Kalter Hund und Krustenbraten - Jessica Müller - E-Book

Kalter Hund und Krustenbraten E-Book

Jessica Müller

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Beschreibung

Hauptkommissar Hirschberg kommt auf den Hund ...

Krindelsdorf bei München: Eine internationale Hunde-Show sorgt für Aufregung im Ort. Auch Hirschberg ist im Stress - schließlich soll Mops Picasso sich beim Schaulaufen bewähren, und Schwiegertante Isobel spannt die ganze Familie ein, um ihrem geliebten Vierbeiner optimale Startbedingungen zu verschaffen.

Doch es kommt noch schlimmer: Die reiche Immobilienmaklerin Jolanda Hausmann wird mit einem Pfeil in der Brust am Ufer der Krinn gefunden. Dabei sollte ihre Pudeldame Yvette doch den großen Preis gewinnen! Mörderische Konkurrenz unter den Herrchen und Frauchen? Die Hundezüchter sind einander spinnefeind. Oder ist es Rache, nachdem Jolanda wieder einmal einem anderen Makler eine Immobilie weggeschnappt hat?

Bevor Hirschberg und Kollegin Hansen sich recht auf die Suche nach des Pudels Kern machen können, gibt es ein weiteres Opfer ... geht ein hundsgemeiner Serienmörder im Dorf um?

Urkomisch, spannend, bayrisch: der siebte Fall für Hauptkommissar Hirschberg.



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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Widmung

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

Danksagung

Über die Autorin

Weitere Titel der Autorin

Impressum

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Über dieses Buch

Hauptkommissar Hirschberg kommt auf den Hund ...

Krindelsdorf bei München: Eine internationale Hunde-Show sorgt für Aufregung im Ort. Auch Hauptkommissar Hirschberg ist im Stress – schließlich soll Mops Picasso sich beim Schaulaufen bewähren, und Schwiegertante Isobel spannt die ganze Familie ein, um ihrem geliebten Vierbeiner optimale Startbedingungen zu verschaffen.

Doch es kommt noch schlimmer: Die reiche Immobilienmaklerin Jolanda Hausmann wird mit einem Pfeil in der Brust erschossen am Ufer der Krinn gefunden. Dabei sollte ihre Pudeldame Yvette doch den großen Preis gewinnen! Mörderische Konkurrenz unter den Herrchen und Frauchen? Die Hundezüchter sind einander spinnefeind. Oder ist es Rache, nachdem Jolanda wieder einmal einem anderen Makler eine Immobilie weggeschnappt hat?

Bevor Hirschberg und Kollegin Hansen sich recht auf die Suche nach des Pudels Kern machen können, gibt es ein weiteres Opfer ... geht ein hundsgemeiner Serienmörder im Dorf um?

Urkomisch, spannend, bayrisch: der siebte Fall für Hauptkommissar Hirschberg.

Jessica Müller

Kalter Hund und Krustenbraten

Ein Bayern-Krimi

Für Sandra und Schnups

Prolog

Jolanda Hausmann lächelte wie eine Hundedame, die gerade eine Packung ihrer Lieblingsleckerli genossen hatte, und klappte ihr Notebook zu. Die luxuriöse Villa in Orlando hatte sie als Maklerin erfolgreich an die gut betuchte Frau gebracht, und sie selbst war um eine stolze Provisionssumme reicher. Längst vermittelte sie nicht mehr nur gediegene Immobilien in München und dem Rest Deutschlands, sondern an fast jedem Ort, der wohlhabende Herzen höherschlagen ließ. Sie selbst besaß mittlerweile Penthouse-Wohnungen in München und Mailand, eine Villa an der Côte d'Azur sowie in Los Angeles, wo sie dank ihrer Green Card die meiste Zeit lebte.

Derzeit jedoch befand sie sich in der bayerischen Landeshauptstadt, wo sie geboren und aufgewachsen war. Der Weißwurstäquator, wie ihr amerikanischer Ex-Mann die Alpenmetropole scherzhaft genannt hatte, war ihr schon als Teenager zu klein geworden. Seit sie denken konnte, sehnte sie sich nach der Freiheit der großen weiten Welt, und so hatte sie gleich nach bestandenem Abitur die bayerischen Gefilde hinter sich gelassen. Zurückgeblickt hatte sie nur wenige Male. Das elegante Domizil im Herzen von Schwabing war daher auch mehr ein Notkauf gewesen. Es gab Angelegenheiten in ihrer Geburtsstadt, derer sie sich annehmen musste. Sie war zudem nicht der Typ für lange Hotelaufenthalte. Sie brauchte ihre eigene Wohlfühloase, während sie die Dinge zu ihrer Zufriedenheit regelte. Außerdem waren ihr Menschen, die sich morgens um das Frühstücksbuffet drängten, ein wahrer Gräuel.

Hausmann griff seufzend nach dem Kuvert auf ihrem Schreibtisch, und ihre gute Laune verflog. Der Anwalt ihrer Schwester holte wieder einmal aus. Seit dem Tod ihrer Eltern stritt sie mit Cosima um jeden Cent. Es ging Jolanda dabei nicht um das Erbe, sondern ums Prinzip. Cosima mochte sich mehr um Mutter und Vater gekümmert haben als sie, aber ihre Schwester war auch aus einem anderen Holz geschnitzt. Dieser hatte die spießbürgerliche Enge ihres Elternhauses niemals so zugesetzt wie Jolanda. Zumindest in ihrer Jugend nicht.

Hausmann griff nach der Schachtel Zigaretten und ging hinaus auf die Dachterrasse, wo ihre Pudeldame Yvette in ihrem Körbchen schlief. Es war ein sonniger Aprilabend und für die Jahreszeit sehr mild. Sie zündete sich eine Zigarette an, und blickte lächelnd auf den Vierbeiner herab. Der Hundestylist hatte gute Arbeit geleistet, dachte sie zufrieden. Mit etwas Glück würde ihr Mädchen an diesem Wochenende auf der Hundeshow, die in diesem unbedeutenden Nest Krindelsdorf stattfand, einen weiteren Preis einheimsen. Sie begab sich nur ungern aufs Land, und sie hätte lieber die Hundeshow in New York in einigen Wochen abgewartet, doch sie war eine Stammkundin der Dessousdesignerin Nicole Reinhardt. Die Einladung von deren Lebensgefährten, Landrat Seitlbach, hatte Hausmann daher unmöglich ausschlagen können. Kontaktpflege war das A und O in ihrem Beruf. Zudem benötigte Yvette noch weitere Auszeichnungen, wenn ihr Frauchen erfolgreich unter die Pudelzüchter gehen wollte. Und die bevorstehende Hundeshow war immerhin von internationalem Rang und hatte nur wegen logistischer Probleme von München aufs Land verlegt werden müssen. So würde sie sich übermorgen also auf den Weg in die kleine Gemeinde machen, die in letzter Zeit von den Medien immer wieder als Mördernest gebrandmarkt worden war. Tatsächlich schien die Verbrechensstatistik des Ortes selbst Los Angeles in den Schatten zu stellen, überlegte Hausmann und drückte die Zigarette in ihrem Aschenbecher aus.

Sie blickte auf ihr Smartphone, als ihr Display aufleuchtete.

Das war das letzte Mal, dass du mir einen Klienten weggeschnappt hast! Beim nächsten Mal bereust du es!

Ein hämisches Lachen kam über Hausmanns Lippen, und Yvette schreckte hoch.

