Law of Love - Mein Glück in deinen Händen - J.T. Sheridan - E-Book

Law of Love - Mein Glück in deinen Händen E-Book

J.T. Sheridan

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Beschreibung

Kate Johnson, Anwältin bei »Black & Chase«, stammt aus gutem Hause. Die ihr mitgegebenen Werte sind für sie von großer Bedeutung. Ihr nächster Mandant aber bringt sie an ihre Grenzen, denn Rockstar Danny Morton ist das wandelnde Chaos. Nie kommt er pünktlich zu einem Termin, seine Manieren lassen zu wünschen übrig, und Partys scheinen ihm wichtiger zu sein als die drohende Klage seines ehemaligen Agenten. Kate hat alle Hände voll zu tun, den eigenwilligen Kerl in den Griff zu bekommen. Dass sie ihn wider alle Umstände dennoch attraktiv findet, macht es nicht gerade leichter.

Der dritte Band der romantischen und heißen Anwalts-Romance-Reihe rund um die Anwältinnen und Anwälte von der Londoner Kanzlei »Black & Chase«. Alle Bände der Reihe können unabhängig voneinander gelesen werden.

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

1. Kate

2. Danny

3. Kate

4. Danny

5. Kate

6. Danny

7. Kate

8. Danny

9. Kate

10. Danny

11. Kate

12. Danny

13. Kate

14. Kate

15. Kate

16. Danny

17. Kate

18. Danny

19. Kate

20. Kate

21. Danny

22. Kate

23. Danny

24. Kate

25. Danny

26. Kate

Epilog

Über die Autorin

Weitere Titel der Autorin

Impressum

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Über dieses Buch

Kate Johnson, Anwältin bei »Black & Chase«, stammt aus gutem Hause. Die ihr mitgegebenen Werte sind für sie von großer Bedeutung. Ihr nächster Mandant aber bringt sie an ihre Grenzen, denn Rockstar Danny Morton ist das wandelnde Chaos. Nie kommt er pünktlich zu einem Termin, seine Manieren lassen zu wünschen übrig, und Partys scheinen ihm wichtiger zu sein als die drohende Klage seines ehemaligen Agenten. Kate hat alle Hände voll zu tun, den eigenwilligen Kerl in den Griff zu bekommen. Dass sie ihn wider alle Umstände dennoch attraktiv findet, macht es nicht gerade leichter.

J.T. Sheridan

Mein Glück in deinen Händen

1. Kate

Die Atmosphäre im Salon meiner Eltern war schon immer beeindruckend gewesen. Ich wusste nicht, an wie vielen Empfängen und Feierlichkeiten ich hier in meinen zweiunddreißig Lebensjahren bereits teilgenommen hatte. Der heutige Abend jedoch war ein ganz besonderer und stellte alles bisher Dagewesene in den Schatten.

Der Salon wurde von cremefarbenen Kerzen in silbernen Kandelabern erhellt. Im Kamin prasselte ein angenehmes Feuer. Eine junge Frau in einem schwarzen Abendkleid saß am weißen Steinway-Flügel und spielte ein Jazz-Stück. Zwei Kellnerinnen schritten durch die Menge der Gäste und boten ihnen auf Tabletts exklusive Häppchen an.

»Mum hat sich ganz schön Mühe gegeben«, murmelte meine Schwester, die neben mir in einer Ecke des Salons stand und den Empfang ebenfalls beobachtete.

An meinem Manhattan nippend, den ein extra für diesen Abend engagierter Barkeeper zubereitet hatte, stimmte ich ihr zu. »Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Nerven sie die Vorbereitungen gekostet haben.«

Unsere Mum war eine Perfektionistin, was solche Anlässe anbelangte. Jedes Detail musste stimmen, von der Farbe der Kerzen bis zur Auswahl der Kleidung der Kellner. Aber der Aufwand hatte sich gelohnt. Dads Ruhestandsparty war ein voller Erfolg. Ehemalige Kollegen und Kolleginnen aus dem Krankenhaus waren ebenso anwesend wie namhafte Persönlichkeiten aus der näheren Umgebung von Warwickshire, wo meine Eltern schon seit vielen Jahren lebten. Dad war der Leiter des Heyford Hospitals in der Nähe von Oxfordshire gewesen. Doch nicht nur als Krankenhausdirektor, sondern auch als Chirurg hatte er sich einen guten Namen gemacht.

Francis zupfte am Saum ihres schwarzen Kleides. »Ich hätte etwas anderes anziehen sollen«, murmelte sie missmutig.

Seit der Geburt ihres ersten Kindes vor zweieinhalb Jahren war sie besonders selbstkritisch – was meiner Meinung nach völlig unnötig war. Das Kleid aus schwarzer Spitze schmiegte sich vorteilhaft an ihre Rundungen. Und in Kombination mit der dunklen Strumpfhose, den hochgesteckten schwarzen Haaren und der Kette aus elfenbeinfarbenen Perlen sah sie wirklich fantastisch aus, obwohl sie sonst lieber Jeans und Pullis trug.

»Du siehst toll aus«, sagte ich. »Und das behaupte ich nicht nur, weil ich deine große Schwester bin.«

Tatsächlich war ich zwei Jahre älter und überragte sie auch um fast Haupteslänge. Speziell heute, da ich mich für Pumps entschieden hatte und meine Schwester für Ballerinas.

Sie prostete mir mit ihrem Wasserglas zu und lächelte erleichtert. »Du siehst übrigens fabelhaft aus. Der Hosenanzug steht dir ausgezeichnet.«

»Danke.« Ich mochte mein Outfit ebenfalls sehr. Besonders die dunkelgrüne Farbe und die Tatsache, dass der Stoff im Kerzenlicht leicht schimmerte, was wiederum auch meine braunen Augen zum Strahlen brachte.

Während ich einen weiteren Schluck von meinem Drink nahm, erspähte ich Dad unter den Gästen. Er lachte über etwas, das ein hochgewachsener junger Mann zu ihm gesagt hatte, und wirkte überaus zufrieden.

»Kennst du den Kerl?«, wollte Francis wissen. Ihre Aufmerksamkeit galt Dads Gesprächspartner.

