Kollege kommt gleich - Miriam Kaefert - E-Book

Kollege kommt gleich E-Book

Miriam Kaefert

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Beschreibung

Eigentlich heißt es ja "Never fuck the company". Doch nicht alle Regeln sind es wert, befolgt zu werden. Vor allem nicht, wenn es so viel Spaß macht, sie zu brechen. Miriam Kaefert hat 33 Menschen gefunden, die zwischen Kaffeeküche und Schreibtisch eine prickelnde Affäre begannen. In 'Kollege kommt gleich' erzählen sie offen und detailliert von ihren zügellosen Spielchen mit dem Praktikanten, von Sex im Krankenhaus oder vom Quickie beim Kundenkontakt. Ihre ehrlichen und fesselnden Berichte laden dabei häufig zum Lachen, manchmal zum Kopfschütteln und auch schon mal zum Nachmachen ein. Denn selbst wenn so manche heftige Firmenromanze nicht in der großen Liebe, sondern in der Kündigung endet, so bleibt beim Blick auf den eigenen Lebenslauf meist dennoch ein verstohlenes Lächeln zurück: Immerhin ist solch ein "beruflicher Höhepunkt" meist unheimlich aufregend.

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Miriam Kaefert

KOLLEGE KOMMT GLEICH

33 Frauen erzählen von kooperativen Kollegen, unwiderstehlichen Chefs und talentierten Praktikanten

Schwarzkopf & Schwarzkopf

Versuchungen sollte man nachgeben. Wer weiß, ob sie wiederkommen.

OSCAR WILDE

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser!

Steffi Graf und Andre Agassi haben es getan. Und Angelina Jolie, die ebenfalls. Auch der Kaiser Franz Beckenbauer konnte sich nicht beherrschen: Alle hatten Sex im Job. Bei den ersten beiden war der Tennis- der Arbeitsplatz. Angelina krallte sich Brad Pitt beim Dreh zu Mr. & Mrs. Smith. Und der Kaiser war nach einer Weihnachtsfeier des FC Bayern noch so gut in Form, dass er die Sekretärin schwängerte.

Never fuck the Company? Von wegen, die Firma ist doch ein großartiges Beischlaf-Jagdrevier. Was ziemlich unschön ausgehen kann, wie bei einer Freundin, die bei ihren freiwilligen Überstunden mit dem Abteilungsleiter unter dessen Schreibtisch kniend erwischt wurde. Von seiner Ehefrau. Oder romantisch, wie beim Fußball-Franz – der ist jetzt mit seiner Heidi glücklich verheiratet.

Meiner ersten großen Liebe begegnete ich an meinem ersten Arbeitstag als Praktikantin in der Nachrichtenredaktion einer Tageszeitung. Er war Ressortleiter und einige Wochen später wurde in der Kaffeeküche schon verbreitet, man hätte uns beim Knutschen im Druckerraum beobachtet. Was ziemlich schlecht recherchiert war, denn wir waren weder zusammen im Druckerraum gewesen, noch hatten wir uns überhaupt schon mal geküsst. Bis es dazu kam, dauerte es noch Monate – und es war noch Zeit für das aufregend-aufreibende und unvergessliche Gastspiel eines Regisseurs. Der Kollege kam nicht, er schickte mich weg. Mehr dazu in Geschichte 22.

Sex mit dem Praktikanten, eine Affäre mit dem Chef, der Totalabsturz auf der Weihnachtsfeier – ich habe in den letzten Jahren so viele lustige, tragische, wilde und heftige »Betriebsunfälle« meiner Freundinnen gehört, diskutiert und analysiert, dass man darüber ein Buch schreiben könnte. Und das habe ich getan – für mich war das ein großer Spaß, für meine Leber nicht so sehr. Die wichtigsten Hilfsmittel bei der Recherche waren nämlich Rotwein, Zigaretten und mein rotes Curry, mit dem ich Freundinnen und Bekannte in meine Küche lockte und sie erst entließ, wenn sie ihre betrieblichen Sünden umfassend gebeichtet hatten. Viele hatten nur heftige Affären, aber bei einigen war es die große Liebe. Mancher Kollege, der kommt, bleibt eben auch.

Miriam Kaefert

P.S.: Alle Namen in diesen Geschichten sind geändert. Etwaige Namensähnlichkeiten sind reiner Zufall.

1. GESCHICHTE VOM SEX MIT KOLLEGEN

Mogelpackung

Sandra (27), Versicherungstrainee, Köln, überBoris Hildebrandt (36), Abteilungsleiter, Köln

Endlich! Endlich ging es los! Vorbei die Zeiten als »studentische Aushilfe«. Ich hatte meinen ersten richtigen Job. Mit Gehaltsabrechnung und 28 Urlaubstagen! Endlich kein Mensa-Essen mehr, endlich genug Geld, um abends in meiner Lieblingskneipe Gin Tonic statt Bier zu bestellen. Ich war einfach nur glücklich: Mein Studium hatte ich beendet – und jetzt würde es losgehen, mein Leben als coole Karrierefrau.

Ich freute mich total auf meinen ersten Arbeitstag in dem Versicherungsunternehmen, das mich sofort nach dem Studium als Trainee in der Personalabteilung eingestellt hatte. Und die Krönung des Ganzen: Meine Schulfreundin Sara arbeitete ebenfalls dort, sie hatte sich das Studium gespart und direkt nach der Schule als Versicherungskauffrau angefangen. Sara, die Arme, war zwar nicht wirklich glücklich mit ihrem Job – aber mal ganz ehrlich, es kann auch niemanden glücklich machen, den ganzen Tag Schadensberichte über zerbeulte PKWs zu bearbeiten.

Nun ja, bei mir würde das ja ganz anders werden. Ich sah mich schon in marineblauem Businesskostüm durch die Flure eilen, von einem Vorstandsbüro ins andere, Meetings, Konferenzen, Flipcharts, das volle Programm! Sandra Dollinger, die aufstrebende Nachwuchskraft! Großartiger Gedanke. Ich würde mich einfach so sehr in die Arbeit stürzen, dass ich gar keine Zeit mehr für dieses ekelhafte Selbstmitleid hätte, das mich zu Studienzeiten immer überfiel, wenn ich abends allein mit meinen Stochastik-Unterlagen auf dem Sofa hockte und mich hässlich und einsam fühlte. Diese Zeiten waren vorbei. Ich war jetzt selbstbewusst und erfolgreich!

Die ersten Tage waren anstrengend und aufregend: Mein Arbeitsplatz war ein kleines Büro im achten Stock eines zehnstöckigen Betonklotzes aus den Achtzigern. Die Kollegen waren freundlich, aber gestresst und ich war eigentlich nur damit beschäftigt, mir die wichtigsten Dinge zu merken: Herr Strieselowski, Produktentwicklung, lustiger Schnurrbart, und sein Büro ist links neben dem Herrenklo. Frau Dürrkopp, Personalreferentin, Gesicht wie ein Frettchen, ihr Büro ist neben dem vom Strieselowski. So bekam ich allmählich System in das Namensgewirr.

