Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Grillparzers Meisterwerk wurde aufgrund gewisser politischer Inhalte und Parallelen zu Napoleon beinahe verboten.Ottokar, König von Böhmen, trennt sich von seiner Frau Margarethe, die ihm keinen Erben schenken kann. Er heiratet aus machtpolitischen Gründen Kunigunde, die Enkelin des Königs von Ungarn. Nachdem er die Kaiserkrone erlangt, wird sie ihm durch sein stures Verhalten zusammen mit einigen Ländereien kurz darauf wieder entzogen. Von da an überschlagen sich die Ereignisse und Ottokar wird klar, welchen Preis er für seinen Hochmut zahlen muss.-
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 141
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Franz Grillparzer
Saga
König Ottokars Glück und Ende
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 1825, 2021 SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726997330
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.
www.sagaegmont.com
Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com
Im Schlosse zu Prag. Vorzimmer der Königin. Rechts und links Seitentüren, deren erstere zu den innern Gemächern führt. Vor derselben, Wache haltend, Seyfried von Merenberg, auf seine Partisane gestützt.
Frau Elisabeth mit einer andern Kammerfrau tritt aus dem Zimmer der Königin.
Elisabeth.
Lauf, Barbara! lauf schnell nach Meister Niklas!
Die Königin scheint wohl, doch trau ich nicht.
(Ein Diener ist gekommen.)
Elisabeth.
Hast du den Balsam? Gut, gib her, mein Freund!
O unglücksel'ger Tag! O arme Frau!
(Der alte Merenberg kommt.)
Merenberg.
Wie geht's der Königin?
Elisabeth.
Verwunderlich!
Doch tut sie sich Gewalt, das sieht man wohl.
Merenberg.
Wer ist bei ihr?
Elisabeth.
Der Graf von Habsburg, Herr!
O daß ich das erleben müssen!
(Ab ins Zimmer der Königin.)
Merenberg.
Sohn!
Seyfried(der gedankenvoll, auf seine Hallbarte gestützt, dagestanden hat).
Ihr, Vater?
Merenberg.
Hast du schon gehört?
Seyfried.
Ja wohl!
Merenberg.
Und sagst dazu?
Seyfried.
Ich glaub's nicht, Vater!
Merenberg.
Wie?
Seyfried.
Nein, Vater! Und bin so ergrimmt darob,
Daß ich den Lügnern mit der Hallbart hier
Den Kopf einschlagen möchte, allgesamt.
Merenberg(zurücktretend).
O weh, mein Sohn! schlag deinen Vater nicht!
Denn ich glaub's auch.
Seyfried.
Ihr auch?
Merenberg.
Ich weiß, mein Sohn!
Seyfried.
Wie? so ein Herr, ein Ritter, so ein König,
Und täte schlimm an seinem eignen Wort,
Die Frau verlassend, die ihm angetraut?
Hab ich nicht knabenweis bei ihm gedient,
Und war er mir ein Muster, Vorbild nicht
Von jedem hohen Tun?
Merenberg.
's wird keiner bös,
Der nicht, bevor er's ward, erst gut gewesen!
Seyfried.
Und was ich Löblichs tat und Gutes dachte,
An ihn hielt ich's und an sein adlig Walten,
Gar tief beschämt ob des zu großen Abstands.
Er hat die letzte Zeit mich schwer gekränkt,
Ich durft' nicht mit ihm in die Ungarschlacht!
Denn seht, er denkt wohl, daß ein alt Gefühl
Für Berta noch von Rosenberg – Ihr wißt ja! –
O hätt' ich das aus seinem Leben fort,
Den einz'gen Fleck, im andern steht er rein! –
Doch glaubt! sie haben ihn dazu verleitet,
Die Rosenberg! Der Vater – pfui des Kupplers!
Merenberg.
Denk was du willst, nur eines halt für wahr:
Die Königin muß fort, und sie und ihre Diener,
Das Ärgste haben sie, das Äußerste zu scheun.
Ich geh noch heute heim nach Merenberg,
Auf meiner Väter Schloß, auch du mußt fort!
Seyfried.
Wie, Vater?
Merenberg.
Du! dies törichte Vertrauen
Soll dich nicht selber an das Messer liefern.
Du folgst mir nach, zum Schein; allein in Bruck
Harrt dein ein treuer Knecht mit frischen Pferden,
Und während man dich bei dem Vater glaubt,
Eilst du nach Deutschland auf verborgnen Pfaden.
