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Sich erden, Frieden schließen, das innere Feuer neu entfachen, Vertrauen wachsen lassen oder die eigene Bestimmung erkennen: Kraftrituale machen all das möglich. Ob im Wald, im Park, am Wasser oder im Gebirge – in der Natur sind wir näher bei uns selbst. Unter freiem Himmel erweitern wir unsere Sicht und erlangen mit Leichtigkeit und Freude manchmal überraschende Erkenntnisse. Mit viel Herz und fundiertem Fachwissen begleitet Sie der erfahrene Naturcoach und Wildnispädagoge Volker Peters hinaus ins Grüne. Er führt Sie durch erprobte Naturrituale zu den verschiedensten Themen und gibt Ihnen zahlreiche Tipps, auch zur Gestaltung Ihrer eigenen stärkenden Rituale. Tanken Sie Kraft und Lebensfreude in der Natur, und gewinnen Sie wertvolle Impulse für Ihr Leben!
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Seitenzahl: 188
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ISBN Printausgabe 978-3-8434-1562-0
ISBN E-Book 978-3-8434-6541-0
Volker Peters:
Kraftrituale in der Natur
Veränderungen meistern, Krisen bewältigen, Erfolge feiern
© 2017, 2024 Schirner Verlag, Darmstadt
Umschlag: Michael Dulaney, Schirner, unter Verwendung von # 116574568 (© isak55), # 1659053863 (© Krasula), # 301719671 (© Libellule), # 226144837 (© Subbotina Anna) und # 197236121 (© schankz), www.shutterstock.com
Print-Layout: Silja Bernspitz & Michael Dulaney, Schirner
Lektorat: Karin Garthaus & Katja Hiller, Schirner
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt, Germany
www.schirner.com
Erweiterte Neuausgabe 2024 – 1. E-Book-Auflage Juli 2024
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten
Vorwort
Sicherheit & Naturschutz Was Sie für Ihre Rituale beachten sollten
Auf mentaler Ebene
Auf materieller Ebene
Naturrituale Eine Einführung
Welche Rolle spielt der Symbolcharakter bei Ritualen?
Zur Vorbereitung eines Rituals
Das Ritual und seine Schwellen
Zur Nachbereitung eines Rituals
Fuchsgang & Eulenblick – hilfreiche Techniken für die Ritualarbeit
Die 13 Kraftrituale in der Natur
Die Medizinwanderung Antworten in der Natur erhalten
Das innere Feuer Ein Feuerritual
Die Kraft der Symbole Ein Naturritual zum Wünschen
Lebensfreude Ein Wasserritual
Stein & Feder Ein Ritual zum Loslassen
Der Bestimmungskreis Frieden mit sich selbst schließen
Vertrauen Ein Luftritual
Die Sterbehütte Frieden mit seinen äußeren Beziehungen schließen
Schattenarbeit Versöhnung mit dem Inneren Kind
Verwurzeln Ein Erdritual
Erfolge feiern
Der persönliche Kraftort Ein alltägliches Ritual
Das Innere Tierteam Stimmige Entscheidungen treffen
Nachwort
Dank
Über den Autor
Bildnachweis
Wenn man viel Zeit in der Natur verbringt und sich auf das Abenteuer Wildnis einlässt, dann erschafft das Leben einen ganz eigenen Rhythmus. Man versteht, dass sich vieles in der Natur in Zyklen bewegt, von denen der Ablauf der Jahreszeiten oder der Kreislauf von Leben und Tod nur die offensichtlichsten sind. Nichts bleibt gleich, alles verändert sich, ganz egal, ob man sich mit Händen und Füßen dagegen wehrt oder das Neue freudig willkommen heißt.
Dieses Buch soll eine Hilfe für all jene sein, die sich auf Veränderungen in ihrem Leben einlassen und diese aktiv gestalten möchten.
