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Sie gehört ihm – doch mit einem Kuss zwingt sie ihn in die Knie: Der Romantik-Sammelband »Kissing the Hero« mit über 1.000 Seiten von Patricia Grasso als eBook bei dotbooks. Schottland 1544: Als die schöne Brie einem wilden Highlander versprochen wird, ist sie fest entschlossen, sich diesem Barbaren niemals zu unterwerfen! Aber Iain MacArthur scheint nicht vorzuhaben, sie jemals wieder aus seinen Armen entkommen zu lassen ... Irland 1567: Um den Häschern ihrer Feinde zu entkommen, sucht Lady Kathryn Zuflucht in der Burg eines irischen Lords: Doch was er als Ausweg aus ihrem Unglück vorschlägt, ist skandalös – und seine glühenden Blicke sprechen noch dazu von einer ganz anderen Gefahr … Auf hoher See 1568: Während der Überfahrt nach Frankreich wird das Schiff der jungen Heather von Seeräubern überfallen. Als Geisel ist sie ihrem ruchlosen Anführer nun hilflos ausgeliefert – warum nur entfacht ausgerechnet er ein verbotenes Verlangen in ihr? Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der große Sammelband »Kissing the Hero« von Patricia Grasso vereint auf über 1.000 Seite mit die drei historischen Liebesroman-Highlights »Die Schöne der Highlands«, »Ein Rebell zum Verlieben« und »In den Händen des Wüstenprinzen«. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 1371
Über dieses Buch:
Schottland 1544: Als die schöne Brie einem wilden Highlander versprochen wird, ist sie fest entschlossen, sich diesem Barbaren niemals zu unterwerfen! Aber Iain MacArthur scheint nicht vorzuhaben, sie jemals wieder aus seinen Armen entkommen zu lassen ... Irland 1567: Um den Häschern ihrer Feinde zu entkommen, sucht Lady Kathryn Zuflucht in der Burg eines irischen Lords: Doch was er als Ausweg aus ihrem Unglück vorschlägt, ist skandalös – und seine glühenden Blicke sprechen noch dazu von einer ganz anderen Gefahr … Auf hoher See 1568: Während der Überfahrt nach Frankreich wird das Schiff der jungen Heather von Seeräubern überfallen. Als Geisel ist sie ihrem ruchlosen Anführer nun hilflos ausgeliefert – warum nur entfacht ausgerechnet er ein verbotenes Verlangen in ihr?
Über die Autorin:
Als Schülerin las Patricia Grasso »Vom Winde verweht« – und war enttäuscht von dem unglücklichen Ende. Schließlich glaubt sie an die große Liebe und das Happy End! Deswegen schreibt sie nun selbst Liebesromane mit glücklichem Ausgang. Zunächst war das Schreiben für sie nur ein Ausgleich zum alltäglichen Arbeitsstress, inzwischen ist sie eine erfolgreiche Bestsellerautorin: Ihre Romane sind preisgekrönt, wurden in fünfzehn Sprachen übersetzt und in zwanzig Ländern veröffentlicht. Patricia Grasso lebt in der Nähe von Boston, Massachusetts.
Die Autorin im Internet: www.patriciagrasso.com
Bei dotbooks veröffentlichte Patricia Grasso ihre Dukes-Trilogie, die auch als Sammelband unter dem Titel »Kissing the Duke« erhältlich ist:»In den Armen des Herzogs«»Die Liebe des Marquis«»Die Gefangene des Herzogs«
Sowie ihre Devereux-MacArthur-Reihe:»Die Lady und der Highlander«»Das Verlangen des Lords«»Lord meiner Träume«
Außerdem veröffentlichte sie bei dotbooks den Roman: »Das Herz des Prinzen«.
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Sammelband-Originalausgabe Oktober 2020
Copyright © der Sammelband-Originalausgabe 2020 dotbooks GmbH, München
Eine Übersicht über die Copyrights der einzelnen Romane finden Sie am Ende dieses eBooks.
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/andras_csontos und Period Images/Dunraven Productions
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)
ISBN 978-3-96655-042-0
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Patricia Grasso
Kissing the Hero
Drei Romane in einem eBook
dotbooks.
Aus dem Amerikanischen von Ingrid Laufenberg
Schottland, 1544: Dem Willen ihrer Königin kann sich die schöne Brie nicht widersetzen, aber sie schwört, sich niemals Lord Iain MacArthur hinzugeben – ein wilder Highlander, den sie zur Wahrung des Friedens zum Mann nehmen soll. Als er jedoch nur einen Stellvertreter zur Hochzeit sendet, ist Brie nicht bereit, diese Schmähung hinzunehmen und flieht bei Nacht und Nebel in die Highlands … direkt in die Arme des rauen Kriegers Magnus, der sie zu beschützen gelobt. Schon bald erweckt er ein ungekanntes Verlangen in ihr – doch als Brie erfährt, wer er wirklich ist, muss sie sich entschieden: zwischen ihrem Clan und dem, was ihr Herz ihr sagt …
Dieses Buch ist fünf ganz besonderen Menschen gewidmet:
In tiefer Dankbarkeit der echten Marianne Jacques – einer tatkräftigen, außergewöhnlichen Sekretärin.
In Liebe meinen Nichten und Neffen (in der Reihenfolge ihres Auftretens):
Sean – still und ernst und mit der Neigung, in meinem Englischunterricht einzuschlafen.
Samantha – die süßeste von allen und klug genug, im Unterricht ihrer lieben Tante wach zu bleiben.
Matthew – ein Geschenk Gottes, die Liebe meines Lebens. Du hast mein Herz gestohlen, und ich will es zurückhaben.
Jessica – der bezaubernde kleine Drachen des Grasso Clans, die fordert, daß ihr alle meine Bücher gewidmet werden.
England, Mai 1564
Nieselregen, zart wie ein Brautschleier, fiel sanft vom Himmel. Im Süden Englands hatte der Sommer begonnen. Basildon Castle, der Stammsitz der Grafen von Basildon, tauchte wie ein prächtiges Tier aus dem Nebel auf.
Auf einem der Türme ging eine einsame junge Frau auf und ab. Ihre Augen suchten ängstlich die Umgebung ab, besonders den Weg, der zu der Burg führte.
Brigette Edwina Devereux, die zweite Tochter des verstorbenen Earl of Basildon, ließ ihre Augen über den Weg wandern und erblickte, was sie befürchtet hatte. Eine Schar Männer ritt durch den dünnen Nebel auf Basildon Castle zu. Zu ihr! Sie zitterte ängstlich.
»Sieh! Der Bräutigam naht!« flüsterte eine Stimme direkt neben Brigettes Ohr. Schnell wandte sie sich um und stand ihrer jüngeren Schwester Heather gegenüber.
»Wenn ich erst verheiratet bin«, entgegnete Brigette, »werden die Augen der Königin auf dir ruhen. Dann wirst du kleines Ekel in derselben Lage sein wie ich jetzt.«
»Und wie unsere Schwester! Als Kathryn den Iren heiraten mußte, warst du alles andere als freundlich.« Heather grinste. »Und jetzt wirst du mit einem Wilden aus dem Norden vermählt.«
»Eines Tages wird Iain MacArthur der Graf von Dunridge sein und ich seine Gräfin«, entgegnete Brigette. Ihre Worte klangen zuversichtlicher, als sie sich fühlte. »Er ist kein Rebell.«
»Er ist schlimmer als ein Rebell«, fauchte Heather. »Rebellen töten für die Freiheit. Highlander töten aus Spaß!«
»Lügnerin!« kreischte Brigette. »Sommersprossige Lügnerin!« Die Beleidigung saß. Heather schrie wütend auf, aber als ihre Hand vorschoß, um ihre Schwester zu schlagen, wurde sie von hinten gepackt.
»Aufhören!«
»Laß mich!« schrie Heather und rang mit ihrer Cousine Spring. »Laß mich los, du Bastard!«
Bei diesen Worten rang Brigette nach Luft, und Spring ließ sofort ihre Hände sinken. Überrascht sah Heather ihre Cousine an und war beschämt, als sie sah, wie sehr sie das Mädchen gekränkt hatte.
»Ja, Mylady«, sagte Spring kalt. »Ich bin nur eure uneheliche Cousine, Lady Brigettes Kammerzofe.«
»Es tut mir leid. Ich wollte nicht ...«
»Die Gräfin schickt mich nach dir«, unterbrach Spring und sah Brigette an. »Dein Verlobter ist angekommen.«
Die drei jungen Frauen blickten neugierig über die Zinnen. Sir Henry Bagenal, Louise Devereux und der junge Graf Richard standen im Hof, um den Schotten zu begrüßen. Er war groß und gut gebaut. Zunächst schüttelte er Richards Hand und nickte respektvoll, dann begrüßte er Sir Henry. Schließlich beugte er sich tief über die Hand der Gräfin.
»Das muß Iain sein«, flüsterte Brigette.
»Die Queen hat es gut mit dir gemeint, Brie«, sagte Spring.
»Richard amüsiert sich«, bemerkte Heather. »Er wird wütend sein, daß Lord MacArthur sich nicht vor dem berühmten Earl von Basildon auf den Boden geworfen hat.«
Spring lachte leise, aber Brigette starrte weiterhin schweigend den Mann an, der ihr Ehemann werden sollte. Heather und Spring sahen erst sie und dann einander an.
»Da bleibt ihre Zunge einmal still«, witzelte Heather.
Brigette drehte sich mit einem zufriedenen Lächeln um. »Es wird Zeit, daß ich meinen schönen Highlander begrüße.« Sie verließ den Turmgang gemessenen Schrittes, rannte dann aber die Stufen hinunter, bis sie unten angekommen war. Nachdem sie einige Male tief Luft geholt hatte, trat sie hinaus.
