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Der FC St. Pauli ist einer der beliebtesten Fußball-Vereine Deutschlands. Fernab der sportlichen Erfolge sympathisieren bundesweit viele Menschen mit den "Boys in Brown". Für sie repräsentiert der Hamburger Kiezclub vom Millerntor Werte über den Fußball hinaus wie ein offensiver Einsatz gegen Rassismus und Rechtsradikalismus. In diesem Buch geht es um die Akteure des FC St. Pauli, die den Verein in den letzten Jahrzehnten so einzigartig gemacht haben: Könner wie André Trulsen und Klaus Thomforde, Kämpfer wie Walter Frosch und Dieter Schlindwein, Könner wie Deniz Naki und Carsten Pröpper, Charaktere wie Volker Ippig und Ralph Gunesch, Dompteure wie Holger Stanislawski und Dietmar Demuth, Macher wie Heinz Weisener und Corny Littmann. Fast 80 Menschen werden vorgestellt, die auf ihre Weise den FC St. Pauli geprägt haben und als Legenden des Kultclubs unvergessen sind.
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Seitenzahl: 199
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Hermann Schmidt
Männer, Mythen und Malheure am Millerntor
„Ich mach hier weiter, bis ich tot umfalle.“
(Claus-Peter Bubke, Zeugwart und laut „Übersteiger“„König der Katakomben“)
Redaktionsschluss: 31.3.2020
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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© 2020 Arete Verlag Christian Becker, Hildesheim
www.arete-verlag.de
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Umschlagfotos: Rainer Beeken, Hamburg
Layout, Satz und Umschlaggestaltung: Composizione Katrin Rampp, Kempten
Druck und Verarbeitung: Medienhaus Plump
ISBN 978-3-96423-037-9
eISBN 978-3-96423-039-3
13 Glockenschläge beim Einlaufen der Mannschaften:
I’m a rolling thunder, a pouring rain
I’m comin’ on like a hurricane
My lightning’s flashing across the sky
You’re only young but you’re gonna die
I won’t take no prisoners, won’t spare no lives
Nobody’s putting up a fight
I got my bell, I’m gonna take you to hell
I’m gonna get you, Satan get you
Hell’s bells
Yeah, hell’s bells
You got me ringing, hell’s bells
My temperature’s high…
Written by: Brian Johnson, Malcolm Mitchell Young, Angus Young, Malcolm Young, Angus Mckinnon Young
Vorwort
1. Könner
Als Helmut Schön das Hosengummi riss: Helmut Schön
Zwanzig Jahre aktiv am Millerntor: Karl Miller
78 Jahre im Verein: Harald Stender
Nationalspieler: Ingo Porges
Der Torjäger: Peter „Oschi“ Osterhoff
Der Schlangen-Franz: Franz Gerber
Der Mann, der nie aufgab: Ivan Klasnic
Das Vorbild: André Trulsen
Das Tier im Tor: Klaus Thomforde
Der Rekordhalter: Jürgen Gronau
Der Goalgetter und die wunderbaren Jahre: André Golke
Das Herz von St. Pauli: Fabian Boll
„Der Rahner“: Christian Rahn
Der Überflieger: Marcel Halstenberg
Mr. Zuverlässig: Robin Himmelmann
Ein Kerl wie ein Baum: Henk Veerman
2. Kämpfer und Konditionswunder
Der Mann mit den Marlboros im Stutzen: Walter Frosch
Das Kampfschwein: Marcel Rath
Der „Eisen-Dieter“: Dieter Schlindwein
Fair geht vor: Dirk Dammann
Immer unterwegs: Thomas Seeliger
Der Dampfmacher: Florian Lechner
Der Langstreckenläufer: Timo Schultz, genannt „Schulle“
Die Schnecke: Jan-Philipp Kalla
