und die diesigen grünen Hügel in der Ferne, die zur benachbarten Karibikinsel gehörten. Wie es passiert war, spielte ohnehin keine Rolle, denn ihre Beine waren nur zufällig braun geworden, weil sie gar keine Zeit für ein Sonnenbad hatte, seit sie auf Buck Island angekommen war.
Die letzten drei Wochen war sie nur in der Küche gewesen und hatte exotische Gerichte kreiert, um die anspruchsvolle Kundschaft zu befriedigen. Das Frühstück musste aus einem frisch zubereitetem Büfett bestehen, mit kalten und warmen Speisen, der Lunch leicht, aber auserlesen sein, und das Dinner sollte genau dem entsprechen, was ihr früherer Boss, der berühmte Starkoch Michel Lefèvre, in seinem bekannten Londoner Restaurant Le Perroquet gezaubert hätte.
Zu Anfang war sie nervös gewesen. Nicht, weil es ihr an kulinarischen Fähigkeiten gemangelt hätte, sondern weil sie alles allein machte. Das war sie nicht gewohnt. Normalerweise war Tom in der Küche an ihrer Seite gewesen und auch außerhalb, bis …
Ihr Magen zog sich zusammen. Tom! Vier Monate waren vergangen, seit er ihre Welt in Stücke gerissen hatte, doch es tat immer noch weh. Schließlich ging es nicht nur um Tom, sondern auch um alles andere, was sie mit ihm verloren hatte.
Sie umklammerte ihre Knie, schob die Gedanken beiseite und lauschte dem Rascheln der Palmen, den Wellen, die über den Strand rollten, und dem Kreischen der Seevögel. Obwohl sie so nervös gewesen war, war es ein Erfolg gewesen – mehr als das, wenn man den Komplimenten im Gästebuch Glauben schenken konnte.
Langsam stand sie auf, klopfte den Sand von ihrem Sarong und zog ihn um die Hüften fest. Natürlich machte es einen großen Unterschied, dass Melinda da war. Mit ihrem strahlenden Lächeln, der mütterlichen Art, der fröhlichen Stimme und ihrem schrägen Sinn für Humor brachte sie Ruhe in jede Situation. Das hatte selbst an dem Abend funktioniert, als zwölf Gäste da gewesen waren, die sechs verschiedene Gänge bestellt hatten.
Emilie ging zum Wasser und lächelte in sich hinein. Melinda und ihr Mann Erris waren sehr viel mehr als eine Haushälterin und ein Verwalter. Sie waren ihre Nachbarn – ihr Cottage lag fünf Minuten Fußweg von ihrem entfernt. Aber in nur drei Wochen waren sie auch zu lieben Freunden geworden, hatten sie eingearbeitet und kümmerten sich um sie. Die beiden waren herzliche Menschen, die sehr viel Wert auf Familie legten.
Ihr Sohn Anton hatte eine Autovermietung in Road Town und war der begehrteste Automechaniker auf Tortola. In seiner Freizeit gab er jungen Leuten Unterricht in Moko Jumbie, einem Tanz auf Stelzen, und trat auch selbst mit seiner Truppe auf. Melinda hatte ihr Videos gezeigt: verrückte Tanzschritte, fantastische Kostüme. Sie war begeistert gewesen.
Antons Schwester Kesney hatte einen kleinen Betrieb, in dem aus Meersalz Seife hergestellt wurde. Kesney und ihr Mann Will erwarteten ihr erstes Baby, und Melinda und Erris platzten fast vor Vorfreude. Buck Island war nur einen kurzen Sprung von Tortola entfernt, trotzdem fehlte es den beiden, dass sie ihre Lieben nicht in der Nähe hatten.
Vielleicht bemutterte Melinda sie deshalb bei jeder Gelegenheit. Erst an diesem Morgen hatte sie Emilie aus der Küche gescheucht.
Du brauchst ein wenig Freizeit, hatte sie gemeint, bevor du noch vor Erschöpfung zusammenbrichst. Zumindest hatte ihr Blick das gesagt. Aus ihrem Mund war gekommen: „Steh mir nicht im Weg herum. Ich muss alles für Mr. Larsson herrichten.“
Freizeit. Für einen Moment schaltete Emilie ab und genoss das warme Wasser, das um ihre Füße schwappte, ehe sie den Strand entlang sah. Am hinteren Ende lagen Felsblöcke im seichten Wasser, als wären sie in trunkenem Zustand den Hügel hinuntergerollt, auf dem die elegante, moderne Residenz stand. Bisher hatte sie die vierzig Morgen große Insel nur teilweise erkunden können, doch jetzt hatte sie ein paar Stunden frei. Viel Zeit, um in Ruhe die Insel zu umrunden.
Sie ging los, während sie ihre vom Schwimmen noch feuchten Haare zusammendrehte.
Larsson klingt wie ein schwedischer Name, dachte sie. Jedenfalls skandinavisch.
Laut Melinda hatte er das ganze Haus für drei Wochen gebucht und keine Gäste eingeladen. Seltsam. Doch Melinda hatte auch gesagt, so etwas würde hin und wieder vorkommen, und es sei müßig, die Launen der Reichen und Privilegierten verstehen zu wollen. Trotzdem kam ihr eine Luxusresidenz mit sechs Schlafzimmern auf einer Privatinsel für eine Person übertrieben vor. Und was ihre Rolle als Küchenchefin betraf …
Emilie blieb stehen, um einen großen Braunpelikan zu betrachten, der mit trägem Flügelschlag seine Kreise dicht über dem Wasser drehte. Dahinter jagte in der Ferne ein Katamaran entlang.
Emilie ging weiter und strich sich ein paar lose Strähnen aus dem Gesicht. Sie würde ernsthaft unterbeschäftigt sein, wenn sie nur eine Person verpflegen musste. Wenn sie Zeit für sich hätte haben wollen, wäre das perfekt gewesen. Aber sie hatte diesen verrückten Auftrag nur deshalb angenommen, um sich zu beschäftigen; damit sie nicht darüber nachdenken konnte, was auf der anderen Seite der Welt passierte. Bei Tom – und Rachel …
Sie presste die Lippen zusammen und ging schneller. Tom und Rachel. Sie stellte sich vor, wie die beiden zusammen einkauften, Pläne schmiedeten, sich ein Nest bauten …
Ein Schluchzen stieg in ihrer Kehle auf, und ihre Füße fühlten sich bleischwer an. Ruhig atmen! Sie hatte nicht einmal eine Stunde frei, und schon war Tom ihr in den Kopf geschossen, mit ihrer besten Freundin Rachel. Ihrer sogenannten Freundin.
Das kam dabei heraus, wenn man nichts zu tun hatte. Drei geschäftige Wochen hatten ihr keine Zeit zum Nachdenken gelassen, nicht einmal abends. Kaum hatte ihr Kopf das Kissen berührt, war sie auch schon eingeschlafen. Wenn sie Zeit für sich hatte, war sie ein wehrloses Opfer ihrer Grübeleien, doch dafür hatte sie hier nicht angeheuert. In der Jobbeschreibung hatte zwar gestanden, dass sie jederzeit in der Lage sein müsse, bis zu zwölf Gäste zu verpflegen, aber sie wäre nie auf die Idee gekommen, dass sie drei Wochen lang nur für einen Gast kochen würde. Warum brachte der einsame Larsson nicht elf hungrige Freunde mit? Wäre das denn zu viel verlangt? Jetzt würde sie wegen ihm Däumchen drehen müssen und in ihrem eigenen Saft schmoren. Und das war wirklich das Letzte …
Als sie plötzlich ein metallisches Klirren hörte, blieb sie abrupt stehen. Sie sah auf und merkte, dass ihr die Luft wegblieb. Ein paar Meter von ihr entfernt schob sich langsam ein Katamaran über den Strand. Sie hörte ein lautes Platschen, ehe ein großer, blonder Mann mit orangefarbenen Badeshorts und Rettungsweste hinter dem Segel auftauchte und das Gefährt zum Strand zog.
Mit einem Mal hatte sie das seltsame Gefühl, als würde sich alles in ihr sträuben. Buck Island war eine Privatinsel mit Privatstränden. Sie war keineswegs für jeden zugänglich und nicht dafür gedacht, dass irgendein Tom, Dick oder Harry, der zufällig vorbeikam, mit seinem Boot – oder besser gesagt: Katamaran – hier anlegte. Larsson würde sicher nicht glücklich darüber sein. Er hatte diese Insel wahrscheinlich gebucht, weil er allein sein wollte. Deshalb blieb ihr nichts anderes übrig, als diesen Kerl zu verjagen.