Am zweiten Tag war ich das erste Mal mit Sara verabredet und schaffte es sogar, den direkten Weg vom achten in den dritten Stock bis zu ihrem Büro zu finden. »Da bist du endlich, komm her«, rief meine Freundin, sprang auf und nahm mich in den Arm. »Toll, in Zukunft machen wir das jeden zweiten Tag, das ist doch großartig, dass wir in derselben Firma arbeiten«, sprudelte es aus ihr hervor. Sara, meine mopsig-lustige Quasselstrippenfreundin! Wenn wir uns trafen, war ich normalerweise neunzig Prozent der Zeit mit Zuhören beschäftigt.

»Bist du immer noch Single? Weißt du was, ich kann dir hier echt einige Typen empfehlen, einige sind aber auch totale Sesselpupser, schlimm …« Ihr Redefluss wurde dadurch unterbrochen, dass sich die Tür öffnete und ein Mann ins Büro kam, der rein optisch nicht in die Sesselpupser-Kategorie passte. Groß, mittelblond, kurze, leicht gewellte Haare und Sonnenbräune im Gesicht. Dabei war es Mitte Oktober. »Sara, hast du die Präsentation für die Zusatzpolicen fertig? Oh hallo, ich bin Boris Hildebrandt«, stellte er sich vor, kam auf mich zu und gab mir die Hand.

»Ich, äh, ich bin die Neue, also die Freundin von Sara!«, stieß ich hervor. »Also nein, ich bin neu hier und kenne Sara schon lange«, verbesserte ich mich hastig. »Freut mich«, sagte Boris Hildebrandt nur lächelnd. »Ich komme heute Nachmittag noch mal, macht ihr nur erst Mittagspause«, fügte er hinzu und mit einem Blick auf mich: »Dann sehen wir uns ja jetzt vielleicht häufiger!« Meine Antwort, die ich mir hätte sparen können: »Das wäre super, oh ja!«

In der nächsten Woche traf ich Sara täglich zum Mittagessen, natürlich holte ich sie jedes Mal aus ihrem Büro ab. Jedes Mal fand Boris Hildebrandt einen Vorwand, um genau in dem Moment, in dem ich da war, in Saras Büro zu kommen. Montag brauchte er eine Unterschrift, Dienstag hatte er seine Reisekostenabrechnung verlegt und Mittwoch benötigte er dringend die Telefonnummer der Geschäftsstelle in Kiel. »Die steht im Telefonverzeichnis im Intranet, mein Lieber«, bemerkte Sara grinsend. »Ich gehe dann jetzt mal mit deiner zukünftigen Verlobten essen, wenn es genehm ist«, scherzte sie. »Äh, sehr lustig, Sara. Was soll das denn? Herr Hildebrandt, äh, der muss doch seinen Job machen, irgendwie«, stieß ich hervor. Kompletter Dünnsinn. Wie üblich, wenn ich nervös war. Mann, wie unlässig war ich denn? Von wegen coole Businesslady! Ich trug zwar jetzt Hosenanzug und Pumps, aber im Inneren war ich noch die dusselige kleine Studentin.

»Er hat mich nach deiner Handynummer gefragt«, eröffnete mir Sara am nächsten Mittag. »Das ist für den schon so was wie ein Liebesbeweis! Boris ist eigentlich eher ein schüchterner Typ. Mal ehrlich, der mag dich wirklich!« Eine Aussage, an der ich in den nächsten Tagen doch sehr zweifelte. Denn er hatte zwar jetzt die Nummer. Aber offenbar wählte er sie nicht. Mein Telefon blieb stumm. Und in Saras Büro tauchte er auch nicht mehr auf, wenn ich sie mittags abholte. Ich beschloss, mir darüber nicht den Kopf zu zerbrechen. Wahrscheinlich hatte er festgestellt, dass 25-jährige Berufsanfängerinnen, die ständig rot werden, doch nicht so ganz sein Beuteschema waren. Aber süß ist er schon, dieser Gedanke schlich sich immer wieder in meinen Kopf. Boris Hildebrandt, ruf mich an, und zwar schnell, das dachte ich auch oft. Aber er widersetzte sich meinen gedanklichen Befehlen. Und schwieg. Ach Mann, ich hatte in der nächsten Woche Urlaub, weil meine beiden Chefs auf Fortbildung waren und ich noch nicht genügend eingearbeitet war. Eine Woche frei, eine Woche keine Mittagsdates mit Sara und keine Begegnung mit meinem zukünftigen Verlobten, wie Sara es genannt hatte. Aber gut, eine Woche sollte andererseits auch reichen, um den Typen zu vergessen. Es war ja gar nichts gelaufen. Aber er hätte halt irgendwie gut in mein neues Leben als schicke Karrierefrau gepasst. So rein optisch. Vom Wesen auch, ja, er war schon sehr, sehr süß.

Donnerstag vor meinem Urlaub klingelte mein Handy. Unbekannter Teilnehmer. Na ja, das hieß gar nichts, vielleicht irgendein Kollege. Vielleicht aber auch ein ganz bestimmter Kollege. Nach dem dritten Piepsen ging ich ran. »Ja? Hier ist Sandra«, sagte ich zögernd. »Und hier ist Boris, ich äh, ich habe deine Nummer von Sara.« Er war es tatsächlich! Mein Herz klopfte, jetzt bloß ruhig bleiben. Aber ich musste gar nichts sagen, er sprach schon von ganz allein weiter: »Also, ich wollte dich etwas fragen. Du hast doch nächste Woche Urlaub – und ich habe auch frei. Hast du Lust, mit mir nach Paris zu fliegen?« Hatte ich mich verhört? »Was?«, rutschte es mir heraus. »Was? Nach Paris, wir beide? Ich meine, wir kennen uns doch kaum – und ich habe gar kein Geld!«, stammelte ich. »Das würden wir schon hinbekommen, du bist doch eingeladen! Ich fand die Idee einfach sehr, sehr romantisch«, sagte er leise, »weißt du, ich bin schon sehr fasziniert von dir und, na ja, wir würden uns mal richtig kennenlernen …«

Ich war völlig überfordert mit der Situation. Damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet! Aber mit einem Mann in den Urlaub fliegen, den ich kaum kannte? War das romantisch verrückt – oder einfach nur total bescheuert? Ich war mir nicht ganz sicher. »Die Idee ist sehr süß«, sagte ich, »äh, kann ich dich in einer halben Stunde zurückrufen und dir sagen, ob das klappt?« Ich musste Zeit gewinnen. Ich musste meine Mutter fragen. Das tat ich immer in schwierigen Entscheidungsprozessen. Mama wird es schon wissen. »Sieht er gut aus?«, fragte meine Mutter am anderen Ende der Leitung. »Ja, Mutti, er sieht sehr gut aus!«, erwiderte ich. »Er ist charmant, hat einen guten Job, sieht toll aus und du fragst mich, ob du mit ihm eine Woche nach Paris fliegen sollst? Du bist 25 Jahre alt, das kannst du selbst entscheiden. Aber ich würde keinen Moment zögern!«, stellte meine Mutter klar.

