Kommen Sie doch, wie Sie wollen... - Maria Schäfgen - E-Book

Kommen Sie doch, wie Sie wollen... E-Book

Maria Schäfgen

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Beschreibung

Jede Frau, die mehr über weibliche Sexualität erfahren und lustvolleren Sex erleben möchte, ist mit diesem Buch gut beraten. Maria Schäfgen regt Frauen dazu an, sich selbst und die Bedürfnisse des eigenen Körpers besser kennen zu lernen, Fantasien zuzulassen, Einstellungen zur Sexualität zu hinterfragen und neue Verhaltensweisen auszuprobieren. Die Heilpraktikerin beschreibt einfühlsam die weitreichenden Möglichkeiten einer homöopathischen Behandlung und zeigt, wie mit Tantra-Yoga die sexuelle Empfindungsfähigkeit gesteigert werden kann. Erfahrungsberichte aus Maria Schäfgens Praxis sind der rote Faden des Buches und ermutigen dazu, sich eingehend mit der eigenen Sexualität zu befassen, um mehr Genuss und Erfüllung zu erleben. >Dieses Buch ist frisch und kurzweilig geschrieben und regt dazu an, sich mit Neugier und Forscherdrang dem eigenen Orgasmus zu widmen.< (Allegra)

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Maria Schäfgen • Kommen Sie doch, wie Sie wollen …

Maria Schäfgen

Kommen Sie doch, wie Sie wollen …

Homöopathische Wege zur weiblichen Lust

Für meine Schwestern Monika und Ursula

DANK

Bedanken möchte ich mich bei meinen Verlegerinnen Anna Mandalka und Ekpenyong Ani vom Orlanda Verlag, Ekpenyong Ani speziell für die inspirierende Zusammenarbeit beim Lektorieren des Textes.

Mein Dank gilt ebenfalls Andrea für die schönen Yoga-Fotos. Ein herzliches Dankeschön auch an Dr. med. Achim Kürten, Chefarzt des Zentrums für Traditionelle chinesische Medizin in Berlin, für seine kollegiale und menschliche Unterstützung.

Ganz besonders bedanke ich mich jedoch bei meinen Patientinnen, meinen Interviewpartnerinnen, meinen Zuhörerinnen und Schülerinnen für ihr entgegengebrachtes Vertrauen.

INHALT

Sexualität – Abenteuer Selbsterfahrung

TEIL I

VON DER SEXUALFORSCHUNG BIS ZUR SEXUALTHERAPEUTISCHEN PRAXIS

Kapitel 1: GRUNDLAGEN DER SEXUALFORSCHUNG: WER, WARUM, WOZU?

Absurditäten und Realitäten aus der Sicht männlicher »Forscher«

Vorläufer, erste Erkenntnisse und die Psychopathologisierung der Sexualität

Pioniere der historischen Sexualforschung

Die Begründer/innen der modernen Sexualforschung

Männliche Sexualforschung: Weibliche Sexualität ist bis heute wenig erforscht

Kapitel 2: NEUERE SEXUALFORSCHUNG: DIE FRAU ALS SEXUELLES WESEN

Der G-Punkt – Wendepunkt und Anhaltspunkt

Die Klitoris – größer, länger, erotischer

Kapitel 3: DIE EIGENE AUSGANGSSITUATION: WO STEHE ICH?

Lust und Unlust, Frust und Leid

Annehmen was ist – die eigene Wahrheit achten

Sexuelle Aufklärung

Märchen, Mythen, Männerträume – über den weiblichen Orgasmus

Die Zeitschleife: Flashbacks und andere Mitbringsel aus der Vergangenheit

Kapitel 4: AUS DER SEXUALTHERAPEUTISCHEN PRAXIS

Lösungsorientierte Prozessbegleitung in der homöopathischen Praxis

Übung: Fähigkeiten wieder erinnern

Vom Erlebnis sexueller Gewalt bis zu sexuellen Dysfunktionen

TEIL II

AUF DEM WEG ZU SICH SELBST

Kapitel 5: SEXFANTASIEN: DAS GEHIRN ALS UNSER GRÖSSTES SEXUALORGAN

Beliebte Fantasie-Szenarien

Erlaubt ist was gefällt

Kapitel 6: ANLEITUNG ZUM SELBERMACHEN: VOM THERAPEUTISCHEN ORGASMUS BIS ZUR EIGENEN ORGASMUSSCHULE

Kleine Geschichte des Vibrators

Den Orgasmus erlernen – Herausforderung zum Multitasking

Selbstbefriedigung – Liebe mit sich selbst

Finden Sie Ihre G-Zone

Muskeltraining

Der Atem

Sex will geübt sein – Stimulierendes zur Steigerung Ihres sexuellen Empfindens

TEIL III

DURCH HOMÖOPATHIE UND TANTRA-YOGA NEUE WEGE GEHEN

Kapitel 7: SEX UND HOMÖOPATHIE

Klassische Homöopathie – eine moderne Therapie- und Behandlungsform

Die Wirkweise homöopathischer Arzneien

Erwartungen und Voraussetzungen in der homöopathischen Praxis

Die kollektive Ebene: Vorbelastungen in der Homöopathie

Wenn die Vergangenheit belastet – Homöopathische Arzneien als Schlüssel zu Zeitschleifen

Kapitel 8: HOMÖOPATHISCHE ARZNEIMITTELBILDER IM ZUSAMMENHANG MIT SEX, LIEBE UND PARTNERSCHAFT

Natrium chloratum – das Salz der Erde

Acidum nitricum

Sepia

Hyoscyamus – wegen Lust als Hure abgestempelt

Staphisagria – Wenn Liebe machen weh tut

Lycopodium – die erotische Leistungsshow

Platin – zwischen Hochmut und Unterwerfung

Therapie unter Freundinnen – Vorsicht bei Schubladendenken und anderen menschlichen Fallen

Kapitel 9: TANTRA: SEXUALITÄT, SPIRITUELLE ENTWICKLUNG UND PERSÖNLICHES WACHSTUM

Erste Begegnungen

Tantra-Yoga: Jenseits von Sexorgien und Räucherstäbchen

Bibliografie

Literatur

Adressen

Sexualität – Abenteuer Selbsterfahrung

Es ist vielleicht unüblich, dass sich eine Heilpraktikerin mit sexuellen Problemen bei Frauen und Männern befasst und sie mit klassischer Homöopathie behandelt. Wie es dazu kam, ist eine längere Geschichte, die ich an dieser Stelle mit Ihnen teilen möchte.