»Alles gut, mein Liebling.« Sie ging zu der Pudeldame und strich ihr über den Kopf. »Wir gehen jetzt für Mami ein Kostüm für deinen großen Tag morgen aussuchen.«

Gefolgt von ihrer treuen Hündin zog es Hausmann in ihren begehbaren Kleiderschrank. Die boshaften Worte waren im Nu vergessen.

1.

Hauptkommissar Alexander Hirschberg lief die Treppe hinunter und stieß die Tür zur Küche auf. Verheißungsvolle Aromen lagen in der Luft. Eigentlich freute er sich auf einen arbeitsfreien Freitag mit seiner Frau und seinem Sohn. Wäre da nicht der bevorstehende Brunch.

Sein angeheirateter Onkel Vincent Dornberg wandte sich um und lächelte nervös, während er seine Schürze abnahm, unter der er einen dunkelblauen Maßanzug trug. Der erfolgreiche Geschäftsmann hatte sein beträchtliches Vermögen in der Erwachsenenindustrie gemacht, doch Kochen war neben seiner Frau Isobel seine größte Leidenschaft, wie er bei jeder Gelegenheit betonte. Vor Kurzem hatte er sich zudem einen Kindheitstraum erfüllt und in München sein erstes Gourmetlokal, das Vincobel's, eröffnet. Die Pläne für ein weiteres Restaurant in London liefen bereits auf Hochtouren. Seit Stunden war der Hobbykoch nun auf den Beinen, um einen exquisiten Brunch zu zaubern, der François Moulineau und nicht zuletzt dessen Mopsdame Queen Laurel betören sollte. Lief alles nach Plan, würden die Hündin und Mops Picasso bald stolze Eltern eines A-Wurfes sein.

Da das dornbergsche Luxusanwesen in Krindelsdorf noch immer nicht fertiggestellt war, hielten die beiden im Haus der Hirschbergs Hof. Deren vier Wände waren dank eines von den Dornbergs beauftragten Reinigungstrupps auf Hochglanz getrimmt worden. Das edle Geschirr und Besteck hatten Isobel und ihr Mann eigens für diesen Brunch bei Harrods erstanden. Ein Staatsbesuch bei King Charles III. könnte kaum aufwendiger sein, fand Hirschberg, als die Tante seiner Frau mit einem jauchzenden Julian aus dem Esszimmer kam. Die englische Lady hielt die Hand des Kleinen, während dieser einen Schritt nach dem anderen auf seinen Vater zumachte. Hirschberg ging in die Hocke und breitete lachend die Arme aus.

»Großartig machst du das, mein Schatz!«, lobte er seinen Sohn, der im vergangenen Februar seinen ersten Geburtstag gefeiert hatte. »Wenn du so weitermachst, kannst du nächsten Sonntag dem Osterhasen entgegenlaufen!«

»Natürlich!«, rief Dornberg. »Nächste Woche ist ja schon Ostern! Will Julian Onkel Vincent helfen, Eier zu färben und Osterfladen zu backen?«, fragte er an den Kleinen gewandt, und Julian antwortete mit einem Kopfnicken, als hätte er jedes Wort verstanden.

»Wir werden ganz viel Spaß haben, Darling. Und der Osterhase wird dir bestimmt ein paar schöne Geschenke bringen!« Isobel, die in ihrem königsblauen Etuikleid mit dazu passenden Pumps wie üblich einen spektakulären Anblick bot, zwinkerte Julian zu. »Ich kann mich noch gut an die Ostern erinnern, die wir auf unserem Landsitz in Cornwall verbracht haben. Wir haben für Susan und ihre Cousine Mabel Ostereier auf dem ganzen Gelände verteilt. Humphrey hat tatsächlich ein Nest so gut im Park versteckt, dass nicht einmal er selber es anschließend wieder gefunden hat.« Sie kicherte, bevor sie einen prüfenden Blick auf die Uhr warf, und ihre blauen Augen verdüsterten sich schlagartig. »Wird Susan noch lang brauchen, Alex? Monsieur Moulineau müsste jeden Augenblick hier sein. Es ist mir sehr wichtig, dass er Picassos gesamte Familie kennenlernt. Damit er sieht, dass er in stabilen Verhältnissen lebt. Versuch also bitte, den bestmöglichen Eindruck zu machen, und vermeide in jedem Fall Gespräche über Mord und Totschlag. Auf manche Menschen nämlich haben Anekdoten aus der Rechtsmedizin eine abschreckende Wirkung. Und uns ist schon im Vincobel's bei unserem Kennenlerndinner, das Dr. Moser initiiert hat, aufgefallen, was für ein Feingeist Monsieur Moulineau ist.« Die englische Lady blickte zur Tür, als Picasso winselnd hereinkam. Der Mops musste bereits am Verhungern sein.

»Ich werde euch und Picasso schon nicht blamieren«, presste Hirschberg zähneknirschend hervor.

»Natürlich nicht, Alex, aber Monsieur Moulineau ist, wie ich gerade betont habe, ein Feingeist durch und durch, und dein Metier – so ehrenhaft es auch sein mag! – ist doch sehr blutig. Ich möchte ihn nur ungern verschrecken. Er soll außerdem sehen, dass Picasso in einem fröhlichen Umfeld lebt, nach allem, was er durchgemacht hat«, erklärte sie ihm. Picassos ehemaliges Frauchen Antonia von Hohenburg war auf dem Eröffnungsdiner im Vincobel's ermordet worden, woraufhin er von den Dornbergs adoptiert worden war. »Dr. Moser war überdies so freundlich, einen ausführlichen Bericht zu schreiben, damit Monsieur Moulineau sich ein Bild von Picassos geistiger Verfassung und seinen Therapiefortschritten machen kann. Wir wollen in jedem Fall mit offenen Karten spielen.«

»Mach dir keine Sorgen, Liebes.« Dornberg schenkte ihr ein zuversichtliches Lächeln. »Immerhin hat Picasso einwandfreie Papiere, und seine Eltern haben diverse Preise auf Hundeshows gewonnen.« Er ging rasch in die Hocke, um Picasso den Kopf zu tätscheln. »Und ich bin mir sicher, dass ihr Sohn morgen in ihre Fußstapfen treten wird!« Landrat Seitlbach hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt, die internationale Hundeshow in den Ort zu holen, nachdem es in München Probleme mit dem eigentlichen Standort gegeben hatte. Am morgigen Samstag nun stand das Schaulaufen der Möpse auf dem Programm. Isobel war es gelungen, Picasso in letzter Sekunde anzumelden, und selbst einen Hundetrainer hatte sie aufgetrieben, der den Vierbeiner fit für seinen Auftritt machen sollte. Mittlerweile war Picasso außerdem zur Sicherheit gründlich entwurmt und in Eve's Dog Spa frisch frisiert worden. »Du wirst die Preisrichter aus den Socken hauen, mein Junge!«, feuerte Dornberg ihn an.