Alles hat einen Anfang, aber manchmal liegt dieser so weit in der Vergangenheit, dass die Ursprünge in Vergessenheit geraten sind. Das trifft auch auf die meisten Naturrituale zu, die ich in diesem Buch beschreibe, da sie ihre Wurzeln in alten indigenen Kulturen haben. Trotzdem ist es mir wichtig, so weit wie möglich die Quellen und Inspirationen, also auch meine Lehrer, zu benennen:
Viele Rituale wie die »Medizinwanderung«, die »Sterbehütte« und der »Bestimmungskreis« gehen auf ursprüngliches indigenes Wissen zurück, z. B. der Paiute und Cheyenne Nordamerikas. Ein Teil dieses Wissens wurde von Hyemeyohsts Storm, der Anthropologin Virginia Hine und Grandpa Raymond, einem Paiute-Ältesten, an Steven Foster und Meredith Little weitergegeben, die in den 1970er-Jahren u. a. Visionssuchen für Jugendliche entwickelten. Steven und Meredith bezogen ihr Wildnis- und Ritualwissen auch aus anderen Quellen. Ich selbst habe u. a. von Meredith Little und Dr. Scott Eberle in den USA gelernt. Edith Oepen, eine langjährige Wegbegleiterin, Freundin und geschätzte Kollegin, hat dieses Buch mit ihrer Kenntnis und ihren Kommentaren bereichert.
Andere Naturrituale haben ihren Ursprung ebenfalls in Nordamerika, stammen jedoch aus einer Richtung, die mit der von Steven Foster und Meredith Little wenig zu tun hat. Sie orientieren sich an den Lehren von Tom Brown Jr., der nach eigener Aussage vom Apachen Stalking Wolf in verschiedenen Wildnistechniken und -praktiken unterrichtet wurde. Anschließend gründete er in den USA eine Wildnisschule, die gegen Ende des letzten Jahrhunderts ihre ersten Ableger in Deutschland fand. Meine Erfahrungen habe ich u. a. bei Gero Wever in der »Natur- und Wildnisschule Teutoburger Wald« gemacht. Aus dieser Quelle entstammen das Naturritual »der persönliche Kraftort« sowie die Techniken »Fuchsgang & Eulenblick«. Das Naturritual »Kraft der Symbole« geht auf Jan Fries zurück, der den Begriff »Freistilschamanismus« geprägt hat.
Ich möchte in diesem Vorwort auch darauf hinweisen, dass nicht wenige Ureinwohner Nordamerikas die Übernahme ihres spirituellen Wissens und ihrer spirituellen Praktiken als weitere Ausbeutung durch den »weißen Mann« begreifen. Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Gleichwohl wurde das in diesem Buch verarbeitete Wissen nicht geraubt, sondern freiwillig und wohlwollend von Angehörigen der indigenen Bevölkerung gelehrt. Außerdem haben sich gerade Steven Foster und Meredith Little darum bemüht, sich bei ihrer Arbeit auf den Kern der Rituale, die »bare bones«, zu konzentrieren, um sie damit für uns »Westler« zugänglicher zu machen. Letztlich bin ich fest davon überzeugt, dass unsere eigenen Vorfahren, ob Germanen oder Kelten, die gleichen Grundelemente der hier vorgestellten Natur- und Kraftrituale gekannt und praktiziert haben, da es dabei immer um den Umgang mit Lebensübergängen geht. Dieser, z. B. in Form von Initiationsritualen, ist bei den verschiedenen indigenen Kulturen weltweit erwartungsgemäß vielfältig. Es ist jedoch erstaunlich, wie sehr sich die grundsätzlichen Elemente ähneln, auf die ich in der Einführung näher eingehe.
Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass Sie die Naturrituale aus diesem Buch durchführen können, ohne sich dabei in Gefahr zu begeben. Das ist gerade in Deutschland gar nicht so schwer, wenn man einige grundlegende Punkte beachtet. Gleichwohl möchte ich betonen, dass dieses Kapitel keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und dass Sie natürlich selbst für die Planung und die Einschätzung Ihrer physischen sowie psychischen Kondition verantwortlich sind.
Ich behandle gleich zu Anfang dieses Thema, weil mir folgende Botschaft besonders wichtig ist: Naturrituale haben einen Einfluss auf unser Leben. Sie sind kein Hokuspokus oder esoterischer Zeitvertreib, sondern wirken auf unsere Psyche und unser Unterbewusstsein. Manche Rituale wie »Verwurzeln« oder »Kraftort« können wir immer zur Stärkung der eigenen Psyche durchführen, andere, z. B. die »Sterbehütte« oder der »Bestimmungskreis«, können uns mit altem Schmerz und Traumata in Kontakt bringen.