Als ich 19 war und gerade mein Abitur gemacht hatte, dachte ich mir, dass ich das mit dem Sex ja jetzt auch mal angehen könnte. Eigentlich war ich ziemlich katholisch erzogen worden und meine Mutter war der Meinung, ich sollte als Jungfrau in die Ehe gehen. Ich sah das jedoch völlig anders und schlief mit meinem damaligen Freund, den ich wirklich gerne mochte und bei dem ich mich auch gut aufgehoben fühlte. Und was passierte dabei? Gar nichts. Ich fand es langweilig! Mir tat nichts weh, aber es war auch nicht schön, sondern einfach nur langweilig. Ich war zutiefst enttäuscht und sehr wütend! Gleichzeitig fühlte ich mich betrogen. Ich konnte nicht verstehen, wieso so viel Tamtam um das ganze Thema veranstaltet wurde. Es galt allgemein die Vorstellung, dass Sex mit einem geliebten Mann das Allerbeste wäre, was einer Frau widerfahren könne. Um mich herum waren auch die meisten meiner heterosexuellen Freundinnen und Freunde der Ansicht, dass es regelmäßig dazu kommen müsse. Aber warum nur, wenn es so langweilig und nichts sagend war? Wie kam es, dass meine Empfindungen sich so grundlegend von der anscheinend allgemeingültigen Norm unterschieden? Ich hatte meinen ersten Orgasmus mit 11 gehabt und wusste, was ich anstellen musste, um mit mir selbst glücklich zu sein. Aber Geschlechtsverkehr schien etwas völlig anderes zu sein.

So begann ich, Fragen zu stellen. Ich fragte alle Frauen, die ich kannte, einschließlich meiner Mutter. Die war zuerst fürchterlich sauer, aber ich ließ nicht locker und fragte immer wieder: »Wie ist das bei dir? Bei mir ist es langweilig. Ich spüre nichts. Wieso sollte ich Jungfrau bleiben? Was soll das?« Irgendwann erzählte sie mir dann ihre Geschichte und die verwunderte mich dermaßen, dass ich das Bedürfnis hatte, noch viele andere Frauen nach ihrer Geschichte zu fragen.

Ich stellte fest, dass viele der Frauen, die in den 60ern jung gewesen waren, trotz sexueller Revolution und Hippie-Phase wenig beim Sex empfanden. Außerdem waren ja längst nicht alle Frauen Hippies gewesen, für viele war Sex weiterhin moralisch belastet, sie waren prüde erzogen worden.

Ich war in den 80er Jahren Anfang 20 und studierte Psychologie. Die Frauen in meinem Alter hatten mehr Interesse am Zusammensein mit Männern als am Sex selbst, und dann fanden sie das Vorspiel interessanter als das Vögeln. Einige meiner Freundinnen waren sehr erstaunt, dass ich genau wissen wollte, ob sie beim Sex, vor dem Sex, nach dem Sex oder ohne Sex einen Orgasmus bekamen, aber dennoch antworteten sie mir auf meine neugierigen Fragen. Die meisten hatten einen Orgasmus beim Vorspiel, manche auch erst beim Nachspiel. Die Penetration erfüllte eher den Zweck der Partnerbindung, die meisten Frauen ließen sie zu, weil sie ihrem Freund mit der Bereitschaft zum Geschlechtsverkehr ihre Liebe zeigen wollten. Manche schätzten auch die Nähe zum Partner während des Verkehrs und nahmen es als gegeben hin, dass sie dabei wenig orgiastische Lust empfanden.

Einige meiner Kommilitoninnen waren damals schon Ende 30 und erzählten mir erstaunlicherweise ganz andere Dinge über ihr Sexleben. Ich erklärte mir dieses Phänomen damit, dass Frauen den Höhepunkt ihrer sexuellen Leistungsfähigkeit mit Mitte 30 erreichen und freute mich aufs Älterwerden.

Von den Ergebnissen meiner laienhaften Umfrage und meinen eigenen lauen Sex-Versuchen ernüchtert, widmete ich mich in den folgenden zwei Jahren intensiv meinem Psychologiestudium, statt mich um Sex zu kümmern.

Doch dann bekam ich heraus, wie ich beim Sex mit einem Mann einen Orgasmus haben konnte und fand die ganze Sache damit schon viel spannender. Mehr durch Zufall entdeckte ich immer mehr Details, veränderte beim Sex einige Kleinigkeiten, wodurch letztendlich meine sexuelle Empfindungsfähigkeit viel intensiver wurde.

Was war passiert? Da gab es einerseits anatomische und sexualwissenschaftliche Neuigkeiten, die mein Selbstverständnis veränderten. Hinzu kam, dass ich schon sehr früh in Behandlung bei einem homöopathisch arbeitenden Heilpraktiker war. Die homöopathischen Arzneien bewirkten tief greifende Veränderungen, ich wurde immer freier und lebendiger und konnte auch meine Sexualität frei und lebendig genießen.

Ein vielseitiger Ratgeber

Dieser Ratgeber kann Ihnen Information und Motivation bieten und mag Sie darüber hinaus auch berühren. Sie werden etwas über die weibliche Sexualität sowie über wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Thesen erfahren. Kommen Sie doch, wie Sie wollen… liefert Anregungen, Neues auszuprobieren und Altes zu hinterfragen. Das Buch soll Sie dazu ermutigen, Sexualität nicht länger als »von Gott gegeben« hinzunehmen, sondern sie als einen Teil Ihres Lebens anzusehen, den Sie ebenso wie Ihre Persönlichkeit oder Ihre sozialen Fähigkeiten ständig weiterentwickeln können. Der Ratgeber vermittelt Ihnen die Strategien und das Handwerkszeug für die entsprechenden Entwicklungsschritte. Kommen Sie doch, wie Sie wollen… ist schließlich auch ein Arbeitsbuch, mit dem Sie Ihre eigenen Erkenntnisse dokumentieren und erweitern können.

