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Ein fantasievoller Krimi, in dem Detektiv Ambrosius Läufer den Mord an seinem Trainer und einer Walkerin aufklären will, deren Leichen seine Laufkollegen im Wald gefunden haben. Die Geschichte wird mit viel Witz und Aberwitz entwickelt - nicht zuletzt, weil auch der Autor selbst in die Handlung eingebunden wird: Die Laufgruppe wendet sich teils hilfesuchend, teils kritisch an ihn, bittet um Abbruch, Änderung und schließlich Fortsetzung des Buches. So will Kai-Uwe Gaukel aus der Gruppe den Autor unbedingt davon überzeugen, derbe Sexszenen in das Buch einzubauen, um den Verkauf des Krimis zu unterstützen. Doch der Autor lehnt ab. Wie schon bei den "unbeabsichtigten Fußnoten" in seinem Erstlingswerk "Mission Marathon - Wie ich kein Superläufer wurde" ist Lothar Koopmann auch in seinem ersten Roman eine genreübergreifende Neuheit gelungen.
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Seitenzahl: 318
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Lothar Koopmann
Läufers Fall
Für Christa, Katrin und Anna
Lothar Koopmann
LÄUFERS FALL
Ich empfand plötzlich das Bedürfnis,
ein neues Buch von mir zu lesen.
Also habe ich eines geschrieben.
Marguerite Duras
Redaktion: Brigitte Caspary
Covergestaltung und Satz: Röser MEDIA GmbH & Co. KG
1. Auflage November 2013
© Sportwelt Verlag®
Inh. Nicole Luzar
Am Wasserstein 3
D-91282 Betzenstein
www.sportweltverlag.de
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Alle Rechte vorbehalten, einschließlich derjenigen des auszugsweisen Abdrucks sowie der photomechanischen und elektronischen Wiedergabe.
ISBN 978-3-941297-29-6
Weitere Titel im Internet unterwww.sportweltverlag.de
Die folgende Geschichte ist nicht wahr. Das heißt nicht, dass sie nicht wahr sein könnte. Im Gegenteil, sie könnte sehr wohl wahr sein.
Mit allen Beteiligten, den Läufern und Detektiven, den Walkern und den anderen Menschen, die als Hauptpersonen agieren oder nur verschämt und kurz am Rande vorkommen, könnte sie wahr sein. Und dann in Duisburg spielen. Oder vielleicht anderswo.
Obwohl sie wahr sein könnte, ist sie erfunden. Von vorne bis hinten. Und außergewöhnlich. Zumindest für die Region, in der sie spielt. Sie enthält groteske Szenen und Hassattacken, springt vor und zurück und fließt dennoch ruhig wie die Ruhr, die der Geschichte ihre Heimat gibt.
Sie soll bezaubern und belustigen und an schöne Erlebnisse erinnern, sie schildert unangenehme Dinge, die besser immer nur anderen widerfahren sollten, und ist für Kinder fast ungeeignet, obwohl sie Horror und Grauen meidet und an mancher Stelle fast märchenhafte Züge aufweist.
Und eventuell beobachtete oder vermutete Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen und deren Angehörigen, ihren Vorlieben, Stärken und Schwächen, Träumen und Wünschen wären reiner Zufall und sind nicht gewollt.
Er hatte es sich leichter vorgestellt. Okay, dass es nicht einfach werden würde, war ihm klar gewesen, aber schwer? Den linken Arm konnte er kaum noch ausstrecken, die Muskulatur rund um die Schultern und sein linker Ellenbogen verweigerten die Mitarbeit. Der rechte Zeigefinger zeigte deutliche Ermüdungserscheinungen, überhaupt war die rechte Hand fast steif, das Handgelenk ließ sich nur unter Schmerzen bewegen.
War es eine gute Idee gewesen? Wer hatte überhaupt den perversen Vorschlag gemacht? Gab es jüngere Menschen als ihn, die das Ganze ohne Schwierigkeiten aushalten konnten? Er wusste es nicht.
Ein letztes Mal für diesen Tag baute er Spannung auf und sah sich um. Wohin damit? Er hatte alle benutzt. Mit wechselndem Erfolg. Meistens mit wenig. Vor seinen Augen schwankte das Grün, wechselte zu Braun und gelblich Weiß. Wann sollte er loslassen? Sollte er überhaupt? Die Müdigkeit des Oberkörpers war erschreckend, da half es auch nicht, die Füße fester in den Boden zu rammen, um Halt zu finden. Er suchte trotzdem einen sichereren Stand, indem er seine Beine weiter auseinander schob, die Schuhe in den feuchten Boden grub.
Ein letztes Mal für heute. Dann war Schluss.
Er hatte es sich leichter vorgestellt. Okay, dass es nicht einfach werden würde, war ihm klar gewesen, aber schwer? Ein Anruf, ein Treffen und alles wäre erledigt gewesen. Eine lange Reise, ein Gespräch, eine zweite Verabredung hätten reichen sollen. Da war er sich sicher gewesen. Zu sicher, wie er nun wusste.
Die Vergangenheit ließ sich nicht ändern, er fühlte kein Bedauern und keine Schuld. Was getan werden musste, musste getan werden, das hatte er gelernt. Aber nun schien es, als würde die Vergangenheit Einfluss auf die Zukunft nehmen, als rächten sich seine Taten in den alten Tagen, als hingen sie wie ein Damoklesschwert über seinem Kopf und drohten, ihn zu töten.
