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Während eines Schulausflugs finden Katherine, Trevor und Chryseis, Schüler der 'Pemberton Akademie', ein Zeitportal und gehen auf die Reise ihres Lebens. 12 000 Jahre in der Vergangenheit war doch alles ganz anders, oder? Sie wollen ein einmaliges Projekt der Quantenphysik abliefern und stürzen sich spontan in eine uralte, faszinierende Welt. Statt Höhlenmenschen oder einem rauchenden Vulkan, entdecken sie jedoch die vorgeschichtliche Stadt Sydonia und eine vergessene Zivilisation. Dort treffen sie einen anderen Zeitreisenden und erfahren, dass sie in der Zukunft positives bewirken könnten. Doch sollen sie die Vergangenheit wirklich erforschen und wer sind überhaupt diese 'Kinder des Mondes'? Als es nach einem Zwischenfall gefährlich wird, fragen sie sich, ob die Zeitreise nicht doch ein grosser Fehler war.
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Seitenzahl: 313
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‘Kinder des Mondes’ hat Tempo und ist mal was aufregend Neues. Durch die Zeit in eine vergessene Welt reisen …ein fantastisches Werk….
Kevin Ritchie,Redakteur, ‘Independent Newspapers’
Ich fand die kreative Technologie und die brillanten Früchte und Tiere einfach klasse; von der Schlauheit der Höhlenmenschen mal ganz abgesehen…
Christopher Hojem, 15Jahre alt
Es war schwierig, das Buch wegzulegen, weil es immer interessanter wird. Ein Buch für Teenager und auch für Erwachsene. Ich kann’s kaum abwarten, bis das zweite Buch ‘rauskommt…
Nokuthula Vilakazi, 23Jahre alt
Wenn ihr‘Lost World’, gut fandet, dann werdet ihr dieses Buch genauso mögen. Nicht nur ein toller Lesestoff, sondern auch leicht zu verstehen…
Michaela du Plessis, 12Jahre alt
Könnt ihr euch vorstellen auf einmal in der Vergangenheit zu leben? Nicht letztes Jahr oder bei den Römern, sondern vor richtig langer Zeit?
Während eines Schulausflugs finden die cleveren Schüler Katherine, Trevor und Chryséis ein Zeitportal und gehen auf die Reise ihres Lebens. 12 000 Jahre in der Vergangenheit war alles ganz anders, oder? Sie stürzen sich in eine faszinierende Welt voller Abenteuer und entdecken eine vergessene Zivilisation. Dort treffen sie einen anderen Zeitreisenden und erfahren, dass sie in der Zukunft Positives bewirken könnten. Doch wer sind die Kinder des Mondes? Als es gefährlich wird fragen sie sich, ob das Ganze nicht ein großer Fehler war...
Ich möchte meinem Mann Peter und meinen Töchtern Franciska und Svenja dafür danken, dass sie mich geduldig hinter geschlossenen Türen schreiben ließen; Peter und Phyllis Hyde für ihren Enthusiasmus, konstruktive Korrekturen und ihre ständige Unterstützung. Einen besonderen Dank auch an all meine Testleser (in keiner bestimmten Reihenfolge): Christopher Hojem, Kevin Richie, Michaela du Plessis, Andrew Nkadimeng, Nokuthula Vilakazi, Lyndall Kenyon, Susan Cooper, Michelle Edridge, Beverly Birchleigh, Barbara Powalka, Zai Whitaker und Phyllis Hyde. Die Idee mit dem Zeitreisen wurde durch Videos von Interviews mit Prof. Thomas Bearden und Prof. Rupert Sheldrake und dem Roman ‘Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit’ von Michael Crichton angeregt. Es gibt zu viele Quellentexte, um sie alle hier zu erwähnen, aber ich möchte Sachbücher hervorheben, wie ‘Die Spur der Götter’ von Graham Hancock, ‘Verbotene Archäologie’ von Michael Cremo und ‘Aussaat und Kosmos’ von Erich von Däniken.
Die Schatten hoher Nadelbäume zuckten durch denweißen Nebel. Sie standen wir angewurzelt da und starrten auf einen blassen Gebirgssee, in dem sich ein blauer Himmel spiegelte. Genau da wo die Zitadellgärten gewesen waren. Dann wurde alles deutlicher. War das etwa wieder eine Mirage? Sie konnten die feuchte Kühle spüren, die von dem Wasser aufstieg. Das hier war bestimmt kein Hologramm!
Als ob das alles nicht schon schlimm genug war, bewegte sich was zwischen den Nadelbäumen. Die Kinder kauerten sich auf dem Boden zusammen. Ein riesiger Bär kam mit zwei knuddeligen, braunen Jungen durchs Gebüsch geschossen. Die Bären wollten sich am reichlichen Fischbuffet im See gütlich tun. Aber etwas stimmte nicht.
Das zottelige Muttertier blieb stockstill stehen und schnüffelte. Ihre lange Schnauze zitterte, als sie die Gefahr wahrnahm. Das Tier stellte sich auf seine kräftigen Hinterbeine und baute sich zur ganzen, furchterregenden Höhe auf. Sie ließ ein drohendes Knurren durch die gebleckten Zähne hören. Gekrümmte, schwarze Klauen rissen durch die Luft. Die Kleinen quietschten aufgeregt und hoppelten ins Unterholz zurück.
Die Kinder standen wie versteinert. Jemand stieß einen dumpfen Schrei aus. Die Bären waren nur Meter von ihnen entfernt.
Ein schrecklich großer Schmetterling erschien über dem See, dann noch einer. Sie schienen in der Luft stillzustehen und die Szene zu beobachten. Die Kinder kniffen die Augen zusammen und blickten erstaunt auf die seltsamen Kreaturen. Waren das denn überhaupt Schmetterlinge? Wollten sie ihnen zur Hilfe kommen?
Der Bär riss mit lautem Brüllen ihre Aufmerksamkeit wieder an sich. Sie schrien auf als die Bärenmutter sich zum Angriff bereitmachte. Sie stieß sich ab und flog auf sie zu.
Die Szene verblasste. Die Bärin, der Wald und der See wurden wieder zu nebligen Schatten. Es gab auch keine Spur mehr von den riesigen Schmetterlingen, als alles wieder in den wirbelnden Nebelschwaden verschwand.
Das pfeifende Rauschen wurde abwechselnd stärker und schwächer bis ihnen der Kopf schmerzte. Dann war auf einmal alles still und dunkel.
Vielleicht fühlt man sich so, wenn man stirbt, dachte Trevor und wurde bewusstlos....
http://youtu.be/j7u42xmC8uM
Dieses Buch ist als Taschenbuch in jedem guten Buchgeschäft erhältlich.