»Nein, nicht dass ich wüsste.«

»Von hinten sieht er jedenfalls attraktiv aus. Vielleicht stellt Dad ihn dir gleich vor?«

Ich hätte mich beinahe an meinem Drink verschluckt. »Hoffentlich nicht.« Zwar fand ich den Mann, mit dem sich unser Vater unterhielt, in keiner Weise abstoßend, doch ich kannte ihn ja nicht einmal. Und dabei wollte ich es auch belassen. Ich hatte unseren Eltern bereits vor fünf Jahren klargemacht, dass ich keine weiteren Verkupplungsversuche ertragen würde. Sie schienen der Meinung zu sein, ich bräuchte unbedingt einen Ehemann und wäre nicht dazu in der Lage, mir selbst einen auszusuchen. Dabei war ich eine erwachsene Frau, dazu Anwältin und sehr zufrieden mit meinem Leben, so wie es war. Sollte sich irgendwann einmal ein Mann in mein Leben verirren, so würde ich das allein hinbekommen. Und falls nicht, war es auch nicht weiter schlimm.

Francis seufzte tief und ich spürte, dass ihr etwas auf dem Herzen lag. Sie machte schon seit ihrer Ankunft am Nachmittag einen eher ruhigen und nachdenklichen Eindruck, dabei war sie sonst die Quirlige von uns.

»Ist alles okay bei dir?«

Sie runzelte die Stirn. »Hm, lass uns später darüber sprechen, ja?«

Ich nickte und hoffte, es gab etwas, wobei ich ihr helfen konnte. Und wenn es nur ein Ohr zum Zuhören und eine Schulter zum Anlehnen war. Aufgrund des geringen Altersunterschieds standen wir uns sehr nah.

Im nächsten Moment gesellte sich Mum an Dads Seite und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er nickte, räusperte sich und klopfte mit seinem Ehering klirrend gegen sein Champagnerglas.

Die Gespräche verstummten, und die Anwesenden lenkten ihre Aufmerksamkeit auf den Gastgeber.

»Hoffentlich hat er geübt«, raunte mir Francis zu.

»Mum hat ganz sicher dafür gesorgt.«

Wir wussten alle, dass Dad solche Situationen nicht mochte. Er stand lieber zehn Stunden im OP, statt auch nur drei Sätze vor Publikum zu sprechen.

»Aber Dad sieht großartig aus«, fügte meine Schwester noch hinzu.

Ich nickte zustimmend. Unser Vater trug einen dunkelgrauen Anzug, der zur Farbe seiner Augen passte, und für sein Alter machte er eine sehr gute Figur.

»Ihr Lieben.« Mit einem seligen Lächeln sah er in die Runde. »Vielen Dank, dass ihr heute so zahlreich erschienen seid. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich bei einigen Menschen zu bedanken, die mich in den letzten Jahren begleitet haben.« Er suchte die Menge ab und prostete einem älteren Herrn mit schlohweißem Haar zu. »Professor Almyn. Ich werde den Tag nie vergessen, als ich zum ersten Mal eine Operation unter Ihren Fittichen leitete. Es war mir eine Ehre, unter Ihnen arbeiten zu dürfen und von Ihnen schließlich die Leitung des Krankenhauses zu übernehmen.«

Dad dankte weiteren Kollegen und Kolleginnen, bevor er sich an Mum wandte. »Mein größter Dank aber gilt meiner Ehefrau, Ishani.« Er hielt inne, und ich erkannte, dass er um Worte rang. Verlegen fuhr er sich durch sein grau meliertes Haar. »Danke, dass du es all die Jahre mit mir ausgehalten hast. Danke für deine Unterstützung. Danke für alles, was du mir gegeben hast: unsere wunderbaren Töchter Katherine und Francis. Danke, dass du die Stellung zu Hause gehalten hast, wenn ich mal wieder Überstunden geschoben habe. Ohne dich hätte ich all das nicht geschafft.« Er schluckte, und ich selbst spürte, wie mir seine Worte Tränen in die Augen trieben.

Meine Eltern hatten es gewiss nicht immer leicht gehabt in ihrer Beziehung. Sie hatten sich in Indien kennengelernt, als Dad noch ein junger Arzt gewesen war und für Ärzte ohne Grenzen arbeitete. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen, wie Mum immerzu betonte. Und sie hatte alles für ihn aufgegeben, um mit ihm nach England gehen zu können. Ihre eigene Familie und ihre Karriere als Dolmetscherin.

Aber sie hatten niemals aufgegeben, an ihrer Beziehung gearbeitet, und ihre Liebe war nie verblasst. Francis und ich hatten eine glückliche Kindheit erleben dürfen. Die wenige freie Zeit, die Dad mit uns verbrachte, hatte er gefüllt mit wunderbaren Erinnerungen.

Natürlich war nicht alles rosig gewesen. An Francis und mich waren hohe Erwartungen gestellt worden. Heute, da ich erwachsen war und mein eigenes Leben führte, verstand ich es. Wir waren aufgrund unserer finanziellen Situation und Dads sozialem Status privilegiert aufgewachsen. Und wir sollten lernen, dass mit diesen Privilegien auch Verantwortung einherging. Man verlangte von uns tadelloses Benehmen und gute Noten. Wir sollten immer erst an andere denken, bevor wir an andere dachten ... Eine schwere Bürde für ein kleines Kind oder einen Teenager, der sich von seinen Eltern abzugrenzen versuchte.

Unterdessen hatte Dad seine Stimme wiedergefunden und hob sein Glas. »Von jetzt an werde ich ein besserer Ehemann sein«, gelobte er in Mums Richtung. »Auf einen neuen Lebensabschnitt.« Er setzte sein Glas an die Lippen, während die Gäste applaudierten.

Eine junge Frau, die für den Cateringservice arbeitete, trat zu Francis und mir. »Verzeihen Sie bitte die Störung.« Sie reichte meiner Schwester ein Babyfon, auf das die Mitarbeitenden in der Küche freundlicherweise geachtet hatten. »Ihr Sohn hat geweint.«

Francis seufzte tief. »Dann ist die Party für mich wohl jetzt vorbei.«

Ich legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Soll ich für dich gehen?«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Kyle ist momentan ziemlich auf mich fixiert. Aber danke.« Sie lächelte müde, drückte der jungen Frau das Wasserglas in die Hand und ließ mich mit meinem Drink allein zurück.

Das sollte allerdings nicht lange so bleiben. Denn schon näherte sich Dad in Begleitung des Mannes, mit dem er zuvor so intensiv gesprochen hatte.

