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"Wir sind Männer und trinken kein Fanta", damit entschuldigte Wolf-Dieter Ahlenfelder 1975 sein Fauxpas, die erste Halbzeit des Bundesligaspiels Werder Bremen gegen Hannover 96 im leicht alkoholisierten Zustand bereits nach 32 Minuten abgepfiffen zu haben. Ahlenfelder gab damit den Zeitgeist wieder, nachdem der Fußball die letzte Spielwiese für harte, unverfälschte, authentische Männer ist – für Originale eben. Und Originale bereichern die Bundesliga seit ihrer Gründung zuhauf: Verrückte Torhüter, eisenharte Verteidiger und Manndecker, nimmermüde Laufwunder, nicht zu stoppende Sturmtanks und Brecher, aber auch Unglücksraben, Spaßvögel und unangepasste Querköpfe – nicht zu vergessen die lautsprechenden, knurrenden, beinharten Zuchtmeister auf der Trainerbank. Hermann Schmidt und Miriam Bernhardt porträtieren über 80 dieser Originale in Kurzbiografien, Anekdoten und Zitaten und spiegeln damit zugleich ein Stück Bundesligageschichte wider – von A wie Ahlenfelder bis Z wie Zebec, von Helmut Rahn bis zu seinem Großneffen Kevin-Prince Boateng, von 1963 bis heute, vom umjubelten Weltmeister bis zum vorbestraften Star. Das stets mit dem Porträtierten sympathisierende und humorvoll geschriebene Buch wendet sich an Leserinnen und Leser, die den Fußball lieben und ein Herz für die Menschen haben, die die Bundesliga durch ihr Spiel und ihren Auftritt geprägt haben.
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Seitenzahl: 260
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„Wir sind Männer und trinken keine Fanta.“Wolf-Dieter Ahlenfelder, Schiedsrichter, nachdem er in einemSpiel Werder Bremen gegen Hannover 96 nach 30 Minuten zurHalbzeit gepfiffen hatte.
In Erinnerung an Hans Schäfer, 1. FC Köln
Hermann Schmidt & Miriam Bernhardt
Eisenfüße, Laufwunder und andereOriginale der Fußball-Bundesliga
Alle Fotos, wenn nicht anders angegeben, Pressebilderdienst Horst Müller
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
© 2020 Arete Verlag Christian Becker, Hildesheim
www.arete-verlag.de
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Umschlagfoto: Pressebilderdienst Horst Müller
Layout, Satz und Umschlaggestaltung: Composizione Katrin Rampp, Kempten
ISBN 978-3-96423-047-8
eISBN 978-3-96423-048-5
Von Schiedsrichter Wolf-Dieter Ahlenfelder stammt der berühmt gewordene Spruch „Wir sind Männer und trinken keine Fanta“. Damit entschuldigte er seinen leicht alkoholisierten Zustand, weil er sich vor dem Bundesligaspiel Werder Bremen gegen Hannover 96 ein paar Bierchen und einen Malteser reingezogen hatte und deshalb versehentlich dreizehn Minuten zu früh zum Pausentee pfiff.
Im Fußball ist alles möglich. Verrückte Episoden, lustige und tragikomische Ereignisse stehen oft nebeneinander, so wie im richtigen Leben. Deshalb sind so viele Menschen rund um den Erdball der „Faszination Fußball“ erlegen.
Der berühmte Dichter und Philosoph Albert Camus, der in seiner Jugend beim Universitätsclub Racing Algier im Tor stand, hat einmal gesagt: „Alles, was ich im Leben über Moral und Verpflichtungen des Menschen gelernt habe, verdanke ich dem Fußball.“
Camus liebte den Fußball, auch deshalb, weil er Menschen aus unterschiedlichsten Schichten der Gesellschaft zusammenführt, die auf dem Rasen oder den Tribünen ein unvergleichliches Gefühl der Solidarität, der Nähe, der Euphorie bei Siegen und der Trauer über Niederlagen empfinden. Camus: „Unser Verein spielte klassisch, nach dem Lehrbuch, wie man so sagt, und verlor selbst die Spiele, die er nun wirklich hätte gewinnen müssen. Dies soll sich nun ändern, aber ich hoffe nicht zu sehr. Denn genau dafür habe ich schließlich meine Mannschaft so geliebt. Nicht nur wegen des Siegestaumels, der umso herrlicher ist, wenn man die Erschöpfung nach der ganzen Anstrengung spürt, sondern auch wegen dieser Abende nach der Niederlage, wenn einem zum Heulen zumute war.“ (1)
Beim Fußball kann man die Welt vergessen, alle Sorgen und Gedanken an den Alltag hinter sich lassen.
Männer, die keine Fanta trinken, finden wir auf allen Positionen einer Mannschaft. Doch beileibe nicht alle „harten Männer“ im Fußball waren Alkoholiker oder Kettenraucher. Felix Magath bevorzugt Pfefferminztee, Otto Rehhagel sagt von sich, er sei Antialkoholiker, und viele der hier vorgestellten Spieler tranken weder Alkohol noch rauchten sie wie die Schlote.