Zierlich und anmutig bot Brigette ein Bild zerbrechlicher Weiblichkeit, als ihr alle Augen über den Hof folgten. Sie sah süß aus, und ihre großen grünen Augen, die vor Aufregung funkelten, hatte sie niedergeschlagen. Ein paar Löckchen, wilde Büschel aus kupferroter Seide, hatten sich aus ihren Flechten gelöst und standen in krassem Gegensatz zu ihrem passiven, unschuldigen Gesichtsausdruck.
Unwiderstehlich von ihm angezogen, ging Brigette auf ihren Verlobten zu, ohne sich die Mühe zu machen, ihre Familie oder Sir Henry zu begrüßen. Sie musterte den Schotten langsam von oben bis unten, dann trafen ihre Augen seinen aufmerksamen Blick.
Er war groß und schlank, aber kräftig gebaut. Seine breiten Schultern verjüngten sich zu einer schmalen Taille und schmalen Hüften. Sein Haar war hellbraun, und seine hellblauen Augen blickten leicht amüsiert. Im stillen dankte Brigette ihrem Schicksal, daß es ihr einen jungen und gutaussehenden Ehemann bescherte.
Plötzlich wurde sie sich bewußt, daß sie ihn anstarrte, und errötete verlegen. Sie lächelte, knickste und reichte ihm ihre Hand. »Lord MacArthur, ich bin Lady Brigette.«
»Lady Brigette«, sagte der Schotte und nahm ihre Hand. »Dieser neblige Hof wurde durch Ihr Erscheinen in höchstem Maße freundlicher.«
Sir Henry räusperte sich. »Brie, dies ist Lord Percy Mac Arthur, der Bruder deines Verlobten.«
»Oh!« Brigette zog ihre Hand zurück. Percy lächelte und Brigette, dunkelrot vor Verlegenheit, blickte sich im Hof um. »Lord Iain?«
»Mein Bruder ist noch in Schottland.« Percy runzelte die Stirn bei ihrem verblüfften Gesichtsausdruck. Sein Bruder sei verdammt!
»Lord Iain konnte die Reise nicht antreten«, erklärte Sir Henry, »und hat an seiner Stelle Lord Percy geschickt.«
»Werde ich nun Lord Percy heiraten?« fragte Brigette laut.
Percy schmunzelte und seine Männer brachen in Gelächter aus. Die Gräfin schüttelte mißbilligend den Kopf, und der junge Graf Richard machte ein gequältes Gesicht.
»Zu meinem unendlichen Bedauern werden Sie Iain heiraten«, sagte Percy.
»Brie, meine Liebe«, unterbrach Madame Devereux. »Lord Percy wird als Stellvertreter für seinen Bruder einspringen.«
»Stellvertreter?« kreischte Brigette schockiert und beleidigt. »Nein! Ich werde mich mit diesem Heiden nicht ferntrauen lassen!« Ihre blitzenden Augen trafen die Percys. Er sollte es bloß nicht wagen, ihr zu widersprechen.
»Es wird keine Hochzeit geben!«
»Brigette!« rief Madame Devereux.
»Die Königin hat bestimmt, daß du Lord Iain sofort heiraten sollst«, verkündete Sir Henry.
»Soll sie ihn doch heiraten!« schnaubte Brigette und Percy brach in Lachen aus.
»Brie!« schaltete Richard sich in die Auseinandersetzung ein. »Ich bin der Earl von Basildon und dein Lehnsherr. Du wirst Iain MacArthur heiraten und den Mund halten!«
»Den Teufel werde ich!« Brigette drehte sich um und stolzierte davon.
»Du wirst tun, was ich sage«, schrie Richard und erhob drohend seine Faust, »oder ich werfe dich in den finstersten Kerker!«
Brigettes Schritte wurden schneller. Beide, Engländer und Schotten, zügelten gleichermaßen ihren Zorn angesichts des zwölfjährigen Grafen, der Gehorsam verlangte. Beim Anblick von Brigettes Rückzug sagte sich Percy amüsiert, daß die zukünftige Gräfin von Dunridge eine englische Lady mit dem Temperament einer Schottin war. Wie überrascht Iain sein würde!
Brigette schmollte, als sie sich an diesem Abend zu dem großen Saal begab. Sie hatte den Nachmittag in ihrem Zimmer verbracht, allerdings nicht allein. Die Gräfinwitwe war Brigettes erste Besucherin gewesen und hatte heftig mit ihr geschimpft. Brigettes Benehmen war ungehörig für eine Dame und für die Tochter eines Grafen inakzeptabel. Wo waren Brigettes Stolz und Ehre? Madame Devereux verlangte, daß Brigette beim Abendessen sich von einer ganz anderen Seite zeigen sollte. Später hatten sich Heather und Spring hereingeschlichen und mit ihr gelitten. Spring hatte Brigette den Rat gegeben, mit Lord Percy zu sprechen. Sie solle in Erfahrung bringen, was Lord Iain hinderte, zu seiner Hochzeit zu kommen. Heather sah es praktischer. Ihrer Meinung nach hatte Brigette zwei Möglichkeiten. Sie konnte entweder Lord Iain heiraten oder in ein französisches Kloster gehen. Besonders reizvoll war keine von beiden Aussichten.
»Bring nicht noch mehr Schande über unsere Familie«, befahl die Gräfin streng, als sie ihre Tochter beim Eingang zum großen Saal abfing.
Brigette nickte.
»Halt nur ja deine Zunge im Zaum, Schwester«, flüsterte Richard, als sie an seinem Stuhl vorbeikam.
Brigette ignorierte ihn.
Lord Percy erhob sich lächelnd, als Brigette sich zu ihrem Platz zwischen ihm und Sir Henry begab. Verlegen erwiderte sie sein Lächeln.
»Mein Benehmen von vorhin tut mir sehr leid«, entschuldigte sich Brigette, als der erste Gang, Hammelkeule mit Knoblauch und Kalbsschulter, serviert wurde.
»Dazu besteht kein Grund«, versicherte Percy.. »Eine Heirat ist erschreckend und ...«
»Erschreckend?« Brigettes Stimme wurde lauter.
»Ich meine nicht verheiratet zu sein, sondern verheiratet zu werden.«
»Oh!« Brigette wurde rot. »Ihr seid offensichtlich nicht Eures Bruders Hüter«, sagte sie freundlich »und könnt deshalb auch nicht für seine Unhöflichkeit verantwortlich gemacht werden.«
Percy verschluckte sich fast an seinem Essen und wünschte sich, Iain könnte die Beleidigungen seiner Verlobten hören.
»Ich meine ...«
»Ich weiß, was Ihr meint«, unterbrach Percy sie.
»Ihr habt einen starken Akzent«, bemerkte Brigette, um das Thema zu wechseln.
»Stimmt nicht«, neckte er sie. »Den starken Akzent habt Ihr.«
Brigette lächelte. Percys Schlagfertigkeit gefiel ihr. »Erzählt mir von Eurer Heimat, Mylord. Ich bin noch nie außerhalb von Essex gewesen.«
»Es ist ein Land von einsamer Erhabenheit«, begann Percy, und seine Augen bekamen einen verträumten Ausdruck, »mit schneebedeckten Gipfeln, üppigen grünen Tälern und strahlendblauen Seen.« Er bemerkte Brigettes ehrfurchtsvolles Gesicht, und er lächelte. »Deshalb kehrt ein Highlander immer nach Hause zurück, Lady Brigette.«
»Es klingt wunderschön, aber ich möchte noch mehr wissen.«
»Dunridge Castle wird Euer Heim werden, falls Ihr meinen Bruder heiratet. Es liegt am Ufer des Loch Awe in der Grafschaft Argyll«, erzählte Percy. »Auf der anderen Seite des Loch liegt Inverary, der Sitz des Herzogs von Argyll, des Chefs von Clan Campbell, zu dem die MacArthurs gehören. Jetzt, da unsere schöne Königin aus Frankreich zurückgekehrt ist, wird der Herzog ...«
»Habt Ihr die Königin getroffen?« fragte Brigette mit großen, erwartungsvollen Augen.
»Wenn es notwendig ist, reisen Black Jack oder Iain nach Edinburgh.«
»Black Jack?«
»Mein Vater. Wißt Ihr, das ist meine allererste Reise nach England«, fuhr Percy fort. »Ich würde gerne die Ländereien Eures Bruders sehen. Würdet Ihr wohl morgen mit mir ausreiten?«
»Ja, aber nur, wenn Ihr mich Brie nennt – wie alle meine Freunde.«
»Brie?« Percy schmunzelte. »Wie der Käse?«
Die Schlagfertigkeit des Schotten amüsierte Brigette, und sie lachte laut mit einem melodischen Klang, der die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich zog. Offensichtlich war Lady Brigettes gute Laune wiederhergestellt. Die Männer aus dem Norden warfen einander vielsagende Blicke zu. Wenn Percy die temperamentvolle Dame so leicht bezaubern konnte, würde Iain schon gar keine Schwierigkeiten haben, sie zu zähmen.
»Der Sommer ist da«, verkündete Brigette, als sie am nächsten Morgen mit Percy ausritt.
»Woher wißt Ihr das?«
»Die Luft ist wärmer, der Nebel feiner, und die Bäume sind ein bißchen grüner als gestern.«
Percy lächelte. »Wenn Ihr das englische Klima mögt«, entgegnete er, »werdet Ihr das schottische lieben. Es ist kälter und nässer und im Sommer ein bißchen grüner.«
»Ich verabscheue Regen und Kälte.« Der Gedanke an ihre Heirat irritierte sie.
»Und Grün?« spottete er freundlich.