»Glaubt ihr wirklich, dass er schon so weit ist?«, wandte Hirschberg vorsichtig ein. Der Hund war noch immer sehr störrisch, und sein Trainer hatte die kurze Vorbereitungszeit bemängelt. Insgeheim rechnete Hirschberg mit Dramen, falls Picasso zu wenig Ehrgeiz an den Tag legen sollte. »Ich meine, immerhin hat er, wie du selber sagst, sehr viel mitgemacht in letzter Zeit, und ...«

»Gerade deshalb ist es so wichtig, ihn zu fördern«, fiel Isobel ihm ins Wort. »Was er jetzt braucht, sind aufmunternde Worte und Erfolgserlebnisse! Wenn er seine erste Auszeichnung bekommt, wird das Wunder für seinen Selbstwert bewirken!«

»Ich glaube, mit seinem Selbstwert ist alles in Ordnung.« Susan erschien in der Küche und musste Isobels Worte gehört haben. Auch sie hatte sich, wie ihre Tante es angeordnet hatte, für den Brunch herausgeputzt. Sie trug ein lachsfarbenes Kleid, und ihre blonden Locken waren nach oben gesteckt. Hirschberg konnte die Umrisse ihrer Kontaktlinsen auf der blauen Iris sehen. Wie Isobel war sie sorgfältig geschminkt, doch ein Schatten verdüsterte ihre Züge. Auch sie hätte sich auf einen ruhigen Freitag gefreut, wusste Hirschberg, doch nun mussten sie Monsieur Moulineau, der ein Vermögen mit Modeaccessoires für den gepflegten Herrn angehäuft hatte, und dessen Mopsdame willkommen heißen.

»Du siehst wundervoll aus, Darling«, kam es verzückt über Isobels Lippen. »Das Kleid steht dir ausgezeichnet! Und es ist die perfekte Ergänzung zu Alex' dunkelgrauem Anzug! Ich bin auch erleichtert, dass du dein Haar nach oben gesteckt hast. Ich finde deine Locken zwar entzückend, aber sie wären vermutlich ein wenig zu verspielt für den Anlass. Monsieur Moulineau scheint mir ein doch sehr seriöser Mensch zu sein. In den nächsten paar Stunden müssen wir uns alle von unserer besten Seite zeigen, um die Verbindung zwischen Queen Laurel und Picasso nicht zu gefährden.«

»Es wäre ja auch zu schade, wenn die beiden keinen A-Wurf zeugen würden«, entgegnete Susan mit schnippischem Unterton, und Hirschberg hüstelte.

»Du sagst es, Susan«, stimmte Dornberg ihr zu. Er schien ihren Unmut nicht zu bemerken. »Aber ich bin mir sicher, sobald er und Queen Laurel die entzückenden Hundenäpfe sehen, die wir extra in dieser kleinen Töpferei in der Provence haben anfertigen lassen, werden sie hin und weg sein. Und meine selbst gemachten Petits Fours werden ihn geradewegs in den siebten Himmel katapultieren! Wichtig ist einfach, dass er spürt, wie sehr wir alle Picasso lieben.«

»Du hast ja so recht, Darling«, säuselte Isobel und gab ihm einen Kuss. »Der Champagner ist kalt gestellt?«, vergewisserte sie sich. »Es wäre eine Katastrophe, wenn nicht. Man kann einem Franzosen unmöglich warmen Champagner vorsetzen.«

»Selbstverständlich, Liebes. Es ist alles vorbereitet. Es gibt Croissants, frisch gebackene Brötchen, Gemüsequiche und natürlich mein selbst gemachtes Himbeergelee.« Dornberg drückte ihren Arm.

»Wann soll es eigentlich mit der Mops-Familiengründung losgehen?«, wollte Hirschberg wissen.

»Nun ja, wir haben die Hoffnung, dass es zwischen den beiden heute schon funkt. Dann könnte noch vor Ostern, also während Monsieur Moulineaus Aufenthalt hier ...«, begann Dornberg.

»Moment!« Susan hob die Hand. »Wollt ihr damit sagen, dass die beiden etwa hier ihren Nachwuchs zeugen sollen? Bei uns?«

»Das wäre wünschenswert, ja«, nickte Isobel. »Monsieur Moulineau meint nämlich, dass der Zeitpunkt ideal ist. Natürlich sollten wir den beiden das entsprechende Ambiente schaffen. Auch Hunde müssen sich schließlich wohlfühlen, wenn sie glückliche Welpen in die Welt setzen sollen.«

»Ihr wollt in unserem Haus ein Wohlfühl-Ambiente für ein kopulierendes Mops-Paar schaffen?«, hörte Hirschberg sich fragen, und Julians Mund formte ein großes »O«.

»Ich finde es großartig, dass ihr mit uns an einem Strang ziehen wollt«, interpretierte Dornberg seine Worte. »Wir hatten schon ein wenig Bedenken, ihr könntet euch unwohl dabei fühlen, wenn wir hier in die Zucht gehen.«

»So ganz unbegründet sind eure Bedenken nicht, Vincent. Wir haben immerhin einen kleinen Sohn, der nicht unbedingt ...«, versuchte Susan, einzuwenden, als es an der Tür läutete.

»Ah! Das muss Monsieur Moulineau sein! Liebes, gehst du zur Tür? Ich öffne schon einmal den Champagner.« Dornberg klatschte in die Hände.

»Ich möchte nicht, dass Picasso und Queen Laurel ...«, zischte Susan Hirschberg zu, während ihre Tante zur Tür eilte.

»Meinst du etwa ich?«, wisperte er zurück und stählte sich innerlich für den vor ihm liegenden Brunch.

»Darf ich vorstellen? Das sind Monsieur Moulineau und die hinreißende Queen Laurel.« Isobel erschien in Begleitung eines mittelgroßen schwarzhaarigen Herrn, der optisch Hirschbergs Vorstellung von Agatha Christies Hercule Poirot bis ins kleinste Detail verkörperte. Das Haar des Franzosen war sorgfältig nach hinten gekämmt, und seine Oberlippe zierte ein minutiös gestutztes Bärtchen. Seine dunklen Augen musterten Picasso sogleich eingehend, während er Queen Laurels Kopf streichelte. Der schwarze Anzug mit eisblauem Einstecktuch war zweifellos maßgeschneidert. In den dunklen Lederschuhen konnte man sich spiegeln. An seinem Handgelenk prangte eine Herrenuhr von Cartier in Weißgold, und Queen Laurel befand sich in einer schwarz-blau karierten Hundetragetasche an seinem Arm. Sie blickte nach unten zu Picasso. Kam es Hirschberg nur so vor, oder rümpfte die Hundedame tatsächlich die Schnauze? Er gab sich Mühe, sein zuckendes Zwerchfell in Schach zu halten.

»Enchanté, Madame«, begrüßte Moulineau Susan und beugte sich galant über ihre Hand.

»Es freut mich sehr, Monsieur.« Wie immer wanderte ihre rechte Augenbraue nach oben, wenn sie amüsiert und verwirrt zugleich war.

»Sie haben eine ganz reizende Begleitung, Monsieur Moulineau, und die Hundetasche ist wundervoll.« Isobel strich Queen Laurel über den Kopf.

»Merci beaucoup, Madame.« Er strahlte über das ganze Gesicht. »Moulineau hat die Tasche selbst entworfen und speziell für Queen Laurel anfertigen lassen«, fügte er mit sanftem französischem Akzent hinzu. »Für seine petite Mademoiselle ist ihm das Beste gerade gut genug.«

Hirschberg und Susan wechselten einen Blick. Warum sprach ihr Gast von sich in der dritten Person?