NLSA ISBNs 978-0-9946917-7-4 (pdf), 978-0-9946917-8-1 (mobi),
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Kindle ASIN: B013RAOMFI
Smashwords ISBN: 978-13-10867224
Tolino EAN: 9781310867224 Neobooks ISBN: 978-3-73380-5503-0
Cover Design by Yvonne Less, www.art4artists.com.au
Bildquellen: ‘Depositphotos.com' lizensiert
Book Layout: Birgit Böttner
Timetravel Adventures
Eine kostenlose Kurzgeschichte:
An African Soccer Story
About a young boy’s love for the beautiful game
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Die moralischen Rechte der Autorin werden geltend gemacht.
Ein blasser Halbmond betrachtete gelassen das bunte Treiben an der Gaststätte im Carter-Tal. Es war kühl für einen Frühlingsmorgen, aber das konnte sich schnell ändern. Auf dem Parkplatz wimmelte es nur so von ungeduldigen Schülern. Viele hörten der Rede Dr. Broadbents nur mit halbem Ohr zu. Einige gähnten. Wann ging’s denn endlich los?
“Meine Damen und Herren, ich hoffe doch sehr, wir verstehen uns. Bitte denken Sie daran - auf keinen Fall in die Nähe des Abgrunds gehen. Immer schön auf dem Fußweg bleiben. Ich erwarte jeden von Ihnen zur Mittagszeit gesund und munter oben auf dem Hügel wiederzusehen.”
Der Direktor der ‘Pemberton Akademie für Fortschrittliches Lernen’, einer bekannten Schule für begabte Kinder, wollte sichergehen, dass seine Anweisungen auch befolgt wurden.
“Also, bleiben Sie auf dem Fußweg... auch Sie da drüben!” Ein erschrockener Schüler sprang schnell wieder auf den steinigen Pfad zurück. “Denken Sie daran, was dem armen Tom Fraser passiert war...”
Allgemeines Gemurmel. Alle wussten natürlich, dass Tom Fraser hier vor drei Jahren von einer Felsenkante abgestürzt war. Zum Glück war dem armen Tropf nicht viel passiert.
“Na bitte,” sagte Dr. Broadbent mit einem zufriedenen Ausdruck. “Die unteren Klassen gehen mit Dr. Naidoo und Herrn Van Straten. Die Oberstufe bitte hier zu meiner Linken aufstellen. Sie wandern mit Frau Meyer und Dr. Wilkins.”
Dr. Naidoo war so kurz gewachsen, dass sie im allgemeinen Durcheinander fast unterging. Sie versuchte sich mit schriller Stimme bemerkbar zu machen, “Victor und Brandon, kommt sofort wieder zurück.”
Dr. Broadbent strich sich die spärlichen Haarsträhnen aus der glänzenden Stirn und teilte die Schüler in ihre Gruppen ein. Bald bewegten sich mehrere ordentliche Kolonnen den Hügel hinauf. Nur drei Siebtklässler bummelten hinterher.
Chryséis Cromwell schien sich das Fußgelenk verstaucht zu haben und setzte sich auf eine Holzbank. Ihre besten Freunde, Katherine und Trevor, setzten sich neben sie und sahen zu, wie die anderen vorbei liefen.
“Heh Faulpelze, was macht Ihr denn noch hier?” wurden sie gehänselt.
Chryséis verzog ihr Gesicht im vermeintlichen Schmerz, rieb sich den Fußknöchel und klagte, “Autsch, das tut vielleicht weh!”
Chryséis Cromwell war elf und hatte verschmitzte Sommersprossen auf der Stupsnase. Ihre sonst so kecken hellblauen Augen nahmen einen leidenden Ausdruck an und der blonde Pferdeschwanz wippte zitternd, wenn jemand zu ihr hinsah.
Katherine MacDougal war zwölf und recht hübsch mit ihren langen dunklen Haaren. Sie kam aus England und war, wie Chryséis meinte, viel zu schüchtern. Dagegen war die jüngere Chryséis enorm selbstbewusst und hatte zu absolut allem eine Meinung.
Der dritte im Bunde war der stille Trevor Huxley. Er war zwölf, genau wie Katherine, und hatte ein Stipendium für Pemberton.
Es war schwierig an eine so exklusive Schule aufgenommen zu werden, aber es half, dass Trevor ziemlich schlau war. Seine Eltern hatten ihren begabten Sohn nie so recht verstanden. Es war nur ein großer Vorteil kein teures Schulgeld bezahlen zu müssen. Und seit der Scheidung war es für alle das Beste, wenn er auf ein Internat ging.
Trevor war ein Träumer. In seiner bunten Gedankenwelt konnte er machen was er wollte. Mal schnell auf Sonnenstrahlen aus dem grauen Chicago in den afrikanischen Dschungel hinüberfliegen, zum Beispiel, oder sich eine Alternative zu Waschmaschinen ausdenken, oder im blauen Mittelmeer herumsegeln. Und wenn ihm danach war, ging er schon mal in Gedanken auf Zeitreise ins alte Rom. Sowas wie heute hatten die drei aber noch nie gemacht. Dafür gab es einen guten Grund. Und so saßen sie eine Weile auf der Holzbank und warteten.
Es dauerte nicht lange, bis einer der Lehrer mit ernster Miene vor ihnen stand, um nach dem Rechten zu sehen. Darauf waren die Freunde natürlich längst vorbereitet. Trotzdem begann Katherine so nervös herumzurutschen, dass Trevor sie zweimal mit dem Fuß anstoßen musste. Würde Dr. Wilkins ihnen den verstauchten Knöchel abkaufen oder merkte er, was sie im Schilde führten?
“Und was ist das?” fragte der Lehrer. “Chry-se-is Cromwell, solltest du nicht bei deiner Gruppe sein?“
“Ich bin grade über den Stein da gestolpert,” klagte Chryséis.”Es tut weh.”
Sie zeigte auf einen Stein am Boden. Der Lehrer blickte nicht mehr ganz so strafend drein und starrte auf die Stelle, konnte aber nichts Ungewöhnliches entdecken.
“Aha,” sagte Dr. Wilkins und kratzte sich an der langen Nase. Zum Glück mochte er Chryséis. Ausgezeichnete Schülerin, und ihre Mutter, Professor Cromwell, schrieb immer so interessante Artikel für eine wissenschaftliche Zeitschrift, die er schon mal gern als leichte Bettlektüre las.
Er beschloss Chryséis die Geschichte zu glauben und warf dem armen Mädchen einen aufmunternden Blick zu. Sie sollte in der kleinen Gaststätte bis zum Nachmittag auf die Rückkehr der anderen Schüler warten.
“Ihr beiden —” er winkte Katherine und Trevor zu sich. “Ihr kommt jetzt mit mir mit.”
Oh nein, sie mussten unbedingt zusammen bleiben!