Der Siegerländer: Florian Kringe
Der Dauerläufer: Daniel Buballa
Der Mann mit dem Bart: Marvin Knoll
3. Künstler und Koryphäen
Der 2,02-Meter-Joker: Morike Sako
Volker hört die Signale: Volker Ippig, der Torwart aus Lensahn
König der Herzen: Leonardo Manzi
Der Sekundenbomber: Dirk Zander
Der Eroberer von Rostock: Deniz Naki
Von der „roten Insel“ in die Karibik: Michel Mazingu-Dinzey
Der Russe am Millerntor: Juri Sawitschew
Genie und Unglücksrabe: Patrik Borger
Der Ultra: Benedikt Pliquett
Ein Herz für Tiere: Ralph Gunesch
Viva con agua: Benny Adrion
Einmal um die ganze Welt: Marcel Eger
Der Intellektuelle: Markus Lotter
Der Ästhet: Christopher Buchtmann
4. Dompteure
Der stolze Deutsche: Uli Maslo
Der ruhende Pol: „Didi“ Demuth
Unser Mann vom Supermarkt: Holger Stanislawski
Ein Trainer vom Arbeitsamt: Helmut Schulte
517 Ligaspiele im Tor: Mathias Hain
Ein Mann für alle Fälle: Thomas Meggle
Der Zettel-Ewald: Ewald Lienen
Padre Padrone: Heinz Weisener
Der König vom Kiez(club): „Corny“ Littmann
5. Diener
Der „St.-Pauli-Willi“: Willi Bruhnsen
Der Dauerbrenner: Roland Wollmann
Eine Art Berufsfan: Roger Hasenbein
„Bubu“, ein Zeugwart von der Insel Sylt: Claus-Peter Bubke
Der treue Hermann vom Millerntor: Hermann Klauck
Mädchen für alles: Joachim Philipkowski
Der Musterknabe: Carsten Rothenbach
Der Punkrocker: Dirk Jora von der Band Slime
Der Fan-Präsident: Oke Göttlich
6. Fehleinkäufe
Der bislang teuerste Fehleinkauf: Ugur Inceman
Ein Spieler vom Zuckerhut: Antonio Marcao
Chancentod am Millerntor: Ante Budimir
7. Bye, bye love. They never come back
Der Sohn von Meister Pröpper: Carsten Pröpper
Einer der Besten: Zlatan Bajramovic
Heimweh nach St. Pauli: Deniz Baris
Übersehen: Henning Bürger
Vom Puck zum Ball: Nico Patschinski
Fußballgott am Main: Alexander Meier
Nicht zu halten: Max Kruse
Der Mann aus Eisen: Carlos Zambrano
Ab nach Frankfurt: Bastian Oczipka
Ästhet am Ball: Charles Takyi
Besser geht’s nicht: Filip Trojan
Der Kapitän: Fabio Morena
Niemals geht man so ganz: Marius Ebbers
Neue Heimat Köln am Rhein: Matthias Scherz
Junge, komm bald wieder: Florian Bruns
Die Zaubermaus aus Kiel: Fin Bartels
Der Norweger: Mats Möller Daehli
Anhang
Rekorde für die Ewigkeit
Die meisten Spiele
Der älteste Spieler
Die jüngsten Spieler
Die meisten Tore
Die meisten Elfmetertore
Die meisten gelben Karten
Die meisten Platzverweise
Die teuersten Einkäufe
Rekord-Verkäufe
Die Jahrhundert-Elf
Erfolge
Anzahl der Vereinsmitglieder
Spitznamen
Erlernte Berufe ausgewählter FC St. Pauli Spieler und Trainer
Die Trainer des FC St. Pauli seit Einführung der Bundesliga
Quellenverzeichnis
Bildnachweis
Der Autor
„Wir müssen versuchen, den Gegner durch permanentes Toreschießen zu zermürben.“ (Didi Demuth, Trainer FC St. Pauli, bei der Mannschaftsansprache)
Der FC St. Pauli ist einer der beliebtesten Fußballvereine in Deutschland. Laut einer Studie der Technischen Universität Braunschweig, die 4.000 Befragte im Alter zwischen 18 und 69 Jahren berücksichtigt, rangiert der aktuell in der 2. Bundesliga spielende Hamburger Klub hinter Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach auf Rang 3 in der Beliebtheitsskala der Fans und Freunde des Fußballs.
