Kinderschutz im Ganztag Best Practice - Julia Klimczak - E-Book

Kinderschutz im Ganztag Best Practice E-Book

Julia Klimczak

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Beschreibung

Dieses Buch widmet sich dem Recht der Kinder auf Schutz! Es bietet Impulse zum nachdenken und zeigt anhand sechs konkreter Beispielen auf, wie Kinderschutz im Ganztag, Hort und in der Schulkindbetreuung realisiert werden kann. Der Blick wird ausschließlich auf positive Beispiele gerichtet, die den Schutz und die Rechte von Kindern stärken. 

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Seitenzahl: 83

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Qualität in Ganztag, Hort und Schulkindbetreuung

BEST PRACTICE

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2024

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Illustrationen: Sünne van der Meulen

Gesamtgestaltung und Satz: Sabine Ufer, Leipzig

Annett Jana Berndt, Radebeul

E-Book-Konvertierung: Newgen Publishing Europe

ISBN Print 978-3-451-39740-0

ISBN E-Book (EPUB) 978-3-451-83528-5

ISBN E-Book (PDF) 978-3-451-83350-2

Inhalt

Vorbemerkung

Einführung: Ganztag als Lebensraum – ein sicherer Ort für Kinder

1. Praxisbeispiel: Trägerinternes Kinderrechte- und Kinderschutz-Team

Chancen & Herausforderungen

Kinderrechte und Kinderschutz umsetzen im Hort Tigerente e. V. in Hamburg

Einblicke – ein Ortsbesuch

Transfer in die Praxis

Ausblick

2. Praxisbeispiel: Beschwerdeverfahren konzipieren und umsetzen

Chancen & Herausforderungen

Die Beanstandungskultur im Waldhort Ebersberg, Bayern

Einblicke – ein Ortsbesuch

Transfer in die Praxis

Ausblick

3. Praxisbeispiel: Umsetzung von Schutzkonzepten

Chancen & Herausforderungen

Kinderschutzkonzepte umsetzen am Beispiel Verein für Kinder e. V. – Hort Haarentor

Einblicke – ein Ortsbesuch

Transfer in die Praxis

Ausblick

4. Praxisbeispiel: Mädchenclub Flamingo – Hort Tigerente e. V.

Chancen & Herausforderungen

Projektarbeit im Hort Tigerente e. V. an der Grundschule Müssenredder in Hamburg

Einblicke – ein Ortsbesuch

Transfer in die Praxis

Ausblick

5. Praxisbeispiel: Gewaltprävention

Chancen & Herausforderungen

Gewaltprävention im Hort Froschteich in Hamburg

Einblicke – ein Ortsbesuch

Transfer in die Praxis

Ausblick

6. Außergewöhnliches Praxisbeispiel: Weiterbildung zur Fachkraft für Kinderrechte – zertifiziert zur Fachkraft für Kinderschutz

Chancen & Herausforderungen

Weiterbildung zur Fachkraft für Kinderrechte

Einblicke – ein Ortsbesuch

Transfer in die Praxis

Ausblick

Den Blick weiten: für einen kinderrechte basierten Kinderschutz

Links & Literatur

Dank

Vorbemerkung

Die Interessen und Bedürfnisse der Kinder in den Mittelpunkt des Ganztags zu setzen, lautet die erstgenannte der Empfehlungen der Kultusministerkonferenz (KMK) von 2023. Empfohlen ist eine Pädagogik, die vom Kind aus denkt – und handelt. Hiermit hat sie der tradierten Idee, dass Ganztagsschule mit ihrem erweiterten gesellschaftlichen Auftrag – Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern – aus Perspektive von Erwachsenen zu denken und zu gestalten sei, eine Absage erteilt. Damit verbessern sich die Chancen, bundesweit Ganztagsgestaltung Schritt für Schritt so konzipieren zu können, dass Kinder als Akteur:innen vermehrt in den Mittelpunkt rücken. In der Praxis bedeutet dies auch, dass Fachkräfte und Lehrpersonen einen Teil ihrer Macht an die Kinder abgeben. Die Verantwortung der Gestaltung des Ganztags/Horts obliegt weiterhin den Fachkräften und Lehrpersonen. Sie tragen damit maßgeblich dazu bei, die Struktur für Beteiligung und Mitbestimmung von Kindern zu geben, im Team, im Kollegium, mit Eltern und mit Kindern, und bieten somit allen Beteiligten Orientierung und Sicherheit. Kinder sollen als Akteur:innen und Gestaltende ihrer Lebenswelt gesehen werden.

„Mit Kindern Dialoge zu suchen, Position für sie zu beziehen und so ihre Rechte einzu-fordern, ist eine der Kernaufgaben all derjenigen, die im Ganztag mit Kindern arbeiten und sie begleitend unterstützen.“

Julia Klimczak

Eine Kernaufgabe aller im Ganztag Tätigen ist die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern. Dies beinhaltet das Recht der Kinder auf Bildung und Unterstützung in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Das Sozialgesetzbuch VIII bildet die Basis für alle Träger der Kinder- und Jugendhilfe. In Paragraf 1 Absatz 1 steht: „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.“ Dies gilt es im Ganztag/Hort umzusetzen.

