Königsnattern - Thorsten Schmidt - E-Book

Königsnattern E-Book

Thorsten Schmidt

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Beschreibung

Die Königsnattern der Gattung Lampropeltis gehören seit vielen Jahren zu den beliebtesten Schlangen in der Terrarienhaltung. Ihre überschaubare Körpergröße, ihre leuchtenden Farben sowie die vergleichsweise unkomplizierten Haltungsansprüche machen die meisten Arten der ungiftigen Nattern zu geeigneten Schlangen auch für Einsteiger in der Terraristik. Im zurückliegenden Jahrzehnt hat es durch neue Untersuchungen weitreichende Änderungen in der taxonomischen Systematik der Königsnattern gegeben. Dieses Buch fasst erstmals die aktuell gültige Taxonomie der gesamten Gattung Lampropeltis übersichtlich zusammen und verfolgt damit den Ansatz, die bislang zurückhaltende Akzeptanz für die Verwendung der gültigen Nomenklatur zu fördern. Der Autor hat über rund 30 Jahre verschiedene Arten Königsnattern gehalten und gibt Einblick in seine Haltungs- und Zuchtmethoden.

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Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkungen

Das Projekt snakebook

Warnhinweis und Haftungsausschluss

Danksagung

I. Allgemeiner Teil

Systematik

Vorbemerkung

Von Königsnattern, Kettennattern und Milchschlangen

Die Königsnatter im Reich der Tiere

Beschreibung

Allgemeine körperliche Merkmale

Schuppenkleid, Färbung und Zeichnung

Zähne

Haltung

Rechtliche Vorgaben

Das Terrarium

Ernährung

Vermehrung

Geschlechtsbestimmung

Überwinterung

Paarung

Eiablage

Inkubation

Aufzucht

II. Artenteil

Der getula-Komplex

Lampropeltis californiae

Lampropeltis catalinensis

Lampropeltis floridana

Lampropeltis getula

Lampropeltis holbrooki

Lampropeltis meansi

Lampropeltis nigra

Lampropeltis nigrita

Lampropeltis splendida

Der triangulum-Komplex

Lampropeltis abnorma

Lampropeltis annulata

Lampropeltis elapsoides

Lampropeltis gentilis

Lampropeltis micropholis

Lampropeltis polyzona

Lampropeltis triangulum

Der mexicana-Komplex

Lampropeltis alterna

Lampropeltis greeri

Lampropeltis leonis

Lampropeltis mexicana

Lampropeltis ruthveni

Lampropeltis webbi

Die Bergkönigsnattern

Lampropeltis knoblochi

Lampropeltis multifasciata

Lampropeltis pyromelana

Lampropeltis zonata

Die Präriekönigsnattern und Maulwurfskönigsnattern

Lampropeltis calligaster

Lampropeltis occipitolineata

Lampropeltis rhombomaculata

Die Kurzschwanznatter

Lampropeltis extenuata

In eigener Sache

Anhang

Tabellarische Übersicht der Zuordnung früherer Taxa

Tabelle 1: Zuordnung historisch

Tabelle 2: Zuordnung aktuell

Bildnachweis Cover: Lampropeltis pyromelana / Foto: Noah K. Fields

Vorbemerkungen

Das Projekt snakebook

Ich verfasse bereits seit 1996 Fachaufsätze und Bücher über die Haltung von Schlangen. Natürlich habe ich mir in den Jahren, seit ich mich mit der Haltung dieser faszinierenden Tiere befasse, zahlreiche Literatur zugelegt, darunter oft nur wegen eines einzigen Artikels über eine bestimmte Schlangenart auch Fachzeitschriften, von denen mich rund 80% des Inhalts gar nicht interessierten. Monografische Bücher über einzelne Schlangen gibt es mittlerweile recht viele, überwiegend auch sehr gute Werke. Allerdings haben diese durch die opulente Ausstattung mit vielen Hochglanzfotos oft auch ihren Preis.

Mit dem Projekt snakebook verfolge ich den Ansatz, praktische Erfahrungswerte, die ich über viele Jahre der Schlangenhaltung gewinnen konnte, in kompakter Form zusammenzufassen und sehr preisgünstig als E-Book zur Verfügung zu stellen. Für diejenigen Leser, die dennoch lieber ein gedrucktes Buch in Händen halten, stelle ich aber auch diese Publikationsform zur Verfügung. Durch die Beschränkung auf wenige Farbbilder in Standardqualität können auch hier die Kosten gering gehalten werden.

Die kleinen Büchlein der Serie snakebook Standard verstehen sich daher nicht als Konkurrenz zu anderen, insbesondere besser ausgestatteten Werken, sondern sind vielmehr als kostengünstige und artspezifische Ergänzung konzipiert. Überdies sollen gelegentlich umfangreichere Werke mit erweiterter Ausstattung erscheinen, so wie dieses Buch, das du gerade in der Hand hältst. Hierfür ist die Serie snakebook Premium vorgesehen.

Du, liebe Leserin und lieber Leser, bist ausdrücklich dazu eingeladen, am Projekt snakebook mitzuwirken und damit selbst Sachbuchautor zu werden! Wenn du die ein oder andere Schlangenart erfolgreich gehalten und zur Nachzucht gebracht hast, kannst du dich gern an mich wenden, damit wir gemeinsam ein entsprechendes Werk veröffentlichen. Schreib mir dazu einfach eine Nachricht an

[email protected]

und teile mir mit, über welche Art du Informationen beisteuern und mit mir gemeinsam ein Buch veröffentlichen möchtest. Dazu ist es nicht erforderlich, dass du mit der aktuellen Systematik, den Klimadaten im Verbreitungsgebiet, den Literaturverzeichnissen etc. vertraut bist. Es genügt völlig, wenn du Angaben über deine Haltungs- und Nachzuchtbedingungen machen kannst und einige repräsentative Bilder von deinen Tieren hast. Um den Rest kümmere ich mich. Weitere Informationen findest du unter

→ snakebook.jimdosite.com

Warnhinweis und Haftungsausschluss

In diesem Buch stelle ich Verfahren und Bedingungen vor, die sich für mich in der Terrarienhaltung von Schlangen bewährt haben. Alle Tiere, folglich auch Schlangen, haben aber individuelle Ansprüche, sodass die Angaben über eine Art immer nur pauschal gelten und den eigenen Gegebenheiten und den Bedürfnissen des einzelnen Tiers angepasst werden müssen. Ich schließe hiermit jegliche Haftung für Sach- und Personenschäden aus, die aus der Nachahmung der hier beschriebenen Haltungsbedingungen entstehen.

Danksagung

Das vorliegende Buch war mir ein wichtiges Anliegen, da die Königsnattern mir all die Jahre meiner Begeisterung für Schlangen besonders am Herzen gelegen haben. Seit den ersten Büchern, die ich über diese Tiere gelesen habe und während vieler Jahre eigener Erfahrung in Haltung und Zucht hat sich in dieser Gattung unglaublich viel getan. Fakt ist, dass dieses Buch ohne die selbstlose Unterstützung befreundeter Terrarianer, Schlangenzüchter, Feldherpetologen und Natur-/Tierfotografen niemals hätte entstehen können. Dabei ist es absolut bemerkenswert, mit welcher Bereitschaft und Freundlichkeit mir diese Menschen mit Informationen über das Verhalten von Königsnattern in freier Natur und Fotos weitergeholfen haben.

Ich möchte mich daher bei folgenden Personen von ganzem Herzen bedanken:

Andrew Austin, Todd Battey, Devin Bergquist, Daniel Carhuff, Saunders Drukker, Kyle L. Elmore, Bob Ferguson, Raul Fernandez, Ryan Ferrell, Noah K. Fields, Matt Gruen, Nicholas Hess (nicholashessphotography.com), Michael Heyduk, Brian Hubbs, Jason Jones (herp.mx), Rye Jones, Mark Kenderdine, Chad M. Lane, Deborah & John Lassiter, Jim Markle, Peter Paplanus, Jay Paredes, Mike Pingleton, Jacobo Quero, Kory G. Roberts, Raul Solis-McGarity, Tim Warfel, John Worden, Jules Wyman und dem FWC Fish & Wildlife Research Institute.