Die Top-Platzierung des FC St. Pauli wird in der Untersuchung als „Paradebeispiel für ein erfolgreiches und konsistentes Markenmanagement sowie eine starke, unverwechselbare Vereinsmarke (…), deren positive Wahrnehmung in der Öffentlichkeit losgelöst vom sportlichen Erfolg ist,“ erläutert.1
Neben den rund 30.000 Zuschauern bei Heimspielen im regelmäßig ausverkauften Stadion am Millerntor sympathisieren unzählige Menschen in allen Teilen des Landes mit dem „Underdog“ und besuchen auch die Auswärtsspiele des Kiezclubs. Der FC St. Pauli steht für Toleranz und Weltoffenheit. Seine Führung, die Vereinsmitglieder und Fans beziehen Position gegen Rassismus und Rechtsradikalismus. Der Bekanntheitsgrad des FC St. Pauli im In- und Ausland ist erstaunlich hoch, obgleich die sportlichen Erfolge des Vereins seit dessen Gründung im Jahr 1910 überschaubar sind, und derzeit ein erneuter Aufstieg in das Oberhaus des deutschen Fußballs in weite Ferne gerückt zu sein scheint.
Doch im Fußball zählt nicht immer nur der Erfolg. Auch die von einem Sportverein offensiv vertretenen gesellschaftspolitischen Werte allein reichen nicht aus, um die landesweiten Sympathien der Fußballfreunde für den FC St. Pauli zu erklären.
Fußballklubs leben vor allem von den Menschen, die diesen Sport ausüben, die durch ihre individuelle Art des Spiels und durch ihre unterschiedlichen Charaktere dem Auftreten ihres Teams Glanz und Einzigartigkeit verleihen. Unabhängig von Siegen und Niederlagen ihres Klubs identifizieren sich die Zuschauerinnen und Zuschauer mit ihrem Verein, weil er ihnen Zugehörigkeit und Heimat vermittelt. Trikots, Fahnen, Farben, Gesänge sind dabei nicht so entscheidend, wie die mit den Spielern geteilte Freude über ein gewonnenes oder die Trauer über ein verlorenes Spiel. Wer am Millerntor miterlebte wie sich die spielerisch oft unterlegenen Teams des FC St. Pauli gegen europäische Spitzenmannschaften wie Bayern München, Werder Bremen oder einst VfB Stuttgart, HSV und Hertha BSC zur Wehr setzten, wer in den unzähligen Abstiegskämpfen der Kiezkicker dabei war und deren Aufstiege mitfeiern durfte, der wird die Sympathie für den ewigen Außenseiter vom Millerntor nicht mehr los.
Am Millerntor gab und gibt es immer wieder Akteure und Persönlichkeiten, die aufgrund ihrer Leistungsbereitschaft als Kämpfer und Charakterköpfe auf sich aufmerksam machten und somit zu Sympathieträgern des FC St. Pauli wurden.
Sieht man einmal davon ab, dass ein Mann wie der spätere Bundestrainer Helmut Schön nach dem Zweiten Weltkrieg das braunweiße Trikot des Hamburger Stadtteilvereins trug, oder ein Spieler wie Ingo Porges zu Beginn der sechziger Jahre in die DFB-Nationalelf berufen wurde, so machte der Verein aus dem Hamburger Stadtteil St. Pauli erst viele Jahre später wieder bundesweit auf sich aufmerksam. Das „Ereignis“ trug den Namen Volker Ippig, der im ZDF-Sportstudio in Bauarbeiterschuhen auftrat und unumwunden seine Sympathien zur Hamburger Hausbesetzerszene einräumte, in Nicaragua als Aufbauhelfer aktiv war und in der Bundesliga gekonnt das Tor der „Boys in brown“ sauber hielt. Auf die Anmerkung des ZDF-Moderators Bernd Heller, dass das alles für ihn nicht recht zusammenpasse, parierte Ippig kurz und knapp mit der Antwort: „Für mich schon.“
Spieler wie Walter Frosch, Jürgen Gronau, André Golke, Dirk Zander, Franz Gerber, Klaus Thomforde, André Trulsen, Holger Stanislawski, Fabian Boll, Thomas Meggle, Deniz Naki, Marcel Rath, Florian Lechner, Florian Bruns, Ivan Klasnic und viele andere mehr sorgten durch ihre unverwechselbaren Auftritte, ihre leidenschaftliche Art des Fußballspiels und ihren Siegeswillen für die einzigartige Atmosphäre, die mit dem FC St. Pauli bis heute verbunden ist.
