Kochen nach Hildegard von Bingen -  - E-Book

Kochen nach Hildegard von Bingen E-Book

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Beschreibung

Himmlisch Kochen mit Hildegard von Bingen ♥ Gesunder Koch- und Backgenuss nach den Kriterien der Hildegard-Lehre ♥ Mehr als 80 wohltuende Rezepte mit stimmungsvollen, brillanten Foodfotos ♥ Mit einer ausführlichen Einführung in Hildegards Lebens- und Heilmittelkunde Hildegard von Bingen (1098-1179) war überzeugt davon, dass bestimmten Lebensmitteln große Heilkräfte innewohnen. Dieses wunderschön gestaltete Kochbuch präsentiert nach einer ausführlichen Einführung in die Lebens- und Heilmittelkunde der Äbtissin mehr als 80 wohltuende Rezepte, in denen von Hildegard hoch geschätzte Nahrungsmittel wie Dinkel, Kastanien und Quitten sowie Gewürze wie Bertram, Galgant und Quendel gesunden Genuss versprechen. Von köstlichen Suppen und schmackhaften Fleischgerichten über knackige Salate bis hin zu fruchtigen Desserts und erfrischenden Getränken finden Sie in reicher Fülle stimmungsvoll bebilderte Rezepte nach den Empfehlungen der Hildegard-Lehre.

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Himmlisch Kochen mit Hildegard von Bingen

Hildegard von Bingen ist eine der bedeutendsten Frauengestalten des Mittelalters. Sie war nicht nur Klosterfrau und Äbtissin, Dichterin und Komponistin, sondern auch Naturkundige und Naturforscherin. Konsequent untersuchte sie die heilsamen und wohltuenden KrÄfte der Natur und nutzte, was Kloster- und KrÄutergarten zur Verfügung stellten – sowohl zum Wohle als auch zum Genuss des Menschen.

Dieses wunderschön gestaltete Kochbuch präsentiert nach einer ausführlichen Einführung in die Lebens- und Heilmittelkunde der Äbtissin mehr als 80 wohltuende Rezepte, in denen von Hildegard hoch geschÄtzte Nahrungsmittel wie Dinkel, Edelkastanien und Quitten sowie Gewürze wie Bertram, Galgant und Quendel gesunden Genuss versprechen. Von köstlichen Suppen und schmackhaften Fleischgerichten über knackige Salate bis hin zu fruchtigen Desserts und erfrischenden GetrÄnken finden Sie in reicher Fülle stimmungsvoll bebilderte Rezepte nach den Empfehlungen der Hildegard-Lehre.

www.komet-verlag.de

Kochen nach

HildegardvonBingen

Gesunde Ernährung und Wohlbefinden im Einklang mit der Natur

Wichtiger Hinweis

Alle Angaben in diesem Buch wurden sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Die in diesem Buch enthaltenen Informationen sind weder völlig umfassend noch verbindlich. Verlag, Autor und Producer haften nicht für eventuelle Nachteile und Schäden, die aus den im Buch gemachten praktischen Hinweisen und dem Genuss genannter Nahrungsmittel resultieren. Die in diesem Werk enthaltenen Ratschläge ersetzen nicht die Untersuchung und Betreuung durch einen Arzt.

Abbildungsnachweis

Umschlag

• ArVis – Fotolia.com (Vorderseite: oben Mitte), Rezeptfotos: TLC Fotostudio

Innenteil

• Fotolia.com: S. 28 (StefanieB.), 153 (unpict), 235 (Patrick J.), 249 links (Elenathewise), 253 (Team 5)

• TLC Fotostudio: Rezeptfotos und S. 12/13, 23, 27 oben, 29 unten, 30 oben, 77, 80, 83, 84, 87, 88, 91, 94, 97, 99, 100, 102, 104, 106, 110, 115, 116, 119, 121, 122, 124, 127, 131, 132, 134, 139, 141, 146, 150, 158, 162, 167, 168, 170, 172, 176, 183, 186, 193, 194, 198, 201, 204, 206, 209, 211, 212, 214, 218, 220, 223, 232, 236, 239, 240, 243, 246 links, 248 links, 250 links, 251 links, 254, 255

• Farbige Pflanzenillustrationen: Marlene Passet unter Mitarbeit von Barbara Buccolini, Lena Bückert, Saskia Erman, Moritz Gemke, Belinda Kramer, Florian Mitgutsch, Otto Mitgutsch und Eva Schrüßner