Gehen Sie deshalb eigenverantwortlich und ehrlich mit der Frage um, welches Naturritual Sie sich jetzt in Ihrem Leben zutrauen. In diesem Sinn gilt für Naturrituale dasselbe wie für Meditationen: Sie können sehr heilsam sein, man sollte jedoch gerade dann, wenn man psychisch instabil ist, vorsichtig sein. Ist man depressiv, leidet an einem Burn-out oder an einer anderen psychischen Erkrankung, ist es ratsam, sich nur nach vorheriger Absprache mit einem Psychiater, einer Psychotherapeutin oder einem Neurologen auf Naturrituale einzulassen.
Natürlich können Sie sich auch in Lebenskrisen mit Kraftritualen in der Natur befassen, denn gerade in solchen Phasen suchen Sie ja nach neuen Lebenswegen und Veränderungen. Falls Sie aber das Gefühl haben, kurz vor einer Erschöpfungsdepression oder einem Burn-out zu stehen, empfehle ich Ihnen, erst einmal stärkende und kräftigende Naturrituale durchzuführen, bevor Sie sich denen zuwenden, die Ihnen dabei helfen können, eine Krise ursächlich zu überwinden. Denn für Veränderungen muss man zuerst immer Energie investieren!
Es ist völlig normal, dass man nach einem intensiven Naturritual stark emotional ist, egal, ob euphorisch oder tieftraurig (oder beides im Wechsel). Deshalb betone ich in der Beschreibung von vielen Ritualen, dass man im Anschluss achtsam und sanft zu sich selbst sein, sich etwas Gutes gönnen und sich für das wertschätzen sollte, was man für sich getan und geleistet hat.
Denken Sie daran, für die Durchführung Ihrer Naturrituale immer genug Wasser (mindestens einen Liter, an warmen Tagen auch mehr), wärmende Kleidung und Regenschutz mitzunehmen. Auf diese Art und Weise begegnen Sie sicher den vielleicht größten Gefahren: Dehydrierung und Auskühlung.
Da ich der Meinung bin, dass viele Rituale, z. B. die »Medizinwanderung«, sehr davon bereichert werden, dass man sich die Freiheit nimmt, auch einmal querfeldein zu gehen und sich treiben zu lassen, ist die Orientierung ein weiterer wichtiger Punkt. Kennen Sie das Gelände, in dem Sie unterwegs sind, gut, müssen Sie sich nicht großartig vorbereiten. Begeben Sie sich hingegen in ein unbekanntes oder weitläufiges (Wald-)Gebiet, empfehle ich, vorab eine topografische Karte zu studieren, um zu wissen, wodurch das Gelände in allen Himmelsrichtungen begrenzt ist und in welche Richtung immer eine sichere Rückkehr möglich ist. Machen Sie sich mit dem Gebiet vertraut: Gibt es Anhöhen und steile Hänge? Siedlungen und Äcker? Flüsse und Bäche? Straßen und Wege?
Wenn Sie sich im Wald verlaufen, ist es durchaus möglich, dass Sie auf der Karte nicht erkennen, wo Sie sich gerade befinden, egal, wie intensiv Sie diese studieren. Sie sollten aber in der Lage sein, das Gebiet, in dem Sie sich befinden, einzugrenzen, und die Karte sollte Ihnen dabei helfen, die bestmögliche Richtung herauszufinden, um den Wald zu verlassen.
Dazu ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem ausgedehnten Wald unterwegs. Es ist ein bewölkter Tag, sodass Sie sich nicht anhand der Sonne orientieren können. Vielleicht kennen Sie Teile dieses Waldes schon von Spaziergängen und sind guter Dinge, sich nicht zu verirren. Für Ihr Naturritual lassen Sie sich darauf ein, dahin zu gehen, wohin Sie Ihre Intuition führt, also abseits der Wege. Es geht rauf und runter, vielleicht auch einmal über einen Bach. Sie genießen die Zeit, wissen aber nach ein bis zwei Stunden nicht mehr, wo Sie sich befinden. Vielleicht setzt zuerst ein mulmiges Gefühl ein und, wenn Sie nicht innerhalb von einer halben Stunde einen Weg gefunden haben, den Sie kennen, sogar Panik.
Das ist schon mein erster Punkt: Keine Panik! Sich zu verlaufen, ist grundsätzlich nicht schlimm. Was Sie in einer solchen Situation benötigen, sind eine topografische Karte und ein Kompass.
