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Wer ist hier der Boss?
Schon am College waren Nick und Callie erbitterte Konkurrenten. Doch als Nick dringend einen Geschäftspartner braucht, hätte er nie gedacht, dass ausgerechnet Callie das nötige Kapital und Wissen besitzt, um sein Unternehmen zu retten. Allerdings nur zu ihren Bedingungen: Sie ist der Boss, und Flirtversuche sind verboten! Zähneknirschend lässt sich Nick darauf ein, spürt er doch bei jeder Begegnung, dass da mehr zwischen ihnen ist als die alte Rivalität. Aber als Callie dabei ist, sich in einen Langweiler zu verlieben, muss Nick um sie kämpfen - Abmachung hin oder her!
"Fesselnd, romantisch und prickelnd!" Booksline
Band 4 der Bestseller-Reihe von April Dawson
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Seitenzahl: 314
APRIL DAWSON
Kiss the Boss
Eine Chefin zum Verlieben
Roman
Schon am College waren Nick und Callie erbitterte Konkurrenten. Machtkämpfe um bessere Noten, Aushilfjobs oder die längere Partynacht waren an der Tagesordnung. Doch als Nick Jahre später dringend einen Geschäftspartner braucht, hätte er nie gedacht, dass ausgerechnet Callie Newman das nötige Kapital und Wissen besitzt, um sein Unternehmen zu retten. Sie ist bereit ihm zu helfen, eine Jury von seiner Start-up-Idee zu überzeugen, allerdings nur zu ihren Bedingungen: Sie ist der Boss, und Flirtversuche sind strikt verboten! Schließlich ist das Callies einzige Chance, ihrem Vater zu beweisen, dass sie eine verantwortungsvolle Führungsposition übernehmen kann, um so zu verhindern, dass er seine Firma ihrer Schwester Sarah allein überlässt. Ablenkungen aller Art kann sie da gerade absolut nicht gebrauchen. Zähneknirschend lässt sich Nick darauf ein, dabei spürt er doch bei jeder Begegnung, dass da mehr zwischen ihnen ist als die alte Rivalität. Aber als Callie beginnt mit einem Langweiler auszugehen, weiß Nick augenblicklich, dass er um sie kämpfen muss – Abmachung hin oder her!
Für Salih
Die Liebe meines Lebens
Der herrliche Duft von fernöstlichen Speisen dringt in meine Nase, als ich das chinesische Restaurant betrete, und obwohl ich etwas nervös bin, beginnt mein Magen zu knurren. Die Dame am Empfang begrüßt mich freundlich und mustert mich interessiert von oben bis unten. Sie ist ungefähr in meinem Alter, schlank, mit schwarzen langen Haaren und dunkelbraunen Augen. Sie sieht süß aus, weshalb ich ihr zuzwinkere, vielleicht weil ich hoffe, ihre Nummer zu bekommen. »Nicolas Coleman, ich habe einen Tisch für zwei reserviert«, teile ich ihr lächelnd mit und stütze mich auf dem Tresen ab, hinter dem sie steht.
»Ach und Ihre Frau verspätet sich?«, fühlt sie mir auf den Zahn, um nicht ins Fettnäpfchen zu treten. Wissend grinsend beuge ich mich zu ihr vor. Für eine Asiatin ist sie ziemlich groß, weshalb es für mich ein Leichtes ist, ihr ins Ohr zu flüstern.
»Keine Ehefrau. Keine Freundin, aber viel Platz in meinem Bett«, raune ich ihr ins Ohr und höre ein leises Stöhnen, das nur für mich bestimmt ist. Das läuft ja wie am Schnürchen!
»Gut zu wissen«, zwinkert sie mir zu, während sie um den Tresen herumgeht. Ich lasse mich von ihr führen, kann aber die Augen nicht von ihrem knackigen Arsch lassen, den sie mit voller Absicht sexy hin und her wippt. Ich denke, ich werde sie heute Abend vernaschen, weil ich frei habe und noch nie eine Asiatin im Bett hatte.
Unser Tisch befindet sich in der Mitte des Restaurants und obwohl es gut besucht ist, hält sich der Lärm in Grenzen. Wenn ich etwas hasse, sind es überlaute Locations, wo man schreien muss, um sich zu unterhalten.
»Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Aufenthalt, Mr Coleman. Ich würde mich freuen, Sie bald wieder begrüßen zu dürfen.« Selbstbewusst reicht sie mir ihre Hand, die ich ergreife und sanft drücke. Miss Asia geht wieder an ihren Arbeitsplatz zurück, aber nicht bevor sie mir ihre Nummer dagelassen hat. Augenblicklich erscheint die Kellnerin, um meine Bestellung aufzunehmen und obwohl ich nach einem kühlen Bier lechze, bestelle ich mir ein Glas Wasser. Um Punkt zwölf Uhr mittags erscheint mein Onkel Charles und grüßt gut gelaunt. »Gut siehst du aus, Nick. New York scheint dir gut zu bekommen«, meint er und schenkt mir ein aufrichtiges Lächeln. Wenn er so lächelt, sehe ich etwas von Mom in seinen Zügen. »Das auf jeden Fall, Oklahoma kann mit Manhattan nicht mithalten.«
»Das habe ich schon öfter gehört. Wie geht es deiner Mutter?«
Ich lasse mir die Karte geben und bleibe ihm eine Weile eine Antwort schuldig. Was soll ich auch darauf antworten? Mom geht es finanziell sehr schlecht, doch das werde ich Charles nicht auf die Nase binden. Dafür ist unser Verhältnis nicht gut genug. »Es geht ihr gut. Sie hat einen neuen Job und zieht das Landleben der Stadt vor.«
»Das ist zwar schön, aber ich hätte mich auch gefreut, sie endlich wieder mal zu sehen. Es ist schon ein Jahr her. Sie kommt doch zu Liams Hochzeit, oder?«
»Leider nicht. Aber ich werde sie gebührend vertreten.«
»Daran habe ich keinen Zweifel.« Das Strahlen in seinem Gesicht zeigt, wie sehr er sich für das Glück seines Sohnes freut. Etwas, das ich nie in den Augen meines Vaters sehen werde, da er sich schon vor meiner Geburt aus dem Staub gemacht hat. Doch dieses leidige Thema schiebe ich weit von mir.