KOMET Verlag GmbH, Köln

Alle Rechte vorbehalten

Texte: AMS Autoren- und Medienservice, Reute

unter Mitwirkung von Anett Röger, Anette Bauer und Annerose Sieck

Gestaltung: Gutenberghaus GmbH & Co. Medien KG, Stadtlohn

Rezeptfotos: TLC Fotostudio, Velen-Ramsdorf

Gesamtherstellung: KOMET Verlag GmbH, Köln

ISBN 978-3-8155-8471-2

www.komet-verlag.de

Inhalt

Einführung

Gesunde Ernährung

Gesunde Ernährung heute: von Hildegard lernen

Hildegards Grundlagen der richtigen Ernährung

Mikrokosmos Mensch

Die vier Elemente und die „Säftelehre“

Die „Grünkraft“ (Viriditas) und die „Subtilität“ der Heilmittel

Die heilende Kraft des Fastens

Einkauf und Zubereitung der Zutatens

Hildegards Lebens- und Heilmittel

Rezepte aus der Klosterküche

Vorbemerkung

Suppen

Salate

Dinkelgerichte

Gemüsegerichte

Fleischgerichte

Geflügelgerichte

Wildgerichte

Fischgerichte

Süßspeisen & Desserts

Kuchen & Gebäck

Konfitüren & Gelees

Getränke

Quellen- und Literaturverzeichnis

Natürlich gesund essen und trinken

Hildegard von Bingen, dargestellt in einem Kupferstich von Jonas Umbuch (um 1658), der sie als Äbtissin zeigt und in der Bildunterschrift als erfahrene Ärztin preist.

Einführung

Viele Menschen in der heutigen Zeit leiden an ernährungsbedingten Zivilisationskrankheiten – Tendenz steigend. Ein hektisch in den Mund geschobener Snack in der Mittagspause, ein in der Mikrowelle kurz erhitztes Fertiggericht, Tütensuppen oder die obligatorischen Kartoffelchips vor dem Fernsehgerät gehören mittlerweile einfach zu den modernen Essgewohnheiten. Gern wird dabei ignoriert, dass zum Beispiel Übergewicht, Diabetes, Lebensmittelallergien, Stoffwechselerkrankungen sowie Herz- und Kreislaufprobleme oft die Folge von falschen Lebens- und/oder Ernährungsgewohnheiten sind.

Bereits die Benediktiner-Äbtissin Hildegard von Bingen (1098 bis 1179) erkannte den Zusammenhang zwischen Ernährung und körperlicher und seelischer Gesundheit. Krankheiten entstehen demnach nicht zufällig, sondern können unter anderem auch Folge ungesunder Ernährung und schlechter Essgewohnheiten sein. Denn nur wer sich maßvoll und ausgewogen ernährt und im Einklang mit der Natur lebt, hält auf Dauer Leib und Seele gesund. Lebensmittel sind laut Hildegard von Bingen „Mittel zum Leben“. In ihnen verbergen sich Heilkräfte, die die Gesundheit des Menschen optimal unterstützen können. Hildegards Ansichten über gesunde Ernährung decken sich in vielen Punkten mit den Erkenntnissen moderner Wissenschaft. Auch deswegen ist ihre Ernährungslehre besonders heute wieder hoch aktuell.

Um Krankheiten vorzubeugen oder bereits Erkrankte zu heilen, empfiehlt die Benediktinerin eine Kost, die hauptsächlich aus Getreide, Gemüse, Kräutern und Obst besteht. Wer diese regelmäßig in seinen Speiseplan integriert, kann dadurch Mängeln und Schäden vorbeugen und die Gesundheit von Körper und Geist aufrechterhalten beziehungsweise bereits vorhandene Leiden mildern.

Besonders der Dinkel bildet in Hildegard von Bingens Klosterküche die Grundlage einer gesunden und ausgewogenen Ernährung, aber auch Sellerie, Edelkastanien und Fenchel sowie einige Kräuter und Gewürze – zum Beispiel Salbei, Quendel, Muskatnuss und Zimt – sollten so oft wie möglich auf dem Speiseplan stehen.