Vier Tage später trafen wir uns am Düsseldorfer Flughafen. Ich hatte weiche Knie und lange Arme von meiner vollgestopften Handtasche und dem Hartschalenkoffer, in den ich alle Klamotten gestopft hatte, die mir irgendwie stylish oder sexy vorkamen, na gut, auf ein Paar Turnschuhe konnte ich nicht verzichten, schließlich würden wir sicher Hand in Hand lange Spaziergänge an der Seine machen, Pont Neuf überqueren, Saint-Germain-de-Prés zu Fuß erkunden …

Meine Paris-Fantasien wurden durch ein lautes »Hallo Sandra!« unterbrochen. Boris stand schon in der Schlange am Check-in, winkte zu mir herüber, ließ seine Koffer einfach stehen und kam im Laufschritt auf mich zu, in der Hand eine rote Rose. »Das freut mich so! Das ist so schön, dass du mitkommst«, rief er, umarmte mich überschwänglich und drückte mir die Rose in die Hand. Ich war schon wieder überfordert. Vor einigen Tagen war er noch der freundliche, aber zurückhaltende Kollege gewesen, jetzt der charmesprühende Rosenkavalier? Ich lächelte verlegen. Süß war er aber, wirklich süß. Meine Knie wurden noch ein bisschen weicher.

Drei Stunden später stiegen wir vor dem Hotel Relais Saint Sulpice am Boulevard Germain aus dem Taxi. Ein gehobenes Stadthotel, klein und schick. Eindeutig nicht meine Preisklasse: Die Nacht kostete bestimmt um die hundertfünfzig Euro. Na ja, er würde schon bezahlen, der Urlaub war ja wohl eine Einladung gewesen. »Ich habe das Hotel im Internet gefunden, ich fand es sehr romantisch und passend«, erklärte Boris und fügte lächelnd hinzu: »Jetzt stellt sich natürlich die Gretchenfrage: Ein Zimmer oder zwei Zimmer?« Ich schaute ihn an. Ich lächelte während ich dachte, dass zwei Zimmer eigentlich vernünftiger wären. Es könnte ja doch sein, dass wir uns nicht verstehen würden. »Ein Zimmer, das ist schon in Ordnung«, antwortete ich.

Als wir unser gemeinsames Domizil für die nächsten Tage betraten, machte Boris hinter mir die Tür zu, nahm meine Hand und sah mir in die Augen. »Sandra, Sandra, du machst mich ganz verrückt«, murmelte er und küsste mich ganz zärtlich auf die Nasenspitze. »Als ich dich gesehen habe, war ich hin und weg.« Jetzt war seine Stimme nur noch ein Flüstern und er küsste mich auf den Mund. Ich spürte, wie mir ganz flau vor Aufregung und Vorfreude wurde.

Boris nahm mich in den Arm, griff dann nach meiner Hand und führte mich in die Mitte des Raumes. »Was ist das denn?«, fragte ich fassungslos. Das Bett war mit roten Rosenblättern bedeckt, auf dem Nachttisch stand ein Champagnerkühler mit Inhalt. Das perfekte Ambiente für eine wundervolle Liebesnacht. »Ich bin eben ein alter Romantiker«, erklärte Boris lächelnd und küsste mich. Ich ließ mich aufs Bett fallen, mir war fast schon schlecht, so gerührt und aufgekratzt zugleich war ich. »Küss mich, küss mich, hör nicht mehr auf«, rief ich, schlang meine Arme um ihn und genoss das Gefühl. Boris war so zärtlich, so aufmerksam, er bemühte sich um mich. »Fühlt sich das gut für dich an?«, fragte er immer wieder. Kein Mann hatte mich jemals zuvor so hingebungsvoll verwöhnt wie er. Es war einfach alles perfekt.

In den nächsten Tagen erfüllten sich all meine Romantik-Fantasien. Wir liefen tatsächlich händchenhaltend durch Saint-Germain-de-Prés, küssten uns auf der Place de la Bastille, schlürften Austern im Quartier Latin, es war wunderschön. Und immer, wenn ich mein Portemonnaie zückte, sagte Boris: »Lass mal, ich verdiene doch mehr als du. Das ist schon in Ordnung. Du kannst ja die Metro-Tickets zahlen!« Am letzten Abend saßen wir in einem kleinen Restaurant im Marais, schauten uns tief in die Augen und schmiedeten Zukunftspläne. »Ich freu mich so auf die Zeit mit dir!«, seufzte ich. »Und heute werde ich dich einladen!« Boris hatte nichts einzuwenden, er lächelte nur und nahm meine Hand. Später im Hotel jedoch war er ungewohnt schweigsam. Und wir gingen das erste Mal ins Bett, ohne Sex zu haben. Ich schob es allerdings darauf, dass mein Liebster einfach traurig war, dass unsere traumhaften Tage in Paris schon vorbei waren.

Ich ahnte ja nicht, dass nicht nur der Urlaub vorbei war, sondern auch jegliche Romantik irgendwo in Paris bleiben würde. Im Flieger war sie jedenfalls nicht mehr vorhanden. Boris wirkte gestresst, wühlte ständig in seinem Rucksack herum, holte schließlich einen Notizblock heraus und fing an, hektisch etwas einzutragen. »Was ist denn los, was schreibst du da?«, fragte ich ihn vorsichtig. »Das geht so alles nicht«, stieß er hervor. »Sandra, wir müssen das noch mal durchrechnen. Der Urlaub war teurer, als ich dachte. Das geht ja auch nicht an, dass ich alles bezahlt habe. Nein, du solltest auch deinen Anteil beitragen. Was hältst du davon, wenn du die Hotelrechnung übernimmst?« Mir blieb fast das Herz stehen.

Ich starrte meinen vermeintlichen Gentleman fassungslos an und spürte, wie mir Tränen in die Augen schossen. Was für eine miese Nummer! Erst den Gönner mit der dicken Hose markieren und hinterher mit spitzem Stift die Abrechnung machen! Er hatte so oft gesagt, ich solle mich entspannen, er würde bezahlen, alles wäre gut. Und jetzt das. Die Tränen liefen mir mittlerweile die Wangen hinunter, ich schluchzte. »Was ist denn los? Warum weinst du?«, fragte Boris und aus seinem Blick sprach echte Verständnislosigkeit.

In diesem Moment schämte ich mich sehr dafür, dass ich nicht wenigstens jetzt cool reagieren konnte, aber sein Verhalten schockierte mich einfach zu sehr. Ich kam mir so klein und dumm vor. »Ich, äh, ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass ich dich ausnehme, ich bin nicht so«, stieß ich hervor. Er streichelte mir über den Kopf. Vor einigen Minuten hätte ich das noch als zärtlich empfunden, jetzt wirkte es irgendwie gönnerhaft. »Ach, das wird schon. Wir setzen uns noch mal hin und rechnen das alles auseinander. Da findet sich schon ein Weg!«

Es war absolut unbegreiflich, aber den liebevollen Romantiker sah ich außerhalb von Paris nie wieder. Boris bestand nach dem Urlaub darauf, dass ich zumindest die Hälfte der Hotelrechnung übernahm. Und ich tat das, aus Unsicherheit, aus Angst vor Stress und weil ich mich dummerweise wirklich in ihn verliebt hatte. Wir blieben auch einige Monate lang ein Paar, im Büro bekam das außer Sara allerdings niemand mit, darauf legte Boris Wert. Im Nachhinein betrachtet waren die Tage in Paris so spektakulär, wie die Monate danach langweilig waren. Boris war immer freundlich, immer zuvorkommend. Aber von Romantik war keine Spur mehr. Und wenn wir essen gingen, bestand ich schon aus Prinzip auf getrennten Rechnungen. Fünf Monate später trennte ich mich von ihm, was mir sehr schwerfiel. Ich hatte den zauberhaften Romantiker aus Paris einfach nicht vergessen können. Aber ich hatte etwas gelernt: Manche Dinge lassen sich nicht in den Alltag transportieren. Die Romanze mit Boris Hildebrandt war so ein Fall.