»Das war eine wundervolle Rede, Dad.«

Er atmete tief durch und zwinkerte mir zu. »Ich bin froh, dass ich den Part hinter mir habe. Kate, ich möchte dir jemanden vorstellen: Brandon Murphy. Brandon hat die Tierarztpraxis in Henley übernommen.«

Zuvor hatte ich ihn nur von hinten gesehen. Jetzt, da er mich direkt anschaute und ich sein glattes Gesicht betrachtete, stellte ich fest, dass er schon irgendwie attraktiv war. Sein Haar war adrett frisiert, jedes dunkelblonde Haar saß dort, wo es hingehörte. Der dunkelblaue Anzug stand ihm hervorragend. In einer Hand hielt er ein Glas Weißwein. Die andere streckte er mir zur Begrüßung entgegen.

»Es freut mich sehr, dich kennenzulernen, Kate.«

»Freut mich ebenso.« Ich ergriff die mir dargebotene Hand. Der Händedruck eines Menschen sagt bereits viel über ihn aus. Brandons war angenehm fest und warm. Ich war aber auch schon Männern begegnet, bei denen es sich anfühlte, als hätte man einen kalten, schwabbeligen Fisch in der Hand.

Dad seufzte zufrieden. »Wo ist Francis? War sie nicht eben noch bei dir?«

»Kyle ist wach geworden«, sagte ich.

Dad nickte verstehend. »Kyle ist mein Enkelsohn«, erklärte er dem Tierarzt. »Ein hervorragender Bursche, der uns alle auf Trab hält, nicht wahr, Kate?«

»Das stimmt. Ein Kind mit großem Temperament.« Und wir alle liebten den kleinen Kerl.

Brandon nippte an seinem Weißwein. »Ehrlich gesagt kann ich mit Kindern nicht so viel anfangen.«

Autsch. Da war der Gute gerade in ein Fettnäpfchen getreten, denn meine Eltern wünschten sich nichts sehnlicher als weitere Enkelkinder, die sie nach Strich und Faden verwöhnen konnten.

Ich hob die Brauen und warf Dad einen vorwurfsvollen Blick zu. Der jedoch schien Brandons Antwort nicht wirklich gehört zu haben, sondern klopfte seinem Gast auf die Schulter. »Ich lasse euch beide mal allein. Nehmt noch etwas von den Lachshäppchen. Die waren schweineteuer. Wäre schade, wenn man die am Ende entsorgen müsste.« Er lachte in sich hinein und wandte sich seinem nächsten Gast zu.

Gott, ich wünschte, Dad würde davon ablassen, mir Männer vorzustellen, von denen er glaubte, sie wären perfekt für mich geeignet. Jetzt stand ich hier mit einem Fremden und musste Small Talk halten.

Wenigstens fanden wir direkt ein Thema, über das wir sprechen konnten.

»Tierarzt also«, sagte ich. »Kleintiere oder Großvieh?«

Er betrachtete mich interessiert. Seine Augen waren von einem blassen Graublau. »Alles, was in der Gegend kreucht und fleucht.« Er trank den Rest seines Weines aus und sah sich um.

Die Kellnerinnen waren allerdings ganz damit beschäftigt, die Häppchen unter die Leute zu bringen.

Ich nickte Brandon zu, damit er mir zur Bar folgte, die sich im hinteren Bereich des Salons befand. »Einen Châteauneuf-du-Pape für den Herrn. Und einen Marananga Shiraz für mich, bitte.«

Der Barkeeper nickte mir zu und machte sich an die Arbeit.

»Du kennst dich also mit Wein aus?«, fragte Brandon.

»Eines meiner Laster«, bekannte ich. »Und du? Hast du ebenfalls eine kulinarische Schwäche?«

Er hob eine Schulter. »Whiskey, Zigarren ... das Übliche.«

Das Übliche in unseren Kreisen. Vermutlich spielte er auch Golf oder Tennis oder beides und ging im schlimmsten Fall im Herbst auf die Jagd. Mit den ersten beiden hätte ich leben können, aber das Jagen verabscheute ich.

Obwohl, als Tierarzt ... »Gehst du auf die Jagd?«, fragte ich freiheraus.

Er lachte auf. »Nein, ganz sicher nicht.«

Gut, das war ein großer Pluspunkt. Ich atmete erleichtert auf und reichte ihm das gefüllte Weißweinglas, das der Barkeeper auf den Tresen gestellt hatte. Ich selbst nahm den Rotwein und prostete Brandon zu.

»Auf einen angenehmen Abend«, sagte ich.

»Sehr angenehm.« Er ließ noch einmal den Blick über mich wandern.

Eigentlich sollte ich angetan sein. Er war Tierarzt, besaß eine eigene Praxis, mochte Wein. Aber bisher fühlte ich ... nichts. Nun gut. Wir unterhielten uns gerade einmal seit zehn Minuten. Ich sollte nicht voreilig sein. Das war ich viel zu oft.

»Dein Dad hat erwähnt, dass du einen Hund hast.«

Ich spürte einen kleinen warmen Funken in mir aufsteigen. Endlich. »Kane. Er ist ein irischer Wolfshund.«

»Oh, die werden nicht sehr alt.«

Der warme Funken huschte schneller davon, als ich ihn erfassen konnte. »Er erfreut sich bester Gesundheit«, versicherte ich und nahm einen großen Schluck vom Rotwein.

»Ich kann ihn mir gerne mal ansehen.«

»Nicht notwendig. Wir waren gerade erst letzte Woche in London beim Tierarzt. Alles prima.« Was sogar stimmte. Kane war gerade mal zwei Jahre alt. Ein großer Clown mit riesigen Tatzen und struppigem Fell, der mir mein Herz gestohlen hatte, sobald ich in seine treuen Augen gesehen hatte.

Brandon holte aus seiner Brusttasche eine Visitenkarte hervor. »Nur für den Fall, dass du eine zweite Meinung brauchst.«

Zögernd nahm ich sie entgegen. »Danke?« Ich klang tatsächlich eher fragend. »Oh, falls du mal eine Anwältin brauchst ...«

»Okay.«

Innerhalb von zwei Sekunden waren wir in eine Situation geraten, der ich zu gerne entkommen wollte. Flirten war absolut nicht mein Ding. Brandon schien da ebenfalls Nachhilfe gebrauchen zu können.

»Ich werde mal sehen, ob meine Schwester irgendetwas braucht«, sagte ich. »War wirklich nett, sich mit dir zu unterhalten.«

»Melde dich gerne bei mir. Auch, wenn du einen Kaffee trinken möchtest.«

Ich brachte ein Lächeln zustande. »Ja, gerne.«

Mit einem unangenehmen Gefühl in der Magengegend wandte ich mich von dem Tierarzt ab und verließ fluchtartig den Salon.

