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Die junge Anwältin Gillian Hobbs könnte nicht zufriedener sein: In der Kanzlei winkt ihr ein bedeutender Karrieresprung, und auch ihr Liebesleben kommt in Schwung. Ein heißer Flirt mit dem attraktiven Anwalt Parker Simon endet in einer leidenschaftlichen Liebesnacht - und der Aussicht auf mehr.
Doch das Blatt wendet sich, als Gillian ihren nächsten Fall übernimmt - und ausgerechnet Parker die Gegenseite vertritt. Gillian muss sich entscheiden: Karriere oder Liebe? Denn sollten sie und Parker als Liebespaar erwischt werden, würde Gillian ihre Beförderung riskieren. Außerdem ist Parkers Mandantin eine Freundin seiner Chefin. Aber wie soll man sich aus dem Weg gehen, wenn man den gleichen Freundeskreis hat und die Luft bei jeder Begegnung nur so knistert ...
Der zweite Band der prickelnden Anwalts-Romance von der Autorin der erfolgreichen Legal-Love-Reihe.
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Seitenzahl: 320
Cover
Grußwort des Verlags
Über dieses Buch
Titel
1. Gillian
2. Gillian
3. Parker
4. Gillian
5. Parker
6. Gillian
7. Parker
8. Gillian
9. Parker
10. Gillian
11. Parker
12. Gillian
13. Parker
14. Gillian
15. Parker
16. Gillian
17. Parker
18. Gillian
19. Gillian
20. Parker
21. Gillian
22. Parker
23. Gillian
24. Parker
25. Gill
26. Parker
Epilog
Über die Autorin
Weitere Titel der Autorin
Impressum
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Die junge Anwältin Gillian Hobbs könnte nicht zufriedener sein: In der Kanzlei winkt ihr ein bedeutender Karrieresprung, und auch ihr Liebesleben kommt in Schwung. Ein heißer Flirt mit dem attraktiven Anwalt Parker Simon endet in einer leidenschaftlichen Liebesnacht – und der Aussicht auf mehr.
Doch das Blatt wendet sich, als Gillian ihren nächsten Fall übernimmt – und ausgerechnet Parker die Gegenseite vertritt. Gillian muss sich entscheiden: Karriere oder Liebe? Denn sollten sie und Parker als Liebespaar erwischt werden, würde Gillian ihre Beförderung riskieren. Außerdem ist Parkers Mandantin eine Freundin seiner Chefin. Aber wie soll man sich aus dem Weg gehen, wenn man den gleichen Freundeskreis hat und die Luft bei jeder Begegnung nur so knistert ...
J.T. Sheridan
Als dein Blick mich traf
»Bist du dir sicher, dass das so richtig ist?« Kritisch betrachtete meine Schwester die kleinen braunen Küchlein, die ich in eine große Vorratsdose stapelte. Ich hatte sie am Vorabend gebacken und mir große Mühe dabei gegeben. Im Licht der sommerlichen Morgensonne, das schräg durch das Küchenfenster fiel, schienen meine Backkreationen zumindest recht gelungen.
»Natürlich ist das so richtig! Du siehst hier feinste Schokolade mit einer Kirschfüllung und Zartbitterkuvertüre«, erklärte ich und konnte dabei den stolzen Unterton in meiner Stimme nicht unterdrücken.
Erica nippte an ihrem Kaffee und hob die fein geschwungenen Brauen. Sie hatte sich bereits für ihren Job im Architekturbüro fertig gemacht und wirkte mit ihrem übergroßen schwarzen Blazer, dem weißen Shirt und der hellgrauen Anzughose weitaus seriöser als ich. Wobei das auch nicht schwer war, schließlich stand ich noch im Pyjama und mit wirrem braunem Haar in unserer kleinen Küche mit den honigfarbenen Holzmöbeln.
»Vertraust du mir nicht?«, meinte ich amüsiert und nahm selbst einen Schluck aus meiner weißen Kaffeetasse mit den roten Punkten, bevor ich ihr einen der Muffins reichte. »Probier und sag mir, dass sie gut sind.«
Backen gehörte erst seit ein paar Monaten zu meinen Hobbys. Genau genommen war es aktuell meine einzige Freizeitbeschäftigung, weil mein echter Job einfach zu viel Zeit kostete. Dafür machte sie umso mehr Spaß. Vor allem in Momenten wie diesem, in denen ich andere mit meinen neu erworbenen Künsten überraschen konnte.
Ericas Miene jedoch blieb skeptisch, als sie in das Gebäckstück hineinbiss. Dann aber weiteten sich ihre grünen Augen, und sie gab ein genießerisches »Hmmm« von sich.
Ich nahm ihr den Rest vom Muffin ab und probierte selbst ein Stück. »Sag ich doch, dass sie gut sind«, murmelte ich mit vollem Mund. Die Schokolade explodierte in meinem Mund und vermischte sich mit den saftigen Kirschen zu reiner Köstlichkeit.
»Gut gemacht, kleine Schwester.« Erica drückte mir einen festen Kuss auf die Wange. »Du hast meinen ewigen Dank verdient.«
Tatsächlich hatte ich die Muffins für Erica und ihre Mitarbeitenden gebacken. Sie veranstalteten ein gemeinsames Frühstück im Büro, und meine Schwester hatte sich für Muffins eingetragen, obwohl sie in ihrem Leben noch nie gebacken hatte. Zumindest hatte sie nichts fabriziert, was in irgendeiner Weise genießbar gewesen wäre.
Bei der Erinnerung an ihre wenigen Versuche, die in einem Desaster geendet hatten, musste ich grinsen und nahm schnell einen Schluck Kaffee, um meine Miene zu verstecken. Dabei fiel mein Blick auf die Küchenuhr, die die Form eines schottischen Hochlandrindes aufwies.
»Shit, schon so spät?« Ich musste mich jetzt wirklich beeilen, sofern ich nicht zu spät zu meiner eigenen Arbeit kommen wollte.