Christian Riemann danke ich ausdrücklich für die leihweise Überlassung von signierten und hochwertigen Ausgaben von Fachliteratur, die mir beim Zusammentragen von Informationen gute Dienste getan hat.

Abschließend danke ich den Testlesern Sigi Nägele und Jörg Kollenbroich sowie dem Experten für Königsnattern im deutschsprachigen Raum, Michael Heyduk, für die kritische Durchsicht des Manuskripts.

I. Allgemeiner Teil

Die Königsnattern der Gattung Lampropeltis bringen alles mit, was die meisten Schlangenhalter sich von ihren Tieren wünschen. Sie zeigen ausgesprochen attraktive Färbungen und Zeichnungen, lassen sich mit überschaubarem Aufwand halten und schreiten meist willig zur Fortpflanzung. Zugleich sind sie bei guter Haltung sehr ausdauernd im Terrarium und die Gattung zeigt sich so vielfältig und unterschiedlich in Größe und Erscheinungsbild, dass quasi für jeden Geschmack etwas dabei ist. Kein Wunder also, dass Mitte bis Ende der 1990er Jahre die Nachfrage deutlich höher war als das Angebot und Königsnattern für hohe Preise verkauft wurden. Der Umstand der ziemlich einfachen Vermehrung führte jedoch dazu, dass mit der Zeit einige Unterarten recht häufig angeboten wurden und die Nachfrage nach diesen Tieren stagnierte. Nur noch eher selten anzutreffende Unterarten standen auf den Wunschlisten der Schlangenliebhaber und so ging aufgrund geringerer Nachfrage auch das Angebot der Königsnattern bei den Terrarienbörsen spürbar zurück. Seit einigen Jahren allerdings interessieren sich wieder mehr Menschen für diese schönen Schlangen. Man weiß heute viel mehr über Verwandtschaftsverhältnisse sowie Lokal- und Zeichnungsformen, sodass sich für ernsthafte Züchter interessante Felder der Spezialisierung ergeben. Auch haben sich mittlerweile stabile Zuchtlinien von Arten etabliert, die man früher als „nicht haltbar“ eingestuft hat, z.B. weil die Jungtiere der ein oder anderen Art nur sehr schwierig ans Futter zu bringen waren. Seit jedoch nahezu alle Königsnattern in Europa aus Nachzuchtbeständen stammen, sind solche Probleme eher selten zu verzeichnen. In der Folge sind heute viele Arten und Unterarten der Gattung Lampropeltis für interessierte Terrarianer verfügbar und während früher den Anfängern unseres Hobbys Kornnattern oder Strumpfbandnattern als so genannte Anfängerschlangen ans Herz gelegt wurden, sind futterfeste Königsnattern aus einer etablierten Nachzucht heutzutage ebenso für Einsteiger in die Schlangenhaltung geeignet.

Systematik

Vorbemerkung

Den langjährigen Freund von Königsnattern wird die in diesem Buch verwendete Systematik sicher erstaunen und verwirren. Tatsächlich geht es mir selbst auch so. Die Ursache dafür liegt maßgeblich darin, dass unter anderem im Jahr 2014 eine umfassende Revision der Gattung Lampropeltis stattgefunden hat. Dieser Revision liegt eine Arbeit der Biologen Sara RUANE, Robert W. BRYSON, Jr., R. Alexander PYRON und Frank T. BURBRINK zugrunde, die anhand umfassender Forschung, darunter auch molekularbiologischer Untersuchungen, festgestellt haben, dass die bislang geführten Arten und die ihnen nachgeordneten Unterarten so keinen Bestand haben können. Im Ergebnis finden wir heute Arten und Unterarten, an deren Existenz und Schlüsselindizien zur Identifizierung wir uns seit vielen Jahren gewöhnt haben, gestrichen und zu anderen Arten zusammengefasst. Darüber hinaus gibt es aber auch weitere Arbeiten jüngeren Datums, die die aktuelle Nomenklatur begründen. Auf die Details werde ich Artenteil eingehen.

Wenn man heutzutage die einschlägigen Angebote von Nachzuchttieren durchsieht, erkennt man, dass die neue Systematik kaum Akzeptanz findet, wenngleich sie ja schon einige Jahre alt ist. Faktisch gilt jedoch die aktuelle Nomenklatur, weshalb in diesem Werk auch ausschließlich der gegenwärtige Forschungsstand berücksichtigt wird. Allerdings werde ich bei allen Beschreibungen im Artenteil ausführlich darauf eingehen, welche früheren Unterarten, Lokal- und Zeichnungsvarianten darunter geführt werden und welche Synonyme früher für die jeweiligen Tiere verwendet wurden. Für einen schnellen Überblick der aktuellen Zuordnung verweise ich auf die Tabellen im Anhang.

Insgesamt hat sich die Vielfalt der Arten innerhalb der Gattung Lampropeltis durch die Revision deutlich erhöht, die Anzahl der anerkannten Unterarten hingegen ist nahezu vollständig zusammengestrichen geworden. Das hat allerdings dazu geführt, dass viele Tiere, die früher anhand bestimmter körperlicher Merkmale, insbesondere ihrer Zeichnung, sehr präzise als Unterart identifiziert werden konnten, nunmehr lediglich als Lokalformen eingestuft werden. Inwiefern sich dies in der Terrarienhaltung und der Nachzucht dieser Tiere künftig auf Durchmischung dieser Merkmale auswirken wird, kann derzeit nicht vorhergesagt werden. Ich persönlich hege die Hoffnung, dass die Abstufung von Unterarten zu Lokalformen sich nicht in Richtung einer Merkmalsdurchmischung äußern wird, sondern Züchter vielmehr Wert darauf legen, möglichst reine Linien der Lokalformen zu erhalten und sehr selektiert züchten. Die Entwicklung bei einigen Riesenschlangen (Boa constrictor, Boa imperator) zeigt, dass so etwas funktionieren kann.

Nach aktueller Auffassung umfasst die Gattung Lampropeltis 30 Arten, von denen lediglich noch eine Art in Unterarten gegliedert ist (Lampropeltis pyromelana: 2 Unterarten). Auf den ersten Blick scheint es daher so, als sei durch die Eliminierung der enorm vielen Unterarten die Handhabung der Systematik und die Bestimmung der Exemplare einfacher geworden. Immerhin umfasste allein die Art Lampropeltis triangulum früher 26 Unterarten. Allerdings ist bei der aktuell gültigen Systematik zu berücksichtigen, dass auch Tiere mit sehr unterschiedlichen Zeichnungsmerkmalen nunmehr zu monotypischen Arten zusammengefasst worden sind. So werden beispielsweise die frühere Sinaloa-Dreiecksnatter (ex. Lampropeltis triangulum sinaloae) und die frühere Puebla-Dreiecksnatter (ex. Lampropeltis triangulum campbelli) aktuell gleichermaßen der monotypischen Art Lampropeltis polyzona zugeordnet, obwohl ihr Körperbau leicht abweicht und die Zeichnung doch recht große Unterschiede aufweist. Vermutlich sind es genau diese Umstände, die dafür verantwortlich sind, dass sich auch fast ein Jahrzehnt nach der grundlegenden systematischen Neuordnung die obsolete Nomenklatur so hartnäckig im Sprachgebrauch der Terrarianer hält.