Doch auch als dieser längst hinter mir lag, wurde ich nicht langsamer und erreichte in Rekordgeschwindigkeit das Obergeschoss des alten Farmhauses, das meine Eltern in ein luxuriöses Anwesen hatten verwandeln lassen. Möglichst leise schritt ich über den graublauen Teppich des Flurs an Gemälden vorbei, die Mum bei lokalen Künstlern erstanden hatte. Sie zeigten hübsche Landschaftsmalereien von Seen und Wäldern und kleinen Farmhäusern.

Die Tür zu dem Gästezimmer meiner Schwester war nur leicht angelehnt. Vorsichtig lugte ich hinein.

Kyle schien wieder eingeschlafen zu sein. Sein kleiner Körper inmitten des großen Bettes war fest eingewickelt in eine kuschelige Decke. Meine Schwester lag neben ihm, drehte sich aber zu mir um, als sie bemerkte, dass jemand an der Tür war.

»Ist alles okay?«, raunte ich.

Sie nickte, kletterte behutsam aus dem Bett und kam zur Tür. Ihr Haar stand in alle Richtungen ab, nachdem sie die Hochsteckfrisur gelöst hatte. »Er hatte nur einen Albtraum.«

»Möchtest du zurück zur Party? Ich kann bei ihm bleiben.«

»Hm, ich glaube, ich könnte selbst ein Nickerchen vertragen.« Sie gähnte und hielt sich die Hand vor den Mund.

Ich hatte zwar selbst kein Kind, aber ich sah meiner Schwester an, wie anstrengend es für sie sein musste, ihren Job und die Kindererziehung unter einen Hut zu bringen. Ihr Mann arbeitete viel, und sie übernahm den Hauptteil der Care-Arbeit für das gemeinsame Kind.

Da ich mein Weinglas mitgenommen hatte, bot ich es ihr an. »Magst du?«

Sie schüttelte den Kopf. »Du weißt doch, dass ich kaum Alkohol vertrage.«

Das stimmte. Entweder fiel sie sofort in Tiefschlaf oder wurde zur Wilden. Zumindest war das früher so gewesen, als wir noch studiert hatten. Sie Medizin und ich Jura.

»Ich habe auch keine große Lust, zurück zur Party zu gehen. Dad versucht, mich mit diesem Typen zu verkuppeln. Er ist Tierarzt.«

Francis warf einen Blick über ihre Schulter zu ihrem schlafenden Kind. »Warte, lass uns in dein Zimmer gehen, da können wir uns besser unterhalten.« Sie holte das Babyfon vom Nachttisch und lehnte die Tür an.

Dann betraten wir gemeinsam mein Zimmer, das sich direkt neben ihrem befand.

Kane hatte es sich im Bett gemütlich gemacht. Ich hatte ihm eine Nachttischlampe angelassen, sodass ich sofort sah, dass sein großer haariger Körper die komplette Fläche einnahm.

Müde hob er den Kopf, als er mich bemerkte.

»Runter!«, zischte ich. Wenn Mum mitbekam, dass mein Hund in der teuren Bettwäsche nächtigte, würde sie mich zum Teufel jagen.

Kane streckte seine langen Glieder und kletterte gemächlich aus dem Bett. Zum Glück lag noch die Tagesdecke über der eigentlichen Bettwäsche.

Das große Zotteltier kam zu mir und drückte seinen Kopf gegen meine Hüfte. »Ja, ich weiß, es war ein anstrengender Tag. Aber ich habe extra dein Körbchen mitgebracht.« Ich zeigte auf die Kindermatratze, die Kane als Körbchen diente und die ich direkt vor das Fußende des Bettes gelegt hatte.

»Denkst du wirklich, dein Hund versteht dich?« Francis ordnete ihr wirres Haar zu einem Pferdeschwanz.

»Natürlich versteht er die Worte nicht, aber meinen Tonfall.« Immerhin hatte ich viel Zeit mit der Erziehung dieses Dickschädels verbracht. Ich deutete nochmals auf die Matratze, und Kane trottete gemächlich dorthin. Mit einem Plumps ließ er sich darauf fallen und schnaufte tief durch.

»Na also, geht doch.« Nach der zweistündigen Fahrt von London nach Warwickshire hatte ich Kane und mir einen ausgiebigen Spaziergang um den See herum gegönnt. Kein Wunder, dass mein Hund so müde war.

Ich stellte mein Weinglas auf dem Nachttisch aus weißem Holz ab und zog die petrolfarbene Tagesdecke vom Bett. Seite an Seite ließen Francis und ich uns auf der Bettkante nieder.

»Tierarzt ist der Typ also?«, fragte Francis.

»Ja.«

»Würde doch passen.« Sie deutete mit einem Kopfnicken in Richtung meines Hundes.

Ich verzog das Gesicht. »Weil sein Beruf mir nützlich sein könnte, bedeutet das nicht, dass ich sofort Feuer und Flamme bin.«

»Das wäre ohnehin nicht deine Art.«

»Wie meinst du das?« Ich verschränkte die Arme vor der Brust und musterte das Profil meiner Schwester.

»Na, du bist eher rational. Deine Gefühle entwickeln sich eher langsam. Du bist also selten direkt Feuer und Flamme.«

Da musste ich ihr zustimmen. »Außer bei Kane, das war Liebe auf den ersten Blick.« Oder vielmehr auf den ersten Rempler. Damals war der Junghund so fest gegen mich geknallt, weil er seine Gliedmaßen noch nicht unter Kontrolle gehabt hatte, dass ich auf dem Hinterteil gelandet war. Seine Mutter hatte einer Mandantin von mir gehört. Kane hatte als Junghund einige gesundheitliche Probleme gehabt, sodass die Hobbyzüchterin ihn nicht hatte vermitteln können. Nun, vermutlich hatte das Schicksal es einfach gewollt, dass er für mich bestimmt war. Wenn man an so etwas glaubte. Denn der tollpatschige Kerl hatte mir sofort das Herz gestohlen, und ich hatte ihn zu mir genommen. Nachdem ich mithilfe einer lieben Tierärztin herausgefunden hatte, dass seine gesundheitlichen Probleme durch Futtermittelunverträglichkeiten verursacht wurden, und Kane spezielles Futter bekam, hatte er sich prächtig entwickelt.

Francis seufzte tief, und ihr Blick war ins Leere gerichtet. Oder vielmehr ins Innere.