»Und hast du etwas von Ethan gehört?« Es überrascht mich, dass ich selbst überlegen muss, wann ich das letzte Mal von meinem Bruder gehört habe. Nach seinem Highschool-Abschluss ist er auf und davon. Bereist die Welt und lässt einmal im Monat von sich hören. So ist mein Bruder nun mal. Oklahoma, New York, selbst die Staaten, wären ihm zu klein gewesen.
»Er hat vor ein paar Wochen angerufen. Da war er in Ecuador. Wo er jetzt ist, weiß nur der liebe Gott.«
»Noch immer auf großer Weltreise?«
»Ja. Ich denke, bald hat er jedes Land durch«, erwidere ich scherzhaft und mein Onkel stimmt in mein Lachen mit ein.
»Beneidenswert. Ich habe von ihm eine Mail zu Weihnachten bekommen. Eine Karte von ihm am Strand von Jamaika. Mann, war ich neidisch. Immerhin hatten wir dreißig Zentimeter Neuschnee.«
Ich gebe selbst zu, dass ich in schwachen Momenten gerne mit Ethan tauschen würde. Einfach leben, und sich treiben lassen. Doch dann sehe ich die Schulden meiner Mutter vor mir, die leider nie gut mit Geld umgehen konnte, und besinne mich wieder. Mein Traum war es immer, etwas zu tun, was mir Spaß macht, und damit mich, Mom und Ethan über die Runden zu bringen. Und einen großen Schritt zu diesem Traum habe ich vor Kurzem geschafft.
»Ich habe gehört, du hast eine Firma gegründet«, meint Charles und versucht durch ein Lächeln seinen Missmut darüber zu verbergen. Ich weiß, dass er etwas in seinem Stolz verletzt ist, weil ich ihm nicht vorher von meinen Plänen erzählt habe. Aber ich kann dieses Unternehmen selbst an die Spitze bringen und brauche keine Hilfe von anderen.
»Das stimmt. Es steht noch in den Startlöchern, aber ich bin guter Dinge. Ich arbeite an einem neuartigen Smartphone, das ich speziell für das Militär entwickeln möchte.« Nun ist da wieder dieser Ausdruck in seinem Gesicht, dieser Stolz in seinen Augen, nur das er diesmal mir gilt. Ein komisches Gefühl.
»Hast du schon einen Prototyp?«, fragt er interessiert und bedankt sich bei der Bedienung, die unser Essen vor uns stellt. Das Hühnerfleisch Chop Suey riecht so gut, dass mein Magen schon wieder zu knurren beginnt.
»Noch nicht«, antworte ich und nehme einen Bissen von meinem Mittagessen. »Es befindet sich aber in der Endphase. Ich bin noch neu im Geschäft, aber ich überlege stark, mir einen Partner zu suchen, mit besseren finanziellen Mitteln, um den Prototyp fertigzustellen.«
»Schwebt dir da jemand Bestimmtes vor?«
»Es sollte jemand sein, der sich mit IT auskennt, vielleicht noch Erfahrung in der Vermarktung hat.«
»Du weißt doch, dass du auch jederzeit bei Coleman & Sons einsteigen kannst, oder? Wir können so gute Leute wie dich sehr gut gebrauchen.«
Mir ist bewusst, dass sein Angebot großzügig und gut gemeint ist, doch ich habe mir selbst geschworen, es ohne seine Hilfe zu schaffen. Nicht weil ich zu stolz bin, sondern weil ich es aus eigener Kraft schaffen will und nicht, weil meine Familie eine große Nummer in der Marketingbranche ist.