Auch soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass die aktuelle Systematik auch unter erfahrenen Feldherpetologen und Wissenschaftlern in den USA und Mexiko durchaus umstritten ist. Hier ist insbesondere auf die Arbeit von CHAMBERS & HILLIS hinzuweisen, die die Systematik auf vorrangiger Basis genetischer Untersuchungen in Frage stellen und beispielsweise alle mittel- und südamerikanischen Exemplare des triangulum-Komplexes der Art Lampropeltis polyzona (mit entsprechenden Unterarten) zurechnen und daneben Lampropetlis triangulum und Lampropeltis elapsoides als weitere Arten für Exemplare in Nordamerika anführen. Allerdings folgen ITIS und SSAR dieser Auffassung (bislang) nicht. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Gattung Lampropeltis auch künftig Revisionen unterzogen werden wird, wenngleich die gegenwärtigen Untersuchungen unter Berücksichtigung phylogenetischer Kriterien sehr starke Argumente aufweisen und aufgrund dessen derzeit nicht diskutabel sind.

Von Königsnattern, Kettennattern und Milchschlangen

Die Gattung Lampropeltis wurde erstmals im Jahr 1843 durch den österreichischen Zoologen Leopold FITZINGER (1802-1884) beschrieben. Bis dahin waren Schlangen, die heute dieser Gattung zugerechnet werden, den damals gebräuchlichen wenigen Gattungen zugeordnet, überwiegend dem Oberbegriff Coluber.

Der im deutschen Sprachraum verwendete (Ober-)Begriff Königsnatter umfasst sämtliche Arten der Gattung Lampropeltis. Die Bezeichnung Königsnatter (im amerikanischen Englisch: kingsnake) resultiert mit hoher Wahrscheinlichkeit daraus, dass beobachtet wurde, dass manche dieser Tiere andere Schlangen, darunter auch Giftschlangen, fressen und sich damit quasi über die anderen Schlangen erheben. (Zugleich können aber auch Königsnattern zur Beute für andere Tiere werden; ihre hauptsächlichen Fressfeinde in der Natur sind Greifvögel (Falconiformes), Katzen (Felidae), Kojoten (Canis latrans) und Waschbären (Procyon lotor). Außerdem werden sie gelegentlich von wiederum anderen Schlangen (z.B. Wassermokassinottern (Agkistrodon piscivorus)) und natürlich auch anderen Königsnattern) gefressen.

Leopold Fitzinger (1802-1884)

Für Tiere aus dem getula-Komplex, für die es im amerikanischen Sprachgebrauch keine separate Bezeichnung gibt und die dort ebenfalls als „kingsnake“ bezeichnet werden, hat sich im deutschen Sprachgebrauch die Bezeichung Kettennatter etabliert.

Als Bezeichnung für die meisten dreifarbigen Königsnattern, die früher überwiegend der Art Lampropeltis triangulum zugeordnet waren, ist auch der Begriff Milchschlange (engl.: milk snake) bekannt. Die Bezeichnung rührt von dem Aberglauben her, diese Schlangen würden bei Weidevieh Milch saugen – was natürlich völliger Unsinn ist. Die Bezeichnung Dreiecksnatter dieser (früheren) Art basierend auf dem wissenschaftlichen Artnamen (triangulum) ist meines Wissens nur im deutschen Sprachraum geläufig und muss zumindest nach der Revision überdacht werden. Aus diesem Grund soll für die „neuen“ Arten im Sprachgebrauch dieses Buchs und in Anlehnung an die amerikanischen Trivialnamen der Begriff Milchschlange verwendet werden.

Letztlich haben sich unter Bezug auf die früheren Arten Komplexe gebildet, d.h. Gruppen, unter denen mehrere Arten und Unterarten wegen phänotypischer Merkmale, bevorzugter Lebensräume oder Verhaltensweisen zusammengefasst wurden. Ungeachtet der neuen Systematik helfen uns diese Komplexe auch heute noch, Gemeinsamkeiten zu einzelnen Arten zu konstatieren, weshalb ich in diesem Buch auch die Einteilung in diese Komplexe verfolgen will. Die Komplexe und Gruppen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Der getula-Komplex

Zum getula-Komplex zählen die Kettennattern, auch wenn sich diese Bezeichnung nicht immer in ihrem Trivialnamen wiederfindet. Zu diesem Komplex zählt man neun Arten:

Lampropeltis californiae

Lampropeltis catalinensis

Lampropeltis floridana

Lampropeltis getula

Lampropeltis holbrooki

Lampropeltis meansi

Lampropeltis nigra

Lampropeltis nigrita

Lampropeltis splendida

Der triangulum-Komplex

Zum triangulum-Komplex zählen alle dreifarbigen Königsnattern (Milchschlangen), die man früher als Unterarten von Lampropeltis triangulum eingestuft hat. Nach der Revision werden davon sieben Arten umfasst:

Lampropeltis abnorma

Lampropeltis annulata

Lampropeltis elapsoides

Lampropeltis gentilis

Lampropeltis micropholis

Lampropeltis polyzona

Lampropeltis triangulum

Der mexicana-Komplex

Der mexicana-Komplex umfasst neben den drei früheren Unterarten von Lampropeltis mexicana auch drei weitere Arten aus Mexiko, sodass dieser Gruppe insgesamt sechs Arten zugeordnet werden:

Lampropeltis alterna

Lampropeltis greeri

Lampropeltis leonis

Lampropeltis mexicana

Lampropeltis ruthveni

Lampropeltis webbi

Die Bergkönigsnattern

Zu den Bergkönigsnattern wurden früher die jeweils mehrere Unterarten umfassenden Arten Lampropeltis pyromelana und Lampropeltis zonata gezählt. Nach der Revision versteht man hierunter vier eigenständige Arten:

Lampropeltis knoblochi

Lampropeltis multifasciata

Lampropeltis pyromelana

Lampropeltis zonata

Die Präriekönigsnattern bzw. Maulwurfskönigsnattern

Die drei Unterarten der früheren Art Lampropeltis calligaster haben zwischenzeitlich jeweils Artstatus erlangt:

Lampropeltis calligaster

Lampropeltis occipitolineata

Lampropeltis rhombomaculata

Die Kurzschwanznatter

Ohne Zuordnung zu einem Komplex wird seit kurzem die Kurzschwanznatter der Gattung Lampropeltis zugerechnet, die früher der Gattung Stilosoma unterstellt war:

Lampropeltis extenuata

Die Königsnatter im Reich der Tiere

Als neuweltliche Schlangengattung gehören Königsnattern zu den eigentlichen Nattern (Colubrinae) und finden sich in der naturgeschichtlichen Systematik im Reich der Tiere (Animalia) wie folgt eingeordnet:

Klasse

Reptilia

Reptilien

Überordnung

Lepidosauria

Schuppenechsen

Ordnung

Squamata

Schuppenkriechtiere

Unterordnung

Serpentes

Schlangen

Überfamilie

Colubroidea

Nattern- und Vipernartige

Familie

Colubridae

Nattern

Unterfamilie

Colubrinae

Eigentliche Nattern

Gattung

Lampropeltis

Königsnattern

Beschreibung

Seit Jahrzehnten gehören Königsnattern zu den beliebtesten Schlangen in der Terrarienhaltung. Dies verdanken sie neben relativ einfach darzustellenden Haltungsbedingungen ihrer moderaten Körpergröße, die die Haltung in kleinen bis mittelgroßen Becken ermöglicht, insbesondere aber auch den glänzenden Schuppen, die viele Arten der Gattung durch leuchtende Farben und kontraststarke Zeichnung zu ausgesprochen schönen Tieren und absoluten Blickfängen im Terrarium macht. Insofern ist der wissenschaftliche Name der Gattung hier definitiv zutreffend, denn Lampropeltis bedeutet „leuchtender Schild“.

Allgemeine körperliche Merkmale

Mit Körperlängen zwischen 35 cm und über 200 cm gehören Königsnattern zu den kleinen bis mittelgroßen Schlangen. Der weite Rahmen der Körpergröße zeigt bereits die große Variabilität der viele verschiedene Arten umfassenden Gattung. Im Verhältnis zur Körperlänge haben die meisten Königsnattern im allgemeinen einen recht schlanken Körperbau. Davon sollte man sich allerdings nicht täuschen lassen, denn es handelt sich hier um ausgesprochen muskulöse und kräftige Tiere. Der Kopf ist je nach Art nur wenig bis kaum wahrnehmbar vom Körper abgesetzt. Die Augen sind mittelgroß mit runder Pupille.