Bleiben wir weiter im Beispiel. Vielleicht stellen Sie mithilfe von Karte und Kompass fest, dass der Wald im Osten durch eine Bundesstraße begrenzt wird, die von Nord nach Süd verläuft. Diese Straße können Sie gar nicht verpassen, wenn Sie nach Osten gehen. Oder im Norden schließt an den Wald eine Region mit Äckern und kleinen Siedlungen an. Achten Sie darauf, dass Sie in die gewünschte Richtung gehen können, ohne Flüsse überwinden oder steiles Gelände hinauf- oder hinabwandern zu müssen. Letzteres erkennen Sie auf der topografischen Karte daran, wie dicht die Höhenlinien beieinanderliegen: je dichter, desto steiler. Zuletzt sollten Sie natürlich auch die Entfernungen beachten: Im Wald kann sich die Geschwindigkeit auf 1 km/h verringern, im Gebirge sogar noch deutlich darunter liegen.
Den Kompass brauchen Sie, um sicher in eine bestimmte Richtung zu gehen. Machen Sie sich deshalb zuvor mit seiner Handhabung vertraut. Das kann ein ganz einfacher Kompass für zehn Euro sein. Es reicht, wenn er die Himmelsrichtungen korrekt anzeigt und Sie wissen, wohin die Nadel weist. Lassen Sie sich gegebenenfalls die Handhabung vom Fachverkäufer erklären.
In Deutschland gibt es nur wenige Gebiete, in denen man stundenlang in eine Richtung laufen kann, ohne auf Wege oder Straßen zu treffen. Schauen Sie nicht ständig auf den Kompass, sondern suchen Sie sich von Ihrem Standort aus mit seiner Hilfe ein erstes Ziel in Ihrer Richtung, z. B. einen Baum, gehen Sie dann zu diesem Ziel, und wiederholen Sie diesen Ablauf.
Unterschätzen Sie das Gelände, in dem Sie unterwegs sind, nicht, machen Sie sich aber vorab auch nicht verrückt. Ich empfehle Ihnen, zu üben, sich zu orientieren, und die Entfernung zu bekannten Wegen Schritt für Schritt auszuweiten. Auf diese Weise können Sie auf Ihrer ersten Medizinwanderung vielleicht den Weg verlassen, aber schon nach einer Viertel- oder halben Stunde überprüfen, ob Sie noch wissen, wo Sie sind, und gegebenenfalls zum nächstgelegenen Weg zurückkehren.
Wenn ich allein in entlegeneren Regionen unterwegs bin, nehme ich immer ein abgeschaltetes Mobiltelefon mit und informiere jemanden vorab über den ungefähren Verlauf meiner Route. Man kann immer einmal umknicken und Hilfe benötigen, und dann kann es schon ungünstig sein, wenn man einen Kilometer vom nächsten Weg entfernt ist.
Viele Wälder in Deutschland sind von so zahlreichen Wegen durchzogen, dass man schnell wieder auf einen von ihnen trifft, solange man nicht im Kreis geht. Auch dafür ist ein Kompass gut. Ich habe außerdem immer eine Signalpfeife an einer Schnur um den Hals dabei.
Das gefährlichste »Raubtier« in unseren Wäldern ist die Zecke. Nun lachen Sie vielleicht, aber ich meine das völlig ernst. Zecken können u. a. die Erreger für Borreliose und Enzephalitis (Gehirnhautentzündung) übertragen. Tragen Sie deshalb lange Hosen, und kontrollieren Sie immer wieder einmal, ob etwas an Ihrem Hosenbein hochkrabbelt, gerade wenn Sie hohes Gras oder Farne durchquert haben. Am Abend sollten Sie sich einer Ganzkörperuntersuchung vor dem Spiegel unterziehen und dabei nach verdächtigen dunklen Punkten mit einer kleinen roten Umrandung Ausschau halten. Zecken können winzig sein und setzen sich gern an besonders weichen Hautpartien fest: in den Kniekehlen, am Gesäß, an den Oberschenkeln, im Intimbereich, unter den Achseln und zwischen den Zehen.