Fisch, Geflügel und Wild wird ebenfalls zu schmackhaften Gerichten zubereitet. Anderes Fleisch hingegen gehört nur selten auf den Tisch. Auch auf Süßes muss nicht verzichtet werden, denn Nachspeisen, köstliches Gebäck und selbst zubereitete Marmeladen runden den abwechslungsreichen Speisezettel ab. Als Getränke empfiehlt Hildegard von Bingen Fencheltee, Dinkelkaffee und verschiedene Obstsäfte oder Limonaden aus eigener Herstellung, außerdem Wein (mit Wasser verdünnt) und Bier in Maßen.

Es gibt jedoch in der Natur auch einige Nahrungsmittel, die sich negativ auf Körper und Seele auswirken. Hierzu zählen zum Beispiel Erdbeeren, Aal, Schweinefleisch, Pflaumen, Porree und Pfirsiche. Kranke sollten diese Lebensmittel ganz meiden. Für Gesunde hält Hildegard einige Vorschläge für deren Zubereitung bereit, sodass diese trotzdem gegessen werden können, ohne allzu großen Schaden im menschlichen Organismus anzurichten.

Hildegards Klosterküche verspricht keine Wunder. In ihren Werken gibt die Äbtissin, die oft auch als „erste deutsche Naturärztin“ bezeichnet wird, jedoch zahlreiche Anregungen für eine maßvolle, ausgewogene und gesunde Ernährung. Besonders hervorzuheben ist außerdem ihr Appell an die Eigenverantwortlichkeit des Menschen für seinen eigenen Körper – ein sehr moderner Gedanke, der für die damalige Zeit durchaus als revolutionär bezeichnet werden kann.

Die Freude an der Natur, die Verbundenheit mit allem, was in ihr lebt, war Teil des Lernprozesses, der Hildegards frühe Jugend auf dem Bermersheimer Gut ihrer Eltern prägte. – Erntebild aus dem „Jungfrauenspiegel“ zur Zeit Hildegards. Die Bildszenen zeigen Frauen bei der Getreideernte und symbolisieren die drei Stände der Frau: Jungfrau (oben), Witwe (Mitte) und Ehefrau (unten).

Ernährung bedeutete zu Lebzeiten Hildegards von Bingen offensichtlich etwas anderes als heute, wo der Griff in die Supermarktregale eine jahreszeitlich und regional weitgehend unabhängige Versorgung mit Lebensmitteln aus aller Herren Länder ermöglicht. Was aßen und tranken die Zeitgenossen Hildegards nun aber tatsächlich? Auf welcher Grundlage entwickelte sie ihre Lehre der gesunden Lebens- und Heilmittel?

Die landläufigen Vorstellungen über die Ess- und Trinkkultur des Mittelalters schwanken einerseits zwischen der Völlerei ausschweifender Rittergelage und andererseits ärmlicher, karger Mahlzeiten der bäuerlichen Bevölkerung, immer am Rande der Hungersnot. Tatsächlich existieren nur wenige Überlieferungen dazu, wie zur Zeit Hildegards von Bingen das typische Mahl einer durchschnittlichen Bauernfamilie aussah. Die frühesten Kochbücher entstanden erst im 14. Jahrhundert, also gut zwei Jahrhunderte nach Hildegards Tod. Das erste deutsche Kochbuch „Buoch von guoter spîse“ erschien 1350 in Würzburg.

In diesem und anderen spätmittelalterlichen Kochbüchern sind überwiegend Rezepte des Adels und der reichen städtischen Bürgerschicht aufgezeichnet, die wenig mit dem „gemeinen Volk“ zu tun hatten. So bleibt zur Rekonstruktion der Nahrungsmittel und Küche des Früh- und Hochmittelalters nur der Rückgriff auf andere Informationsquellen, vor allem der Archäologie.

Bei Ausgrabungen mittelalterlicher Siedlungen und Kirchen fand man versteinerte und verkohlte Reste von Nahrungsmitteln wie beispielsweise Getreidekörner und Bohnen. Als wahre archäologische Fundgruben erweisen sich mittelalterliche Latrinen. Auf dem Weg alles Vergänglichen blieb, luftdicht in der Sickergrube versenkt, so manches organische Material erhalten, das den Wissenschaftlern heutzutage relativ genaue Aussagen über die Essgewohnheiten der damaligen Menschen ermöglicht.