»Sollest du nicht im Ruhestand sein und das Leben genießen?«
Sein tiefes Lachen erklingt und auch er beginnt zu essen. Wir beide haben anscheinend ziemlichen Hunger. »Das sollte ich vielleicht, aber ich kann eben nicht aus meiner Haut. Diese Firma ist mein Zuhause. Und du als Teil unserer Familie solltest bei uns einsteigen.«
»Liam und Sean scheinen dich gut zu vertreten, die Zeitungen loben eure neuen Kampagnen. Die Reichweite ist gewaltig.«
»Das stimmt. Die Jungs hauen kräftig auf den Putz. Aber du weichst meiner Frage aus.«
Erwischt! Ich habe bewusst nicht darauf geantwortet, da ich einfach keinen Gefallen brauche. Später möchte ich mir nicht anhören, dass ich nur erfolgreich bin, weil mein Onkel mir alles ermöglicht hat. »Ich danke dir für das Angebot, doch ich muss ablehnen. Mein Traum ist es, ein Unternehmen selbstständig aufzubauen. Stück für Stück, auch wenn es lange dauern wird.«
Onkel Charles nickt verständnisvoll und widmet sich erneut seinem Essen. »Dafür habe ich den größten Respekt. Aber ich möchte dir einfach nur sagen, dass du immer auf mich zählen kannst, solltest du Probleme haben oder auch nur mal einen Rat brauchen.«
»Danke, Onkel.« Kurz schließe ich die Augen und öffne sie wieder, um voller Entschlossenheit in seine zu sehen. »Ich will es selbst schaffen.«
»Kannst du bitte heute für Jeremy einspringen?«, fleht Sylvia am Telefon. Im Hintergrund höre ich Gläser klirren und den Wasserhahn. Sie wird wohl schon in der Bar sein und beim Aufräumen helfen. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie bodenständig sie geblieben ist. Obwohl sie Inhaberin des angesagtesten Klubs in Manhattan ist, hilft sie, wo sie kann. Sei es an der Bar oder beim Saubermachen. Ich arbeite nun seit zwei Jahren bei ihr und habe es geschafft, mich während des Colleges über Wasser zu halten. »Du weißt aber schon, dass ich mir heute Abend bewusst frei genommen habe, oder?«
»Natürlich, Süßer. Aber Jeremy kotzt sich die Seele aus dem Leib und ich habe keinen, der in der Lounge bedient.« Ihre Verzweiflung spüre ich fast am eigenen Leib und habe ein schlechtes Gewissen, weil ich sie hinhalte. Aber verdammt, ich wollte heute an den Plänen für den Prototyp arbeiten. »Natürlich springe ich ein. Ich lasse dich doch nicht hängen.«
»Das ist mein Nick! Ich danke dir. Heute feiert die Verlobte von Liam Coleman ihren Junggesellinnenabschied. Da wird viel zu tun sein.«
Wenn ich die beiden Coleman-Männer in drei Worten beschreiben müsste, würde ich sagen gutaussehend, ehrgeizig und loyal. Ersteres ist wirklich nicht zu leugnen, es ist schon unverschämt, wie sexy die zwei sind. Liam und Sean sind Brüder, denen die Familie über alles geht, egal was passiert, man kann sich auf die beiden verlassen. Auch in der Marketingbranche haben sie sich einen Namen gemacht und gehören zu den Besten in ihrem Fach. Bis vor kurzer Zeit habe ich die Colemans gehasst, weil Sean meiner Schwester damals das Herz gebrochen hat, doch nun stehen die Dinge anders. Im positiven Sinn. In dem letzten Jahr hatte ich die Gelegenheit, Liam und auch Sean besser kennenzulernen. Immerhin ist meine Schwester mit ihm zusammen und wir teilen uns gemeinsam eine Wohnung.
Der Bass vibriert durch meinen Körper, als ich mich auf den Weg zu den Toiletten mache. Ich befinde mich auf dem Junggesellinnenabschied von Emma Reed, die Liam Coleman bald heiraten wird. Langsam sollte ich mal nachsehen, ob sich meine Schwester noch immer auf der Toilette die Seele aus dem Leib kotzt, oder ob ihr Mr Perfect sie schon abgeholt hat. Ich schlängle mich tanzend durch die Menge und begebe mich zu den Toiletten.
»Sarah? Lebst du noch?« Ich gehe an den Kabinen entlang und bleibe abrupt stehen, als sich vor mir die Tür mit voller Wucht öffnet. Eine etwas ramponierte, aber völlig klare Sarah steht vor mir und schnaubt wie ein wild gewordener Stier.
»Ob ich lebe? Was schert es dich denn? Immerhin hast du mich hier alleine gelassen!« Ich hebe abwehrend die Hände und versuche mit aller Kraft, nicht aufzulachen. Ihr Haar sieht so aus, als hätten wilde Vögel darin genistet und ihr Make-up ist total verschmiert. Sie könnte locker einen Zombie aus The Walking Dead mimen, doch das sage ich natürlich nicht laut. Etwas Überlebenswillen habe ich noch. Meine Schwester würde mich killen! »Mach mal halblang. Ich wollte dir ja helfen, aber du hast nach mir getreten und mir gesagt, ich solle verschwinden, weil du nicht willst, dass ich dich so sehe.«
»Echt?«, fragt sie nun verwirrt.
»Wie viel hast du denn getrunken?«, erwidere ich und blicke sie prüfend an.
»Nicht viel, aber der selbst gebrannte Schnaps von Charles hat es in sich gehabt.«
»Wann hast du denn Schnaps getrunken?« Ich wusste gar nicht, dass in der Wohnung von Emma welcher ausgeschenkt worden war.
»Emma und ich haben uns zwei Shots genehmigt, bevor uns die Limousine abgeholt hat.«
»Ach, Mädel. Der war sicher hochprozentig und du hast wie immer nicht viel gegessen, oder?« Ihr schuldbewusster Blick sagt alles, also nehme ich einen tiefen Atemzug und fahre fort. »Ich werde jetzt meine Tasche holen und dich wieder vorzeigbar machen, danach gehen wir in die Lounge und du isst mal was. Okay?«
»Okay. Ach Callie, manchmal frage ich mich, wer hier die Ältere von uns beiden ist.« Ich auch, Sarah, ich auch.
Nachdem meine Schwester wieder wie ein Mensch aussieht und mich nicht vor gesamter Menge blamieren kann, begeben wir uns wieder zu unserem Tisch. Der Klub ist voll von tanzenden Leuten und dröhnender Musik, die immer besser wird. Das schummrige Licht verhüllt uns im VIP-Bereich fast völlig, sodass wir zwar ungestört sind, aber einen herrlichen Blick auf die Menge unter uns haben. Unsere elegante Sitzgruppe aus feinem Leder befindet sich auf der Galerie, wo wir eine private Bar zur Verfügung haben. Ich bin nicht zum ersten Mal in diesem Klub, komme sogar öfter hierher, aber hier oben war ich noch nie. Zwar stamme ich aus einer wohlhabenden Familie, doch ich war nie scharf drauf, in Luxus zu schwelgen und mich nur mit Bonzenkids zu treffen. Meine beste Freundin Elena ist eine Latina und kommt aus einer Arbeiterfamilie. Durch sie weiß ich, dass es wichtig ist, dankbar zu sein für das, was man bereits erreicht hat.