2. GESCHICHTE VOM SEX MIT KOLLEGEN

Der Grüne Salon

Marie (30), Stylistin, Köln, überViktor (44), Fotograf, Berlin

Ich bin eine Verführerin. Ich liebe das Spiel mit den Männern, ich liebe es, sie zu locken und zu reizen – und dann zu benutzen. Aber ich bin auch eine Geschäftsfrau. Und ich bin schlau genug, das eine vom anderen zu trennen. Job ist Job und Sex ist Sex. So halte ich das. So habe ich das immer gehalten. Mit einer Ausnahme. Und die war ein schrecklicher Fehler!

Ich bin Stylistin und Make-up-Artist, früher hat man das Maskenbildnerin genannt, aber die englischen Begriffe klingen eben einfach cooler. Mir soll es recht sein, ich bin gut im Geschäft, ob auf Deutsch oder auf Englisch. Ich verschönere Menschen für Fotoshootings, ich weiß, welcher Lippenstift zu welchem Hautton passt und welchen Lidschatten ich einer mittelblonden, blassen Frau um die dreißig verpasse, damit sie jung und frisch wirkt. Ich bin Single, weil ich es sein kann. Was das bedeutet? Ich arbeite extrem viel, bin in einer Woche manchmal in drei verschiedenen Ländern. Ich habe kaum Zeit. Und kaum Energie, um mich mit den Macken eines Partners herumzuschlagen.

Ich kann gut allein sein, weil ich es so selten bin. Ich definiere mich nicht über den Erfolg anderer, sondern über meinen eigenen. Das klingt jetzt alles sehr hart, aber ich bin ein zufriedener Mensch. Sex habe ich mit einem kleinen, feinen Kreis guter Freunde und Bekannter, ihre Zahl schwankt zwischen drei und fünf. Ich bin keine Freundin von One-Night-Stands, ich finde es nicht aufregend, mich von einem betrunkenen Aufriss flachlegen zu lassen. Matthias, Jens, Moritz, die drei sorgen momentan dafür, dass mir im Bett nicht langweilig wird.

Aber ich will ja von Viktor erzählen. Viktor, dem großen, starken Mann. Der mich fast aus der Bahn geworfen hätte. Ich traf ihn im letzten Frühsommer bei einem Job für einen TV-Sender. Eine dieser Verkupplungsshows, bei der reiche, aber verzweifelt geltungssüchtige Menschen im Fernsehen einen Partner suchen. Es gab ein offizielles Fotoshooting für Pressebilder, ich war für das Styling verantwortlich, Viktor war der Fotograf. Wir trafen uns am Set, einem großen Gutshaus in Mecklenburg. Ich war wie immer ein bisschen zu spät, die Anreise war weit und anstrengend gewesen, Viktor stand schon in der Kulisse, einer perfekt ausgeleuchteten Landhausküche, und machte Testaufnahmen.

Das Erste, was ich von ihm sah, war sein breiter Rücken. Und als er in die Knie ging, um ein Foto zu machen, blitzte zwischen seinem engen grauen Baumwollshirt und der Jeans ein Streifen Haut auf. Ich blieb stehen und konnte den Blick nicht abwenden. In diesem Moment kam mir dieser Rücken mit dem Stückchen nackter Haut vor wie das Sinnbild von Männlichkeit. Ich spürte ein leichtes Ziehen. Seltsamerweise dachte ich an die Frau, die diesen Rücken berühren durfte, die von diesen starken Armen gehalten wurde. Und war neidisch auf sie. Viktor stand auf, legte die Kamera neben sich und drehte sich um, er hatte mich auf meinen schwarzen Lackpumps wohl kommen hören.

»Ganz schön spät«, bemerkte er knapp, als er mich ansah. »Hallo, ich bin Marie Bienert, die Stylistin«, antwortete ich, ohne auf seine Stichelei einzugehen. Er sagte nichts mehr, drehte sich weg und verließ das Set. Unhöflicher Idiot. Trotzdem gefiel er mir, die blauen Augen, die schwarzen Haare, zu einem Pferdeschwanz gebunden, die breiten Schultern; dieser Mann war groß und stark, wog bestimmt über neunzig Kilo. Ich mochte die extrem männliche Ausstrahlung. Schade eigentlich, dachte ich kurz, dass er ein Kollege ist. Ich habe einfach zu viele Horrorgeschichten von Stylistinnen und Fotografen gehört. Die Branche ist klein und irgendwann begegnet man sich immer wieder – nicht schön, wenn es sich bei dem Fotografen einer wichtigen Produktion um den Exlover handelt. Außerdem wird ständig gelästert. Ich war ziemlich stolz darauf, noch nie schwach geworden zu sein.

Als ich dem Hauptdarsteller, einem blässlichen blonden Jungunternehmer, das Gesicht leicht abpuderte, tauchte er wieder hinter mir auf. »Ich bin Viktor«, stellte er sich doch noch vor. »Schön«, entgegnete ich, ohne den Blick von TV-Kandidat Ferdinand zu wenden, und fuhr mit Pudern und Plaudern fort. »Ja, ich bleibe über Nacht hier, ich kenne mich hier gar nicht aus«, erzählte ich dem Darsteller der TV-Schmonzette, »können Sie mir einen Tipp geben, wo ich heute Abend noch einen Wein trinken kann? Ich hasse Hotelbars.«

Nach einem anstrengenden Tag, ich hatte immerhin acht Darsteller der Sendung vor mir sitzen gehabt und war danach noch vierzig Kilometer vom Land zurück nach Schwerin gefahren, saß ich gegen 22 Uhr in einer Weinstube – der Empfehlung des Kandidaten. Das Ambiente war modern, aber gemütlich, perfekt, um zwei Gläser Rotwein zu trinken und die feierabendliche Ruhe zu genießen. Ich hatte das zweite Glas Rioja gerade bestellt, da betrat ein großer, breiter Mann den Laden. Viktor.

Er hatte mich wohl nicht gesehen, ging auf mich zu, ohne dass sich unsere Blicke trafen. Ich war kurz irritiert, aber dann sah er mich – und blieb an meinem Tisch stehen. »Die Stadt ist ja wirklich klein«, bemerkte er ein bisschen spöttisch. Dann setzte er sich auf den Barhocker mir gegenüber. »Darf ich? Oder bist du noch verabredet?« Ich war ein bisschen überrascht von dieser plötzlichen Forschheit. Aber gut, so hatte ich angenehme Gesellschaft und schöne Ausblicke – in seine blauen Augen, auf seine großen Hände. Wir redeten über die Branche, den Job und die Kollegen. Und ja, ich war scharf auf ihn. Aber das passiert häufiger mal, das bedeutet zum Glück nicht, dass ich die Kontrolle verliere. Ich bin ziemlich gut in Sachen Disziplin. Gucken, Flirten und ein paar schmutzige Gedanken waren schon drin. Bis um halb zwölf, da wollte ich zahlen, was er mir freundlicherweise abnahm, und dann stiegen wir ins Taxi. Erst in mein Hotel, dann in seins. Gut gemacht, dachte ich mir und schrieb sofort meinem momentanen Bett-Favoriten Moritz eine SMS, dass ich ihn am übernächsten Tag sehen wollte. Irgendwo musste ich meine sexuelle Energie ja kompensieren.

