2,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 1,99 €
Von der Freiheit, sich in Gefahr zu begeben – entdecken Sie Irene Rodrians Krimi-Klassiker „Friss, Vogel, oder stirb!“ jetzt als eBook bei dotbooks. Mit gepackten Koffern steht Helke am Bahnhof. Von ihrem alten Leben enttäuscht bricht sie mit allem und will noch einmal von vorn anfangen. Zu spät merkt sie, dass ihr ein Mitreisender Drogen untergejubelt hat. Auf einmal ist sie vor Rauschgiftfahndern auf der Flucht, die einem heißen Tipp gefolgt sind. In letzter Sekunde bringt sie ein attraktiver Unbekannter in Sicherheit. Doch vielleicht wäre das Gefängnis die gefahrlosere Alternative gewesen … Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Friss Vogel, oder stirb!“ von Irene Rodrian. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 244
Über dieses Buch:
Mit gepackten Koffern steht Helke am Bahnhof. Von ihrem alten Leben enttäuscht bricht sie mit allem und will noch einmal von vorn anfangen. Zu spät merkt sie, dass ihr ein Mitreisender Drogen untergejubelt hat. Auf einmal ist sie vor Rauschgiftfahndern auf der Flucht, die einem heißen Tipp gefolgt sind. In letzter Sekunde bringt sie ein attraktiver Unbekannter in Sicherheit. Doch vielleicht wäre das Gefängnis die gefahrlosere Alternative gewesen ...
Über die Autorin:
Irene Rodrian, 1937 in Berlin geboren, erhielt für ihren Roman Tod in St. Pauli 1967 den begehrten Edgar-Wallace-Preis. Seither hat sie sich mit zahlreichen Bestsellern in einer Gesamtauflage von mehreren Millionen und als Drehbuchautorin (Tatort, Ein Fall für Zwei) einen Namen gemacht. Irene Rodrian lebt heute in München.
Bei dotbooks erschienen bereits Irene Rodrians Barcelona-Krimis über das Ermittlerinnen-Team Llimona 5 (Meines Bruders Mörderin, Im Bann des Tigers, Eisiges Schweigen, Ein letztes Lächeln) sowie die Reihe Krimi-Klassiker, die folgende Bände umfasst:
„Tod in St. Pauli“
„Bis morgen, Mörder“
„Wer barfuß über Scherben geht“
„Finderlohn“
„Küsschen für den Totengräber“
„Die netten Mörder von Schwabing“
„Ein bisschen Föhn und du bist tot“
„Du lebst auf Zeit am Zuckerhut“
„Der Tod hat hitzefrei“
„… trägt Anstaltskleidung und ist bewaffnet“
„Das Mädchen mit dem Engelsgesicht“
„Vielliebchen“
„Handgreiflich“
„Schlagschatten“
„Über die Klippen“
„Bei geschlossenen Vorhängen“
„Strandgrab“
Die Autorin im Internet: www.irenerodrian.de und www.llimona5.com
***
Neuausgabe November 2014
Copyright © der Originalausgabe 1989 Rowohlt, Hamburg
Copyright © der Neuausgabe 2014 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Tanja Winkler
Titelbildabbildung: © Konstantin Yuganov – Fotolia.com
ISBN 978-3-95520-795-3
***
Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weiteren Lesestoff aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort Friss, Vogel, oder stirb! an: [email protected]
Gerne informieren wir Sie über unsere aktuellen Neuerscheinungen und attraktive Preisaktionen – melden Sie sich einfach für unseren Newsletter an: http://www.dotbooks.de/newsletter.html
Besuchen Sie uns im Internet:
www.dotbooks.de
www.facebook.com/dotbooks
www.twitter.com/dotbooks_verlag
http://gplus.to/dotbooks
http://instagram.com/dotbooks
Irene Rodrian
Friss, Vogel, oder stirb!
Kriminalroman
dotbooks.
Die Hauptpersonen
und ihre Darsteller
Die weibliche Hauptrolle: Helke Hahnold, 34
Der jugendliche Liebhaber: Marc Allermann, 19
Reporter: Andreas Schoen, 35
älterer Regisseur: Heiko Krest, 46
erfolgreicher Regisseur: Armin Pfentner, 39
Drehbuchautor: Lutz Lippert, 32
Produzent: Ralf Balonders, 67
Filmsternchen: Candida Griebel, 21
reiche Witwe: Hilda Pikurt, 17
junge Naive: Leilah Pikurt, 17
der gute Freund: Richard Pikurt, 19
außerdem
Ein Fernsehredakteur, eine Hausmeisterin, zwei Mütter, ein Zuhälter, Mitglieder einer Landkommune, drei Herren von der Mafia, ein spanischer Grande, diverse Polizisten, Partystatisten etc.
Schauplätze:
München, Zürich, Ibiza
Der Gedanke kam mir nicht zum erstenmal.