Die Königin will sich ans Reich nicht wenden
Mit ihrer Not; ich aber will's, hilft Gott!
Ich will nicht sehn die Tochter meines Herrn
Von Haus und Land vertrieben, ohne Schutz.
Du gehst nach Frankfurt, und dies Schreiben gibst du
(Er öffnet das Koller, in dem der Brief steckt)
Dem Erzbischof von Mainz. Allein man kömmt,
Wir sind bewacht, (indem er sich von ihm entfernt) Verschwiegenheit und Eile!
Ein Tag zuviel ist dreißig Jahr zuwenig!
(Benesch von Diedicz und Milota kommen.)
Benesch.
War nicht Herr Zawisch hier?
Seyfried(indem er sich abwendet).
Ich sah ihn nicht!
Benesch.
Er ritt doch nur ins Schloß!
Milota.
Sei ruhig, Bruder!
Benesch.
Was ruhig? Sieh, ich bin's! Der König wagt's nicht!
Heiß ich nicht Rosenberg? Ist unser Haus
Im ganzen Lande nicht das mächtigste?
Und er sollt's wagen? Solchen Schimpf? Ha, Possen!
Doch soll's heraus, wer das Gerücht ersann;
Ich will ihn treffen, so – und so – und so!
Bis in das vierte Glied!
(Berta von Diedicz kommt.)
Benesch.
Ha, Närrin, du?
Was willst du hier? Geh fort, auf dein Gemach!
Berta.
Ich kann nicht bleiben, rastlos treibt's mich um.
Sie eilen durch das Schloß und flüstern sich
Entsetzliches mit scheuen Blicken zu.
Sagt, Vater, ist es wahr?
Benesch.
Das fragst du mich?
Geh fort! von hier!
Berta.
O Gott! wo find ich Menschen?
(Indem sie auf Seyfried losgeht, zurückfahrend.)
Ihr, Merenberg? Euch sollt' ich eher meiden,
Vor allen Euch; und doch, Ihr seid ein Mensch!
Ich hab Euch schwer beleidigt, Merenberg,
Doch rächt Euch jetzt nicht, jetzt nicht! Seht mich knien.
(Sie kniet.)
Sagt, ist es wahr?
Seyfried.
Was, Berta?
Berta.
Ist es wahr?
Des Königs Eh' getrennt!
Seyfried.
Der Vater sagt's.
Berta.
Die andern sagen's auch! – und er vermählt –
Zu späte Scham, ist jetzo Zeit zu schämen?
Vermählt von neuem sich mit –
Seyfried(mitleidig).
Nicht mit Berta
Von Rosenberg!
(Sie drückt mit einem Ausruf ihr Gesicht an den Boden.)
Benesch(zu Seyfried).
Wer sagt's Euch? – Her zu mir!
Milota(auf sie zugehend).
Kommt, Nichte, kommt! Hier ist kein Platz für Euch!
Berta.
O Seyfried, schütze mich!
Seyfried.
Mit Gunst, Herr Milota!
Wenn Ihr es wagt, die Hand an sie zu legen,
So stoß ich Euch die Partisan in Leib.
(Die Hallbarte gesenkt.)
Benesch.
Und wenn ich selbst –!
Seyfried.
Mir gleich!
Benesch.
Verweigerst du dem Vater
Sein Kind?
Seyfried.
O hättet Ihr sie doch verweigert,
Sie läge jetzt nicht stöhnend vor uns da,
Daß mir das Herz im Innern um sich wendet!
Benesch.
Wir hätten sie wohl dir vermählen sollen?
Seyfried.
's war besser, Herr, als jetzo solche Schmach!
Benesch.
Mein Kind!
Seyfried.
Zurück! Mir hat sie sich vertraut,
Und ich weiß Anvertrautes zu bewahren!
Benesch.
So soll mein Schwert!
Seyfried.
Laßt sein! Du aber fürcht dich nicht!
(Zawisch tritt ein und bleibt beim Eingange laut lachend stehen.)
Zawisch.
Ha, ha, ha, ha!
Benesch(der sich rasch umgewendet hat, da er Zawisch erblickt ).
Bist du's? Dich sendet Gott!
Zawisch.
Was kämpft ihr denn, ihr hochgesinnten Jäger,
So wutentzündet um des Bären Fell?
Herr Petz trabt wohlgemut durch Berg und Tal
Und weist euch seinerzeit wohl noch die Pranken.