Weibliche Sexualität als Zeitphänomen

Während Emanzipation und Frauenrechte für ältere Frauen, die sich ihre Freiheiten sowohl im Privat- als auch im Berufsleben hart erkämpfen mussten, bis heute einen wichtigen Stellenwert haben, mögen diese Themen den heute 20-Jährigen weniger brisant, ja sogar absurd und komisch erscheinen. Für feministische Frauen der älteren Generation, die durch ihre Arbeit den Grundstein für die heute selbstverständlicher gewordene Freiheit von Frauen gelegt haben, kann die sexuelle Befreiung eine der wichtigsten Errungenschaften ihres Lebens darstellen. Das gesellschaftlich erkämpfte Recht auf eigene sexuelle Bedürfnisse, die Möglichkeit, offen in lesbischen Beziehungen zu leben, sich aus unglücklichen Ehen zu lösen oder im Laufe ihres Lebens mehrere Partner oder Partnerinnen zu haben, sind für viele ältere Frauen auch heute noch Privilegien, auf die sie sehr stolz sind.

Heterosexuelle Frauen in den 30ern haben demgegenüber vielleicht weniger Probleme damit, ihre Sexualität freizügig zu leben, als damit, berufliches Karrierestreben und Sehnsucht nach Geborgenheit und Liebe in einer Partnerschaft so zu verbinden, dass sie einerseits von Männern ernst genommen werden und andererseits ihre Weiblichkeit leben können. Viele lesbische Frauen in den 30ern denken dagegen darüber nach, wie sie Mutterschaft in ihre lesbische Lebensform integrieren können. Die sexuelle Präferenz und das Ausleben weiblicher Sexualität werden in Grenzen bereits von der Gesellschaft akzeptiert. Ausnahmen stellen beispielsweise sexuell sehr aktive Frauen oder lesbische Politikerinnen und Lehrerinnen dar. Sexuell sehr aktive Frauen werden auch heute noch leicht als »Hure« oder »Schlampe« abgestempelt, in der Politik und im Schulwesen können die Konsequenzen bis heute sehr drastisch sein, wenn jemand als lesbisch oder schwul »geoutet« wird.

Auch wenn Frauen heute offener als früher ihre Sexualität leben können und der weibliche Orgasmus dazugehört, findet sich doch häufig eine Diskrepanz zwischen der augenscheinlichen Offenheit und dem tatsächlichen Wissen über die eigene Sexualität. So lassen sich Frauen durchaus ein Intimpiercing verpassen, ohne zu wissen, was dort unten eigentlich gepierct wird und was genau sich im Innern der gepiercten und rasierten Pussy abspielt.

Auf dem Weg zur eigenen sexuellen Freiheit

Egal wie alt Sie sind: Was immer Sie heute über Ihren Körper, Ihre Sexualität und ganz allgemein die Geschichte von Frauen wissen, hat einen maßgeblichen Einfluss auf Ihr Sexualerleben. Dabei spielen wissenschaftliche Veröffentlichungen und Ratgeber heute eine Schlüsselrolle in der Weiterentwicklung weiblicher Sexualität. Einerseits halten viele Halbwahrheiten und längst überholte Forschungsergebnisse Frauen davon ab, spielerisch Neues auszuprobieren und ihr sexuelles Potenzial voll und ganz zu leben. Andererseits wird Sexualität in vielen Ratgebern darauf reduziert, bestimmte Techniken und Stellungen anwenden zu können und sich gegenüber dem Partner/der Partnerin auf eine bestimmte Weise zu verhalten. Die spirituelle Dimension, die Frauen in der Lust mit ihrer einzigartigen schöpferischen Kraft verbindet, bleibt dabei meist unerwähnt. Sexualität kann eine wichtige Ressource sein, die uns bedeutende, tief greifende und bewusstseinserweiternde Erfahrungen ermöglicht.

Eigenschaften wie Neugierde und Verspieltheit sind wichtige Verbündete auf dem Weg zur eigenen sexuellen Freiheit. Neben der Aufnahme von Informationen geht es darum, den eigenen Forscherinnengeist wieder zu erwecken und sich auf die Suche nach der eigenen sexuellen Wahrheit zu machen. Es ist wichtig, Halbwahrheiten als solche zu enttarnen und tradierte Glaubenssätze zu entmystifizieren. So hat die wissenschaftliche Konzentration auf die Klitoris als hauptsächlichem weiblichen Sexualorgan zwar dazu beigetragen, das freudianische Märchen vom reifen und unreifen Orgasmus zu entmachten, doch das dadurch geprägte Vorurteil, jeder Orgasmus sei immer und nur klitoral bedingt, hat sich negativ auf das weibliche Orgasmuserleben ausgewirkt. Frauen haben gar nicht erst begonnen, den Rest ihrer Sexualorgane zu erkunden und neue Erfahrungen in ihr Sexualleben mit einzubeziehen. Die mechanistische Ausrichtung der Wissenschaft hat die spirituelle und bewusstseinserweiternde Komponente von Sexualität, die seit Tausenden von Jahren beschrieben wird, ignoriert und sich auf oberflächliche Fakten konzentriert. So kommt es, dass sehr viele Frauen trotz aller Emanzipation und sexueller Aufklärung nicht mit ihrer sexuellen Kraft verbunden sind.

Therapeutische Ansätze sind meistens nur am Verhalten und an dem zugrunde liegenden intellektuellen Wissen ausgerichtet und werden so weder der Frau in ihrer Ganzheit noch der Sexualität gerecht. Dabei sollte jeder ganzheitliche Ansatz immer auch eine spirituelle, geistige Ebene mit einbeziehen. Durch Yoga kann diese Ebene auch ins Liebesleben integriert werden. Deshalb finden Sie in diesem Buch eine Einführung ins Tantra-Yoga, Berichte von Frauen, deren Sexualität und Liebesfähigkeit sich durch tantrisches Yoga radikal erweitert hat und Hinweise auf bestimmte Übungen, die Ihnen auch ohne die Unterstützung einer Yoga-Lehrerin einen Vorgeschmack Ihres Potenzial geben können.

Mit der klassischen Homöopathie steht uns eine therapeutische Methode zur Verfügung, die einerseits emotionale und körperliche Probleme in Zusammenhang mit der Sexualität auflösen, und andererseits die göttliche Dimension von Sexualität erweitern oder initiieren kann. Durch die bildhafte Darstellung bestimmter homöopathischer Arzneienergien können Sie sich als Leserin von der initiatorischen Dimension dieser Heilmethode inspirieren und berühren lassen.

Maria Schäfgen

TEIL I

Von der Sexualforschung bis zur sexualtherapeutischen Praxis

KAPITEL 1

Grundlagen der Sexualforschung: Wer, warum, wozu?

Im folgenden Teil möchte ich Ihnen einen Überblick zur Geschichte und zu Schlüsselfiguren der Sexualforschung geben, bildet sie doch den theoretischen Hintergrund für unsere sexuellen Verhaltensweisen.