Auch die Waffe stand schon lange fest.
Dieses komische Ding aus poliertem Hartholz, das aussah wie eine Gymnastikkeule mit besonders dickem Kopf und spitzen Dornen dran, so eine Art zierlicher Morgenstern. Angeblich hatte er es von einem alten Indio bekommen, in Peru oder sonstwo da unten, wo er früher mal seine engagierten und auf allen Festivals ausgezeichneten Dokumentarfilme gedreht hatte.
Es hing rechts über dem Bett, ich mußte nur den Arm ein bißchen ausstrecken und es vom Nagel nehmen. Ich hatte es schon einmal in der Hand gehabt. Gleich zu Anfang, als wir uns gerade kennengelernt hatten. Als ich ihn noch bewunderte. Als mich seine Geschichten von den entrechteten Indios noch zum Heulen brachten.
Er wollte nicht, daß ich das Ding anfaßte. Er wurde richtig hysterisch und riß es mir fast aus der Hand, um es vorsichtig wieder zurückzuhängen. Vielleicht waren die Dornen vergiftet. Konnte gut sein. Curare oder so was. Aber auch so. Das Ding war so schwer, daß es mit nur ein bißchen Schwung leicht einen Schädel einschlagen konnte.
Vor allem seinen Schädel. Der kaum noch Haare zum Abfedern draufhatte. Ich strich ihm mit der rechten Hand über den Rücken und weiter hoch über die Speckfalten am Hals und den feuchten Haarkranz. Er stöhnte und bewegte sich heftiger. Er wog gut hundert Kilo, aber seine Hüftknochen standen spitz vor und drückten gemein. Sicher würde ich da blaue Flecken bekommen. Ich drehte mich etwas unter ihm weg und vergaß die Indianerkeule. Wieder und wieder.
»Vielleicht könntest du hier nachher ein bißchen saubermachen«, sagte er, als er zum Bad hinüberschlurfte und dabei über ein altes Handtuch stolperte. Sein altes Handtuch wohlgemerkt. Und seine Wohnung. Alles seins, ich inklusive.
Ich stand auf und zog mich an. Ich hatte keine Lust, nach ihm das verferkelte Bad zu benutzen. »Um wieviel Uhr ist die Vorführung?«, fragte ich durch die offene Tür. Er antwortete, aber das Rauschen der Dusche übertönte alles. Ich wiederholte meine Frage lauter.
»Ich geh allein hin«, brüllte er zurück, »besser, wenn du nicht dabei bist. Ich ruf dich nachher an.« Dampfwolken vernebelten den Blick auf seinen rosigen Alabasterleib. Ich ging und knallte die Wohnungstür hinter mir zu. Er grölte einen alten Beatle-Song, ich konnte ihn bis hinaus ins Treppenhaus hören. Wahrscheinlich hatte die Indianerkeule unten dran einen Stempel »Made in Taiwan«.
Natürlich hatte ich einen Strafzettel unter dem Scheibenwischer, und natürlich sprang der Motor nicht an. Nudel-nudel-nudel. Die Batterie war alt, und es hatte geregnet, und Montag war es auch noch. Ich hatte gute Lust, die alte Rostkarre einfach stehenzulassen und ein Taxi zu nehmen. Aber ich fühlte mich stinkig und verknautscht.
Unzumutbar für die normale frisch gewaschene Morgenmenschheit. Die Kühlerhaube klemmte und löste sich dann mit einem Ruck. K. O. nach Punkten. Einmal hatte mich ein Taxifahrer wiedererkannt. »Sind Sie nicht die Elsie?« So hieß die blöde Tussi, die ich da in einer Serie spielte. Ich wehrte entschieden ab. Der Kerl sah mich noch mal von der Seite her an, schüttelte den Kopf. »Nee, stimmt, die ist ja viel hübscher.« Soviel zu Takt und Höflichkeit beim öffentlichen Transportgewerbe. Ich sprühte dieses Zeug auf die Kontaktkabel und leistete so meinen Beitrag zum Ruin des Ozongürtels. Mir war ziemlich übel, als ich mich wieder hinter das Steuer quetschte und die Mühle anließ. Gurgel-gurgel-keuch. Endlich. Ich gab Vollgas und schoß aus meiner Parklücke raus. Um ein Haar direkt unter den Müllwagen.
Der Ring war ziemlich frei um die Tageszeit. Zu spät für die Frühaufsteher und zu früh für die Touristen. Ich hätte ja auch viel lieber in Schwabing gewohnt, aber da eine bezahlbare Wohnung zu finden, war mir in all den Jahren nicht geglückt. Er natürlich, Heiko Krest, der große Regisseur und Liebhaber, hockte schon seit den siebziger Jahren, als er seine große Zeit hatte, in einer absoluten Traumwohnung am alten Friedhof in der Adalbertstraße und füllte fünf Zimmer Altbau mit seinem Chaos. Mir unbegreiflich, wie jemand in so einem Schlammloch überleben kann.