Eine Auswahl dieser legendären Spieler wird in diesem Buch vorgestellt.
Hermann Schmidt, im Frühjahr 2020
„Ich wollte schießen, da riss plötzlich das Hosenband. Ich musste mit einer Hand die Hose festhalten.“ (Helmut Schön)2
In den Wirren nach dem Zweiten Weltkrieg gastierten mehrere Spieler des Dresdner SC als Gastspieler am Millerntor. Der Fleischermeister Miller, Mäzen des FC St. Pauli in der Nachkriegszeit, und dessen Sohn Karl Miller, Spieler bei den Braunweißen, knüpften Kontakte zu den Stars des traditionsreichen Klubs, die in der Folge mehrfach für den FC St. Pauli die Stiefel schnürten. Heinz Hempel, Mitspieler des legendären, technisch versierten Offensivspielers Helmut Schön, erinnerte sich, dass einige der Dresdner Spieler überhaupt keine Spielgenehmigung für den FC St. Pauli besaßen.
Den damals schon über dreißigjährigen Helmut Schön und seine Kameraden soll es vor allem in die Hafenstadt gezogen haben, weil Schlachter Karl Miller die Gastspieler gut und reichlich mit Nahrung in Form von Frischfleisch und Wurstwaren versorgte. Die Futterpakete transportierte Helmut Schön auf einem kleinen Lieferwagen zurück in seine Heimatstadt. So ist es in den „Geschichtsbüchern“ des Vereins gelegentlich nachzulesen. Schöns Vorbild ist der geniale Wiener Mittelstürmer Matthias Sindelar („Der Papierene“) gewesen. Helmut Schöns Vorstellung in der Nähe der Reeperbahn war bedauerlicherweise von nur kurzer Dauer. Lediglich drei Spiele absolvierte der „Mann mit der Mütze“ (so charakterisierten die Medien den späteren Nationaltrainer) für den FC St. Pauli, darunter ein Derby gegen den HSV, das mit 0:2 verloren wurde.
In jenem Spiel gegen den HSV, das am 30. November 1947 in Hamburg stattfand, spielte Helmut Schön auf der Position des Stoppers für die Braunweißen. Sein Gegenspieler war Edmund Adamkiewicz, zweimaliger deutscher Nationalspieler unter Sepp Herberger. Eddie, wie der gebürtige Wilhelmsburger genannt wurde, war vor und nach seiner Zeit beim HSV auch für die Frankfurter Eintracht im Einsatz. Der FC St. Pauli war als Favorit in das Spiel gegangen, verlor jedoch gegen einen an diesem Tag überlegen auftrumpfenden HSV. Während des Spiels war Helmut Schön über das gesamte Feld nach vorne gegangen. Bei diesem Sturmlauf riss ihm das Gummiband seiner Turnhose, und so musste er im Sprint mit dem Ball seine Hose festhalten, damit sie ihm nicht über den Hintern rutschte. Sein Schuss, vom Sechzehner aus, ging infolge dieses Handicaps in die Wolken.
Danach trat er wieder für seinen Verein in Dresden an. Als Bundestrainer von 1964–1978 wurde Helmut Schön, einst selbst 16-maliger deutscher Nationalspieler, einer der erfolgreichsten Nationaltrainer der Welt.
Nein, das Stadion am Millerntor ist nicht nach Karl Miller, einem der Urgesteine des FC St. Pauli benannt, wie man ungeprüft vermuten könnte. Die Bezeichnung „Millerntor“ rührt aus dem Namen eines früheren westlichen Stadttors der Hansestadt.
Dabei hätte der Sohn eines Schlachtermeisters auf St. Pauli eine solche Ehrung ohne jeden Zweifel verdient. Seine Verdienste um den Verein rühren nicht nur aus den zwanzig Jahren (1930–1950), in denen er die braunweißen Farben trug und durch seine überragenden fußballerischen Qualitäten zum 12-maligen Nationalspieler unter Trainer Sepp Herberger wurde, sondern auch aus seinem unerschöpflichen Organisations- und Kontakttalent, mit dem er den FC St. Pauli auf allen Ebenen und über die aktive Zeit hinaus unterstützte.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde Karl Miller als Soldat nach Dresden abkommandiert und spielte dort als Gastspieler beim Dresdner SC. Vom damaligen „Reichstrainer“ wurde er im Jahr 1941 erstmalig in die Nationelf berufen. Die deutsche Auswahl gewann dieses Spiel gegen Ungarn mit 7:0.