Brigette warf Percy, der sie angrinste, einen Blick zu. Sie konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Er war freundlich zu ihr gewesen. Brigette bedauerte, daß sie ihn so angefahren hatte. »Es tut mir leid, daß ...«
»Ich nehme das nicht übel, Brie. Wenn so große Veränderungen auf einen zukommen wie einen Fremden zu heiraten, hat man es nicht leicht.«
»Ich habe keine andere Wahl.«
»Brie! Brie!« Über eine kleine grüne Kuppe kam der junge Earl von Basildon in schnellem Galopp auf sie zu. »Was denkst du dir nur dabei, ohne Begleitung auszureiten?« fuhr Richard seine Schwester an, als er sie erreicht hatte. »Es ziemt sich nicht, und Mutter ist wütend!«
»Das Mädchen war vollkommen sicher bei mir.«
»Oh!« Richard schaute betroffen. »Ich habe das nicht so gemeint ...«
Percy lachte. »Ihr Engländer habt die reizende Angewohnheit, Euch für Dinge zu entschuldigen, die Ihr nicht so meint. Laßt uns ein Stück gemeinsam reiten«, schlug er vor, »bevor Brie zurückkehren muß, um sich auf ihre Hochzeit vorzubereiten.«
Richard sah seine Schwester in der Erwartung an, daß sie protestieren würde, aber sie sagte nichts. Die drei ritten eine Zeitlang in freundlichem Schweigen und genossen das üppige Grün der Landschaft.
»Wie lange ist dieses Land schon im Besitz der Devereux?« brach Percy das Schweigen.
»Basildon gehört uns, seit mein Urgroßvater mit dem Tudor aus Wales kam«, antwortete Richard.
»Das ist der Großvater der Königin«, fügte Brigette hinzu.
»Als Belohnung für seine Loyalität und seine Dienste verheiratete der Tudor unseren Urgroßvater mit unserer Urgroßmutter, der Erbin all dessen, was Ihr hier seht.«
»Wir sind entfernte Cousins der Königin«, rief Richard stolz dazwischen.
»Aber Eure Mutter ist Französin?«
»Ja«, antwortete Richard. »Vater war für König Heinrich in Frankreich und heiratete Mutter ...«
»Ohne Erlaubnis des Königs«, unterbrach Brigette.
Percy lächelte und dachte, daß die Kinder vom Vater geprägt waren, der offensichtlich einen starken Willen besessen hatte.
»Aber der König hat seinem Lieblingscousin vierten Grades vergeben«, fuhr Richard fort, »und hier sind wir also.«
»Vor drei Jahren wurde Vater von Wilderern getötet, und wir wurden Mündel der Königin«, sagte Brigette. »Ich nehme an, Ihr habt in Schottland auch Wilderer?«
»Im schottischen Hochland«, sagte Percy, »überfällt ein Clan den anderen, aus Spaß und Gier, könnte man sagen.«
»Spaß!« Brigette erinnerte sich an Heathers schreckliche Worte und zitterte.
»Deshalb ist Iain in Schottland geblieben.« Percy sah Brigette an. »Murdac Menzies hat MacArthur-Gebiet überfallen. Black Jack wurde nach Edinburgh gerufen, und Iain mußte die Verteidigung von Dunridge überwachen. Frühling, Sommer und Herbst sind bei uns die Zeiten für Überfälle.«
»Dann töten Highlander also zum Vergnügen?« Brigette konnte sich die Frage einfach nicht verkneifen.
Percy sah sie scharf an, aber seine Stimme war freundlich, als er antwortete. »Kein vernünftiger Mensch tötet zum Vergnügen, Mädchen, und er bereitet auch niemandem unnötig Kummer oder Schmerzen. Ich hoffe, Ihr werdet Iain seine Abwesenheit nicht übelnehmen.«
Brigette rutschte in ihrem Sattel hin und her und platzte dann heraus: »Weshalb seid Ihr nicht an Iains Stelle in Dunridge geblieben?«
»Ich glaube, wir sollten jetzt umkehren. Sonst kommt Ihr noch zu spät zu Eurer eigenen Hochzeit«, schlug Percy vor und ignorierte ihre Frage. Percy wollte seiner zukünftigen Schwägerin gegenüber nicht eingestehen, daß sein Vater und sein Bruder ihn für einen unbekümmerten Dummkopf hielten und sich geweigert hatten, die Verteidigung von Dunridge in seine Hände zu legen.
Der Nachmittag ging langsam in die Abenddämmerung über, und die Schatten im Arbeitszimmer des Grafen wurden länger. Sir Henry, Percy und Vater Dowd standen vor dem Kamin und plauderten, während Richard und Heather in dem Raum auf und ab liefen wie Tiere in einem Käfig. Hin und wieder schweifte Sir Henrys Blick zur Gräfinwitwe, deren Augen ängstlich auf die Tür gerichtet waren. Brigette kam zu spät zu der Zeremonie, die sie an Iain Mac Arthur binden sollte.
Hmmm! dachte Madame Devereux. Das war nicht die Art Hochzeit, die die Tochter eines Grafen verdient hatte. Verflucht sei Iain MacArthur! Verflucht sei ebenso die Königin, die diese ungleiche Verbindung veranlaßt und darauf bestanden hatte, daß die Hochzeit unverzüglich stattfinden sollte.
Da es eine Ferntrauung war, hatte die Gräfinwitwe auf allen Pomp verzichtet, einschließlich der kirchlichen Trauung. Brigette war eine gläubige Katholikin, und sie war durch die Abwesenheit des Bräutigams schon genug gedemütigt. Die Gräfin wußte, daß der Stolz ihrer Tochter weitere Beleidigungen nicht ertragen konnte.
»Wo ist sie?« knurrte Richard, der über das Warten sehr verärgert war.
»Es ist das Vorrecht der Braut, zu spät zu kommen«, sagte Percy mit einem Blick auf den Jungen.
»Mein Gott!« rief Heather mit entsetztem Gesichtsausdruck. Sie trat von der Tür zurück, und Brigette trat ein. Den Anwesenden blieb vor Entgeisterung der Mund offen stehen.
Die Braut trug Schwarz. Sie hatte sich eins der Trauerkleider ihrer Mutter richten lassen. Ihr kupferfarbenes Haar war in der Mitte gescheitelt, im Nacken streng zu einem festen Knoten zusammengesteckt und von einem schwarzen Schleier bedeckt. Sie konnte gezwungen werden, den unhöflichen Schotten zu heiraten, aber alle sollten wissen, daß sie nur widerwillig in den heiligen Stand der Ehe trat.
Brigette blieb in der Tür stehen, um eine bessere Wirkung zu erzielen. Ihre blitzenden grünen Augen funkelten vor Trotz. Wehe dem, der es wagen sollte, ihre Kleidung zu kritisieren.
»Brigette Edwina Devereux!« kreischte die Gräfin entrüstet.
»Soll ich für einen abwesenden Bräutigam als strahlende Braut erscheinen?«
Richard trat vor, um seine Schwester wieder nach oben zu schicken, aber Percy hielt ihn am Arm zurück. Es war besser, wenn sie ihre Wut austobte, bevor sie ihren Mann traf. Iain war ein guter Mann, aber die Eskapaden seiner Braut würden ihn wohl kaum amüsieren.
Percy musterte Brigettes Kleidung von Kopf bis Fuß und durchquerte den Raum. Seine Schultern zitterten von der Anstrengung, sich das Lachen zu verkneifen. Sein Blick traf den ihren. Sie war bereit, sich der schwierigen Situation zu stellen. Percy nahm sich zusammen, streckte seine Hand aus und lächelte ermutigend. Brigette zögerte, überrascht, daß er nicht wütend war, und legte dann ihre Hand in die seine. Sie gingen durch den Raum zu Vater Down.
Der alte Priester betrachtete Brigette von oben bis unten. Er schüttelte seinen Kopf und dankte im stillen dem Herrn, daß er sich dem Zölibat verschrieben hatte. Die Zeremonie begann.
Als der Augenblick gekommen war, ihr Gelübde zu sprechen, zögerte Brigette. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie sah zu ihrer Mutter, deren Ausdruck streng war, und dann zu Sir Henry, der peinlich berührt wegsah. Sie räusperte sich. Während Brigette die Worte flüsterte, die sie mit Iain MacArthur verbinden sollten, überkam sie ein Gefühl der Hilflosigkeit. Jetzt war sie der Gnade dieses Heiden ausgeliefert.
Die letzten Worte wurden gesprochen. Sir Henry führte Percy und Brigette zu dem Tisch an der anderen Seite des Raumes, um die notwendigen Dokumente zu unterzeichnen. Im Namen der Königin unterschrieb Sir Henry als erster. Dann gab er die Feder an Percy weiter, der im Namen von Iain MacArthur unterschrieb und ihn mit einem Schnörkel versah. Brigette starrte die Feder stumm an, als Percy sie ihr reichte.
Die Gräfin wollte sie schon ermahnen, aber Percy drückte Brigette die Feder in die Hand und deutete auf die Heiratsurkunden. Sich ihrem Schicksal ergebend, unterschrieb Brigette ihrerseits mit einem kühnen Schnörkel. Sie war jetzt Lady MacArthur, in Freud und Leid.
Die Gräfinwitwe nahm ihre Tochter sogleich am Arm und führte sie in Richtung Tür. »Ich bin sicher, du möchtest dein reizendes Kleid vor dem Abendessen wechseln, meine Liebe.«
Brigette sah die Warnung in den Augen ihrer Mutter, nickte und ging. Als sie die Halle durchquerte, erklang schallendes Gelächter. Percy konnte sich nicht länger beherrschen.
Wie durch Zauberhand hatte sich der Nebel im Schutz der Dunkelheit aufgelöst. Jeder, der im Hof herumlief, bemerkte die Veränderung und hoffte, daß Basildon Castle an diesem Tag Sonnenstrahlen sehen würde. Schon vor Beginn der Dämmerung hatten die Schotten ihre Abreise vorbereitet. Nun standen oder saßen die meisten herum und warteten auf Lady MacArthur.
Mit einem grimmigen Gesichtsausdruck erschien Spring und durchquerte den Hof. »Sie ist nicht in ihrem Zimmer«, sagte sie zu der Gräfin. Percy und Madame Devereux tauschten besorgte Blicke aus.