Am nächsten Tag ging es schon morgens um neun los, die zweite Ladung Kandidatinnen wartete darauf, von mir dramatisch verschönert zu werden. Der Drehplan sah vor, dass die »Bewerberinnen« den Junggesellen dann einzeln ein paar Minuten sprechen dürften – und der wählte am Ende aus, welche drei er näher kennenlernen wollte. Ich fand die Sendung schaurig und frauenverachtend. Aber der Sender zahlte gut und als Selbstständige war ich absolut käuflich. Also gab ich mein Bestes – und das war auch nötig, denn es hatten sich weiß Gott nicht die schönsten Elfen unter der Sonne um das Herz des blassen Kerls beworben.

Als ich Frauke aus Hessen gerade das Stupsnäschen puderte, vibrierte das Handy in meiner Tasche. Eine SMS. »Das war schön gestern. Wir könnten das wiederholen – was essen gehen, oder wir trinken gleich. Du bist interessant … V.« Ich musste schlucken. Das war auf seine Art charmant, klar. Aber es ging mir auch zu weit. Ich hatte es gerade geschafft, den Typen auf eine neutrale Ebene zu befördern, ich hatte es geschafft, nicht über ihn nachzugrübeln. Und dann schickt der mir so etwas. Schnell schob ich das Telefon wieder in die Tasche und pinselte weiter in Fraukes fettigem Gesicht herum.

Mittags gab es eine Pause, ich nutzte sie, um mir das Gutshaus mal genauer anzusehen. Ich fand es faszinierend, dieser junge Schnösel hatte sich das einfach für Hunderttausende gekauft – und residierte jetzt wie ein Graf! Wie es sich wohl anfühlte, in so alten Gemäuern, mit Möbeln, die museumsreif waren, zu leben? Unbemerkt vom Team verließ ich das Set. Das Haus war riesig, hinter der Küche lag eine Diele, von der vier Türen abgingen. Ich öffnete die gegenüberliegende und trat in einen kleinen, rechteckigen Raum mit grünen Stofftapeten und dunklen Holzdielen auf dem Boden. So was nennt man wohl Salon. In der Mitte stand ein runder Mahagonitisch, um den vier mit braunem Samt bezogene, schwere Holzstühle drapiert waren. Was mich aber viel mehr interessierte, waren die Ölbilder an den Wänden. Röhrender Hirsch und Jagdgesellschaft – da war kein Klischee ausgelassen worden.

Ich war so in die Betrachtung vertieft, dass ich gar nicht bemerkte, wie sich die Tür hinter meinem Rücken öffnete. »Die Dame ist auf Entdeckungstour? Du hast meine SMS nicht beantwortet«, sagte Viktor, »hast du Angst, dass ich dir gefährlich werde?« Ich hatte mich erschrocken, riss mich aber zusammen und drehte mich um. »Ja, das habe ich«, sagte ich mit fester Stimme. »Weißt du, ich habe überhaupt keine Lust auf Komplikationen. Ich gehe nicht mit Kollegen ins Bett.« Klare Worte, die ich gelassen aussprach. Viktor, der heute ein weißes Longsleeve trug, das seine kräftigen Oberarme extrem betonte, machte einen Schritt auf mich zu. Ich atmete tief ein. Und spürte ihn. Seinen Geruch. Oh nein, dachte ich. Ich hatte ihn in der Nase, diesen sanft-männlichen Duft, den er verströmte. Mein Gehirn funktioniert blendend, aber der richtige Geruch eines Mannes macht mich schwach. Und das ist nicht gut.

»Ich muss zurück«, sagte ich und wollte gehen. Aber Viktor machte einen Schritt auf mich zu. Blieb direkt vor mir stehen, sah mir in die Augen und griff nach meinem Oberarm. Fest, aber nicht schmerzhaft. Ich versuchte, zurückzuweichen, aber hinter mir stand einer dieser massiven Stühle und aus seinem Griff gab es ohnehin kein Entkommen. Ich zischte: »Lass mich los! Was willst du?« Er zog mich ein Stück zu sich heran, beugte sich herunter. Ich spürte seinen Atem an meiner Wange, seinen Geruch, der mich fast wahnsinnig machte: »Ich will, dass du die Kontrolle verlierst«, flüsterte er mir ins Ohr. Dann ließ er mich abrupt los, drehte sich um, verließ den Raum und schloss die Tür leise hinter sich.

Zurück blieben sein Geruch und meine Empörung. Nein, es war eher Wut. Was nahm der Kerl sich raus? Glaubte er wirklich, mit seiner »Ich-weiß-doch-was-du-willst«-Masche könnte er mich rumkriegen? Die funktionierte vielleicht bei den Mädchen, denen ich hier die Nase puderte. Aber nicht bei mir. Ich atmete tief durch, verließ den Salon und machte mich wieder an die Arbeit. Steffi aus Magdeburg wartete auf Verschönerung.

An diesem Abend ging ich direkt in mein Hotelzimmer. Ich hatte keine Lust auf unerwartete Begegnungen. Wirklich nicht. Nur ein bisschen. Na gut: Eigentlich hatte ich doch Lust auf unerwartete Begegnungen. Eigentlich hatte ich sogar sehr große Lust, Viktor zu treffen. Und in Wahrheit hatte ich auch ziemliche Lust, mit ihm ins Bett zu gehen. Die Episode im Grünen Salon, wie ich den Ort unseres Zusammentreffens jetzt ganz vornehm nannte, hatte mich schon ziemlich scharf gemacht. Am Ende war ich doch so eine Magdeburg-Steffi, verdammt. Weiber, dachte ich mir, die sind doch alle gleich. Und ich bin auch eins! Aber trotz der Versuchung, Viktors SMS doch noch zu beantworten – ich hörte auf meine Vernunft. Und die sagte mir, dass der Typ nicht gut für mich sei. Er wollte zu nah an mich heran. Er war zu nah an mir dran – oder woher hatte er gewusst, dass ich im Salon war? Er war mir gefolgt! Und er hatte mich grob angefasst, sein Benehmen war unmöglich, so viel war mal klar. Also ging ich früh ins Bett und war am nächsten Morgen um halb sieben fit und ausgeschlafen für den letzten Tag Tussi-Tuschen. So würde ich das natürlich niemals öffentlich sagen! Ich bin schließlich ein Profi!

Während ich Steffi und ihre Konkurrentinnen wieder fernsehfein pinselte, dieses Mal sollten alle Abendkleider und ein glamouröses Make-up verpasst bekommen, hatte ich einen heftigen Kampf mit mir selbst auszufechten. Sollte ich oder nicht, fragte ich mich, während ich Annemarie aus der Pfalz grünen Lidschatten aufs Auge drückte. Nachdem ich ihren Schmollmund mit reichlich Gloss zum Glänzen gebracht hatte, tat ich es. Ich, die coole, beherrschte Frau fischte hektisch mein Handy aus der Tasche und tippte an den großen, breiten Fotografen, der nur ein paar Meter von mir entfernt im heißen Scheinwerferlicht schwitzte. »Mittagspause im Grünen Salon? 13.30 Uhr!«, schrieb ich nur. Und bat schnell die nächste Kandidatin auf den Schminkstuhl. Bloß nicht zu viel darüber nachdenken, was ich da jetzt angerichtet hatte!