Meine Bude hatte drei Zimmer sozial, fast schon in Moosach draußen. Aber nicht teuer und ganz witzig aufgeteilt. Parkplätze gab’s auch jede Menge. Ich stellte die Ente auf den Hinterhof neben die Mülltonnen und stieg in den dritten Stock rauf. Durchgetretenes Linoleum und piß gelbe Ölfarbe an den Wänden. Kinderwagen vor jeder zweiten Wohnung. Ich war oben, schloß auf und war drin. Daheim.
Breite Fensterwände, durch die ungehindert die Sonne hereinschien, ein Balkon über den Dächern der Reihenhäuser und Vorgärtchen, heller Teppichboden, Bücherregale bis unter die Decke und bunte Poster. Klare Farben, klare Linien, Platz. Das dritte Zimmer war eigentlich nur ein halbes und gehörte mit zur Küche. Ich liebte es besonders, es erinnerte mich an diese Single-Filme aus Hollywood, da haben die auch immer diese tollen Küchenbars. Ich ging ins Bad und stopfte meine Kleidung in den Wäschekorb, bevor ich mich unter die Dusche stellte. Kochendheiß.
Irgendwas stimmte nicht. Das war mir auch klar. Mit mir und meinem Leben. Ich verbrühte mich und empfand das als gerechte Strafe. Wieso hatte ich ihm nicht die Keule über den Schädel geknallt?! Ich wäre jetzt zwar im Knast, aber sicher würde ich mich nicht so beschissen fühlen. Wenn man denkt, daß ich anfangs tatsächlich bei ihm auch mal geputzt hatte. Ich durfte gar nicht dran denken. Wieso ging ich auch immer und immer wieder mit ihm rauf, verdammt noch mal. Aus dem aufregenden Revolutionär war längst ein übergewichtiger Serienmacher geworden. War’s das? Die übliche Kiste zwischen Regisseur und Schauspielerin? O nein, bitte das doch nicht! Schließlich hatte ich ihn ja mal wirklich gemocht. Ehrlich. Und irgendwie … nein. Schluß. Ein für allemal. Sollte er sich doch eine Putzfrau nehmen.
Ich überlegte lang, was ich anziehen sollte. Ich bin nicht die Art Frau, hinter der auf der Straße die Männer herpfeifen, war ich nie. Aber mit ein bißchen Make-up und den richtigen Klamotten kann ich allerhand vortäuschen. Den Pagenanzug mit Westchen aus blauem Samt? Oder lieber romantisch mit weitem Rock und Blümchenbluse? Dafür war es eindeutig zu kalt, aber es machte mich auch eindeutig jünger und weicher. Heute war Strategie angesagt. Heiko hatte irgend etwas vor, wenn er mich bei der Vorführung nicht dabeihaben wollte. Ich Tönte die Haare locker, betonte nur Augen und Mund und nahm für den Notfall eine Jacke über dem Arm mit.
Im Hof traf ich die Frau Schmiedinger, unsere Hausmeisterin. »Mei, schaun Sie heut wieder schön aus!«, begrüßte sie mich voller Bewunderung. »Habens heute Aufnahme?« Sie kannte sich inzwischen in den gängigen Termini bestens aus, und ich versorgte sie auch immer mit Neuigkeiten aus der Flimmerwelt. Ich war der Star in unserem Viertel. »Unsere« Schauspielerin, per du mit Derrick und Schimanski. Wenn ich irgendwo mitspielte, waren hier überall die Fernseher an. So aufgemuntert setzte ich mich ins Auto, und diesmal sprang der Motor sofort an.
Auf dem Weg nach Thalkirchen merkte ich, daß ich noch nicht gefrühstückt hatte. Also noch einen Abstecher über Schwabing ins Passagencafé. Ein kurzer Rundblick genügte, niemand hier, den ich kannte. Ich setzte mich an einen Ecktisch ganz hinten im Erker und bestellte mir einen doppelten Espresso und ein Croissant. Danach fühlte ich mich reif für einen Pikkolo mit Orangensaft. Etwas Zeit hatte ich noch.
Ich kannte Heiko Krest jetzt seit vier Jahren, und ich hatte fast in allen seinen Filmen mitgespielt. Keine großen Kinofilme: Fernsehspiele oder kleine Serien. Nichts Besonderes, und ich hatte auch noch nie eine richtig große Hauptrolle bekommen. Sie hatten mich so ziemlich auf einen bestimmten Typ festgelegt. Versorgte Graumaus. Oder ich hatte mich auch festlegen lassen. Ich sah unauffällig aus, schmal, mittelgroß. Als er mich zum erstenmal sah, war Heiko von meinen Augen fasziniert gewesen. Sagte er jedenfalls. Schaumschläger. Ich hatte schon ein paarmal überlegt, zum Theater zurückzugehen, hatte aber nie so richtig den Absprung geschafft. Und jetzt diese dicke, fette neue Serie. Sechzig Minuten, Abendprogramm, beste Sendezeit.