Schön Mühmchen, grüß Euch Gott! (Zu Seyfried .) Und Ihr, Herr Weidmann!
Hebt Eure Feder und seht nicht so kraus;
Ich bin kein Wild für Euch!
Benesch.
Nun sag, erzähle!
Milota.
Ja, Neffe, sprich!
Zawisch.
Erzähle! Sprich! Ei, was denn?
Benesch.
Der König –
Zawisch.
Hat die Ungarn derb geschlagen,
Bei Kroissenbrunn; (gegen Milota) Ihr, Ohm, wart ja dabei!
Benesch.
Wer fragt um das?
Zawisch.
Der Friede ist gemacht:
Auf Österreich –
Benesch.
Nicht doch!
Zawisch.
Auf Steiermark –
Benesch.
Willst du mein spotten?
Zawisch.
Nu, was wollt ihr denn?
Benesch.
Des Königs Ehe –
Zawisch.
Ei, die ist getrennt!
Benesch.
Die Handfest ausgefertigt?
Zawisch.
Und besiegelt.
Die Königin geht heute noch nach Wien.
Von da –
Benesch.
Und spricht man nicht? – Verdammt! – Mit wem –
(Gegen Berta hin.)
Regst du dich noch? – Mit wem der König? –
Zawisch.
Ah!
Mit wem er sich zum zweitenmal vermählt?
Ei, mit wem anders denn, als dort mit jener,
Mit Eurer Tochter? Ihr habt's schlau gekartet!
Erst führtet Ihr das Mädchen still ihm vor,
Geschmückt! man konnte kaum was Schöners sehn!
Dann halft der Armen Mangel Ihr an Witz
Mit Euerm eignen nach. Was sie da Reden führte!
Die Königin von Saba kann nicht besser!
Zuletzt – nu, was weiß ich, was alles noch!
Kurz, er ist ganz berückt, und gebt nur acht,
Er kommt zur Stund' und freit um ihre Hand.
Berta(aufspringend ).
Zu ihr, zu ihr! zu ihren Füßen sterben!
(Ab in der Königin Gemach.)
Zawisch.
Ha, ha, ha, ha!
Merenberg.
Herr Zawisch!
Zawisch.
Lustig! lustig!
Wir wollen auf des Königs Hochzeit tanzen!
(Zu Seyfried.)
Ihr habt ja auch vordem um sie gefreit?
Weiß Gott! ich glaub, einmal zu Nacht, bei Wein,
Gefiel mir selbst ihr rot und weiß Gesicht!
Nu, gebt mir Eure Hand, Herr Bundesbruder!
(Seyfried wendet sich ab.)
Milota.
Wozu das tolle Wesen? Grad und kurz:
Mit wem vermählt der König sich?
Zawisch.
So kurz
Als Eure Frage soll die Antwort sein!
Mit Kunigunde von Massovien,
Des Ungarkönigs Nichte.
Benesch.
Gift und Pest!
Zawisch.
Ihr wolltet selbst des Königs Eh' getrennt,
Habt jahrelang euch weidlich drum bemüht;
Sie ist getrennt – und er freit Belas Nichte.
Benesch(mit der Hand vor der Stirn ).
Verraten, hintergangen! Schändlich, schändlich!
Zawisch.
Pocht nicht so hart an der Gedanken Tor,
Wenn's früher schloß, macht jetzo doch nicht auf!
Benesch.
Jetzt spottest du, und hast es selbst gebilligt!
Zawisch.
Gebilligt, ich? den Unsinn, die Verrücktheit!
Benesch.
Ja, du, und du!
Milota.
Weil du Gewißheit vorgabst! –
Benesch.
Bringt mir sie her, das Mädchen bringt mir her!
Sie soll nicht leben! Sie und ich! Oh! – Oh!
Seyfried(herüberrufend ).
Schmäht Ihr das Mädchen? Schmähet auf Euch selbst!
Wer hieß Euch glauben, daß für Eure Tochter
Des Königs, ihres eignen Königs Hand –
Zawisch.
Das ließ' sich allenfalls noch glauben, Herr!
Ein Merenberg wär' toll, dächt' er an so was;
Doch wir, die aus der Weltstadt Roma stammen,
Von den Patriziern, die den Erdkreis beugten,
Und, als Ursini, noch dem Throne stehn zunächst,
Auf dem Sankt Peters Macht ob Herrschern herrschet;
Wir mögen wohl nach Fürstenkronen trachten,
Und eine Rosenberg mag kühn und frei
Dem Besten sich vermählen dieser Erde:
Auch – ha, ha, ha, ha, ha!