»Gewiss doch. Genauso geht es uns mit Picasso«, versicherte ihm Dornberg lächelnd, doch Hirschberg konnte sehen, dass auch der welterfahrene Geschäftsmann befremdet war. »Dürfen wir Ihnen ein Glas Champagner oder Kir Royal anbieten?«

»Zu einem Kir sagt Moulineau niemals nein«, nahm er mit huldvoller Miene an und öffnete den Reißverschluss von Queen Laurels Tragetasche, um die Mopsdame auf den Boden zu setzen. »Es wird Zeit, dass ma petite Mademoiselle und Picasso sich kennenlernen. Sind sie nicht allerliebst?« Seine Stimme verkam zu einem ekstatischen Quietschen. Hirschberg sah, wie Dornberg kaum merklich zusammenzuckte, als er die Champagnergläser füllte. Die zukünftigen Eltern des A-Wurfes blickten sich argwöhnisch an. »Sie müssen Queen Laurels Zurückhaltung entschuldigen. Sie ist unterzuckert. Um diese Zeit nimmt sie meist einen kleinen Imbiss zu sich.«

»Aber natürlich, Monsieur Moulineau!«, rief Isobel, und Queen Laurel knurrte leise. »Wir haben für die beiden einen romantischen Brunch vorbereitet.«

»Vom Wesen her scheint sie Picasso sehr ähnlich zu sein«, wisperte Susan ironisch in Hirschbergs Ohr, als sie ihm Julian abnahm, um ihm das Lätzchen umzubinden.

»Stell dir nur die Welpen vor«, hauchte er zurück.

»Wir haben vor, Queen Laurel und Picasso heute richtig zu verwöhnen«, lächelte Dornberg.

»Très bien! Sie haben Queen Laurels Speiseplan erhalten?«, vergewisserte sich Moulineau, und Hirschberg wandte sich ab. Unerträglich lange Stunden lagen vor ihnen.

»Aber selbstverständlich, Monsieur Moulineau«, strahlte Isobel. »Auch Picasso legt übrigens großen Wert auf ausgewogene Kost.«

»Das beruhigt Moulineau ungemein«, kam es wohlwollend über seine Lippen. »Die Gesundheit der Welpen sollte nämlich oberste Priorität haben. Aber von Dr. Moser haben Queen Laurel und Moulineau erfahren, dass Picassos Wohlergehen für Sie beide an erster Stelle steht. Der Vorfall mit seinem früheren Frauchen ist grauenvoll! Moulineau ist sehr erleichtert, dass Sie ihn so gut umsorgen.«

»Dass er sich von der Tragödie gut erholt, stand für uns sofort an erster Stelle. Und wir können Ihnen versichern, dass seine PTBS mittlerweile der Vergangenheit angehört«, versicherte ihm Dornberg. »Seine emotionale Stabilität ist für uns von genauso großer Tragweite wie seine körperliche Fitness. Sie wissen doch, wie es so schön heißt: ›Ein gesunder Geist wohnt in einem gesunden Körper.‛«

»Das ist wohl wahr. Sie ...« Moulineau verstummte, als es erneut an der Tür klingelte.

»Erwartet ihr jemanden?« Isobel bedachte Susan und Hirschberg mit einem ungehaltenen Blick. Picasso sollte störungsfrei um Queen Laurel werben können.

»Keineswegs.« Ihre Nichte schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung, wer das sein könnte.«

»Ich schwöre bei Gott, wenn das der Pfarrer ist, dann zwinge ich ihn, mit eurem Moulineau zu brunchen«, murmelte Hirschberg entnervt, als er mit Isobel zur Tür ging. »Dann weiß er, wie sich eine göttliche Strafe wirklich anfühlt.«

»Nimm dich gefälligst die paar Stunden zusammen, Alex!«, wies Isobel ihn zurecht, als er die Tür öffnete. »Dein Sozialverhalten lässt wirklich zu wünschen übrig! Er mag ja ein wenig exzentrisch sein, aber welcher erfolgreiche Geschäftsmann ist das – von Vincent einmal abgesehen – denn nicht?«

»Vincent ist also nicht exzentrisch?«, hakte er amüsiert nach.

»Ich bitte dich, Alex! Wir tun alles, damit euer Leben reibungslos funktioniert, und verlangen nichts im Gegenzug!«, zischte die englische Lady. »Wir erwarten nur, dass du und Susan euch jetzt ein paar Stunden wie mündige Erwachsene benehmt!«

»Wir benehmen uns grundsätzlich wie mündige Erwachsene!«, brach es ungeduldig aus ihm heraus, als er die Tür öffnete. »Aber ich werde in meinem eigenen Haus doch noch sagen dürfen, dass ...«

»Gott sei Dank, Sie sind hier, Herr Hauptkommissar!« Landrat Seitlbach fiel ihm aufgeregt ins Wort. Er schien ganz außer sich. »Es ist etwas Furchtbares passiert! Ich weiß gar nicht, wie ...«

»Günther, was ist denn los?« Isobel ergriff sogleich seinen Arm. »Ist etwas mit Nicole? Geht es ihr gut?«

»Ja, sie ist in Ordnung und wie üblich der Fels in der Brandung«, erwiderte er händeringend. »Aber es ist schon wieder ...« Er brach ab und schien unfähig, fortzufahren. Seine Hände zitterten.

»Herr Seitlbach, beruhigen Sie sich bitte«, forderte Hirschberg ihn auf. »Was genau ist vorgefallen?«

»Eine der Teilnehmerinnen, eine gewisse Jolanda Hausmann, ist mit ihrer Pudeldame nicht erschienen«, nahm der Landrat schließlich den Faden auf, nachdem er tief Luft geholt hatte, um sich zu sammeln. »Ein Preisrichter ist gut bekannt mit ihr und hat behauptet, dass sie immer überpünktlich sei. Deshalb haben wir uns Sorgen gemacht und versucht, sie zu erreichen. Zumal sie eine gute Kundin von Nicole ist. Die beiden sind sehr vertraut«, fügte er hinzu. »Nicole ist dann nach draußen auf den Parkplatz gegangen, um sie nochmal in Ruhe anzurufen. Da hat sie gesehen, dass Frau Hausmanns BMW in der hintersten Reihe geparkt war. Vermutlich wollte sie ihren Wagen im Schatten der Bäume parken«, nahm Seitlbach stirnrunzelnd an. Der Volksfestplatz war direkt an der Krinn gelegen, und der Uferabschnitt war dicht mit Bäumen, Büschen und Sträuchern bepflanzt. »Nicole wollte nachsehen, ob Frau Hausmann womöglich noch eine Zigarette raucht, und als sie näher kam, hat sie Yvette auf dem Rücksitz bellen gehört. Ihr ist ziemlich mulmig geworden, und sie ist in Richtung Fluss gegangen, um nachzusehen, ob ... Da hat sie Frau Hausmann dann gefunden. Die Ärmste liegt am Ufer. Mit einem Pfeil in der Brust! Nicole hat natürlich nichts angerührt und ist sofort zu mir gekommen.« Er schluckte.

»Sie ist mit Pfeil und Bogen getötet worden?« Isobel klang entsetzt.