Es sollte so eine Art humorvolle Krimiserie um einen Zeitungsreporter werden. Das Lokalblatt in einer Kleinstadt, der Reporter immer auf der Jagd nach Sensationen, und ich war eine krimibegeisterte Buchhändlerin, die ihm dabei immer dazwischenfunkte. Eine richtige echte Hauptrolle. Also zumindestens die größte weibliche Rolle. Und eine Serie. Berühmt auf einen Schlag und auf Jahre hinaus keine Mietsorgen mehr. Andererseits legte man sich fest und hatte für nichts anderes mehr Raum. Ich zahlte und stand auf. Heute würde der Anruf aus Hollywood wohl nicht kommen.
Die BCD-Film gehört zu den Großen der Branche. Nicht zu den Allergrößten, aber schon zu den Top Ten. Ralf Balonders hatte in den fünfziger Jahren ein Vermögen mit Heimatschnulzen gemacht und hatte auch jetzt, mit über siebzig, die Nase noch immer ein Stückchen vor den anderen. Er residierte stilvoll in einer alten Villa an der Isar, die er modernisiert und durch Anbauten erweitert hatte. Ich parkte meine Ente zwischen einem BMW und einem Ranch Rover und sah mich nach Heikos Volvo um.
Er war schon da.
Ich blieb sitzen und wünschte mir, ich hätte nie mit dem Rauchen aufgehört. Ich war nicht nur etwas nervös. Ich hatte Angst. Regelrechte Panik: Heiko war noch nie ein zärtlicher Gentleman gewesen, Höflichkeit hielt er für reaktionär. Progressiv war, wenn ich das Essen zahlte und ihm noch meinen letzten Euroscheck ausstellte. Aber in der letzten Zeit hatte er die Sau total rausgelassen. Vor allem gestern abend. Oder die ganze Nacht über. O Gott, da wurden Mädchenträume wahr! Und dann heute morgen noch einen drauf. Vielleicht könntest du hier nachher ein bißchen saubermachen! Noch was, bitte? Und wieso wollte er mich heute nicht dabeihaben. Das war keine richtige Vorführung auf großer Leinwand, da trafen sich nur ein paar Leute beim Produzenten, um sich die Kassette von Heikos letztem Film anzusehen, in dem ich einen ziemlich wichtigen Part habe. So eine Art Psychokrimi.
Ich stieg aus und ging zum Haupthaus hinüber. Das Mädchen am Empfang kannte mich. »Die sind schon seit einer halben Stunde da.«
»Wer denn alles?«
»Heiko Krest natürlich, Dr. Merkel, Grünbek, Balonders selbst und Lutz Lippert.«
Ich lächelte verkrampft und rannte zurück auf den Flur. Riegelte mich im Klo ein und hockte mich hin. Du liebe Zeit, die ganzen Macker waren da. Balonders selbst, und Merkel vom Sender. Lutz Lippert war der Drehbuchautor, der war eigentlich ganz nett. Aber wes Brot ich eß, des Lied ich sing. Wenn ich jetzt eine Zigarette dabei gehabt hätte, wäre ich rückfällig geworden. Wieso schauten die sich den Film an, verdammt! Ich dachte, alles wäre längst paletti. Ich atmete tief durch und wollte eben wieder rausgehen, hatte schon die Hand auf der Klinke, da hörte ich sie. Türenklappen, Schritte, Stimmen, Lachen. Sie blieben in der Garderobe stehen, direkt vor meiner Klotür. Sie hatten den Film nicht mal zu Ende angesehen.
Merkel: »Großartiger Film. Kompliment.«
Heiko: »Danke.«
Merkel: »Aber diese … na diese Rolle in unserer neuen Serie, die sollten wir doch jünger besetzen, denke ich.«
Grünbek: »Ja, jetzt glaube ich auch, daß Sie recht haben.«
Lutz Lippert: »Ja, aber sie ist Buchhändlerin, da kann sie schlecht achtzehn sein. Sie ist mit Ende Zwanzig angelegt.«
Merkel: »Sie könnte ja Lehrling sein.«
Heiko: »Genau. Das ist eine frische Idee.«
Daher der Name Seifenoper. Ich hielt es nicht mehr aus und riß die Tür auf. Etwas zu spät leider. Grünbek und Heiko waren schon wieder im Büro verschwunden, nur noch Lutz und Merkel waren im Flur. Lutz sah verlegen weg, Merkel erkannte mich nach kurzem Stutzen und kam mit ausgestreckten Armen auf mich zu. »Meine Liebe! Wie schön, Sie zu sehen. Ich habe mir gerade Ihren letzten Film angesehen. Wirklich beeindruckend.« Er rannte an mir vorbei. Die ausgestreckten Arme vor sich hinhaltend wie Speere. Meine Liebe, er hatte sich eben eine Stunde Film mit mir reingefegt und mir mit einem knappen Satz die Karriere verhunzt, aber meinen Namen, den hatte er vergessen. Tja. Jünger. Ich war vierunddreißig! »Heh, Lutz!« er versuchte, sich auch schnell davonzumachen. Blieb zögernd stehen.