Laut Plan durften sie sich auch nicht in der Nähe von Gebäuden und Autos oder Menschen aufhalten. Elektromagnetische Störungen war so ziemlich das Letzte, was sie bei ihrem Experiment brauchten. Je schneller der Lehrer ging, desto besser.
“Emm, Dr. Wilkins,” sagte Chryséis mit tapferer Stimme. “Ich wäre ja so gerne beim Picknick auf dem Hügel dabei. Vielleicht sollten wir einfach langsam weitergehen. Meine Freunde werden mir schon helfen. Es tut auch nicht mehr so sehr weh.” Sie stellt sich auf wackelige Beine und lächelte. Es funktionierte!
Dr. Wilkins gab ihnen die Erlaubnis, hinter den anderen herzulaufen. “Na gut,“ sagte er und schärfte Trevor und Katherine ein, gut auf Chryséis aufzupassen. Dann lief er schnell seiner Gruppe hinterher, um Frau Meyer dabei zu helfen ein paar Schüler auf den Pfad zurückzuscheuchen.
Dr. Wilkins drehte sich kurz um und sah, wie Chryséis sich auf Trevors Arm stützte und erwartungsgemäß humpelte. Dann ging er an die Spitze seiner Gruppe und war bald hinter einer Felswand verschwunden.
“Puh, na endlich!” sagte Katherine erleichtert.
Chryséis bückte sich und massierte ihr Fußgelenk. Sie erholte sich in Rekordzeit. “Ich werde wirklich noch ganz lahm, wenn das noch lange so weitergeht... was machen wir jetzt?”
Trevor blieb stehen und besah sich den Hügel. Er zeigte auf ein paar Felsen. “Seht ihr da drüben auf der rechten Seite, wo sich der Weg gabelt?”
“Ja... und?!”
Trevor hatte den richtigen Ort schon vorausgeplant. Ideal für ihre Zwecke. Leider auch genau am Abgrund, aber das ließ sich eben nicht ändern.
“Wir sollen doch nicht so nahe an den Abgrund gehen,” sagte Katherine sofort. Ihr Magen schmerzte vor Aufregung. “Was ist, wenn wir erwischt werden? Und was ist mit Tom Fraser?”
“Was soll mit dem sein? Der ist doch immer über seine eigenen Füße gestolpert,” sagte Chryséis.
“Ja aber…”
“Mann Katie, wenn wir noch länger warten, können wir das Ganze vergessen.”
“Wir passen schon auf,” sagte Trevor einfach und begann loszulaufen. “Die anderen können uns hier nicht sehen. Zumindest nicht bis sie ganz oben auf’m Hügel sind. Und bis dahin sind wir längst wieder auf’m Fußweg.”
“Weiß ich doch,” meinte Katherine und beeilte sich, die beiden einzuholen. “Aber was machen wir, wenn sich da oben kein Portal öffnen will?”
Sie war immer noch skeptisch, obwohl sie sich wochenlang vorbereitet hatten.
“Ach hör’ schon auf.” Trevor wollte endlich zur Sache kommen und zwar heute noch! „Irgendwo muss sich hier doch eine Zeitschleife finden lassen!“
“Ja, wahrscheinlich,” murmelte Katherine und trottete hinterher.
“Immerhin hab’ ich letzte Woche schon eine Zeitschleife im Schulgarten gefunden, oder?” sagte Trevor.
Klar, das hatte sie nicht vergessen. Schließlich hatte Trevor es ihnen haarklein erzählt. Mehrmals. Es war seine Aufgabe gewesen, den Zeitportalsucher nachts im Schulgarten zu testen - und was für ein Test das gewesen war!
Erst erschien ein schimmernder, holoöafischer Vorhang, die immer größer wurde. Besser konnte Trevor die Krümmung im Zeit-Raum Kontinuum nicht beschreiben. Und dann hatte sich bei diesem ‘Vorhang’ eine Vortex aufgetan. Die soll sich gedreht haben wie ‘ne Waschmaschine im Schleudergang - und dann war Trevor reingesprungen. Einfach so!
Auf der anderen Seite wollte er ein großes ‘Ding’ gesehen haben, mit glänzenden Schuppen und dampfendem Atem. Es lag ausgestreckt vor ihm. Unheimlich!
Trevor hatte einen Mordsschrecken bekommen, als das ‘Ding’ sich auf einmal wellenförmig bewegte. Er drückte sofort auf den ‘Zurück’-Knopf und war, genau wie erwartet, zum gleichen Zeitpunkt zurückgekehrt an dem er losgereist war. Das vermeintliche Ungetüm konnte die drei nicht davor abschrecken, es nochmal zu versuchen. Immerhin war ‘ne richtige Zeitreise gewesen, egal wie kurz. Im Labor hatten sie sich dann ein paar Sicherheitsvorkehrungen ausgedacht. Und heute war’s Zeit für das erste gemeinsame Experiment. DAS Experiment.
Sie kletterten querbeet über Stock und Stein, bis sie vor einer steinernen Plattform standen. Sie war auf drei Seiten von Felsen geschützt und vom Weg aus völlig unsichtbar. Die vierte Seite war zum Tal hin offen. Genau was sie brauchten.
“OK, wir sind da,” verkündete Trevor.
“Denn mal los!” Chryséis holte tief Luft und sprang leichtfüßig auf die Felsplatte. Trevor und Katherine machten es ihr nach. Trevor ließ seinen Rucksack zu Boden gleiten und nahm gleich ein unscheinbares Objekt heraus. Es sah aus wie eine flache Metallbirne, die bequem in seine Hand passte. Chryséis hatte den Zeitportalsucher gleich ZPS getauft, und so hieß das Gerät jetzt.
Die drei waren mit Recht stolz auf ihr Werk. Es hatte einige Mühe gekostet den ZPS so gut hinzukriegen. Es hatte alles mit Katherines Physikprojekt begonnen. Genauer gesagt Quantenphysik, und zwar mit der Vakuum-Batterie. Die endlose Energiequelle. Erst war es Katherine gar nicht in den Sinn gekommen, diese Energiequelle zum Zeitreisen zu benutzen. Das war Trevors Idee gewesen und alles hatte sich dann irgendwie von selbst ergeben.
Es sollte den perfekten Beweis dafür liefern, dass die endlose Energiequelle auch funktionierte. Klar war das Projekt ungewöhnlich - aber soweit so gut. Das Experiment würde dieses Jahr bestimmt alle anderen Physikprojekte in den Schatten stellen.