Sexualität ist eine grundlegende Voraussetzung für den Fortbestand der Menschheit. Sie ist außerdem ein multidimensionales Phänomen, das viele wissenschaftliche Disziplinen tangiert. Sexualverhalten und Sexualnormen sind neben ihren medizinischen und biologischen Aspekten auch historisch, soziokulturell und interkulturell bedingt. Sexuelle Verhaltensweisen sind einerseits in einer individuellen Lerngeschichte entstanden, andererseits auch an sozialen Normen ausgerichtet – also an gesellschaftlich vermittelten Regeln, die festlegen, was als richtig und schicklich gilt.

Verhaltenspsychologische oder medizinische Ergebnisse aus der Sexualforschung können Einsicht in sinnvolle Sexualerziehung und Aufklärung liefern oder für die Beurteilung sexueller Aktivitäten bei Schwangerschaft, drohender Fehlgeburt, Herzinfarkt, Schlaganfall und weiteren Ausnahmesituationen und Krankheiten wichtig sein. Die soziokulturelle Erforschung des Sexualverhaltens, also die Erforschung der Zusammenhänge zwischen kulturellem Hintergrund und Sexualverhalten ist wichtig, um bestehende Normen zu erkennen und diese zu anderen Faktoren wie z.B. Geburten- und Scheidungsrate, Bildungsstand etc. in Bezug zu setzen.

Das Thema Sex wirft viele Fragen auf, beispielsweise: Was ist überhaupt normale Sexualität? Welche Rolle spielt die Sexualität im Bindungsverhalten von Paaren? Wie funktioniert Sex? Was macht einen Orgasmus zum Orgasmus? Wie muss ein Orgasmus sein, damit man/frau ihn befriedigend erlebt? Wie ist es mit Homosexualität bei Frauen und Männern, mit Transsexualität, mit Transvestizismus? Spätestens beim Thema »sexuelle Gewalt« wird klar, wie wichtig wissenschaftliche Erkenntnisse auch für die Gesetzgebung sind. Wann ist abweichendes Sexualverhalten eine sexuelle Vorliebe und wann ist es krankhaft? Sind sadistische Praktiken strafbar, auch wenn sie auf gegenseitigem Einverständnis beruhen? Auf diese und viele weitere Fragen sollte die Sexualforschung Antworten geben können.

Absurditäten und Realitäten aus der Sicht männlicher »Forscher«

Die Geschichte der Sexualforschung spiegelt den historisch bedingten wissenschaftlichen Umgang mit Sexualität und die zur Verfügung stehenden Untersuchungs- und Forschungsmethoden dieses Gebietes wieder. Waren es zunächst Philosophen, später Kirchenväter, welche Normen und Standards für adäquates sexuelles Verhalten vermittelten, machten es sich später Mediziner zur Aufgabe, Sexualität anhand von Perversionen und forensischen Fällen1 zu interpretieren und zu pathologisieren. Erst in der nächsten Phase entwickelte sich die Sexualforschung zu einer Wissenschaft, die Sexualität nicht mehr unter ethisch-moralischen, sondern unter therapeutischen und schließlich biologischen und sozialpsychologischen Aspekten erforschte2.

Die Geschichte der Sexualforschung zeigt, dass es in einer Gesellschaft viele verschiedene Ebenen bezüglich der Aneignung und Verwaltung von Wissen gibt. Die je nach Epoche unterschiedlich definierte wissenschaftliche Vorgehensweise schloss beispielsweise das traditionelle Frauenwissen über Sexualität und Fortpflanzung einfach aus. Das hatte zur Folge, dass Tatsachen, die für Frauen schon immer selbstverständlich waren, in den frühen wissenschaftlichen Ansätzen überhaupt keine Beachtung fanden und erst später als wissenschaftliche Neuigkeiten propagiert wurden.

Vorläufer, erste Erkenntnisse und die Psychopatholo gisierung der Sexualität

Sexualität existiert seitdem die Menschheit existiert. Doch auch wenn es viele Gründe für die Erforschung dieser zentralen menschlichen Funktion gibt, geschah dies aufgrund ihrer gesellschaftlichen Tabuisierung zunächst nur sehr zögerlich und heimlich, später unter heftigen Anfeindungen und Schwierigkeiten.

Frühe Ansätze der Sexualforschung sind in schriftlichen Zeugnissen von Menschen zu finden, die erstmals versuchten, geschlechtliche und sexuelle Vorgänge sowie anatomische Details vor dem Hintergrund ihres eigenen Weltbildes oder des Weltbildes ihrer Zeit zu beschreiben – mal sachlich und objektiv, mal wertend. Die Untersuchung der Sexualfunktionen, auch unter sozialen Gesichtspunkten, reicht bis ins Altertum zurück. Die bekannten griechischen Philosophen Aristoteles und Platon setzten sich beispielsweise auf rationaler Ebene mit sexuellen Krankheiten und Störungen respektive Fragen der Sexualerziehung auseinander.3 Im Mittelalter fanden diese Ansätze angesichts der Vorherrschaft der Kirche und der Dämonisierung der menschlichen Sexualfunktion in Europa ein jähes Ende. Das Interesse der Wissenschaft an der Erforschung der Sexualität der Menschen bestand dennoch weiter und zog sich wie ein roter Faden durch die kommenden vier Jahrhunderte. Themen sind Anatomie, Funktion und Stimulation der Geschlechtsorgane oder die Entdeckung des Eifollikels. Masturbation und die Krankheiten, die von der »Selbstbefleckung« herrühren, sind weitere Schwerpunkte.

1882 veröffentlicht der nordamerikanische Arzt Knowlton The fruits of Philosophy, or the Private Companion of Young Married People. Auch wenn es ausgesprochen nüchtern und reichlich moralistisch geschrieben war, bot dieses Handbuch eine sehr umfassende Beschreibung von Verhütungsmethoden seit der Zeit des Soranus.4 Knowlton wurde daraufhin mit Freiheitsentzug bestraft. In den nächsten Jahrzehnten verhindern Kirche und Staat systematisch die sexuelle Aufklärung der Bevölkerung. Diese Haltung greift auf die Wissenschaft über und die Forschung stagniert. Statt der Suche nach weiteren Erkenntnissen entsteht in dieser Zeit die Psychiatrie als eine neue Wissenschaft, die Kriterien für normales und pathologisches Sexualverhalten aufstellt.