Sie prüfte, ob ihr Sarong richtig saß, ehe sie sich dem Katamaran und dem Mann näherte, der an einem Seil zog, das irgendwo am Mast befestigt war. Nachdem sie tief durchgeatmet hatte, sagte sie: „Entschuldigung, aber das hier ist eine Privatinsel.“
Keine Reaktion.
Erneut holte sie Luft. Vielleicht hatte er sie nicht gehört. Das flatternde Segel hatte wohl ihre Stimme übertönt.
Emilie trat näher und bemerkte seine starken Arme sowie die Bartstoppeln auf seinen Wangen, die genauso hell waren wie seine dichten, niedlich zerzausten Haare. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe. Es war verführerisch, einfach dazustehen und ihn zu betrachten …
Stopp! Eben noch hatte sie wegen Tom ihre Tränen hinuntergeschluckt, und jetzt gaffte sie den Kerl an, der unbefugt den Strand betreten hatte. Der Fremde war eindeutig der schönste Mann, den sie je gesehen hatte, aber das spielte keine Rolle, denn er hatte hier nichts verloren.
Sie räusperte sich und versuchte es noch einmal. „Entschuldigen Sie …“
Diesmal zuckte er zusammen, und das Seil entglitt seinen Händen. Kurz wirkte er wie erstarrt, dann fasste er wieder nach dem Seil und drehte sich um.
„Hallo.“ Kühle blaugraue Augen starrten sie an. „Was ist denn?“
Vielleicht wäre es besser gewesen, mit einem schlichten „Hallo“ oder einem fröhlichen „Hallo, Segler“ zu beginnen, aber dafür war es nun zu spät. Offensichtlich hatte sie den Fremden verärgert. Doch sie musste ihm zugutehalten, dass er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
Sie befeuchtete die Lippen. „Tut mir leid, dass ich geschrien habe, aber Sie haben mich beim ersten Mal nicht gehört …“
Seine Miene schien sich ein wenig zu entspannen, und die leichten Falten um seine Augen glätteten sich wie von selbst. Plötzlich löste sich all das, was sie hatte sagen wollen, in Luft auf. Er mochte eben zwar überheblich gewirkt haben, aber jetzt hatte er eindeutig etwas Verlorenes im Blick, das eine nachgiebigere Herangehensweise zu erfordern schien.
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich wollte Sie nicht erschrecken.“
„Ist schon in Ordnung.“ Er warf einen Blick auf den Mast. „Das Segel macht viel Lärm, man kann kaum etwas hören …“ Seine Finger spielten mit dem Seil, ehe er sie erneut leicht verwirrt ansah. „Und wer sind Sie?“
Der Spieß war anscheinend umgedreht worden. Nun schien sie diejenige zu sein, die sich erklären musste.
Sie strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. „Ich bin Emilie.“
„Aha.“ Er wirkte noch verwirrter. „Und Sie sind hier, um …“
Das Ganze verlief definitiv nicht so, wie sie es geplant hatte. Plötzlich war ihr Mund trocken, und sie verspürte ein seltsames Flattern im Bauch. Irgendwie nahm der Fremde mit dem ausländischen Akzent und dem Körper eines Wikingers ihr den Mut.
Wikinger?
Blaugraue Augen und dichte blonde Haare, die oben länger waren, dazu ein schwedischer Akzent … Oh Gott, wie hatte sie so dumm sein können? Der Mann, den sie beinahe vom Strand gejagt hätte, war der Einsame Larsson.
Mit einem Mal wurde Joel Larsson bewusst, dass er die Luft anhielt, wie er es immer tat, wenn er ein Sicherheitsprogramm testete. Aber Computer waren leicht zu verstehen im Vergleich zu der Unzahl an Emotionen auf Emilies Gesicht. Er hatte ihr eine einfache Frage gestellt, trotzdem schien sie mit sich zu kämpfen.
„Emilie …?“
Sie zuckte zusammen, dann wurde ihre Miene weicher, und auf ihrem Gesicht breitete sich das schönste Lächeln aus, das er je gesehen hatte.
„Ich bin hier, um Sie auf Buck Island willkommen zu heißen.“
Er spürte, dass sein Mund offen stand. Schnell schloss er ihn wieder.
„Aber …“
„Sie sind doch Mr. Larsson, oder?“ Das Lächeln zauberte ein Leuchten in ihre haselnussbraunen Augen.
Er nickte, wagte es jedoch nicht, etwas zu sagen. Er hatte keine Willkommensparty erwartet, hatte mit niemandem gerechnet außer dem fröhlichen Mann, der ihn am Flughafen abgeholt und ihn zum Bootsverleih gebracht hatte. Erris – so hatte er sich vorgestellt – war dafür zuständig, ihn abzuholen und sich um das Haus zu kümmern. Er hatte sich das Gepäck geschnappt und Joel versichert, dass es bei seiner Ankunft in seinem Zimmer stehen würde.
Ein Verwalter war eine Sache, aber jetzt gab es auch noch eine Emilie, die ihn am Strand begrüßte und einen reizvollen Badeanzug sowie einen Sarong trug. Nils würde doch sicher nicht …
Nein! Sein bester Freund hätte sicher keine Frau für ihn herbestellt. Tatsache blieb jedoch, dass eine schöne junge Frau vor ihm stand und darauf wartete, dass er etwas sagte.
Er atmete durch, trat vor und streckte die Hand aus. „Nennen Sie mich Joel, bitte.“
„Freut mich, Sie kennenzulernen, Joel.“ Schnell schüttelte sie seine Hand, dann trat sie verunsichert zurück.
Glaubte sie, er hätte sie zu Anfang ignoriert, weil …? Nein, hatte er nicht. Es war nur das Segel gewesen, das ihm die Sicht auf den Strand versperrt hatte. Und da er niemanden erwartet hatte, hatte er sich auch nicht umgesehen, sondern das Boot an den Strand gezogen und sich in seinen Gedanken verloren. Jetzt waren ihre Augen umwölkt, und vielleicht war das seine Schuld.
Verdammt! Hätte er genauer hingehört, was Nils gesagt hatte, dann hätte er vielleicht eine Ahnung, wer Emilie war und was das alles sollte. Doch zu dem Zeitpunkt hatte er nicht den Kopf dafür gehabt, daher war es durchaus möglich, dass ihm unwichtigere Details entgangen waren. Er kramte in seiner Erinnerung und spürte beinahe Nils’ Hand auf seinem Rücken.
„Du wirst Buck Island lieben, Joel. Es ist ein Paradies. Du kannst jeden Tag segeln, dich entspannen … wieder einen klaren Kopf bekommen. Und du hast die ganze Insel für dich allein. Dafür habe ich gesorgt. Ein besseres Geschenk für die abgesagte Hochzeit ist mir nicht eingefallen.“
Erleichterung erfasste ihn. Wenigstens hatte er nicht ganz den Verstand verloren. Er hatte Nils nicht missverstanden, denn er hatte definitiv gesagt, dass er die ganze Insel für sich haben würde.
Wie passte Emilie da hinein? Und wie konnte sie überhaupt wissen, dass er genau in diesem Moment an genau diesem Strand anlegen würde, wenn er erst fünf Minuten vorher entschieden hatte, dass er zu müde vom Flug war, um den ganzen Nachmittag zu segeln, und Gefahr lief zu kentern?
Er zog seine Rettungsweste aus und warf Emilie einen verstohlenen Blick zu. Ihr Badeanzug war tief ausgeschnitten, sodass ihre vollen Brüste kaum zu übersehen waren. Sie selbst war ebenfalls schwer zu übersehen, denn aus irgendeinem Grund verschwand sie nicht, was bedeutete, dass er mit ihr sprechen musste. Zumindest bis ihm klar war, was hier eigentlich vor sich ging.
Er ging zum Boot und sah zu dem Mast hoch. „Segeln Sie, Emilie?“
„Nein.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich habe nie …“
Ihre Stimme verlor sich, und aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass sie mit den Zehen eine Linie in den Sand zog. Er versuchte, ihre Hüften und Brüste zu ignorieren.
„Und …“ Er räusperte sich. „Was machen Sie so?“
„Ich … ähm …“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und hielt seinen Blick einen langen Moment fest. Plötzlich leuchtete ein Funke in ihren Augen auf. „Ach, Sie meinen, was ich hier mache? Auf der Insel?“
Er nickte.
Zögernd lächelte sie. „Ich bin die Küchenchefin.“
Küchenchefin?
„Frühstück, Mittagessen, Abendessen …“ Ihr Lächeln schien zu verblassen. „Nachmittagstee?“ Ihre Augen weiteten sich. „Alles, was Sie wollen …“
„Cool …“ Er rieb sich über den Nacken. „Ich meine, danke.“
Er zwang sich zu einem Lächeln, ehe er sich zu dem Boot umwandte und das Großsegel einholte. Sein Puls hämmerte. Kristus! Genau deshalb hatte er nicht mit Menschen zusammen sein wollen. Er war mürrisch, ungehobelt und … fühlte sich verloren. Jetzt fühlte Emilie sich unwohl, und das war das Letzte, was er gewollt hatte. Es war nicht ihre Schuld. Er war derjenige, der die Broschüre nicht richtig gelesen hatte, die Nils ihm gegeben hatte. Vielmehr hatte er einfach angenommen … Verflucht!