»Wenn sie weggelaufen ist«, drohte Richard, »werde ich ihr bei lebendigem Leib die Haut abziehen.«
»Phhh!« schnaubte Heather spöttisch. »Brie ist viel zu feige, um ... Da ist sie ja.« Fertig angezogen für die Reise mit dunkler wollener Reisekleidung und Umhang betrat Brigette den Hof von der Schloßkapelle her und lächelte entschuldigend.
»Sie dachten schon, du wärest weggelaufen!« rief Heather. »Ich habe ihnen gesagt ...«
»Ich habe dem Vater auf Wiedersehen gesagt.«
Der Ausdruck der Gräfin wurde versöhnlicher, und sie breitete die Arme für ihre Tochter aus. Wie ein verlassenes Kind warf sich Brigette in die Arme ihrer Mutter. Sie schloß ihre Augen, spürte die liebende Wärme ihrer Mutter und wußte, daß von diesem Tag an nichts mehr wie früher sein würde. Wenn Brigette Basildon verließ, würde sie ihre Kindheit hinter sich lassen.
»Ich habe Angst«, flüsterte Brigette.
Ihre Mutter hob ihr Kinn und lächelte traurig.
»Du mußt keine Angst haben, Liebes. Wenn dein Mann nur annähernd so ist wie Lord Percy, ist er ein guter Mann. Wirst du mir etwas versprechen, Brie?«
Brigette nickte. »Ja ..., was du willst.«
»Du bist manchmal sehr impulsiv«, sagte sie. »Bevor du etwas sagst oder tust, denk daran, daß du die Tochter eines Grafen bist. Würdest du das für mich tun?«
»Ja, ich verspreche es.«
Die Gräfin küßte Brigette und umarmte sie fest. »Sag deinem –Bruder und deiner Schwester auf Wiedersehen«, flüsterte sie schließlich.
Brigette wandte sich zu Heather. Weinend umarmten sich die Schwestern.
»Es tut mir leid, daß ich dir Angst eingejagt habe«, schluchzte Heather. »Ich bin sicher, daß Lord MacArthur nicht aus Spaß tötet.«
»Und mir tut es leid, daß ich dich beleidigt habe«, entgegnete Brigette. »Ich mag deine Sommersprossen. Wirst du mir schreiben?«
Heather nickte, und sie umarmten sich ein letztes Mal.
Brigette sah ihren Bruder an. Ihre Lippen zitterten in dem Bemühen, nicht zu weinen. »Lebt wohl, Euer Erlaucht«, sagte sie und knickste.
In höchst unwürdiger Weise warf sich der junge Lord in die Arme seiner Schwester und ließ seinem Kummer freien Lauf. »Ich werde dich vermissen, Brie.«
»Sieh zu, daß du etwas lernst«, sagte Brigette und umarmte ihn fest, »damit du ein ebenso feiner Mann wirst wie Vater.«
»Das werde ich«, versprach Richard und sah dann zu Percy hinüber. »Wenn du mich brauchst«, flüsterte er, »schick mir eine Nachricht.«
Brigette küßte Sir Henry auf die Wangen. »Ich werde auch Euch vermissen, Mylord. Ihr seid wie ein Vater zu mir gewesen. Danke, daß Ihr Euch so um uns gekümmert habt.«
»Werde glücklich, Brie.«
Brigette nickte und wandte sich dann an Percy. »Ich bin soweit.«
Percy half ihr aufs Pferd und bestieg dann seinen Hengst. Brigette sah, wie der Schotte Jamie ihrer Cousine Spring aufs Pferd half, und war froh, daß sie mit ihr reiste. So würde sie im Haus ihres Mannes wenigstens eine Freundin haben.
Percy gab den Befehl zum Aufbruch. Umgeben von den Kriegern ihres Mannes begann Lady MacArthur ihre lange Reise nach Schottland. Sie ritten schweigend und gemächlich. Brigette betrachtete die Landschaft und prägte sie sich ein. Es würde lange, sehr lange dauern, bis sie ihre Heimat wiedersehen würde. Der Morgen graute und wie der Himmel, so wurde auch Brigettes Stimmung allmählich heller. Weshalb sollte sie unter einem unmöglichen Ehemann leiden? überlegte sie. Weil die Königin es befohlen hatte? Pah! Wenn sich das Leben mit diesem Heiden als unerträglich herausstellen sollte, werde ich weglaufen!
Ihrem neu gefundenen Selbstvertrauen zustimmend, befreite sich auch die Sonne von ihrer beengenden Wolkendecke. Brigette spürte die Aufregung eines Abenteuers, kicherte vor jugendlicher Freude und spornte ihr Pferd an. Im Wettrennen gegen einen unsichtbaren Gegner galoppierte sie ihrer Eskorte davon. Fluchend stob Percy ihr nach.
Als Brigette zurückblickte, sah sie, daß Percy sie einholte. Sie trieb ihr Pferd weiter an, aber sein Hengst war zu stark für ihren Wallach. Percy rief Brigette zu, daß sie anhalten sollte, aber sie überhörte ihn. Er streckte die Hand aus, riß ihr die Zügel aus der Hand und zwang den Wallach, langsamer zu werden und schließlich anzuhalten.
»Ihr solltet nicht ohne Ankündigung vorausreiten«, schimpfte Percy. »Das ist gefährlich!«
»Die Sonne scheint, und das Leben ist einfach wunderbar!« rief Brigette, nicht im geringsten von seiner Strenge eingeschüchtert. Ihre Freude war ansteckend, und Percy konnte nicht anders, als auch zu lächeln. Mit einem Blick zurück auf das herannahende Gefolge fügte sie hinzu: »Ich schätze es gar nicht, wie Euer Jamie meine Spring anstarrt.«
»Mir ist nicht aufgefallen, daß sie sich beschwert hätte«, sagte Percy. »Mir ist jedoch aufgefallen, daß Ihr das Thema wechselt.«
»Wie überaus scharfsinnig von Euch!«
»Im Ernst«, setzte er hinzu. »Ihr könnt nicht einfach davonreiten, wie Ihr wollt. Ich kann Euch so unmöglich beschützen. Es könnten sich hier überall Wegelagerer herumtreiben.«
»Oh!« Brigette führte ihr Pferd näher an Percys heran.
»Percy«, fragte sie plötzlich. »Weshalb hat sich Lord Iain eine englische Braut ausgesucht?«
»Das war Black Jacks Idee. Aus politischen Gründen vermutlich.«
»Politische Gründe?«
»Weshalb hat die Königin Euch mit einem Schotten verheiratet?«
»Wahrscheinlich, damit man sich um eine Baptistin weniger in England sorgen muß.«
»Wie ich schon sagte: politische Gründe.«
Mit jeder weiteren Meile wurde Brigettes Stimmung wie auch ihr Hinterteil durch den schier endlosen Ritt immer stärker strapaziert. Als es dämmerte, war ihre Abenteuer-Stimmung verschwunden. Für die Nacht machten sie Rast in St. Alban, einer Stadt mit Blick auf den Fluß Ver.
Sie hielten vor dem Red Lion Inn, wo sie bereits erwartet wurden, da einer von MacArthurs Männern vorausgeritten war, um alle Vorbereitungen zu treffen. Zu müde, um abzusteigen, schwankte Brigette erschöpft in ihrem Sattel.
»Armes Mädchen«, sagte Percy besorgt. Er hob sie vom Pferd und trug sie in den Aufenthaltsraum der Herberge. Der Gastwirt, ein kleiner und stämmiger Mann, führte ihn sogleich zu Brigettes Zimmer. Eine ebenso leidende Spring folgte ihnen.
»Nein!« rief Brigette, als ihr klar wurde, daß Percy sie auf das Bett setzen wollte. »Ich werde im Stehen essen und auf dem Bauch schlafen.«
Percy verbarg seine Belustigung und wandte sich an Spring. »Jamie wird gleich mit dem Abendessen kommen. Wir wollen im Morgengrauen wieder aufbrechen. Seid dann also bereit.«
Die Tür schloß sich, und Brigette legte sich vollständig angezogen mit dem Gesicht nach unten aufs Bett. »Vergiß mein Abendessen, Cousine. Ich bin zu müde, um zu kauen.« Das letzte Wort war kaum ausgesprochen, da schlief Brigette auch schon.
Nach fünf Tagen im Sattel hatten Brigette und Spring immer noch Wunden, litten aber nicht mehr so sehr. Auf ihrer Reise nach Norden kamen sie durch Leicester, Derby, Sheffield und die mittelalterliche Stadt York.
York war das Ende der Zivilisation, wie Brigette sie kannte. Nachts schliefen Spring und sie auf unbequemen Feldbetten in einem Zelt, das MacArthurs Männer für sie aufbauten. Die beiden Engländerinnen konnten es kaum fassen, daß sich die kernigen Schotten einfach in ihre schwarzgrünen Plaids einwickelten und auf dem Boden schliefen.
Umgeben von MacArthurs Männern ritten Brigette und Spring weiter, während sie sich über ihre schwieligen Hinterteile beklagten und darüber debattierten, ob die Sonne sich je wieder zeigen würde. Als Brigette den Blick von ihrer Cousine abwandte, war sie verblüfft von dem Anblick, der sich ihr bot.
»Seht doch!« rief sie und richtete ihren Zeigefinger in die Ferne.
Am Horizont war ein Teppich aus lila Heidekraut zu erkennen. Atemberaubende Berge, durch die vielen Bäume in ein kraftvolles Grün getaucht, erhoben sich in der Ferne.
Von Brigettes Schrei alarmiert zogen MacArthurs Männer ihre Schwerter. Als Percy sah, daß keine Gefahr bestand, befahl er den Männern, ihre Waffen wieder einzustecken. Dann ritt er zu den beiden Frauen.