Getreide stand im Mittelpunkt der Ernährung. Seit dem 10. Jahrhundert breitete sich der Anbau von Roggen in ganz Europa aus und entwickelte sich zum Hauptnahrungsmittel der einfachen Bevölkerung. Schwarzbrot aus Roggen- und Hafermehl wurde zum Grundnahrungsmittel der Bauern, während aus feinem Weizenmehl zubereitetes Weißbrot Privileg der Reichen blieb. Auch Getreidebrei und -mus war aus der bäuerlichen Küche nicht wegzudenken. Neben Gerste und Hafer verarbeitete man Dinkel, Rispenhirse, Emmer, Einkorn und, seit dem 15. Jahrhundert, auch Buchweizen.

Durch den Verzehr von Brot und Getreidebrei war die Basisversorgung mit wichtigen Nährstoffen relativ gut – falls nicht Missernten zu Hungersnöten führten. Allein in den Jahren von 750 bis 1100 gab es 29 große Hungersnöte. Die Sorge um das tägliche Brot war daher im Denken der bäuerlichen Menschen allgegenwärtig. Ausfälle bei der Getreideernte konnten nicht kompensiert werden, da die für die heutige Ernährung so wichtige Kartoffel erst von Friedrich dem Großen aus der Neuen Welt nach Europa gebracht wurde.

Reis war zwar schon bekannt, zählte aber zu den teuren Importgetreiden und war damit für die einfachen Menschen unerschwinglich. Die Erfahrungen von Hunger und Mangel nährten in der volkstümlichen Überlieferung Fantasien von paradiesischen Zuständen wie im Schlaraffenland, in dem den Besuchern die gebratenen Tauben in den Mund fliegen.

Ein typisches Kennzeichen für die mittelalterliche Küche ist die Unterscheidung in „Herren- und Bauernspeise“. Der Adel und die wohlhabende städtische Bürgerschicht demonstrierten ihren Reichtum mit zehn- und mehrgängigen Menüs, die Unmengen von Fleisch- und Wildgerichten enthielten. Wildbret war fast ausschließlich zur „Herrenspeise“ geworden, da der Adel das Jagdprivileg für sich allein beanspruchte. Der Fleischkonsum der bäuerlichen Bevölkerung war erheblich niedriger. Man aß zu besonderen Anlässen Schweine-, Schaf- oder Ziegenfleisch, und auch die Innereien wurden nicht verschmäht. Fisch wurde sowohl von den Bauern als auch von den Adligen verzehrt. Obst und Gemüse stand auf der Tafel der Reichen an unterster Stelle. Kein Wunder also, dass aufgrund des Ballaststoffmangels vor allem in hochgestellten Kreisen Verstopfung ein weitverbreitetes Problem war. Auch Erkrankungen wie Rachitis und Skorbut, die auf Vitaminmangel zurückzuführen sind, kamen in der Oberschicht oft vor.

Zu den am häufigsten verzehrten heimischen Gemüsesorten zählten Rüben und Kohl, aber auch Lauch, Rettich, Möhren, Zwiebel, Kürbis, Fenchel und Gurken, die zunächst nur von Mönchen angebaut wurden. Wichtige Proteinlieferanten waren Erbsen, Linsen und dicke Bohnen (Vicia faba). Die uns heute vertrauten weißen und grünen Bohnen kannte man im Mittelalter genauso wenig wie Tomaten, die erst nach der Entdeckung Amerikas nach Europa kamen.

Einheimische Früchte wie Äpfel, Kirschen, Pflaumen, Birnen, Erdbeeren, Blaubeeren und Stachelbeeren wurden reichlich gesammelt und, soweit möglich, durch Trocknen konserviert.

Die Haltbarmachung von Lebensmitteln stellte überhaupt ein Problem dar: Neben dem Trocknen von Obst und Gemüse bediente man sich Methoden wie Einsäuern, Räuchern und Einsalzen, um vor allem Fleisch und Fisch zu konservieren. Trotz dieser Techniken war die Ernährung im Mittelalter stark saisonabhängig und damit krisenanfällig, da die Vorrate meist nur einige Monate ausreichten.

Handschriftliche Fischrezepte in einem Hildegard-Kochbuch aus dem 15. Jahrhundert.