Er breitete das Segel auf dem Strand aus, um es zusammenzulegen. Nils hatte es nett gemeint und war sehr großzügig gewesen. Aber plötzlich sah es so aus, als wäre er hier ganz und gar nicht allein.
Ein scharfer Schmerz schoss ihm zwischen die Rippen. Nach allem, was er mit Astrid durchgemacht hatte, wollte und musste er allein sein, um seine Gedanken zu ordnen. Und er war durchaus selbst in der Lage, sich Frühstück, Mittag- und Abendessen zu machen. Er wollte und brauchte keinen Küchenchef für sich allein.
Ein plötzlicher Windstoß riss ihm das Segel aus den Händen und trug es davon; er sprintete hinterher. Als er es zu fassen bekam, ließ er sich in den Sand fallen und legte eine Hand darauf. Emilie war ebenfalls aufgetaucht, kniete neben ihm und griff nach dem flatternden Segel. Ihre langen, dunklen Haare wurden vom Wind zerzaust. Für einen kurzen Moment sah sie ihn an. In diesem Augenblick frischte der Wind wieder auf und trug das Segel davon, sodass er es nicht mehr zu fassen bekam.
Er lehnte sich zurück. „Mist.“
„Wenn das meine Schuld war, tut es mir leid.“ Keuchend griff sie nach ihren Haaren und drehte sie zusammen. „Ich wollte nur helfen.“
Wenn es ihr leidtat, warum lauerte dann ein Lächeln in ihren Mundwinkeln?
Er zuckte mit den Schultern. „Es war nicht Ihre Schuld. Ich habe es nicht richtig festgehalten.“
Ihre Augen weiteten sich. „Wir könnten es noch einmal versuchen …?“
Es war schwer, sich nicht in ihren zarten Gesichtszügen und den geschwungenen dunklen Augenbrauen zu verlieren. Diese Augen …
Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Sie war die Küchenchefin, die er nicht brauchte, und eine Ablenkung, die er nicht brauchte. Doch wenn es um Segel ging, die davonflogen, waren zwei besser als einer.
Joel rieb den Sand von den Händen. „Das müssen wir wohl, denn sollte es in die Bäume fliegen, könnte es zerreißen.“ Er warf einen Blick zu dem Segel, das kaum zehn Meter von ihnen entfernt war und sich leicht im Wind bewegte. „Greifen Sie einfach irgendwo zu, wo Sie es zu fassen bekommen, und …“ Es war schwer, nicht auf ihren Mund zu starren. „Danke.“
Belustigt sah sie ihn an. „Sie sollten sich noch nicht bedanken, denn es könnte auch schiefgehen.“
„Na gut, dann los.“ Er stürzte sich auf das Segel und umfasste es mit beiden Händen, ehe er hochsah. Emilie kämpfte mit der anderen Seite und hatte sich vorgebeugt, sodass er von oben in ihren Ausschnitt sehen konnte. Er schluckte schwer. Es war falsch hinzusehen, doch er konnte seinen Blick nicht losreißen. Sie war kurvig wie eine Sanduhr, ganz anders als Astrid …
„Ich habe das spitze Stück jetzt unter Kontrolle.“
Gerötete Wangen, leuchtende Augen. Sie sah so siegestrunken aus, dass er für einen Moment alles vergaß. Er spürte, dass er lächelte. Es war kein gezwungenes Lächeln, sondern ein echtes.
„Großartig“, lobte er. „Halten Sie es gut fest … und es heißt übrigens nicht ‚spitzes Stück‘, sondern Schothorn.“
Das war also der einsame Larsson. Emilie ging den Weg zurück, den sie gekommen war, froh, Abstand zu dem attraktiven Mann zu gewinnen. Was war nur in sie gefahren? Voll selbstgerechter Empörung war sie zu dem neuen Gast marschiert, um ihn zu verjagen. Als hätte sie das Recht dazu!
Gott sei Dank war ihr schnell klar geworden, wer er war. Und sollte er ihr nicht abgekauft haben, dass sie ihn nur hatte willkommen heißen wollen, hatte er zumindest so viel Anstand gehabt, nichts zu sagen.
Sie kaute auf der Lippe. Warum hatte er nicht – anständig gekleidet – mit Erris auf der Motorbarkasse ankommen können, so wie all die anderen Gäste auch? Stattdessen war er aus heiterem Himmel mit seinem Katamaran aufgetaucht.
Als er sich zu ihr umgedreht hatte, hatte sich der Sand unter ihren Füßen wie Treibsand angefühlt. Und als er dann seine Rettungsweste ausgezogen und sie seine breite Brust gesehen hatte, hatte sie sich auf kein einziges seiner Worte mehr konzentrieren können.
Abrupt blieb sie stehen und drehte sich um. Doch am Strand war keine große, muskulöse Gestalt mehr. Den Katamaran hatte er wohl zu den Palmen gezogen, ehe er zu dem Haus ging, in dem eigentlich zwölf Personen wohnen sollten, nicht eine.
Sie schloss die Augen und dachte an seine blaugrauen Augen, die eher blau schimmerten, wenn er lächelte. Warum war ein Mann wie er allein? Und weshalb war er so überrascht gewesen, als sie ihm erklärt hatte, dass sie die Küchenchefin war?
Sicher, ein Badeanzug und ein Sarong deuteten nicht gerade darauf hin, doch seine Reaktion verriet, dass er gar nicht mit einem Koch oder einer Köchin gerechnet hatte. Seltsam! Wer buchte schon eine exklusive Insel für sich, ohne zu wissen, wofür man bezahlte?
Sie ließ sich in den Sand fallen und vergrub ihre Zehen. Joel Larsson. Kühl wie ein Gletscher, doch kurz hatte sie auch ein verschmitztes Leuchten in seinen Augen bemerkt.
Und als sie zusammen gelacht hatten, war das Eis gebrochen.
Während sie das Großsegel zusammengelegt hatten, hatte er ihr ausführlich den Aufbau erklärt. Doch es hatte ihr gar nichts ausgemacht, denn das Reden hatte ihr ein wenig von der Anspannung genommen, die sie jedes Mal verspürt hatte, wenn sie sich länger als einen oder zwei Momente angesehen hatten. So hatte sie schon lange nicht mehr empfunden. Es war verwirrend.
Sie nahm einen Handvoll Sand und ließ ihn durch ihre Finger rieseln. Dass sie sich zu Joel hingezogen fühlte, war kein Verbrechen – schließlich sah er umwerfend aus. Aber er war auch Gast auf dieser Insel. Selbst wenn sie der Typ für eine kleine Urlaubsromanze gewesen wäre, was nicht der Fall war, würde es für sie nicht infrage kommen, mit einem Gast zu flirten. Ihr Vertrag verbot es zwar nicht, aber ihre Professionalität. Schließlich war sie immer noch Köchin, auch wenn sie kein Restaurant mehr hatte, keinen Partner und keine beste Freundin …
Genau daran hatte sie denken müssen, bevor Joel aufgetaucht war: an all das, was sie verloren hatte. All die Jahre mit Tom, all diese Zeit …
Als der Katamaran den Strand erreichte, hatte dieser Schmerz, diese Wut in ihr geköchelt, sodass sie schnurstracks zu Joel marschiert war. In diesem Moment schien es ihr besser zu sein, wenn sie den Gefühlen Ausdruck verlieh, statt sie zu verdrängen. Selbst wenn sie nur einen Eindringling vom Strand verjagte …
Doch Joel war unschuldig. Er war nicht das Problem.
Sie schloss die Augen und lauschte den Wellen, die über den Strand rollten. Könnte sie der Zeit, die sie für sich selbst hatte, doch etwas Positives abgewinnen. Schließlich war diese Insel ein Paradies. Grün, golden und türkis. Warm, friedlich und einsam.
Ihr Magen zog sich zusammen. Noch ehe sie ihn kennengelernt hatte, hatte sie Joel den „Einsamen Larsson“ getauft. Aber vielleicht sagte das mehr über sie aus als über ihn. Vielleicht war er allein zu der Insel gekommen, weil ihm die Abgeschiedenheit gefiel. Im Gegensatz zu ihr. Für sie bedeutete es Einsamkeit, nicht dazuzugehören, nicht gewollt zu sein …
Langsam fuhr sie mit den Fingern durch den Sand. So hatte sie sich zu Hause gefühlt, als sie aufgewachsen war. Ihre älteren Zwillingsschwestern hatten sich immer in einer Weise verbunden gefühlt, die sie ausgeschlossen hatte. Der Altersunterschied von sieben Jahren hatte dieses Gefühl noch verstärkt.