»Wenn du beim Duschen schnell bist, fahr ich dich!«, rief Erica mir hinterher, während ich aus der Küche in den kleinen Flur und die Treppen unseres kleinen Hauses hinaufpolterte.
Kaum zwanzig Minuten später hatte ich mein dickes braunes Haar ordentlich gekämmt, sodass es mir glänzend über die Schultern fiel. Den Pony föhnte ich über eine Rundbürste.
»Beeil dich, ich habe nicht ewig Zeit«, rief Erica zu mir hoch und ich hörte bereits die leichte Ungeduld in ihrer Stimme.
»Komme gleich.« Seufzend verzichtete ich auf komplettes Make-up. Wimperntusche und Lipgloss mussten reichen. Schnell schlüpfte ich in eine hellblaue Bluse und einen schwarzen Rock, dazu streifte ich eine dünne Strumpfhose über. Dann suchte ich noch meine Brille, die ich auf dem Nachttisch fand.
»Sehe ich passabel aus?«, versicherte ich mich, sobald ich im Flur auf meine Schwester traf.
»Strenger als sonst, Ms Gillian Hobbs. Hast du irgendeinen Termin?«
Es war ungewohnt, meinen vollen Namen von ihr zu hören, dann musste ich wohl wirklich einen strengen Eindruck machen. Aber es gab durchaus einen Grund, warum ich heute gut aussehen wollte. Freitagabends ging ich immer mit meinen Freundinnen von der Arbeit in einen bestimmten Pub. Mein Herz schlug schneller, wenn ich daran dachte, dass ich dort auf eine ganz bestimmte Person treffen würde.
»Welche Schuhe?« Ich hielt ein Paar Ballerinas und ein Paar Pumps in die Höhe.
»Pumps.«
Kaum war ich in die Schuhe geschlüpft, schnappte ich mir meinen Trenchcoat und meine Tasche, und dann ging es los.
Meistens fuhr Erica unseren roten Mini, da sie als Architektin auch Außentermine wahrnahm und dafür das Auto brauchte. Aber eigentlich gehörte der Wagen uns beiden. Genau wie das Haus. Wir hatten beides von einer Erbschaft gezahlt, die wir von unserer Großmutter erhalten hatten. Und weil das Leben in London einfach teuer war, obwohl wir gut bezahlte Jobs hatten, teilten wir uns Haus und Auto.
»Mist, wenn wir weiter so schleichen, kommen wir nie an«, fluchte meine Schwester mal wieder über den typisch chaotischen Verkehr, während sie sich geschickt durch die Straßen von Crystal Palace schlängelte, die größtenteils von viktorianischen Gebäuden gesäumt wurden.
Lachend stimmte ich ihr zu, wurde irgendwann jedoch auch etwas nervös, als wir gar nicht mehr vorankamen.
»Vielleicht lässt du mich hier einfach raus, dann nehme ich die Tube, das geht schneller und du kannst dir den Umweg sparen«, schlug ich vor.
Erica nickte. »Das ist wahrscheinlich das Beste. Vielen Dank noch mal für die Muffins, Schwesterherz.«
»Immer gerne doch.« Ich zwinkerte ihr zu und kletterte vorsichtig aus dem Auto, um schnell zur nächsten Tube-Station zu kommen. Leider war es auch hier voll. Kein Wunder zu der Uhrzeit. Sämtliche Londoner schien es zu ihren Büros im Bankenviertel oder dem nahe gelegenen Canary Warf zu ziehen.
Völlig außer Atem und verschwitzt erreichte ich schließlich die Räumlichkeiten der Kanzlei Black & Chase, die auf fünf Etagen in einem Hochhaus untergebracht waren, das vom Sockel bis zum Penthouse verglast war. Schmuckstück der Lobby war der dunkle Marmorfußboden, der ziemlich luxuriös wirkte.
Heute hatte ich jedoch keinen wirklichen Blick für das beeindruckende Interior, sondern hetzte in einen der Aufzüge, der mich in den achtzehnten Stock beförderte. Glücklicherweise bemerkte niemand, dass ich etwas zu spät ins Büro kam. Die Mitarbeiter vom Empfang grüßten freundlich wie immer und kümmerten sich dann wieder um die sich ständig klingelnden Telefone der Zentrale, während ich meinen Trenchcoat an der Garderobe aufhängte.
Ich holte tief Luft und versuchte wieder zu Atem zu kommen, bevor ich Richtung Büros der Familienrechtsabteilung eilte. In der Küche holte ich mir einen Kaffee, erreichte anschließend mein Büro und ließ mich auf meinen Drehstuhl fallen.
Heute war viel zu tun. Ich hatte zwar gerade erst einen Fall abgeschlossen, aber Mr Ming, der Abteilungsleiter des Familienrechts und zudem Equity Partner, hatte mir bereits eine neue Akte zugeteilt. Bevor ich mich jedoch darum kümmern konnte, warteten zunächst unzählige E-Mails und weitere To-dos auf mich. Ich stürzte mich in die Arbeit und kam tatsächlich erst nach dem Lunch dazu, mir die neue Akte anzusehen.
Die große Liebe ist eine Erfindung der Popkultur.
Dieser Gedanke schoss mir durch den Kopf, als ich die Dateien des Scheidungsfalls durcharbeitete.
Er, dreiundfünfzig, Bankier, drei Häuser, eines davon an der Riviera. Sie, einundfünfzig, Lebefrau, hatte nie für einen Cent gearbeitet, verlangte nun die Hälfte seines Vermögens.
Obwohl ich meinen Job als Familienrechtsanwältin liebte, waren mir solche Fälle nicht geheuer. Sie arteten gerne in Schlammschlachten aus, bei denen man starke Nerven brauchte, um sich emotional nicht mit herunterziehen zu lassen. Wenigstens der gemeinsame Sohn war bereits erwachsen und es würde zu keinem Rosenkrieg kommen. Das hoffte ich zumindest.
Mein Mandant, der Bankier, beabsichtigte, seiner künftigen Ex nur einen Bruchteil ihrer Ansprüche zukommen zu lassen. Weshalb die beiden nie einen Ehevertrag abgeschlossen hatten, entzog sich meiner Kenntnis. Ich würde den Mandanten bei Gelegenheit danach befragen.