Ende des 19. Jahrhunderts blühte die Sexualforschung vor allem in Wien. Zunächst publiziert der Völkerkundler Salomon Krauss in einem umfassenden Werk Fakten und Mythen zur Sexualität, gefolgt von den sexualtheoretischen Abhandlungen zur Sexualentwicklung von Sigmund Freud. Im folgenden Abschnitt geht es um jene frühen Pioniere, die in ihre Fußstapfen traten.

Pioniere der historischen Sexualforschung

RICHARD VON KRAFFT-EBING (1840-1902)

Der österreichische Psychiater veröffentlichte 1868 Psychopathia sexualis, ein medizinisches Fachbuch in lateinischer Sprache – das erste seiner Art. Krafft-Ebing prägte Begriffe wie Sadismus, Masochismus und Sadomasochismus und gilt noch heute für viele Wissenschaftler als der Begründer der modernen Sexualkunde. Auffallend ist, dass er sich vor allem mit der Pathologie unter moralischen Aspekten befasst hat.5 Sadomasochistische Praktiken wurden von Krafft-Ebing pathologisch interpretiert.

SIGMUND FREUD (1856-1939)

Es ist unmöglich über Sexualität und Sexualforschung zu schreiben, ohne den Wiener Psychiater Freud zu erwähnen – auch und gerade weil er der weiblichen Sexualität mehr geschadet als genutzt hat.

Sigmund Freud veröffentlichte 1905 Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie. Sein Menschenbildes war von der Auffassung geprägt, dass die Sexualität die primäre menschliche Motivationskraft und Hauptursache aller menschlichen Neurosen sei. Darüber hinaus stellte er die These auf, dass auch Säuglinge und Kleinkinder sexuelle Wesen seien. Seine eher sachliche Einstellung zur Sexualität stand im Kontrast zur Prüderie und Heuchelei seiner Zeit und trug maßgeblich dazu bei, dass sie erneut zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen wurde. Doch auch wenn Sigmund Freud fortschrittlicher als die meisten anderen Forscher seiner Zeit war, legte er für weibliche und männliche Sexualität sehr unterschiedliche und wissenschaftlich nicht fundierte Maßstäbe an. Zwei nie bewiesene Thesen Sigmund Freuds über weibliche Sexualität sind:

1. Weibliche Sexualität ist tendenziell masochistisch.

2. Der klitorale Orgasmus ist Ausdruck unreifer Weiblichkeit, während der vaginale Orgasmus ein sogenannter reifer und deshalb erstrebenswerter Orgasmus ist.

Diese Thesen wurden immer wieder von modernen Forscher/ innen angefochten und gelten heute als widerlegt.

HAVELOCK ELLIS (1859-1939)

Der US-Amerikaner Havelock Ellis war einer der ersten Ärzte, der Sexualität weniger unter moralischen als unter therapeutischen Aspekten untersuchte. Sein Hauptwerk ist das sechsbändige Studies in the Psychology of Sex (1897-1910). Ellis’ für seine Zeit revolutionäre Ansichten, sind an seinen Hauptthesen zu erkennen:

Er ging davon aus, dass Selbstbefriedigung bei beiden Geschlechtern in allen Altersgruppen gleichermaßen vertreten ist. Er gestand Frauen eine eigene Libido zu, womit er der viktorianischen Vorstellung widersprach, dass anständige Frauen gar kein Sexualverlangen besäßen. Er trat als entschiedener Verfechter der Sexualerziehung und der Frauenemanzipation auf. Bei vielen Sexualproblemen suchte er die Ursachen in der Psyche, konzentrierte sich also weniger auf physiologische Faktoren. Mit seinen Thesen stieß er allgemein eher auf Unverständnis und Abneigung. So waren seine Werke in England und den USA bis 1935 nur für Ärzte legal zu erwerben.6

ALBERT MOLL (1862-1939)

Dieser Berliner Psychiater gilt aufgrund seiner Veröffentlichungen – Die konträre Sexualempfindung (1891), Untersuchungen über die Libido sexualis (1897) und Sexualleben des Kindes (1909) – als einer der wichtigsten Pioniere der Sexualforschung. Er war einer der ersten, der über Homosexualität und kindliche Sexualität schrieb. Er soll Sigmund Freud beeinflusst haben, verfeindete sich jedoch mit ihm. Moll lehnte die Psychoanalyse generell ab. Er gründete die Internationale Gesellschaft für Sexualforschung und organisierte 1929 den ersten Internationalen Kongress zum Thema.7 Durch Albert Moll wurden sexualpsychologische Themen zum ersten Mal einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

IWAN BLOCH (1872-1922)

Ebenfalls ein Berliner Arzt, der sich auf Geschlechtskrankheiten spezialisiert hatte. Er forschte und veröffentlichte mehrere Werke, die große Anerkennung fanden, u.a. Das Sexualleben unserer Zeit (1907) und das von ihm herausgegebene Handbuch der gesamten Sexualwissenschaft in Einzeldarstellungen (1912-1925).8 Der Begriff der Sexualwissenschaft wurde von Bloch eingeführt. Sein Ausgangspunkt war, »dass eine rein medizinische Auffassung des Geschlechtslebens, obgleich sie immer den Kern der Sexualwissenschaft bilden wird, nicht ausreiche, um den vielseitigen Beziehungen des Sexuellen zu allen Gebieten des menschlichen Lebens gerecht zu werden.«9 Iwan Bloch wurde im dritten Reich als Jude geächtet und starb in Berlin.10

MAGNUS HIRSCHFELD (1868-1935)

Dieser Berliner Arzt hatte sich auf Sexualwissenschaft spezialisiert. Er setzte sich besonders für die Entpathologisierung der Homosexualität ein und stellte sich auch gegen die gesetzliche Sanktionierung Homosexueller. In seinem »wissenschaftlich-humanitären Komitee« bot er Homosexuellen individuelle Hilfe an und untersuchte die wissenschaftlichen Grundlagen der Definition von Homosexualität. Er veröffentlichte u.a. Die Transvestiten (1910) und Die Homosexualität des Mannes und des Weibes (1914). Hirschfeld gründete das erste »Institut für Sexualwissenschaft« und richtete mehrere große Kongresse aus.