Auf der rechten Seite hatte der ZPS eine Reihe schwarzer Knöpfe. Sie waren dazu da, die gewünschte Ziel-Epoche anzuwählen. Mit drei größeren, roten Knöpfen auf der linken Seite ließen sich Zeitreferenzen speichern. Als Erstes würden sie natürlich die Zeit der Abreise speichern. Eine Sicherheitsvorkehrung, die der Prototyp nicht gehabt hatte. Danach konnte ein anderer Knopf auf eine bestimmte Zeit eingestellt werden, die ihnen gefiel. Eine Art Abkürzung.
Dann war da noch ein großer weißer Knopf genau in der Mitte. Wenn man ihn drückte, wurde das Zeitportal geortet und dann aktiviert. Nach einer erfolgreichen Zeitreise zeigte ein kleiner Bildschirm oben die Anzahl der gereisten Jahre an. Im Moment war der Stand auf ‘0’.
Unter jedem der schwarzen Knöpfe befand sich ein winziger Aufkleber mit Zahlen. Die Zielepochen. Der Aufkleber unter dem obersten roten Knopf trug den Zeitpunkt der Abreise. 21. Februar 2015.
“Hier, ich hab’ für jeden ‘ne Kopie vom ZPS gemacht. Jede mit einer integrierten Vakuum-Batterie. Hier... und hier.”
Trevor gab jedem der Mädchen ihren eigenen Zeitportalsucher. Die Geräte sahen identisch aus und waren in durchsichtige Plastikfolie eingewickelt. “Hab’ sie in Sandwichtüten gepackt, damit sie nicht nass werden.”
„Ach so - hab‘ mich schon gewundert,” sagte Katherine“Das hast du gestern noch alles hingekriegt?”
“Gute Idee, Trev. Falls wir im Meer landen sollten oder so,” witzelte Chryséis und ließ den ZPS in ihre Jackentasche gleiten.
“Genau. Wenn wir einen verlieren oder der hier kaputt geht, haben wir noch die anderen als Reserve,” meinte Katherine.
“Der oberste rote Knopf ist die erste Zeitreferenz für heute. Das wisst ihr ja. Auf den müssen wir nachher alle gleichzeitig drücken, wenn’s losgeht,” fuhr Trevor mit ernsthafter Miene fort.
“Klar. Jetzt brauchen wir nur noch die VUs. Ein virtueller Unsichtbarkeitsumhang für jeden von uns.”
Chryséis öffnete ihre vordere Rucksacktasche. Schmale Haarreifen aus schwarzem Plastik kamen zum Vorschein. Mit einem winzigen Kästchen oben drauf und einem flachen Knopf an der Seite.
Die VUs waren das Beste überhaupt.
Chryséis und Katherine hatten sich das nach Trevors fast missglückter Zeitreise ausgedacht. Man wusste schließlich nie, was einen so alles erwartete. Das Prinzip war einfach und hatte etwas mit der Biegung von Lichtwellen zu tun. Falls es gefährlich wurde, drückte man einfach auf den flachen Knopf - und verschwand sofort.
Trevor hatte seinen VU morgens schon aufsetzen wollen, aber das wäre aufgefallen. Ein Junge mit 'nem Haarreifen beim Schulausflug!
Sie hatten auch beschlossen, die VUs im Zeitportal ausgeschaltet zu lassen. Das Risiko, dass was schiefgehen könnte mit den Frequenzen, war einfach zu groß.
“Verflixt nochmal.” Die Haarreifen hatten sich ineinander verfangen und Chryséis mühte sich ab, sie aus der Tasche zu bekommen. Katherine sah ihr besorgt zu.
“Mach schnell, Chris! Das dauert zu lange.”
“Ja, ja.”
Zu guter Letzt half sie ihr dabei die Plastikreifen zu entwirren. “Na bitte,” meinte Chryséis triumphierend. Jeder setzte einen Haarreifen auf. Ganz vorsichtig, um den flachen Knopf an der Seite nicht zu berühren.
“Jetzt kann’s endlich losgehen!” sagte Chryséis aufgeregt. Sie bemerkte nicht, wie blass Katherine geworden war.
‘Zeitreise’ - auf einmal klang das Wort wie ein bedrohliches Echo in Katherines Kopf. Ihr Mund war so trocken. Sie schluckte, aber der Kloß im Hals wollte nicht weggehen. Ausgerechnet jetzt bekam sie Panik!
Und zu allem Überfluss schoss ihr auch noch eine sehr beunruhigende Frage durch den Kopf: Konnte man prähistorische Luft eigentlich einfach so einatmen oder war das gefährlich? Der Gedanke war verrückt. Das ganze Experiment war verrückt. Gefährlich sogar!
Katherine schluckte verzweifelt und kämpfte gegen den unwiderstehlichen Drang an davonzulaufen. Dafür war es jetzt aber zu spät. Sie konnte ihre Freunde nicht im Stich lassen.
Trevor hatte schon den großen weißen Knopf seines ZPSs aktiviert und war dabei, eine geeignete Stelle zu finden. Mal peilte er diesen Fels an, mal jenen. Er hatte das unbestimmte Gefühl, dass gleich etwas passieren würde. Und tatsächlich, das graue Gestein vor ihm begann plötzlich zu schimmern. Ein Vorhang wie damals im Schulgarten. Ein Portal zum Raum-Zeit Kontinuum!
“Ich hab’s ja gewusst!” rief er.
Katherine starrte wie gebannt auf die vibrierende, schimmernde Stelle. Eine Zeitschleife, das musste eine Zeitschleife sein!
“Los, jetzt alle zusammen.” Auf Trevors Signal hin pressten sie den obersten roten Knopf durch das Plastik hindurch, um die heutige Zeitreferenz einzuloggen. Geschafft. Der erste Schritt war gelungen.
“Ich aktiviere jetzt. Macht euch fertig.”
Die Mädchen hielten sich an der Hand und Trevor drückte zum zweiten Mal auf den großen, weißen Knopf.
Am Ende derWinterferien war das Experiment im Carter-Tal noch reine Zukunftsmusik.
Wie so oft hatte Walt, der Hausmeister, Katherine und andere Schüler vom Flughafen in Etheridgeville abgeholt. Zeitreisen war so ziemlich das letzte woran Katherine dachte, als sie sich auf dem Rücksitz des altmodischen, schwarzen Volvos zurücklehnte. Sie sah verträumt auf die vorbeihuschende Landschaft und versuchte Privesh und Hendrik zu ignorieren, die sich lauthals über irgendeinen öden Sport unterhielten.
Sieht fast so aus wie in England, dachte sie sehnsüchtig, wenn nur die grauen Moosbärte an den Eukalyptusbäumen nicht wären. Sowas hatte sie in England noch nie gesehen. Und der Himmel war eigentlich auch viel zu blau.
Ein einsames Wölkchen wanderte auf die linke Seite und drängte sich zwischen die Bäume, als der Wagen in die Straße beim breiten Schultor einbog. Ah, da war noch eine zweite Wolke, nicht weit von der ersten. Schon besser.