Wenigstens war der neue Fall tatsächlich vielversprechend. Mr Ming hatte erwähnt, dass der Mandant ein leitender Angestellter einer Bank war, für die wir schon mehrere Fälle übernommen hatten. Es galt also, die Wünsche des Mandanten bestmöglich zu erfüllen, selbst wenn er hier als Privatperson auftauchte. Ich fügte eine entsprechende Notiz zum Datenblatt des Mandanten hinzu und fuhr dann den PC herunter.
Das Wochenende stand vor der Tür, und ich hatte heute nicht vor, weitere Überstunden zu schieben. Die hatten sich in den letzten Wochen ohnehin angehäuft, weil ich einen schwierigen Fall mit Sorgerechtsstreit hinter mir hatte, den ich zum Glück erfolgreich hatte abschließen können.
Also räumte ich meine Sachen zusammen, schnappte mir meine Tasche und meinen Trenchcoat und verließ das Büro, um meine Lieblingskolleginnen einzusammeln. Zuerst fuhr ich eine Etage nach unten, weil sich dort Sarahs Büro befand.
Sie wirkte überrascht, als ich in ihrer Tür stand und gegen den Rahmen klopfte. »Oh, wie spät ist es?«
»Viertel nach fünf. Zeit, den PC auszuschalten und die Akten zur Seite zu legen.«
Sie hob eine Hand, während sie mit der anderen die Computer-Maus betätigte. »Einen Moment, bitte.«
»Deine Momente kenne ich.« Schmunzelnd verschränkte ich die Arme vor der Brust und lehnte mich in den Türrahmen. Seit sie in der Versicherungsabteilung arbeitete, teilte sie sich ein Büro mit drei Kolleginnen. Sarah war die Letzte von ihnen, die anderen hatten sich alle schon auf den Heimweg gemacht. Typisch Sarah. »Was sagt dein Freund dazu, dass du ständig Überstunden machst?«
Sie grinste leicht, konnte sich aber nicht von ihrer Arbeit lösen, bis sie noch mindestens vier Sätze geschrieben hatte. Dann seufzte sie. »Also schön, jetzt bin ich so weit. Und zu deiner Frage: Stone ist übers Wochenende geschäftlich nach Amsterdam geflogen und kommt erst am Sonntagabend zurück.«
»Ach, du hattest vor, das ganze Wochenende in der Kanzlei zu verbringen? Gut, dass ich gekommen bin, um dich vor diesem Wahnsinn zu bewahren.«
»Haha, sehr witzig.« Sie streckte sich, schaltete ihren PC aus und schnappte sich ihre überdimensionale Handtasche und eine Strickjacke. »Sind Kate und Becks schon auf dem Weg?«
»Wollte sie gerade abholen.« Ich stieß mich vom Türrahmen ab und lief schwungvoll den Flur entlang, wobei mein Rock um meine Knie schwang.
Schon jetzt fiel die Anspannung der Woche von mir ab in Vorfreude auf den gemeinsamen Abend mit meinen Freundinnen. Ich war froh, dass sich unsere Tradition des Pub-Besuchs auch nicht geändert hatte, seitdem Sarah vor etwa drei Monaten mit einem amerikanischen Millionär zusammengekommen war. Eigentlich war dieser unser Mandant gewesen. Sarah hatte wirklich Ärger bekommen, als sich herausstellte, dass die beiden mehr als nur Anwältin und Mandant waren.
Aber Hauptsache, Sarah war nun glücklich, und ich freute mich wirklich sehr für meine Freundin. Die harmonische Beziehung der beiden stand im krassen Gegensatz zu denen, die ich im beruflichen Alltag ständig erlebte. Heute allerdings hatten die negativen Gedanken keine Chance, mich runterzuziehen, denn ich hoffte insgeheim, einen ganz besonderen Menschen wiederzusehen ...
Der Sunshine Pub war wie an jedem Freitag gut besucht. Mit seinen dunkelgrünen Wänden und den dunklen Holzmöbeln strahlte der Pub einen urigen Charme aus, der einen angenehmen Kontrast zu unserem Alltag in hochmodernen Büros bot. Ich hatte am heutigen Abend sogar mit Karaoke gerechnet, doch es performte ein Singer-Songwriter mit Gitarre.
Da es so voll war, holten wir uns zunächst unsere Drinks an der Bar und blieben dann an einem freien Fleckchen stehen.
»Der Typ ist gut.« Rebecca, die wir unter uns einfach nur »Becks« nannten, löste das Gummiband aus ihrem kupferfarbenen Zopf, sodass es ihr in sanften Wellen auf die Schultern fiel. Als Jüngste von uns befand sie sich gerade in ihrem Abschlussjahr. Bisher hatte sie sich mit Bravour in unserer Kanzlei geschlagen, und ich war mir ziemlich sicher, dass sie eine überaus fähige Anwältin werden würde.
Kate war diejenige von uns, die am meisten Ernst an den Tag legte. Als Tochter aus besonders gutem Haus kein Wunder. Ganz ihrer Vorliebe entsprechend nippte sie an ihrem Rotwein und warf dem Sänger auf der Bühne einen kritischen Blick zu. »Ganz passabel.«
Ich trank von meinem Bier und sah mich nach einem freien Platz um. Gerade brach eine Gruppe von fünf Leuten auf. Mit einem sanften Stoß in die Rippen machte ich Sarah darauf aufmerksam.
Geschickt wie ein Wiesel drängte sich meine Freundin durch die Menge, schob einen etwa zwei Meter großen Typen zur Seite und eroberte uns den Platz. Triumphierend grinste sie.
»Na, möchtet ihr weiter herumstehen?«
Becks setzte sich amüsiert neben sie. »Es hat schon Vorteile, so eine durchsetzungsfähige Freundin zu haben.«
»Sehe ich genauso.« Ich lächelte dem Mann, den Sarah zur Seite gedrängt hatte, entschuldigend zu und nahm auf einem der freien Stühle Platz. Jetzt hatte ich zwar den Rest des Raumes im Rücken, was mir allerdings nichts ausmachte.