»Woran denkst du?«, hakte ich nach. Ich nahm das Weinglas und nippte an der köstlichen roten Flüssigkeit. Mums Auswahl der Weinsorten für diesen Abend war ausgesprochen gut gelungen. Das musste ich ihr unbedingt noch sagen.

»Ich glaube, ich möchte jetzt doch einen Schluck«, murmelte Francis.

Ich hob die Brauen und reichte das Glas weiter.

Nachdem sie davon getrunken hatte, atmete sie tief durch. »Gary und ich haben uns getrennt.«

»Was?!« Ungläubig starrte ich sie an. Ich war davon ausgegangen, dass Gary einfach nur an diesem Wochenende eine Schicht übernehmen musste und deswegen nicht bei Dads Party dabei sein konnte. »Ist irgendwas passiert?« Stirnrunzelnd schüttelte ich den Kopf. »Er hat dich doch nicht etwa betrogen?«

Sie lächelte traurig und hob den Blick in meine Richtung. »Nein, er hat mich nicht betrogen. Es ist einfach ... Keine Ahnung. Wir haben uns auseinandergelebt. Ganz besonders, seit der Kleine auf der Welt ist. Ich habe das Gefühl, dass alles, was mit dem Kind zu tun hat, allein meine Aufgabe ist. Gary kann sich um seine Karriere kümmern, während ich versuche, beides zu stemmen: Beruf und Familie. Ich habe ihn so oft darum gebeten, mir zu helfen. Es hat Ewigkeiten gedauert, bis er zugestimmt hat, eine Nanny einzustellen. Seitdem ich wieder arbeite, ist es noch schlimmer geworden. Gary nimmt überhaupt keine Rücksicht. Er lebt sein Leben, als ob es Kyle und mich gar nicht geben würde.« Tränen glänzten in ihren Augen, und ihr Kinn zitterte.

Ich legte einen Arm um ihre Schultern. »Wie lange seid ihr getrennt?«

»Zwei Wochen. Es sollte erst mal nur eine Pause sein. Gary ist in ein Hotel gezogen. Leisten kann er sich das von seinem Chefarzt-Gehalt allemal.« Sie schnaufte durch. »Aber ehrlich gesagt fühle ich mich erleichtert, seit er weg ist. So muss ich wenigstens nicht mehr seine Erwartungen erfüllen. Lediglich meine eigenen. Das ist schwer genug.«

»Wissen es Mum und Dad?«

»Nein, ich wollte ihnen die Party nicht ruinieren. Mum hat sich so viel Mühe gegeben und sich so sehr gefreut. Und Dad hat schon Pläne gemacht, er will mit Gary nach Weihnachten zum Skifahren in die Schweiz.«

So richtig konnte ich immer noch nicht begreifen, dass sich meine Schwester und ihr Ehemann tatsächlich getrennt hatten. Die beiden kannten sich bereits seit dem Studium. Sie waren ein echtes Traumpaar gewesen, hatten dieselben Interessen, denselben Freundeskreis, dieselben Träume. Gary war Chirurg geworden und meine Schwester Kinderärztin. Sie hatten immer im selben Krankenhaus in Oxford gearbeitet. Unsere Eltern waren sehr stolz auf ihren Schwiegersohn gewesen. Ganz besonders seit der Geburt des Enkelkindes, dem kleinen Kyle.

»Wenn es sich richtig für dich anfühlt, dann ist es auch das Richtige«, sprach ich Francis Mut zu.

Sie lehnte sich an meine Schulter. »Danke, dass du für mich da bist.«

»Immer, Francis. Ich bin immer für dich da.«

Sie reichte mir das Weinglas zurück. »Sieht so aus, als müsstest du jetzt die perfekte Tochter sein, die sich unsere Eltern stets gewünscht haben.«

Ich verzog das Gesicht. »Mum und Dad werden stolz auf dich sein. Egal, was ist.«

Aber ihre Ahnung mit der perfekten Tochter ... Sie würden so etwas nie laut aussprechen. Doch man konnte es in ihren Augen sehen. Wie als Jugendliche, wenn man eine schlechte Note aus der Schule mit heimbrachte. Oder sobald man eröffnete, dass man eigentlich lieber in London wohnen wollte statt in Oxford. Francis und ich waren mit dieser Erwartungshaltung aufgewachsen, und sie verfolgte uns offensichtlich nach wie vor.

Meine Schwester gähnte herzhaft. »Darf ich noch ein wenig bei dir bleiben? Einfach wie früher?«

»Na klar. Wollen wir etwas im Fernsehen anschauen, auch wie früher?«

»Gute Idee.«

Ich schaltete den Fernseher mit der Fernbedienung ein, die neben dem Bett auf dem Nachttisch lag. Es wunderte mich, dass Mum jedes Gästezimmer sogar mit Fernsehern ausgestattet hatte. Ihren Gästen sollte es offensichtlich an nichts fehlen.

Francis und ich machten es uns auf dem Boxspringbett gemütlich und zappten durch die Programme. Wir blieben bei einem Musiksender hängen, der gerade keine Musik zeigte, sondern ein Interview mit einem Musiker.

Francis richtete sich ruckartig auf. »Kate! Das ist Danny!«

Ich blinzelte und überlegte, ob ich eine Brille brauchte, da ich den Mann nicht sofort erkannt hatte. Auf dem Bildschirm war ein etwa dreißigjähriger Kerl mit Dreitagebart und wirrem schulterlangem Haar zu sehen. Er trug einen olivfarbenen Pulli und zerrissene schwarze Jeans. »Stell mal den Ton lauter!«, rief Francis aufgeregt.

Ich fühlte mich, als wären wir wieder sechzehn und achtzehn. »Ich mach ja schon.«

»Danny«, sagte die blonde Moderatorin gerade. »Du hast deine Tour vor zwei Tagen hier in London beendet. Wirst du dir nun eine Auszeit gönnen?«

»Tatsächlich hat mich diese Tour beflügelt und motiviert«, antwortete der australische Star mit einem charmanten Grinsen. »Die Liebe der Fans und die Kraft, die mein ganzes Team in diese Tour gesteckt hat, wirken einfach mega inspirierend auf mich. Ich habe in den letzten Monaten an neuen Songs geschrieben, während ich durch die Hotelzimmer der Welt gezogen bin. Die möchte ich nun im Studio aufnehmen.«

»Heißt das, wir hören bald neue Songs von dir?«

»Ja, Sonja, das werden wir.«

»Verdammt, er sieht noch besser aus als früher«, schwärmte meine Schwester.

