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Freya und Sophie sind allerbeste Kusinen. Sie haben sogar eine Kusinensprache, die sonst kein Mensch auf der Welt versteht. Sophies großer Bruder Johannes kann einpacken, der spricht nämlich nur Latein. Kein Wunder, dass er alles dransetzt, das Kunforak – ihr hochgeheimes Wörterbuch – in die Hände zu bekommen. Leider wohnen Sophie und Johannes nicht in der gleichen Stadt wie Freya, die beiden Kusinen sehen sich also nur in den Ferien. Damit die Zeit dazwischen nicht so lang wird, schreiben sie sich Briefe, in denen sie planen, wie sie fernen Ländern und echten Abenteuern ein Stück näherkommen - ihr unbedingtes Ziel! Und auch wenn bei ihren Treffen manchmal alles ganz anders läuft, als gedacht, was sie erleben muss dokumentiert und für die Nachwelt aufgehoben werden! Denn das kann sich keiner Ausdenken, das ist allerbester Kusinenkram.
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Seitenzahl: 140
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© 2024 Tulipan Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.
Text: Nikola Huppertz, vermittelt durch die
Literarische Agentur Barbara Küper
Bilder: Marie Geissler
Vermittelt durch die Agentur Brauer
ISBN 978-3-641-32936-5V001
www.tulipan-verlag.de
Inhalt
Kusinenbriefe
Die Sache mit dem Pfingstwunder
Mehr Kusinenbriefe
Der Raub der Heiden
Noch mehr Kusinenbriefe
Spaß und Streiche und Kazoom
Und noch weitere Kusinenbriefe
Parole Nante Nint!
Kunforak - Wörterbuch
Kusinenbriefe
Liebe Sofie!
Eben wär ich fast geplatzt. Mindestens in 1000 Fetzen! Weil ich mich schon so schrecklich auf Dänemark freue. Ich weiß gar nicht, wie ich es aushalten soll, bis Pfingsten ist und wir endlich losfahren. In ein echtes anderes Land! Ans echte Meer! Ihr und wir zusammen!
Du musst mir ganz oft schreiben, sonst platze ich WIRKLICH. Und das wird für dich dann kein sehr lustiges Pfingstcampen. Du hättest nur Johannes mit im Zelt und müsstest dir den ganzen Tag sein Gerede anhören. Und mit wem du Abenteuer erleben könntest, wüsstest du auch nicht. Nach Schiffswracks suchen, gegen Meerungeheuer kämpfen und all solche Sachen, die zu Hause nicht gehen.
Also schreib mir lieber!!!
Viele Grüße aus Mönchengladbach.
Deine Freya
PS: Noch 24 Tage!
PPS: Hätten wir eigene Handys, ginge es schneller mit dem Schreiben. Ich hab Mama gefragt, ob ich ihres mitbenutzen darf und du das von Tante Diana, aber das hat sie nicht erlaubt.
Liebe Freya,
bitte nicht platzen, hier kommt schon ein Brief. Auf meinem schönsten Briefpapier! Ein Handy kriege ich erst nächstes Jahr, zum 10. Geburtstag, genau wie Johannes damals. Aber ich muss es dann bestimmt auch die meiste Zeit abgeben, Papa sagt nämlich, Handys sind schlecht für die Bildung und wir sollen froh und dankbar sein, dass wir da so viele Möglichkeiten haben. Dafür hätten Mama und er sich früher auf den Kopf gestellt.
Ich freu mich auch schon so auf Dänemark! Wusstest du, dass man auf dem Campingplatz Minigolf spielen kann? Es soll auch eine Kaninchenburg geben. Ich weiß aber nicht, ob man die Kaninchen streicheln darf oder nur angucken. (Mama weiß es auch nicht.) Johannes will Krabben fangen, dafür gibt es eine Art Becken. Aber ich mach das nicht. Und esse auch keine, wenn er damit ankommt. Ich finde Krabben nämlich eklig.
Noch 22 Tage!
Viele Grüße aus Mülheim.
Deine Sofie
Liebe Sofie!