Kate ließ sich neben mir nieder, wobei auch auf ihrem Gesicht ein leichtes Schmunzeln lag.
Sarah mochte zwar von der Statur die Kleinste von uns sein, verfügte jedoch über den Willen und die Kraft einer Löwin, wofür ich sie schon immer bewundert hatte. Wir waren etwa zeitgleich bei Black & Chase eingestiegen und uns in den ersten beiden Jahren als Junganwältinnen gegenseitig eine große Stütze gewesen. Sarah arbeitete inzwischen als Fachanwältin für Immobilienrecht, wenn sie nicht gerade gezwungenermaßen die Versicherungsabteilung unterstützte, während ich mich selbst auf das Familienrecht konzentrierte, wie es von Anfang an mein Plan gewesen war. Ein Grund hierfür war meine eigene verworrene Familiengeschichte, doch darüber wollte ich im Moment lieber nicht nachdenken.
Kate war zwar nach uns zu Black & Chase gekommen, hatte allerdings zuvor in einer anderen Kanzlei erste Erfahrungen als Fachanwältin für Vertragsrecht sammeln können.
»Wie geht es deinem Fußballer?« Neugierig musterte ich Kate.
Der Fall war durch die Presse gegangen. Der Fußballprofi wollte seinen Ex-Verein wegen mehrerer Vertragsverstöße verklagen und äußerte sich dazu gerne und ausgiebig gegenüber den Medien.
Kate verzog die hübschen Lippen. »Erinnere mich nicht an die Arbeit. Der Kerl wird mein Untergang. Er hält sich an keine Absprache und nutzt die Schlammschlacht für seine Publicity. Wozu, fürchte ich, seine unqualifizierte Managerin ihm geraten hat. Sie erhoffen sich großzügige Einnahmen durch Interviews und Werbeverträge.«
Becks seufzte tief. »Klingt, als wäre es ein schwieriger Fall. Brauchst du Hilfe? Ich wäre froh, dich unterstützen zu dürfen, damit ich aus der Steuerabteilung rauskomme.«
Stirnrunzelnd musterte ich unser rothaariges Küken. »Wolltest du nicht unbedingt dort rein und hast Sarah wochenlang zugequasselt, damit sie beim Big Boss ein gutes Wort für dich einlegt?«
Becks schien sich nicht erinnern zu können. »Hab ich das?«
Sarah lachte laut auf. »Ja, das hast du.«
»Hmm, das war doch nur wegen diesem süßen Studenten. Aber der ist ja nun für ein halbes Jahr im New Yorker Büro.«
Kate rollte mit den Augen. »Rebecca Moore, du musst unbedingt aufhören, dein Berufsleben nach deinen romantischen Vorstellungen zu gestalten.«
»Du klingst schon wie meine Mum. Dabei würde ich für keinen Typen der Welt meine Karriere riskieren. Es geht eher um erotische Abenteuer.«
Ich verschluckte mich an meinem Guinness und Kate klopfte mir hilfsbereit auf den Rücken.
»Das hast du jetzt nicht laut gesagt«, keuchte ich und schob meine Brille nach oben.
Becks grinste breit und lehnte sich gegen die Wand. »Was ist los mit euch? Ihr tut ja so, als hättet ihr kein Liebesleben.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Na ja, damit meine ich zumindest zwei von euch. Sarah hat ein tolles Liebesleben.«
Diese hob mahnend einen Zeigefinger. »Nope, Regel Nummer eins: Wir reden nicht über Stone und mich, klar?«
»Sorry.« Becks meinte es ernst. Das konnte man an ihrem betretenen Gesichtsausdruck erkennen. Wir alle wussten, dass Sarah empfindlich darauf reagierte, wenn wir in der Öffentlichkeit über ihre Beziehung sprachen. Obwohl sie uns vertraute, konnte man nie wissen, wer sonst noch so zuhörte. Stone und Sarah hatten bereits zu Beginn ihrer Beziehung mit aufdringlichen Paparazzi Bekanntschaft gemacht.
Ich lehnte mich zurück und lauschte der Musik, während ich weiter über unser verrücktes Quartett nachdachte. Sarah Davies, die Starke und Durchsetzungsfähige; Rebecca Moore, unsere junge Wilde, in der unglaublich viel Potenzial steckte; Katherine Johnson, die Elegante und Unnahbare ... und ich, Gillian Hobbs, die irgendwie versuchte, ihren Weg zu finden. Im Vergleich zu meinen drei Kolleginnen fühlte ich mich wie ein Mauerblümchen. Was okay war. Ich musste nicht im Mittelpunkt stehen. Meine eigene Unsicherheit überspielte ich gerne mit einem witzigen Spruch oder indem ich auf Angriff überging. Besonders bei Menschen, die ich nicht kannte.
Nur mit wenigen Menschen konnte ich mich wirklich fallen lassen. Das war mit meinen drei Mädels der Fall und mit meiner Schwester. Sonst fielen mir nicht viele Menschen ein, bei denen es mir gelang, entspannt zu sein.
»Hey, da kommt unser Lieblingskonkurrent«, flötete Becks, die schnell wieder zu ihrer guten Laune zurückgefunden hatte.
Obwohl ich nicht direkt sehen konnte, wer zu uns an den Tisch trat, klopfte mein Herz schneller, denn ich ahnte, wer sich da näherte.
»Guten Abend, Ladys.« Seine Stimme klang samtig und jagte einen wohligen Schauer über meinen Rücken.
Sarah rückte etwas zur Seite, sodass er sich neben sie auf die Bank setzen konnte, und erst jetzt trafen sich unsere Blicke.
Parker Simon war einer der attraktivsten Männer, die mir je im Leben begegnet waren. Groß und dunkelhaarig hätte er auch für die bekannten Luxusmarken als Model arbeiten können. Die kantigen Linien seines Gesichts schienen wie aus Marmor gemeißelt. Um seine sinnlichen Lippen lag ein kleines Lächeln, das mein Herz noch schneller schlagen ließ. Am faszinierendsten waren jedoch seine Augen: warm, von der Farbe geschmolzener Zartbitterschokolade und mit einem Funkeln, das unter die Haut ging. Mir jedenfalls.