Aber das würde er zu verhindern wissen. Der letzte Abend war ein erster Schritt in die richtige Richtung gewesen. Er sah die Wirkung deutlich vor sich und war sicher, dass sein neuer Plan gelingen würde.
Er hatte die Risiken damals nicht auf sich genommen, um Jahre später kläglich zu scheitern – nein, das konnte und durfte nicht sein. Er würde bedingungslos kämpfen und bekommen, was er wollte. Das konnte keiner verhindern, schon gar nicht ein bedeutungsloser Angestellter in diesem verdammten Kaff.
Er startete den Motor.
Das Telefon klingelt. Ich nehme ab und melde mich: „Lothar Koopmann, ja bitte?“ Unter Krächzen höre ich eine männliche Stimme: „Hallo, hier ist Kai-Uwe Gaukel – nun sei doch mal still, ich mach’ das schon – kann ich Sie kurz stören?“
„Tun Sie ja schon“, antworte ich unwirsch. „Aber warum soll ich ruhig sein, und seit wann duzen wir uns?“ Ich höre ein Zögern. „Nein, ich habe ja nicht Sie gemeint, meine Frau Edeltraud quatscht mir immer dazwischen.“ „Um was geht es, ich kaufe nichts am Telefon!“ „Ja, hören Sie, wir beide sind Fans Ihres Buches ,Mission Marathon’. Was haben wir da gelacht! Wir sind schließlich auch Läufer, und Ihre Erlebnisse kamen uns so verdammt bekannt vor. Wir haben uns vor Lachen fast in die Hose gemacht. Und darum wollen wir, dass Ihr nächstes Buch wieder von einem Lauftreff handelt.“ „Von welchem Lauftreff bitte?“ „Na, unserem in Meiderich, mit mir und Edeltraud und unserem Trainer Günni und den anderen. Dass Sie aufschreiben, was uns so Lustiges passiert beim Laufen und so.“ „Und wozu soll das gut sein?“ „Mann, das wird ein Bestseller, wo es doch so viele Läufer im Land gibt. Und dann handelt das Buch ja von uns und nicht nur von Ihnen. Top-Thema, glauben wir.“ „Ich kann es mir ja mal überlegen, mein neues Buch fange ich nächste Woche an, am Montag um acht.“ „Schön, dann überlegen Sie mal. Würde uns freuen. Und halten Sie uns auf dem Laufenden, hahaha.“ Aufgelegt.
Ambrosius Läufer seufzt. Und holt tief Luft. Schon wieder kein Fall. Seit über einer Woche kein neuer Fall. Es ist zum Mäusemelken, denkt er resigniert. Da sitzt er nun am Schreibtisch eines vollkommen frisch renovierten Büros, stapelt Aktenberge und Schnellhefter von rechts nach links und kommt nicht weiter: kein neuer Kunde in Sicht, noch nicht einmal ein klitzekleiner Auftrag zeichnet sich am Horizont ab.
Plötzlich muss er grinsen. Wo kam bloß dieser Ausdruck mit dem Mäusemelken her? Abgesehen davon, dass er in seinem Leben bisher wenig bis gar keine Mäuse zu Gesicht bekommen hat, warum zum Teufel soll man diese kleinen süßen Tierchen melken wollen? Und wie können?
Er reckt sich ausgiebig und steht auf. Kaffee wäre jetzt gut, Espresso noch besser, ein nachtschwarzer Espresso mit zwei Teelöffeln Zucker. Wieder huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Besser wäre es, als Maßeinheit für den Zucker einen Espresso-Löffel zu nehmen oder zumindest einen Kaffeelöffel. Er öffnet eine Schublade in der kleinen Küche, die das Büro im rechten Winkel um einige Quadratmeter verlängert. Auch wieder so ein Mysterium: Sein Chef hatte den Raum ausdrücklich als Teeküche renovieren lassen. Wie soll er hier Espresso zubereiten? Trotz vorhandener Maschine. Ein Blick in die offene Schublade unter der Arbeitsplatte bestätigt, was er vermutet hat: Neben Messern, Gabeln und Esslöffeln liegen in den schmalen Fächern außer einigen kleinen Kuchengabeln nur Teelöffel. Es ist zum Mäusemelken …
Vielleicht funktioniert die neue Türklingel nicht mehr, und die Kunden verlassen das Treppenhaus scharenweise unverrichteter Dinge, je nach Temperament enttäuscht oder wütend, weil angeblich geschlossen ist. So würde sich ja nie ein neuer Fall ergeben, da könnte er lange warten.
Er schlurft zur Eingangstür, öffnet sie (nicht, ohne den Türriegel von innen nach außen zu drehen, um ein Zuschnappen zu verhindern) und drückt energisch auf die Klingel neben dem Lichtschalter für die Treppenhausbeleuchtung. Ein gepflegtes „Dingdong, dingdong, dingdong“ zeigt ihm an, dass alles in Ordnung ist; und dann wird ja wohl auch die Klingel im Erdgeschoss funktionieren.
Im Umdrehen fällt sein Blick auf das neue Werbeschild, das sein Chef im Zuge der Bürorenovierung neben der Tür hatte anbringen lassen und das gleichlautend jetzt auch draußen die Eingangstür im Erdgeschoss ziert:
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