»Es sieht ganz danach aus.« Seitlbach wandte sich an Hirschberg. »Herr Hauptkommissar, Ihnen ist doch klar, dass angesichts des internationalen Charakters der Hundeshow und der hochkarätigen Teilnehmer nur Sie und Ihre Kollegin in diesem Fall ermitteln können? Ich habe auf dem Weg hierher deshalb bereits mit Herrn Krämer gesprochen, und er hat mir Ihre volle Unterstützung zugesagt.«

»Natürlich, Herr Landrat.« Hirschberg ergab sich wieder einmal in sein Schicksal. Er fragte sich, wie viele Moulineaus, die darauf warteten, befragt zu werden, sich auf der Hundeshow tummeln würden. »Ich mache mich sofort auf den Weg und verständige die Spurensicherung und die Rechtsmedizin. Ich hoffe, es hat sich außer Frau Reinhardt niemand dem Tatort genähert?«

»Die Security hat den Fundort der Leiche abgeriegelt«, ließ Seitlbach ihn wissen. »Nicole hat sich sofort darum gekümmert. Uns allen ist sehr daran gelegen, dass die grauenvolle Angelegenheit möglichst diskret behandelt wird. Ich möchte keinesfalls pietätlos erscheinen, aber die Show muss unbedingt weitergehen. Einige der Teilnehmer sind sogar aus Australien und Neuseeland angereist. Zudem sind einige Mitglieder des europäischen Hochadels mit ihren Hunden hier! Das Ganze ist ein PR-Albtraum.«

»Du musst jetzt in jedem Fall einen kühlen Kopf bewahren, Günther. Das ist das A und O des Krisenmanagements.« Isobel ergriff beschwichtigend seine Hand. »Du hast mit Nicole eine wunderbare Frau an deiner Seite, die ganz bestimmt alles im Griff hat. Denk daran, wie phänomenal sie sich bei der Brauereiführung geschlagen hat, als die Leiche dieses Dimpflbergers gefunden worden ist«, erinnerte sie ihn an den tragischen Mord.

»Du hast ganz recht, Isobel. Aber ich hatte wirklich die Hoffnung, dass dieses eine Mal alles gut gehen würde«, seufzte Seitlbach.

»Guten Tag, Herr Seitlbach. Sagen Sie mir bitte nicht, dass schon wieder ein Mord geschehen ist.« Susan kam mit Julian auf dem Arm aus der Küche.

»Leider doch. Und ausgerechnet auf der Hundeshow. Ich muss mich umgehend auf den Weg machen.« Hirschberg kam auf sie zu und gab ihr einen Kuss. »Ich bin zurück, so schnell ich kann«, versprach er.

»So etwas nennt man Fahnenflucht«, unterstellte sie ihm mit einem theatralischen Seufzen, doch ein Schatten huschte über ihr Gesicht. »Pass bitte auf dich auf!«, mahnte sie ihn.

»Das mache ich doch immer«, lächelte Hirschberg, als er sein Smartphone zückte, um auf dem Weg zu seinem Wagen seine Kollegin Hansen zu informieren. Krindelsdorf würde wieder einmal blutige Schlagzeilen machen.

***

Hirschberg steuerte seinen Wagen hinter Seitlbachs auf den Parkplatz vor dem festlich dekorierten Fertigbau, in dem die internationale Hundeshow VIP Dogs stattfand. Für das Treffen der Vierbeiner und ihrer Besitzer hatte man keine Kosten und Mühen gescheut, wie Hirschbergs Freund, der Architekt Lars Baumann, ihnen berichtet hatte. Der Landrat und seine Lebensgefährtin hatten sich bei wohlhabenden privaten Investoren erfolgreich für die Hundeshow stark gemacht, und das Veranstaltungsgebäude ließ keine Wünsche offen. In Kürze aber würde das Gebäude dem Krindelsdorfer Frühlingsfest wieder weichen müssen. Der Hauptkommissar erspähte Nicole Reinhardt zusammen mit dem Bürgermeister Kilian Forstmann am Eingang des Gebäudes. Die beiden schienen bemüht, einige der Teilnehmer zu beruhigen, wandten sich jedoch um, als sie Motorengeräusch hörten.

»Es ist gut, dass Sie so schnell gekommen sind, Herr Hauptkommissar.« Die erfolgreiche Dessousdesignerin klang erleichtert, als sie ihn begrüßte. Sie trug ein goldschimmerndes Kostüm, und ihre schwarzen Locken glänzten. Die Absätze ihrer goldenen Pumps waren halsbrecherisch hoch, doch Hirschberg wusste, dass sie zu den wenigen gehörte, die selbst eine Bergtour mit diesem Schuhwerk erfolgreich unternehmen könnten.

»Auch ich habe zu danken, Herr Hauptkommissar.« Forstmann drückte seine Hand. Der Krindelsdorfer Bürgermeister war fast so groß wie Hirschberg selbst und von stämmiger Statur. Er trug eine dunkelbraune Lederhose mit einem schwarz-weiß karierten Hemd und dazu passende Trachtenschuhe. Sein brauner Vollbart war sorgfältig gestutzt. Trotz des Leichenfunds wirkte er besonnen.

»Nichts zu danken«, versicherte ihnen Hirschberg. »Das ist schließlich mein Beruf.«

»Das mag sein, aber wir sehen Ihren Einsatz keineswegs als selbstverständlich an, Herr Hauptkommissar. Ihr Engagement für den Ort und seine Einwohner ist Gold wert.« Seitlbach hatte zu seinem jovialen Selbst zurückgefunden und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. »Krindelsdorf und überhaupt der gesamte Landkreis können sich glücklich schätzen, Sie zu haben. Und ich bin mir sicher, dass Sie und Ihre Kollegin den Fall im Nu gelöst haben werden.« Er wandte sich an Forstmann. »Ich schlage vor, dass Kilian und ich uns jetzt um die Teilnehmer und den reibungslosen Ablauf der Show kümmern. Du führst den Herrn Hauptkommissar am besten zu der armen Frau Hausmann, Nicole.«

Seine Lebensgefährtin nickte und bedeutete Hirschberg, ihr zu folgen.

»Sie waren auch diejenige, die die Leiche entdeckt hat, wie ich höre?«, vergewisserte sich Hirschberg bei Reinhardt, als sie auf einige düster dreinblickende Sicherheitsleute am Krinnufer zugingen. Hirschberg begrüßte diese mit einem Kopfnicken. Sein Blick fiel sogleich auf Hausmanns Handtasche, die neben der Toten auf dem Boden lag. Er zog sein Smartphone hervor, um einige Fotos zu machen, bevor er sich Latexhandschuhe überstreifte, um die Tasche und deren Inhalt genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Portemonnaie der Ermordeten beinhaltete eine stattliche Summe Bargeld und mehrere Kreditkarten. Wer auch immer sie getötet hatte, schien entweder nicht an ihrem Geld interessiert gewesen oder gestört worden zu sein, bevor er sich Tasche und Geldbeutel hatte aneignen können. Oder der Täter war erst gar nicht darauf aus gewesen, sein Opfer auszurauben, überlegte Hirschberg, während er eine größere, zusammengefaltete Beweismitteltüte aus seiner Jackentasche zog, um die Tasche samt Inhalt darin zu verstauen. Ein Mord aus persönlichen Motiven war zu einem so frühen Zeitpunkt nicht auszuschließen.

»Das stimmt, ich habe sie gefunden. Jolanda war spät dran, was überhaupt nicht ihre Art ist, kann ich Ihnen versichern«, erklärte ihm Reinhardt. »Als ich dann ihren Wagen gesehen und Yvette bellen gehört habe, bin ich misstrauisch geworden. Der Wagen war nicht abgeschlossen, daher nahm ich an, dass sie nicht weit entfernt sein konnte. Außerdem hätte sie ihren Pudel niemals lang unbeaufsichtigt gelassen.«

»Sie nennen Frau Hausmann beim Vornamen. Waren Sie mit ihr befreundet, oder kannten Sie sie näher?«, erkundigte sich Hirschberg mitfühlend.