Sie presste die Lippen zusammen. Es war offensichtlich, dass sie nicht geplant gewesen war. Ihre Freundinnen hatten alle Geschwister, zu denen der Altersunterschied nicht so groß war und mit denen sie etwas unternehmen konnten. Einmal hatte sie ihre Eltern darauf angesprochen. Sie hatten erklärt, sie sei natürlich geplant gewesen. Dann hatten sie gelacht und gemeint, dass sie der Beweis für eine gesunde Partnerschaft sei. So genau hatte sie es allerdings nicht wissen wollen, auch wenn es, im Nachhinein betrachtet, stimmte.
Ihre Eltern gehörten zu den Paaren, die ständig aneinanderklebten. Sie waren im gleichen Wanderverein, mochten das gleiche Essen, die gleichen Bands und Filme. Und jetzt lebten sie in Abu Dhabi und waren Golf- und Bridgepartner.
Zusammengehörigkeit, damit war sie aufgewachsen. Dieser Umstand hätte sie in anderer Weise formen und den Wunsch nach Unabhängigkeit in ihr wecken können, aber so war es nicht. Stattdessen war es eine Richtschnur für sie, der sie gewissenhaft folgte. Sie hatte immer eine beste Freundin gebraucht, Sicherheit, Zusammensein. Das waren die Stützpfeiler, an die sie sich klammerte. Und deshalb fühlte sich das, was zwischen Tom und Rachel passiert war, wie der absolute Betrug an.
Sie stach ihre Finger in den Sand und schreckte zurück, als sie etwas Spitzes an den Fingerspitzen spürte. Es musste eine Muschel sein, denn diese Inseln waren bekannt dafür. Sie hatte gelesen, dass eine Muschel für Optimismus, Mut und Hoffnung stand, all das, was sie dringend brauchte. Sie grub die Muschel aus und schloss die Finger darum.
„Wir müssen reden …“
Emilie schluckte. Wenigstens weinte sie nicht. Wenn sie sonst Toms Worte in ihrem Kopf hörte, zerriss es ihr das Herz, aber jetzt dachte sie an die Muschelschale und das Weichtier, das allein darin gelebt hatte. Sie öffnete die Hand. Die kleine Kreatur hatte sich gleichsam ein eigenes Bollwerk geschaffen. Vielleicht sollte sie das Gleiche tun.
Im Alter von siebzehn Jahren hatte sie angefangen, mit Tom auszugehen. Sie hatte nie auf eigenen Füßen gestanden, war nie ihrem eigenen Weg gefolgt. Vielleicht war es für Joel Larsson ein Segen, dass er allein war. Da sie die nächsten drei Wochen sehr unterbeschäftigt sein würde, könnte sie die Zeit nutzen, um herauszufinden, wer sie war, was sie sein könnte … Sie würde Zeit haben, sich eine eigene Muschel zu schaffen, und lernen, mit sich allein zu sein. Nicht einsam, aber allein und glücklich.
Sie rappelte sich auf, die kleine Muschel fest in ihrer Hand. Für einen schwindelnden Moment sah sie Joels graublaue Augen vor sich, dann verdrängte sie das Bild. Sie mochte Joel, konnte sich jedoch nicht erlauben, auf eine romantische Weise an ihn zu denken. Von Männern und der Liebe hatte sie genug. Es war Zeit, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen.
Joel schob den leeren Koffer in den Schrank und schloss die Tür, ehe er sich in dem großen, luftigen Schlafzimmer umsah, das für die nächsten drei Wochen ihm gehören würde.
Es war größer als ihr – oder besser gesagt: sein – Schlafzimmer in Stockholm, das in Grau und Creme gehalten war. Dieser Raum war weiß gestrichen, mit dunkel polierten Möbeln und einem schönen Holzboden. Die Polster und Vorhänge leuchteten in einem tropischen Grün. Alles war sehr hübsch, und in der Luft hing ein Duft nach frischer Bettwäsche und Wachspolitur.
Langsam atmete er durch und spürte, dass seine Schultermuskeln sich lockerten. Der Jetlag machte sich wohl bemerkbar, denn endlich erfasste ihn Müdigkeit. Vielleicht hatte er es ein wenig übertrieben, als er gleich nach dem Flug einen Katamaran gemietet hatte und selbst zur Insel gesegelt war. Aber die beiden Flüge – er hatte einmal umsteigen müssen –, hatten sich endlos lang hingezogen. Und er hatte frische Luft gebraucht, die Sonne und die frische Brise auf seiner Haut spüren wollen. Am Strand hatte ihn dann noch eine weitere unerwartete Anstrengung erwartet, als er das Segel hatte einfangen müssen und es wieder verloren hatte, weil …
Er ging zu der Ottomane, die am Fußende des Bettes stand, um sich zu setzen. Emilie! Sie war der Grund dafür, dass er sich mit dem Segel so ungeschickt angestellt hatte. Als sie seinen Blick für einen winzigen Moment aufgefangen hatte, war etwas zwischen ihnen aufgeflammt, das ihn durcheinandergebracht hatte. Danach hatte er geredet und geredet, um sich nicht völlig in ihren leuchtenden Augen und dem Anblick dieses süßen Mundes zu verlieren …
Langsam stieß er die Luft aus. Ebenso wenig wie mit der Küchenchefin Emilie hatte er mit der Haushälterin Melinda gerechnet. Kurz nach seiner Ankunft hatte Melinda ihn mit einem strahlenden Lächeln durch das Haus geführt: durch das Wohnzimmer mit den Panoramafenstern und dem Zugang zu einer Terrasse, das Kino mit den gemütlichen Ledersesseln, die Bibliothek, das Spielzimmer, den Fitnessraum, das Speisezimmer … Danach waren sie nach draußen gegangen, und sie hatte ihm den Pool, die Terrasse und die Aussicht gezeigt. Als sie im Schlafzimmer angekommen waren, hatte sie angeboten, seinen Koffer auszupacken, was er dankend abgelehnt hatte. Wenn er sich frisch gemacht hätte, würden Drinks und Appetithappen auf der Terrasse auf ihn warten.
Er beugte sich hinunter, um nach seinen abgenutzten Slippern zu greifen. Als Nils ihm gesagt hatte, dass er für ihn ein Haus auf einer Privatinsel gebucht habe, hatte er sich etwas Kleineres, weniger Luxuriöses vorgestellt – nicht ein Anwesen wie dieses und noch dazu ein Schnellboot für seinen persönlichen Bedarf.
Joel schüttelte den Kopf. Er hätte es wissen müssen, denn Nils hatte einen extravaganten Lebensstil und war übertrieben großzügig. Ihm wäre gar nicht in den Sinn gekommen, etwas Bescheideneres zu suchen.
Er seufzte. Hätte er nur diese verdammte Broschüre gelesen, dann hätte er gewusst, was ihn erwarten würde, und nicht wie ein Idiot ausgesehen.
Dumskalle!
Er war tatsächlich ein Dummkopf, weil er geglaubt hatte, dass er bald das Leben eines Ehemannes führen würde.
Astrid … Mit blassen Lippen hatte sie in der Tür gestanden. „Joel, wir müssen reden …“
Sein Herzschlag setzte einen Moment aus, ehe er seinen Puls in den Ohren hämmern hörte. Acht Wochen! Astrid hatte ihre Hochzeit nur acht Wochen vor dem großen Tag abgesagt, hatte elf gemeinsame Jahre weggeworfen. Nein, mehr als das, denn er war schon mit Astrid zusammen, seit sie Teenager gewesen waren. Und ihr Grund?
Plötzlich war ihm schwindlig.
Johan, sein eigener Bruder.
Er biss die Zähne aufeinander. Kein Wunder, dass sich eine schwarze Leere in seiner Brust befand, dort, wo sein Herz sein sollte. Vielleicht schützte ihn sein Körper und schüttete ein betäubendes Hormon aus, sodass er keinen Schmerz spürte. Doch er wollte ihn spüren, weil er den Schmerz verdiente. Er hatte Astrid und ihrem gemeinsamen Leben nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt, sondern alles als selbstverständlich betrachtet. Als hätte ihn der Diamantring, den er Astrid vor vielen Jahren an den Finger gesteckt hatte, davon freigesprochen, über Liebe nachzudenken.