Um 13.34 Uhr war das Landhausküchen-Set menschenleer. Das Team und die Darsteller standen draußen im Cateringzelt herum und stopften matschige Nudeln und Schokoriegel in sich hinein. Ich öffnete die Tür zum Salon. Und er stand schon da, an den großen Tisch gelehnt, mit hochgezogenen Augenbrauen sah er mich an. »Sie wollten mich sehen, Mylady?«, fragte er ein bisschen spöttisch. »Ach, ich dachte, das Vergnügen läge auf Ihrer Seite? Du hast mich schließlich um ein Wiedersehen gebeten«, erwiderte ich schnippisch und stellte mich direkt vor ihn.

Ich hatte mir vorher überlegt, was ich ihm jetzt sagen würde. »Okay, ich bin offen: Ich bin keins von den Modelmäuschen, die du sonst so abschleppst«, hob ich an. »Ich schleppe niemals Modelmäuschen ab«, sagte er ruhig und zog wieder spöttisch eine Braue hoch, »und wenn du mir jetzt erzählen willst, dass du nur Sex willst, es auf keinen Fall jemand erfahren darf und du mich umbringen wirst, falls ich auch nur ein Wort darüber verliere – dann musst du gar nicht weiterreden. Ist okay. Was ich noch sagen will: Du bist eine tolle Frau und eigentlich hatte ich es nicht auf einen Quickie in einem muffigen Salon angelegt. Aber ganz wie du willst.«

Dann kam er auf mich zu und küsste mich. Gut so, ich hätte auch nicht gewusst, was ich darauf erwidern sollte. Wir küssten uns, meine Anspannung war zum Glück sehr schnell weg. Ich ließ mich gehen und vergaß nach zwei Minuten sogar, aus lauter Angst, jemand könnte uns erwischen, ständig auf die Tür zu schielen. Nach wenigen Minuten saß er mit offener Jeans auf einem der grünen Sessel, ich mit hochgeschobenem Rock auf ihm, mit ihm zugewandtem Rücken und mich langsam bewegend. Ich schloss die Augen, spürte ihn und das herrlich entspannende Gefühl, endlich wieder richtig guten Sex zu haben. Er umfasste von hinten meine noch brav im Kleid verpackten Brüste – ich musste mich wirklich beherrschen, nicht laut aufzustöhnen. »Ja, das ist gut, das ist gut«, flüsterte ich und legte den Kopf nach hinten, sodass wir Wange an Wange waren. »Fass mich an«, raunte ich und er nahm eine Hand und fing an, mich zwischen den Beinen zu massieren, während ich mich auf ihm bewegte. Ich keuchte, sein Geruch in meiner Nase, er in mir, das war einfach perfekt. Ich ließ mich richtig schön fallen, absurd eigentlich, dachte ich noch, schließlich könnte jeden Moment jemand …

»Das glaube ich jetzt nicht!«, hörte ich eine Stimme und erstarrte. Viktors Hand, eben noch zwischen meinen Beinen, schnellte zurück, als hätte er sie in Salzsäure getaucht. Ich wollte mich ruckartig aufrichten, Viktor hatte offenbar denselben Impuls. Wir schraken beide hoch, und obwohl ich quasi auf ihm festgeschraubt war, verlor ich das Gleichgewicht. »Argh!«, kreischte ich, ruderte hilflos mit den Händen in der Luft und versuchte, mich irgendwo abzustützen. »Ahhhh«, entwich es mir noch mal. »Ohhh«, machte Viktor und fing mich in letzter Sekunde auf.

Erst jetzt erkannte ich, wer da plötzlich in der Tür stand. Monsieur Blass! Bleich wie der Tod! Dem Armen war das Blut in den Adern gefroren. Schockgefroren! »Das, das, das ist ja empörend«, stammelte er und starrte uns an. »Auf meinen Biedermeier-Stühlen …«, er rang nach Worten. Ich rang nach Luft. »Das ist ein Versehen«, japste ich. »Das, das wollte ich nicht, es ist einfach so … Sie wissen doch, Sie kennen das doch!«, stotterte ich und sprang hektisch von Viktors Schoß. Der schnellte hinter mir hoch. Ach ja, die Hose, der Schwanz, das war ja alles offen und nackt und überhaupt, die Situation war ein Albtraum. Schlimmer noch. Sie war Realität.

»Es tut uns leid, was hier passiert ist. Aber Sie sehen, bei uns hat die Kuppelei schon funktioniert«, hörte ich Viktor sagen. Ferdinand fand das nicht lustig. Er schüttelte den blonden Kopf und zischte: »Wenn hier irgendetwas beschmutzt ist, mache ich Sie dafür haftbar! Und jetzt kommen Sie ans Set! Wir sind in Zeitnot. Ich möchte mir von Ihnen nicht meine Fernsehkarriere kaputt machen lassen!« Dann drehte er sich auf dem lackierten Absatz um und knallte die Tür hinter sich zu.

Ich kann mich nicht erinnern, wie ich den Tag überstanden habe. Aber Steffi & Co. bekamen ihr Glamour-Make-up und ich perfektionierte offenbar meine Fähigkeit zur Selbstdisziplinierung. Der TV-Junggeselle sprach mit keinem von uns beiden ein Wort. Ich redete dafür mit Viktor, nach Abschluss der Produktion. Er fand es geradezu lustig. »Mir egal, was der Typ von mir denkt. Der Job ist gemacht, fertig, aus.« Für mich war es die grässlichste und peinlichste Situation, die ich mir vorstellen konnte. Am Set einer Produktion in flagranti mit dem Fotografen erwischt zu werden – schlimmer ging es nicht. Ich habe keine Ahnung, ob Ferdinand gepetzt hat. Von dem Sender habe ich seitdem jedenfalls keine Jobs mehr bekommen. Und Viktor war schlau genug zu wissen, dass nach dem Malheur zwischen uns gar nichts mehr läuft.

Ich widme mich jetzt wieder Matthias, Jens und Moritz. Die sind ungefährlich.

3. GESCHICHTE VOM SEX MIT KOLLEGEN

Mädchen für alles

Marion (44), Bürokauffrau, Hagen, überHerbert (50), Versicherungsfachwirt, Hagen

Herbert war sechs Jahre lang mein Chef, bevor ich es gemerkt habe. Herbert hat ein Versicherungsbüro in Hagen. Er kümmert sich um die Kunden, ich mache den Schreibkram. Und ich bin sein Mädchen für alles – ich besorge auch jedes Jahr das Weihnachtsgeschenk für seine Mutter in Gelsenkirchen. Mach ich ja gern. Ich mochte meinen Chef von Anfang an, aber er hat nun einmal einen Schnauzbart und auf Schnauzbärte stehe ich nicht. Welche Frau tut das schon? Herbert trägt auch sehr gern bunt gemusterte Krawatten und er hat eine Wampe, über die er sich gern und ausgiebig beklagt. »Früher war ich ein schlanker Hering«, jammert er gern. Dass er jetzt eher ein mopsiger Karpfen ist, daran bin ich vielleicht nicht ganz unschuldig. Ich bestelle ihm mittags nämlich sehr gern Tortellini in Schinken-Sahne-Soße beim Lieferservice »Ali Fix«. Die mag er doch so gern! Und wir gehen jeden Donnerstag zum Griechen um die Ecke und schaufeln reichlich Souflaki mit Tsatziki in uns hinein. Danach gibt’s Ouzo für alle, also für uns beide, und das eine oder andere Weizenbier. Unsere Donnerstage sind uns heilig. Waren sie schon immer. Und damit fing alles an. Also eigentlich fing alles mit Tim an, meinem damaligen Freund.