»Nun ja, sie war eine meiner besten Kundinnen. Jolanda hat fast jeden Monat bei mir Dessous für sich gekauft, denn der Selbstwert fange schon bei dem an, was man darunter trägt, hat sie mir einmal gesagt.« Ein trauriges Lächeln huschte über Reinhardts Gesicht. »Das sehen übrigens viele Frauen so. Jolanda hat erst vor Kurzem für die Scheidungsparty einer Freundin in Mailand sogar einige Stücke speziell in Auftrag gegeben. In solchen Fällen hatte sie immer ganz konkrete Vorstellungen. Gut betuchte Kundinnen wie sie hält man bei Laune, Herr Hauptkommissar. Da trifft man sich schon mal auf einen Champagner-Brunch in Cannes, bespricht zunächst das Geschäftliche und bietet sich anschließend das Du an.«

»Frau Hausmann war also gut betucht?«, hielt Hirschberg fest und dachte an den Inhalt ihres Portemonnaies.

»Das kann man wohl sagen«, bestätigte Reinhardt. »Jolanda war eine weltweit tätige Immobilienmaklerin. Sie hat es geschafft, sich an die Spitze zu kämpfen, und dabei war sie ganz gewiss nicht allzu zimperlich. Sie ist im Besitz einer Green Card, und allein in den USA hat sie ein Vermögen mit der Vermittlung von Luxusanwesen verdient. Aber auch in Europa ist sie sehr erfolgreich, und gerade hier in München beherrscht sie den Markt regelrecht. Obwohl sie sich schon vor langer Zeit von ihrer bayerischen Heimat abgewandt hat«, fügte sie stirnrunzelnd hinzu. »Sie hat mir gegenüber des Öfteren bedauert, dass Isobel und Vincent damals nicht sie beauftragt haben, eine Wohnung für sie zu finden, denn sie hätte ganz sicher das perfekte Zuhause für sie aufgespürt. Allerdings war sie zu dieser Zeit für einen amerikanischen Multimillionär auf der Suche nach einem Feriendomizil auf Capri. Dessen Frau hatte italienische Wurzeln«, ließ Reinhardt ihn zur Erklärung wissen und blickte nach unten auf Hausmanns reglosen Körper. Ein Seufzen entwich ihrer Kehle. »Ich kann das einfach nicht fassen.«

»Ich kann mir gut vorstellen, dass es ein Schock für Sie gewesen sein muss, Frau Hausmann so zu finden, Frau Reinhardt«, gestand Hirschberg ihr mitfühlend zu. Auch er ließ seinen Blick über das Opfer schweifen. Jolanda Hausmann trug ein knielanges bordeauxrotes Kleid und Pumps im gleichen Farbton. In der beigen Strumpfhose entdeckte er eine kleine, kaum sichtbare Laufmasche. In ihrem nackenlangen brünetten Haar hatten sich Blätter und Erdkrümel verfangen, und ihre grünen Augen starrten ins Leere. Wie er nach Seitlbachs Beschreibung erwartet hatte, lag sie auf dem Rücken. Ein Pfeil steckte in ihrer Brust. Ihre weiße Bluse war blutgetränkt. Der Schütze musste sie genau ins Herz getroffen haben, stellte Hirschberg fest, als er neben ihr in die Hocke ging. Das Zwitschern von Vögeln drang an sein Ohr, was angesichts der blutigen Szene, die sich ihm bot, eine nahezu groteske Atmosphäre schaffte. Vom Treiben auf der Hundeshow hingegen war so gut wie nichts zu hören. Auch bestand dank der dichten Bepflanzung kein Sichtkontakt zum Gebäude oder auch nur auf den Parkplatz. Der Abschnitt des Krinnufers war kaum einzusehen. Der Täter musste leichtes Spiel gehabt haben, schätzte der Hauptkommissar düster. Seine Hoffnung auf etwaige Zeugen löste sich in Luft auf.

»Das sieht mir nicht nach einem Jagdunfall aus, wenn ich das bemerken darf.« Dr. Meißner kam, gefolgt von Kommissarin Hansen und Mitarbeitern der Spurensicherung, auf ihn zu. Der Rechtsmediziner ließ den Fotografen zunächst seine Arbeit machen, bevor er ebenfalls neben der reglosen Gestalt in die Knie ging.

»Gott sei Dank sind Sie alle so schnell gekommen«, begrüßte Hirschberg die Kollegen. »Je schneller wir die Leiche von hier wegbringen und den Tatort sichern, desto besser.« Er wollte das Medienspektakel so lange wie möglich hinauszögern.

»Ich bin gleich nach Ihrem Anruf ins Auto gesprungen, Chef. Die Schwester meiner Schwiegermutter hat sich übers Wochenende bei uns einquartiert, weil sie auf eine Beerdigung in München gehen muss«, ließ Hansen ihn grinsend wissen. »Sie treibt uns jetzt schon in den Wahnsinn. Ich kann also gut damit leben, wenn ich die Tage arbeiten muss.«

»Wenn ich doch nur nachvollziehen könnte, wovon Sie sprechen, Frau Kollegin. Falls es Sie tröstet: Bei mir zu Hause wird derzeit Picasso in eine arrangierte Ehe gedrängt«, erwiderte Hirschberg ironisch und dachte an den Champagner-Spießrutenlauf, den seine Frau in diesem Moment überstehen musste. Er konnte Reinhardts Mundwinkel trotz des grausigen Fundes kaum merklich zucken sehen. Vermutlich hatte sie bereits Moulineaus Bekanntschaft gemacht.

»Der Mörder hat genau gewusst, was er tut«, meldete sich Dr. Meißner zu Wort und richtete sich nach seiner Untersuchung wieder auf. »Er hat die Ärmste direkt ins Herz getroffen. Sieht mir nach Vorsatz und vor allem nach Zielsicherheit aus«, urteilte er mit düsterem Gesichtsausdruck.

»Großer Gott!«, entfuhr es Reinhardt. »Es besteht für Sie also kein Zweifel, dass ...«

»Es jemand darauf angelegt hat, sie zu töten«, vollendete Dr. Meißner ihren Satz. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ein Zufallsopfer oder das hier ein Jagdunfall war. Was sollte hier auch schon gejagt werden? Wenn überhaupt wird hier geangelt, könnte ich mir vorstellen.« Er blickte sich schulterzuckend um. »Vermutlich hat man sie irgendwie hierher an diese von außen schwer einsehbare Stelle gelockt.«

»Und genau aus diesem Grund müssen wir leider davon ausgehen, dass niemand etwas mitbekommen hat«, seufzte Hirschberg. »Der Täter hat sein Vorgehen offenbar akribisch durchdacht. Und er muss außerdem über entsprechende Ortskenntnisse verfügen. Wissen Sie, ob Frau Hausmann Verbindungen zu Krindelsdorf hatte, Frau Reinhardt? Hat sie vielleicht Freunde oder Bekannte hier?« Natürlich bestand die Möglichkeit, dass der Täter den Ort des Verbrechens zuvor ausgekundschaftet hatte, aber dennoch lag es für Hirschberg nahe, dass es sich um einen Ortsansässigen handelte.