Stattdessen hatte er sein Unternehmen aufgebaut, und als er gemeint hatte, es sei an der Zeit, hatte er Astrid dazu gebracht, einen Termin für ihre Hochzeit festzusetzen. Und das hatte sie auch getan. Sie hatte eine Hochzeitsplanerin engagiert, ein Kleid gekauft, ihre Flitterwochen gebucht. Alles war reibungslos verlaufen, und dann …
Er spürte ein Engegefühl in der Brust. Joel war immer der Ruhige gewesen, das mittlere von fünf Kindern, der einsame Wolf. Er hatte sich immer isoliert gefühlt und war damit zufrieden gewesen, aber jetzt war es nicht seine Entscheidung. Er war gestrandet, an den Rand gedrängt worden. Selbst wenn er mit seiner Familie hätte sprechen wollen, hätte er es nicht gekonnt. Denn Johan war seine Familie, und er würde nicht die richtigen Worte finden, weil seine Gefühle keinen Sinn ergaben. Er fühlte sich betäubt, war verloren und unfähig, sich auf irgendetwas zu konzentrieren.
Nachdem er einmal tief durchgeatmet hatte, schlüpfte er langsam in seine Schuhe.
Aber auf Emilie hatte er sich konzentrieren können, oder nicht? Schamlos hatte er sich erlaubt, ihren Körper zu betrachten, während sie mit dem Segel beschäftigt gewesen war. Wie auch nicht? Schließlich war er auch nur ein Mann und Emilie eine sehr begehrenswerte Frau. Aber was sagte das über ihn oder seine Gefühle für Astrid? Dass er sich nur Wochen nachdem er die Liebe seines Lebens verloren hatte, so stark zu jemandem hingezogen fühlte, konnte nicht richtig sein. Offensichtlich stimmte etwas grundlegend nicht mit ihm.
Er seufzte und starrte auf den Fleck Sonnenlicht am Boden, bis er vor seinen Augen verschwamm. Emilie! Ihre Augen, ihr Lächeln, ihre Hüften … Er spürte, dass Hitze in ihm aufstieg. Aber wahrscheinlich war dieses Sehnen nur darauf zurückzuführen, dass er endlich wieder etwas spüren wollte.
Joel zwang sich aufzustehen. Das musste es sein. Am Strand hatte sie ihn überrumpelt, und dieser Funke, der zwischen ihnen aufgeflammt war, würde von selbst wieder erlöschen. Er war einfach nicht der Typ für eine Urlaubsaffäre, und er war auch nicht in der Verfassung für mehr.
Emilie war eine Schwäche, die er sich nicht leisten konnte. Er war zu der Insel gekommen, um eine Bestandsaufnahme seines Lebens zu machen und wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Vielleicht würde es nicht so schwierig sein, ihr aus dem Weg zu gehen. Solange er sich von der Küche fernhielt, war alles gut.
„Was machst du da?“ Argwöhnisch betrachtete Melinda den großen Klumpen Teig auf der Arbeitsfläche.
Emilie lächelte. „Brötchen fürs Abendessen.“
„Die hast du vorher noch nie gemacht.“ Melinda schürzte die Lippen.
„Stimmt, jedenfalls hier nicht …“ Sie knetete den Teig und zog ihn auseinander. Als sie etwa zehn gewesen war, hatte ihre Großmutter ihr das Backen beigebracht. Sie hatten viele verregnete Nachmittage damit verbracht, Lebkuchenmänner und Muffins zu machen. Als ihre Schwestern dann später zur Universität gegangen waren, hatte sie zu Hause auch anderes ausprobiert und festgestellt, dass sie ein Händchen dafür hatte. Damals hatte sie immer Brot gebacken, besonders sonntagmorgens. Jetzt sah sie hoch und fing Melindas Blick auf. „Mir ist nur gerade die Idee gekommen …“
„Hm.“
Ihr Brummen war vielsagend, und Emilie versuchte, nicht zu lachen. „Hast du was gegen Brötchen?“
„Natürlich nicht.“ Melinda kniff leicht die Augen zusammen. „Ich habe nur auf die Uhr geschaut, das ist alles …“
„Es ist noch genug Zeit.“ Sie warf einen Blick auf die Wanduhr. „Die sind schnell gemacht. Fünfzehn Minuten gehen, zwölf Minuten backen, fünf Minuten abkühlen. Man kann sie warm servieren, dann schmecken sie besser.“
„Aha.“
Bei Melindas vielsagendem Ton zuckte Emilie mit den Schultern. „Was ist denn?“
Melinda lächelte. „Für mich ist Brot immer Futter für die Seele gewesen …“
„Vielleicht ist es das auch – für manche Menschen.“ Emilie griff nach einem Messer und fing an, den Teig in Stücke zu schneiden. Sie hatte keine Ahnung, worauf Melinda hinauswollte, doch es machte ihr nichts aus, über Trostessen zu sprechen. In diesem Punkt hatte sie sich inzwischen zu einer Expertin entwickelt. „Mein Lieblings-Trostessen ist Schokoladenkuchen mit einer dicken Schokocreme.“
„Mhm. Klingt himmlisch.“ Melinda nahm eine saubere Serviette aus der Schublade und schob sie mit einem Hüftschwung wieder zu. „Wo wir gerade von himmlisch sprechen, Mr. Larsson ist sehr attraktiv und sehr sexy, findest du nicht?“
Oh Gott, wollte Melinda sie etwa verkuppeln? Emilie spürte, dass sie rot wurde.
„Das ist mir noch gar nicht aufgefallen“, behauptete sie.
Melinda lachte. „Und warum wirst du dann rot?“
„Werde ich gar nicht.“ Sie beschäftigte sich wieder mit dem Teig. „Mir ist nur warm vom Kneten, das ist alles.“
Ihr Puls flatterte. Hätte sie Melinda und Erris in der ersten Woche nicht ihr Herz ausgeschüttet, könnte sie jetzt so tun, als habe sie einen Freund in England und wäre deshalb nicht an attraktiven, sexy Gästen interessiert. Hätte sie Melinda nicht erzählt, dass sie Joel zufällig am Strand begegnet war, könnte sie jetzt so tun, als wüsste sie nicht, wie er aussah. Aber nun war es zu spät. Melinda wusste alles, und ihr Blick verriet, dass sie gerade erst angefangen hatte.
„Versuchst du etwa, den schönen Mr. Larsson mit deinen weichen, warmen, köstlichen Brötchen zu bezirzen?“
„Wie bitte?“ Ihre Wangen brannten. „Natürlich nicht. Das ist doch lächerlich!“
Noch lächerlicher war, dass ihr Herz so schnell schlug. Was war nur los mit ihr?
Außerdem lag Melinda falsch, denn sie hatte überhaupt nicht an Joel gedacht, als sie die Hefe mit Zucker und Wasser verrührt hatte. Dennoch hatte Melinda einen Nerv getroffen.
Emilie starrte auf den Teig und atmete den süßsauren Duft der Hefe ein. Der Geruch versetzte sie viele Jahre zurück in die Küche ihrer Eltern an einem Sonntagmorgen. Damals hatte sie frisch gebackene Brötchen aus dem Ofen genommen, das himmlische Aroma eingeatmet und mit freudig klopfendem Herzen auf ihre Eltern gewartet, die sie dann mit einem warmen, erfreuten Lächeln angesehen hatten …
Melindas Stimme brachte sie in die Gegenwart zurück. „Ich habe dich nur aufgezogen.“
Sie zuckte zusammen, ehe sie die Haushälterin ansah. „Ich weiß.“ Auch wenn Melinda sich gerne einen Scherz erlaubte, war sie eine herzliche, wundervolle Frau. Emilies Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. „Aber jetzt mal etwas ganz anderes: Weiß Erris eigentlich, dass du Gefühle für unseren Gast entwickelt hast?“
„Gefühle?“ Melindas Mund blieb offen stehen, ehe sie lachte. „Erzähl ihm nicht so etwas!“ Sie wackelte mit den Augenbrauen. „Er ist nämlich sehr eifersüchtig.“
„Wer ist sehr eifersüchtig?“ Erris’ Stimme erklang aus der Spülküche, ehe er selbst erschien. Er trug ein blau kariertes Hemd, und sein Lächeln war genauso breit wie das seiner Frau.
„Das ist ein Privatgespräch.“ Melinda zwinkerte Emilie zu, ehe sie ihren Mann ansah. „Es hat nichts mit dir zu tun, mein Lieber.“
„Ach, wirklich?“ Erris verschränkte die Arme vor der breiten Brust. „Nun, wenn wir Geheimnisse voreinander haben, dann erzähle ich dir meins auch nicht …“ Er presste die Lippen aufeinander, und seine Augen funkelten.
„Welches Geheimnis?“ Emilie sah zu Melinda und lachte, weil sie beide damit herausgeplatzt waren.
Erris kicherte und hob leicht die Augenbrauen. „Ich habe gerade einen Anruf bekommen …“
„Welchen Anruf?“ Melinda ging zu ihm und sah ihn forschend an.