Wir schmeißen Johannes’ Krabben einfach zurück ins Wasser. Die eine lenkt ihn ab, die andere klaut ihm den Eimer. Oder wir schubsen ihn selbst ins Becken. Dann fressen die Krabben IHN. Erst das J, dann das O, dann das H usw. Aber er schmeckt ihnen nicht und sie spucken ihn wieder aus, ein Stück nach dem anderen. Und wenn wir ihn wieder zusammensetzen, wird er zu Sennahoj. Sennahoj ist zwei Jahre jünger als du, nicht zwei Jahre älter. Er ist auch nicht so ein Besserwisser wie Johannes, sondern weiß überhaupt nichts. Bei Sennahoj ist alles umgekehrt.
Deine Freya
PS: Gehst du auf dem Campingplatz mit mir zum Klo, wenn ich nachts mal muss? Dann geh ich auch mit dir. Und wir können eine geheime Nachtwanderung am Strand machen. Vielleicht treffen wir unterwegs verlorene Seelen. Ertrunkene Seeleute spuken nämlich immer um Mitternacht.
PPS: Ich war eben bei Oppa oben und soll dir viele Grüße von ihm ausrichten! Er hat mir erzählt, wie ER mal um Schlag zwölf einen Toten gesehen hat. Der war ein Rheinschiffer.
PPPS:Noch 18 Tage. Noch 17 Tage. (Ich konnte den Brief gestern nicht mehr abschicken. Wir hatten keine Briefmarken mehr, Mama musste erst neue kaufen. Jetzt liegen wieder ganze Stapel davon in ihrer Firma, also unten, im Keller. So viele T-Shirts kann sie gar nicht verschicken, um die alle zu verbrauchen. Und Rechnungen erst recht nicht. Da kommen eh nicht so viele zusammen. Also müssen wir uns weiterschreiben!)
PPPPS: Ich kriege auch erst zu meinem 10. Geburtstag ein Handy. Noch 1 Jahr und 2 Monate! Und noch mehrere Tage! Dann hast du deins schon ein VIERTELJAHR!
Liebe Freya,
ich bin froh, dass ich Sofie heiße, nicht Eifos. Sofie heißt »Weisheit«, aber eine Eifos ist höchstens eifosüchtig (eifersüchtig), nicht weise. Bei der wäre auch alles umgekehrt. Und Johannes möchte ich lieber als Bruder behalten, statt einen Sennahoj zu kriegen. Klar ist er manchmal besserwisserisch, also Johannes, aber meistens nur, wenn du dabei bist. Sonst ist er ziemlich nett. Heute hat er mir geholfen, mein Zimmer aufzuräumen, weil ich sonst richtig Ärger mit Papa bekommen hätte. Das hätte Sennahoj bestimmt nicht gemacht. Wie wärst du als Ayerf?
Abgemacht, wir gehen nachts immer zusammen aufs Klo. Dafür müssen wir Taschenlampen einstecken. Nach verlorenen Seelen suche ich aber nicht! Ich hab Kaninchenfutter von meinem Taschengeld gekauft. Besorgst du auch was? Viele Grüße zurück an Oppa, wenn du das nächste Mal zu ihm hochgehst, und an Tante Valerie!
Noch 15 Tage.
Deine Sofie
Liebe Sofie!
Als Ayerf wär ich eingesperrt. Weil eine Freya frei ist. Darum hat Mama mich so genannt. Hat sie mir eben erzählt, als ich sie gefragt hab. Was sie mir noch erzählt hat, sag ich nicht. (PEINLICH!)
Kriegst du echt Ärger, wenn du dein Zimmer nicht aufräumst? Ich nie. Ich kriege nur welchen, wenn Mama schlechte Laune hat. Dann ist es wurscht, ob ich aufräume oder nicht, sie regt sich an solchen Tagen über alles auf. Jetzt hat sie aber supergute Laune (wegen dem Peinlichen), also kann ich machen, was ich will. Allerdings KANN man in Mönchengladbach nichts machen, weil hier bloß der Niederrhein ist und nicht Dänemark und das Meer. Genau genommen ist hier ja nicht mal der Niederrhein, es heißt bei uns nur so, und wenn man zum Fluss will, muss man ewig Auto fahren. Also doppelt öde.