Aus schriftlichen Überlieferungen ist zu schließen, dass die mittelalterlichen Speisen nach unserem heutigen Geschmack sehr salzig und scharf gewürzt waren. Doch wenn auch Gewürze wie Pfeffer, Zimt, Ingwer, Muskat und Safran importierte Luxusgüter waren, die sich nur die Reichen leisten konnten, war die einheimische Küche keineswegs fade. Man verwendete örtlich vorkommende Kräuter wie Petersilie, Minze, Salbei, Dill, Kümmel und Schalotten. Mediterrane Gewürze wie Majoran, Rosmarin, Thymian und Basilikum wurden erst ab dem 15. und 16. Jahrhundert häufiger benutzt. Die Heilkraft von Gewürzen spielte in der volksmedizinischen Anwendung ebenfalls eine wichtige Rolle. Gesüßt wurde bis weit ins Spätmittelalter hinein ausschließlich mit Honig, da Rohrzucker aus Italien zu den importierten Luxuswaren zählte. Die Zuckergewinnung aus Runkelrüben wurde erst Mitte des 18. Jahrhunderts möglich.

Eine große Bedeutung für die Ernährungsgewohnheiten hatten die zahlreichen Fastentage der damaligen Zeit. Während wir heutzutage im Wesentlichen nur das 40-tägige Fasten vor Ostern und den fleischlosen Freitag kennen, waren die Fastengebote im Mittelalter sehr viel umfassender.

Insgesamt schrieben die Fastenvorschriften damals etwa 150 fleischlose Tage pro Jahr vor. Die Fastengebote waren rigoros, und ihre Nichteinhaltung konnte drastische Strafen nach sich ziehen, die nicht nur von der kirchlichen, sondern auch der weltlichen Herrschaft verhängt wurden. In einigen Regionen war während der Fastentage auch der Verzehr von Eiern, Milch und Milchprodukten untersagt. Als Fastenspeise der gehobenen Art galten daher Mandeln und Mandelmilch, die die Kuhmilch ersetzte.

Neben Wasser war Bier das Volksgetränk Nr. 1. Gebraut wurde das Dünnbier aus unterschiedlichen Getreidesorten und mit Gewürzen angereichert. Mit Einführung des Hopfens als Würze wurde sowohl die Qualität als auch die Haltbarkeit des Bieres verbessert, eine Entwicklung, an der vor allem Klöster in Bayern maßgeblich beteiligt waren. Obstwein und Met waren ebenfalls beim Volk beliebte Alkoholika. Bier galt bis weit hinein ins 15. Jahrhundert als „unhöfisches“ Getränk und wurde daher vom Adel weitgehend verschmäht. Statt dessen trank man Wein, entweder pur oder gewürzt und gesüßt, da einheimische Weine häufig ausgesprochen sauer waren.

Alles in allem setzte sich seit dem frühen Mittelalter die uns heute noch vertraute gemischte Ernährung durch, die auf der Verwendung von Getreideprodukten, Gemüse, Fleisch, Milchprodukten und Fisch basierte.

Hildegard von Bingen stand ganz in der Ernährungstradition der damaligen Zeit. Sie orientierte sich in ihren Ratschlägen zu einer gesunden Ernährung an der einfachen, bäuerlichen Kost. In ihrer „Lehre“ ist nicht Roggen, sondern Dinkel das wichtigste Grundnahrungsmittel. Er kann auf verschiedene Weise zubereitet werden: als Brot, Brei, Suppe oder Dinkelkaffee. Fast ebenso wichtig sind in ihren Rezepten unterschiedliche Gemüsesorten, die allerdings nie als Rohkost, sondern ausschließlich gedünstet verzehrt werden sollen. Fleisch wird nur mäßig und saisonal konsumiert, wobei Schweinefleisch tabu sein sollte. Fisch kann jederzeit gegessen werden.

Volksgetränk Nr. 1 war zur Zeit Hildegards das Bier. Bereits 820 gab es auf dem Gelände der Benediktinerabtei St. Gallen drei Brauereien. Hier ein Mönch bei der Arbeit – das älteste Bild eines deutschen Bierbrauers, um 1390 entstanden.

Gesunde Ernährung heute: von Hildegard lernen

Nahezu 800 Jahre war das überlieferte Heil- und Ernährungswissen der Hildegard von Bingen in Vergessenheit geraten.