Schuppenkleid, Färbung und Zeichnung

Auffälligstes Merkmal der Gattung Lampropeltis ist das bei den meisten Arten prächtig gefärbte Schuppenkleid. Da die Schuppen der Dorsalreihen bei Königsnattern nicht gekielt und meist recht groß und rhombusförmig sind, haben diese Schlangen ein auffallend glattes und glänzendes Erscheinungsbild. Hinzu kommen die kontrastreichen Zeichnungsmuster, die im wesentlichen aus den Farben schwarz, weiß und rot bestehen, je nach Art zu unterschiedlichen Anteilen oder mit verschiedenen Abstufungen, bei denen die hellen Elemente statt weiß durchaus auch grau oder gelb sein können. Viele Königsnattern zeigen ein Muster aus Bändern mit abwechselnden Farben. Diese auffällige Farbgebung hat sich nicht so entwickelt, um uns Menschen Freude an der Betrachtung der Tiere zu vermitteln, sondern ist eine evolutionäre Entwicklung zum Überleben der Art. Nun fragt man sich vielleicht zunächst, wie eine Schlange mit solch auffälligen Farben und Mustern in der Natur getarnt sein soll und ob nicht braune Tiere ohne Musterung für den täglichen Daseinskampf besser gerüstet seien. Tatsächlich erfüllen Färbung und Zeichnung der Königsnattern jedoch auf mehreren Ebenen einen wesentlichen Zweck, der dem Schutz der Tiere dient: Zum einen neigen wir Menschen bei der Betrachtung dazu, die leuchtenden Farben der Tiere isoliert zu betrachten. Tatsächlich fällt es einer dreifarbigen Königsnatter schwer, sich in einem übersichtlich gestalteten Terrarium zu verbergen. Aus eigener Erfahrung kann ich jedoch sagen, dass sich auch diese Schlangen im natürlichen Habitat schwer am Boden ausmachen lassen, insbesondere wenn es sich um Waldboden mit verschiedenfarbigen Blättern und unterbrochenem Lichteinfall handelt. Der Aspekt einer Bänderzeichnung kommt außerdem zum Tragen, wenn sich die Schlange zügig bewegt. Durch das alternierende Muster fällt es einem Betrachter (oder Fressfeind) nämlich schwer, die Bewegungsrichtung konkret bestimmen und vorausberechnen zu können. Wir kennen diesen Effekt auch von Filmen, wenn sich die Räder von Fahrzeugen scheinbar entgegen der Bewegungsrichtung drehen. Den Effekt bezeichnet man als stroboskopische Täuschung. Diese entsteht, wenn die Trägheit des Auges alternierende Muster wie die Speichen eines Rades oder eben auch die Bänderzeichnung einer Schlange aufgrund der Bewegungsgeschwindigkeit nicht mehr korrekt auseinanderhalten kann.

Letztlich besteht durch die Zeichnung von Königsnattern aber auch die Möglichkeit der Verwechslung mit anderen Schlangen, die im selben Verbreitungsgebiet vorkommen, für Fressfeinde oder andere Störenfriede allerdings sehr gefährlich sein können. Hierbei handelt es sich beispielsweise um die zu den Giftnattern zählenden Korallenottern (Gattungen Micrurus, Micruroides), aber auch um einzelne Klapperschlangen; so sieht etwa die grau-schwarze Variante von Lampropeltis alterna der Felsenklapperschlange Crotalus lepidus klauberi sehr ähnlich. Die Entwicklung solcher Merkmale, die dazu führen können, Fressfeinde von vermeintlich gefährlichen Tieren abzuschrecken, bezeichnet man als Mimikry. Im Fall der dreifarbigen Königsnattern wechseln sich hierbei rote, schwarze und weiße oder hellgelbe Bänder ab, wie dies eben auch bei den Korallenottern der Fall ist.

Manche Exemplare der Graugebänderten Königsnatter Lampropeltis alterna sehen der hier abgebildeten Felsenklapperschlange Crotalus lepidus klauberi sehr ähnlich, die im Cochise County, Arizona gefunden wurde. / Foto: Chad M. Lane

Micruroides euryxanthus / Foto: Chad M. Lane

Micrurus fulvius / Foto: Deborah & John Lassiter

Bei den hier gezeigten Korallenottern ist zu sehen, dass die hellen Zeichnungselemente an die roten Körperringe angrenzen. Während bei Königsnattern die roten Elemente immer durch schwarze Elemente von den hellen Ringen getrennt sind, ist das bei den giftigen Arten kein sicheres Unterscheidungskriterium.

Allerdings stoßen bei den meisten Korallenottern die hellen Zeichnungselemente an die roten, während bei den Königsnattern die roten Elemente jeweils von schwarzen eingerahmt sind. In den USA bringt man Kindern einen Reim bei, um giftige von ungiftigen Arten unterscheiden zu können:

„Red on yellow kill a fellow, red on black, a friend of Jack.“

Aber Vorsicht: Diese pauschale Aussage trifft nur auf Schlangen in Nordamerika zu. Bei einigen giftigen Arten in Südamerika stoßen auch schwarze Zeichnungselemente an rote.

Die Anordnung der Kopfschuppen von Königsnattern entspricht dem allgemeinen Beschuppungssystem Echter Nattern (Colubridae), allerdings mit leichten zahlenmäßigen Abweichungen auf Art- und Unterartniveau. Auf die Details wird im Artenteil differenziert eingegangen. Allerdings gibt es einige Merkmale, die auf die gesamte Gattung Lampropeltis zutreffen:

Schuppen

Anzahl

Merkmale

Rostrale (a)

1

normal, deutliche Abgrenzung

Internasalia (b)

2

normal

Parietalia (c)

2

normal

Präfrontalia (d)

2

normal

Supralabialia (e)

6-8

normal

Sublabialia (f)

7-12

normal

Präoculare (g)

1

normal

Postocularia (h)

2

normal

Temporalia (i)

3-5

in zwei Reihen angeordnet

Loreale (j)

1

normal

Dorsalia

17-27

normal

Ventralia

254-263

normal

Anale

1

ungeteilt

Subcaudalia

59-73

paarweise angeordnet

Zeichnung: Die Details der Kopfbeschuppung einer Schlange sind wesentliche Merkmale zur Bestimmung bis auf Art- und Unterartniveau. So variieren oftmals die Anzahl der Ober- und Unterlippenschuppen (Supra- und Sublabialia), der Loreale oder auch der Vorder- und Hinteraugenschuppen (Prä- und Postocularia).

Die Bauchschuppen (Ventralia) stellen sich als gleichmäßige Schienen dar, das Analschild kann je nach Art geteilt oder ungeteilt sein. Die Schuppen unter dem Schwanz (Subcaudalia) verlaufen in zwei Reihen.

Insgesamt offenbart das Schuppenkleid die funktionelle Bindung an den Lebensraum überwiegend terrestrisch und subterrestrisch lebender Schlangen. Zwar klettern auch manche Königsnattern recht gern und begrüßen auch im Terrarium entsprechende Möglichkeiten, von einer Spezialisierung an den Lebensraum Sträucher und Bäume kann anhand des Körperbaus und der glatten Schuppen jedoch keine Rede sein.

Zähne

Königsnattern gehören zu den gleichzähnigen Nattern, ihr Gebiss ist also aqlyph und besteht aus massiven, mehr oder weniger gleich großen und gleichmäßig geformten, ungefurchten Zähnen. Anders als bei Säugetieren sind bei Schlangen die Zähne nicht in je einer Reihe im Ober- und Unterkiefer angeordnet. Stattdessen besteht der Oberkiefer aus mehreren Bereichen, die jeweils mit Gruppen von Zähnen besetzt sind. Königsnattern tragen im Oberkieferknochen 12-20 Maxillarzähne. Dazu kommen 8-14 Palatinarzähne am Gaumendach sowie 12-23 Pterygoidzähne auf dem Flügelbein. Zusammen mit den 12-18 Dentarzähnen im geteilten Unterkiefer kommen die Schlangen damit insgesamt auf 44-75 Zähne. Bei den dreifarbigen Königsnattern, also den Tieren aus dem triangulum-Komplex und den Bergkönigsnattern, sind die hinteren Maxillarzähne länger als die vorderen.