»Du bist scharf auf den Typen, gib es doch zu«, warf der mir immer wieder vor. »Wie bitte? Was für ein Schwachsinn! Wir kennen uns ewig, ich könnte mir das niemals vorstellen!«, das war meine Standardantwort. Woraufhin er mit verächtlichem Blick sagte: »Er aber schon. Ich sehe doch, wie der dich anstarrt. Der dicke geile Sack!« Es war wie ein Drehbuch, immer wieder dieselben Dialoge, immer wieder dieselbe Situation. Immer wieder donnerstags. Also mindestens einmal pro Woche Krach, manchmal hatte sich Tim aber auch am Freitag noch nicht wieder beruhigt, es war wirklich sehr, sehr anstrengend. Dabei war mein Verhältnis zu Herbert wirklich rein platonisch, nicht nur wegen des Schnurrbarts und der peinlichen Krawatten und der Wampe. Und ich war wirklich spätestens um elf Uhr abends wieder brav zu Hause, wenn wir uns trafen.

Zu Hause bei meinem eifersüchtigen Freund, der normalerweise vor dem Fernseher hockte und so tat, als gäbe es mich nicht. Kurz vorher in der Taverna Plaka hatte ich noch über schlechte Versicherungsvertreter-Witze gekichert, kaum kam ich nach Hause, schlug mir die Galligkeit meines Freundes entgegen wie eine fiese Knoblauchwolke. Aber ich liebte Tim, und Herbert war mein Arbeitgeber, mehr nicht, das stellte ich auch niemals infrage.

Oder besser gesagt: Das hätte ich niemals infrage gestellt. Wenn mein lieber Herr Lebensabschnittsgefährte mir nicht ständig eingeredet hätte, dass zwischen Cheffe und mir was gehen würde. Komischerweise hatte er aber kein Problem damit, dass ich jeden Tag zur Arbeit ging und dem »Fettsack«, wie er Herbert nannte, zwangsweise begegnete. »Der will dich knallen, aber bei der Arbeit reißt er sich zusammen, der will ja, dass du was wegschaffst«, das war seine merkwürdige Theorie.

Ja, man könnte denken, dass Tim ein fieser Möpp ist. Eigentlich ist er das auch. Meine Freundinnen mochten ihn von Anfang an nicht und meine Eltern guckten sparsam, aber ersparten mir ihre Kommentare – im Gegensatz zu meiner kleinen Schwester Biggi, die fand ihn »unsympathisch und hässlich«. Hässlich, das war so nicht richtig. Tim ist groß, schlaksig, hat ohrläppchenlange dunkelbraune Haare und eine Vorliebe für Haarwachs – damit schmiert er sich seine Matte eng am Kopf zurück. Außerdem trägt er eine dicke Intellektuellenbrille, auf der an der Seite »Prada« steht. Die hat er für 15 Euro am Strand von Antalya gekauft. Tim will eben lieber aussehen wie ein Werber aus Berlin-Mitte und nicht wie ein Handy-Verkäufer aus Hagen / Westfalen. Ich fand ihn aber nun einmal cool, und zwar genau deshalb – weil er so anders war als all die langweiligen Blödköppe, mit denen ich vorher meine Zeit verschwendet hatte. Und dass er unhöflich war, das nahm ich in Kauf. Genau wie seine Vorliebe für Kettensägenmassaker-Filme, seine Besserwisserei und seine ständige Eifersucht.

So ist das eben, wer liebt, der liebt. Und wen man liebt, das kann man sich ja meistens nicht aussuchen. Ich war mir sicher, ich liebte Tim, und zwar sehr. Aus die Maus, finito. Wenn ich zu ihm »Aus die Maus, finito« sagte, dann verdrehte er immer die Augen hinter seiner Fake-Brille. Ich glaube, er fand mich peinlich.

Trotzdem hätte ich ihn wohl niemals verlassen. Wir hatten schließlich eine frisch renovierte Dreizimmerwohnung in Hagen-Ernst. Und überhaupt, welcher Mann ist schon perfekt, dachte ich mir. Die Erkenntnis, dass es tatsächlich einen Mann gibt, der perfekt zu mir passt, die verdanke ich Tim, seiner Eifersucht und zwei Flaschen Ouzo.

Es passierte an Herberts fünfzigstem Geburtstag. Er hatte einige Kunden, einige Kumpels, mich und Tim eingeladen. Weil Herbert nämlich höflich ist, sagte er mir zwei Wochen vorher noch extra, ich solle »diesen Tim« doch mal mitbringen zu seiner Feier in der Taverna Plaka. Dazu hatte ich zwar eigentlich gar keine Lust, weil ich schon ahnte, dass der Abend in einem Scharmützel enden würde. Aber andererseits war das vielleicht eine Chance, Tim davon zu überzeugen, dass seine ständige Eifersucht wirklich unnötig war.

»Ich soll zum Geburtstag zum Fettsack? Zu eurem piefigen Griechen, wo ihr immer hockt und über mich lästert? Na herzlichen Dank«, das war Tims Kommentar, als ich ihm von der Einladung erzählte. Natürlich kam er dann trotzdem mit, die Gelegenheit wollte er sich nicht entgehen lassen. »Bin ja mal gespannt, was da für spießige Versicherungsfuzzis abhängen, das kann ja ein lustiger Abend werden«, grummelte Tim, als wir zu Fuß Richtung Taverna marschierten, praktischerweise wohnten wir nämlich nur zehn Gehminuten entfernt. Als wir ankamen, war der Tisch hinten in der Ecke schon fast belegt, ungefähr 15 Leute saßen da und es wurden schon die ersten Ouzos gereicht.

Als Herbert uns sah, sprang er auf und ich stellte erleichtert fest, dass er eine dezente graue Krawatte und ein schlicht-weißes Hemd trug. »Was für ein Kasper«, zischte Tim, als Herbert sich zwischen den Stühlen durchkämpfte, um uns persönlich zu begrüßen. »Schön, dich mal kennenzulernen«, sagte er mit einem Lächeln zu Tim und streckte die Hand aus, »es ist doch okay, wenn wir uns duzen?« Tim grummelte etwas, das klang wie »Geht schon klar«, und schüttelte Herbert widerwillig die Hand. Ich war schrecklich angespannt, die Situation war ja auch irgendwie ungemütlich. Als Herbert mich herzlich umarmte, wurde es aber schon besser. Irgendwie war ich immer entspannt, wenn mein Chef in meiner Nähe war, da konnte auch Tims Anwesenheit nichts gegen ausrichten.