Statt Kaninchenfutter kauf ich lieber Süßigkeiten und anderen Proviant. Also für uns, nicht für die Kaninchen. Oppa geb ich auch was ab, bevor wir losfahren. Der muss schließlich ganz allein zu Hause bleiben mit seinen alten Knochen, und ohne mich und Mama ist es hier bestimmt noch viel langweiliger als sonst. (Das mit den alten Knochen hat er selbst gesagt, als wir heute bei ihm oben waren. Und dass er die um nichts in der Welt in ein ungemütliches Zelt legen will. Mama hat es mitbekommen und nachgefragt, ob er seine Tabletten genommen hat, aber da hat er gerade schlecht gehört und nichts verstanden. Erst später, als sie schon wieder runtergegangen und ich allein bei ihm war, waren seine Ohren wieder gut. Da hat er mir erzählt, dass er früher sogar auf einer NAGELMATTE liegen konnte, so gute Knochen hatte er.)
Deine FREYa!
PS: Noch 13 Tage.
PPS: Ich verrate dir das Peinliche vielleicht doch. Es ist aber wirklich sehr peinlich.
PPPS: Ich finde Zelte gemütlich!
PPPPS: Johannes muss sich eigene Süßigkeiten kaufen. Wie viel Taschengeld bekommt der eigentlich? Und wie viel du? Ich kriege 8 Euro im Monat. Demnächst, wenn ich 9 werde, 9.
Liebe Freya,
Johannes bekommt 20 Euro im Monat. Ich bekomme 3 Euro die Woche. Was hat deine Mutter denn Peinliches erzählt, von dem sie so gute Laune bekommen hat? Mama freut sich schon auf sie. Papa, glaube ich, nicht so. Wenn Mama und Tante Valerie zusammen sind, weiß er nie, was er machen soll. Weil die sich jedes Mal ihre alten Schwesterngeschichten erzählen und von morgens bis abends rumsitzen und sich unterhalten. Er findet sowieso, man könnte die Zeit viel besser nutzen als mit Strand und Camping und Liegestuhl. Zum Beispiel könnte man Städte besichtigen und in Museen gehen. In Dänemark gibt es aber nur ein kleines Heimatmuseum, also, in unserem Ort. Das hat man schnell durch, glaub ich.
Die nächste Stadt ist ziemlich weit weg. Da muss Papa gucken, was er den ganzen Tag macht. Warum nimmt Oppa denn nicht seine Tabletten? Und ist der gar nicht schwerhörig?
Im Ruhrgebiet kann man genauso wenig machen wie am Niederrhein. Obwohl hier die Ruhr ist. Gut, dass wir bald wegfahren!
Noch 11 Tage.
Deine Sofie
Liebe Sofie!
Warum bekommst du viel mehr Taschengeld als ich? Du bist nur EIN Jahr älter und ab August sind wir sogar wieder GLEICH alt! Mama sagt, ich soll mich bei Tante Diana und Onkel Frank beschweren, nicht bei ihr. Weil, dir würde sie auch nur 9 Euro geben, solange du 9 bist, nicht 12 Euro oder sogar noch mehr. Und ich beschwere mich, das kannst du mir glauben!
Die andere Sache mit Mama: Sie ist neuerdings verliebt, in einen, der ein Pixelhuhn-T-Shirt bei ihr bestellt hat. Erst fand ich DAS peinlich, also nicht das Huhn, sondern das Verliebtsein. Jetzt nicht mehr, weil Miro richtig nett ist. Doof ist bloß, dass Mama nur MANCHMAL in ihn verliebt ist. An dem einen Tag ist er ihr Freund, am anderen nicht. Gestern kam er vorbei und sie wollte nichts von ihm wissen. Und heute hat sie ihn angerufen und gefragt, ob er Zeit hat. Ein Manchmalfreund, DAS ist peinlich!
Oppa nimmt immer seine Tabletten. Er mag nur nicht, wenn jemand nachfragt, als wär er ein bisschen blöde im Kopf. Und schwerhörig ist er manchmal ja, manchmal nein. So ähnlich, wie Mama verliebt ist.
Deine Freya
PS: Noch 9 Tage!