Erst durch die Entdeckung einer Abschrift ihres medizinischen Werkes in der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen kam die „erste und einzige christliche Ganzheitsmedizin“ (Strehlow 1990, siehe Seite 256) wieder ans Licht. Dem Konstanzer Arzt Dr. Gottfried Hertzka (1913 bis 1997) ist das Verdienst zuzuschreiben, als Erster die Bedeutung ihres medizinischen Wissens und ihrer Ratschläge erkannt und wiederentdeckt zu haben. In seiner Arztpraxis erprobte er in jahrelanger Arbeit die wichtigsten Anweisungen Hildegards und machte seine Ergebnisse der Allgemeinheit zugänglich. Seither hat eine wahre Renaissance der „Hildegard-Medizin“ stattgefunden, ihre Rezepte und Therapien wurden weiterentwickelt und zum Teil modernisiert. Sie selbst erhob nie den Anspruch, eine „Ernährungslehre“ zu verkünden, sondern übermittelte an die Nachwelt, was ihr im Kontext der damaligen Zeit an Wissen und Vision gegeben war.

Abb. links: Hildegards Vision vom Lebenskreis. Inmitten der Schöpfung ruht die blühende Erde, die Heimat des Menschen und sein schöpferischer Lebenskreis. Im Umkreis der Natur erscheinen im Reigen der Monate die verschiedenen Bereiche menschlichen Wirkens während des reifenden Jahrs. Alles Tun des Menschen bleibt nach Hildegard gehalten von einer großen kosmischen Korrespondenz und Übereinstimmung. Miniatur von 1240 in ihrem Werk Liber divinorum operum („Buch der Gotteswerke“).

Hildegards diätetische Kenntnisse können entweder als Kur bei den unterschiedlichsten Krankheiten angewendet werden oder aber zu einer dauerhaften Lebenseinstellung gemacht werden. Ihre Lebens- und Ernährungsregeln lassen sich in fünf Punkten zusammenfassen:

• Beim Essen muss auf die Wirkungen und Heilkräfte („Subtilitäten“) der Lebensmittel geachtet werden.

• Der Körper soll regelmäßig entschlackt werden.

• Die Ernährung kann dann am besten ihre positive Wirkung entfalten, wenn gewisse Abläufe und Rhythmen eingehalten werden: ein harmonischer Wechsel und das Gleichgewicht von Ruhe und Aktivität, Wachen und Schlafen.

• Seelische Abwehrkräfte können durch Selbsterkennung aktiviert werden.

• Lebensenergie wird aus den vier Weltelementen Feuer, Wasser, Luft und Erde geschöpft.

Hildegard von Bingen verfasste eine ganzheitliche Heilkunde, die auf der Lebenseinstellung des Menschen aufbaut. Sie erklärte die Ernährung zu einem wichtigen Bindeglied zwischen Mensch und Umwelt – und war stets bestrebt, die der Gesundheit förderliche Wirkung der Lebensfreude zu betonen: „Der Mensch baue seinen Leib als ein wohnliches Haus, damit die Seele gern darin wohnt.“

Hildegards Grundlagen der richtigen Ernährung

„Eure Lebensmittel sollen Heilmittel undeure Heilmittel Lebensmittel sein.“

Hildegard von Bingen

Dieser Ausspruch Hildegards, der angesichts des Booms von Naturheilverfahren ganz modern klingt, hat seine Wurzeln tief in der Geschichte der abendländischen Kultur.

Schon der griechische Arzt Hippokrates (um 460 v.Chr.) hatte gefordert, die heilende Wirkung von Nahrungsmitteln bei der Behandlung von Patienten zu nutzen. Hildegard von Bingen schloss sich dieser Tradition an und integrierte die Ernährung als ein zentrales Element in ihr ganzheitliches Welt- und Menschenbild. Sie empfahl, die heilende Kraft der Natur und der Pflanzen zu nutzen und sich maßvoll und ausgewogen zu ernähren.

Bei aller naturkundlichen Bildung war Hildegard zunächst und zuallererst Klosterfrau, die ganz der Tradition benediktinischer Lebensführung verpflichtet war. Benedikt von Nursia (6. Jahrhundert n. Chr.) gilt als Vater des abendländischen Mönchstums und als Patron Europas. Seine Regula Benedicti, berühmt gewordene Verhaltensregeln für das klösterliche Leben, dienten Hildegard von Bingen als Leitlinie und Maßstab für ihr eigenes Werk.