„Von Kesney …“
Melinda erstarrte einen Moment. „Wie bitte? Ist sie …?“
„Ihre Fruchtblase ist geplatzt …“
„Ach herrje!“ Melinda schnappte nach Luft, ehe sie sich in die Arme ihres Mannes fallen ließ. Einen Augenblick standen sie da und sahen sich verliebt an, dann trat Melinda zurück, wischte sich über das Gesicht und nestelte an ihrer Bluse. „Wir müssen los. Mein kleines Mädchen braucht mich jetzt.“
Emilies Magen hob sich. Wenn Melinda und Erris nicht da wären, müsste sie sich ganz allein um Joel kümmern.
„Du hast doch nichts dagegen, Emilie …?“ Melindas Augen leuchteten.
Oh Gott! Sie konnte sich nicht weigern, selbst wenn das hieß, dass sie Joel das Abendessen servieren müsste, zusätzlich zum Kochen.
Sie setzte ein Lächeln auf. „Natürlich nicht. Schließlich bekommt ihr ein Enkelkind.“ Sie umarmte Melinda, drehte sie dann um und schob sie zu Erris. „Ab mit euch! Sofort! Aber schickt mir eine Nachricht, wenn das Baby da ist.“ Sie lächelte. „Ich möchte doch wissen, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist.“
„Mach ich.“ Melinda drückte ihre Hand. „Erris wird morgen früh wieder da sein. Pass bis dahin auf dich auf … und auch auf Mr. Larsson.“
Emilie schaffte es zu lächeln, obwohl der heiße Teller durch das Tuch hindurch ihre Finger verbrannte. „Bitte sehr … Ihr Hauptgericht. Gegrillter Seebarsch auf einem Bett aus Stampfkartoffeln, mit Rahmspinat und einer Honig-Senf-Jus.“ Sie setzte den Teller ab.
„Danke.“ Joel begegnete ihrem Blick. „Das sieht … wundervoll aus.“
„Kann ich Ihnen Wein nachschenken?“ Sie hörte selbst, wie zögerlich sie klang. Eine schreckliche Situation. Sie war kein Sommelier, keine Kellnerin, sondern Köchin. Zwar konnte sie eine Zwiebel in Rekordzeit schälen und schneiden, aber einen Teller mit Essen vor Joel Larsson hinzustellen brachte ihre Knie zum Zittern. Das Ganze fühlte sich wie eine Scharade an. Gehobene Küche für eine Person. Leinen, Silberbesteck, Kristallgläser. All das schien übertrieben zu sein, besonders, da er nicht einmal entsprechend gekleidet war. Vielmehr trug er ein T-Shirt und ausgeblichene Jeans, keine Socken, dafür aber Slipper, die sicher schon bessere Tage gesehen hatten. Er wirkte fehl am Platz, und genauso fühlte sie sich auch.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, danke.“
Sie trat einen kleinen Schritt zurück.
„Guten Appetit“, wünschte sie, dann ging sie mit klopfendem Herzen zur Tür. Sah er ihr hinterher, oder bildete sie sich das nur ein?
Zurück in der Küche, nahm sie ein Auflaufförmchen mit Crème brulée aus dem Kühlschrank und beugte sich über die Arbeitsplatte. Heute Nachmittag am Strand hatten sie ein paarmal miteinander gelacht. Doch als sie auf die Terrasse getreten war, um ihm sein Essen zu servieren, wirkte er schockiert, sie zu sehen, sogar enttäuscht, und das hatte ihr einen leichten Stich versetzt. Nachdem sie erklärt hatte, dass sie normalerweise nicht das Essen servierte und dass sie es nur tat, weil Melinda und Erris ein Enkelkind erwarteten, schien er sich allerdings wieder gefasst zu haben. Er hatte sogar gelächelt, aber das Lächeln hatte nicht seine Augen erreicht.
Seitdem war sie verstimmt und voller Selbstzweifel. Sie war nicht überzeugt, dass ihm ihre Vorspeise geschmeckt hatte: geräucherte Taubenbrust auf einem Bett aus Endiviensalat und Rucola, garniert mit roter Zwiebel, Rote-Bete- und Port-Pflaumen-Jus. Er hatte alles aufgegessen, dazu noch drei Brötchen, doch sein Gesicht war nicht unbedingt ein Abbild von Zufriedenheit gewesen, als sie den Teller abgeräumt hatte. Nach dem Hauptgang wirkte er ähnlich nichtssagend.
Sie ließ die Schultern kreisen, um sie zu lockern. Was war sein Problem? In der Hotelfachschule hatte sie nur Einsen bekommen, und ihre Ausbildung bei Michel Lefèvre war die allerbeste gewesen. Im Alter von siebenundzwanzig Jahren hatte sie dann mit Tom ihr eigenes Restaurant eröffnet. Sie kannte sich in der Küche aus wie kein anderer, war sehr vorsichtig mit dem Würzen und verkochte nichts. Sie wusste genau, dass ihre Gerichte ausgezeichnet waren. Warum also hatten seine Augen nicht wenigstens ein bisschen erfreut geleuchtet?
„Klopf, klopf …?“
Joel?
Langsam drehte sie sich um.
Er stand in der Tür, in einer Hand seinen leeren Teller, in der anderen eine Flasche Wein. Fragend hob er die Augenbrauen. „Kann ich hereinkommen?“
Ihr Mund wurde trocken. Plötzlich war es nicht Joel, der dort stand, sondern Tom, mit angespannter Miene.
„Zwei Sterne! Zwei verdammte Sterne von Raoul Danson! Ich habe dir gesagt, dass das Menü nicht in Ordnung ist, aber du hörst ja nie zu. Wir sollten Bistro-Essen machen, keinen zweitklassigen Lefèvre. Wir sind geliefert, und das ist allein deine Schuld!“
Zweitklassiger Lefèvre! Tom verstand sich sehr gut darauf, sie fertigzumachen. Und jetzt stand Joel in der Tür. Würde er sich genauso verhalten?
Sie fuhr mit der Zunge über ihre Unterlippe. „Ja, natürlich. Was kann ich für Sie tun?“
Er schien zu zögern, ehe er eintrat und den Teller und die Flasche vorsichtig auf die Kücheninsel stellte. Als er sich wieder umdrehte, war sie erleichtert. In seinem Blick lag kein Tadel, sondern nur ein Anflug von Unsicherheit.
„Es geht nicht darum, was Sie für mich tun können, sondern darum, was ich für Sie tun kann …“ Er hielt ihren Blick fest. „Ich bin gekommen, um mich zu entschuldigen.“
Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie schluckte. „Wofür?“
„Dafür, dass ich …“, seine Schultern sackten herab, „… komisch war.“
Es schien ihr ratsamer zu sein, nichts darauf zu erwidern.
Er deutete auf die Flasche Wein. „Ich dachte … wollte fragen, ob Sie mir bei einem Glas Wein Gesellschaft leisten, während ich Ihnen erkläre …“ Einer seiner Mundwinkel ging nach oben und schien ein Licht in seinen Augen zu entzünden. Ein warmes, unwiderstehliches Licht.
Sie sah auf das Auflaufförmchen, der Zucker musste noch flambiert werden. Doch Joel schien nicht an ein Dessert zu denken, und außerdem war sie neugierig. Wenn ein Gespräch dazu beitragen würde, die unbehagliche Atmosphäre aufzulösen, dann nur zu. Es würde die nächsten drei Wochen leichter machen.
„Okay.“ Sie nahm zwei Weingläser aus dem Schrank, zog einen Stuhl unter dem Tisch hervor und setzte sich.
Er griff nach der Flasche und hob eine Augenbraue. „Möchte Madame kosten?“
Sein falscher französischer Akzent war unerträglich, doch es war gut, ihn wieder etwas fröhlicher zu sehen, so wie am Strand. Sie spürte, dass sie sich entspannte; ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
„Nein danke. Madame wünscht, dass Sie weitermachen.“
Er lachte. „Alles klar.“
Der lachende Joel war so ganz anders als der ernste Joel. Der lachende Joel war gefährlich entwaffnend. Sie betrachtete seine Hand, die die Flasche hielt, und stellte sich vor, wie diese männliche Hand sich anfühlen würde …
„Zum Wohl.“ Er hatte sein Glas erhoben und sah sie an.
Emilie hatte nicht einmal gemerkt, dass er sich gesetzt hatte, weil sie zu sehr damit beschäftigt gewesen war, sich Fantasien über seine Hände hinzugeben. Was war nur los mit ihr? Konzentriere dich!