Als der Krieg zu Ende war, kam am Millerntor wieder eine spielstarke Mannschaft zusammen, die 1947 Meister der Hamburger Stadtliga wurde und – wie heute – auf Augenhöhe mit dem Hamburger SV agierte.
Grund für das fußballerische Potenzial der „Wunderelf“ war auch, dass in der kargen Versorgungslage der Nachkriegszeit die Wurstküche der väterlichen Millerschen Fleischerei auf viele talentierte Fußballer im weiteren regionalen und überregionalen Umfeld der Stadt an der Elbe eine magische Anziehungskraft ausübte. Karl Miller junior ließ seine Kontakte spielen, und so kamen neben Helmut Schön auch weitere herausragende Fußballer zum FC St. Pauli.
Karl Miller war, wo immer er auflief, der Stabilisator in der Abwehr, ein technisch versierter, läuferisch starker Defensivmann mit Übersicht im Aufbauspiel. Noch im Alter von 37 Jahren trat er in einem Freundschaftsspiel gegen Rapid Wien an. In den Reihen des Hütteldorfer Arbeitervereins wirkten die Spieler Ernst Happel und Max Merkel mit.
Nach dem Ende der Spielerkarriere gehörte Karl Miller dem Liga-Auschuss des FC St. Pauli an. Er starb am 18. April 1967. In einer Online-Abstimmung im Jahr 2010 wählten ihn die St. Pauli-Fans in die „Jahrhundertelf“.
„Harald Stender war eine Ausnahmepersönlichkeit beim FC St. Pauli, Uwe Seeler vom HSV vergleichbar.“ (Bezirksamtsleiter Andy Grote bei der Einweihung des Harald-Stender-Platzes)
In der großen Zeit von Harald Stender lag das Stadion noch mehr als 100 m vom jetzigen Standort entfernt. Das Bismarck-Denkmal konnte man gut vom Stadion aus sehen. Es gab kein Vereinsheim. Die Spieler zogen sich auf der anderen Seite der Ernst-Thälmann-Straße (heute Budapester Straße) um, und der damalige Präsident Wilhelm Koch führte seine Geschäftsstelle in einem notdürftig wieder hergerichteten Büro eines Abbruchhauses. Im Keller dieses Hauses gab es heißes Wasser und elf Emailleschüsseln. Dort, in der sogenannten „Tropfsteinhöhle“, wuschen sich die Spieler und mussten anschließend die Waschschüsseln auch selbst wieder säubern.3
Harald Stender ist einer der elf Spieler, die anlässlich des hundertjährigen Jubiläums des FC St. Pauli im Jahr 2010 von den Hamburger Fans in die „Jahrhundertelf“ des FC St. Pauli gewählt wurden. Der legendäre rechte Läufer des FC St. Pauli konnte diese Ehrung noch persönlich miterleben, bevor er, sechsundachtzigjährig, am 1. August 2011 in Hamburg verstarb.
Sein Vater hatte den kleinen Harald im zarten Altern von 8 Jahren beim Millerntor-Club als Mitglied angemeldet, auch deshalb, weil das Heiligengeistfeld und die Sportplätze der Braunweißen unmittelbar vor der Haustür der Familie Stender lagen.
In seiner gesamten aktiven Zeit war Harald Stender als rechter Läufer oder (später) als Halbrechts eingesetzt. Er galt als konditions- und kampfstarker Verbinder, der zu den besten seines Fachs in ganz Deutschland gezählt wurde. Zu den Mitspielern von Harald Stender gehörten auch „Tute“ Lehmann, von Tennis Borussia Berlin gekommen, sowie der Schlesier Josef Famula.