»Hi, Parker«, schaffte ich es, endlich zu sagen, nachdem die anderen ihn längst begrüßt hatten. »Heute ganz allein unterwegs?« Da hatte ich gerade so die Kurve gekriegt, bevor ich bei seinem Anblick zu sabbern anfing, schließlich fand ich ihn schon seit unserer ersten Begegnung anziehend. Er war ein alter Studienfreund von Sarah, und zu Beginn hatte ich gedacht, dass da vielleicht mal was zwischen den beiden gelaufen war. Aber das war nicht so gewesen. Sehr zu meiner Freude, denn ich mochte ihn wirklich gern. Und meine Hoffnung, dass es ihm genauso ging, verstärkte sich mal wieder, als er mir nun tief in die Augen sah, als gäbe es niemanden außer uns beiden hier am Tisch.
»Wir hatten einen schwierigen Fall in der Kanzlei. Die meisten sind nach Hause gegangen, um direkt ins Wochenende zu starten.«
Parker arbeitete in der aufstrebenden Kanzlei Padget, Knight, Woods, Collins & Carter, die sowohl in London als auch in Melbourne vertreten war. Die Chefs waren alle noch relativ jung und ziemlich attraktiv.
Aber nur weil unsere Kanzleien Konkurrenten waren, bedeutete das nicht, dass man sich auf persönlicher Ebene nicht gut verstehen durfte. Immerhin spielte Black & Chase international in einer ganz anderen Liga mit mehreren Büros auf jedem Kontinent der Erde. Außerdem hatten sich Parker und Sarah schon gekannt, bevor sie in unterschiedlichen Kanzleien zu arbeiten begannen.
»Habt ihr Lust auf weitere Drinks?«, fragte Parker in die Runde und zog sein Jackett aus.
Gerade hatte sich die Kellnerin zu uns durchgekämpft, und wir bestellten unsere Getränke bei ihr, statt an die Bar zu gehen.
Parker nahm ein Guinness, genau wie ich. Es folgte ein wenig Small Talk, wobei besonders die Musik und aktuelle Filme im Vordergrund standen. Wir vermieden es, über unsere Arbeit zu sprechen, um nicht versehentlich in ein Fettnäpfchen zu treten. Immerhin konnte es immer mal wieder vorkommen, dass ein Fall, der in unserer Kanzlei bearbeitet wurde, just auch bei Padget, Knight, Woods, Collins & Carter auftauchte. Das Anwaltsgeheimnis tat sein Übriges.
»Was treibt ihr am Wochenende?«, fragte Sarah. »Irgendwelche Pläne?«
Kate atmete tief durch. »Mein Vater veranstaltet Samstagabend ein Dinner auf dem Landsitz in Warwickshire.« Sie trank einen großzügigen Schluck aus ihrem Weinglas. »Meine Anwesenheit wird verlangt.«
Becks runzelte die Stirn. »Sieht nicht so aus, als hättest du da große Lust drauf.«
»Nicht wirklich. Ich würde das Wochenende lieber mit einem guten Buch im Bett verbringen, um Energie für die nächste Woche zu tanken.« Sie lächelte entschuldigend. »Wie schaut es bei euch aus?«
»Die Mädels und ich gehen in diesen neuen Club in Farringdon, werden vermutlich die ganze Nacht durchtanzen und am Sonntag durchschlafen.«
Mit den Mädels meinte Becks ihre Mitbewohnerinnen, da sie sich mit drei anderen jungen Frauen eine Unterkunft teilte.
Sarah nickte ihr anerkennend zu. »Deine Energie möchte ich haben. Gib mir unbedingt etwas davon ab.«
Becks stieß ihr freundschaftlich in die Seite. »Davon hast du mehr als genug, Sarah.«
Lächelnd trank unsere Freundin einen Schluck von ihrem Baileys. Sie hatte eine Schwäche für Süßes, und der Whisky-Sahne-Likör war ihr liebstes Getränk. »Jedenfalls werde ich mit meinem Dad in die Oper gehen. Er ist über das Wochenende zu Besuch in London, und wir hatten das schon lange mal wieder vor.«
Früher hatte Sarah mit ihrem Vater in einem kleinen Haus in Richmond gewohnt. Doch nach einem Herzinfarkt mit anschließender Reha lebte er nun in seiner Heimat Wales in einem kleinen Örtchen am Meer, wo die Luft einfach besser für ihn war. Ich freute mich für Sarah, dass sie den engen Kontakt zu ihrem Vater dennoch beibehielt. Die Beziehung der beiden war besonders. Ich hätte mir gewünscht, mein Vater und ich hätten annähernd eine so gute Beziehung. Aber ich konnte froh sein, wenn er sich überhaupt an meinen Geburtstag erinnerte.
Schnell schüttelte ich die trüben Gedanken ab und sah Parker erwartungsvoll an. »Und was hast du vor?«
Ein Schmunzeln trat auf seine Lippen. »Ich habe ein Date mit einer jungen Lady.«
Für einen Moment spürte ich ein verräterisches Stechen in meinem Magen. Verdammt. Wieso machte mir das so viel aus? Wir kannten uns seit einigen Monaten, denn der Sunshine Pub zählte ebenfalls zu seinen Stammlokalen. Ja, er gefiel mir ungemein gut. Ich mochte die Wärme, die er ausstrahlte, und seinen Humor. Wir hatten bereits tolle Gespräche geführt. Nicht nur im Kreise unserer Freunde. Manchmal waren wir die letzten beiden, die noch einen Absacker tranken, und wir hatten uns schon einmal auf einen Kaffee getroffen. Und ja, wir hatten geflirtet. Mit Worten genauso wie mit Blicken. Aber da war nie mehr gewesen. Allmählich hatte ich die Befürchtung, dass er mich in die Friendzone steckte.