Der Unterkiefer besteht aus zwei voneinander unabhängigen Kieferspangen, auf denen je eine Zahnreihe angeordnet ist. Der Unterkiefer ist also vorn nicht zusammengewachsen. Das hat für die Schlange den Vorteil, das Maul auch seitlich aufpreizen zu können, um relativ große Futtertiere verschlingen zu können. Zudem kann sie beim Verschlingen wechselnd die linke und die rechte Unterkieferspange vor- und zurückbewegen, sodass Futtertiere nach und nach in den Schlund gezogen, dabei aber immer noch festgehalten werden können.

Der Schädel einer gleich-zähnigen Natter trägt in Ober- und Unter-kiefer massive, nach hinten gerichtete Haltezähne. Die Unterkieferspangen sind nicht zusammengewachsen, sondern voneinander unabhängig. Das ermöglicht der Schlange, die Maulöffnung sehr weit zu dehnen, um auch größere Beutetiere zu verschlingen.

Die Zahnform agylpher Nattern ist nicht dazu geeignet, Speichel konzentriert in das Gewebe oder die Blutbahn von Beutetieren oder Angreifern zu transportieren, wie dies bei Schlangen mit gefurchten (proteroglyphen) oder hohlen (solenoglyphen) Zähnen der Fall ist. Auch stehen die Zähne nicht mit Giftdrüsen in Verbindung. Zwar gibt es Untersuchungen, dass auch Schlangen mit aglyphem Gebiss über so genannte Duvernoy’sche Drüsen verfügen, in denen ein Speichelsekret mit toxischen Anteilen gebildet wird, jedoch gibt es keine Hinweise darauf, dass Bisse von Königsnattern bei Menschen irgendeine systemische Wirkung hervorrufen könnten.

Haltung

Königsnattern gehören zu den beliebtesten Schlangen in der Terrarienhaltung. Neben ihrem attraktiven Äußeren ist hierfür auch verantwortlich, dass diese Tiere sich vergleichsweise einfach halten lassen. So stellen sie hinsichtlich ihres Platzbedarfs aufgrund ihrer moderaten Größe keine unerfüllbaren Ansprüche an ihren künstlichen Lebensraum, und auch die bevorzugten Klimabedingungen lassen sich für den Halter mit recht einfachen Mitteln abbilden. Insofern sind Königsnattern in menschlicher Obhut relativ anspruchslose und ausdauernde Pfleglinge, die bei guter Haltung sehr alt werden können. So ist das Alter einer in Gefangenschaft gehaltenen Kalifornischen Kettennatter (Lampropeltis californiae) mit mehr als 33 Jahren dokumentiert.

Rechtliche Vorgaben

Die meisten Arten der Gattung Lampropeltis sind in ihrem Bestand nicht gefährdet. In Deutschland und Europa bestehen deshalb keine artenschutzrechtlichen Vorschriften, die den Erwerb, die Haltung oder die Zucht dieser Tiere reglementieren würden. Allerdings ist zum 02.08.2022 die Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten um die Durchführungsverordnung (EU) 2022/1203 der Kommission vom 12. Juli 2022 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1141 zwecks Aktualisierung der Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung ergänzt worden, in der Lampropeltis getula als invasive Art aufgeführt ist. Auf die Auswirkungen der noch sehr aktuellen Rechtslage werde ich in den Artkapiteln des getula-Komplexes einzeln eingehen.

Für einzelne Arten, deren natürliche Vorkommen zurückgehen oder die bereits heute möglicherweise ausgestorben sind oder von denen erst wenige Exemplare gefunden wurden, können überdies nationale Schutzbestimmungen gelten, die sich jedoch nur auf Entnahmen wildlebender Tiere beziehen. In der Folge bestehen bei uns keine Regelungen, die eine Nachweispflicht o.ä. begründen würden.

Neben dem Artenschutz sind freilich auch tierschutzrechtliche Bestimmungen zu berücksichtigen. Das hat zur Folge, dass jeder Tierhalter sich grundlegend über die Bedürfnisse der zu haltenden Art informieren sollte, um nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Da wir regelmäßig bestrebt sein werden, unsere Tiere möglichst lange und gesund am Leben zu erhalten und im Idealfall auch zu vermehren, sollte für uns eine artgerechte Haltung ohnehin selbstverständlich sein. Diese umfasst neben einem geeigneten Terrarium mit den passenden klimatischen Bedingungen auch angemessene Ernährung und ständigen Zugang zu Trinkwasser.

Das Terrarium

In Deutschland gibt es ein Gutachten über die Mindestanforderungen an die Haltung von Reptilien und Amphibien, herausgegeben durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Für die Gattung Lampropeltis sieht das Gutachten eine Behältergröße von 1,0 x 0,5 x 0,5 (LBH (Länge x Breite x Höhe)) vor. Bei den genannten Werten handelt es sich um Faktoren, die mit der Gesamtlänge der zu haltenden Schlange zu multiplizieren und als Richtwert für paarweise Haltung zu verstehen sind. Bei Gruppenhaltung wären für jedes weitere Tier 20% auf die ermittelten Werte zu addieren. Wenn wir also ein Pärchen Königsnattern mit einer jeweiligen Gesamtlänge von 70 cm halten wollen, sollten die Maße des Terrariums mindestens 70 x 35 x 35 cm (LBH) betragen, bei einer Gruppe von drei Tieren derselben Größe wären wir bei 84 x 42 x 42 cm (LBH). Bei größeren Tieren, etwa einer Dreiergruppe Lampropeltis abnormaaus Honduras mit einer Gesamtlänge von 140 cm kommt man allerdings schon auf eine Mindestgröße von 168 x 84 x 84 cm (LBH). Man sollte also bei der Planung einer Terrarienanlage neben der zu erwartenden Gesamtgröße der Tiere auch die Zusammenstellung von Paaren oder Gruppen berücksichtigen. Da Königsnattern recht aktive Schlangen sind, bevorzuge ich eher etwas größere Behälter und habe damit gute Erfahrungen gemacht. Man kann in Terrarien auf halber Höhe weitere Liegeflächen einplanen, sodass den Tieren faktisch mehr Grundfläche zur Verfügung steht. Dennoch sollten aus meiner Sicht auch dann die vorgenannten Multiplikationsfaktoren nicht wesentlich unterschritten werden.