Benedikt hatte festgelegt, dass die wichtigste Pflicht der Ordensleute sei, den Kranken zu helfen; zur Sorge um die Seele (Cura animae) kam nun auch die Sorge um den Körper (Cura corporis) hinzu. Diese Anweisung zur Ausübung der Heilkunde trug entscheidend zur Entstehung der Klostermedizin bei.

„Maßhaltung“ (Discretio), die der heilige Benedikt einst als „Mutter aller Tugenden“ bezeichnet hatte, war auch Mittelpunkt von Hildegards Ratschlägen zur Ernährung und Gesundheit. Danach beugt eine ausgewogene und maßvolle Lebensführung Krankheiten vor. Zur Discretio zählt die Balance zwischen Essen und Trinken, Schlafen und Wachen, Arbeit und Muße sowie Bewegung und Ruhe.

Übermaß und Sucht sind für Hildegard Ausdruck einer ungestillten Sehnsucht des Menschen und daher letztlich ein spirituelles Problem. In Hildegards Ernährungskunde geht es also vorrangig um die Hinwendung zu verträglicher und maßvoller Lebensführung. Im Unterschied zu manch moderner Diät hat Hildegard in ihren Schriften nie genau festgelegt, wie sich das „rechte Maß“ bemessen soll. Auch hier orientiert sie sich an Benedikt von Nursia: „Jeder hat seine Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere so. Deshalb bestimmen wir nur mit einigen Bedenken das Maß der Nahrung für andere.“

Alles soll der Gesundheit dienen, auch die Ernährung soll entsprechend maßvoll, aber natürlich individuell auf die Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmt sein – das heißt, nach benediktinischer Regel, „nicht ganz bis zur Sättigung, sondern etwas weniger“.

Der Mensch als Mikrokosmos mit den vier Elementen und den Winden. Da die vier Elementarkräfte – Feuer, Luft, Wasser, Erde – nicht nur den Kosmos, sondern auch den Mikrokosmos Mensch gestalten, bilden Mensch und Kosmos nach Hildegards Auffassung eine Einheit.

Mikrokosmos Mensch

Hildegards Welt- und Menschenbild wurzelt in der Heiligen Schrift und in ihren religiösen Visionen. Konsequenterweise beginnt sie daher ihr Buch über die Heilkunde mit der Schöpfungsgeschichte der Bibel.

Krankheit entsteht nach Hildegards Auffassung durch den Sündenfall. Aber der Mensch ist seinem Schicksal nicht hilflos ausgeliefert, sondern kann das Leid verringern, indem er mit seinem Körper verantwortungsvoll umgeht. Krankheit ist nach Hildegards Verständnis eine Ermangelung, ein Unterbleiben, wohingegen Gesundheit durch die entsprechende Lebensführung permanent geschaffen werden kann. Die seelische Verfassung und das Denken des Menschen tragen genauso wie die körperliche Ebene zu Krankheit bei. Da die vier Elementarkräfte (Feuer, Luft, Wasser, Erde) nicht nur den Kosmos, sondern auch den Mikrokosmos Mensch gestalten, sind Mensch und Kosmos letztlich also eins, untrennbar; die Welt ist folglich im Großen so wie im Kleinen, wie oben, so auch unten.

Das Körperschema des Menschen – Kopf, Brustraum, Bauch, Gliedmaßen – spiegelt sich nach Hildegards Auffassung in den Naturräumen und Weltkräften wider. So entsprechen beispielsweise die Füße den Flüssen, da sie den Menschen durch den Kreislauf des Lebens tragen; die Nase korreliert mit den Luftzonen der Erde; der Weltraum findet in Hildegards Weltbild seine Entsprechung im menschlichen Magen, da beiden die Prinzipien von Aufnehmen, Sich-aneignen, Verarbeiten und Ausstoßen zu eigen ist. Der Weltraum fungiert also als „kosmischer Magen“ – ein weiterer Hinweis darauf, welch große Bedeutung eine richtige und ausgewogene Ernährung im Mensch-Sein hat.

„Die Lebensspeise“ Bildreproduktion aus dem Rupertsberger Codex der Abtei St. Hildegard Eibingen, um 1190 entstanden.