»Eure Highlands sind einfach wunderschön!« rief Brigette begeistert.
»Highlands?« Percy war verwirrt.
»Seht doch, Percy. Die Highlands!«
»Och, Mädchen! Wir haben gerade mal England hinter uns gelassen.« Percy brach in Gelächter aus und seine Männer stimmten ein. »Das sind die Cheviot Hills, Brie, nicht die Highlands. Es ist ein Teil des Grenzgebiets – Bothwells Land.«
»Bothwell?«
»Der Graf von Bothwell«, erklärte er. »Leider werden wir Jamie Hepburns berühmte Gastfreundschaft nicht genießen können. Er ist Gast Eurer Königin – im Tower –, aber den Gerüchten zufolge wird er bald befreit werden.«
»Was hat er getan, daß er im Tower eingesperrt wurde?«
»Getan?« Percy zuckte die Schultern. »Nichts, soweit ich weiß.«
»Aber weshalb ...«
»Eure Königin braucht keinen Grund«, unterbrach Percy. »Wie ich schon sagte: Politik.«
»Oh!«
»Ich habe jemanden vorausgeschickt, der den Männern des Grafen mitteilt, daß wir hier durchreiten«, fügte er hinzu. »Ich wollte nicht, daß sie uns angreifen.«
»Angreifen?« rief Spring erschrocken.
Percy blickte zu der Zofe seiner Schwägerin.
»Die Wegelagerer des Grafen sind wilde Kerle.«
»Und durch ihre Überfälle trainieren diese Freibeuter ihre Kampfbereitschaft«, führte Jamie weiter aus; der neben Spring geritten war. »Aber macht Euch deshalb keine Sorgen, Mädchen. Ich werde Euch mit meinem Leben beschützen.« Spring lächelte ihn strahlend an, und über ihren Kopf hinweg warf Jamie einen bedeutungsvollen Blick zu Percy.
»Laßt uns vorausreiten«, schlug Percy daraufhin Brigette vor. »Wenn Ihr Interesse habt, erzähle ich Euch ein bißchen über die Geschichte Schottlands.«
Sie ritten eine kurze Strecke voraus, brachten ihre Pferde dann in eine gemächlichere Gangart und achteten darauf, in Sichtweite von MacArthurs Männern zu bleiben. Brigette lächelte Percy erwartungsvoll an.
»Der größte schottische Held ist Robert Bruce«, begann er, »der Eure englischen Streitkräfte bei Bannockburn geschlagen hat.«
»Das glaube ich nicht!« rief Brigette entrüstet. »Ich habe noch nie gehört, daß die Schotten die Engländer geschlagen hätten.«
»Das überrascht mich nicht«, entgegnete Percy, »aber es ist wahr. Robert Steward war Bruces Enkel und Jakob I. war Roberts Enkel. All die königlichen Stewarts, einschließlich Königin Marys Vater, fanden ein tragisches Ende.« Percy fand Gefallen an seinem Thema. »Jakob I. wurde ermordet. Sein Sohn Jakob II. wurde gekrönt, als er sechs Jahre alt war. Unglücklicherweise wurde er durch eine explodierende Kanone getötet. Sein Sohn Jakob III. kam im Alter von neun Jahren auf den Thron. Wie sein Großvater vor ihm wurde auch Jakob III. ermordet. Jakob IV. heiratete Margaret Tudor, die Tante Eurer Königin. Sein verheerender Fehler war es, in England einzumarschieren. Bei Flodden wurde er besiegt und getötet.«
»Von Flodden habe ich gehört«, rief Brigette dazwischen.
Percy lächelte ironisch. »Das überrascht mich auch nicht.«
»Ich glaube, es ist am besten, wenn ein Land seine Siege und Tugenden hervorhebt«, sagte Brigette hochmütig, aber um ihre Lippen zuckte ein verschmitztes Lächeln. »Fahrt doch bitte fort.«
»Jakob V., Margaret Tudors Sohn und der Cousin Eurer Königin, heiratete Maria von Guise. Königin Maria ist ihre Tochter. Der arme Jakob starb ein paar Stunden nach ihrer Geburt. Einige sagen, ihm brach das Herz, weil er keinen rechtmäßigen männlichen Erben gezeugt hatte. Eine ganze Reihe seiner Bastarde sind über das Land verstreut, einige anerkannt, andere nicht.«
»Wie traurig!«
»Ich hoffe«, fügte er hinzu, »daß mit unserer schönen Königin Maria jeglicher Fluch, der auf der Familie Stuart liegt, gebrochen wird.«
»Es wäre klug«, kommentierte Brigette, »wenn sie Abstand davon nähme, einen ihrer Söhne Jakob zu nennen.«
»Da stimme ich Euch zu.« Percy mußte über ihre Überlegungen schmunzeln. Wie konnte eine englische Dame um die Macht der Clans wissen? Sie würde die Haßliebe nie verstehen, die Generationen von eigennützigen Stuart-Monarchen mit den Clan-Oberhäuptern in den Highlands verband, die auf ihrem eigenen Land selbst quasi unabhängige Monarchen waren. Im großen und ganzen hatten die Stuarts ihr Leid verdient.
»Nun, Mädchen.« Percy wechselte das Thema. »Zwei Tage und eine Nacht werden wir noch reisen, dann sind wir in Dunridge.«
»So bald schon?« Brigettes Stimme klang unmißverständlich ängstlich.
»Es gibt keinen Grund zur Sorge, Brie«, sagte Percy. »Iain ist ein guter Mann. Ich wäre eigentlich überrascht, wenn wir ihn nicht schon früher sehen würden.«
»Was meint Ihr damit?«
»Wenn Black Jack nach Dunridge zurückkehrt, wird Iain bestimmt losreiten, um Euch zu begrüßen. Ich bin sicher, er kann es kaum erwarten, seine Braut kennenzulernen.«
Am nächsten Morgen stand Jamie wie immer neben Springs Pferd und wartete auf ihre Ankunft.
Erfreut, aber schüchtern, kam Spring mit einem Lächeln auf den Lippen auf ihn zu.
»Süße Spring«, neckte Jamie. »Der Name paßt gut zu Euch. Der Frühling ist meine liebste Jahreszeit.«
Spring wurde rot vor Wut. »Ich wußte gar nicht, daß die Schotten so unverschämte Schmeichler sind.«
»Das ist nicht geschmeichelt.« Er nahm ihr Kinn in seine schwielige Hand. »Gibt es bei Euch zu Hause noch mehr so entzückende Mädchen?«
»Drei Halbschwestern«, flüsterte sie, irritiert von seiner Berührung. »April, May und June.«
»April, M-May und J-J-June?« stotterte Jamie und brachte sie zum Lächeln. »Ich muß wohl kaum fragen, wann sie geboren wurden. Nur Halbschwestern? Eure Mutter ist also tot?«
»Nein.« Spring schaute peinlich berührt zur Seite. »Wir haben verschiedene Väter.«
»Tut mir leid, daß Ihr Euren Vater verloren habt«, sagte er sanft.
»Das muß es nicht«, entgegnete sie. »Ich hatte nie einen, den ich kannte.«
»Das tut mir sehr leid.« Jamie streichelte Springs Wange, die vor Scham brannte. »Ich würde Euch nie wehtun.«
»Jamie!« rief Percy. »Hör auf, mit der Dame zu flirten. Hilf ihr lieber aufs Pferd.«
Jetzt war es an Jamie, zu erröten. Sein Gesicht wurde immer dunkler, bis es fast die Farbe seiner feuerroten Haare hatte. Spring grinste. Ohne ein weiteres Wort hob Jamie sie in den Sattel.
Obwohl der Tag bewölkt und kühl war, war Brigette guter Dinge, als sie schweigend neben Percy ritt. Sie war nervös, ihren Mann zu treffen, aber froh, daß sie am nächsten Tag Schloß Dunridge erreichen würden. In träumerischer Erwartung malte sie sich schon die Morgenstunden aus – ihre Gedanken waren weniger auf ihren Ehemann als auf eine dampfende Badewanne gerichtet, in der sie sich einweichen lassen wollte.
»Ihr habt in Schottland doch Badewannen, oder?« fragte Brigette abrupt.
Um Percys Mundwinkel spielte ein Lächeln. »Ja, haben wir.«
»Gut.« Brigette summte eine fröhliche Melodie. Sie konnte die Hitze des Wassers schon beinahe spüren, in dem all ihre Schmerzen und Sorgen verdampfen würden.
Am Nachmittag kamen sie in die Grafschaft Argyll, die Heimat der MacArthurs. Unter den tiefhängenden Wolken senkte die Dämmerung sich schnell über die Landschaft und zwang MacArthurs Gefolge, das Lager früher als sonst aufzuschlagen. Die Männer teilten sich in zwei Gruppen. Während die eine Brigettes Zelt aufbaute, entzündete die andere ein Feuer und begann mit der Zubereitung des Abendessens.
Als das Zelt aufgestellt war, verließ Spring das wärmende Feuer, um die Feldbetten für die Nacht zu richten. Brigette blieb beim Feuer und wurde von Schläfrigkeit übermannt. Ihre Augenlider wurden immer schwerer und schlossen sich.
Plötzliche Unruhe und Lärm weckten sie, und Brigette öffnete ihre Augen. Wurden sie angegriffen? Es waren keine Kampfgeräusche zu hören, nur das Geräusch von herannahenden Pferden und das Gelächter von Männern. Das muß mein Mann sein! dachte sie. Was soll ich tun? Wenn ich in das Zelt gehe, hat er den Vorteil, nach mir schicken zu können. Wenn ich bleibe, wo ich bin, hat er den Vorteil, auf mich hinabblicken zu können. Die würdigste Art und Weise ist wohl, Iain MacArthur als ebenbürtig entgegenzutreten. Brigette stand auf und ging auf das Gelächter zu.