Die Kinderrechte stellen einen weltweit ratifizierten, an den Bedürfnissen von Kindern ausgerichteten Menschenrechtsansatz dar. „Die Würde des Kindes zu achten und Kinder als Rechtssubjekte zu respektieren, ist die Aufgabe aller Akteur:innen in der Arbeit mit Kindern und für Kinder. Mit der Orientierung an den Kinderrechten ist zugleich die Absage an paternalistische Haltungen verbunden. Kinder sind nicht bloß Objekt des Schutzes und der Fürsorge. Kinderrechtsschutz ist viel mehr als Kinderschutz. Eine an den Kinderechten orientierte Päda-gogik respektiert das Kind als eigenständigen Träger von Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechten“ (Maywald 2024: 16).

Die Kinderrechte bilden die Grundlage für den Kinderschutz. Sie legen die Standards und Prinzipien fest, die gewährleisten, dass die Bedürfnisse und Interessen der Kinder gesehen und geachtet werden. Dabei ist ein entscheidender Faktor, zuvorderst mit den Kindern sowie allen weiteren beteiligten Akteur:innen in Dialoge zu gehen, nachzufragen, hinzuhören und dann mit allen Akteur:innen (Kinder, Eltern, pädagogische Fachkräfte, Lehrpersonen, ggf. Jugendamt) Lösungen für die jeweilige Situation zu finden.

Wenn Kinderschutz und Kinderrechte auf diese Weise strukturell verankert sind in der Gestaltung des Ganztags, ergibt sich die Chance, den Kindern den nötigen Raum zur Entfaltung zu geben. Eine solche Orientierung an den Bedürfnissen und Interessen der Kinder macht guten Ganztag aus (StEG 2016). Daher sind Kinderschutz und Kinderrechte ein wichtiger Beitrag für die notwendige Qualitätsentwicklung.

Wie kinderrechtsbasierter Kinderschutz in der Praxis des Ganztags funktionieren kann, möchte ich auf den folgenden Seiten anhand ausgewählter Beispiele vorstellen: ob Mädchenclub, Beschwerdeverfahren, Gewaltprävention, die Umsetzung von Schutzkonzepten oder Kinderrechteschutz als haltungs- und handlungsleitende Querschnittsaufgabe – alle Beispiele zeigen, welche Chancen sich aus der engen Verbindung von Kinderschutz und Kinderrechten in der Praxis ergeben können.

Lassen Sie sich für die eigene Praxis von den spannenden Beispielen anregen und inspirieren.

Julia Klimczak

Einführung: Ganztag als Lebensraum – ein sicherer Ort für Kinder

„Fixstern“ Kinderrechte

Die Beziehungs- und Bildungsarbeit im Ganztag orientiert sich an den Bedürfnissen des Kindes – das Kindeswohl steht im Mittelpunkt. Die Fachkräfte – interdisziplinär zusammengesetzte Teams – sehen die Kinder als Akteure ihrer Lebenswelt, daher umfasst diese auch den Ganztag/Hort. Sie stehen im engen Kontakt mit den Eltern der Kinder und sind im Sozialraum gut vernetzt. Knapp skizziert könnten das die Gelingensbedingungen für guten Ganztag sein. Wichtig ist darüber hinaus auch die Einigung der Fachkräfte und Lehrpersonen auf gemeinsame Auslegungen von Begriffen wie „Kindeswohl“ sowie deren Umsetzung in die Praxis: Was ist eigentlich unter Kindeswohl zu verstehen? Wie sind die pädagogischen Beziehungen konkret zu gestalten? Wie werden Kinder und ihre Eltern einbezogen, beispielsweise bei einer Fallberatung? Wissen alle Fachkräfte und Lehrpersonen, an wen sie sich bei dem Verdacht einer Kindeswohlgefährdung wenden können? Welche Strukturen sind dafür relevant? Welche Akteur:innen arbeiten gemeinsam am Thema Kinderschutz? Die Schnittstelle Schule und Kinder- und Jugendhilfe ist hierbei insbesondere zu betrachten. Wo braucht es Absprachen?

Die Kinder, ihre Bedürfnisse und ihre verbrieften Rechte im Blick zu haben, sie als sogenannten „Fixstern“ (Maywald 2024: 11) und als Orientierungspunkt zu betrachten, sind leitende Aspekte pädagogischer Arbeit im Ganztag. „Kennzeichnend für einen solchen Kinderrechtsansatz ist, dass nicht allein nach den Bedürfnissen, sondern gleichermaßen nach den Rechten der Kinder gefragt wird. Während Bedürfnisse subjektiv und situationsabhängig sind, handelt es sich bei den Rechten der Kinder um objektive, von einzelnen Situationen unabhängige Rechtsansprüche. Der Kinderrechtsansatz bildet den Rahmen zur Ausrichtung des Handelns an den Prinzipen der UN-Kinderrechtskonvention. Damit ist er ein auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern ausgerichteter Menschenrechtsansatz“ (Maywald 2024: 10).