Bodengrund

Das Terrarium als künstlicher Lebensraum unserer Tiere muss aber neben der Größe weitere Bedingungen erfüllen, damit sich die Schlangen hier wohlfühlen und ein gesundes, langes Leben führen können. Zunächst stellt sich hier die Frage nach dem richtigen Bodengrund. Eine Antwort auf diese Frage zu finden, ist für den Anfänger in der Schlangenhaltung nicht unbedingt einfach, denn wenn man fünf verschiedene Terrarianer danach fragt, kann es durchaus sein, dass man fünf verschiedene Antworten bekommt. Das bedeutet nicht, dass eine Antwort davon falsch wäre. Richtig ist letztlich das, was funktioniert und womit unsere Tiere keine Probleme bekommen. Probleme könnten beispielsweise entstehen, wenn der Bodengrund stark saugend wäre (Katzenstreu, Seramis etc.). Wenn eine Schlange beim Graben oder beim Fressen ein oder mehrere Substratteile eines solchen Bodengrunds ins Maul bekäme, könnte die stark saugende Wirkung dafür sorgen, dass sämtlicher Speichel absorbiert wird und die Schlange sich von dem Fremdkörper nicht befreien kann. Das Verschlucken solcher Substratteile kann erhebliche Gesundheitsschäden verursachen (Darmverschluss etc.). Sehr feiner Sand hingegen könnte unter die Schuppen gelangen und Entzündungen verursachen. Das Für und Wider aller denkbaren Substratsorten hier zu diskutieren, würde zu weit führen. Bei Königsnattern unterschiedlicher Arten habe ich über viele Jahre verschiedene Substrate ausprobiert, die letztlich für die Schlangen alle funktioniert haben. Darunter waren Einstreusorten wie Weichholzspäne, Hanfeinstreu oder Leinstroh sowie Torf-Sand-Gemische, Blähtongranulat, Buchenhackspäne, Kies, Kokosfaser, Rindenmulch und einige andere. Vor- oder Nachteile ergaben sich immer nur für die Optik und Reinigung. So ist Kleintierstreu sehr günstig, Ausscheidungen werden gut gebunden und sind schnell zu erkennen. Allerdings staubt das Material beim Komplettaustausch recht stark und sieht natürlich auch nicht besonders gut aus. Andere Materialien stauben nicht, sind aber schwer, nicht saugfähig oder verhältnismäßig teuer. Den Schlangen hingegen schienen die Unterschiede des Substrats weitgehend gleichgültig zu sein. Ich bin daher dazu übergegangen, in meinen Terrarien für Königsnattern ein Gemisch zu verwenden, das einerseits meine Ansprüche an eine ansprechende Optik und staubarme Verarbeitung erfüllt, nicht zu teuer ist und gleichzeitig den Tieren ein verhaltensgerechtes, grabfähiges Substrat bietet. Nach mehreren Jahren des Experimentierens habe ich zuletzt ein Gemisch aus Pinienrinde in der Körnung 4-8 mm, einer mineralischen Hohlraumschüttung und etwas Spielsand aus dem Baumarkt benutzt. Aktuell stelle ich meine Lampropeltis-Terrarien allerdings alle auf biologische Selbstreinigung um, sodass der Bodengrund aus einem Gemisch aus Graberde, Pinienrinde und Dolomitkalk besteht, das mit weißfaulem Holz versetzt und mit einer Deckschicht aus Laub, Moos und Rindenstücken belegt wird. Dieses Substrat wird ständig leicht feucht gehalten, sodass Asseln darin leben können, die sich von Ausscheidungen meiner Schlangen ernähren und organisches Material in Mineralsalze umwandeln. Diese Variante des Bodengrunds sieht sehr natürlich und dekorativ aus, bedingt ein positives Terrarienklima und reduziert die Reinigungsintervalle erheblich. Die benötigten Umgebungsfaktoren zur Parallelhaltung der Asseln sind eine Wissenschaft für sich, weshalb hier nicht weiter darauf eingegangen werden soll. Wer sich dafür interessiert, findet im Internet jede Menge zielführende Informationen. Ich verwende in meinen Lampropeltis-Becken die Assel-Art Porcellio laevis in den Zeichnungsvarianten Orange und „Panda“, mit der ich gute Erfahrungen gemacht habe.

Durch die Verwendung eines Erdgemischs mit einer Deckschicht aus Laubwaldblättern erzielt man eine naturnahe Optik des Bodengrunds, hier zu sehen in einem Terrarium für Lampropeltis polyzona (Lokalform Sinaloa). Sofern man den Bodengrund stets leicht feucht hält, ist der Lebensraum für Asseln geeignet, die sich von den Ausscheidungen der Schlangen ernähren und somit als Bodenpolizei fungieren. / Fotos: Thorsten Schmidt

Beleuchtung

Die Beleuchtung im Schlangenterrarium hat natürlich in erster Linie die Funktion, den Tieren einen Tag-Nacht-Rhythmus zu simulieren. Durch Anpassung der Beleuchtungsdauer können wir weiterhin jahreszeitliche Veränderungen darstellen, sofern dies anhand der geografischen Verbreitung einzelner Arten angezeigt ist. Was allerdings von vielen Haltern vernachlässigt wird, ist der Zusammenhang zwischen Licht und den biochemischen Prozessen zur Synthese wichtiger Vitamine bei Schlangen. So belegen zahlreiche Studien, dass Vitamin D3, das den Calciumspiegel im Blut reguliert und wichtiger Bestandteil für den Knochenaufbau ist, im Körper selbst gebildet wird, indem die Haut UV-B-Strahlung ausgesetzt wird. Es handelt sich hierbei um nicht sichtbares Licht in der Wellenlänge zwischen 280 und 315 nm. Der sichtbare Bereich des Lichtspektrums liegt zwischen 400 und 800 nm. Herkömmliche Lampen, beispielsweise Leuchtstoffröhren, LED- oder Halogenspots in der Farbe warmweiß bewegen sich in diesem sichtbaren Lichtspektrum, mit Schwerpunkt im Bereich zwischen 550 und 700 nm.

Die dargestellte Skala zeigt das Lichtspektrum. Die meisten Menschen können Wellenlängen zwischen circa 400 nm und 780 nm mit dem Auge wahrnehmen. Den Bereich unterhalb dieser Wellenlänge bezeichnet man als Ultraviolett (UV), den Bereich oberhalb des für uns sichtbaren Bereichs als Infrarot (IR). Natürliches Sonnenlicht emittiert das volle elektromagnetische Spektrum, wobei die Strahlungsanteile über den Tag variieren. So liegt der größere Anteil um die Mittagszeit für gewöhnlich zwischen 420 und 580 nm, sodass der Blauanteil des Lichts zu dieser Zeit überwiegt. Zur Zeit des Sonnenuntergangs überwiegt der Strahlungsbereich zwischen 600 und 750 nm, sodass zu dieser Zeit ein höherer Rotanteil wahrgenommen wird. Sowohl Leuchtstoff-Sparlampen als auch Standard-LED-Strahler strahlen Licht mit eng begrenzten Anteilen im Wellenlängenbereich zwischen 550 und 650 nm ab. Bei Halogenstrahlern steigt das Spektrum von 350 bis deutlich über 750 nm kontinuierlich an, wobei die UV-Strahlung sehr gering, die IR-Strahlung allerdings sehr hoch ist. Dies bedingt auch die hohe Strahlungswärme, die von Halogenlampen ausgeht. Selbst bei einer LED-Lampe vom Typ „Daylight“ liegt zwar ein Überhang im Bereich zwischen 450 und 550 nm vor, was die optische Wahrnehmung des Tageslichts zur Mittagszeit widerspiegelt, messbare UV-Anteile bieten jedoch auch diese Lampen kaum.

Daraus folgt, dass diese Art der Beleuchtung nicht zur Bildung des wichtigen Vitamins D3 beitragen kann. Das ist problematisch, denn während andere Vitamine und Spurenelemente von den Schlangen über die Nahrung in ausreichender Menge aufgenommen werden, besteht diese Möglichkeit für Vitamin D3 nur in Supplementierung. Diese wiederum bedingt die Gefahr einer Überdosierung, was zu Fehlfunktionen von Organen (z.B. der Nieren) führen kann. Sinnvoller ist es daher, den Tieren die körpereigene Synthese durch passende Beleuchtung zu ermöglichen. Das kann durch die Verwendung von Leuchtmitteln mit Tageslichtspektrum bzw. Vollspektrum geschehen, die zu einem bestimmten Teil eben auch UV-B-Strahlung emittieren. Allerdings sind moderne Leuchtmittel (LED) mit Vollspektrum recht teuer, sodass die Variante, einfach einen Strahler mehr einzuplanen, der das Becken nur stundenweise mit UV-Licht bestrahlt, eine praktikable Lösung darstellt.