Wir setzten uns, ich bestellte bei Kosta freudig ein Bier und mein Freund orderte ein Wasser. Na, das konnte ja eine feuchtfröhliche Sause werden! Mit zunehmendem Alkoholpegel fiel es mir zum Glück immer leichter, mich nicht von Tims miesepetriger Miene runterziehen zu lassen. Ich unterhielt mich wirklich nett mit Erika und Jürgen, einem befreundeten Paar von Herbert. Zu viert hatten wir richtig was zu lachen, während Tim gelangweilt neben mir lümmelte und demonstrativ an seinem Handy herumspielte.

Gegen ein Uhr, wir waren nur noch sechs Leute, schlug Herbert vor, wir könnten ja bei ihm noch einen Absacker nehmen. Erika und Jürgen entschuldigten sich, sie müssten früh aufstehen. Jonas, ein Bowling-Kumpel von Herbert, rief sich auch lieber ein Taxi und so blieben nur noch wir drei übrig. Ich war mittlerweile so angeschickert, dass ich die Aussicht, mit meinem schlecht gelaunten Freund und meinem gut gelaunten Chef auf dessen Sofa zu sitzen, ziemlich lustig fand. »Suuuper, wir sind die dreisten Drei und nehmen jetzt noch einen«, frohlockte ich und knuffte Tim in die Seite. Er verzog das Gesicht und knurrte: »Na denn. Ich will dem jungen Glück ja nicht im Wege stehen.« In Wahrheit wollte er nur wissen, wie Herbert wohnte, um dann später noch besser ablästern zu können. Das vermute ich jedenfalls. Anders kann ich mir nicht erklären, dass er wirklich mitkam. Wir stiegen zu dritt ins Taxi und fuhren nach Hagen-Haspe.

Kaum in Herberts wirklich geschmackvoller Wohnung ohne Schnickschnack und Gedöns angekommen, steuerte der Gastgeber Richtung Küche, um Getränke zu holen. Tim und ich nahmen im Wohnzimmer Platz, er auf dem Ledersessel neben dem Sofa. Also saßen Herbert und ich nebeneinander, und weil Tim wie üblich nicht viel sagte, waren wir bald in ein Gespräch vertieft. Ich war bestens gelaunt, schlürfte meine Weißweinschorle und versank immer tiefer in den Polstern.

»Sag mal, hattest du eigentlich schon mal etwas mit einer Kollegin?«, fragte ich Herbert, darüber hatten wir tatsächlich noch nie gesprochen. Ich glaube, das Thema fanden wir in dem Moment beide unglaublich wichtig – jedenfalls begann ein längeres Gespräch über Liebe am Arbeitsplatz. Tims Anwesenheit hatte ich in meinem beduselten Zustand eigentlich schon völlig vergessen, bis er sich erhob und verkündete, er würde jetzt mal pinkeln gehen. »Ja, Schatz«, erwiderte ich automatisch und wandte mich wieder Herbert zu.

Schöne braune Augen hat der, dachte ich, während er mir von seiner Exfrau erzählte, die er als Versicherungsvertreter vor 16 Jahren kennengelernt hatte. Und nachdem ich das zum ersten Mal bemerkt hatte, rutschte ich gleich noch ein bisschen näher an ihn heran. Huch, da war ja ein Knopf von seinem Hemd offen, direkt über seinem süßen Waschbärbauch. »Halt mal, Chef«, murmelte ich, beugte mich hinüber und begann, an ihm herumzufummeln, um das Ding wieder zu schließen. »Das muss doch gehen, das blöde Knopfdingens«, fluchte ich und rutschte noch näher ran. Herbert sah meinen Bemühungen interessiert zu, fragte dann aber flüsternd: »Sag mal, wo ist eigentlich dein Freund?«

Ich schreckte zurück. Tim! Den hatte ich ja ganz vergessen. »Aufm Pott!«, rutschte es mir heraus und halblaut fügte ich hinzu: »Komisch, der braucht aber lange. Dem ist wohl die Rhodos-Platte nicht bekommen!«

Als Tim fünf Minuten später immer noch nicht zurück war, machten wir uns auf die Suche. Aber er war nirgends zu finden. Die Tür des Gäste-WC stand offen, in der Küche war er auch nicht und das Schlafzimmer war dunkel und leer. »Ach, egal«, sagte ich, schnappte mir Herberts große, warme Hand und zog ihn Richtung Wohnzimmer. »Wir haben ganz andere Sorgen. Der Knopf muss doch zu!« Als ich mich wieder über ihn beugte, nahm er plötzlich mein Gesicht in seine Hände und zog mich ein Stückchen hoch, sodass ich ihm direkt ins Gesicht sah. »Über die elektrische Parmesanreibe zum Geburtstag habe ich mich sehr gefreut«, sagte er, »aber eigentlich habe ich mir schon lange etwas ganz anderes gewünscht.«

Dann küsste er mich ganz vorsichtig. »Ihhh, dein Schnurrbart kribbelt«, entfuhr es mir. Oh nein, Mist! Wie blöd von mir! Herbert wich zurück. »Äh, nein, halt, das bin ich nur nicht gewöhnt«, sagte ich schnell und küsste ihn einfach wieder. Ja, das Teil kribbelte schon ein bisschen beim Knutschen, aber es war trotzdem wunderschön. So zärtlich! Und so innig, wow, so hatte Tim mich schon lange nicht mehr geküsst. Ganz liebevoll hielt Herbert mich im Arm, streichelte mir immer wieder über die Wangen. Ich guckte ihn an und in mir breitete sich ein ganz warmes Gefühl aus. Er wollte etwas sagen, aber ich küsste ihn und kuschelte mich dann an seine Schulter. »Das fühlt sich so gut an, danach habe ich mich so lange gesehnt«, flüsterte er mir ins Ohr und das Gefühl wurde noch wärmer, »bleibst du hier?«

Irgendwie war mir in dem Moment klar, dass er nicht die nächsten Stunden meinte. Und irgendwie war mir klar, dass ich bleiben wollte, so verrückt das auch war. Es fühlte sich so an, wie es sich anfühlen muss und wie es sich schon ewig nicht mehr angefühlt hatte. Mein Herbert! Mein Chef! Statt zu antworten, befreite ich mich aus seiner Umarmung, stand auf und sagte: »Komm, lass uns schlafen gehen.« Mir war klar, dass die Sache mit Tim und unserer frisch renovierten Wohnung damit erledigt sein würde. Ich hatte schon ordentlich einen intus, aber in diesem Moment war ich ganz klar. Und als ich neben Herbert lag, mich erschöpft und glücklich an ihn kuschelte, da war Tim schon ganz weit weg. Es war so schön gewesen, so liebevoll und so vertraut, ich war wirklich ganz überwältigt und konnte es eigentlich gar nicht glauben.

»Ja, ich bleibe«, flüsterte ich, kurz bevor ich in seinen Armen einschlief. Ich bin geblieben, bis heute. Und es war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Jetzt bin ich Herberts Sekretärin, sein Mädchen für alles und seine Frau fürs Leben. Ich liebe ihn mitsamt seinem Schnauzbart und seinem kuscheligen Bauch. Nur neue Krawatten habe ich ihm gekauft.

Ach ja und Tim, der rennt immer noch mit seiner gefälschten Prada-Brille durch die Gegend und verbreitet schlechte Laune.

4. GESCHICHTE VOM SEX MIT KOLLEGEN

Wilde Jungs – wo die Liebe hinfällt

Maxime (33), Sängerin, Düsseldorf, überKarl (35), Lichttechniker, Köln