Wieso sah er mich dann erneut so an, als wollte er tief in meine Seele schauen?
Sein Schmunzeln wurde zu einem warmherzigen Lächeln. »Ich habe meiner Nichte versprochen, mit ihr ins Kino zu gehen.«
Ein Anflug von Erleichterung überkam mich, als ich mich daran erinnerte, dass er mit drei älteren Schwestern aufgewachsen war und alle nicht nur verheiratet, sondern auch Mütter waren. Es gab also keine Frau, die er datete. Hoffte ich zumindest.
Nun starrten alle mich an und warteten auf meine Wochenendplanung, die ziemlich fade war. Ich hob die Schultern. »Chillen und bingewatchen, schätze ich mal.« Schnell nahm ich das Bierglas und nahm einen großen Schluck. Warum kam ich mir wieder so langweilig vor? Dabei mochte ich es lieber gemütlich, statt ständig unterwegs zu sein.
»Klingt nach einem guten Plan.« Kate seufzte. »So, ich werde gleich aufbrechen. Ich muss meinen Hund von der Dogsitterin abholen. Kommt ihr mit?«
Sarah warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Ist echt spät geworden. Becks, Gill, wollen wir uns ein Taxi teilen?«
Rebecca trank den Rest ihres Cuba Libre in einem Zug leer. »Gerne. Bin ohnehin müde.«
Mein Glas war noch mehr als halb voll. Allerdings hatte ich keine Lust, allein nach Hause fahren zu müssen. Ich wollte bereits das Glas ansetzen, da kam Parker mir zuvor.
»Gill wohnt doch ganz in meiner Nähe. Wir können uns ein Taxi teilen, wenn es dir nichts ausmacht? Dann trinken wir beide in Ruhe unser Bier aus.«
Was bedeuten würde, dass ich allein mit Parker Simon hierblieb. Es war ja nicht so, als wäre es das erste Mal. Aber heute fühlte es sich anders an. Da war dieses Kribbeln in meiner Magengegend ...
»Klar, sehr gern«, sagte ich, bevor mein Verstand Einwände erheben konnte und mich der Mut verließ.
»Cooler Song«, sagte Parker, nachdem ich mich neben ihn auf die Bank gesetzt hatte. So ließ es sich besser unterhalten, ohne gegen die Lautstärke im Pub anbrüllen zu müssen.
Der Sänger performte gerade eine Neuinterpretation des alten Beatles-Schlagers Ticket to Ride. Ich lauschte einen Moment. »Erinnert mich an Chris Cornell«, meinte ich.
»Stimmt, jetzt fällt mir die Ähnlichkeit auch auf.« Er hob sein Bierglas und stieß mit mir an. Dabei kam er mir näher, und sein frisches Aftershave stieg mir in die Nase.
Unwillkürlich schweifte mein Blick über seinen Oberkörper. Er hatte seine Hemdsärmel aufgekrempelt und den Kragen seines cremefarbenen Hemdes gelockert. Seine breiten Schultern und seine muskulösen Unterarme kamen so noch besser zur Geltung. Mir wurde heiß. Sehr heiß.
»Ich finde es schön, dass wir uns allein unterhalten können.« Der Blick seiner dunklen Augen senkte sich von meinen Augen zu meinen Lippen, während er an seinem Bier nippte und das Glas wieder abstellte.
»Wolltest du dich über etwas Bestimmtes unterhalten?«, fragte ich und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr seine Nähe mich durcheinanderbrachte.
»Hmm, nicht unbedingt.« Ein vergnügtes Grinsen lag auf seinen Lippen.
»Schade, ich dachte schon, du brauchst meine Hilfe bei einem Fall.«
Er lachte leise, und der tiefe Ton drang direkt in meine Brust, sodass ich selbst grinsen musste.
Wir teilten dasselbe Fachgebiet, er war mir aber gut zwei Jahre an Erfahrung voraus. Das war nicht viel, wie ich fand, aber er erwähnte es hin und wieder neckend.
Eine Weile saßen wir schweigend nebeneinander, dem Sänger lauschend, unser Bier trinkend. Es fühlte sich gut an. Und was sollte dagegensprechen, dass wir uns weiter kennenlernten?
Bis auf das Gefühl, dass ich möglicherweise träumte. Ein attraktiver Mann wie Parker Simon hegte doch nicht wirklich Interesse an einer grauen Maus wie mir? Er arbeitete schließlich in einer Kanzlei, in der die meisten so aussahen, als hätten sie auch für Hugo Boss oder Calvin Klein modeln können. Er konnte jede Frau haben, da war ich mir sicher. Allein im Pub gab es Frauen, die immer wieder interessiert in unsere Richtung guckten. Als wollten sie abschätzen, ob wir etwas miteinander hätten.
Parker schien die Ladys gar nicht zu bemerken. Er war wirklich charmant und weder arrogant noch eingebildet, wie ich es gelegentlich bei gut aussehenden Typen während des Studiums erlebt hatte.
Wenn Parker mich ansah, fühlte ich mich besonders. Jedenfalls für einen kurzen Moment. Denn er schenkte jeder Gesprächspartnerin dieselbe Aufmerksamkeit. Er war ein verdammt guter Zuhörer.
»Noch ein Drink?«, fragte er, als sich mein Glas schon fast geleert hatte. »Die Kellnerin ist in der Nähe, ich könnte sie herbeiwinken.«
Ich überlegte kurz. Ein weiteres Getränk bedeutete, mehr Zeit mit ihm zu verbringen. »Ja, warum nicht.«
Bis die Bedienung mit unserer Bestellung kam, lauschten wir weiter nur der Musik.
Schließlich stießen wir mit unseren Gläsern an, wobei mir Parker schon wieder so tief in die Augen sah, dass mir ganz schummerig wurde.
»Weißt du, was mir in der letzten Zeit aufgefallen ist?«, fragte er wie nebenbei.