Eine Borrelioseinfektion können Sie meist dadurch vermeiden, dass Sie die Zecke innerhalb der ersten zwölf Stunden nach dem Biss entfernen, ohne sie dabei zu quetschen. In der Apotheke gibt es eine spezielle Zeckenzange. Je schneller die Zecke entfernt wird, desto niedriger ist das Risiko, an Borreliose zu erkranken. Achten Sie nach einem Zeckenbiss auf Hautrötungen und grippeähnliche Symptome. Falls diese innerhalb von ein bis zwei Wochen nach dem Zeckenbiss auftreten, gehen Sie sofort zu einem Arzt.
In den deutschen Wäldern gibt es wenige große Raubtiere wie Wölfe und gar keine Bären. Wölfe sind scheu und stellen für erwachsene Menschen keine Bedrohung dar.
Am ehesten muss man sich noch vor Wildschweinen in Acht nehmen, vor allem, wenn diese Junge haben. Aber auch sie trifft man im Forstwald tagsüber sehr selten an. Und falls es doch zu einer Begegnung kommt: Ziehen Sie sich langsam zurück, und machen Sie keinen Lärm.
Viele Frauen haben Angst vor fremden Männern, wenn sie allein im Wald unterwegs sind. Die Polizei rät davon ab, sich z. B. mit Pfefferspray zu bewaffnen, weil man dadurch eher sich selbst als einen möglichen Angreifer gefährdet.
Sie sollten im Hinterkopf behalten, dass im Spätsommer und Herbst viele Pilze- und Beerensammler auch abseits der Wege unterwegs sind. Wenn Sie eine gute Freundin oder einen besten Freund haben, die oder der auch an Naturritualen interessiert ist, können Sie sich vielleicht verabreden und zusammen unterwegs sein. Dabei geht es weniger um die tatsächliche Gefahr, die ich als gering einschätze, sondern eher darum, dass Sie das Naturritual ja auch genießen möchten, anstatt mit einem Angstgefühl ständig auf der Hut zu sein. Die Trillerpfeife, die ich bereits zuvor erwähnt habe, kann auch hier gute Dienste leisten, um Angreifer abzuschrecken und Hilfe zu rufen.
Kündigt die Wettervorhersage ein Gewitter an, verlegen Sie das Naturritual besser auf einen anderen Tag. Sollten Sie draußen von einem Unwetter überrascht werden, vermeiden Sie offene Flächen und versuchen Sie, nicht der höchste Punkt im Gelände zu sein. Sollte das Gewitter besonders heftig sein mit Blitzeinschlägen zu allen Seiten, kauern Sie sich möglichst in eine Mulde. Halten Sie sich im Wald nicht in der Nähe des höchsten Baumes auf.
Bei Starkwind sollten Sie Wälder meiden, da nicht nur Äste plötzlich abbrechen und herunterfallen können, sondern weil im Astwerk von Bäumen meist bereits Totholz hängt, das bei stärkerem Wind zu Boden fallen kann.
Festes Schuhwerk ist auch im heimischen Wald eine gute Idee. Denn in Turnschuhen können Sie schnell umknicken, weil der von Blättern bedeckte Waldboden nicht immer so eben ist, wie er scheint. Wenn Sie doch einmal umknicken, sollten Sie sich sofort auf den Heimweg machen, selbst wenn es nach dem ersten Schmerz nicht so schlimm zu sein scheint: Nach einer Bänderdehnung schwillt das Fußgelenk schnell an und schmerzt mit der Zeit immer mehr.
Ich rate grundsätzlich davon ab, steile Böschungen hinauf- oder hinabzuwandern, wenn man allein unterwegs ist.
Bei Naturritualen muss man wach und achtsam sein. Deshalb verzichten Sie bitte auf alles, was Ihre Wahrnehmung trüben könnte, also Alkohol und Drogen. Mir ist bewusst, dass in manchen schamanischen Ritualen (z. B. der Ayahuasca-Zeremonie im Amazonasgebiet) bewusstseinsverändernde Substanzen genommen werden. Für die in diesem Buch beschriebenen Rituale wären Alkohol und Drogen kontraproduktiv oder sogar gefährlich, wenn Sie z. B. leicht alkoholisiert stolpern und sich verletzen.
Wenn Sie sich in der freien Natur, insbesondere im Wald, bewegen, müssen Sie sich an die geltenden Wald- und Naturschutzgesetze halten.