In der Saison 1946/47 gewannen die St. Paulianer die Hamburger Meisterschaft vor dem HSV, und Harald Stender reifte in den Folgejahren zum „Kopf“ dieser Mannschaft. Von 1947 bis 1951 war der FC St. Pauli Jahr für Jahr an den Endrundenspielen um die Deutsche Meisterschaft beteiligt. Bis zu 40.000 Zuschauer hatten damals Platz im Millerntorstadion. Infolge der zahlreichen Einwanderer und zugezogenen Vertrieben im Stadtteil St. Pauli, von denen viele die Spiele der „Wunderelf“ besuchten, war der Club in der Nähe der Reeperbahn schon damals ein Treffpunkt unterschiedlichster Menschen aus allen Bevölkerungsschichten.
Nachdem Harald Stender 1951 von Herberger zu einem Nationalmannschafts-Lehrgang eingeladen worden war, verletzte er sich nach einem Zusammenprall mit dem Torhüter Dragomir Ilic von Werder Bremen derart schwer, dass er sich einen doppelten Schädelbasisbruch zuzog und zunächst längere Zeit ausfiel. Das Spiel gegen Werder war zwar durch den FC St. Pauli auch mit zehn Mann 5:2 gewonnen worden, doch Harald Stender lag im Hafenkrankenhaus. Aus einer Karriere in der DFB-Nationalelf wurde durch diese schwere Verletzung nichts; Herberger berief ihn nicht mehr in sein Aufgebot. Zehn Wochen nach seiner schlimmen Verletzung trat Harald Stender wieder für die Braunweißen an. Seine fußballerische Heimat blieb der FC St. Pauli.
Wie in jenen Jahren üblich, konnte er mit Unterstützung des Vereins und durch Vermittlung des Präsidenten Wilhelm Koch eine Tankstelle in der Stresemannstraße in Altona, unweit des Millerntors eröffnen, damals noch eine hervorragende Einnahmequelle.
Harald Stender ist einer der Rekordspieler des FC St. Pauli mit den meisten Einsätzen. Dass dem Verein seine langjährigen treuen Dienste beim letzten Spiel gegen Eintracht Osnabrück am 24. April 1960 nicht einmal einen Blumenstrauß wert waren, und dass er auch kein Abschiedsspiel bekam, hat ihn jahrelang verärgert.
Wiedergutmachung kam Jahrzehnte später: Am 11. August 2013 erhielt der Vorplatz der Südkurve den Namen „Harald-Stender-Platz“. In der Zeit von 1947-1960 spielte Harald Stender 336-mal in der damaligen Fußball-Oberliga Nord, und immer nur für einen Verein, den FC St. Pauli. Insgesamt kam er auf knapp 500 Spiele.
Die Erfolge Ende der vierziger Jahre, als der FC St. Pauli zu den fünf führenden Clubs in Deutschland gehörte, wiederholten sich jedoch trotz des großartigen Harald Stender nicht mehr. Nur im Weltmeisterschaftsjahr 1954 belegte man den zweiten Platz in der Oberliga Nord, hinter Hannover 96, der andere HSV landete abgeschlagen auf Platz 11.
„Die Duelle zwischen Ingo Porges und Uwe Seeler gehörten zu den Höhepunkten des norddeutschen Ligafußballs.“ (Dr. Frank P., HSV-Fan)
Ingo Porges kommt von einem Hamburger Klub, bei dem sie heute noch auf Rotasche spielen, und das höherklassig: Sein Stammverein ist der traditionsreiche USC Paloma, im Hamburger Arbeiterstadtteil Barmbek beheimatet.
Auf Vermittlung seines älteren Bruders, der bereits beim FC St. Pauli spielte, ging Ingo Porges 1955 ans Millerntor und spielte dort zunächst in der Zweiten. Unter den Fittichen seines Trainers Hempel reifte Porges rasch zu einem Mann für die erste Garnitur, und bei seinem ersten Einsatz im September 1956 gegen Werder Bremen machte der flinke Wirbelwind gleich beide Tore zum 2:1-Sieg der Braunweißen.
Zunächst brillierte der schlaksige und beidfüßig schießende Goalgetter als Mittelstürmer, wurde alsbald aber zum Mittelläufer umgeschult. Mehrfach spielte er in der norddeutschen Auswahl und wurde drei Mal in die deutsche U23-Auswahl berufen.