»Er ist ja jetzt auch doppelt so alt.«

Sie klopfte auf meinen Oberschenkel. »Sag nicht so schlimme Dinge, sonst fühle ich mich auch alt.«

Lachend schüttelte ich den Kopf und trank den Rest vom Rotwein, bevor ich ihr antwortete. »Aber du hast recht: Er ist schon ziemlich attraktiv. Wenn man auf diese verknautschte Art von Mann steht.«

Seufzend ließ sich Francis gegen das gepolsterte Kopfteil des Bettes sinken. »Schade, dass wir sein Konzert verpasst haben. Ich hätte ihn gerne wiedergesehen und über früher gesprochen.«

Ob Francis jetzt öfter an ihren Ex-Freund dachte, da sie sich von ihrem Mann getrennt hatte? Ich hätte ihr etwas Ablenkung romantischer Art mehr als gegönnt. »Die Karten waren wohl ziemlich schnell ausverkauft«, sagte ich nachdenklich. »Eine Kollegin von mir war mit der Nichte ihres Freundes dort.«

»Ooooh, ich bin richtig neidisch.«

Das Interview ging zu Ende, und ich spürte, dass auch mir die Müdigkeit in den Knochen steckte. »Ich glaube, ich werde kurz zurück zur Party gehen und Mum und Dad Bescheid geben, dass wir uns zurückziehen.«

Überschwänglich drückte meine Schwester mir einen Kuss auf die Wange. »Danke. Und falls du es noch nicht wusstest: Du warst schon immer die Perfektere von uns beiden.«

Francis meinte es gut. Sie würde nie etwas sagen, um mich zu verletzen. Aber ich spürte einen kleinen Stich in meiner Magengegend ...

2. Danny

»Was soll das heißen? Wieso steht das Studio morgen nicht zur Verfügung? Ich habe es vor drei Monaten reservieren lassen!« Die Wut in mir brodelte so hoch, dass ich der Person am anderen Ende der Leitung am liebsten an die Gurgel gegangen wäre. Dabei konnte Jimmy, der Inhaber des Aufnahmestudios, überhaupt nichts dafür. Dennoch konnte ich meine Enttäuschung in diesem Moment kaum beherrschen.

»Tut mir echt leid, Danny. Aber deine Fragen richtest du lieber an dein Management. Wir haben sie dreimal dazu aufgefordert, die Reservierungsgebühr zu überweisen. Da das nicht geschehen ist, haben wir das Studio für die nächste Woche anderweitig vergeben.«

»Und warum zur Hölle hast du mich nicht darüber informiert?«

»Wir haben dein Management bereits vor zwei Wochen darüber in Kenntnis gesetzt.«

Ich konnte einfach nicht glauben, was ich da hörte und bemühte mich darum, die Fassung zu wahren. »Jimmy, wir kennen uns seit fünfzehn Jahren! Du hättest mir doch persönlich Bescheid geben können.«

»Tut mir echt leid, Danny. Die Buchung lief über dein Management. Ich war davon ausgegangen, dass man dich entsprechend informiert hat. Mach bitte die Leute dort verantwortlich, nicht mich.«

»Ja, mir tut es auch leid.« Galle stieg in mir auf. Vor lauter Frust hätte ich am liebsten das Handy aus dem Auto geschmissen.

Verdrossen starrte ich auf die nächtlichen Straßen Londons. Die warme Weihnachtsbeleuchtung, die sich bereits sechs Wochen vor dem Fest in dem regennassen Boden spiegelte, konnte meine Stimmung nicht aufheitern. Dabei mochte ich diese Jahreszeit besonders.

»Boss? Was ist los?« Billy, der den Leihwagen geschickt durch den Verkehr lenkte, sah mich über den Rückspiegel hinweg an.

»Ich werde Jane umbringen. Das ist los«, knurrte ich.

»Nach dem Essen oder vor dem Essen? Soll ich zu ihr fahren?«

Billys Worte brachten mich unwillkürlich zum Lachen. Er wäre mir bei jeder Straftat ein treuer Komplize, so viel war klar.

Ich fuhr mir durchs braune Haar und klemmte eine Strähne hinters Ohr. »Vielleicht sollte ich erst etwas essen. Dann lässt es sich klarer denken.«

»Vernünftige Entscheidung, Boss. Laut Navi erreichen wir das Ziel übrigens in wenigen Minuten.«

Ich seufzte. Eigentlich hatte ich mich auf diesen Abend gefreut, denn ich war verabredet. Nicht mit dieser miesen Verräterin Jane, die sich meine Managerin schimpfte. Sondern mit einem meiner ältesten Freunde aus Australien.

Das Restaurant, das er vorgeschlagen hatte, war einer der angesagtesten Burger-Läden Londons. Ziemlich hip und teuer. Vor dem Restaurant stand sogar ein Security-Mitarbeiter unter dem Vordach. Vermutlich, weil hier Stars und Sternchen ein- und ausgingen und damit Paparazzi und aufdringliche Fans abgehalten werden mussten. An diesem Abend war jedoch von den letzten beiden Gruppen nichts zu sehen.

»Soll ich dich vor dem Restaurant rauslassen?«, erkundigte sich Billy.

»Nein. Du kommst mit rein«, versetzte ich. »Du hast doch sicher auch Hunger.«

»Oh, ich liebe es, dein Plus One zu sein.«

»Und ich liebe es, dass du es liebst.«

Billy gab sein brummiges Lachen von sich, und ich wurde mir einmal mehr darüber bewusst, wie sehr ich seine Anwesenheit schätzte. Als ehemaliger Rugby-Profi hatten ihm nach seiner Karriere zahlreiche Möglichkeiten offengestanden. Doch er hatte sich dazu entschieden, mein Bodyguard, Kindermädchen und Chauffeur zu sein. Seit nun zwei Jahren begleitete er mich durch die Welt, während ich auf Tour war und andere Auftritte absolvierte.

»Wir sind da«, verkündete Billy.

Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er in einer kleinen Seitenstraße einen Parkplatz gefunden hatte, nur ein paar Schritte vom Lokal entfernt, sodass wir den restlichen Weg zu Fuß gehen konnten. Zum Schutz gegen den kalten Wind schlang ich mir den bunten Strickschal ein weiteres Mal um den Hals. Ein Fan hatte ihn mir beim letzten Konzert auf die Bühne geworfen. Irgendwie mochte ich das Teil mit den dunkelgrünen, dunkelroten und dunkelblauen Blockstreifen. Es war nicht nur ein Unikat, sondern hielt zumindest einen Teil der Novemberkälte ab, was man von meiner schwarzen Lederjacke nicht unbedingt behaupten konnte. Ich war beinahe neidisch auf Billys senfgelbe Daunenjacke, die viel besser für das englische Wetter geeignet war.