Temperatur

Je nach Herkunft der Königsnattern kann die zusätzliche Beheizung eines gedämmten Terrariums, das in einem Wohnraum steht, entbehrlich sein, zumal mehrere Arten in gemäßigten Breiten vorkommen, deren Temperaturgestaltung über das Jahr den Bedingungen in unseren Regionen sehr ähneln. Aufgrund der großen Unterschiede innerhalb des riesigen Verbreitungsgebiets der Gattung Lampropeltis, in dem diese Tiere verschiedenste Lebensräume erobert haben, empfehle ich, sich die zu haltende Art hinsichtlich der natürlichen Verbreitung sehr genau anzuschauen. So haben montane Arten aus Mexiko andere Ansprüche als Tiere aus dem Flachland Floridas und Tiere, die aus gemäßigten Breiten im Norden der USA stammen, sind anders zu halten als tropische Arten aus dem Regenwald Costa Ricas. Ich habe im Artenteil für jede Art Klimadiagramme des typischen Verbreitungsgebiets dargestellt, um so Anhaltspunkte für die richtigen Temperaturbereiche zu geben.

In Bezug auf die Technik zur Beheizung des Terrariums stehen mehrere Varianten zur Verfügung. So gibt es verschiedene Geräte zur Beheizung unserer Becken, die gleichermaßen gut geeignet sind, z.B. Heizmatten, die unter dem Bodengrund verlegt werden können, Heizsteine oder auch so genannte Heat-Panels, die unter der Decke befestigt werden. Für welche Variante man sich entscheidet, ist letztlich Geschmackssache und hängt auch davon ab, wie gut unser Terrarium gedämmt ist. So verfügen reine Glasbecken über gute Temperaturleitfähigkeit, was dazu führt, dass die Innentemperatur sehr stark von der Außentemperatur beeinflusst wird. Becken aus Holz- oder XPS-Platten hingegen verfügen über sehr effiziente Wärmeisolierung, sodass der Energieaufwand zur Gewährleistung höherer Innentemperaturen ungleich geringer ist. Ich persönlich habe mich für meine Becken (XPS- oder Holzbauweise) dazu entschieden, die Beheizung mittels Strahlungswärme durch thermostatgesteuerte Halogenspots zu gewährleisten. Ich sehe hierin die Vorteile, dass eine weitere Lichtquelle zur Verfügung steht und die Wärme nicht von unten, sondern von oben kommt, wie es auch in der Natur der Fall ist. Die Wärmelampen bringe ich nicht mittig im Becken, sondern am Rand an, sodass sich über die Tiefe ein Temperaturgefälle ergibt, das es den Tieren erlaubt, zwischen kühleren und wärmeren Bereichen zu wählen.

Der Blick in eins meiner Terrarien für Lampropeltis polyzona (Lokalform Sinaloa). An der Decke sind in dreieckiger Anordnung verschiedene Strahler angebracht: hinten links ein UV-Strahler LED, hinten rechts eine Standard-LED-Lampe (warmweiß). Vorn ist mittig ein Halogenspot angebracht, der über ein Thermostat geregelt wird. Durch die in der Rückwand mittig angebrachten Lüftungsgitter kann die vorn mittig aufsteigende erwärmte Luft entweichen, wodurch eine Luftströmung entsteht und automatisch kühlere Temperaturbereiche in den hinteren Seitenbereichen abgebildet werden.

Das Bild zeigt einen Ausschnitt meiner Terrarienanlage zur Zeit der Abenddämmerung, wenn die Becken ausschließlich durch die UV-Strahler beleuchtet werden. Die Strahler sind so geschaltet, dass sie morgens und abends je 45 Minuten leuchten und mittags für 60 Minuten den Standardstrahler ergänzen. / Fotos: Thorsten Schmidt

Belüftung

Ein weiteres Thema, das unter Terrarianern kontrovers diskutiert wird, dreht sich um die richtige Belüftung eines Terrariums. Zu kleine Lüftungsflächen können insbesondere bei Wald- oder Regenwaldterrarien mit entsprechend hoher Luftfeuchtigkeit zu stickigem Klima, Staunässe und Schimmelbefall führen. Zu große Lüftungsflächen hingegen können zu Zugluft führen und das Erreichen gewünschter Luftfeuchtigkeit erschweren oder gar unmöglich machen. Die richtige Platzierung von Lüftungsflächen hingegen kann im Zusammenspiel mit Temperaturbereichen im Becken dem Transport und Umwälzen von Frischluft dienlich sein. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, Lüftungsflächen gegenüber der Schiebescheiben, also oben an der Rückwand der Terrarien anzubringen. Das Größenverhältnis der Lüftungsflächen hängt vom Rauminhalt der Terrarien ab. Für Terrarien, die nicht dauerhaft feucht sind, erachte ich eine Lüftungsfläche von rund 20% des Volumens des Terrariums für ausreichend. Beispiel: Ein Terrarium der Größe 100 x 50 x 50 cm weist einen Rauminhalt von 250 l auf. 20% hiervon wären 50 cm2, sodass eine Lüftungsfläche in der Größe 10 x 5 cm nach meiner Meinung ausreichend dimensioniert wäre. Durch die Montage gegenüber der Frontscheiben ist gewährleistet, dass Luftbewegung stattfindet und permanent Frischluft zugeführt wird. Der Umstand der deckennahen Montage führt durch Konvektion dazu, dass aufsteigende warme Luft abgeführt und durch den Spalt der Schiebescheiben Frischluft nachgezogen wird. Mir ist bewusst, dass viele Halter es für notwendig erachten, mehr oder größere Lüftungen zu verbauen, allerdings habe ich mit der beschriebenen Bauweise über mittlerweile 30 Jahre der Haltung von Terrarientieren gute Erfahrungen gemacht, viele Tiere über Jahre gehalten und erfolgreich zur Nachzucht gebracht. Insofern kann diese Form der Haltung so ganz falsch nicht sein.

Ernährung

Dem Thema Ernährung kommt bei Königsnattern besondere Bedeutung zu. Nicht nur, weil adäquate Nahrung natürlich für unsere Tiere ein maßgebliches Kriterium für Gesundheit, Entwicklung und Lebensdauer darstellt; dieser Umstand trifft schließlich auf alle Tiere zu, die in menschlicher Obhut gepflegt werden. Allerdings muss bei der Haltung von Königsnattern der Aspekt berücksichtigt werden, dass zum Nahrungsspektrum mancher Arten auch andere Schlangen gehören. Diese Nahrungspräferenz bezeichnet man als Ophiophagie. Es gibt Schlangen, die sich sogar nahezu ausschließlich von anderen Schlangen ernähren. Ein Beispiel dafür ist die Königskobra (Ophiophagus hannah) aus Asien. Die meisten Königsnattern hingegen sind Nahrungsopportunisten, die grundsätzlich ein breites Spektrum an Beutetieren akzeptieren, manche Arten unter anderem aber eben auch andere Schlangen. Von Arten der Kettennattern (getula-Komplex), aber auch von manchen dreifarbigen Königsnattern (z.B. Lampropeltis micropholis (ex. triangulum gaigeae)) ist belegt, dass sie in der Natur regelmäßig andere Schlangen, darunter auch Klapperschlangen, erbeuten und fressen.