Als sie näherkam, erkannte sie das inzwischen vertraute grünschwarze Plaid der MacArthurs. Mit dem Rücken zu ihr begrüßte Percy einen rothaarigen Mann, der Jamie ähnelte. Sie wollte weitergehen, erstarrte aber, als die Unterhaltung an ihr Ohr drang.
»Dugie.« Percy schüttelte die Hand des Mannes. »Wo ist Iain?«
»Er ist nicht hier«, antwortete Dugie. »Wir sind hier, um Euch nach Hause zu begleiten.«
»Black Jack ist noch nicht von Edinburgh zurückgekehrt?«
»Doch, der Herr ist zurück.«
»Und wo ist dann Iain?«
»Lady Antonia hatte Probleme mit der kleinen Glenda. Ich weiß nicht, worum es ging.« Dugie grinste. »Iain ist übertölpelt worden wie ein Grünschnabel.« Dugie lachte leise. Dann bemerkte er Brigette: »Ist das die englische Braut?«
Percy wirbelte herum. Brigettes Gesicht war blaß, und sie zitterte vor Wut über die vernichtende Beleidigung ihres Mannes. Mit zusammengekniffenen Lippen stolzierte Brigette davon.
Die Hölle kennt keine Wut wie die einer geschmähten Frau, und Brigette Devereux MacArthur bildete da keine Ausnahme. Sie stürmte in das Zelt und erschreckte Spring mit ihrem plötzlichen Eindringen.
»Was ist los?« schrie Spring, beunruhigt durch Brigettes Gesichtsausdruck.
»Er hat mich schon wieder beleidigt!«
»Wer?«
»Mein Mann!« explodierte Brigette. »Er hat seine Männer als Eskorte geschickt, sie aber nicht begleitet. Offensichtlich bin ich für Iain MacArthur unwichtig!«
»Vielleicht konnte er nicht ...«
»Sein Mann konnte Percy keinen vernünftigen Grund für seine Abwesenheit nennen«, schnaubte Brigette. »Der Mann hat gelacht. Über mich!«
»Oh! Vielleicht ...«
»Such keine Entschuldigungen für einen Mann, der keine hat!« brüllte Brigette. »Auf wessen Seite stehst du eigentlich?«
»Ist das ein Krieg?« entgegnete Spring wütend. »Müssen wir Seiten wählen?«
»Das ist kein Krieg.« Brigettes Stimme war tödlich leise. »Ein Krieg muß zwischen zweien ausgefochten werden, und ich werde das nicht mehr hinnehmen.«
»Wovon ...?«
»Brie?« Percys Stimme erklang vor dem Zelt.
»Sag Percy, daß ich alleine sein will«, befahl Brigette.
Spring seufzte und trat hinaus. »Sie möchte allein sein, Mylord.«
»Aber ich muß mit ihr über Antonia reden.«
»Antonia?«
»Die Witwe meines Bruders Malcolm«, erklärte Percy. »Sie ist der Grund, weshalb Iain nicht hier ist.«
»Brie ist müde«, sagte Spring. »Ich bin sicher, daß sie morgen verständnisvoller sein wird.«
»Ja«, stimmte Percy zu. »Wahrscheinlich habt Ihr recht.«
»Nun?« fragte Spring und starrte Brigette an, die auf einem der Feldbetten saß. Beim Klang der Stimme ihrer Cousine sah Brigette auf, gab aber keine Antwort.
»Brie, was willst du tun?«
»Nichts. Im Moment zumindest nicht«, antwortete sie. »Ich muß allein sein. Möchtest du nicht mit Jamie zu Abend essen?«
Spring betrachtete Brigette noch einen Moment und ging dann hinaus. Wieder allein, erfror Brigettes Gesichtsausdruck zu einer Grimasse, als ihre Gedanken zu den unverschämten Beleidigungen ihres Ehemannes zurückkehrten.
Plötzlich erschien jedoch ein triumphierendes Lächeln auf Brigettes Gesicht. Es war das Ergebnis einer ungeheuerlichen Idee, die sich in ihrem Kopf breitmachte. Iain Mac Arthur benötigt dringend eine Lektion in Sachen Demut, beschloß sie. Er hat offensichtlich vergessen, daß er seine rechtmäßige Ehefrau braucht, um einen legitimen Erben zu zeugen. Es wird mir ein Vergnügen sein, ihn daran zu erinnern. Ich werde nach Hause gehen und erst dann wieder zurückkehren, wenn dieser Heide mich auf den Knien um Verzeihung bittet.
Brigette sprang von dem Bett auf, durchstöberte Springs Gepäck und zog ältere Reisekleidung ihrer Cousine hervor. Sie konnte auf dem Heimweg unmöglich ihre eigene Kleidung tragen. Niemand sollte sehen, daß sie die Tochter eines Grafen war.
Brigette versteckte die Kleider unter ihrem Feldbett und setzte sich dann, um ihre Flucht zu planen. Wegen der Wachtposten konnte sie kein Pferd nehmen. Seufzend fand Brigette sich mit der Vorstellung ab, einen sehr langen Fußmarsch zurück nach Schloß Basildon zu unternehmen. Sie verschwendete keinen Gedanken an Essen oder einen Platz zum Schlafen. Sie würde sicher unterwegs irgendwo Unterkunft finden.
Brigette schrak hoch, und ihr wurde klar, daß sie eingeschlafen war und beinahe ihre einzige Möglichkeit zur Flucht versäumt hatte. Ihr Blick fiel auf Springs Bett. Das Mädchen schlief.
Brigette stand auf und holte dabei die Kleider unter ihrer Schlafstelle hervor. Sie zog sich schnell und leise aus und legte die abgetragene Kleidung an.
Auf Zehenspitzen huschte Brigette zu der Klappe des Zeltes und lauschte. Sollte sie es nun wagen oder nicht? Alles war still, aber sie wußte, daß die Wachen der MacArthurs irgendwo in der Nähe herumschlichen.
Brigette überfielen plötzlich Zweifel. Sie drehte sich um und beschloß, sich an der Rückseite hinauszuschleichen. Spring stöhnte im Schlaf, und Brigette erstarrte. Nur ihre Augen bewegten sich in Richtung des Mädchens.
Einige Momente verstrichen. An der Rückseite des Zeltes kniete Brigette sich hin und hob das untere Ende an. Dann starrte sie angestrengt in die Nacht hinaus. Niemand war zu sehen. Auf Händen und Knien kroch sie auf den sicheren Wald zu. Als sie die Bäume erreicht hatte, hielt Brigette an und lauschte nach irgendwelchen Anzeichen von Alarm. Alles blieb still. Langsam stand Brigette auf und ging immer tiefer in den Wald hinein.
Der Himmel war klar und der Vollmond strahlend hell, aber mit dem nachlassenden Schein des Feuers sank auch Brigettes Mut. In ihrer Eile zu fliehen, hatte sie ihre Angst vor der Dunkelheit und dem Alleinsein völlig vergessen. Jetzt kamen die Geräusche der Nacht immer näher. Ganz in der Nähe schrie eine Eule, und Brigette fuhr zusammen. Ihr Herz klopfte wild. Sie hörte die einsame Klage eines Wolfes und erstarrte. Sie war zu verängstigt, um auch nur einen Schritt weiterzugehen.
Mit tränenüberströmtem Gesicht lehnte Brigette sich an einen Baum. Ich kann nicht weglaufen und dann zurückkehren, stöhnte sie. Wie erniedrigend wäre das! Wie dumm von mir, mich in Gefahr zu bringen, weil ein Mann mich beleidigt hat! Brigette wischte ihre Tränen weg, setzte sich hin, kauerte sich an den Baum und wartete auf den Morgen.
Die Nacht war schwarz, als Brigette aus ihrem Dösen erwachte und die Augen öffnete. Das Haar im Nacken kratzte und ließ ihr Schauer über den Rücken laufen. Brigette sah sich um, zwang sich, nach Gefahr Ausschau zu halten – und keuchte. Ein Paar glänzender Augen beobachtete sie. Sie biß sich auf die Unterlippe, um nicht zu schreien.
Der Mond schaute hinter einer vorbeiziehenden Wolke hervor und Brigette kicherte nervös. Die glänzenden Augen gehörten einem Fuchsjungen. »Du bist ein ganz schlauer«, flüsterte sie und streckte ihre Hand aus.
Neugierig kam der Fuchs näher, blieb dann stehen und schnüffelte. Nachdem er verstanden hatte, daß Brigette keine Gefahr darstellte, kam er ganz heran.
»Hast du deine Mutter verloren?« murmelte Brigette und stellte fest, daß sein kupferfarbenes Haar ihrem eigenen ähnelte. Brigette fühlte sich nicht mehr so allein und streichelte den Fuchs. Der kuschelte sich daraufhin an sie, und gemeinsam legten sie sich schlafen.
Die Morgendämmerung färbte den Himmel hellgrau. Fast alle Krieger der MacArthurs schliefen noch, als ein einzelner Mann unbehelligt in ihre Mitte ritt. Er nickte den Wachen zu und stieg ab. Dann schlenderte er zu dem Feuer.
Iain MacArthur war eine imposante Gestalt. Einen Meter achtzig groß und muskulös, hatte er nicht ein Gramm zuviel am Körper. Er wirkte schmal, aber wenn er in tödliche Kämpfe verwickelt wurde, erkannten seine Feinde schnell, daß es töricht war, seine überlegene Kraft zu unterschätzen. Sein Haar und seine Augen waren so schwarz wie eine mondlose Nacht. Seine lange, gerade Nase harmonierte mit den vollen Lippen, und sein Gesicht wurde noch schöner durch seine wettergegerbte, gesunde Gesichtsfarbe. Frauen wurden von Iains dunklem Gesicht und seinem Körper unweigerlich angezogen. Sein Ausdruck reiner Männlichkeit machte ihn einfach unwiderstehlich.