Kurze Zeit nach der Machtübernahme Hitlers im Mai 1933 verwüsteten die Nationalsozialisten das Berliner Institut, zerstörten die Datensammlung und verbrannten die Bücher. Hirschfeld war schon vorher ins Ausland emigriert und starb zwei Jahre später in Frankreich.11

Die Begründer/innen der modernen Sexualforschung

ALFRED C. KINSEY (1894-1956)

Wie dieser Zoologe und Insektenforscher, der sich auf die Gallwespe spezialisiert hatte, dazu kam, die US-amerikanische Doppelmoral der 50iger Jahre aufzudecken, ist eine ebenso interessante wie amüsante Geschichte. Kinsey wollte einen Kurs über die Ehe abhalten und war auf der Suche nach Informationen für seine Vorträge. Da er nicht fündig wurde, begann er, selbst Daten zu sammeln. Seine wissenschaftlich akribischen Befragungen von Studenten und Kollegen weitete er mit der Zeit so aus, dass er schließlich Material aus über 15 000 mündlichen Interviews hatte. 1948 wurde der erste Teil der »Kinsey-Reporte« zum Sexualverhalten von Männern veröffentlicht, fünf Jahre später erschien dann der zweite Teil zum Sexualverhalten von Frauen. Der erste Band hielt sich 27 Wochen in den Bestsellerlisten. Beim zweiten Band war es ganz anders. Es hieß, die Resultate seien unmoralisch und richteten sich gegen die Familie. Tatsächlich standen die Ergebnisse des Kinsey-Reports im Konflikt mit vorherrschenden traditionellen Wert- und Moralvorstellungen.

Die »unmoralischen und antifamiliären« Umfrageergebnisse brachte erstaunliche Dinge zutage: 60% der Frauen berichteten von Erfahrungen mit Masturbation; 90% hatten vorehelichen Geschlechtsverkehr; 50% hatten außerehelichen Geschlechtsverkehr und fühlten sich dafür weniger schuldig als erwartet. Die Mehrzahl der befragten Frauen gab an, dass die Masturbation die verlässlichste Art sei, einen Orgasmus zu erlangen. Das ist kaum verwunderlich, denn die durchschnittliche Dauer des Koitus der von Kinsey Interviewten lag bei zwei Minuten. Insgesamt lag die Orgasmusrate der Frauen deutlich unter der der Männer. Im Alter von 22 Jahren hatten so gut wie 100% der Männer bereits einen Orgasmus erlebt, jedoch nur 60% der Frauen. Diese Ergebnisse deckten auf, dass die Amerikanerin dieser Zeit alles andere als eine a-sexuelle, brave Hausfrau war. Durch die Ergebnisse Kinseys stellte sich heraus, dass der eheliche Sex weniger bedeutsam für die sexuelle Befriedigung der meisten Frauen war, als gemeinhin angenommen wurde.

WILLIAM H. MASTERS (1915-2001)

UND VIRGINIA JOHNSON (GEB. 1925)

In den 60er Jahren gingen der US-Amerikaner William Masters und seine Kollegin und spätere Frau Virginia Johnson davon aus, dass die menschliche Sexualität in ihrer Komplexität nur verstanden werden kann, wenn neben den psychologischen und soziologischen Aspekten auch Anatomie und Physiologie genauestens erforscht werden. Dabei hielten sie wenig davon, Ergebnisse aus der Zoologie auf den Menschen zu übertragen. So ist zu verstehen, dass sie das Thema Sexualität sehr direkt und schonungslos angingen. Ihre Ergebnisse wurden 1966 in ihrem Werk Human Sexual Response veröffentlicht. 1970 markierte ihre Veröffentlichung von Human Sexual Inadequacy den Beginn einer neuen Ära der Behandlung sexueller Störungen.

Masters und Johnson entwickelten Instrumente, mit denen sie die Veränderungen in der Vagina beobachten und messen konnten, ebenso wie die Durchblutung des Penis im Ruhezustand und während der Erektion, und das sowohl bei homo- wie heterosexuellen Aktivitäten. Sie beobachteten und filmten ihre Proband/innen beim Masturbieren allein oder mit Partner/in, beim Geschlechtsverkehr und Orgasmus. Diese Vorgehensweise war einmalig und revolutionär.

Die beiden Forscher räumten mit vielen Mythen und Trugschlüssen in Bezug auf die Sexualität auf und stellten traditionelle Lehrmeinungen in Frage.12 Für Masters und Johnson war Sex etwas Positives, Konstruktives, nicht länger verwerflich oder nur auf die Reproduktion beschränkt.13 Viele ihrer Forschungsergebnisse sind heute noch ebenso gültig wie ihre Therapieprogramme für Paare und Einzelpersonen.14 Einige Thesen von Masters und Johnson wurden jedoch längst widerlegt oder erweitert. So kann ein Mann nach Masters und Johnson nur dann einen Orgasmus haben, wenn eine Ejakulation stattfindet. Es gibt jedoch immer mehr Männer, die z.B. im Rahmen des Tantra-Yoga sexuelle Kontinenz praktizieren und Orgasmen ohne Ejakulation erleben. Ein weiterer Irrtum besteht in der Annahme, dass ein Orgasmus immer nur auf eine Erektion folgt. Bei Frauen ist die Bandbreite sexuellen Erlebens ebenfalls viel breiter als von Masters und Johnson angenommen. Manche Frauen können auch ohne genitale Stimulation einen Orgasmus erleben, z.B. durch Küssen und durch Stimulation der Brüste und Brustwarzen. Auch die These, dass es bei Frauen nur einen nervösen Reflexweg für die sexuelle Reaktion gebe, wurde mittlerweile widerlegt. Forscherinnen wie Beverly Whipple haben gezeigt, dass die Klitoris zu unrecht als das allein selig machende Organ propagiert wurde. Durch die Ergebnisse von Masters und Johnson war der klitorale Orgasmus legitimiert und gesellschaftsfähig geworden. Er hörte auf, ein heimliches Schattendasein zu führen und trat ins Licht des gesellschaftlichen Bewusstseins. Frauen waren nicht länger gezwungen, ihr orgiastisches Glück in der Penetration zu suchen. Männer mussten sich mit der Tatsache abfinden, dass ihr bestes Stück für den weiblichen Orgasmus gar nicht zwingend vorhanden sein muss. Frauen durften darauf bestehen, einen Orgasmus vor der Penetration oder unabhängig davon zu haben. Die Anerkennung des klitoralen Orgasmus wertete die Komplexität weiblicher Sexualität auf und die Bedeutung des Geschlechtsverkehrs für weibliches Sexualerleben herab. Dies war ein wichtiger Schritt, doch inzwischen wissen wir, dass die Klitoris viel größer ist als zuvor angenommen, und dass es durch Stimulation der innen liegenden Klitoristeile (G-Zone) ebenfalls zu Orgasmen kommen kann.

