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Die vorliegenden Texte sind lupenreine Jugendwerke, also geschrieben als Gymnasiast/Teenager Anfang der 1990er, an langen Nachmittagen nach der Schule oder während der Sommerferien. Endlos die Fahrradfahrten damals zwischen dem Hopfenstangen-Dschungel der Hallertau, im Kopf Geschichten. Ich erinnere mich, dass ich mir damals die Vorgabe machte, einen Satz pro Tag zu schreiben. Warum ich diese frühen und teilweise noch sehr mangelhaften Texte freigebe: weil ich heute wieder zu ihrem rhythmischen, lautmalerischen Prinzip zurückkehre; zu ihren seltsamen Plots. Die Vorgabe, in einem Mini-Text am besten gleich die ganze Weltgeschichte zu erzählen, erscheint mir zwar heute noch unmöglicher als damals, hat aber nichts von ihrem Reiz verloren. In gewisser Weise hat heute die Schubumkehr eingesetzt: Damals war mir das Geschichtenerzählen genauso wichtig wie die Form. Nur dumm, dass keiner meinen Geschichten von Erdplatten, die sich ineinander verliebten (»Sex«), der Sintflut (»Weltuntergangsüberschwemmungsgeschichte«) oder einem neuen Heiland (»Götz«) folgen konnte, weil für die meisten die Sprachspiele die Handlung verdeckten. Ich habe mich dann peu à peu hin zu einem reinen Erzählen entwickelt. Mein erster veröffentlichter Roman (»Wallner beginnt zu fliegen«, 2007) war tatsächlich mein erster Text mit einer »richtigen« (realistischen = traditionellen) Story. Heute, 2013, merke ich, dass mir wieder zunehmend Formales und Sprachliches wichtiger werden, dass plötzlich hier und da alte Rhythmen auftauchen, die mich schon als Jugendlicher faszinierten. Tatatataaaa. Wenn ich alte Fotos von mir als Kind ansehe, denke ich oft, ich sehe einem völlig fremden Menschen ins Gesicht, einem Alien. Wenn ich die Texte von damals lese, höre ich sofort eine Stimme, die mir vertraut ist.
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Seitenzahl: 48
Copyright der eBook-Ausgabe © 2014 bei Hey Publishing GmbH, München
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Covergestaltung: Y-U-K-I-K-O
Autorenfoto: © Joachim Unseld, FVA
ISBN: 978-3-95607-012-9
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Thomas von Steinaecker über »Juvenilia«:
Über Thomas von Steinaeckers frühe Prosa Juvenilia
Die Verlockung ist groß, Jugendwerke etablierter Autoren nur als Sekundanten, über den Spiegel des später Erreichten zu betrachten, sie wie einen schattenhaften Steinbruch nach Zukunftsrelikten dessen abzuklopfen, was das Feuilleton einmal bewundern wird. Gerade vermeintliche Naivitäten lassen sich so mit schmunzelnder Sympathie betrachten wie ein Jungtier, das wacklig seine ersten Schritte wagt, das man halten, stützen will im Wissen, es gleich einknicken zu sehen, spätestens beim nächsten Schritt, beim nächsten Satz. Doch meist beschwert das Schutzbefohlene so viel guter Wille nur, bürdet ihm das Gewicht gerade jener Jahre und Erfolge auf, von denen frei es sich doch erhoben und seine Gegenwart behauptet hat, in den besten Fällen mit unwiederbringlicher Leichtigkeit.
Eine delirierende Angriffslust ist darin dann am Werk, die den Schriftsteller – besonders einen so disziplinierten Strukturalisten wie Thomas von Steinaecker – wahrscheinlich später nie wieder ähnlich rückhaltlos antreibt, so blindlings auf den nächsten Abgrund zu, und sei es nur für diesen winzigen Augenblick des Schwebens, bevor die Leere nach einem greift; doch plötzlich trägt da etwas, von dem man sich später beim Lesen seines ersten Romans wünscht, auch Stefan Wallner spüre es noch, als er zu fliegen beginnt, um gleich darauf zu zerschellen, erst dieser, dann jener, dann der folgende Satz, und nie wieder glaubt man so sicher, platzen zu müssen vor Staunen über den Ausblick auf die Welt weit unter sich und zugleich so klar und in allen Details erkennbar und beschreibbar, und wenn nicht ich, wer dann, und wenn schon dieser Ausblick, warum dann nicht gleich die ganze Welt und alles andere eh?
Thomas von Steinaeckers frühen Prosastücke funkeln förmlich vor dieser Kraft aus Übermut und berstender Hemmung des Anfangs, vor der Gier
nach Buchstaben und
ihrem launischen
Verlauf, vor Wille und Vorstellung einer literarischen Form, die den Weltgeist zum Sprachspiel verführt, es geht ja nur ums Leben. Urgewaltige Elemente brechen sich hier Bahn, eine amorphe Sprachenergie steht am Anfang dieses Schreibens, das auch schon Ende sein will. Es tobt und birst, zum Urknall verdichteter Druck. Ein Universum entsteht in Maximum – Minimum – zuerst in der Sprache. Haltlos, rauchlos ist dieses ausgebrochene Feuer zunächst, doch bald züngelt es nach Zügelung, ohne die keine Literatur frei sein kann, Laute werden Wörter werden Bilder werden Fetzen werden Sätze werden wieder still. Die Selbstgeburt der Sprache, sie geht allem Sinn voraus, sie stößt und ruckt und drängt nach Rhythmus wie der hakenschlagende Lauf der Zeit, der den Autor nicht mehr loslassen wird. Vor dieser gleißenden »Leuchtspur durchs All« gibt es kein Wegsehen, und wenn es auch bedeutet, sie schließlich in ewigem Schwarz aufgehen zu wissen, in der Stille, die uns nachfolgen wird, so ist doch selbst dem NICHTS in der Sprache noch ein Zeichen gesetzt, und wenn es nur die Leere einer weißen Seite ist. »Die Sterne werden die Sterne sein. Die Sonne wird die Sonne sein.« Aber nichts wird nicht sein.