Seite an Seite schlenderten wir zum Lokal. Wir gaben schon ein ulkiges Paar ab. Billy, gut eins fünfundneunzig groß, der hundert Kilo auf die Waage brachte. Kurzes rotblondes Haar und Tattoos bis zum Kinn. Und dann ich, eins achtzig, eher schmal und braunhaarig. Das ein oder andere Tattoo konnte ich zwar ebenfalls vorweisen, nur nicht in der imposanten Menge wie mein Bodyguard, der inzwischen auch zu einem engen Freund geworden war.

Und als solcher ließ er mich vorgehen, als wir das Brakkerz’ betraten. Sofort empfing mich der Duft von gebratenem Fleisch, der ein sehnsüchtiges Magenknurren bei mir auslöste. Suchend schaute ich mich nach meinem Kumpel um. Die runden Tische des Lokals waren fast alle belegt. Kellnerinnen und Kellner eilten mit voll beladenen Tabletts zwischen den Gästen umher. Im Hintergrund lief ein Rocksong aus den Achtzigern. Der Stil des Lokals war eindeutig auf diese Zeit ausgerichtet mit dem schwarz-weißen Kachelboden und den Postern alter Rockgrößen an den Wänden.

»Guten Abend, kann ich Ihnen helfen, Sir?«, sprach mich einer der Kellner an. Er sah noch ziemlich jung aus, sicher ein Studentenjob.

»Ja, ich bin hier verabredet mit Patrick Finnley.«

Er betrachtete die Reservierungen auf dem Pult und nickte lächelnd. »Sicher, bitte folgen Sie mir.«

Während ich dem jungen Mann hinterherlief, versuchte ich, möglichst wenig auf die anderen Gäste zu achten.

Man sollte meinen, dass jemand, dessen Name öfter durch die Presse geht und dessen Gesicht hin und wieder im Fernsehen und auf Social Media zu sehen ist, gleich überall erkannt wird. Aber die meisten Leute rechneten nicht damit, in ihrem Alltag einem solchen Menschen zu begegnen. Selbst wenn, konnten sie nicht direkt zuordnen, ob hier nur eine große Ähnlichkeit vorlag oder wirklich die Person vor ihnen stand, von der sie glaubten, sie schon mal gesehen zu haben.

Deswegen gelangte ich auch unbehelligt zum Tisch meines alten Freundes. Pat war ein ehemaliger australischer Tennisspieler. Wir waren uns in Melbourne öfter bei diversen Gelegenheiten begegnet und hatten uns gleich gut verstanden. Als er mir eine Nachricht geschrieben hatte, dass er ein paar Wochen in London verbringen würde, hatten wir uns verabredet. Obwohl wir beide Australier waren, hatten wir uns in den letzten Jahren nur selten zur selben Zeit auf demselben Kontinent befunden.

»Hi, Danny«, begrüßte er mich nun, als ich an den Tisch trat, und stand von seinem Stuhl auf. Er war in seinen Mittdreißigern und noch immer sportlich, wie ich neidlos anerkennen musste.

»Schön, dich zu sehen, Pat«, gab ich zurück, und wir schlugen einander freundschaftlich auf die Schultern.

Im nächsten Moment registrierte ich, dass er nicht allein war. Am Tisch saß eine Lady mit schwarzem Pagenkopf, die mich mit grün leuchtenden Augen interessiert musterte. Sie hatte ein keckes Lächeln auf den Lippen und erhob sich nun ebenfalls.

»Da Pat seine guten Manieren wohl zu Hause gelassen hat, stelle ich mich eben selbst vor: Melissa Carter, aber nenn mich ruhig Mel.«

Pat fuhr sich durch das wirre dunkelblonde Haar. »Ich hätte dich gleich vorgestellt.« Liebevoll legte er einen Arm um ihre Schultern. »Mel ist die Liebe meines Lebens.«

Sie klopfte ihm auf die Brust. »Schon besser.« Dann fiel ihr Blick auf Billy, der sich dezent im Hintergrund gehalten hatte, wie es nun einmal seine Art war.

»Billy ist zwar nicht die Liebe meines Lebens, aber dessen Beschützer«, erklärte ich scherzend. »Bodyguard, Kindermädchen ... ohne ihn wäre ich aufgeschmissen.«

Er gab ein tiefes Brummen von sich. »Freut mich.«

Nachdem die Förmlichkeiten geklärt waren, meldete sich der Kellner wieder zu Wort. »Darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen?«

Dafür waren wir wohl hier. »Klar, ein Bier bitte. Guinness, falls Sie das haben.«

»Haben wir«, bestätigte der junge Mann und tippte auf sein kleines Gerät, bevor er Billy fragend ansah.

»Eine Coke light, bitte.«

Der Kellner nickte und lächelte in die Runde. »Ich bringe Ihnen gleich die Karte, damit Sie das Essen auswählen können.«

Nachdem der Kellner gegangen war, setzten wir uns alle gemeinsam an den Tisch.

»Netter Laden«, merkte ich an und schaute mich noch einmal um.

»Wusste ich doch, dass er dir gefällt. Warte erst mal, bis du den ersten Bissen gegessen hast.«

Erneut knurrte mein Magen. »Kann es kaum erwarten.« Allmählich kehrte die Wärme zurück in meine Glieder. Ich nahm den Schal ab und hängte ihn zusammen mit der Lederjacke über die Stuhllehne.

»Wie war deine Tour?«, erkundigte sich Pat und nippte an dem Bier, das bereits vor ihm stand. »Der letzte Auftritt war vor zwei Tagen, oder?«

»Stimmt. Im Wembley-Stadion. Mega Atmosphäre.«

Pats Freundin Mel betrachtete mich staunend. »Wow, das muss grandios gewesen sein.«

»War es auch. Wenn ich früher gewusst hätte, dass ihr beiden in London seid, dann hätte ich euch Backstagekarten zukommen lassen.«

»Wir sind erst gestern gelandet«, erklärte Mel. »Aber dein Konzert hätte ich mir sehr gern angesehen.«

Ich würde den beiden einfach Karten für meinen nächsten Gig zukommen lassen. Es freute mich immer, wenn ich Freunde in der Nähe wusste, mit denen ich das Erlebnis eines Auftritts teilen konnte. Es fühlte sich dann familiärer an, und ich liebte es, mit ihnen anschließend noch zusammenzusitzen und den Abend ausklingen zu lassen.