Im Regelfall darf man einen Forstwald auch abseits von Wegen betreten und durchqueren. Aber: Wer im Wald unterwegs ist, hat sich so zu verhalten, dass die dortige Lebensgemeinschaft und die Bewirtschaftung des Waldes nicht gestört, der Wald nicht gefährdet, beschädigt oder verunreinigt sowie die Erholung anderer nicht beeinträchtigt wird. Das bedeutet u. a.:
kein Zelten oder Übernachten
kein Feuermachen oder Rauchen
keine organisierten Veranstaltungen ohne Genehmigung durch das Forstamt
kein Betreten von Waldbeständen, in denen Holz geerntet wird
kein Betreten gesperrter Waldflächen und Waldwege
kein Betreten von ganz jungen Baumbeständen und Aufforstungen
kein Betreten von forstbetrieblichen oder jagdbetrieblichen Einrichtungen
Wenn Sie regelmäßig im selben Naturgebiet unterwegs sind, kann es ratsam sein, Kontakt mit dem Waldbesitzer und/oder dem Forstamt aufzunehmen und zu fragen, ob eine bestimmte Aktivität in einem besonderen Bereich möglich ist. Bei den angedachten Ritualorten könnte es sich im Einzelfall auch um Waldbiotope, Schon- und Bannwälder, also spezielle und gesetzlich geschützte Waldgebiete, handeln, die Sie vor Ort nicht immer als solche erkennen. In Naturschutzgebieten gelten darüber hinaus strenges Wegegebot und Leinenzwang für Hunde.
Das klingt nach einer typisch deutschen langen Verbotsliste, ergibt jedoch Sinn und schränkt die Naturrituale in der Praxis weniger ein, als man denkt. Für die meisten Naturrituale brauchen Sie nicht mehr als einen ruhigen und geschützten Ort abseits der Wege.
Speziell auf Rituale bezogen gilt, dass Sie in der Regel einige Zeit am gleichen Ort verweilen. Wenn Sie sich dabei bewegen, z. B. tanzen, sollten Sie darauf achten, die Vegetation nicht zu stark zu belasten oder gar zu zerstören. Dazu gehört auch ein gewisses Feingefühl. Eine Wiese auf einer Waldlichtung kann sich schneller erholen als eine empfindliche Moos- und Flechtenvegetation im Hochgebirge. Requisiten für das Ritual sollten nur »entliehen« sein und danach an ihren Ursprungsort zurückgebracht werden. In keinem Fall sollten Sie die Natur schädigen, z. B. indem Sie Äste abbrechen.
Meine Philosophie, die ich auch den Teilnehmern meiner Seminare und Ausbildungen vermittle, ist ganz einfach: Verlassen Sie einen Ort so, dass niemand außer einem erfahrenen Fährtenleser hinterher sagen kann, dass Sie da waren. Nehmen Sie Ihren Müll wieder mit nach Hause, und verteilen Sie die Naturgegenstände, die Sie für Ihr Ritual gebraucht haben, anschließend wieder. Es ärgert mich, wenn ich in der Natur auf wilde Feuerstellen oder nicht abgebaute Tipis oder Laubhütten stoße, weil ich einen Raum betreten möchte, der so naturbelassen wie möglich ist.
Ein Ritual ist nach allgemeiner Definition eine nach einem festen Muster ablaufende, meist feierlich-festliche Handlung mit hohem Symbolgehalt. Ich würde sogar so weit gehen, ein Naturritual als einen »heiligen« Akt zu bezeichnen, in dem Wortsinn, dass es etwas Besonderes ist, das »heil«, also »ganz«, macht. Darüber hinaus kann ein Ritual einen starken Bezug zu den eigenen spirituellen Überzeugungen haben und auch auf dieser Ebene heilig bzw. sakral sein.
Der eigentliche Zweck, also, warum eine »feierlich-festliche Handlung mit hohem Symbolgehalt« begangen wird, taucht in dieser Definition nicht auf. Deshalb möchte ich meine eigene Erklärung hinzufügen: Rituale markieren den Übergang von etwas Altem zu etwas Neuem.