»Tut mir leid.«
»Aber du hast mir doch gesagt, die Rolle wär mir genau auf den Leib geschrieben. Genau mein Typ. Ende Zwanzig, Anfang Dreißig, bißchen intellektuell angehaucht …«
»Ja, schon«, er wand sich vor Verlegenheit, »aber jetzt haben die sich die Kassette angesehen …«
»In dem Film spiele ich doch eine total kaputte Henne. Ich meine, das ist doch die Rolle!«
»Mir mußt du das doch nicht sagen. Dieser Merkel hatte die Idee, daß die Figur mehr hergibt, wenn sie jünger und naiver ist .. .« Er brach ab und fummelte sich eine Zigarette zwischen die nikotingelben Finger. Seine Schuld war es nicht. Er hatte bisher nur Hörspiele geschrieben, zwei, drei kleine Features, das hier war sein erster großer Drehbuchauftrag. Ich wollte gerade was Verständnisvolles von mir geben, als hinter uns die Tür aufging.
Hereinkam ein androgynes Etwas mit abstehenden grünen Haaren und einem schwarzen Gummikleid um den magersüchtigen Body gespannt. Sie blinzelte kurzsichtig, erst gegen mich, dann gegen Lutz. Riß die Augen zu etwas auf, was wohl als Charme gelten sollte, und bleckte violette Wulstlippen zu einem Leichengrinsen. »Hallo«, Piepsestimmchen, »ich suche Heiko Krest. Ich bin hier mit ihm verabredet. Mein Name ist Candida Griebel.« Das sprach sie aus wie Marilyn Monroe. Mindestens. Kleine Pause.
Ich grinste und sah zu Lutz rüber. Dem troff der Geifer auf den Teppich. Viel fehlte nicht, und er hätte sie rübergetragen in die Anmeldung. Ich hörte auf zu grinsen. Ich verstand. Alles klar. Das war sie. Die neue Besetzung. Die junge, die frische. Die Verbindungstür zur Anmeldung fiel zu, ich war allein mit den Mänteln und der Klotür. Plötzlich hatte ich es eilig. Ich habe schließlich auch meinen Stolz, und hier erwischt zu werden wie die Zeitung vom letzten Jahr, das wäre nun wirklich das letzte gewesen. Ich lief zu meinem Auto. Als ich den Schlüssel ins Zündschloß schieben wollte, zitterte ich so, daß ich nicht traf. Ich schloß die Augen und überlegte, ob ich im Ernstfall fähig wäre, einen Mord zu begehen. Jemanden umzubringen. Einen anderen Menschen zu töten.
Ich wünschte, ich hätte die Frage wirklich mit einem klaren Nein beantworten können.
»Na, wie war’s. Heute schon so früh zurück?« Die Schmiedinger schleimte bis ins Treppenhaus hinter mir her. Ich knallte die Tür vor ihrer Nase zu und zog die Vorhänge vor. Kein Licht, keine Menschen. Ich hatte noch zwei Flaschen Weißwein und einen Roten, einen halben Liter Gin und ein noch verschlossenes Geschenkpaket aus rotem Samt mit spanischem Cognac. Das mußte genügen. Ich schaltete den Fernseher ein und machte die erste Flasche auf.
Aus. Ende. Es tat so gemein weh, daß nicht mal der Cognac half. Es lief eine Art Show für Kinder. Susi Martin spielte hölzern die Moderatorin und machte große Vorbilder nach. Die hatte die Prüfung an der Schauspielschule zu Recht nicht geschafft. Meine Güte, die konnte ja nicht mal locker dastehen. Sah aus wie ein angesottenes Suppenhuhn. Aber sie hatte einen Job als Showmaster, wenn auch noch im Nachmittagsprogramm. Aber von da sind schon manche höher gestiegen. Ich schenkte mir nach. Wenn ich nur an letzte Nacht dachte, wurde mir kotzübel. Da hatte er alles schon gewußt. Die hatten doch schon länger über die Neubesetzung gesprochen. Meine große Serienrolle. Mein Durchbruch. Und dieses quadrierte Stück Scheiße sagt keinen Ton. Bumst auf mir rum und hält die Schnauze. Und vermutlich hat er auch schon längst was mit dieser grünhaarigen Zaunlatte angeleiert. Der Cognac schmeckte süßlich, paßte nicht in das Klima und die düstere Sozialwohnung. Ich hatte noch knapp siebenhundert Mark auf dem Konto. Und so ein idiotisches Sparbuch mit etwas über zweitausend, an das ich aber nicht rankonnte. Wenn die Schmiedinger in der Hör zu las, daß ich die Rolle nicht bekam, würde sie sofort den Hausbesitzer anrufen.