Mit ihrer rein mechanischen und hydraulischen Definition des Orgasmus schlossen Masters und Johnson emotionale und psychologische Aspekte aus. Befriedigung entsteht jedoch nicht nur durch körperliche Erregung und Entladung sondern auch durch emotionalen Kontakt. Die meisten Frauen erleben einen rein mechanischen, lieblosen Orgasmus als unvollständig und unbefriedigend.

SHERE HITE (GEB. 1942) UND DER HITE-REPORT

Shere Hite legte bei ihrer Forschung den Schwerpunkt auf qualitative Aussagen, da sie der Meinung war, dass man Sexualität nicht quantifizieren könne. Sie wollte Sexualität und sexuelles Verhalten vor allem nachvollziehen können. Deshalb verwendete sie bei ihren Befragungen größtenteils offene Fragen. Ihre Bücher The Hite Report (1976) zur weiblichen Sexualität und The Hite Report on Male Sexuality (1976) zur männlichen Sexualität basieren auf der Befragung von 3 019 Frauen und 7 239 Männern.

In der Form von Shere Hites Studie liegt auch die große Stärke ihrer Arbeit: in den Berichten sind sehr persönliche Beschreibungen sexueller Gedanken, Gefühle, Phantasien und Praktiken zu finden. Dadurch wird Sexualität nicht wie in vielen anderen wissenschaftlichen Arbeiten auf unpersönliche Zahlen reduziert, sondern auf vielfältige Weise verbalisiert und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Und so liegt der Verdienst von Shere Hite wohl vor allen Dingen darin, Sexualität zu enttabuisieren, indem sie darüber informiert, wie andere Menschen Sex erleben und handhaben.

Männliche Sexualforschung: Weibliche Sexualität ist bis heute wenig erforscht

Für die Erforschung der weiblichen Sexualität waren Havelock Ellis, Alfred Kinsey, William Masters und Virginia Johnson sowie Shere Hite bedeutsam. Die beiden letzteren bildeten als Frauen die Ausnahme unter den Forscher/innen. Auch wenn wir uns heute darüber freuen können, dass sie mit Vorurteilen wie dem weiblichen Masochismus und der weiblichen Asexualität aufgeräumt haben und Frauen eine eigene Libido, den Orgasmus im Allgemeinen und den klitoralen Orgasmus im besonderen zugestanden haben, dürfen wir nicht vergessen, dass die weibliche Sexualität bis heute viel weniger erforscht ist als die männliche.

Regelmäßig zu lesende Schlagzeilen über den angeblichen Prozentsatz frigider Frauen in westlichen Gesellschaften täuschen vor, dass es allgemeingültige wissenschaftliche Erkenntnisse über die »normale« weibliche Sexualität gibt. Doch es macht keinen Sinn, ein von der »Norm« abweichendes Verhalten zu beschreiben, wenn diese »Norm« noch unbekannt ist. Fakt ist, dass der weibliche Orgasmus in seinen Facetten und Details bis heute ein Mysterium darstellt und dass es bis heute keine klare Definition für den weiblichen Orgasmus gibt. Man weiß bis heute weder, auf welche Weise der Orgasmus genau entsteht und welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit ein Lustgefühl ein Orgasmus ist. Und auch wenn frau sich fragt, warum diese Erkenntnisse überhaupt notwendig sind, möge sie bitte bedenken, dass die wissenschaftliche Anerkennung von vielleicht längst bekannten Tatsachen häufig erst zur gesellschaftlichen Akzeptanz und damit der Information der breiten Öffentlichkeit führt. Der weibliche Orgasmus hat im Gegensatz zur männlichen Ejakulation keine direkte Bedeutung für die Fortpflanzung. Es könnte sein, dass hierin einer der Gründe für das eher geringe Forschungsinteresse der überwiegend männlichen Sexualforscher liegt. In den letzten Jahren tauchten immer wieder neue Erkenntnisse auf, die unter großem Medienrummel veröffentlicht wurden. Leider wurden sie nur allzu schnell und ohne wissenschaftliche Absicherung zur Norm erklärt, womit Frauen wieder unter Druck gesetzt werden.

Die Tatsache, dass so wenig geforscht, aber dennoch so viel pseudowissenschaftlich und medienwirksam veröffentlicht wird, ist ein Indiz für eine in ihren Paradigmen und Methoden entwicklungsbedürftige Sexualforschung.

1 Krafft-Ebing, 1868; Tissot, 1758

2 Beier, Bosinski, Hartmann & Loewitt: Sexualmedizin. München, Jena: Urban & Fischer 2001; Meyer, Heinz: Sexualität und Bindung, Beltz Psychologie Verlags Union, 1994

3 Aristoteles (384-322): Von der Zeugung und Entwickelung der Thiere, Gr.-dt. Ausgabe. Leipzig 1860. Neudruck Aalen 1978; Platon (427-347) Protagoras. Dt. Übers. in: Platon, Sämtliche Werke Bd. 1. Hamburg 1957

4 Haeberle, 1985, S. 510

5 Haeberle, 1985

6 a.a.O.

7 a.a.O.

8 a.a.O.

9 Bloch 1907, zit. nach Beier S. 37

10 Haeberle, 1985

11 a.a.O.

12 Haeberle, S. 517

13 Masters, Johnson: Liebe und Sexualität. Frankfurt/M., Berlin: Ullstein 1987

14 Haeberle, 1985

KAPITEL 2

Neuere Sexualforschung: Die Frau als sexuelles Wesen

Die Frau als sexuelles Wesen zu begreifen, wurde besonders durch die Untersuchungen von William Masters und Virginia Johnson zu einer Selbstverständlichkeit, die die neuere Sexualforschung maßgeblich prägte. Das ist gerade mal 50 Jahre her und deshalb ist es wichtig, sich immer wieder daran zu erinnern, dass weibliche Sexualität immer auch gesellschaftlich mitbestimmt wurde und wird.

Als die US-Amerikanerin Nancy Friday in den frühen Siebzigern begann, Frauen nach ihren sexuellen Fantasien zu befragen, wussten viele Frauen gar nicht, dass sie solche Fantasien hatten. Männer und Frauen glaubten von Frauen, dass sie keine sexuellen Gedanken hätten, geschweige denn ein Bedürfnis nach SEX. Von daher konnten Frauen sich selbst gar nicht als sexuelle Wesen wahrnehmen. Da sie dies nicht taten, konnten sie ihre sexuellen Gedanken auch nicht als solche identifizieren.