Iain sah auf Percy hinab, der noch schlief. Er hockte sich neben seinen Bruder und dachte daran, wie sehr Percy ihrer verstorbenen Mutter ähnelte. Dicht neben Percys Ohr sagte er laut: »Guten Morgen, Bruder.«
Percy schoß hoch. »Iain!«
»Ich weiß, ich hätte dich nicht losschicken sollen, um Männerarbeit zu erledigen«, sagte Iain. »Du bist immer noch dieselbe Schlafmütze wie früher.«
Percy stand auf, wickelte sich in sein Plaid und wandte sich an Iain. »Herzlichen Glückwunsch zu deiner Hochzeit, Bruder.« Percy grinste. »Hast du die Hochzeitsnacht genossen?«
»Hatte ich dir nicht gesagt, daß du mich dabei vertreten solltest?« entgegnete Iain mit einem Lächeln um die Mundwinkel. »Es muß mir wohl entfallen sein.« Percy gluckste vor Lachen. »Übrigens«, fügte Iain hinzu, »wo ist denn die Braut? Schließlich bin ich die ganze Nacht geritten, um sie zu sehen.«
»Sie schläft vermutlich noch«, antwortete Percy und sein Blick wanderte zu dem ruhigen Zelt. »Lady Brigette – Brie, wie ihre Freunde sie nennen – ist ein schönes Mädchen.«
»Sollen wir sie wecken, damit ich es selbst sehen kann?«
»Ich muß erst noch ein paar Worte mit dir reden.«
»Ich höre.«
»Geduld gehört nicht gerade zu deinen Stärken, Bruder«, begann Percy. »Aber du mußt Geduld mit deiner Braut haben. Wie hübsch sie auch sein mag, Brie hat ein ebenso aufbrausendes Wesen wie du.«
»Wie feurig das Frauenzimmer auch ist«, antwortete Iain, »ich werde schon mit ihr fertig. Laß uns gehen.«
»Nicht so hastig, Bruder.« Percy legte seine Hand auf Iain Arm. »Sie ist nicht irgendein Frauenzimmer, mit dem man fertigwerden kann, wie du es so zartfühlend ausdrückst. Mit einem Stellvertreter vermählt zu werden, hat ihren Stolz verletzt, und die Dame ist wütend. Vergiß nicht, daß sie die Tochter eines Grafen ist.«
»Und?«
Percy runzelte die Stirn. »Bei der Zeremonie trug sie ein schwarzes Trauerkleid. Ich würde sagen, sie hegt nicht die geringste Zuneigung für dich. Und letzte Nacht ...« Tumult in der Nähe des Zeltes ließ Percy verstummen, und die beiden Brüder drehten sich in die Richtung, aus der die Unruhen herrührten. Jamie kam von einer hysterischen Spring begleitet auf sie zu.
»Die Engländerin ist weg«, sagte Jamie und die Zofe nickte weinend.
»A-Als i-ich w-wach wurde«, schluchzte Spring, »war B-Brie v-verschwunden!«
»Verdammtes Kind!« fluchte Iain. »Wenn ich sie finde, werde ich sie grün und blau schlagen.« Er lief zu seinem Pferd.
»Er weiß nicht einmal, wie sie aussieht«, sagte Percy, bevor er seinem Bruder folgte. »Bring Spring nach Dunridge. Wir treffen dich dort.«
Brigette wachte früh auf. Der Fuchs lag zusammengerollt in ihrem Schoß. Sie lächelte die schlafende Kugel aus kupferrotem Fell an, setzte ihn dann auf die Seite und stand langsam auf. Jeder Muskel ihres Körpers schmerzte und erinnerte sie an die vergangene, unbequeme Nacht. Als ihr Magen laut knurrte, merkte sie erst, wie hungrig sie war. Ich muß einen Bach finden, dachte sie. Das Wasser wird mich sättigen, bis ich Hilfe finde.
Ohne die geringste Ahnung, wo sie sich befand, ging Brigette los. Sie blickte zurück und sah, daß der Fuchs ihr folgte. Als sie sich umdrehte, blieb er stehen.
»Komm ruhig mit, wenn du willst.« Brigette streckte ihre Arme einladend aus, und der Fuchs kam auf sie zu. »Ich werde dich Sly nennen«, fügte sie hinzu und hob ihn hoch. »Verstanden?« Mit traurigen Augen sah Sly sie an, und Brigette spürte eine seltsame Freude darüber, daß das Tier sie als Mutter angenommen hatte.
Sie pflückte am Weg unreife Beeren, um die Proteste ihres Magens zu unterdrücken. Sie teilte sich die Kost mit Sly, aber beide waren unbefriedigt von dem kärglichen Mahl. Brigette dachte sehnsüchtig an Rind-, Schweine- und Hammelfleisch. Sly sehnte sich nach einem gut genährten Kaninchen oder Hühnchen.
Nachdem sie viele Stunden umhergelaufen waren, blieb das glücklose Paar stehen. Brigette lauschte aufmerksam. Dann hörte sie es wieder: das Plätschern eines Baches. Sie setzte Sly ab und eilte ihm in Richtung Wasser nach.
Als der Bach in Sichtweite kam, liefen Brigette und Sly zu dem felsigen Ufer. Sly tauchte anmutig seine Zunge hinein und trank. Brigette kniete sich hin, tauchte ihr Gesicht ins Wasser und kam lachend wieder hoch. Ich habe einen kleinen Fluß gefunden, dachte sie glücklich. Als nächstes werde ich jemanden finden, der mir helfen kann, und dann finde ich den Heimweg!
Brigette sah zu Sly. Seine Nacken- und Rückenhaare waren gesträubt. Gefahr! riefen all ihre Sinne, und sie drehte sich um. Ein dunkler Reiter auf einem noch dunkleren Pferd beobachtete sie von dem Waldrand aus. Der Teufel! dachte Brigette erschrocken, und ihr Mund stand vor Überraschung offen.
»Madame!« rief Iain, aber sie starrte ihn nur weiter stumm an. Iain stieg ab, und Brigette wurde plötzlich wieder lebendig. Sie sprang auf und lief davon. Iain nahm die Verfolgung auf. Als sie sich umdrehte, um zu sehen, wie dicht er ihr auf den Fersen war, prallte Brigette gegen einen Baum und fiel bewußtlos zu Boden.
Iain kniete neben ihr nieder und bemerkte sogleich die Schönheit seiner Braut. Ihre Haut war blaß und fühlte sich seidig an. Sie hatte ein winziges ovales Gesicht, das in einem energischen, spitzen Kinn endete. Ihre Nase war klein und die Spitze leicht nach oben gebogen, was ihr einen koboldhaften Ausdruck verlieh. Die Lippen, rosig und einladend, waren zum Küssen wie geschaffen. Auf der Stirn über ihrer rechten Braue bildete sich bereits eine Beule und unter dem Auge, das noch bewußtlos geschlossen war, entstand ein blauer Fleck.
Welche Farbe wohl ihre Augen haben, dachte er. So groß und dunkel ich bin, so zierlich und blaß ist meine Frau. Gegensätze! Iain lachte leise. Von dieser kleinen Füchsin erwarte ich keinen ernsthaften Widerstand. Als er ein Geräusch hörte, drehte Iain sich um.
»Ich sehe, du hast deine Braut wieder eingefangen«, sagte Percy und stieg ab. Er sah auf Brigettes Gesicht hinab. »Mein Gott, Iain! Was hast du mit ihr gemacht?«
»Nichts«, brummte Iain. Er wandte sich wieder zu Brigette und hob sie hoch. In seinem Kopf entstand ein Plan. »Ich werde sie mit in die Jagdhütte nehmen. Wir können uns ohne die neugierigen Blicke der anderen kennenlernen. Sag Black Jack, wo ich bin.«
»Und wenn sie zu sich gekommen ist«, fragte Percy süffisant, »wie willst du sie dann dazu bringen, zu bleiben? Du kannst sie nicht ewig anbinden, und die Lady kann dich nicht ausstehen. Nichts für ungut, Iain.«
»Schon gut, Bruder.« Iain lächelte. »Ich werde ihr nicht sagen, wer ich bin. Ich sage, ich bin Ross MacArthur, Black Jacks Bastard und ihr Retter. Ich werde ihr helfen, sich vor Iain zu verstecken.«
Percy warf den Kopf zurück und lachte lauthals.
»Ich bitte dich um einen Gefallen, Bruder«, setzte Iain noch hinzu, und Percy nickte. »Erzähl Antonia nichts von unserem Aufenthaltsort.«
Bewußtlos lag Brigette in dem einzigen Bett der Jagdhütte. Iain saß neben ihr und drückte ein feuchtes Tuch auf ihre Stirn.
Sie ist reizend, dachte er. Ich habe es bei der Wahl meiner Braut gut getroffen. Brigettes Lider flatterten, und sie öffnete die Augen. Schweigend starrten sich Mann und Frau an. Grüne Augen!
»Wie fühlt Ihr Euch?« Iain brach das Schweigen.
Brigette berührte ihre Stirn. »Mein ..., mein Kopf tut so weh.«
»Ihr habt Euch scheußlich gestoßen«, sagte er. »Es tut mir leid, daß ich Euch erschreckt habe und an dem Unfall schuldig bin. Wer seid Ihr?«
»Wer seid Ihr?« entgegnete sie auf der Hut vor der Gefahr, die in seiner Frage lauerte. Wer immer er auch war, er trug das schwarzgrüne Plaid der MacArthurs und kannte vermutlich ihren Ehemann.