Nationaltrainer Sepp Herberger holte ihn in den Kader der A-Nationalelf, und Ingo Porges machte sein erstes Länderspiel im Jahr 1960 gegen Irland. Er lief neben Willi Schulz und Stopper Ferdinand Wenauer als linker Läufer auf. Das Spiel wurde mit 0:1 verloren, und das erste Länderspiel von Ingo Porges sollte auch sein letztes gewesen sein. Zu stark war die Konkurrenz auf den für ihn infrage kommenden Positionen. Herberger gab Herbert Ehrhardt, Horst Szymaniak und Willi Schulz den Vorzug. In zwei Testspielen der DFB-Elf gegen Vereinsmannschaften durfte Ingo Porges zwar noch einmal antreten, dem 22 Spieler umfassenden DFB-Kader für die Weltmeisterschaft im Jahr 1962 in Chile gehörte der stets faire und elegante Techniker jedoch nicht an.
Als Ingo Porges im Jahr 1968 seine Karriere beendete, hatte er 313 Ligaspiele für seinen Verein bestritten. Nachdem er sich bereits 1962 als Kaufmann selbständig gemacht hatte, führte er zunächst einen Brennstoffhandel in Hamburg-Billstedt und anschließend einen Versandhandel mit Sportartikeln.
Dem DSC Stern aus dem Hamburger Stadtteil Dulsberg, der an Wandsbek und Barmbek grenzt, bescherte Peter Osterhoff den Aufstieg in die Verbandsliga fast im Alleingang: 60 Tore hatte er in 22 Punktspielen erzielt.
Und deshalb wurde er zum FC St. Pauli in die Oberliga Nord geholt, wo er mit Dribbelkönig Rolf Bergeest und Horst Haecks ein Offensivtrio bildete, das weit über Hamburg hinaus bekannt war. Peter Osterhoff, genannt „Oschi“, war jahrelang hinter Uwe Seeler vom Hamburger SV zweitbester Torschütze in der höchsten Fußballliga des Nordens.
Seine Gefährlichkeit gründete auf Schnelligkeit und Instinkt. Er tauchte immer dort auf, wo zum Sturm geblasen wurde. Als Rechtsfuß in der Linksaußenposition war er ein Vorreiter von Franck Ribery, er kam in langen Sprints über den Flügel und rein ging’s in den Strafraum. Ungefähr 400.– DM hatte der kräftige, bullig wirkende Stürmer, wohl deshalb mit dem Spitznamen „Oschi“ belegt, während der ersten Jahre am Millerntor verdient. Bei Sieges- oder Abschlussfeiern gab es ein Essen und Freibier. Sonst nichts. Von der Kameradschaft in seinem Team schwärmt er noch heute: „Wir waren alle Freunde.“
In den letzten seiner zwölf Jahre am Millerntor spielte der „schwarze Peter“ linker Verteidiger. 182 Tore erzielte er in 320 Pflichtspielen für den FC St. Pauli: Eine sagenhafte Quote!
Nach der aktiven Zeit als Halbprofi wechselte Peter Osterhoff im Jahr 1970 zu Duwo 08. Auch als Amateurtrainer im Hamburger Umland machte „Oschi“ von sich reden. Er war ein humorvoller Chef seiner Teams am Spielfeldrand, der es stets verstand, die von ihm gecoachte Mannschaft zu motivieren.
„Franz und Margot haben sich rührend um mich gekümmert.“ (Sebastian Kehl)4
Zum ersten Mal auf sich aufmerksam machte der später weitgereiste Stürmer der Extraklasse im Jahr 1963 als Zehnjähriger beim TSV Eching, nördlich von München gelegen. Der TSV Eching unterhält im Jahr 2020 mit 19 Mannschaften die größte Fußball-Jugendabteilung im Landkreis Freising.