Emma wippt im Takt der Musik an der Balustrade und blickt auf die Tanzfläche, während Elena, Nia und der Rest unserer Crew an unserem Tisch sitzen und sich unterhalten.
»Da ist ja die Partyqueen!«, brüllt Emma plötzlich hinter uns und zieht Sarah in ihre Arme. »Ach, die Party kann ruhig noch etwas warten. Callie und ich gehen schnell runter in die Lounge, etwas essen.«
»Müsst ihr doch nicht. Wir können uns was raufbestellen.«
»Wirklich?«, frage ich überrascht.
»Na klar!«, brüllt Emma und beginnt wieder zu tanzen, ihr Bedarf an Gesprächen scheint wieder gedeckt zu sein. Sie sieht lustig aus in ihrem rosa Tütü und der Schärpe, auf der Mrs Coleman aufgedruckt ist. Wenn ich sie beobachte, merke ich, wie glücklich sie ist und voller Stolz auf ihren Verlobungsring blickt. Im Gegensatz zu dem entspannten Liam ist Emma wie ein Wirbelwind, mit Hang zu Fettnäpfchen und einnehmendem Charisma. Seit einem Jahr sind die zwei verlobt und bald steigt die große Party. Ich persönlich liebe Hochzeiten, nicht wegen des Kitschs und des sich anschmachtenden Paares. Gott bewahre! Sondern wegen des guten Essens, der Cocktails und der süßen Typen, die man immer findet und abschleppen kann.
Emma strahlt wie eine Vierzig-Watt-Glühbirne genauso wie meine Schwester. Diese Colemans müssen es wohl in sich haben. Sarah und ich bestellen beim Barmann kalte Sandwiches und etwas zum Knabbern. Da der Magen meiner Schwester noch angeschlagen ist, habe ich leichte Kost ausgesucht. Während wir warten, sehe ich kurz auf mein Smartphone und merke, dass ich ein paar Nachrichten aus dem Gruppenchat mit meinen ehemaligen Studienkollegen verpasst habe.
Joey: Ich sag’s euch, dieser neue Job hängt mir schon zum Hals raus. Wofür Marketing studieren, wenn ich doch nur fürs Kaffeekochen eingeteilt werde?
Marcie: Das ist anfangs immer so. Beiß die Zähne zusammen, das wird schon. Ich denke hier in der Nachtschicht an euch und winke mal in die Runde.
Henry: Habt ihr ein Glück! Ich suche noch immer verzweifelt nach einem Job, diese Absagen lassen mich schon an mir zweifeln.
Nick: Kommt schon. Kinder, hört auf zu flennen und packt den Stier bei den Eiern. Joey, du wirst noch wichtigere Aufträge bekommen, du musst dich doch erst mal beweisen. Henry, Geduld ist eine Tugend, also halt durch, Alter. Man bekommt nichts geschenkt. Hey Marcie. Liebe Grüße zurück. Wo ist denn unser Prinzesschen? Hat sie sich einen Lord geangelt und ist nach England verschwunden?
Joey: War ja klar, dass Nick mal wieder den Macho rauslässt. Hey du Penner. Wie läuft es bei dir eigentlich? Schon die IT-Branche erobert?
Nick: Ich erobere generell nur Frauen, ist leichter als ne ganze Branche;)
Marcie: Ach Nick! Deine Frauengeschichten interessieren keinen. Erzähl doch mehr von deiner Firma, die du gegründet hast. Hab es auf deinem Blog gelesen.
Nick: Bist du etwas eifersüchtig, Marcie? Du weißt doch, dass mein Herz nur dir gehört. Wir haben einen Deal! Den habe ich nicht vergessen.
Henry: Welchen Deal denn? Macht es nicht so spannend;)
Marcie: Das ist unser Geheimnis. Nur Nick, Callie und ich wissen Bescheid.
Nick: Du hast es dem Prinzesschen erzählt? Wie konntest du nur?
Marcie: Halt die Klappe! Du weißt, wie sehr sie diesen Spitznamen hasst.
Nick: Ja, ja, aber nur dir zuliebe, mein Schatz. So muss jetzt Schluss machen, irgendwelche reichen Bitches wollen Snacks zu ihrem Champagner haben. Wir hören uns.
Henry: Bye Bro.
Joey: Viel Spaß mit den Ladys:P
Marcie: Bis später Jungs.
»Dieser verdammte Mistkerl!«, brumme ich und drücke mein Smartphone fester in meine Handfläche. Nick war von Anfang an ein Riesenarschloch mir gegenüber, weil wir Rivalen auf dem College waren, doch seine Sprüche nerven heute genauso wie am ersten Tag. Stets war es zwischen uns ein Wettrennen, wer Jahrgangsbester wird, und ich habe ihn in allen Fällen knapp geschlagen. Da aber Nicks Ego größer ist als der Mount Everest, hat er diese Niederlagen nie verkraftet und mich bei jeder Gelegenheit genervt. Ich kann ihn nicht leiden und war froh, als ich mit meinem Abschluss auch Nick losgeworden bin. Leider hatten wir gemeinsame Freunde am College und somit treffen wir uns öfter, als mir lieb ist. Die Fahrstuhltüren gehen auf und meine Wut nimmt ungeheure Maße an. Denn der Kellner, der gerade unser Essen bringt, ist niemand geringeres als Nick!