»Nicht, dass ich wüsste. Ich kann es mir auch ehrlich gesagt nicht vorstellen.« Die Dessousdesignerin zuckte die Schultern. »Sie halte nicht viel vom Landleben, denn sie sei ein Kind der Großstadt, hat sie mir gegenüber einige Male betont. Es hat Günther und mich sogar große Überredungskunst gekostet, dass sie trotz des Standortwechsels mit Yvette an der Hundeshow hier teilnimmt und keinen Rückzieher macht. Eigentlich hat sie daraufhin nämlich die Show in New York abwarten wollen, weil ihr ländliche Gefilde ein Gräuel sind. Unser Glück war, dass Yvette noch Auszeichnungen gewinnen muss, da sie sich als Pudelzüchterin etablieren wollte. Einer ihrer Freunde in Mailand, Conte Valdini, hat einen preisgekrönten Rüden, doch der Graf bevorzugt Hündinnen mit mindestens fünf Preisen. Einer fehlte ihr noch«, ließ Reinhardt sie mit nach oben gezogenen Augenbrauen wissen. »Zudem war sie meines Wissens nach mit Johann Gold, dem Besitzer von Carlos und Ricardo, im Gespräch. Auch die beiden Rüden kämen für eine Zucht in Betracht. Aber auch Frau Schwarzensee möchte sie für ihre Pudeldamen, weil die zwei Rüden schon sehr viele Auszeichnungen bekommen haben. Ich könnte mir vorstellen, dass es da noch zu Reibereien zwischen ihr und Jolanda gekommen wäre.«

»Das hätte durchaus passieren können. Manche Hundezüchter sind richtige Snobs.« Hansen nickte wissend. »Eine meiner ehemaligen Schulfreundinnen züchtet Riesenschnauzer. Daher kenne ich mich etwas mit dem Prozedere aus«, fügte sie erklärend hinzu.

»Von Isobel und Vincent weiß ich, dass es nicht ganz einfach ist, als Züchter Fuß zu fassen«, stimmte Hirschberg ihr zu. »Deshalb müssen sie Monsieur Moulineau möglichst viel Honig um den Bart schmieren.« Er rollte mit den Augen.

»Der Gute ist nicht ganz einfach«, bemerkte Reinhardt mit einem schiefen Grinsen. »Picasso hat aber gute Chancen auf einen Preis«, schätzte sie. »Und was ich von Monsieur Moulineau gehört habe, sind ihm trotz aller Exzentrik nur die einwandfreien Papiere eines Rüden wichtig. Hauptsache der zukünftige Welpenpapa kommt mit Queen Laurel gut aus.« Sie zwinkerte Hirschberg zu.

»Sie haben also bereits Monsieurs Bekanntschaft gemacht, darf ich aus Ihrer Bemerkung schließen?«, erkundigte sich Hirschberg.

»Oh ja.« Sie nickte nachdrücklich. »Und ich bin ja einiges gewöhnt, aber dass er ständig von sich in der dritten Person spricht ...« Sie ließ den Satz unvollendet.

»Das werden ein paar lange Tage«, fürchtete der Hauptkommissar.

»Frau Reinhardt, wissen Sie denn, ob Frau Hausmann Feinde hatte?«, brachte Hansen das Gespräch wieder auf ihr neues Opfer, und sie zückte ihren Notizblock.

»Sehen und hören Sie sich einfach auf der Hundeshow um, Frau Kommissarin.« Die Lebensgefährtin des Landrats nickte in Richtung Volksfestwiese. »Das Gebäude ist im Grunde ein einziges Haifischbecken. Nicht einmal in der Geschäftswelt herrscht ein derartig boshafter Neid. Die Teilnehmer gönnen sich gegenseitig den Dreck unter den Wolfskrallen ihrer Lieblinge nicht, wenn Sie verstehen. Hinzu kommt, dass Yvette als Favoritin gehandelt wird. Sie hat sogar eigene Accounts in sozialen Netzwerken und Fans überall auf der Welt. Ich bin mir sicher, dass sie ihre Konkurrenz im Nu ausgestochen hätte. Vor allem Hugo von Plotzheim und Cordula Schwarzensee waren nicht besonders gut auf Jolanda zu sprechen. Ihre Pudeldamen haben auf den letzten Shows regelmäßig gegen ihren Liebling verloren. Jetzt aber wird Yvette nicht mehr vor den Preisrichtern laufen«, schloss sie vielsagend.

»Verstehe«, erwiderte Hansen, während sie die Namen notierte.

»Hugo von Plotzheim ist hier?«, brach es aus Hirschberg heraus.

»Allerdings. Sie kennen ihn?« Reinhardt musterte ihn interessiert.

»Seine verstorbene Frau war mit einer Cousine meiner Mutter befreundet. Auf der Beerdigung meines Großvaters sind wir uns vor einigen Jahren wieder begegnet«, berichtete er. »Herr von Plotzheim hielt mir vor, dass ich bei einem unserer Treffen nicht ›gut drauf‛, sogar unfreundlich gewesen sei. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wovon er sprach, denn unser letztes Zusammentreffen lag mindestens zwanzig Jahre zurück.« Er dachte an den überheblich-miesepetrigen Aristokraten. »Mein Großonkel Xaver hat ihn daraufhin als einen degenerierten Möchtegern-Baron nicht mit einem Stock, sondern einem Marterpfahl in seinem Allerwertesten bezeichnet.«

»Jetzt wird mir schlagartig klar, warum Vincent noch über dessen Tod hinaus so große Stücke auf Ihren Großonkel hält.« Reinhardt lachte auf. »Besser könnte ich diesen Menschen auch nicht charakterisieren. Er ist wirklich ein unangenehmer Zeitgenosse.«

»Es wird das Beste sein, wenn Sie Herrn von Plotzheim befragen, Frau Kollegin«, bat Hirschberg die Kommissarin. »Ich übernehme Frau Schwarzensee.«

»Frau Kommissarin, Herr Hauptkommissar.« Dr. Meißner war neben Hausmann wieder in die Hocke gegangen, nachdem der Polizeifotograf noch ein paar letzte Aufnahmen gemacht hatte. »Das könnte Sie beide interessieren.« Hirschberg sah, dass er ein Stück Papier in einer Pinzette hielt.

»Was ist das?« Hansen kam näher.

»Das steckte in ihrem Mund«, ließ der Rechtsmediziner sie wissen.

Hirschberg beugte sich nach unten und runzelte die Stirn. »Biest?«, las er vor. Die Theorie, dass die Tat persönlich motiviert sein könnte, verfestigte sich.

»Das sieht mir ganz danach aus, als hätte sie jemandem übel mitgespielt, und dieser wollte nun an ihr Rache nehmen«, äußerte Hansen seine Vermutung.

»Stimmt etwas nicht?«, rief Reinhardt, ohne sich zu nähern.

»Wissen Sie, ob Frau Hausmann bei irgendjemandem ganz besonders unbeliebt war?«, antwortete Hirschberg mit einer Gegenfrage.