Verschiedene Königsnattern ernähren sich in der Natur ophiophag, d.h. sie fressen andere Schlangen. Durch ihre enorme Muskelkraft können sie dabei auch Schlangen erbeuten und töten, die gleich groß oder sogar größer sind als sie selbst. Hier ist eine Kalifornische Kettennatter (Lampropeltis californiae) zu sehen, die bei der Jagd Erfolg hatte. / Fotos: Nicholas Hess

Eine Gesprenkelte Kettennatter (Lampropeltis holbrooki) hat eine andere Schlange erbeutet und frisst diese Kopf voran. / Foto: Kory G. Roberts

Auch für Königsnattern außerhalb des getula-Komplexes gehören andere Schlangen zum Nahrungsspektrum. Hier tötet eine Schwarze Milchschlange (Lampropeltis micropholis) einen Cribo (Drymarchon melanurus), interessanterweise eine Art, die sich ebenfalls von anderen Schlangen ernährt. / Foto: Raul Fernandez

Für die Terrerienhaltung ist dieser Aspekt sehr bedeutsam, denn wir müssen abschätzen, ob bei bestimmten Arten eine Paar- oder Gruppenhaltung möglich ist oder eher nicht. Ich selbst habe die Beobachtung gemacht, dass viele Arten über Jahre problemlos paarweise oder in Kleingruppen gehalten werden konnten, ohne dass es jemals zu Ausfällen gekommen wäre. Bei diesen Arten liegt offenbar keine grundsätzliche ophiophage Tendenz vor. Andere Arten hingegen sind dafür bekannt, auch vor Artgenossen nicht halt zu machen, wenn sie hungrig sind. Besonders bei Tieren aus dem getula-Komplex ist es bereits bei vielen Haltern zu Ausfällen gekommen, bei denen eine Schlange ihren Partner gefressen hat. Zu diesem Komplex gehören neben der möglicherweise ausgestorbenen Lampropeltis catalinensis die heutigen Arten

Lampropeltis californiae

Lampropeltis floridana

Lampropeltis getula

Lampropeltis holbrooki

Lampropeltis meansi

Lampropeltis nigra

Lampropeltis nigrita

Lampropeltis splendida

Ich werde auf entsprechende Tendenzen im Artenteil jeweils gesondert eingehen.

Insgesamt stellt die Ernährung der meisten Königsnattern den Halter nicht vor Probleme. Vielmehr akzeptieren eingewöhnte Nachzuchten vieler Arten in aller Regel verlässlich aufgetautes Frostfutter in passender Größe. Meine Tiere fressen alle problemlos sowohl Farbmäuse, Vielzitzenmäuse, kleine Ratten und Eintagsküken. Die Fütterungsintervalle mache ich vom Alter der Tiere abhängig. So bekommen Jungtiere bis zum Alter von einem Jahr etwa alle 5-7 Tage Futter angeboten. Bis zum Alter von 2 Jahren füttere ich sie etwa alle 7-10 Tage und adulte Tiere bekommen etwa alle 14 Tage Nahrung. Es gibt allerdings auch Aspekte, die kürzere Intervalle indizieren. Wenn beispielsweise ein Weibchen während der letzten Wochen der Trächtigkeit die Nahrungsaufnahme verweigert und nach der Eiablage entsprechend Gewicht verloren hat, ist hier natürlich häufigere Futtergabe angezeigt, damit das Tier wieder an Masse zulegen kann.

Die Größe der Futtertiere sollte immer mit der Größe der Schlange korrespondieren. Gerade Anfänger in der Schlangenhaltung unterschätzen oft die Fähigkeit ihrer Pfleglinge beim Verschlingen von Beutetieren. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, wenn ich Futtertiere ausgewählt habe, deren Durchmesser etwa dem der dicksten Körperstelle der Schlange entsprach.

Die allermeisten Königsnattern akzeptieren in Gefangenschaft Mäuse als Alleinfutter. Diese junge Graugebänderte Königsnatter (Lampropeltis alterna) hat kein Problem damit, eine Maus in Springergröße zu verschlingen, obwohl der Umfang des Futtertiers größer ist als der Kopf der Schlange. Die beweglichen Spangen des Unterkiefers und die enorme Dehnfähigkeit der Speiseröhre ermöglicht es den Tieren, auch verhältnismäßig große Beute zu schlucken. Es hat sich bewährt, die Größe der Beutetiere so zu wählen, dass der Umfang dem der Schlange an der dicksten Körperstelle entspricht. / Fotos: Thorsten Schmidt

Einige Königsnattern fressen auch gern Eintagsküken, so wie dieses adulte Männchen der Kalifornischen Kettennatter (Lampropeltis californiae, high-white-Variante). Aufgrund des geringen Fettanteils sind Küken als Alleinfutter für Weibchen, die zur Zucht vorgesehen sind, allerdings nicht geeignet. / Foto: Thorsten Schmidt

Vermehrung

Die meisten Schlangenhalter haben die Absicht, die von ihnen gepflegten Tiere zu vermehren. Einerseits sind regelmäßige Nachzuchten ein Indiz dafür, dass die Haltungsbedingungen für die Tiere ausreichend gut sind, dass ihre Instinkte eine Vermehrung zulassen. Überdies sorgen die Terrarianer auf diese Weise dafür, dass die Nachfrage nach Tieren aus Nachzucht gedeckt werden kann, wodurch Entnahmen aus der Natur nachhaltig reduziert oder gar vollständig vermieden werden können. Letztlich werden die meisten Züchter die Jungtiere an interessierte Hobbykollegen verkaufen und damit einen Teil der Kosten für die Schlangenhaltung auffangen können.

Geschlechtsbestimmung

Zur Vermehrung ist es natürlich zwingend erforderlich, Tiere beiderlei Geschlechts einer Art zu besitzen. Während bei manchen Schlangen die Bestimmung des Geschlechts allein aufgrund sehr auffälliger morphologischer Unterschiede erfolgen kann (etwa anhand der dreifachen Schwanzlänge männlicher Hakennasennattern (Heterodon nasicus)), ist die Geschlechtsdiagnose bei Königsnattern nicht ganz so einfach. Zwar haben männliche Tiere auch bei der Gattung Lampropeltis längere Schwänze mit breiterer Basis, jedoch sind die Unterschiede oftmals so gering, dass diese körperlichen Merkmale keine sichere Bestimmung zulassen.

Es gibt mithin für Königsnattern nur zwei Vorgehensweisen, wie das Geschlecht durch den Halter selbst sicher bestimmt werden kann. Man bezeichnet diese Diagnosemethoden als „Popping“ oder Sondieren. „Popping“ eignet sich für relativ junge Tiere, deren Schwanzmuskulatur noch nicht stark ausgeprägt ist. Man nimmt dazu das Tier in die Hand und dreht die Körperunterseite nach oben. Mit der untergeordneten Hand fixiert man das Tier oberhalb der Kloake. Der Zeigefinger der dominanten Hand wird über die Rückenseite des Tieres in Höhe der Kloake platziert und die Kloakenöffnung leicht nach oben gebogen. Nun rollt man mit leichtem Druck die Daumenspitze über die Subcaudalschuppen in Richtung Kloake. Durch den Druck stülpen sich bei Männchen die Hemipenes aus, während es bei Weibchen zu keiner Ausstülpung kommt bzw. nur die wesentlich kleineren Hemiclitoristaschen sichtbar werden. Mit dieser Variante kann man zumindest Männchen sicher bestimmen, während vermutete Weibchen durchaus auch nur Männchen sein können, bei denen das Ausstülpen wegen Muskelkontraktion oder ungenauer Durchführung nicht funktioniert hat. Bei erfahrenen Anwendern ist die Variante jedoch ziemlich zuverlässig. Die sicherere Variante ist das Sondieren. Hierzu benötigt man spezielle medizinische Sonden. Dabei handelt es sich um abgerundete Stahlstäbe, die in verschiedenen Stärken angeboten werden. Zur Durchführung fixiert man den Kloakenbereich der Schlange mit der untergeordneten Hand. Die desinfizierte Sonde wird mit Vaseline gleitfähig gemacht und anschließend seitlich schwanzwärts in die Kloake eingeführt. Wenn man einen leichten Widerstand spürt, markiert man mit dem Zeigefinger die Eindringtiefe auf der Sonde und zieht diese heraus. Wenn man nun die Sonde von außen an der Schwanzunterseite auflegt, kann man ablesen, wie weit sie eingedrungen ist. Da die Hemipenistaschen der Männchen viel länger sind als die Hemiclitoristaschen der Weibchen, identifiziert eine Eindringtiefe von 6 oder mehr Schuppen das untersuchte Tier als Männchen, während die Sonde bei Weibchen meist nur 2 bis 4 Schuppen tief eindringt.

In beide Diagnosemethoden sollte man sich als Anfänger von einem erfahrenen Züchter einweisen lassen, da bei unsachgemäßer Ausübung die Tiere Verletzungen davontragen können, die im schlimmsten Fall dazu führen, dass die Tiere nicht mehr zur Zucht eingesetzt werden können.