Sie stieß mit ihm an, nahm einen großen Schluck und begegnete dann seinem Blick. „Und?“
Er seufzte. „Also gut. Erstens möchte ich sagen, dass ich nicht verrückt bin, jedenfalls nicht verrückter als alle anderen. Obwohl es wahrscheinlich den Anschein hatte …“
„Ähm …“
„Egal.“ Er lächelte, trank einen Schluck. „Die Sache ist die: Ich habe diese Reise nicht gebucht.“ Sein Lächeln verblasste. „Es ist ein Geschenk von einem Freund.“
„Wie nett.“
„Ja, das stimmt.“ Sein Blick umwölkte sich. „Aber es ist nicht das, was ich … erwartet habe.“
Ihr Herz sank. „Was soll das heißen? Stimmt etwas nicht?“
„Nein.“ Er schüttelte den Kopf. „Es ist allein mein Fehler. Ich habe mir die Broschüre nicht angesehen, nur das Titelblatt mit dem Foto der Insel.“ Er spielte mit dem Stiel seines Weinglases. „Ich dachte, ich wäre allein hier. Als ich Sie dann am Strand getroffen habe, war ich …“, er stieß einen Seufzer aus, „… sehr überrascht.“
„Das habe ich gemerkt“, meinte sie lächelnd.
„Und als Sie erklärt haben, dass Sie die Küchenchefin sind, war ich, ehrlich gesagt, schockiert …“
„Aha.“ Sie biss sich auf die Lippe und versuchte zu verstehen. Sein Freund hatte die Reise für ihn gebucht, aber Joel hatte die Broschüre nicht gelesen. Warum nicht? Das war definitiv seltsam. Aber es erklärte auch sehr vieles. „Nur damit ich das richtig verstehe, Sie haben erwartet, allein zu sein, so wie Robinson Crusoe?“
Er nickte langsam.
„Und Sie haben keinen Küchenchef erwartet?“
„Nein.“
„Also gut.“ Allmählich fühlte sie sich unbehaglich. „Wollen Sie damit sagen, dass ich nicht für Sie kochen soll?“
Er hob die Hände. „Nein, ganz bestimmt nicht“, versicherte er, dann runzelte er die Stirn. „Ich versuche nur zu erklären, warum …“ Er seufzte. „Ihr Essen ist köstlich, Emilie, und ich beschwere mich über gar nichts. Aber ich dachte, ich würde in einem kleinen Haus auf einer kleinen Insel wohnen und mein eigenes Ding machen. Stattdessen werde ich bedient, und das will ich nicht. Mir wäre es lieber, wenn es nicht so förmlich ablaufen würde.“ Sein Blick schweifte durch die Küche, ehe er Emilie wieder ansah. „Ehrlich gesagt würde ich lieber hier essen, wenn das für Sie in Ordnung ist.“
Sie trank noch einen Schluck Wein. Wie würde sich das anfühlen, wenn er in der Küche säße, während sie kochte? Seltsam, ganz sicher, aber sein hoffnungsvoller Blick hatte auch etwas Liebenswertes. Wenn er mit etwas Ungezwungenerem gerechnet hatte, musste all das ein Schock für ihn gewesen sein.
Was würde Melinda wohl sagen?
Melinda würde wahrscheinlich mit Kesney und dem Neugeborenen viel zu beschäftigt sein, um sich Gedanken darüber zu machen, wo Joel essen wollte. Außerdem sprach nichts dagegen, dass er in der Küche aß. Schließlich war er der Gast, und ihr Job war es, sich um ihn zu kümmern. Vielleicht würde es sogar nett sein.
Sie lächelte. „Für mich ist das in Ordnung.“ Sie stellte ihr Glas ab. „Und, möchten Sie jetzt ein Dessert?“
„Arbeiten Sie schon lange hier?“ Er hatte in zufriedenem Schweigen dagesessen und ihr zugesehen, wie sie geschickt den Flambierbrenner entzündet und die Flamme richtig eingestellt hatte. Doch da er sie nicht in Verlegenheit bringen wollte, indem er sie nur anstarrte, hatte er diese Frage gestellt. Außerdem war er neugierig.
„Nein. Ich bin vor drei Wochen hierhergekommen, aus England.“ Sie sah auf. „Der Vertrag ist nur befristet.“
„Für einen Kurzzeitvertrag ist das aber ein langer Weg bis hierher.“
Ihre Wangen röteten sich.
Mist! Er hatte es eigentlich gar nicht laut aussprechen wollen, und jetzt hatte er sie in Verlegenheit gebracht. Es war eine schlechte Angewohnheit von ihm, seine Gedanken laut auszusprechen. Seine Arbeit erforderte einen ständigen inneren Monolog. Er stellte sich dauernd Fragen und beantwortete sie in seinem Kopf, aber wie sich herausstellte, sprach er manchmal auch laut, ohne es zu merken. Er würde vorsichtiger sein müssen.
Sie warf ihm einen Blick zu. „Es ist tatsächlich eine lange Strecke bis hierher, aber der Zeitpunkt hat gepasst.“ Konzentriert bewegte sie den Brenner hin und her. „Ich war zufällig frei, und wer möchte nicht einen Job auf so einer paradiesischen Insel?“ Sie warf einen Blick auf sein Dessert. „Der Küchenchef, der sonst hier ist, hat acht Wochen Urlaub – ein Trauerfall in der Familie, glaube ich.“
Sie trug das Dessert zum Kühlschrank. Dann drehte sie sich wieder zu ihm um.
„Wir müssen warten, bis es abgekühlt ist.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich bin ein bisschen im Verzug …“
„Was meine Schuld ist.“ Er füllte ihre Gläser auf. „Setzen Sie sich doch. Dann können Sie mir erzählen, was Sie gemacht haben, bevor Sie ins Paradies gekommen sind.“
Sie ging zum Tisch, setzte sich jedoch nicht. Stattdessen nahm sie ihr Glas und lehnte sich gegen die Arbeitsplatte.
„Ich glaube, dass ich jetzt an der Reihe bin, Ihnen eine Frage zu stellen.“ Sie hob die Augenbrauen. „Quid pro quo.“
Bei dem lateinischen Ausdruck verzogen sich ihre Lippen auf verführerische Weise.
Er atmete tief ein und griff nach seinem Glas, überlegte es sich dann aber anders. Wegen des Jetlags fühlte er sich jetzt schon ein wenig benebelt, noch mehr konnte er sich nicht erlauben. Also lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme. „Dagegen ist nichts einzuwenden.“
Sie nippte an ihrem Glas. „Warum hat Ihr Freund diese Reise für Sie gebucht? Und weshalb haben Sie die Broschüre nicht gelesen?“
„Das sind zwei Fragen.“ Und sehr direkte, die er eigentlich nicht beantworten wollte. Neugierig und erwartungsvoll sah sie ihn an. Er seufzte. Sein Freund Nils war nicht der Typ, mit dem man ein vertrauliches Gespräch führen konnte. Und was seine eigene Familie betraf … Vielleicht wäre es ein wenig befreiend, Emilie davon zu erzählen. Er ließ die Arme sinken und sah sie an. „Mein Freund Nils, der die Reise für mich gebucht hat, sollte eigentlich mein Trauzeuge sein …“
Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.
„Die Hochzeit wurde abgesagt.“ Seine Kehle wurde eng. „Nicht von mir.“ Er schluckte schwer. Das reichte. Sie musste nicht die ganze tragische Geschichte hören.
Ihre Augen schimmerten. „Das tut mir sehr leid.“
Er verdiente ihr Mitgefühl nicht. „Das war vor zwei Monaten. Diese drei Wochen sollten eigentlich unsere Flitterwochen sein …“
Astrid hatte eine Honeymoon-Suite auf Bora Bora gebucht, einen luxuriösen Bungalow am Wasser mit einem langen Anlegesteg. Er hatte es romantisch gefunden, doch wenn er jetzt daran dachte, fühlte er sich nur noch leer.
Seufzend sah er wieder in Emilies schönes Gesicht. „Nils meinte, da ich mir sowieso freigenommen hätte, solle ich wegfahren. Aber ich war nicht in der Lage, alles zu organisieren, also hat er die Reise für mich gebucht, als Geschenk für die abgeblasene Hochzeit, meinte er. Er hat mich zum Flughafen gefahren, mir die Broschüre in die Hand gedrückt …“
„Aber Sie haben es nicht übers Herz gebracht, hineinzusehen.“ Mitfühlend sah sie ihn an.
„So in etwa.“ Er senkte den Blick, plötzlich unfähig, sie weiter anzuschauen. Sie wirkte so aufrichtig, und das gab ihm das Gefühl, ein Betrüger zu sein.
Und dann zerstörte ein leises Klingeln diesen Moment.