Die furztrockene Dilettantenshow war zu Ende, es kamen Impressionen aus dem Voralpenland. Ich schaltete um. Der ältere Mensch und seine Gelenke. Ich bekam sofort Kreuzschmerzen und Stiche im Meniskus. Krankwerden wäre auch eine Lösung. Ich hatte eine gute Versicherung mit Extra Tagegeld. Nur daliegen und sich verwöhnen lassen. Ich könnte mir die Krampfadern veröden lassen. Dazu eine Aufbaudiät, um die Leber zu regenerieren. Oder ich besorgte mir ein psychologisches Gutachten für eine dringend notwendige Schönheitsoperation. Ein unappetitlich verschwollener Ellbogen wurde vorgezeigt. Ich schaltete schnell weiter. Prominente kochen für Sie. Irgendein Opernsänger, dessen Namen ich noch nie gehört hatte. Candida Griebel. Auch diesen Namen hatte ich noch nie gehört, und in der Szene kannte ich mich immerhin aus.
Candida! meine Güte, das klang ja wie Bonbon. Aber Griebel war echt, so was dachte sich kein Schwein aus. Bonbon Griebenschmalz. Kotz. Wenn Heiko sich auf die drauflegte, dann war sie noch platter, als eh schon von der Natur vorgesehen. Und Heiko liebte die Missionarsstellung. Statt Joggen vermutlich, als Ausgleichsport. Gott, wie dieser Sänger da in der Studioküche rumtänzelte, nur um einen ganz profanen Nudelauflauf aus dem Ofen zu holen. Und wie er jetzt rumgockelte und von seinem aufregenden Leben berichtete, ja die Frauen. So sah der gerade aus, haha. Heiko allerdings auch nicht. Scheiße. Ich goß mein Glas voll. Gut ein Drittel der Flasche hatte ich schon geschafft. Aber die erflehte Ohnmacht war noch fern. Pest und Cholera über ihn!
Aids. Das wäre natürlich eine hübsche Variante. Ich könnte zu Bonbon Griebenschmalz gehen und ihr gestehen. Ich hab’s, aber sag’s keinem weiter. Dann war Heiko außen vor. Ich bekam einen Lachanfall und spuckte den Cognac auf den hellen Teppichboden. Hustete, erstickte fast. Und wenn sie es selber hatte. Mager wie sie war. Und Heiko? Mit wem hatte der alles inzwischen rumgemacht? Ganz am Anfang, als die ersten Meldungen durch die Presse gingen, da hatte er auch Kondome genommen, aber das war ihm alles zu mühsam. Er hielt sich sowieso für über den Dingen stehend. Und ich. Meine Güte, wieso hatte ich mich denn immer so verdammt sicher gefühlt. Nur weil ich nicht mehr so wild rotierte wie noch vor ein paar Jahren? Gott, nein, ich begann zu heulen und verschüttete den restlichen Cognac.
Rrrrr. Rrrrr. Wie eine Säge direkt unter der Kopfhaut. Ich versuchte den Kopfunter die Decke zu schieben. Aber da war keine Decke. Scharfer Cognacgestank. Rrrrr. Ich wälzte mich herum und knallte vom Sofa herunter. Nässe. Rrrrr. Mir war übel, ich fror, mein Rücken tat weh. Gelähmt! Ich rollte über den Boden zu dem Telefontischchen und riß es um. Der Hörer fiel ab wie eine reife Frucht. »Hallo?« Dünnes, fernes Stimmchen. »Hallo, bist du da? Helke?« Meine Mutter. Auch das noch. Ich nahm den Hörer vorsichtig in die Hand und räusperte mich.
»Hallo, Mutti.«
»Helkchen, bist du’s? Du klingst so komisch!«
»Ich habe nur ein bißchen geschlafen. Du hast mich geweckt!«
»Warum schläfst du jetzt schon!? Es ist noch nicht mal halb neun!«
»Wir haben Nachtdreh.«
»Was hast du? Bauchweh? Was sagt der Arzt?«
»Ich brauch keinen Arzt. WIR DREHEN NACHTS!«
»Das ist doch alles verrückt. Sag mal, hast du was getrunken? Du klingst so!«
»Mutti! Ich habe viel zu tun. Ich bin todmüde! Weswegen rufst du an?«
»Es ist diese Stadt. München! Du hättest nie dahinziehen dürfen. Erst gestern stand es wieder in der Zeitung. Fernsehstar mit Kokain …«
»MUTTI!!!«
»Warum kommst du nicht zurück. Hier beim Stadttheater geben Sie jetzt den Sommernachtstraum. So ein reizendes Stück!«
»Mutti, ich …«
»Aber dir ist das natürlich nicht genug! Du bist wie dein Vater …«
Jetzt konnte ich den Hörer locker auf dem Finger halten, jetzt ging das Stunden so weiter. Nur ab und zu, wenn sie besonders hoch aufkreischte, mußte ich mit jajaja, du hast ja recht zustimmen. Mein Vater. Vermutlich dachte sie, ich würde sofort in Tränen ausbrechen, wenn sie seinen Namen nannte und zu ihr zurückgerannt kommen. Jeden Abend derselbe Terror. Was sie allein für diese Ferngespräche zwischen Tübingen und München in die marode Bundespost hineinpumpte, hätte einer jungen arbeitslosen Schauspielerin die Sorgen um die monatliche Miete abgenommen. Kein Wunder, daß er sich weigerte, ihr noch mehr Alimente hinzubluten.