Katherine seufzte und lehnte sich wieder ins weiche Lederpolster zurück.
Die Ferien waren wie immer viel zu kurz gewesen. Schon jetzt vermisste sie ihre sanfte französische Mutter und Dad und Tante Trudie und das große Haus in Oxfordshire. Tante Trudie, Mutters jüngere Schwester, war immer so nett und lustig.
Ihre beiden jüngeren Brüder Graham und Frederick vermisste sie nicht besonders. Die waren verwöhnt und ließen sie nie in Ruhe.
Dad war oft auf Geschäftsreise. Der Geruch von Ledermöbeln und Zigarren erinnerte Katherine immer an ihn. Wenn Dad mal zuhause war, saß sie am liebsten auf seinem Schoss und lauschte seiner tiefen, klangvollen Stimme. Er erzählte gern, was er auf seinen Reisen alles so erlebt hatte. Wie die faszinierende Geschichte von der Hochzeit in Pakistan, zu der er eingeladen war.
“Die Braut war in einen rot-goldenen Sari gewickelt und der Bräutigam trug einen Schleier aus Goldlametta vor dem Gesicht,” hatte er berichtet. “Die Frauen im Dorf tanzten im Kreis herum, mit Wasserkrügen aus Metall auf dem Kopf.”
Dad war auch auf einem bemalten Elefanten geritten! Katherine versuchte sich das alles vorzustellen, als sie den Geruch der Ledersitze schnupperte. Dieses Mal war Dad nur für drei kurze Tage nach Hause gekommen. Dann musste er wieder nach Hong Kong fliegen.
Wäre alles einfacher, wenn ihre Eltern kein Geld hätten? Katherine dachte oft an den Luxus einer normalen Kindheit, ohne endloses Internatsleben und all das. Das Leben war wirklich unfair. Warum durfte sie nicht so aufwachsen wie alle anderen Kinder? Na ja, wie fast alle anderen Kinder. Auf Pemberton gingen viele Kinder mit reichen Eltern.
Hinter gepflegten Rasenflächen am Ende der Straße, erschien das große, rot-weiße Schulgebäude mit seinen ungeheuer vielen Dächern und Türmchen. Katherine fragte sich zum x-ten Male, wer sich das wohl ausgedacht hatte.
Es gab eine Unmenge von Blumenbeeten, Büschen und schattigen Bäumen in Pemberton. Die üppige Vegetation hielt zwei Gärtner das ganze Jahr über auf Trab. Als der Wagen am grünen Golfplatz vorbeischnurrte, schimmerten hier und da plätschernde Springbrunnen und ein paar Teiche durch die Botanik.
Die Sportanlagen von Pemberton konnten sich auch sehen lassen. Schade nur, dass Katherine sich kein bisschen für Sport interessierte.
Dann hatten sie auch schon die Tennisplätze hinter sich gelassen und der Wagen schlängelte sich die alte Allee zwischen hohen Eukalyptusbäumen entlang. Walt steuerte den schwarzen Volvo die breite Auffahrt hinauf. Ein vertrauter Buckel in der Straße riss Katherine aus ihren Träumereien. Ein rotes Eichhörnchen mit buschigem Schwanz lief geschwind den Stamm eines alten Baumes rauf- und runter, als sie den kiesbedeckten Parkplatz erreichten. Direkt vor der breiten Eingangstreppe.
Überall liefen Kinder zwischen den geparkten Autos umher und gutgekleidete Erwachsene standen schwatzend neben aufgestapelten Gepäckstücken.
Ein gewohnter Anblick.
Die Schulzeitung behauptete immer stolz, dass Pemberton-Schüler aus allen Ecken und Enden der Vereinigten Staaten, aus Europa und so weit entfernten Ländern wie Korea, Südafrika und Neuseeland kamen. Die Akademie genoss weltweit einen ausgezeichneten Ruf.
Ein schluchzender Junge von etwa acht Jahren war anscheinend neu an der Schule und hängte sich an seine mittlerweile ungehaltene Mutter.
“Mama, ich will nicht hierbleiben. Bitte lass uns gehen...”
Sie schimpfte halb flüsternd mit ihm und versuchte seine Finger von dem teuren, hellrosa Designer-Kostüm zu klauben.
"Lester…, hör’ sofort auf damit. Nein, hör’ auf... bitte - es reicht jetzt!”
Sie versuchte gleichzeitig auf Woody Kranichs Mutter, einer bekannten Modejournalistin aus Kalifornien, einen guten Eindruck zu machen. Lester setzte sich ergeben auf seinen Designerkoffer und sah unglücklich drein.
Katherine selbst hatte in der ersten Klasse der Boeing zwischen London und New York ein paar heimliche Tränen vergossen. Als sie dann endlich in Etheridgeville landeten, waren die Tränen schon lange wieder getrocknet. Sie verstand, dass ihre Eltern nur die beste Ausbildung für sie wollten. Und sie konnten es sich leisten. Dagegen konnte man nichts machen.
Der Volvo kam zum Stehen. Die großen Türflügel oben auf der Treppe waren einladend geöffnet. Neben der Eingangstür aus dunklem Holz war ein poliertes Messingschild: ‘Pemberton Akademie für Fortschrittliches Lernen’.
“So, da wären wir,” sagte Walt. Seine Stimme war rau wie ein Reibeisen. “Raus mit euch. Ich hole zackzack euer Gepäck aus dem Kofferraum und bringe es in die Eingangshalle.”
Walt war ein netter Mensch mit drahtigen, grauen Haaren. Er war schon seit Ewigkeiten Hausmeister und Chauffeur in Pemberton - sogar noch länger als die fette Köchin Mrs. Hadley - und beaufsichtigte das Personal. Walt war stolz auf seine wichtige Stellung. Er schätzte Dr. Broadbent und hatte ein weiches Herz für die Schüler. Naja, für die meisten.
Solange sie nicht in seinen gepflegten Blumenbeeten herumtrampelten oder mit dem Wasserschlauch Springbrunnen spielten. Wasser war heutzutage schließlich teuer. Einfach zu schlau für ihr eigenes Wohl waren viele von ihnen, dachte er und öffnete den Kofferraum. Einfach zu schlau für ihr eigenes Wohl.
Katherine und die beiden Jungs sprangen auf den knirschenden Kies. Es war ihr mittlerweile in den wollenen Kleidern zu warm geworden. Solche Klamotten eigneten sich mehr fürs kühle britische Wetter als das warme Georgia. Gleich darauf war ihr das nicht mehr wichtig. Katherine hatte nämlich Chryséis und Trevor entdeckt.