Emilie warf ihm einen entschuldigenden Blick zu. „Das wird Melinda sein …“ Sie zog ihr Handy aus der Hosentasche. „Ich habe sie gebeten, mir wegen Kesneys Baby zu schreiben.“ Nachdem sie die Nachricht gelesen hatte, sah sie ihn mit Tränen in den Augen wieder an. „Es ist ein Junge. Sieben Pfund und vierhundert Gramm. Sie werden ihn Ben nennen.“
Ihm stockte der Atem, weil er unerwartet gerührt war. Was war nur los mit ihm? Es sah ihm überhaupt nicht ähnlich, wegen eines Babys emotional zu werden. Es musste die Müdigkeit sein. Er sollte dringend schlafen, also stand er auf.
„Das sind wundervolle Neuigkeiten. Bitte schicken Sie Melinda und ihrer Familie meine Glückwünsche.“
„Mach ich.“ Erst jetzt schien sie zu bemerken, dass er aufgestanden war. „Wollen Sie gehen? Was ist mit dem Dessert?“
„Das ist für Sie.“ Er lächelte. „Tut mir leid, aber ich muss mich hinlegen.“
„Oh. Ja, natürlich, Sie müssen erschöpft sein.“ Einen langen Moment sah sie ihn an. „Gute Nacht, Joel. Schlafen Sie gut.“
Er nickte und ging zur Tür. Vielleicht würde er gut schlafen. Falls ja, wäre es das erste Mal seit acht Wochen.
„Was hast du für große Augen, Großmama?“ Emilie konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. „Du musst das Handy weiter weg vom Gesicht halten …“
„Einen Moment …“ Das Bild wackelte und wurde kurz durch einen rosa Fleck verdeckt – ein Finger. Dann sah sie das Gesicht ihrer Großmutter richtig. Silberne Haare, silbergerahmte Brille, hellblauer Rollkragenpulli. Sie starrte auf den Bildschirm, ehe sie strahlend lächelte. „Emilie. Ich kann dich sehen.“
Sie erwiderte das Lächeln. „Wer sagt denn, dass die ältere Generation nicht mit der Technologie klarkommt? Du hast es geschafft, Oma.“
„Ist das nicht toll?“ Wieder starrte sie auf den Bildschirm. „Als wärst du im Fernsehen.“
„Smartphones sind toll. Deshalb habe ich dir auch in den Ohren gelegen, dir eins zu besorgen, damit wir uns sehen können, wenn wir miteinander sprechen.“ Sie stand auf. „Ich kann dir sogar eine Führung durchs Haus geben …“ Sie deutete auf den Bildschirm.
„Oh. Was ist das denn?“
„Mein hübsches kleines Wohnzimmer.“ Langsam bewegte sie das Smartphone, zeigte ihr das cremefarbene Leinensofa und den schimmernden Holzboden, die raumhohen Fenster mit den Lamellenjalousien. Dann ging sie weiter zum Schlafzimmer und zeigte ihr durch die geöffnete Terrassentür das strahlend blaue Meer. Emilie musste lächeln, weil ihre Großmutter in einen Begeisterungssturm ausbrach. Schließlich betrat sie ihren Lieblingsraum – das Bad –, zeigte ihr die riesige Badewanne, die große Dusche und das quadratische Porzellanwaschbecken mit den Chromwasserhähnen. Schließlich war die Küche an der Reihe, mit den Arbeitsflächen aus Holz …
Ihre Großmutter lachte. „Ich kann den Zauberwürfel in der Obstschale sehen.“
Emilie grinste. Ihre Großmutter hatte ihr den Zauberwürfel geschenkt, als sie noch klein gewesen war, und seitdem nahm sie ihn überallhin mit. Was wirklich verrückt war, da sie es nie geschafft hatte, ihn zu lösen.
Sie richtete die Kamera wieder auf sich selbst. „Natürlich habe ich ihn mitgenommen. Er erinnert mich an dich … bunt und chaotisch.“
„Sehr witzig.“
„Und, was hältst du von meiner Hütte im Paradies?“
„Sie ist sehr schön, Liebes. Du musst begeistert sein.“ Der Kopf ihrer Großmutter wackelte auf und ab. „Sag mal, hast du denn auch schon mal frei gehabt?“
Sie nickte. „Ja. Im Moment wohnt nur eine Person hier.“
„Eine!“
„Ja.“ Ihr Herz schlug schneller. „Ein Typ aus Schweden. Er wurde von seiner Verlobten sitzen gelassen, und offensichtlich hat es ihm das Herz gebrochen.“
„Ach Gottchen, der arme Mann! Aber dann habt ihr wenigstens etwas gemeinsam.“ Typisch Oma – sie nahm kein Blatt vor den Mund. „Sieht er nett aus?“
„Ja, ziemlich. Aber er bleibt für sich allein … mehr oder weniger.“ Sie verspürte einen Stich in der Brust. „Er macht sich selbst Frühstück, dann geht er den ganzen Tag segeln, sodass ich ihm keinen Lunch machen muss, nur Abendessen. Und Melinda ist bei ihrer Tochter auf Tortola, die gerade ein Baby bekommen hat. Also ist es ziemlich ruhig hier.“
Die Augenbrauen ihrer Großmutter gingen in die Höhe. „Und das gefällt dir nicht, Em, oder?“
Ihre Oma kannte sie viel zu gut. „Mir geht es gut, wirklich“, versicherte sie lächelnd. „Ich muss über vieles nachdenken.“ Sie biss sich auf die Unterlippe.
„Mach das nicht. Davon bekommst du Falten um den Mund.“
Emilie lächelte breit.
„Heutzutage gibt es selten Ruhe und Frieden. Habe ich dir eigentlich von dem kleinen Café in Calderburgh erzählt?“
„Nein. Meinst du dein Lieblingscafé?“
Ihre Großmutter machte ein finsteres Gesicht. „Es ist nicht mehr mein Lieblingscafé. Sie haben es modernisiert. Überall Laminatboden und harte Stühle, die für einen steifen alten Hintern wie meinen nicht geeignet sind. Jedes bisschen Gemütlichkeit haben sie herausgerissen, und die Kaffeemaschine kreischt so laut, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht, andere sowieso nicht. Vor drei Tagen war ich mit Audrey dort, aber wir haben uns geschworen, nie wieder hinzugehen.“ Sie stockte. „Was die Welt braucht, ist ein wenig Stille. Und wenn du die auf dieser schönen Insel bekommst, solltest du das Beste daraus machen.“
Sie wandte sich ab, ehe sie wieder auf den Bildschirm sah.
„Ich muss los, Liebes. Das wird Audrey sein an der Tür. Sie wollte einen Liebesroman vorbeibringen, einen von diesen sexy Schmökern. Sie sind fantastisch.“
„Oma!“
„Hör auf mit ‚Oma‘! Ich mag zwar alt sein, aber ich bin immer noch warm und atme.“
Lächelnd schüttelte Emilie den Kopf. „Mach’s gut, Oma. Ich liebe dich …“
„Mach’s gut, Liebes.“ Dann wurde der Bildschirm schwarz.
Ihre Oma! Was hätte sie ohne sie getan? Als die Beziehung mit Tom auseinanderbrach, war sie nach Calderburgh geflohen. Nach Abu Dhabi zu ihren Eltern zu fliegen, war ihr nicht einmal in den Sinn gekommen. Deren makellose Eigentumswohnung war perfekt für die beiden, aber es war kein Zuhause, während das Haus ihrer Oma sich immer wie eine Zufluchtsstätte angefühlt hatte. Eigentlich hatte sie ihrer Großmutter schon immer nähergestanden als ihren Eltern.
Emilie legte ihr Handy weg, goss sich einen Kaffee ein und ging damit auf die kleine Terrasse, die an der Vorderfront entlanglief. In der Nähe der Tür stand eine gepolsterte Hollywoodschaukel – auch einer ihrer Lieblingsplätze. Sie zog ihre Flipflops aus, setzte sich und baumelte mit den Beinen, sodass die Schaukel sich leicht bewegte. Durch die Frangipani-Bäume konnte sie einen Streifen des türkisblauen Meeres sehen und hörte, wie die Wellen über den Strand rollten. Ein Paradies.
Sie schloss die Augen und lauschte dem Summen der Insekten im Hibiskus sowie dem schrillen Zirpen der Zuckervögel in den Bäumen. Dabei nippte sie an ihrem Kaffee mit Pralinenaroma. Guter Kaffee, ein bequemer Sitz, Ruhe. Wenn sie das Gefühl nur abfüllen könnte, um es ihrer Großmutter mitzubringen.
„Sieht er nett aus?“
Joel am Strand, sein Blick … „Nett“ war nicht annähernd das richtige Wort, aber sie hatte ihrer Oma nicht noch mehr Zündstoff geben wollen. Dass Melinda sie aufgezogen hatte, reichte schon, wobei sie völlig danebengelegen hatte. Ein Mann war so überflüssig wie ein Kropf, und was Joel anbelangte …