Carlchen. Ich bekam plötzlich Sehnsucht nach meinem Erzeuger. Karl Friedrich hatten sie ihn damals genannt, er schrieb sich schon in der Schule ganz mondän mit C. In seiner Jugend war er mal sehr erfolgreich gewesen, er hatte sogar in ein paar UFA-Filmen mitgespielt. Heute war er der elegante Beau in den Werbespots. Ich kramte in meinem ballonfetten Notizbuch nach dem Zettel mit seiner letzten Adresse. Er zog dauernd um. Da. Hamburg. Aus der Nummer ließ sich nicht erkennen, ob es ein Hotel oder eine Privatadresse war. Ich wühlte und ließ es ein Dutzendmal läuten. Nichts.
Natürlich. Der hing nicht einsam und kaputt zu Hause vor dem Fernseher rum. Der war dinieren. Mit seiner neuen Freundin. Die letzte war jünger als ich gewesen. Ich hatte die beiden zusammen erlebt. Sie war echt verknallt in den Alten. Echt und volle Pulle. Mein Gott! Ich warf den Hörer auf die Gabel. Stand auf und sah mich um. Es stank.
Ich riß die Fenster auf. Draußen war es saukalt, das half. Ich putzte den Cognac weg und versprühte Chanel. Irgend jemand hatte den Fernseher ausgemacht. Ich nicht. Vermutlich war er hin. Panik. Ich knipste ihn an. Testbild. Alles okay. Ich hatte ihn selber ausgemacht. Er ging noch. Ich holte mir ein kaltes Selters und legte die Kassette mit meinem letzten Film ein.
Noch nicht mal neun. Ich fühlte mich ganz gut. Angesoffen und angetörnt. Aber nicht total schlapp. Klar im Kopf. Der Anfang von dem Film zog und zog sich. Stilmittel nannte Heiko das und verwies auf Hitchcock. Der friedliche Anfang, der Böses ahnen und fürchten läßt. Krasse Langeweile, nichts sonst. Hitchcock! Der hätte Heiko nicht mal die Spur seiner Socken küssen lassen. Ich schaltete auf Vorlauf und stoppte das Band im letzten Drittel. Ja, genau, die Szene, in der die Frau des Fabrikanten merkt, daß ihr eigener Sohn der Mörder ist. Das ist mein Auftritt. Bis dahin wurde von mir immer nur im Dialog geredet. Das war schon gut vorbereitet. Ich beugte mich etwas vor.
Ich war gut. Ich konnte ja schließlich nicht mehr machen, als von der Regie vorgeschrieben. Ich stand halt am Swimmingpool. Ich sah auch gut aus, verdammt. Wie Anfang Zwanzig. Höchstens! Diese Vollidioten. Natürlich war ich die Böse. Das war die Rolle. Ich stand da rum und war an allem schuld. Weil ich den Fabrikantensohn da reingetrieben hatte. Und dann kam eine ganz tolle Szene. Seine Mutter schreit mich an. Sie kreischt und schrillt rum, und ich stehe nur da. Und sehe sie an. Schweigend. Mein Gesicht. NAH. Meine Augen. Das war stark. Aber die hatten vorher ausgeschaltet.
Das Telefon läutete und läutete. Meine Mutter hatte inzwischen wohl doch gemerkt, daß keiner mehr antwortete. Wenn ich dachte, daß sie sogar noch sieben Jahre jünger war als er. Noch keine sechzig. Und aussah wie zehn Jahre älter. Matrone. Mutter. Ganz allein in Tübingen. Lebte sie vom Vermieten der freien zwei Zimmer an Studenten. Die und ihr Wellensittich. Ich rannte zum Telefon und sagte:
»Hallo! Ich versuche die ganze Zeit, dich anzurufen, aber da war dauernd besetzt!«
»Wieso? Heißt das, du kommst nicht?«
Nicht die Mutter. Helle Stimme, grübel-grübel, Scheiße, du kommst nicht, wer … aah, die Ehrenbergs. Ich ließ mein silberhelles Lachen los. »Ach, Inge. Ich dachte, es wär meine Mutter, entschuldige. Sie hat Probleme und ruft dauernd an. Du weißt ja, wie das ist.«
»Alles klar. Also, du kommst!?«
Ich hatte das total vergessen. Inge und Gert Ehrenberg. Architektenpaar. Lieb und nett und dynamisch. Total prominentengeil. Die hatten heute abend eine Party. Housewarming für das neu ausgebaute Dach. In Laim auch noch. Ich hatte nie vorgehabt, dorthin zu gehen. Andererseits waren sie auch Filmausstatter und kannten Gott und die Welt. Ich schniefte leise durch die Nase. Wenn man das raushat, kommt das beim anderen als Seufzer an.