Trevor stand nicht weit entfernt mit ein paar Jungs zusammen. Sie erzählten sich, was sie in den Ferien gemacht hatten. Chryséis hielt die Hand ihrer Mutter, die wie immer farbenfroh gekleidet war. Die meisten Kinder wären lieber im Boden versunken, als vor allen die Hand ihrer Mutter zu halten, aber Chryséis war es egal was andere Leute dachten. Prof. Cromwell war etwas exzentrisch, aber sonst richtig nett und nicht so spießig wie die meisten anderen Eltern.
Die drei Freunde interessierten sich für Quantenphysik und die weltweite Klimaveränderung und waren unter den zehn besten Schülern ihrer Klassenstufe. Dieses Jahr kamen sie alle in die siebte Klasse. Siebte Klasse - das hörte sich schon so erwachsen an!
*
Trevor war froh, nach den schier endlosen Ferien wiederin der Schule zu sein. Genau im Gegensatz zu Katherine.
Die ersten zwei Wochen war er bei seinem Vater in der engen, ungemütlichen Wohnung in Chicago gewesen. Mr. Huxley sprach nie besonders viel und die meiste Zeit hatte Trevor in der Gesellschaft seines neuen Computers verbracht. Es war zu kalt, um nach draußen zu gehen und die wenigen Freunde, die er dort noch hatte, waren verreist.
Trevor wusste, dass sein Vater es gut meinte, aber sie waren einfach Lichtjahre voneinander entfernt. Als sich seine Eltern scheiden ließen, war Trevor drei Jahre alt gewesen. Seine geliebte Großmutter kümmerte sich um ihn, als er sich als kleiner Junge den Arm brach. Sie ging oft mit ihm spazieren und erzählte die tollsten Geschichten.
Aber dann war sie vor zwei Jahren in einem besonders kalten Winter an einer Lungenentzündung gestorben. Trevor fühlte sich damals so einsam, als hätte er seine gesamte Familie verloren.
In Chicago war auch Vaters neue Freundin Peggy-Sue gewesen, die immer etwas verwirrt aus ihrem übertrieben geschminkten Gesicht blickte. Peggy-Sue arbeitete in einer Kneipe um die Ecke, wo Dad sie kennengelernt hatte. Offenbar hatte er nicht sehr weit nach einer Freundin suchen müssen. Trevor konnte sich mit der kichernden Peggy-Sue überhaupt nicht unterhalten und war ihr die meiste Zeit aus dem Weg gegangen.
Als er Chicago endlich verlassen durfte, konnte er keine Hamburger und billige Eiskrem mehr sehen. Vater und Peggy-Sue waren bestimmt genauso erleichtert gewesen, als er mit dem Bus Richtung Iowa davonfuhr.
Trevor hörte die ganze Fahrt über mit Kopfhörern Musik und machte sich auf den Besuch in Iowa gefasst. Seine Mutter hieß nun Mrs. Hadwen und war auf dem Lande viel glücklicher als in der Großstadt. Es kostete ihn einige Überwindung, sie ‘Mutti’ zu nennen und ihr einen Kuss zu geben. Er kannte sie nicht besonders gut. Sie redete immer nur sowas wie nahrhafte Mahlzeiten und sauberen Hemden und hatte ihm gleich drei blöde Hemden zu Weihnachten gekauft.
Ihr neuer Mann war ein gutmütiger, dicklicher Farmer, der genauso wenig zu sagen hatte wie Trevors Vater. Trevors Halbbruder, Gerry Junior, war zweieinhalb und hatte schon etwa ein Dutzend Wutausbrüche am Tag. Eine totale Nervensäge.
Trevor zog es vor, in den brachliegenden Kornfeldern und Hügeln spazieren zu gehen, um dem Trubel im Haus zu entkommen. Er hatte hier letzten Sommer seinen Geheimplatz entdeckt. An einer plätschernden Quelle, die zwischen zwei Felsen hervorsprang. Dort saß er stundenlang auf einem flachen Stein, spielte mit den Kieselsteinen und dachte in Ruhe nach oder er las ein Buch. Aber im Winter war es dafür viel zu kalt.
Trevor fühlte sich im milden, südlichen Klima um einiges wohler. Am liebsten mochte er den duftenden Rosengarten auf dem Schulgelände. Er saß dann auf der Holzbank unter wiegenden Birken und machte seine Hausaufgaben. Sogar im Winter.
Seit er sich letztes Jahr mit Chryséis Cromwell und Katherine MacDougal angefreundet hatte, saßen sie oft zusammen unter den Birken. Die beiden gingen ihm nicht auf die Nerven wie die meisten Mädchen. Manchmal sahen sie auch nur den bunten Blumen, Vögeln und Libellen zu und unterhielten sich stundenlang.
Oh ja, Trevor war froh wieder in Pemberton zu sein. Er war morgens mit dem Bus angekommen und seine kurzen, braunen Haare waren noch ordentlich gekämmt.
Trevor hatte die beiden schon gesehen. Aber es wäre uncool gewesen, vor den ganzen Jungs loszurennen, um sie zu begrüßen.
“Klar, ich kann’s auch kaum abwarten bis die Baseball-Saison wieder anfängt,” sagte er stattdessen zu Joh LeGrange, der dauernd nur über Baseball quatschte.
“Ich würde lieber Cricket spielen,” sagte Ben.
Ben Harper aus Rockingham, Australien war einer der reichsten Kids an der Schule. Er fuhr fort, ihnen haarklein jede Einzelheit von irgendeinem Segeltrip zu erzählen, während Trevor aus dem Augenwinkel die beiden Mädchen beobachtete.
Die winkten sich lebhaft zu. Katherine sah aus wie eine Dame, dachte Chryséis . Sie hatte dagegen blonde Zöpfchen und trug einfache Jeans und ein pinkes T-Shirt. Pink war ihre Lieblingsfarbe.
Die Cromwells hatten ihr erstes Kind nach einer obskuren Figur aus der griechischen Geschichte genannt. Aus dem ‘Trojanischen Krieg’. Die historische Chryséis hatte ziemliches Glück gehabt. Sie war von griechischen Soldaten gefangen worden, hatte aber bald unbeschadet ihre Freiheit wiedererlangt. Das war recht ungewöhnlich in der griechischen Mythologie. Die Eltern der modernen Chryséis hatten Griechisch studiert und waren von der Geschichte inspiriert gewesen. Ihre jüngeren Geschwister hießen Jason und Cassiopeia, oder einfach nur Cassie. Das waren auch altertümliche Namen.
Katherine und Trevor verbrachten so manches Wochenende im Stadthaus der Cromwell Familie. Es lag halb versteckt in einem herrlich überwucherten Garten, in einer Gegend wo gepflegte Rasenflächen und gerade Blumenbeete an der Tagesordnung waren. Trevor hatte sich dort von Anfang an wohl gefühlt.