Die Party ist schon in vollem Gange, als ich den VIP-Bereich betrete, sodass nicht mal eine der Frauen merkt, dass ich schon das Essen auf den Tisch gestellt habe. Ich bin es gewohnt, dass mich in solchen Nobelklubs die hochgeborenen Gäste keines Blickes würdigen. Viele können sich nicht mal bedanken, aber ich habe es schon lange aufgegeben, mich darüber zu ärgern. Trotz der Arbeit, die unten auf mich wartet, kann ich es nicht lassen, die Mädels abzuchecken. Denn es sind wirklich heiße Exemplare dabei. Eine Brünette mit Kurven tanzt sich an der Balustrade gelehnt die Seele aus dem Leib, eine dunkelhaarige Latina trinkt Shots an der Bar und die anderen sehen auf ihre Smartphones. Ich entdecke auch einen Typen, der sich mit Hugh an der Bar unterhält.
Die einzige Blonde im Raum ist abrupt aufgestanden und hat mir den Rücken zugedreht. Sie steht etwas abseits der Gruppe, weshalb ich sie nicht gleich gesehen habe, aber Grundgütiger! Der Körper dieser Frau ist zum Niederknien. Endlos lange Beine, blondes Haar, für das ich immer schon eine Schwäche hatte, und dann noch dieses Kleid. Es ist knallrot, eng und schulterfrei. Genau nach meinem Geschmack. Ich lecke mir über die Lippen und spüre, dass ich wieder Sex brauche. Ich hätte diese Asiatin schon im Restaurant vernaschen sollen, denn so renne ich die ganze Nacht mit blauen Eiern rum!
Durch mein Starren habe ich nicht mal gemerkt, dass mich die Damen entdeckt haben und selbst damit beschäftigt sind mich abzuchecken.
»Wen haben wir denn da?«, fragt die Latina, umkreist mich und streicht dabei über meine Brust und meinen Rücken. Heilige Scheiße, selbst die Braut zieht mich mit den Augen aus. Jede, außer der Blonden und das stört mich. Dreh dich um, will ich rufen, besinne mich aber wieder.
»Das ist unser Stripper, Ladys«, sagt die Frau mit dem heißen Körper schließlich, und ich hätte schwören können, dass ich diese Stimme kenne.
»Was?«, frage ich verdutzt, doch das geht in dem Kreischen unter, das plötzlich ertönt. Die Braut fackelt nicht lange und zieht mich zu einem Stuhl in der Mitte des Raums.
»Moment! Da liegt ein …«, setze ich an und verstumme augenblicklich, als sich die blonde Schönheit umdreht und mich schadenfroh angrinst. Callie! Es wundert mich überhaupt nicht, dass sich das Prinzesschen im VIP-Bereich befindet. Mein weißes Hemd, das ich immer hinter der Bar trage, wird mit einem Ruck aufgerissen, sodass die Knöpfe in alle Richtungen fliegen und mein Oberkörper freigelegt wird. Diese zukünftige Mrs Coleman ist mit Sicherheit vieles, aber nicht schüchtern. Wieder ein Kreischen, als sie meine trainierten Bauchmuskeln sehen, da zahlt es sich auf alle Fälle aus, täglich ins Fitnessstudio zu gehen. Selbst Callie, die mich zum ersten Mal oben ohne sieht, kann die Augen nicht von mir lassen.
Die Mädels setzen mich auf den Stuhl und die Braut tanzt mich an, während ich einfach nur verwirrt dasitze. Moment!Wenn ich der Stripper wäre, sollte es genau umgekehrt sein und ich sie antanzen, oder? Aber die Frauen kümmert das nicht. Sie haben ihren Spaß, sogar die Prinzessin, die mir das eingebrockt hat. Ich könnte alle aufklären, dass ich nicht der Stripper bin, doch ich schweige und genieße die Show auf meinem Schoß. »Go, Emma«, schreit die kreischende Meute und die Besagte geht so richtig in die Vollen, streift mir das Hemd ab und streicht über meine Brust. Fuck! Das fühlt sich herrlich an, da plagen mich nicht mal Schuldgefühle, weil die Zukünftige von meinem Cousin mich anmacht. Am liebsten würde ich die anderen nehmen, selbst Callie, die ich nicht mal leiden kann.
Emma ist gerade dabei meine Hose aufzuknöpfen, als sich erneut die Fahrstuhltüren öffnen und der echte Stripper im Feuerwehroutfit die Bar betritt. Shit! Callie fängt ihn ab, redet mit ihm und scheint die Situation zu erklären. Er lacht und winkt mir zu, da es mir mit der zukünftigen Braut auf dem Schoß ziemlich gut geht.
»Emma. Ich will dir ja den Spaß nicht verderben, aber hier ist der echte Stripper, der eine bessere Show abliefert, als Nick hier.« Callie deutet mit dem Kopf in meine Richtung und die herablassende Art, mit der sie mir entgegenkommt, schürt die Wut in mir, die immer an der Oberfläche brodelt, sobald ich sie sehe. Schon am College hat sie immer so getan, als sei sie mir überlegen.
»Ach, du bist gar kein Stripper?«, fragt mich die Braut überrascht, erhebt sich aber nicht von meinem Schoß.
»Leider nein. Aber du hast das Tanzen für mich übernommen.«
Peinlich berührt steht sie auf und stolpert fast über meine Beine, doch ich kann sie vor einem Sturz bewahren.
»Also Ladys. Seid ihr bereit für Party?«, brüllt der Typ in seinem lächerlichen Outfit und beginnt die tollpatschige Emma anzutanzen. Wieder kreischen die Frauen und machen sich genauso über ihn her wie über mich. Alle bis auf Callie, die mich schadenfroh angrinst.
»Schönen Dank aber auch.« Ich tue so, als hätte mir diese kleine Einlage nicht gefallen, doch sie durchschaut mich sofort. »Ach, Nick. Lügen, war noch nie deine Stärke. Ich wollte mich für deine Chatnachrichten rächen.«
»So schlimm waren die doch nicht«, winke ich ab und greife nach meinem Hemd, das auf dem Boden liegt. Gott sei Dank habe ich immer Ersatzkleidung im Spind.