Kinder haben das Recht auf ein gewaltfreies Aufwachsen. Ihr Recht auf eine gewaltfreie Erziehung ist im Artikel 19 UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) zu finden: „Schutz vor Gewaltanwendung, Misshandlung, Verwahrlosung“ besagt, dass „(…) das Kind vor jeder Form physischer oder seelischer Gewaltanwendung, Verletzung oder Misshandlung, Vernachlässigung oder Fahrlässigkeit, Misshandlung oder Ausbeutung einschließlich sexuellen Missbrauchs zu schützen (…)“ ist.

Kinder haben ebenso ein Recht auf Achtung ihrer Würde, ein Recht auf Bildung sowie auf Spiel, Freizeit und Erholung, ein Recht auf Beteiligung, also darauf, gehört zu werden, mitwirken und mitbestimmen zu können sowie auf Weiter entwicklung und Betreuung bei Beeinträchtigungen. Kinderschutz bedeutet aus dieser Perspektive in der Praxis umzusetzen, dass die in der Kinderrechtskonvention festgelegten Rechte eingehalten werden, um das Wohlergehen der Kinder zu ermöglichen. Kinder werden hierbei als Akteure, als Gestaltende ihrer Lebenswelt gesehen und dementsprechend einbezogen in Gespräche und in die nächsten Handlungsschritte (Gedik & Wolff 2021).

UN-Kinderrechtskonvention

1. Das Recht auf Nichtdiskriminierung (Artikel 2). Kein Kind darf benachteiligt werden, nicht aufgrund seines Geschlechts, seiner Herkunft oder Staatsbürgerschaft, seiner Sprache, Religion oder Hautfarbe, wegen einer Behinderung oder wegen seiner politischen Ansichten.

2. Das Recht auf Leben und Entwicklung des Kindes (Artikel 6). Jedes Kind muss Zugang zu medizinischer Hilfe bekommen, zur Schule gehen können und vor Missbrauch und Ausbeutung geschützt werden.

3. Das Recht auf vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls (Artikel 3). Wann immer Entscheidungen getroffen werden, die sich auf Kinder auswirken können, hat das Wohl des Kindes Vorrang. Dies gilt in der Familie genauso wie für staatliches Handeln.

4. Das Recht auf Gehör und Berücksichtigung der Meinung des Kindes (Artikel 12). Alle Kinder sollen als Personen ernst genommen und respektiert werden. Das bedeutet, dass sie ihrem Alter gerecht informiert und sie in Entscheidungen einbezogen werden (zu 1.–4. vgl. Deutsches Institut für Menschenrechte).

Die Kinderrechtskonvention umfasst 54 Artikel, die auf den hier genannten vier Grundprinzipien beruhen. Sie gelten universell für alle Kinder gleichermaßen, unabhängig ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrem Geschlecht usw. Die Artikel sind unteilbar. Somit sind alle Kinderrechte gleich wichtig. Sie sind wechselseitig voneinander abhängig und können als Ganzes umgesetzt werden (vgl. Unicef).

Um die einzelnen Artikel der UN-Kinderrechtskonvention lebendig und erlebbar werden zu lassen, brauchen Fachkräfte die Unterstützung und Sichtweise von Kindern. Sie sind Expert:innen ihrer Lebenswelt. Sie brauchen dennoch Unterstützung durch Erwachsene, die sich für die Rechte von Kindern stark machen (vgl. Klimczak 2023).

Wichtig im Schutz von Kindern ist, den Dialog zu suchen mit den Kindern selbst, mit ihren Eltern und ggf. weiteren wichtigen Bezugspersonen oder Institutionen. Ein dialogisches und transparentes Vorgehen ist hier wichtig, um das Vertrauen der Kinder und ihrer Familien zu erhalten. Sind Partizipation und Mitbestimmung selbstverständliche Bestandteile im Ganztag/Hort, erleben die Kinder Selbstwirksamkeit. Selbstbewusste Kinder, die ein positives Selbstwertgefühl haben, sind oft besser in der Lage, potenzielle Gefahren zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren und somit Resilienz zu entwickeln.

Das Kindeswohl und der Umgang mit Verdachtsfällen von Kindeswohlgefährdungen sind wichtige Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Schulen im Ganztag. Dabei ist entscheidend, dass Fachkräfte und Einrichtungen verbindlich zusammenarbeiten. Gemeinsam haben alle Mitarbeitenden (Lehrkräfte, pädagogische Fachkräfte sowie Hilfskräfte) die Verantwortung, einen sicheren Ort für Kinder zu schaffen, wo sie gern sind, sich wohlfühlen. Dann kann der Ganztag/Hort zu einem sicheren Lern- und Lebensort werden. Die Umsetzung dieser Aspekte ist für die Entwicklung eines qualitätsvollen Ganztags ebenso zentral wie die Qualität der schulischen Bildung.