Sieben Jahre lang, von 1964 bis 1971, stand der Schlangen-Franz als Jugendlicher bei den „Roten“ vom FC Bayern München auf dem Platz. Nach einem weiteren Jahr in seiner Heimatstadt, nun als Profi, der sich gegen Stürmer wie Gerd Müller, Uli Hoeneß oder Franz Krauthausen unter Trainer Udo Lattek nicht durchsetzen konnte, ging er zum FC St. Pauli an die Elbe. In zwei Spielzeiten (1972–74) brachte er es in 54 Spielen auf sage und schreibe 50 Tore! In der Saison 1973/1974 schoss Franz Gerber 33 von 113 Saisontoren des FC St. Pauli. Was für Zeiten: Obgleich sich der FC St. Pauli zum vierten Mal hintereinander für die Bundesliga-Aufstiegsrunde qualifiziert hatte, besuchten im Schnitt lediglich knapp 3.000 Zuschauer die Spiele am Millerntor.
Nach einer Zwischenstation beim Wuppertaler SV kehrte Gerber wieder ans Millerntor zurück, blieb erneut zwei Jahre, absolvierte 70 Spiele und schoss 43 Tore. In den folgenden acht Jahren (und im Grunde auch weit darüber hinaus) begab sich der Torjäger auf Wanderschaft, über München nach Ingolstadt, Kanada, USA, Hannover und wieder zurück zum FC St. Pauli in den Jahren 1986–1988.
Schlangen-Franz war der Spitzname des Torjägers aus Bayern, auch am Millerntor. Schon als Junge hatte man ihm eine Ringelnatter geschenkt, die er in seinem Zimmer aufzog. Auch als Erwachsener hielt er die Reptilien in seiner Wohnung, und dort nicht nur im Badezimmer. In seiner Wohnung soll er „bis zu 25 Schlangen, Nattern und Echsen gehalten haben“5. Schlangen-Franz pflegte zudem regelmäßig mit seinem Getier im für ihn typischen breiten und langsamen bayerischen Idiom zu sprechen. Doch nicht immer hielten die Schlangen still. So wurde er dann auch schon einmal von einer Kobra in den Finger gebissen. Und es ist auch vorgekommen, dass er eine in Südostasien aufgegriffene Schlange in Bangkok mit in den Flieger auf die Heimreise nahm und unter dem Sitz seines Mitspielers abstellte. Sein Sitznachbar soll kreidebleich gewesen sein, als er nach der Landung von diesem ungewöhnlichen Transport erfuhr.
Fans, die es wissen müssen, berichten, dass es noch vor dem legendären Volker Ippig-T-Shirt auch ein entsprechendes Kleidungsstück zu Ehren des Schlangen-Franz gegeben habe. Dies sei das erste Shirt für einen Spieler des FC St. Pauli gewesen.
Auf seinen Reisen durch die bunte Welt des Fußballs landete Franz Gerber im Jahr 2002 noch einmal am Millerntor, nun als Sportdirektor. Später übernahm er auch das Traineramt von Joachim Philipkowski. Eine seiner ersten Entscheidungen war die, seinen Sohn Fabian ans Millerntor zu holen. Fabian Gerber bot dort eine ganze Serie passabler Vorstellungen.
Nach dem Abstieg in die Regionalliga wurde sein Vater von Andreas Bergmann abgelöst, bezog aber aufgrund seiner Vertragslaufzeit noch zwei Jahre Gehalt vom FC St. Pauli.
Im Jahr 2007 wurde der Bayer Teamchef der Nationalmannschaft von Madagaskar. Nach diesem exotischen und nicht sonderlich üppig dotierten Engagement übernahm Franz Gerber die Positionen des Sportdirektors und Interimscoachs beim SSV Regensburg.
Während seiner Laufbahn war der Schlangen-Franz nebenbei auch als Talentspäher und Spielerberater tätig. So gehörten Sebastian Kehl, Otto Addo, Fabian Ernst und Gerald Asamoah zu den von ihm entdeckten Talenten, die er später auch beriet.
Sebastian Kehl äußerte, Franz Gerber und dessen Frau hätten sich um ihn wie um einen Sohn gekümmert.
Als Walter Frosch in Regensburg in den letzten Jahren seines Lebens zu einer schweren Krebs-OP antreten musste, holte ihn sein Freund und Ex-Kollege Franz ab und kümmerte sich rührend um ihn, als er im Krankenhaus lag.
Seit 2019 war Franz Gerber beim FC Gießen zunächst als sportlicher Leiter tätig, wechselte aber im Herbst 2019 in die Funktion eines Beraters des hessischen Regionalligisten.
Der Schlangen-Franz im Dezember 1975