Heute wissen wir, dass Frauen als ebenso sexuelle Wesen wie Männer nicht nur sexuelle Gedanken und Fantasien haben, sondern diese teilweise auch bewusst einsetzen, um ihren sexuellen Genuss zu steigern. (s. Seite 83)

Der G-Punkt – Wendepunkt und Anhaltspunkt

Bereits ab dem 3. Jahrhundert wurde im indischen Sex-Klassiker »Kamasutra« die G-Zone und die weibliche Ejakulation erwähnt. Andere indische Texte wie das Pañcasayaka (11. Jahrhundert), Jayamangala (13. Jahrhundert), Ratirahasya (13. Jahrhundert) beschreiben G-Zone und weibliche Ejakulation sehr detailliert.

Der niederländische Anatom Reignier de Graaf (1641-1673) beschrieb den G-Punkt als ein sensibles Gewebe an der vorderen Scheidenwand. Er war auch der erste Europäer, dem die weiblichen Ejakulation bekannt war. Seine Beobachtungen fanden unter den Wissenschaftlern jedoch kaum Beachtung.

1950 beschrieb der deutsche Gynäkologen Ernst Gräfenberg eine Zone in der vorderen Scheidenwand, die für besonders intensive Lustempfindungen verantwortlich sein soll. Er lokalisierte diese Zone entlang der Harnröhre. Gräfenberg ging zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass allein die Stimulierung der Klitoris beim vaginalen Geschlechtsverkehr für den Höhepunkt nicht ausreiche. Seine Beobachtungen wurden damals jedoch ignoriert.

Ende der 70er Jahre griffen die US-amerikanischen Psycholog/ innen Alice Kahn Ladas und Dr. John Perry sowie die Verhaltensforscherin Dr. Beverly Whipple die Spekulationen um den G-Punkt auf und entschlossen sich, ihn zu suchen. In einem in der wissenschaftlichen Forschung noch heute unüblichen Verfahren setzten sie ihre Zeigefinger ein und tasteten bei einer Gruppe von weiblichen Versuchspersonen die obere Vaginalwand ab – sie wurden bei allen fündig.

Mit der Veröffentlichung ihrer Forschungsergebnisse über den G-Punkt lösten die beiden Sexualforscher Whipple und Perry 1980 eine kontroverse Diskussion aus. Letztendlich revolutionierten ihre Ergebnisse jedoch die bisherigen Erkenntnisse über die weibliche Sexualität.

Whipple und Perry präsentierten interessante Neuigkeiten: In der Vagina existiert eine Zone, die besonders auf festen Druck reagiert. Diese Stelle liegt etwa fünf Zentimeter vom Scheideneingang entfernt in der oberen Scheidenwand. Sie kann von innen ertastet werden. Die Stelle heißt G-Punkt oder Gräfenberg-Punkt, benannt nach ihrem Entdecker Dr. Gräfenberg. Bei angemessener Stimulation schwillt der G-Punkt an und löst bei vielen Frauen einen Orgasmus aus. Es ist wahrscheinlich, dass jede Frau einen G-Punkt hat, er wird aus entwicklungsgeschichtlicher Sicht als Gegenstück zur männlichen Prostata gesehen. Im Augenblick des Orgasmus ejakulieren viele Frauen eine Flüssigkeit durch die Harnröhre, die chemisch bis auf die Samenzellen dem männlichen Ejakulat ähnelt. Bei richtiger Stimulation eines sensiblen G-Punktes haben Frauen oft mehrere Orgasmen nacheinander.

Diese Erkenntnisse widersprachen der gängigen Vorstellung, dass der weibliche Orgasmus ausschließlich über die Klitoris ausgelöst werden könne. Erst durch die Untersuchungen von Whipple und Perry kam der vaginale Orgasmus wieder ins Gespräch und wurde »salonfähig«. Nun wurden G-Punkt wie auch die weibliche Ejakulation zumindest in Fachkreisen als Fakten akzeptiert.

Heute steht fest, dass jede Frau einen G-Punkt hat, aber nicht jede Frau dessen Stimulation als erregend empfindet. Wenn Sie wissen möchten, warum das so ist und ob das auch so bleiben muss, lesen Sie weiter auf S. 97.

DIE WEIBLICHE EJAKULATION

Wenn bei einer Frau mit sensibler G-Zone die Scheidenvorderwand stimuliert wird, schwillt das Gewebe rund um die Harnröhre an. Wenn die Stimulation als besonders lustvoll empfunden wird, kommt es bei vielen Frauen zu einer Flüssigkeitsabsonderung aus den so genannten Skenedrüsen, die sich rechts und links der Harnröhre befinden. Das weibliche Ejakulat kann in seiner Farbe von wässrig über milchig bis hellgelb schwanken. Bei manchen Frauen spritzt es, bei anderen fließt es heraus. Auch die Flüssigkeitsmenge ist unterschiedlich und variiert von einigen kaum auffallenden Tropfen bis zu einigen Millilitern im Messbecher. Ob Frauen lernen können, zu ejakulieren, ist bisher nicht erwiesen. Auch die genauen physiologischen Abläufe sind noch unbekannt.

Als die Informationen über die weibliche Ejakulation veröffentlich wurden, waren viele Frauen erleichtert, die zuvor eine Blasenschwäche befürchtet hatten, wenn sie beim Sex ejakulierten. Manche glaubten, dass sie zu »nass« seien oder beim Orgasmus urinierten und hatten deshalb Schamgefühle entwickelt, die häufig sogar dazu führten, dass sie ihren Orgasmus unterdrückten. Anderen Frauen wurde erst bewusst, dass sie schon immer ejakulierten, als sie hörten, dass es so etwas gab.

Von den Medien wurde das Thema »weibliche Ejakulation« enthusiastisch aufgegriffen, jedoch so hochgeschaukelt, dass Frauen, die nicht ejakulieren konnten unter Leistungsdruck gerieten und wieder einmal an ihrer »Normalität« zweifelten.

Die einseitige, unvollständige und verallgemeinernde Berichterstattung über neue Erkenntnisse der Sexualforschung hat leider häufig zur Folge, dass frau zwischen der verzweifelten Suche nach ihrem immer noch unauffindbaren G-Punkt und dem Warten auf die weibliche Ejakulation oder vor lauter Frust darüber, dass ihr gemütlicher Orgasmus keine Stunde dauert, völlig vergisst, dass es bei der Sexualität weniger um Quantität als um Qualität gehen sollte.