»Das kann ich Ihnen nicht sagen.« Sie zuckte bedauernd die Schultern. »Ich habe lediglich läuten hören, dass sie seit einiger Zeit einen heftigen Erbschaftsstreit mit ihrer Schwester hat. Angeblich wirft ihre Schwester ihr vor, ihre Eltern im Stich gelassen oder sich zumindest nicht genügend um sie gekümmert zu haben.«

»Wir sollten alles über ihre Schwester und ihr Familienleben herausfinden«, hielt Hirschberg an Hansen gewandt fest. »Und wir müssen schnellstens mit ihrer Schwester sprechen. Frau Reinhardt, können Sie uns sagen, wie Frau Hausmanns Schwester heißt?«

»Cosima Hausmann-Wolter«, nickte die Dessousdesignerin. »Sie ist geschieden und wohnt in Grünwald. Nur ein paar Häuser von meiner Villa entfernt.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich verstehe beileibe nicht, warum sich die beiden wegen des mickrigen Erbes so in die Haare bekommen haben. Keine von ihnen ist in finanziellen Schwierigkeiten. Cosimas Ex-Mann ist ein millionenschwerer Unternehmer, und ihre Scheidung war gewinnbringend für sie. Sie selber hat ausgesorgt und muss keinen Finger mehr rühren.«

»Wenn genügend Missgunst und böses Blut da ist, kann Geschwisterrivalität durchaus ausarten«, meinte Dr. Meißner trocken und richtete sich auf. Er wandte sich an Hirschberg. »Ich würde schätzen, dass sie seit zwei bis vier Stunden tot ist. Sollte die Spurensicherung keine weiteren Pfeile, also Blindgänger, wenn Sie so wollen, finden, gehe ich davon aus, dass ein äußerst erfahrener Bogenschütze sie auf dem Gewissen hat, und dass er bereits beim ersten Mal ins Schwarze getroffen hat. Alles Weitere kann ich aber erst nach der Obduktion sagen. Ich würde meine Patientin dann jetzt in die Gerichtsmedizin bringen lassen.«

»Machen Sie das, Dr. Meißner.« Hirschberg klopfte ihm rasch auf die Schulter, bevor er Doris Michels, eine Mitarbeiterin der Spurensicherung, zu sich winkte. »Haben Sie etwas gefunden?«

»Bisher nichts, was explizit auf den Täter hindeuten würde«, enttäuschte ihn der stets gut gelaunte Rotschopf. »Es liegen hier haufenweise Zigarettenstummel herum, aber die könnten auch von jedem x-beliebigen Krindelsdorfer sein. Schokoriegelpapier und andere Abfälle, leere Bier- und Sektflaschen, und wir haben sogar ein paar Kondome gefunden«, zählte sie auf. »Ich nehme an, dass die Dorfjugend sich hier gern zurückzieht. Und nein, wir haben auch keine weiteren Pfeile gefunden. Der Täter wusste entweder, wie er zielen muss, oder er hat etwaige Irrläufer wieder mitgenommen. Wir haben auch sehr viele Sohlenabdrücke gesehen, aber auch die könnten von jedem stammen. Das ist das Problem mit Tatorten unter freiem Himmel.«

»Ich habe mir auch nicht allzu viele Hoffnungen gemacht«, seufzte Hirschberg. »Falls Sie doch noch über etwas Aufschlussreiches stolpern, geben Sie mir bitte umgehend Bescheid.« Er wandte sich an seine Kollegin. »Es wäre wohl das Beste, wenn Sie, Frau Hansen, jetzt erst einmal mit Herrn von Plotzheim sprechen, und ich Frau Schwarzensee befrage.«

»Schade, dass Yvette nicht sprechen kann«, bedauerte Hansen auf dem Weg zur Hundeshow. »Vielleicht hat sie etwas gesehen.«

»Gut möglich«, stimmte Hirschberg ihr zu. »Frau Reinhardt, gibt es jemanden, der sich um den Pudel kümmern könnte?«, wollte er wissen.

»Ehrlich gesagt, nein. Soweit mir bekannt ist, hasst ihre Schwester Hunde regelrecht, und sonst fällt mir auf die Schnelle niemand ein.« Sie nahm Yvettes Leine von einem der Security-Mitarbeiter entgegen. »Günther und ich werden uns etwas überlegen«, bestimmte sie. »Ich habe einige Kundinnen, die ebenfalls Hunde haben. Falls alle Stricke reißen, kommt Yvette vielleicht bei einer von ihnen unter. Bis dahin kann sie erst einmal bei uns bleiben.«

»Gut«, nickte Hirschberg. »Solange nur Isobel und Vincent sie nicht auch noch adoptieren«, murmelte er vor sich hin, und Hansen begann, zu kichern.

2.

Nachdem er sich von seiner Kollegin getrennt hatte, mischte sich Hirschberg unter die Teilnehmer der Hundeshow und hielt Ausschau nach Cordula Schwarzensee. Laut Reinhardts Beschreibung trug Hausmanns Konkurrentin ein weißes Chanel-Kostüm und ebenfalls weiße Pumps mit schwarzer Spitze. Ihr brünettes Haar sei nach oben gesteckt. Ihre graublauen Augen hätten die Gabe, ihre Rivalen zu erdolchen, hatte die Lebensgefährtin des Landrats trocken hinzugefügt. Zudem befände sie sich in Begleitung von zwei schwarzen Pudeldamen. Es dauerte nicht lang, bis Hirschberg Schwarzensee an einem Hundefriseur-Stand erblickte. Offenbar sollten ihre Lieblinge vor dem Schaulaufen noch gestylt werden. Der Hundefriseur blickte auf, als er sich dem Stand näherte, und richtete seine dunklen Augen auf ihn. Sein sorgfältig nach hinten gekämmtes schwarzes Haar und sein olivfarbener Teint ließen Hirschberg auf seine südländische Herkunft schließen. Schwarzensee stand mit dem Rücken zu ihm und gab einer ihrer Pudeldamen die Anweisung »Sitz!«.

»Frau Schwarzensee?«

Sie wandte sich um, und ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, während sie ihn von oben bis unten musterte.

»Wer möchte das wissen?«, erkundigte sie sich in ungeduldigem Tonfall.

»Verzeihen Sie, Frau Schwarzensee. Ich bin Hauptkommissar Hirschberg und muss Ihnen dringend ein paar Fragen stellen.« Er zückte seinen Dienstausweis.

»Sofern Ihre Neugier Cleopatra und Jeanne d'Arc nicht verstört«, kam es warnend über ihre Lippen. Glaubte sie etwa, er habe vor, die Pudeldamen anzuschreien und ins Kreuzverhör zu nehmen?, fragte er sich. »Heute ist ein wichtiger Tag für meine Mädchen. Daher möchte ich jede unnötige Aufregung vermeiden.«

»Meine Arbeit und die eventuell daraus resultierende Aufregung ist niemals unnötig«, erwiderte er trocken, und der Hundestylist begann, zu hüsteln. »Und zum einen habe ich nicht direkt Fragen an Ihre Pudel, sondern mehr an Sie.«

»Ich nehme Sie beim Wort, Herr Hauptkommissar. Aber nun sagen Sie endlich, worum es geht«, forderte sie Hirschberg unwirsch auf und ignorierte seine spitze Bemerkung. »Meine Mädchen und ich müssen uns an einen straffen Zeitplan halten. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.«

»Es geht um Jolanda Hausmann.« Er zückte seinen Notizblock. »Wie ich höre, waren Sie Konkurrentinnen.«

»Sehen Sie!«, rief Schwarzensee anklagend. »Genau das meine ich! Allein der Name dieser Frau lässt meinen Blutdruck in die Höhe schnellen! Und wenn ich mich aufrege, wirkt sich das grundsätzlich negativ auf die Gemütsverfassung meiner Pudel aus«, behauptete sie und fächelte sich mit ihren Händen theatralisch Luft zu. »Sie haben monatelang für diesen Tag trainiert, und ich werde nicht zulassen, dass irgendetwas sie aus der Balance bringt. In einer halben Stunde haben die beiden außerdem noch eine Yoga-Sitzung. Sie sollen möglichst ausgeglichen vor die Jury treten. Aber nachdem Sie jetzt ...«

»Yoga?«, unterbrach Hirschberg sie. »Für Hunde?«