»Hmm? Ich bin gespannt, es zu erfahren.«
»Dass wir beide genauso gut gemeinsam schweigen können, wie wir uns unterhalten können. Ich fühle mich echt wohl in deiner Nähe.«
Hitze stieg in mir auf, und mein Herz schlug schneller. Ich schaffte es nicht, seinem Blick standzuhalten, sondern trank von meinem Bier.
»Außerdem hast du ein wunderschönes Lächeln. Gerade jetzt, wo du nicht weißt, was du von meinen Worten halten sollst.«
Meine Wangen glühten und ich versuchte, sie mit dem Bierglas zu kühlen. »Charmeur.«
Seine Miene wurde ernster. »Ist es dir unangenehm, wenn ich sage, dass du mir gefällst und ich dich mag?«
Das musste ein Traum sein. Ein wunderschöner Traum, aus dem ich nicht mehr aufwachen wollte.
»Nein, es ist mir nicht unangenehm. Es macht mich nur verlegen. Ich mag dich nämlich auch.«
Ich fühlte mich, als wäre ich wieder ein Teenager. Ein junges Ding, das gerade dem Schwarm aus der Oberstufe gestanden hatte, dass es ihn cool fand.
Parker stellte sein Glas ab und legte seine Hände sanft um mein Gesicht. »Gillian Hobbs, hättest du etwas dagegen, wenn ich dich jetzt küsse?«
Mein Verstand funktionierte kaum noch, mein Herz raste und mein Mund wurde trocken. Ich nahm nichts wahr außer dem Mann, der mich so intensiv ansah wie kein anderer zuvor. Ich rückte näher an Parker heran, und statt ihm zu antworten, presste ich meine Lippen auf seine.
Für einen Moment verharrte er wohl leicht überrascht. Dann schien er zu realisieren, dass ich den ersten Schritt getan hatte. Prompt ließ er die Hände von meinem Gesicht über meine Schultern in meinen Rücken wandern und drückte mich fester an sich. Dann erwiderte Parker sanft meinen Kuss, und ich seufzte leise auf. Seine Lippen waren warm, weich und angenehm.
Würde der Kuss doch niemals enden.
Ein Räuspern unterbrach uns, und schuldbewusst zuckte ich zurück. Parkers Blick wirkte verschleiert, und auch ich benötigte ein paar Atemzüge, um ins Hier und Jetzt zurückzufinden.
Vor uns stand die Bedienung und fragte, ob wir noch etwas trinken wollten. Genervt schaute sie zurück zum Bartender, was mich darauf schließen ließ, dass ihr Chef sie geschickt hatte, um uns zu unterbrechen. Unsere Gläser waren noch mehr als dreiviertel voll.
Parker räusperte sich. »Vielen Dank, wir brauchen nichts.« Er sah mich fragend an.
»Richtig«, bestätigte ich. »Wir wollten gerade gehen.« Ich setzte mein Glas an und trank den Rest in schnellen Zügen aus.
Parker lachte leise und tat es mir in langsamerer Weise nach.
Als wir den Pub verließen, ging er voran, denn es war zu eng, um nebeneinander herzulaufen. Und erst, als wir auf die Straße traten, bemerkte ich, wie stickig es im Inneren gewesen war. Ich atmete tief durch und überlegte, ob ich meinen leichten Trenchcoat überziehen sollte, den ich zusammen mit meiner Tasche über dem Arm trag. Andererseits regnete es nicht, und die Luft war angenehm. Es hatte zwar schon wärmere Sommertage im Juli gegeben, mir war es jedoch lieber, wenn es nicht ganz so heiß war.
Parker legte mir einen Arm um die Schultern. »Ist dir nicht kalt?« Er selbst hatte nur sein Sakko über das Hemd gezogen.
Nein, aber ich wollte nicht, dass Parker seinen Arm wegnahm. Also schmiegte ich mich an ihn und sagte nichts, während er die Straße entlangsah, vermutlich, um nach einem Taxi Ausschau zu halten. Es war nicht mal Mitternacht und noch einiges los auf Londons Straßen.
»Hast du Lust auf einen Absacker bei mir zu Hause?« Er fragte es beinahe wie nebenbei, als wäre ich schon öfter bei ihm gewesen.
Aber so war es nicht. Er bat mich gerade wirklich, mit ihm nach Hause zu fahren?
»Kommt darauf an, was du anzubieten hast«, antwortete ich keck.
Eines der schwarzen Taxis hielt vor uns am Straßenrand, und Parker öffnete mir galant die Tür.
»Alles, was du möchtest«, raunte er mir ins Ohr, während ich an ihm vorbei in den Wagen stieg.
Mein Herz setzte für einen Moment aus, und erneut spürte ich die Hitze in mir. »Das klingt vielversprechend. Wie könnte ich da Nein sagen?«
Parker setzte sich neben mich und nannte dem Taxifahrer seine Adresse. Wieder legte er einen Arm um mich, und ich schmiegte mich an ihn. Seine Nähe schenkte mir Geborgenheit. Obwohl mein Herz vor Aufregung schneller schlug, kam mein Verstand allmählich zur Ruhe. Es fühlte sich richtig an, hier zu sein, neben Parker. Und wenn ich ehrlich war, hatte ich mir das schon lange gewünscht.
Eine kleine Stimme in mir flüsterte, dass es allein für den Moment war. Dass Parker sich nur der Stimmung hingab, so wie ich auch. Entschlossen brachte ich die Stimme zum Schweigen, indem ich eine Hand auf Parkers Oberschenkel legte.
Er sog scharf die Luft ein und lachte leise. »Du bringst mich um den Verstand, weißt du das, Gill?«
»Nein. Das wusste ich nicht. Erzähl mir mehr davon.«
Mit der freien Hand hob er mein Gesicht an und sah mir in die Augen. »Ich glaube nicht, dass ich gerade noch viele Worte finde.«
»Das klingt sehr poetisch.«
Parker grinste schief. »Scheiße, ich bin alles, aber kein Poet.«
Ich leckte mir über die Lippen. »Wenn du nicht reden willst ... was willst du dann?«
In seinem Blick loderte ein Feuer, das mich zu verbrennen drohte. Doch ich hielt ihm stand und drückte mich fester an ihn, während meine Hand in seinem Schoß ein Stück nach oben rutschte.