»Du hast keine Ahnung von Frauen, oder?«, fragt sie empört und lässt mich ratlos die Stirn runzeln.
»Wie meinst du das? Ihr Mädels mögt es doch, wenn man euch Prinzessin nennt.«
»Deine Mädels vielleicht, aber ich definitiv nicht. In mir befindet sich kein Prinzessinnenmaterial, also hör endlich auf mit dem Scheiß.«
»Ich könnte damit aufhören, aber es ist einfach zu schön, dir dabei zuzusehen, wie du an die Decke gehst.« Ihre Augen verengen sich zu Schlitzen, doch sie bleibt überraschenderweise ruhig. Sie greift nach einem Glas Champagner und nippt daran, bricht aber den Augenkontakt nicht ab. Etwas verändert sich darin. Die Wut ist fort und etwas anderes blitzt auf. Etwas, was ich sonst nicht von ihr kenne. In ihren High Heels umkreist sie mich wie ein blonder Racheengel, der zum Angriff übergeht, denn wenn ich etwas in den vergangenen Jahren mit dieser Frau gelernt habe, ist es, dass sie nie nachgibt. Dann steht sie vor mir, neigt den Kopf zur Seite und sieht zum ersten Mal direkt auf meinen Oberkörper.
Ihre Fingerspitzen streichen über die nackte Haut, die sich wegen ihrer Berührung anspannt. Sie lässt sich Zeit, streicht über die offengelegte Fläche und sieht mir nach einer endlos langen und quälenden Minute wieder in die Augen. Scheiße aber auch, sie sieht rattenscharf aus, wenn sie einen auf Femme fatale macht. Callie überbrückt die Distanz zwischen uns, presst ihren sportlichen Körper an mich, fest, sodass sie genau spüren kann, was sie mit mir anstellt.
»Geht dir da einer ab, Nicolas? Mir dabei zuzusehen, wenn ich wütend werde?« Scheiße! Ich habe eine schlagfertige Antwort, irgendwo in meinem Hirn, aber das ist leider ein paar Stockwerke tiefer gelandet und schreit danach, sich in dieser Frau zu versenken.
Ich bin nicht so dumm, auf diese Frage zu antworten. Dafür ist sie zu nah an meinen Eiern, um mir einen Tritt zu verpassen. »Tja, ich habe gehofft, du ziehst nicht gleich den Schwanz ein«, meint sie, als sie sich von mir entfernt und mich frech angrinst. Da stehe ich nun, geil und nicht imstande, mich wieder in den Griff zu bekommen. Denn neben dem Fakt, dass ich Callie Newman nicht leiden kann, hat ihr Körper doch einen Effekt auf mich. Einen viel zu intensiven, verdammt! Mit einem Ständer, der locker dem Eiffelturm Konkurrenz machen könnte, sehe ich sie an und merke zum ersten Mal, dass ich bis jetzt nie Bettmaterial in ihr gesehen habe, wie sonst bei Frauen. Sie war immer das reiche, verwöhnte Mädchen, das sich den Abschluss erkauft hat. Doch nun sehe ich die Frau, die Titten, den Arsch und bei Gott, diese verdammt langen, milchig weißen Beine.
»Bis dann, Nick. Du weißt nicht, was dich das nächste Mal erwartet, wenn du mich Prinzesschen nennst, also würde ich dir davon abraten. Dieses nette Gesicht täuscht, ich kann auch anders.«
»Dann freue ich mich darauf, bis zum nächsten Mal.« Eines ist sicher, ich werde niemals aufhören, dieses nervende Gör zu ärgern.
»Du bist so heiß«, brüllt mir der Typ, dessen Namen ich schon wieder vergessen habe, ins Ohr. Nicht gerade die schlaueste Anmache, aber da ich mich nach Nähe sehne, lasse ich es ihm durchgehen. Immerhin habe ich schon lange keinen Sex mehr gehabt, weshalb er mir gerade recht kommt. Jeff, wie ich glaube, sieht wirklich gut aus. Trainierter Körper, dunkler Teint, tätowiert, wildes schwarzes Haar und dieses dunkle Glitzern in den Augen, das ich immer an Bad Boys geliebt habe. Er riecht geradezu nach einer verbotenen Frucht, die ich unbedingt haben will. Ich reibe mich an diesem heißen Typen auf der Tanzfläche, genieße es, wie er durch meine gezielten Berührungen Wachs in meinen Händen wird.
Seine Finger ziehen feurige Spuren über meinen erhitzten Körper, bis sie sich in mein Haar krallen. Dann küsst er mich endlich, und auch wenn er aussieht wie ein Unterwäschemodel, haut mich sein Kuss nicht vom Hocker. Zu viel Zunge, zu wenig Können. Schade eigentlich. Er zieht mich an seinen harten Körper, doch wenn jemand nicht küssen kann, dann war’s das für mich. Nach dem Song lasse ich ihn einfach stehen und gehe wieder hinauf in den VIP-Bereich, wohin er mir Gott sei Dank nicht folgen kann.
Der erste Typ des Abends war ein Reinfall, aber die Nacht ist ja noch jung. Die Mädels lassen es noch immer krachen, als ich aus dem Fahrstuhl steige. Emma tanzt weiterhin, ist nach der Strippereinlage wie unter Storm und scheint jeden Augenblick ihres Junggesellinnenabschieds zu genießen.
»Hey Callie. Wo warst du denn?«, brüllt sie mir ins Ohr, als sie hüpfend auf mich zukommt.