PPS: Keine Angst, ich beschwer mich taschengeldmäßig nicht wirklich. Obwohl das eigentlich wichtig wäre, wegen der Gerechtigkeit. Aber nachher kriegst du auch weniger, dann haben wir gar nichts davon. Bestimmt brauchen wir dein Geld noch bei unseren Abenteuern.
Liebe Freya,
uh, das fände ich auch peinlich, wenn Mama verliebt wäre, ganz egal, ob Freund oder Manchmalfreund. Eine Mutter ist ja eine Mutter. Verlieben passt da nicht richtig, höchstens, wenn es der Vater ist, also ihr Mann. Aber das geht ja auch nicht, das war früher, und jetzt sind sie fertig mit dem Verliebtsein und stattdessen Eltern. Bist du manchmal traurig, weil dein Papa woanders wohnt? Und küsst Tante Valerie diesen Miro?
Oppa ist schon komisch. Ganz schön bockig. Johannes sagt, typisch alte Leute.
In Dänemark soll übrigens schlechtes Wetter werden. Richtig schlechtes, mit Gewitter und Sturm und allem.
Gut, dass du dich nicht wegen dem Taschengeld beschwerst. Papa würde sich nur aufregen, das würde nichts bringen. Ich kann ja manchmal mehr bezahlen als du, dann ist es wieder gerecht. Hab ich ja sowieso schon, für das Kaninchenfutter.
Aber älter als du bin ich trotzdem. Immer 3 Monate und 4 Tage. Man kann nicht manchmal gleich alt sein und manchmal nicht. Genauso wenig wie man mal schwerhörig sein kann und mal nicht.
Noch 8 Tage.
Deine Sofie
Liebe Sofie!
Oppa ist überhaupt nicht typisch alte Leute, sondern eben Oppa, das kannst du Johannes ruhig sagen! Ich weiß das, schließlich bin ich sozusagen die Hauptenkelin und gehe ihn jeden Tag oben in seiner Wohnung besuchen. Dann erzählt er mir von früher und ich ihm von später, also von allem, was ich machen will, wenn ich groß bin. Darum bin ich auch nicht traurig wegen meinem Papa. Ist ja wurscht, ob ein Op oder ein Pa vorne steht.
Für Mama bin ich sowieso das Hauptkind. Und das bleib ich auch, wenn sie verliebte Tage hat. Wie gestern. Da war Miro bei uns und Mama hat ihn geküsst. Aber später hat sie mit MIR gekuschelt. Und dann haben wir noch ferngesehen, Nachrichten und so was. Es stürmt und regnet wirklich in Dänemark. Das haben die sogar bei uns im Fernsehen gezeigt. Die Kinder müssen nicht in die Schule, sondern haben unwetterfrei. UNWETTERFREI! Hier ist es wieder mal langweilig. Frau Kersten hat uns ein Diktat schreiben lassen. Ich mag lieber Reizwortgeschichten. Eine war mal mit Nacht und Keller und unheimlich und allein. Da hab ich was über Mamas Firma geschrieben und dass ich ganz allein mitten in der Nacht ein gruseliges T-Shirt gedruckt hätte. Schwarz mit weißem Knochengerüst. In XXL. Und damit wäre ich rumgespukt und alle wären vor Schreck tot umgefallen.
Deine Freya
PS: Noch 6 Tage!
PPS: Es regnet und stürmt wirklich SCHLIMM in Dänemark. Aber ich find das cool.
PPPS: Hoffentlich ist die Kaninchenburg dicht. Den Krabben macht der Regen wahrscheinlich nicht so viel aus.
Liebe Freya,
hast du es schon gehört? Der Campingplatz ist überschwemmt! Die Feuerwehr war da und hat an manchen Stellen Wasser abgepumpt, aber an anderen geht das nicht. Papa hat gesagt, dass noch nicht klar ist, ob wir fahren können. Es hängt davon ab, ob das restliche Wasser rechtzeitig versickert. Hoffentlich, hoffentlich, hoffentlich! Aber es sind nur noch 5 Tage und morgen soll es wieder regnen. Da müsste schon fast ein Wunder passieren.
Deine Sofie
Schittischittischittischeiße! Mama hat auch gesagt, wir fahren nur, wenn alles sicher ist. Ich will ans Meer und in die weite Welt und Abenteuer erleben!
Das darf wirklich nicht wahr sein!