Milota(der sich gesetzt hat ).
Verdammt sein Lachen!
Zawisch.
Die Tochter rast, der Vater rauft sein Haar,
Und wir beweisen unsern alten Adel!
Und wär' er älter als der Engel Fall,
Der König winkt, und knall! liegt er am Boden.
Benesch.
Doch eh' ich falle, Rache! (Milota anfassend .) Rache, Bruder!
Milota(der aufsteht ).
Ich sann soeben und gedenk zu handeln!
Zawisch.
Regst du dich auch, vierschröt'ger Milota?
Ei ja, da muß der König nun wohl zittern!
Benesch.
Wenn du – wenn du dich unsrer Sach' entziehst,
Bist du kein Rosenberg; ein Schurk'! Nicht wahr?
Milota.
So ist's!
Zawisch.
Ei ja! Wie führen wir's denn aus?
Beim nächsten Kirchgang drück dich an den König
Und tritt ihm auf den Fuß. Das schmerzt verzweifelt,
Und so bist du gerächt!
Benesch.
Er spottet unser?
Mein Kopf! Mein Kopf! – Er ist kein Rosenberg!
Milota.
Komm, Bruder, laß uns gehn! Wer lachen kann
Bei seines Hauses Schmach, verdient –
Zawisch.
Halt, Freund!
Wer seid ihr denn, ihr beide, daß ihr schmäht?
Die ihr auf offner Straße Rachepläne
Zu tauben Wänden schreit und – offnen Ohren!
Verschwört euch auf dem Markt und treibt im Zimmer Aufruhr!
Herr Merenberg, nicht wahr, das nenn' ich Leute?
Der Rausch des Zorns ist wie ein andrer Rausch:
Das beste Mittel ist die frische Luft.
Drum fort ins Freie, meine werten Herrn!
Brennt unser Haus und können wir nicht löschen,
So laßt uns wenigstens die Hände wärmen.
Der König ist mein Herr, und damit holla!
Milota(ihm näher tretend ).
Fast glaub ich, Freund, du denkst mehr als du sprichst.
Sag, wofür hältst du uns?
Zawisch(laut ).
Für wackre Leute:
Was man verschweigt, erratet ihr auch nicht;
Errietet ihr's, ihr könntet's nicht verschweigen!
Es öffnet sich die Tür der Königin,
Sie kommt, mit ihr der Großalmosenier,
Der Graf von Habsburg. Laßt uns gehn,
Wir wollen sie nicht in der Hora stören.
(Ziehn sich zurück .)
(Die Königin tritt aus ihrem Zimmer mit Rudolf von Habsburg. Hinter ihr zwei Diener, die Bertan ohnmächtig in einem Lehnstuhl heraustragen. Daneben Frau Elisabeth, die sie unterstützt.)
Margarethe(im Auftreten gegen die zurückweichenden Rosenberge ).
Da gehn sie hin; wie dunkle Wetterwolken,
Die, wenn sie sich entleert, nach Aufgang ziehn.
(Gegen Berta gewendet.)
Bringt sie in ihr Gemach und sorgt für sie,
Nach wenig Augenblicken komm ich selbst.
Rudolf.
Beinah zu viele Sorgfalt, gnäd'ge Frau!
(Berta, von Verwandten umgeben, wird fortgebracht; auch beide Merenberge entfernen sich.)
Margarethe.
Sie selbst ist kaum so schlimm, nur schwachen Geistes,
Und töricht eitel, das hat sie verführt.
Doch ihre Vettern, ihre Anverwandten,
Der starre Milota, der Geifrer Benesch,
Und Zawisch, jener Schlimmste wohl von allen,
Mit Reichtum, Macht und Hoffnung auf den Thron –
Ja, so weit ging der Übermüt'gen Stolz –
Verlockten sie das leichtbetörte Kind.
Seit lange sah ich sie, die bösen Engel
Des Königs, meines Herrn, verstohlen reißen
An den nur allzuschwachen Banden, die
Kaum Ottokarn noch fesselten an mich.
Ich hörte, wie sie seinen Wunsch nach Erben,
Nach angebornen Folgern seines Throns,
Mit heuchlerischem Mitleid listig nährten. –
Ein Wunsch, gar wohl verzeihlich einem König!