Er senkte den Kopf und küsste mich. Seine Lippen pressten sich gegen meine, bis ich sie unter einem leisen Stöhnen öffnete.
Parker gab ein Knurren von sich, nahm seinen Arm von meiner Schulter und drückte mich gegen die Sitzlehne der Rückbank. Meine Hand berührte die Beule in seiner Hose.
Begierig, noch einmal dieses animalische Geräusch von ihm zu hören, festigte ich den Griff, und er stöhnte leise auf.
»Wenn du so weitermachst, kann ich mich nicht mehr zurückhalten«, flüsterte er, bevor er zärtlich an meinem Ohrläppchen knabberte und dann mit seinen Lippen meinen Hals liebkoste.
»Der Taxifahrer wäre nicht sehr erfreut«, hauchte ich und japste selbst nach Luft, da sich nun eine Hand unter mein Hinterteil schob.
»Der Taxifahrer ist mir scheißegal.« Parkers Stimme klang heiser. Er umfasste meine Pobacke und drückte sie sanft.
Die Hitze, die meinen ganzen Körper erfasst hatte, bündelte sich in meiner Mitte. Ich legte die Hände auf Parkers breite Schultern und schloss die Augen. Er hätte mich sofort nehmen können, hier und jetzt in diesem verdammten Taxi.
Doch dann hupte der Fahrer und legte eine Vollbremsung hin.
Parker wurde von mir heruntergeschleudert und knallte gegen den Beifahrersitz. Er gab ein »Autsch« von sich, lachte aber.
Erschrocken setzte ich mich auf und zupfte meinen Rock zurecht.
Der Fahrer sah in den Rückspiegel. »Alles in Ordnung da hinten? So ein Idiot hat mir gerade die Vorfahrt genommen.«
»Alles bestens«, sagte Parker und setzte sich wieder neben mich. Unauffällig zog er den Stoff seiner Hose zurecht und zwinkerte mir zu.
Ich grinste in mich hinein und hoffte, mein Puls würde sich bald beruhigen.
Parker Simon war der heißeste Kerl, dem ich je in meinem Leben begegnet war. Alles andere wäre gelogen gewesen. Blieb allein das Gefühl, dass ich träumen musste.
»Seltsam, dass wir uns in Crystal Palace noch nie über den Weg gelaufen sind«, sagte Parker im Plauderton, als das Taxi den Rotherhithe-Tunnel unter der Themse verließ und sich somit dem Stadtteil näherte, in dem wir beide wohnten.
Dankbar für den Themenwechsel setzte ich zu einer Antwort an. »Stimmt. Aber so oft bin ich da auch nicht unterwegs.« Die Wochenenden verbrachte ich gerne im Bett mit einem guten Buch, sofern ich mich nicht mit Sarah oder den anderen beiden Mädels traf. Hätte ich das laut ausgesprochen, wäre ich mir selbst langweilig vorgekommen.
»Ich bin oft im Park unterwegs«, erklärte Parker. »Zum Joggen oder einfach zum Entspannen.«
»Du treibst viel Sport?«
»Klar, irgendwo muss der Ausgleich zum Bürojob ja herkommen.«
Was seine breiten Schultern und den muskulösen Körperbau erklärte.
Mein Ausgleich bestand aus viel Schlaf und Nichtstun. Ich atmete tief durch und versuchte, die aufkeimende Nervosität zu bekämpfen. Je näher wir seinem Zuhause kamen, desto kribbeliger wurde ich.
Parker griff nach meiner Hand und drückte sie an seine Brust. Er schien meine innere Anspannung zu spüren. Es war verrückt, wie nah ich mich ihm fühlte. Parker war einfühlsam, und gleichzeitig strahlte er diese Stärke aus. Trotz der Nervosität fühlte ich mich sicher bei ihm. Ein schönes Gefühl.
Als der Taxifahrer hielt, bezahlte Parker die Fahrt und half mir beim Aussteigen.
Das Haus, auf das wir nun zusteuerten, war modern und die Fassade cremeweiß gestrichen. Es war also keiner der sanierten Altbauten. Aber das nahm ich nur am Rande wahr. Denn meine Aufmerksamkeit galt voll und ganz Parker, der mich nun zu seinem Appartement im zweiten Stock des Gebäudes führte. Sobald wir die Türschwelle übertreten hatten, nahm er mir den Trenchcoat sowie meine Tasche ab, die er in der Garderobe im kleinen Flur unterbrachte.
»Hier geht es zum Wohnzimmer«, erklärte er, nachdem er sein Sakko abgelegt hatte, und näherte sich meinem Ohr. Ein wohliger Schauer überkam mich, als er meine Haare zur Seite schob und einen sanften Kuss auf meinen Nacken hauchte. »Und dort drüben geht es zum Schlafzimmer.«
Er überließ mir die Entscheidung.
Ich drehte mich zu ihm um, nahm ihn an der Hand und ging rückwärts in die Richtung des Schlafzimmers.
Parker ließ meine Hand los und umfasste meine Taille, damit er mich lenken konnte und ich nicht gegen irgendwelche Möbel oder Türrahmen stieß.
An seinem Bett kamen wir zum Stehen. Sein Blick war fragend, rückversichernd.
Lächelnd löste ich mich etwas von ihm und begann damit, sein Hemd aufzuknöpfen. Als ich es ihm über die Schultern gestreift hatte, bewunderte ich seine glatte, makellose Haut. Ich hätte mir nicht auszumalen vermocht, wie perfekt er unter diesen Hemden aussah.
Parker griff in mein Haar und zog mich an sich heran, sodass er mich küssen konnte. Und was für ein Kuss das war! Leidenschaftlich, als gäbe es nichts anderes als diesen Kuss. Seine Lippen waren sanft und fordernd zugleich. Ich konnte mich nicht daran erinnern, je in meinem Leben so geküsst worden zu sein.
Ich ließ mich fallen, lehnte mich an ihn und genoss es in vollen Zügen, ihm so nah zu sein.