Nur noch 4 Tage!
Nur noch 3 Tage!
Nur noch 2 Tage!
O nein!
O nein!
Die Sache mit dem Pfingstwunder
An ein Wunder hatten wir dieses Jahr echt nicht geglaubt, nachdem Dänemark ins Wasser gefallen war. Dänemark, das ferne Land, auf das Sofie und ich uns so gefreut hatten und wo wir endlich mal was Richtiges erleben wollten. Abenteuer und andere unglaubliche Dinge, von denen man später seinen Kindern und Kindeskindern erzählt und die man nur findet, wenn man in die weite Welt geht oder auf hohe See.
Mit was für einem Wunder kann man schon in Mönchengladbach rechnen?
Aber dann ist eins geschehen, ein Körsta, ausgerechnet in unserer Straße, die bloß eine kleine Sackgasse ist und überhaupt nichts Besonderes. Darum schreiben wir es auch auf, Sofie und ich. Das heißt, schreiben tue ICH, Freya, das kann ich gut (lebendig und mit wörtlicher Rede, wie Frau Kersten immer sagt), aber Sofie sitzt daneben und überlegt mit. Sie achtet auch auf die Rechtschreibung, denn die kann SIE, und malt Bilder dazu, weil sie eine große Künstlerin ist.
Es wird eine Art Vorwort für unser Kunforak. Sozusagen das Vor-Kunfo. Oder noch besser: Neben-Kunfo, weil wir einen eigenen Notizblock dafür verwenden, der genauso dick ist wie das Kunforakselbst.
Und wenn Johannes wieder ankommt und uns das Kunforak wegnehmen will, weil er glaubt, es würde ihm gehören, hat er Pech gehabt. Erstens, weil das nicht stimmt. Und zweitens, weil wir die Zimmertür zugeschlossen haben und nicht eher aufmachen, als bis alles mit heiliger Tinte niedergeschrieben ist. Dann werden wir das Kun-forak und das Neben-, also Werikunfo an einem sehr geheimen Ort verstecken und mit tausend Flüchen belegen, die sorgen hoffentlich für den Rest. (Sofie sagt, es wäre vielleicht eine Sünde, am Pfingstmontag über Flüche zu schreiben, Schmokren, aber sie ist sich nicht sicher, und ich glaub es sowieso nicht. Wir beschützen damit ja ein echtes Wunder, da geht es schon in Ordnung.)
Jedenfalls.
Eigentlich wollten wir über Pfingsten nach Dänemark auf den Campingplatz, Mama und ich und die Mülheimer, also Tante Diana, Onkel Frank, Sofie und Johannes. Das war seit Monaten geplant, und Sofie und ich hatten uns tausend Briefe hin- und hergeschickt, in denen stand, wie sehr wir uns schon freuten, was wir alles machen wollten und was nicht, zum Beispiel ins Heimatmuseum gehen. Also: Das wollten wir NICHT. Viel lieber wollten wir losziehen und das Land erkunden, in dem die Leute eine fremde Sprache sprechen (nämlich Dänisch), und außerdem Nachtwanderungen machen, um die spukenden Seelen verunglückter Seeleute zu treffen. (Doch Sofie, das wollten wir!) Und dann passierte die Sache mit dem Starkregen. Der hatte den Campingplatz mehr oder weniger versenkt, so ähnlich wie das schöne Inselreich Atlantis, das in einer einzigen Nacht vom Erdboden gespült wurde. Und wenn das mit dem Regen vielleicht auch ein bisschen wundersam klingt, dann jedenfalls auf die SCHLECHTE Weise.
Fast hätte auch sonst nichts geklappt und wir beide hatten so was von miese Laune! Ich war mir sicher, mein Leben wär das langweiligste der Welt und ich würde nie, nie, niemals ein echtes Abenteuer erleben. Sofie sagt, sie hätte das auch geglaubt.
Doch am Donnerstagabend hat Mama gesagt (jetzt meint Sofie, ich soll lieber Valerie schreiben, weil Mama für sie nicht stimmt und es die ganze Zeit so klingt, als würde ich alles allein erzählen), am Donnerstagabend hat also »Valerie«gesagt: »Die Mülheimer kommen zu uns.«