Die Seele ist nach Hildegards Auffassung nicht vom Leib zu trennen. Weder hat die Seele einen „Sitz“ im Körper noch kann sie vom Körper losgelöst betrachtet werden. Der Baum symbolisiert in ihrer Kosmologie die leiblich-seelisch-geistige Einheit des Menschen. „Was der Saft im Baum ist, das ist die Seele im Körper, und ihre geistigen Kräfte entfaltet sie wie der Baum seine Gestalt. Die Erkenntnis gleicht dem Grün der Zweige und Blätter, der Wille den Blüten, das Gemüt ist wie die zuerst hervorbrechende, die Vernunft wie die voll ausgereifte Frucht. Der Sinn endlich gleicht der Ausdehnung des Baumes in die Höhe und Breite. So ist die Seele der innere Halt und die Trägerin des Leibes.“

Die vier Elemente und die „Säftelehre“

Zu Beginn ihres Werks Causae et curae beschreibt Hildegard die Natur des Menschen in eindrücklichen Bildern: „Alle Elemente der Welt befinden sich auch im Menschen, und mit ihnen wirkt der Mensch. Sie tragen die Namen: Feuer, Luft, Wasser, Erde. Diese vier Grundstoffe sind in sich selber dermaßen verflochten, dass keiner vom anderen getrennt werden kann. Insgesamt halten sie sich im Verbund so zusammen, dass man sie ‚Firmament’ nennt: das feste Gefüge des Weltalls.“

Die vier kosmischen Elemente verbinden also den Menschen mit der Welt; entsteht in diesem Verhältnis ein Ungleichgewicht, so erkrankt der Mensch. Umgekehrt kann der Mensch mithilfe der kosmischen Elemente geheilt werden, da sie auch Heilkräfte der menschlichen Seele sind.

Hildegard stand als Ärztin und Klostermedizinerin in der Tradition der antiken Elemente- und Säftelehre. Die Unterscheidung der vier Säfte in Blut, Galle, Schwarzgalle und Schleim entwickelte sie weiter zu einer Differenzierung verschiedener Phlegma-Typen: das trockene, feuchte, schaumige und lauwarme Phlegma. Ebenso unterschied sie vier Temperamente (Sanguiniker, Phlegmatiker, Choleriker und Melancholiker) sowie vier charakteristische Männer- und Frauentypen. Geraten die vier Körpersäfte durcheinander, entstehen schlechte Säfte, die sich mit Gallensäure verbinden und Krankheiten verursachen können.

Über die menschliche Konstitution schreibt Hildegard: „Vom Feuer hat er seine Wärme, von der Luft den Atem, vom Wasser das Blut und von der Erde das Fleisch. So erhalten die Elemente, wenn sie geordnet im Menschen wirken, denselben und machen ihn gesund. Halten sie in ihm keine Harmonie, so machen sie ihn krank und töten ihn.“

Nach Hildegards „Diagnose“ existieren zahlreiche Säftemischungen, die alle jeweils unterschiedliche Auswirkungen auf den Körper, aber auch auf Stimmungen und Gemütsbewegungen haben. In erster Linie gilt es, diesen schädlichen Mischungen durch richtige Ernährung vorzubeugen; erst in zweiter Linie können andere Therapieformen helfen. Dazu gehören nach Hildegard von Bingen die Anwendung von Heilpflanzen, aber auch die Edelstein-Therapie und, falls noch keine Besserung eingetreten ist, der Aderlass und das Schröpfen.

Der Mensch ist aber nicht nur für seine körperliche Gesundheit eigenverantwortlich, sondern auch für seine geistig-spirituelle. In der Weise, wie der Körper Nahrungsmittel in Säfte umwandelt, die entweder Gesundheit oder Krankheit bringen, so bewirken gute oder schlechte Gedanken ebenfalls Veränderungen in der Seele, die entweder zu mehr Glück oder zu Beschwerden und Verwirrung führen. In Causae et curae (Ursachen und Behandlung von Krankheiten) beschreibt Hildegard diesen Zusammenhang folgendermaßen: „Wie durch den Schlund die Speisen in den Magen geschickt werden, … kaut auch die Seele alle Werke des Menschen wieder, um sie dann dem Gedächtnis zu übergeben, derart, dass kein Ding unerörtert zurückbleibt.“ (Schipperges 1997, siehe Seite 256).