Die Familie war so unkompliziert, und er liebte Mrs. Cromwells selbstgebackenes Maisbrot und Gumbo. Sie hatten erstaunlich viel Zeit füreinander und beim Abendessen wurde lebhaft durcheinander geredet.
Im Haus gab es helle, fröhliche Farben und Möbel aus Fichtenholz, die herrlich nach Bienenwachs dufteten. An den Wänden hingen gerahmte Bilder und es gab überall faszinierende Sachen zu bestaunen.
*
“Hi Katie, hier!” riefChryséis und ließ die Hand ihrer Mutter los.
Katherine rannte quer über den Parkplatz und zwickte Trevor im Vorbeilaufen ganz frech am Arm. Das war ungewöhnlich für die sonst schüchterne Katherine. Er griff lachend nach ihrem Arm, sie war aber zu schnell für ihn. Trotz des engen Rocks und wollenen Twinsets. Der weiße Kies knirschte unter ihren Sohlen, als sie übermütig über den Rasen jagten. Sie kamen lachend vor Chryséis zum Stehen.
“Hi ihr beiden, schön euch wiederzusehen,” rief Chryséis in ihrem breiten Südstaatenakzent.
“Hallo Freundin,” lachte Katherine noch ganz außer Atem. “Hallo Mrs. Cromwell!”
Chryséis’ Mutter begrüßte die Kinder und unterhielt sich mit anderen Eltern weiter.
“Hey Chris, hast du mein letztes E-Mail gekriegt? Ich hab’s gestern noch schnell in Oxford abgeschickt.”
“Was, welches E-Mail? Das von Freds Dünnpfiff?”
Katherine nickte.
“Ja, hab’ ich gekriegt. Echt ätzend.”
Katherines Brüder waren ihrer Meinung nach verzogene Blagen. Ihr jüngerer Bruder Jason war dagegen unproblematisch und spielte den ganzen Tag mit seinen Freunden draußen im Garten.
“Wir konnten überhaupt nichts in Marseille unternehmen. Es war ja sooo langweilig.” Katherine seufzte bei der bloßen Erinnerung. “Fred ist ‘ne richtige Plage. Immer kriegt er was, wenn wir verreisen.”
Klar. Die Aufmerksamkeit seiner Mutter, dachte Chryséis .
Katherine sprach noch immer mit einem deutlich britischen Akzent. Einige amerikanische Kinder meinten, sie sei gerade mit den ersten Siedlern in der Neuen Welt angekommen.
“Haste während der Ferien was interessantes gelesen?” wandte sich Chryséis an Trevor.
“Was?” fragte er zerstreut.
Holly Benson, der Klassentyrann, stand dicht bei ihnen. Hinter Prof. Cromwell. Trevor mochte sie nicht besonders und es war unwahrscheinlich, dass sie sich über die Ferien gebessert hatte.
Sie hatte ein hübsches Gesicht und dunkle Locken. Wenn man sie nicht kannte, konnte das leicht täuschen. Holly Benson mochte Schüler nicht, wenn sie ein Stipendium hatten. Was immer der Grund dafür sein mochte. Sie warf ihre dunklen Locken zurück und musterte scheinbar gleichgültig die Neuankömmlinge.
Am liebsten hätte Holly ja Chryséis zur Freundin gehabt. Mr. Cromwell kam aus einer alt eingesessenen Familie und war Vorsitzender von Etheridgevilles Industrie- und Handelskammer. Gute Familie, wie Hollys Dad sagte.
Der Klassentyrann stand hinter Prof. Cromwell, die sich jetzt mit ihren Eltern unterhielt. Sie hatte die drei Freunde entdeckt, wie sie lachten und schwatzten.
Warum musste sich Chryséis sich mit einem Typen wie Trevor Huxley aus Chicago abgeben? Er war so gewöhnlich. Wie der es wohl geschafft hatte nach Pemberton zu kommen!
Mr. Bensons Firma spendete jedes Jahr eine ansehnliche Summe an die Schule. Da konnte er wohl erwarten, dass seine Tochter mit den Kindern gleichwertiger Familien zur Schule ging. Und was Katherine anging - was war eigentlich so besonderes an ihr, dass Chryséis das englische Mädchen als beste Freundin vorzog?
“Trevor, ich hab’ dich gefragt, ob du ‘n interessantes Buch gelesen hast.”
“Ach so. Ich war eigentlich mehr im Internet,” gab Trevor zu.
“Typisch.”
“Diese neue Astronomie-Webseite ist einfach toll. Da gibt’s einen Screensaver mit ganz tollen Bildern von Planeten und Galaxien und Info über schwarze Materie.”
Trevor fühlte sich in der virtuellen Welt des Internets zuhause. Von Computerspielen mal ganz abgesehen.
“Und was sonst noch?” fragte Katherine.
Bevor er etwas erwidern konnte, sagte Chryséis begeistert, “Ihr müsst unbedingt ‘Entfernte Resonanz’ lesen. Das neue Buch von Professor Herbert Shelton. Es geht darum, dass wenn was auf der einen Seite der Erde passiert, jemand auf der anderen Seite ziemlich genau die gleiche Idee haben kann, und...”
Holly Benson hatte sich unbemerkt neben ihren Vater, Harold J. Benson III, gestellt. Direkt vor die drei Freunde.
“Herbert Shelton? Hab’ ich schon vor ewigen Zeiten gelesen. Gutes Buch,” unterbrach sie mit wichtiger Miene. “Wahrscheinlich zu teuer für dich, was Trevor?”
Trevor rollte mit den Augen und Katherine erschrak.
“Wupps, wo kommst du denn auf einmal her?”
“Ach komm Holly. Wer hat dich denn gefragt?” sagte Chryséis ärgerlich.
Holly schien nie mitzubekommen, wenn sie unerwünscht war.
Prof. Cromwell merkte, wie sich die Stimmung vereiste und kam ihnen zuhilfe.
“Hallo Holly, nett dich zu sehen Kleine,” sagte sie schnell und blickte auf ihre Uhr. “Mrs. Benson, Mr. Benson es wird Zeit zu gehen. Auf Wiedersehen.”
Sie wusste zu gut, wie ihre Tochter reagieren konnte und bugsierte die Kinder die Stufen zur Eingangshalle hinauf. Bevor Mr. Benson Gelegenheit hatte, sie weiter über die Vor- und Nachteile eines Karibikurlaubs zu belehren.
“Schaut, drinnen ist schon alles vorbereitet,” sagte sie.
Chryséiszog mit Trevors Hilfe einen kleinen, blauen Koffer hinter sich her.
“’Habe Herbert Shelton schon vor ewigen Zeiten gelesen’… blahblah. Wen will sie eigentlich beeindrucken? Pah!” murmelte sie dabei vor sich hin. Sie hatte schon jetzt die Nase voll von Holly, und die Schule hatte noch nicht mal begonnen.