Das gilt natürlich auch für (Alltags-)Rituale ganz allgemein und nicht nur für Naturrituale. Die Hochzeit stellt ein solches großes, gesellschaftliches Ritual dar. Sie signalisiert: Jetzt wird eine neue Lebensphase betreten, heraus aus dem ungebundenen Leben eines Junggesellen oder einer Junggesellin und hinein in eine Partnerschaft, die ein ganzes Leben lang Bestand haben soll. Selbst Kaffee und die Zeitung am Morgen sind ein Ritual: Jetzt geht es heraus aus der Phase des Ausruhens bzw. der Morgenmuffeligkeit und hinein in den (Arbeits-)Tag. Rituale markieren Lebensübergänge, ganz gleich, ob es kleine und alltägliche oder große und einzigartige sind.
Rituale sind die Brücke zwischen unserem Bewusstsein und unserem Unterbewusstsein, und die Symbole, die wir dabei erhalten oder erschaffen, stellen eine Art Sprache zwischen den Bewusstseinsebenen dar.
Der Sinn von Ritualen ist, Übergänge im Leben bewusst als solche wahrzunehmen und durch den Symbolcharakter auch unserem Unterbewusstsein zu vermitteln: Etwas Altes ist beendet, etwas Neues hat begonnen.
Denken Sie an das Beispiel der Hochzeit: zeremonielle Gewänder, ein Priester (oder eine feierlich gestimmte Standesbeamtin), (Trau-)Zeugen, ein heiliger (oder zumindest festlicher) Ort und letztlich das Ritual selbst mit Treueschwur und Austausch der Ringe, dem Symbol für die Trauung. Wozu das Tamtam? Würden eine schriftliche Absichtserklärung und ein nettes Essen mit Verwandten und Freunden nicht reichen?
Ich behaupte, dass wir Rituale brauchen, um Veränderungen in unserem Leben, die uns häufig schwerfallen, ganz anzunehmen. Je größer die Veränderung, desto größer das Ritual. Ich denke auch, dass unsere moderne Gesellschaft daran krankt, dass wir viele Übergänge in unserem Leben nicht mehr mit Ritualen markieren, egal, ob das die fehlende Initiation von Jugendlichen zu Erwachsenen ist oder der Übergang vom Arbeitsleben in den Ruhestand. Bei vielen indigenen Kulturen ist der Übergang zum »Ältesten« geprägt von Wertschätzung, während er bei uns allzu häufig als stiller Eintritt in die Nutzlosigkeit empfunden wird. Dabei können wir von indigenen Kulturen lernen, ohne sie zu kopieren oder zu idealisieren.
Vielleicht erzeugt die Vorstellung von Ritualen als Brücke vom Bewusstsein zum Unterbewusstsein etwas Angst, da das »Unterbewusste« der Definition nach etwas ist, was wir nicht kennen und vor dem wir uns daher leicht fürchten können. Dass unser Unterbewusstsein einen wesentlichen Einfluss auf unsere Entscheidungen und somit auf unser Verhalten hat, zeigen auch neuere wissenschaftliche Studien. Bildlich kann man sich das Verhältnis von (Ober-)Bewusstsein zu Unterbewusstsein so vorstellen, als stünde man auf einem zugefrorenen Teich und schaute in das dunkle Wasser unter dem Eis. Etwas unheimlich. Aber genug gefürchtet! Mit Ritualen können wir unseren Willen und unsere Wünsche tief hinab in unser Innerstes tragen und auf diese Weise viel wirksamer machen. Dabei sind Rituale unglaublich vielfältig, sowohl in ihrem Nutzen als auch in ihrem Ablauf.
Im folgenden Beispiel möchte ich Ihnen zeigen, dass Rituale nicht nur wirkungsvoll, sondern auch spannend sein können: Angenommen, Sie wollen etwas loslassen: die Wut, die Sie auf einen anderen Menschen haben, z. B. auf den Partner, der Sie verlassen hat. Es geht Ihnen also darum, einen Schlussstrich unter diese vergangene Beziehung zu ziehen. Sie sind draußen im Wald und suchen nach einem Gegenstand, der das, was Sie loslassen wollen, symbolisiert. Jetzt gilt es, nicht das nächstbeste Objekt zu ergreifen (nach dem Motto »Ich nehme mal den Stock hier drüben«): Sie müssen etwas finden, in dem Sie Ihr Thema wiedererkennen. Und vielleicht gehört es dazu, dass die Suche und das Finden nicht einfach sind und Zeit brauchen.