Doch was soll Erbrecht, das aus Unrecht stammt?
Sie waren es, die dieser Ehe Trennung
Mit unermüdlicher Geschäftigkeit
Und ohne Auftrag fast des Königs trieben;
Denn eine ihres Hauses hofften sie
Zu setzen auf der Böhmen Herrscherthron:
Die Arme, die jetzt mit dem Wahnsinn ringt!
Wie oft war sie an Festen mir genüber,
Mit Schmuck bedeckt, des Hofes Schwall um sie;
Indes ich einsam saß mit meinem Gram.
Der König Augen nur für ihren Reiz
Und Ohr für ihren Wunsch, des Mundes Dräun
Zur Schmeichelei herabgestimmt für sie.
Sie aber froh und stolz und überselig,
Wohl gar verächtlich blickend hin auf mich.
Da fühlt' ich Mitleid mit dem armen Opfer
Und nahm mir vor, am Tage ihres Falls
Ihr mild zu sein und hilfreich ihrem Unglück.
O Ottokar, wie viel nimmst du auf dich!
Rudolf.
Vergeßt nicht ob der Unbild an der Fremden
Der eignen, größern Unbild, gnäd'ge Frau!
Margarethe.
O glaubt nicht, daß den König ich entschuldige!
Fern sei von mir, daß ich je Böses lobe!
Er handelt unrecht, unerlaubt an mir,
Und sagen will ich's ihm, tret ich vor ihn.
Bin ich nicht jung; ich hab es nie verhehlt!
Hat Gram der Züge Reiz mir ausgelöscht;
Er sah mich ja, bevor er um mich warb!
Vermißt er Munterkeit an mir und Scherz;
Wer hieß den Muntern denn zur Freite gehn
Bei der unsel'gen Königin der Tränen,
Zum Grab gebeugt durch all der Ihren Tod?
Seitdem mit diesen Augen ich gesehn,
Im grausen Kerker von Apulien,
Den röm'schen König Heinrich, meinen Gatten,
Des harten Friedrich allzu weichen Sohn,
Von nahverwandten Händen liegen tot,
Und tot die beiden hoffnungsvollen Kleinen,
Die ihm mein Schoß, seitdem verschlossen, trug;
War Lust ein Fremdling dieser öden Brust,
Und Lächeln floh entsetzt von meinen Lippen,
Die Gram und Schmerz mit seinem Siegel schloß.
Was gibt man an als unsrer Trennung Grund?
Den ersten weiß ich: ich bin kinderlos
Und ohne Hoffnung, je ein Kind zu säugen;
Weil ich nicht will, weit mehr noch als nicht kann!
Das wußte Ottokar, als er mich freite,
Ich sagt' ihm's, und er nahm es für genehm;
Denn auf mein reiches Erb' von Österreich
War da sein Sinn gestellt und seines Vaters,
Des ländersücht'gen König Wenzeslav.
Was will der König also? Kinder, Erben?
Ein Bettlerkind säß' besser auf dem Thron,
Als Königssöhne, die das Unrecht zeugte!
Was gibt man weiter an, als fernern Grund?
Rudolf.
Verwandt seid Ihr in unerlaubtem Grad.
Margarethe.
Man hat in meiner Jugend mir erzählt
Von einem Bela wohl und einem Geysa,
Die Brüder waren, Töchter hatten und
Nach Österreich und Böhmen sie vermählten
In Väter Väterszeit. Der König spottet!
Es sind die Fürstenhäuser alle sich verwandt,
Und solchen Grads Erlassung fällt nicht schwer.
Auch hat man anfangs dessen nicht erwähnt!
Rudolf.
Erinnrung kam mit der gelegnen Zeit!
Margarethe.
Glaubt nicht, daß mich bekümmert, fortzugehn,
Daß es mir leid tut um des Hofes Ehren!
O könnt' ich jetzt, in diesem Augenblick,
Weit hinter mir der Krone Glanz und Pracht,
Nach Haimburg hin, in meiner Väter Schloß,
Allwo ich saß nach meines Gatten Tod
Und sein und meiner Kinder Fall beweinte!
Der König sende heute noch mich fort,
Ich will ihm danken, wie ich nie gedankt!
Doch soll er mir die Ehe nicht betasten,
Beflecken nicht das Band, das uns vereint,
Und so der jüngstverfloßnen Jahre Lauf