Sie trägt ein Sommerkleid im Babydoll-Stil, was ihren Bauch und die Hüften kaschiert. Emma ist kurvig, selbstbewusst, attraktiv und das Beste von allem ist, dass sie ein gutes Herz hat. Diese junge Frau hat mich von Anfang an in ihren Freundeskreis aufgenommen und mich Nia und Aiden, ihrem besten Freund, der gerade den Barkeeper abschlabbert, vorgestellt.
»Ich habe nach etwas Heißem zum Abschleppen gesucht«, antworte ich und folge ihr zu unserem Tisch.
»Und, etwas für dich dabei?«
»Ich dachte zuerst jemanden gefunden zu haben, der meine Zeit wert wäre, aber da er küsst wie ein Fisch, habe ich ihn in die Wüste geschickt.«
»Autsch, das klingt gar nicht gut«, meint sie lachend und trinkt ihr Wasser auf ex.
So wie sie abgeht, wundert es mich nicht, dass sie durstig ist.
»Und es fühlt sich auch gar nicht gut an, glaub mir.«
»Was ist mit unserem Fakestripper? Der sah wirklich fantastisch aus … und der Körper erst«, schwärmt Emma und läuft etwas rot an, als sie merkt, dass sie von einem fremden Mann schwärmt.
»Nick? Gott nein!«, sage ich etwas zu laut, sodass sich alle am Tisch uns zuwenden und unserem Gespräch folgen.
»Du hast diesen Gott von einem Mann gekannt?«, ruft Nia empört.
»Ja?«, es ist eher eine Frage als Antwort.
Sie gibt mir einen leichten Klaps auf die Schulter. »Der war so lecker, den hättest du mir vorstellen sollen.«
»Sorry, Nia, aber ich kann diesen Typ nicht ausstehen. Ich finde, du hast etwas Besseres verdient als diesen Arsch.«
»Ach, das war Nick? Dein Nick?«, mischt sich nun auch meine Schwester ein und ich könnte ihr eine verpassen, denn das Letzte, was ich will, ist über ihn zu sprechen.
»Er ist nicht mein Nick! Nur um das klarzustellen. Aber ja, das war er in voller Herrlichkeit.«
»Hmm«, meint sie nur und greift nach ihrem Cocktail.
»Das ist alles, was du dazu sagst?« Nach all den Jahren, in denen ich mich über seine Sprüche beschwert habe, sollte sie doch mehr dazu zu sagen haben.
»Die Mädels haben ja schon festgestellt, dass er heiß ist, und so oft wie du dich über ihn geärgert hast, wundert es mich ehrlich gesagt, dass ihr noch nicht im Bett gelandet seid.«
»Wie bitte?« Ich reiße ihr den Drink aus der Hand und rieche daran. »Es sind kein Absinth oder Drogen in deinem Cosmopolitan, also kannst du nur einen Hirnschaden haben«, stelle ich schockiert fest.
»Ach Quatsch.« Sarah nimmt wieder ihr Getränk und sieht mich komisch an, als wüsste sie etwas und ich nicht. »Ich weiß, dass du ihn hasst, aber trotzdem, er hat dich abgecheckt und du hast auch nicht geheult, als er halb nackt von Emma überfallen wurde.«
»Hey!«, beschwert sich diese lautstark.
»Sorry, Süße, aber du bist heute außer Rand und Band«, meint Aidan, der einzige Mann in der Runde.
»Das ist mein letztes Wochenende als ledige Frau! Da darf ich doch die Puppen tanzen lassen, oder?«, fragt sie ihren besten Freund und stemmt die Hände an die Hüften.
»Tanzen, trinken und flirten ja, aber nicht jeden Typen anspringen, der nicht bei drei auf dem Baum ist.«
»Ja, ja. Spielverderber.«
Aidan nimmt die schmollende Emma in den Arm und gibt ihr einen Kuss auf die Schläfe. »So, genug über die zukünftige Mrs Coleman gesprochen! Also Callie …« Er sieht mich eindringlich an und rückt etwas näher an mich heran. »Wieso noch mal, sitzt du hier rum und hast nicht heißen Sex mit Fakestripper?«
Na toll, jetzt hat Nick sogar einen Spitznamen bei meinen Freunden. »Weil ich ihn nicht leiden kann?!«
Aiden wirft empört die Hände in die Luft. »Das sind meist die besten Sexpartner.«
»Für mich aber nicht.«
»Du bist doch nicht der »Bienchen und Blümchen«-Typ, oder?«
»Nein, das nicht, aber ich habe in Nick nie etwas anderes gesehen als ein Ekelpaket.«
»Auch nicht, als er halb nackt vor dir gestanden hat und du ihn betatscht hast?«
»Das hast du gesehen?« Ich habe gedacht, dass sich alle auf den echten Stripper konzentriert haben.
»Ich bitte dich. Eure Show war besser als dieser hüpfende, Pingpongball.« Er deutet mit dem Kopf auf Emma, die ihm gegen die Schulter boxt.
»Okay, ich gebe es zu, er sieht nicht schlecht aus. Aber trotzdem. Er ist und bleibt der Mann, der mich viele Nerven auf dem College gekostet hat mit seinen Sticheleien.«
»Wie du meinst …«, sagt er endlich und lässt hoffentlich das Thema fallen. Emma ist wieder in ihrem Element, als ein neuer Song erklingt, und animiert jeden hier im Raum zum Tanzen. Bevor wir jedoch weiterfeiern, flüstert Aidan mir ins Ohr: »Aber ich weiß, was ich gesehen habe, und das sind zwei Körper, die aufeinander abfahren.«
Ich lächle ihn an, boxe ihm ebenfalls auf die Schulter, bevor ich ihn zur Bar schleppe, um mit ihm auf Emma zu trinken. Aidan kann sagen und glauben, was er will, aber eines ist sicher. Niemals würde ich etwas mit Nick anfangen!