Kurz darauf hielt Dr. Broadbent seine Rede.
“Guten Tag, meine Damen und Herren, liebe Eltern und andere anwesende Erwachsene...” Dr. Broadbent sprach die Schüler immer mit ‘Damen und Herren’ an.
Er war ein ziemlich cleverer Mann von etwa fünfzig Jahren, mit rötlichen Wangen und einer Halbglatze. Das Bild eines Schuldirektors. Seine Ansprachen waren oft mit kleinen Wortspielen gespickt, die dazu dienen sollten, seine jungen Zuhörer wachzuhalten. Heute war seine Rede eher zahm.
Einer der Achtklässler und entfernter Cousin Hollys, Bradley Benson, stieß einen kleineren Jungen unsanft zur Seite und Dr. Broadbent hörte auf zu sprechen, bis die Ordnung wieder hergestellt war. Zu Anfang des Schuljahres war er noch gut gelaunt. Die geräumige Eingangshalle füllte sich langsam.
“...und so betreten wir wieder die heiligen Hallen des Lernens. Ich möchte auch unsere geschätzten Lehrkräfte willkommen heißen - die sich sicher irgendwo im Gebäude verstecken. Alle Eltern und auch unsere neuen Schüler. Möge Ihr Aufenthalt in Pemberton genauso erfolgreich sein, wie…” Er sprach noch zehn lange Minuten. Danach gab es Häppchen am Buffet, bevor die Eltern sich wieder auf den Weg machten. Dann ging’s gleich wieder in den Alltag über.
Die kleine Privatschule hatte nur zwei Klassen pro Stufe. Katherine, Trevor und Chryséis waren diesmal in der gleichen Klasse. Allerdings auch Holly und ihre zur Zeit beste Freundin Natascha Manning.
“Na prima!” stöhnte Chryséis .
“Ach komm’, das lässt sich nicht ändern,” flüsterte Trevor.
“Das werden wir ja sehen.”
Wenigstens war jetzt Dr. Wilkins ihr Klassenlehrer. Ein eifriger, wenn auch oft langweiliger Lehrer, der es gut mit einem meinte. Leider ließ er sich leicht aus der Fassung bringen. Die achte Klasse brach noch immer in wildes Gekicher aus, wenn der Streich von letztem Oktober zur Sprache kam. Anscheinend hatte das Ganze was mit einem Furzballon zu tun.
Nach dem eiligen Abendessen wurden die Schlafräume eingeteilt. Kleidung, Bücher und andere Habseligkeiten wanderten lautstark aus vollgestopften Taschen und Koffern in gähnend leere Schränke und Schreibtische.
Die Jungs waren im Ostflügel des Schulgebäudes. Die Mädchen im Westflügel. Bald ertönte Schwatzen und Gelächter in den Gesellschaftsräumen.
“Habt ihr Vanessa gesehen? Nein diese neue Frisur!”
“Ich habe gehört, dass sich Bobbys Eltern scheiden lassen …” “Nein!”
“Ich nehme dieses Jahr Japanisch als neue Sprache dazu...”
Chryséisteilte sich ein Eckzimmer im zweiten Stock mit Katherine und Sally Holfield, einem neuen Mädchen aus Missouri. Sie war kein Morgenmensch und mochte keine grelle Morgensonne. Deshalb stellte sie zufrieden fest, dass die Fenster nach Westen zeigten. Hollys Zimmer befand sich zum Glück in der ersten Etage.
Trevor hatte seine Sachen schon vor Stunden ausgepackt und saß lesend auf einer Bank draußen. Chryséis lehnte sich aus dem Fenster und winkte.
“Hallo Trevor!”
Es war nicht gerade cool, einem Mädchen in ihrem Schlafraum zuzurufen. Trevor winkte nur kurz und nahm sich dann wieder sein Buch, ‘Die Libelle’ von H.A. Humphries, vor. Ein anspruchsvoller Roman über einen chinesischen Jungen während der Ming Dynastie. Trevor hatte nur noch 74 Seiten vor sich und wollte das Buch heute noch zu Ende lesen.
Katherine verstaute ihre Socken in der untersten Schublade und gab Sally freundschaftliche Ratschläge. Sally Holfield war noch ganz befangen, weil sie auf so eine berühmte Schule ging. Sie glaubte mit den anderen nicht mithalten zu können.
“Du musst wissen, dass unsere Snobs sich ab und zu die Neuen vornehmen. Also kannst du etwas Schikane von denen erwarten.” Sie wusste, wovon sie sprach.
“Das ist aber gemein!”
“Ja, aber lass’ die einfach nicht an dich ‘ran. Wir sind ja auch noch da.”
“Trevor gab Holly Benson letztes Jahr solange die kalte Schulter, bis sie von allein aufgab. Als Opfer ist er total hoffnungslos.” Chryséis grinste.
“Wer ist denn Holly Benson?”
“Ach, eine der Prinzessinnen in unserer Klassenstufe. Steinreich.”
“Glaub’ mir, mit der willst du nichts zu tun haben,” meinte Katherine.
Die Mädchen hatten schon ihre Pyjamas an, weil um neun Uhr das Licht ausgemacht wurde. Der Wecker auf Katherines Nachttisch zeigte 20:37 Uhr an. Sie hatten noch ein wenig Zeit.
Sally putzte sich die Zähne und kämmte sich dann die Haare vor der Spiegelkommode, die sich alle drei teilten.
“Warum macht Holly denn so etwas? Ist sie immer so fies?” fragte Sally ihr Spiegelbild. Sie wollte sich gerne mit allen hier anfreunden und wer war dieser Trevor?
Sally kämmte ihr helbraunes Haar zu einem Pferdeschwanz nach hinten, dann wieder in die Stirn. Schick wie bei einem Filmstar.
Katherine hing ein Poster ihrer Lieblingsgruppe, der Mädchenband ‘Bliss Five’, über ihrem Bett auf.
“Sally, kannst du mir bitte das Klebeband da geben?” Sie zeigte auf den Tisch, während sie versuchte das Poster hoch zu halten.
“Holly ist ein verwöhntes Blag. Das ist los mit ihr,” sagte Chryséis unverblümt.
Sie sagte oft was ihr gerade in den Sinn kam. Das war nicht immer sehr taktvoll.
Sally gab Katherine wortlos das Klebeband und setzte sie sich wieder vor den Spiegel. Sie machte sich daran Haarbürste und Spangen in ihre Schublade zu räumen. Chryséis glitt in eine andere Jogastellung, bei der sie ihre Beine kerzengerade nach oben strecken musste.
Als Katherine in Pemberton anfing, hatte Chryséis sie vor Holly gerettet und sie waren beste Freundinnen geworden.