Eine Kellnerin brachte unsere Getränke an den Tisch und verteilte die Speisekarten. »Guten Abend, ich habe den Tisch von meinem Kollegen übernommen, weil er gleich Feierabend hat. Mein Name ist Elsie. Bitte zögern Sie nicht, sich mit Ihren Wünschen an mich zu wenden.« Sie blickte freundlich lächelnd in die Runde, doch als sie mich ansah, fiel ihr kurz alles aus dem Gesicht. Okay, den Ausdruck kannte ich. Sie hatte gerade begriffen, wer ich war.

»Freut mich, Elsie«, sagte ich so locker wie möglich. »Kannst du uns denn etwas empfehlen?«

Sie starrte mich immer noch an. »Du bist ...«

»... hungrig«, ergänzte ich, da sie ihre Stimme verloren zu haben schien, und grinste schief.

Billy an meiner Seite räusperte sich hörbar, und erst in dem Moment fand die junge Frau ins Hier und Jetzt zurück.

»Verzeihung, Mr Morton. Ich hätte nicht so ...«

»Kein Grund zur Sorge«, versicherte ich ihr. »Und Danny reicht. Bei Mr Morton fühle ich mich so alt.«

Mit hochrotem Kopf entschuldigte sie sich nochmals und versprach, gleich wiederzukommen, wenn wir unsere Essenswahl getroffen hätten.

»Tut mir leid«, sagte ich zu den anderen.

Pat winkte ab. »Da gibt es nichts leidzutun.« Er hob sein Glas, und wir alle stießen miteinander an. »Auf einen lustigen Abend.«

»Ebenso«, gab ich zurück und nahm einen großen Schluck von meinem Bier. Dann vertiefte ich mich in die laminierte Karte, die so groß war wie ein Din-A4-Blatt. Auf der Vorderseite waren die Burger und einige Snacks aufgeführt, auf der Rückseite Drinks und Desserts. Mir sprang direkt der Steakburger mit karamellisierten Zwiebelringen und Bourbon-Barbecue-Soße ins Auge. Da Elsie es versäumt hatte, uns ihre Empfehlung auszusprechen, würde ich wohl diesen Burger wählen.

»Was hast du als Nächstes vor?«, erkundigte sich Pat. »Die Tour war sicher anstrengend. Hast du Urlaub geplant?«

Das Thema verursachte ein unangenehmes Stechen in meiner Magengegend. »Eigentlich hatte ich geplant, ab morgen im Studio zu stehen und die Songs aufzunehmen, die ich in den letzten neun Monaten geschrieben habe.«

»Das ist aber ein strammes Programm.« Mel hob eine Augenbraue.

»Urlaub hätte ich später genommen, wenn alles nach Plan verlaufen wäre. Ich war richtig im Flow während der Tour. Da sind eine Menge cooler Songs entstanden, die ich unbedingt so schnell wie möglich aufnehmen wollte ...« Erneut dieses unangenehme Gefühl in meinem Bauch. Die Enttäuschung darüber, dass ich meinen Plan nicht umsetzen konnte, wuchs mit jeder Minute.

Pat runzelte die Stirn. »Ist dir etwas dazwischengekommen?«

Ich gab ein verächtliches Schnauben von mir. »Kann man wohl sagen. Aber ich möchte uns den Abend nicht damit vermiesen.« Ich zuckte mit den Achseln und trank einen weiteren Schluck vom Bier.

Da wir unsere Wahl getroffen hatten, winkte Pat die Bedienung herbei.

Sie wirkte nun gefasster als bei unserer ersten Begegnung. Fragend schaute sie in die Runde. »Was darf ich euch bringen? Übrigens hatte ich vorhin vergessen zu erwähnen, dass die Onion Rings heute im Angebot sind. Außerdem auch sämtliche Desserts. Die Cinnamon Sugar Churros sind absolut fantastisch, und das sage ich nicht nur, weil ich hier arbeite.«

»Klingt verdammt gut«, gab Pat nickend von sich. »Ich nehme einen Doppelcheeseburger mit den Onion Rings.«

Mel bestellte einen vegetarischen Burger mit klassischen Pommes, während Billy sich für Double Patty mit Triple Bun und Potato Wedges entschieden hatte. Nachdem auch ich meinen Burger bestellt hatte, eilte Elsie davon.

»Sie scheint sich gut von der Überraschung erholt zu haben«, sagte Pat amüsiert.

»Na ja, sie arbeitet hier«, wandte Mel ein. »Wäre sicher nicht so gut bei ihrem Boss angekommen, wenn sie Danny weiterhin angeschmachtet hätte.«

»Sag mal, Billy, du kommst mir irgendwie bekannt vor.« Pat kratzte sich am Dreitagebart.

Mein Bodyguard war eher bescheiden, was seine Profi-Vergangenheit anging. Daher übernahm ich die Erklärung. »Er hat einige Jahre für die australische Rugbymannschaft gespielt.« Freundschaftlich legte ich ihm einen Arm um die Schultern. »Er war echt gut.«

Billy nickte verlegen. »Bis zu meiner Knieverletzung. Aber ich mag meinen neuen Job. Ich kann den Boss gut leiden.«

»Rugby also?« Pat wirkte mehr als interessiert, und es entwickelte sich eine rege Unterhaltung zwischen den beiden, in der sie herauszufinden versuchten, ob sie sich bei irgendeinem Sportevent schon einmal begegnet waren.

Gedanklich war ich nicht ganz bei der Sache. Ich ärgerte mich noch immer über Jane und das komplette Management. Daran änderte auch der fantastische Burger nichts, der kurz darauf vor mir stand. Er sah wirklich köstlich aus. Aber mir war der Appetit vergangen. Alles in mir drängte danach, Jane anzurufen und sie zur Rede zu stellen.

»Danny, alles okay bei dir? Du siehst ... besorgt aus.«

Mel war eine aufmerksame Beobachterin.

Nickend trank ich mein Bier leer und winkte die Kellnerin herbei, um ein weiteres zu bestellen.

»Ach, mir geht einiges durch den Kopf. Unter anderem der Fakt, dass mein Management gerade gegen mich statt für mich zu arbeiten scheint.«

Interessiert legte sie den Kopf schief. »Inwiefern?«

Ich wollte die Stimmung nicht vermiesen, aber der Mist, der mir durch den Kopf ging, musste einmal ausgesprochen werden.