»Das ist doch Bullshit!«, rufe ich wütend, als ich mal wieder planlos vor meinem Prototyp sitze. Nach langer Arbeit sieht es aus wie ein wasser- und staubdichtes Smartphone. Das Gehäuse ist aus schwarzen Gummi, das leicht und kratzfest ist, und aus einem Material, welches vor allem beim Militär verwendet wird. Das Display ist aus Diamantglas, was einiges aushalten sollte, sodass auch Wasser kein Problem darstellt. Doch das Innenleben ist völlig leer. Derzeit habe ich einfach keine finanziellen Mittel mehr, um das Mainboard herzustellen, und somit befindet sich mein Projekt im Stillstand. Ich habe das Internet nach möglichen Geschäftspartnern durchforstet. Habe meine damaligen Studienkollegen zurate gezogen und auf brauchbare Kontakte gehofft, doch vergebens. Die meisten sind an einem Kleinunternehmen wie ich es habe, nicht interessiert, weil es ein zu großes Risiko darstellt. Und die, die mir eine Chance geben würden, sind mehr zwielichtig als vertrauenswürdig.
Seit Stunden sitze ich in meiner Wohnung im Büro, das ich zu einem Technikraum umgebaut habe, und gehe alles akribisch durch, doch ich lande immer wieder am selben Punkt. Ich brauche einen Partner mit dem nötigen Kleingeld. Mir ist bewusst, dass ich Charles fragen könnte, aber damit würde ich alles verraten, was mich ausmacht. An diesen Punkt werde ich nicht kommen. Es ist eine Option, die ich nicht in Betracht ziehe. Bin ich zu stolz? Vielleicht. Aber in einer Welt, in der sich jeder kaufen lässt, möchte ich doch meinen Prinzipien treu bleiben. Sehen wir den Tatsachen ins Auge. Ich bin pleite und brauche unbedingt einen Geschäftspartner mit dem nötigen Know-how und Beziehungen.
Bevor ich das alles in Angriff nehmen kann, brauche ich ein Bier, zwei Scotch und viele Jägermeister. In den letzten Tagen habe ich nur gerechnet, recherchiert und meine Zeit vor dem Computer verbracht. Scheiß drauf! Ich greife nach meinem Smartphone und beginne zu tippen.
Nick: Leute. Ich brauche unbedingt eine Pause von der Arbeit! Ich weiß, es ist erst Donnerstag, aber ich brauche Alkohol, mögliche Lösungen, eure Meinung und eine Frau. Bestenfalls nicht in dieser Reihenfolge. Also, seid ihr dabei?
Joey: Also das klingt doch interessant. Vor allem der Teil mit dem Alkohol und der Frau. I am in.
Marcie: Wann und wo?
Henry: Sorry Leute. Ich liege mit einer Grippe flach, aber haut rein und trinkt eins für mich mit.
Callie: Du Armer. Gute Besserung. Mach dir einen Tee und bleib im Bett.
Marcie: Gute Besserung, Henry. Callie kommst du mit?
Callie: Nein danke. Ich habe gerade einen Termin bei der Bank.
War ja wieder mal typisch, dass die First Lady von Manhattan sich mit ihresgleichen umgibt. Ich sollte die Klappe halten, aber ich kann nicht aus meiner Haut. Diese Frau bringt das Schlimmste in mir zum Vorschein.
Nick: War ja klar, dass du wieder mal am Geld zählen bist. Lass dich nicht stören, Prinzesschen.
Callie: Halt die Klappe, Nick!
Nick: Für alle anderen. Treffen wir uns im Rio in einer Stunde.
Callie: Fick dich, Nick. Bis in einer Stunde.
Na toll. Wenn ich heute Nacht etwas nicht brauchen kann, ist es Callie Newman.
Regel Nummer eins, wenn du in Manhattan lebst, lass das Auto stehen, wenn du nicht dein halbes Leben im Stau stecken willst. Auch wenn ich beschlossen habe, trinken zu gehen, fahre ich mit dem Bike, da ich mir vielleicht eine rettende Idee erhoffe. Das Fahren hat immer meine Gedanken ordnen können. Ich habe lange nach dem richtigen Bike für mich gesucht und bei der Triumph Bonneville war es Liebe auf den ersten Blick. Henry und Joey halten mich für ein Chick, wenn ich es Bonnie nenne, aber nichts geht über die Liebe eines Mannes zu seinem Motorrad, nicht mal eine Frau. Ich ziehe den Helm auf, setze mich auf mein Baby und lasse den Motor aufheulen. Das Vibrieren, das meinen ganzen Körper erfasst, ist, was mir das Gefühl gibt, am Leben zu sein.
Damals war ich ein kleiner Scheißer, als sich unser Nachbar Mickey eine Triumph zugelegt hat. Alles an diesem Gefährt hat mich fasziniert, sodass ich seit meinem siebten Lebensjahr davon geträumt habe, eins zu kaufen. Es hat etwa zehn Jahre gedauert, doch nun gehört es mir und lässt mich im New Yorker Verkehr nicht im Stich. Die Fahrt zur Bar dauert nicht lange, aber sie ist nicht mein Ziel. Es ist die videoüberwachte Tiefgarage, die in der Nähe liegt. Für meine Bonnie ist nur das Beste gut genug. Außerdem habe ich Angst, dass sie gestohlen werden könnte. Kaum habe ich meine Frisur wieder so halbwegs gerettet, klingelt das verdammte Telefon. Nicht mal ansaufen kann man sich in Ruhe!
»Ja?«, belle ich genervt ins Telefon. Ich brauche dringend etwas, das mich von meiner miesen Laune ablenkt. Am besten ein heißes Chick mit blonden Haaren und prallem Arsch.