»Weißt du, ich bin eigentlich total fertig. Wir hatten die ganze Woche Dreh und dann die Vorbereitungen …«
»Nein, Helke, versprochen ist versprochen. Du kommst. Mit oder ohne.«
»Wie mit oder ohne? Topless?«
Glockenreines Lachen war der Lohn. »Nein, ich meine doch mit oder ohne Heiko.«
»Hast du mich eingeladen oder das Paar!?« Ich war sauer. Ausgerechnet Inge, die immer so feministisch tönte. Sie entschuldigte sich auch sofort.
»Nein, sorry, ich frag nur wegen dem Auto. Wenn du mit dem Auto kommst, dann könntest du jemand mitnehmen. Das wäre unheimlich lieb.«
Mitnehmen. Jemand, der hier draußen wohnte und sich nicht mal ein Taxi leisten konnte! »Ich wollte eigentlich nicht selber fahren«, meinte ich lahm. Ein Taxi von hier nach Laim kostete hin und zurück fast eine Tagesgage. Inge lachte.
»Ach, komm, hab dich nicht so. Wenn ich dir sage, wen du da abholen sollst. Der niedlichste Typ nördlich des Siegestors. Einsfünfundachtzig groß, athletisch gebaut, so ein bißchen Agassi-Typ, aber alles andere als katholisch.« Sie machte eine erwartungsvolle Pause. Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Wollte sie mich verkuppeln? Offiziell war ich doch noch mit Heiko zusammen. Oder hatte der schon Bild und Abendschau verständigt? Ich gähnte erst mal ausgiebig.
»Schauspielschüler oder wie?«
»Schriftsteller!« Ihre Stimme bekam richtig einen Tremolo vor Wonne. »Echt süß, ehrlich! Er schreibt Krimis!«
»Und für wen? Für seine Mama?«
»Nein!« schrill. »Für Rowohlt!«
»Und kann sich nicht mal einen 2 CV leisten? Ach.«
»O gott, meine Suppe! Schnell, schreib dir die Adresse auf! Gott, die ersten kommen ja gleich!« Sie leierte mir die Adresse runter und legte auf. Das mit der Suppe war natürlich ein Vorwand. Bei Ehrenbergs gab’s höchstens kurz vor Morgengrauen Suppe. Nein, da war schon feinste Ware geboten, und die stand schon seit Stunden fertig auf der Matte. Aber natürlich galt es als äußerst unfein, vor zehn Uhr abends einzuladen.
Das hieß also, dieser süße Krimiautor stand auf Inges privater Liste. Er wohnte fast in Milbertshofen, also vermutlich ein ganz, ganz junges Talent. Ich zog die Schranktüren auf. Genau. Das war’s. Hinaus ins feindliche Leben. Oder, wie man zu den Pferden sagt, die einmal gescheut haben: The show must go on. Ich entschied mich für femme fatale. Schwarz und Samt und hinten bis zum Arsch offen. Blutroter Seidenschal und entsprechendes Make-up.
Solche Leute wie die Ehrenbergs, die haben schon ihre Funktion. Sie locken Prominente mit ihren raffinierten Buffets und erlesenen Weinen an, helfen auch schon mal hier und da mit einem Tip oder einem Scheck aus und bekommen auf die Art auch was vom güldenen Glanz der großen weiten Welt ab. Moderne Mäzene sozusagen. Ich hatte verdammte Mühe, mit dem engen Schlauch in meine beknackte Ente zu steigen.
Aber das war noch nicht das Ende meiner Odyssee. Ich fand den Faltplan nicht, die Gegend war stockfinster, weil irgend etwas ausgefallen war, und ich mußte dreimal den Petuelring rauf und runter fahren, bis ich die Abzweigung fand. Ein Wohnbunker. In den Fenstern blaues Fernsehlicht. Ich konnte die Hausnummern nicht erkennen. Ich überlegte, ob ich mich quer zur Straße stellen sollte, Scheinwerfer aufgeblendet oder gleich wieder umdrehen. Jemand riß die rechte Tür auf. Ich schrie.
»Entschuldigung …«
»Ich hab selber nix. Bin arbeitslos!«