»Ross MacArthur, unehelicher Sohn des Grafen von Dunridge und zu Ihren Diensten.« Iain lächelte. »Und Ihr seid?«
»MacArthur?«
»Ja, Ross MacArthur. Und Ihr?«
»Ich ..., ich kann mich nicht erinnern«, wich Brigette aus und schaute ihn unter ihren langen, kupferroten Wimpern an. Würde er diese unglaubliche Lüge glauben? »Eine Zigeunerin! Ich bin eine Zigeunerin! Glaube ich zumindest.«
Iains Gesichtsausdruck blieb mitfühlend, während er sein Lachen unterdrückte, aber seine Augen sprühten vor Heiterkeit. »Das ist der Schlag, den Euer Kopf heute abbekommen hat«, sagte er. »Ich bin sicher, daß Ihr Euch bald daran erinnern werdet, wer Ihr seid. Nehmt einen kräftigen Schluck von dieser Medizin.«
Iain half Brigette, sich aufzusetzen, und sie trank aus der Flasche. Ihre Augen weiteten sich vor Schreck, als der Whiskey sich seinen Weg in ihren Magen brannte. Brigette würgte und zitterte. Plötzlich wurde sie sich bewußt, daß sie ausgezogen war.
»Ich bin nackt!« rief sie entsetzt und verlegen.
»Ich konnte Euch nicht mit Euren Kleidern ins Bett legen.« Iain grinste und tätschelte ihren Arm. »Keine Angst. Ich habe schon viele, viele nackte Frauen gesehen und verhalte mich anständig.«
In Brigettes Verlegenheit mischte sich Wut, aber Iain drückte sie zurück ins Kissen und strich ihr sanft ein paar Strähnen ihrer roten Haare aus der Stirn. »Schließt die Augen und ruht Euch aus. Ich verspreche Euch, daß Ihr Euch viel besser fühlen werdet, wenn Ihr aufwacht.«
Als Brigette später aufwachte, fühlte sie sich tatsächlich besser. Das Hämmern in ihrem Kopf war zu einem dumpfen Pochen abgeklungen. Sie öffnete die Augen. Ihr Gastgeber war nirgends zu sehen.
Benommen, aber fest entschlossen, zu gehen, versuchte Brigette aufzustehen, fiel aber auf das Kissen zurück. Sie schloß die Augen und atmete ein paarmal tief ein. Dann sah sie sich um.
Die Hütte bestand aus einem großen Raum. Das Bett stand an einer Seitenwand. An der Rückwand befand sich der Kamin, in dem ein Feuer brannte. In einem schwarzen Topf kochte etwas, das köstlich roch, und Brigette lief das Wasser im Mund zusammen.
Ein aus mehreren Tierfellen gefertigter Teppich lag in der Mitte auf dem Boden. Dahinter stand ein Eichentisch mit zwei Stühlen, einfach, aber schön gearbeitet. Die Tür befand sich in der Wand, die dem Fußende des Bettes gegenüberlag. Als Brigettes Blick auf die Tür fiel, wurde sie im selben Moment geöffnet.
»Ich sehe, Ihr seid wach.« Iain lächelte freundlich. »Geht es Euch besser?«
»Viel besser.« Brigette lächelte schwach zurück.
Iain nahm eine Schüssel vom Tisch und füllte sie mit Suppe aus dem schwarzen Topf. Dann durchquerte er den Raum und setzte sich auf den Bettrand. »Setzt Euch auf«, befahl er. »Ihr müßt etwas essen.«
Brigette gehorchte, aber Iain gab ihr weder die Schüssel noch fütterte er sie. Er schien in Trance zu sein. Brigette folgte seinem faszinierten Blick und keuchte. Die Bettdecke war runtergerutscht und gab eine ihrer vollen Brüste frei. Sie wurde rot bis an die Haarwurzeln und riß die Decke hoch.
»Wie schon gesagt, ich habe viele, viele ...«
»Ich habe es schon beim ersten Mal verstanden!« fauchte Brigette gereizt. Aus irgendeinem unerklärlichen Grund störte sie der Gedanke, daß Ross MacArthur ganze Paraden von schönen nackten Frauen betrachtete.
Iains schwarze Augen zogen sich bei den giftigen Worten seiner Frau zusammen, aber dann lächelte er geduldig in der Annahme. daß der Grund in ihren Kopfschmerzen lag. »Ist Euch Euer Name wieder eingefallen?« fragte er und füllte ihren Mund mit Suppe.
Sie schluckte und antwortete dann: »Bria, glaube ich.«
»Bria?« Iain verbarg ein Lächeln. »Klingt wie dieser französische Käse. Und der Familienname?«
Brigette zögerte und überlegte, was sie sagen sollte. »Ich kann mich jetzt erinnern! Ich bin eine Zigeunerin!«
»Mit Euren roten Haaren und den grünen Augen seht Ihr mir nicht gerade wie eine Zigeunerin aus«, spottete er.
»Ich ähnele meiner Mutter«, antwortete Brigette ohne nachzudenken. »Sie ist Französin.«
»Eure Mutter ist also Französin?«
»Vater traf Mutter, als er durch Frankreich reiste, und der Rest ist eine lange Geschichte.« Eine Lüge, die ein bißchen Wahrheit enthält, kann man sich besser merken, dachte sie.
Iain rieb sich das dunkle, stoppelige Kinn, als würde er angestrengt nachdenken. »Ich habe nichts davon gehört, daß Zigeuner durch dieses Gebiet ziehen. Wie seid Ihr auf dieses Land gekommen?«
»Wir waren auf dem Weg nach Edinburgh, als ich von den anderen getrennt wurde und mich verlaufen habe.«
»Edinburgh, sagen Sie?« Iain konnte das Lachen kaum unterdrücken. »Das liegt auf der anderen Seite von Schottland.«
»Ich sagte doch, ich habe mich verirrt!«
Er antwortete nicht, sondern starrte Brigette an, die das unheimliche Gefühl hatte, daß er in ihre Seele blicken konnte und die Wahrheit kannte. Aber wie sollte das möglich sein? »Wenn Ihr mir sagt, wie ich nach Edinburgh komme, mache ich mich morgen auf den Weg«, sagte sie.
»Ihr werdet morgen nirgendwo hingehen.«
»Aber ...«
»Ich verbiete es.« Iains Stimme wurde lauter. »Ich werde mich für ewig und drei Tage um Euer Wohlergehen sorgen. Ihr bleibt noch ein paar Tage hier, und dann bringe ich Euch sicher zu Eurer Familie.«
»Aber ...«
»Genug geredet.« Er bestand darauf, war aber freundlich. »Ihr braucht Ruhe. Ich werde morgen früh auf Jagd gehen, und wir werden abends Kanincheneintopf essen. Legt Euch jetzt hin und schließt Eure schönen grünen Augen.«
Brigette war immer noch sehr erschöpft. Sie schloß ihre Augen und schlief wenige Augenblicke später ein.
Eine Zigeunerin! Iain grinste und fand, daß ihre Geschichte sehr einfallsreich war. Er stand auf, zog sich einen Stuhl an den Kamin und setzte sich mit einem Glas Whiskey hin. Wie wunderschön meine Frau ist, dachte er. Ich habe das Verlangen, sie jetzt zu nehmen. Ein Blick auf diesen süßen Körper erregte ihn. Ich habe das Recht, mir zu nehmen, was ich begehre, doch der Mann ist bedauernswert, der seine Triebe nicht beherrschen kann. Aber ich will verdammt sein, wenn ich die ganze Nacht auf einem Stuhl schlafe!
Iain stand auf und zog sich aus. Dann kroch er ins Bett zu Brigette, die friedlich schlief und ihren Bettgefährten nicht bemerkte. Er schlief ebenfalls ein, wachte jedoch nach kurzer Zeit wieder auf, als er spürte, wie seine Braut sich an ihn gekuschelt hatte. Ihr Gesicht hatte sie an seiner Brust vergraben, und ein Bein lag über seinen muskulösen Oberschenkeln.
Sie zu berühren und doch nicht zu berühren, war die süßeste Qual, die Iain jemals erfahren hatte. Er strich ihr sanft über den Rücken und genoß, wie seidig sich ihre Haut anfühlte. Sie seufzte, und er lächelte in der Dunkelheit. Dann schloß er seine Augen und schlief ein.
Als Brigette am nächsten Morgen aufwachte, kochte etwas himmlisch Duftendes in dem Topf. Ihre Nase zuckte, und sie drehte sich um. »Guten Morgen«, grüßte Iain, der vor dem Kamin stand.
»Guten Morgen.« Brigette, der ihre Nacktheit unangenehm war, sah an sich hinab. Die Bettdecke erfüllte ihren Zweck. »Ich würde mich gerne anziehen«, sagte sie.
Die Hände in die schmalen Hüften gestemmt, sah Iain sie nachdenklich an. »Nun, eigentlich solltet Ihr den Rest des Tages bleiben, wo Ihr seid, aber wenn Ihr versprecht, Euch auszuruhen ...« Mit einem Schulterzucken drehte er sich um und rührte in dem Haferbrei.
»Meine ..., meine Kleider?«
»Auf dem Stuhl da drüben«, antwortete er, ohne sich zu ihr umzudrehen.
Brigettes Blick wanderte von Iain zu dem Stuhl am anderen Ende des Raumes, dann zurück zu Iain. Sie starrte ihn mit wachsender Bestürzung an. Als er von dem Bett her keine Bewegung hörte, drehte er sich um.
»Mylord«, flüsterte sie, und ihr Gesicht wurde dunkelrot. »Ich habe auch noch ein anderes Bedürfnis.«
Iain starrte noch einen Augenblick und grinste dann.
»Ich werde in ein paar Minuten wiederkommen«, sagte er und schlenderte zur Tür. »In der Ecke beim Fußende des Bettes steht ein Nachttopf.«
Brigette glaubte vor Scham sterben zu müssen. Wie konnte er nur so offen über eine so intime Sache reden? Als sie allein war, stürzte sie zu dem Nachttopf und erleichterte sich. Dann eilte sie durch den Raum und zog sich schnell an. Benommen von der Anstrengung sank Brigette auf einen Stuhl.
Die Tür öffnete sich, und Iain trat leise lachend ein. In seinen Armen lag ein sich windendes Knäuel aus kupferfarbenem Fell.