Die Idee zum vorliegenden Buch war zunächst, an all die glorreichen Abwehrstrategen und „Dauerläufer“ zu erinnern, die im deutschen Fußball und in der Fußball-Literatur nur selten im Rampenlicht standen. Doch beim Schreiben wurde mir bewusst, dass auch unter den Ballzauberern und Torjägern bärenstarke Kämpfer zu finden sind, die sich die Lunge aus dem Leib rennen, die nie aufgeben und grätschen bis zur letzten Minute, weil sie als Sieger vom Platz gehen wollen. Nicht jeder Fußballer kann ein glamouröser Ballzauberer wie Diego Maradona, Franz Beckenbauer oder Wolfgang Overath sein. Beileibe nicht alle „harten Typen“, die der Fußball kennt, haben den heldenhaften und vorbildlichen Charakter eines Wolfgang Weber oder setzen sich für soziale Belange ein, wie z. B. Paul Breitner.
Auch schwarze Schafe, ob als böswillige Treter auf dem Platz oder mit dem Gesetz in Konflikt geratene Zeitgenossen, treten gelegentlich unter den „Männern“ der Bundesliga auf, ohne Helden zu sein.
Im diesem Buch, das keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, versammeln sich neben den klassischen Kämpfertypen der 1. und 2. Bundesliga zahlreiche Profis, die unter balltechnischen Aspekten höchsten Ansprüchen genügten und auf ihren Positionen das Prädikat Weltklasse verdienen. Ebenso werden einzelne Spieler porträtiert, die infolge unglücklicher Umstände oder durch eigenes Versagen in ihrer Fußballerkarriere scheiterten.
Der Fußball und die Begegnungen mit Menschen, die ihn spielen, gehören zum Besten, was einem im Leben passieren kann.
Hermann Schmidt, Juli 2020
Wolf-Dieter Ahlenfelder. Ein Bier, ein Malteser.
MÄNNER IM KASTEN
Anton Schumacher. Der Held von Liverpool.
Volkmar Groß. Der Berliner.
Klaus Thomforde. Das Tier im Tor.
Volker Ippig. Der Hausbesetzer.
Harald Schumacher. Der Tünn.
Eike Immel. Der Zocker.
Oliver Kahn. Der Titan.
Tim Wiese. Der Wrestler.
EISENFÜSSE
Josef Piontek. Der Sepp.
Horst-Dieter Höttges. Der Eisenfuß.
Uli Borowka. Die Axt.
Stig Töfting. Der Tätowierte.
Bernd Hollerbach. Ho-ho-Hollerbach.
Sergej Barbarez. Der Barba.
Christian Wörns. Der Waldhof-Schüler.
Maik Franz. Der Klopper.
Nigel de Jong. Der Knochenbrecher.
Carlos Zambrano. Der Peruaner.
MANNDECKER UND MAURER
Willi Schulz. Der Worldcup-Willi.
Werner Biskup. Der Kämpfer.
Karl-Heinz Schnellinger. Il Biondo.
Dieter Kurrat. Der Hoppy.
Wolfgang Weber. Der Bulle.
Klaus Fichtel. Die Tanne.
Michael Lameck. Der Ata.
Bernard Dietz. Der Enatz.
Detlef Pirsig. Der Unüberwindbare.
Karl-Heinz Körbel. Der Treue.
Bernd und Karlheinz Förster. Die Förster-Brüder.
LAUFWUNDER
Herbert Wimmer. Der Hacki.
Harald Konopka. Das Wiesel.
Hans-Peter Briegel. Die Walz aus der Pfalz.
Willi Landgraf. Der Rekordhalter.
STURMTANKS UND BRECHER
Uwe Seeler. „Uns Uwe“.
Bernd Nickel. Dr. Hammer.
Klaus Fischer. Mister Fallrückzieher.
Horst Hrubesch. Das Kopfballungeheuer.
Dieter Hoeneß. Der Schwabenpfeil.
Franz Gerber. Der Schlangen-Franz.
Marcel Rath. Das Kampfschwein.
Morike Sako. Der Kickboxer.
Manuel Schäffler. Der Schäffe.
UNGLÜCKSRABEN
Horst Szymaniak. Der Schimmi.
Rudi Brunnenmeier. Der Torschützenkönig.
Reinhard Libuda. Der Stan.
Erwin Kostedde. Der Pechvogel.
SPASSVÖGEL
Willi Lippens. Die Ente.
Johann Ettmayer. Der Buffy.
Jimmy Hartwig. Der Offebächer.
Anton Polster. Der Wiener.
Mario Basler. Der Talkmaster.
Ansgar Brinkmann. Der weiße Brasilianer.
Torsten Mattuschka. Der eiserne „Tusche“.
DIE UNANGEPASSTEN
„Co“ Prins. Der Tulpenjacob.
Walter Frosch. Der Kettenraucher.
Wolfram Wuttke. Das Schlitzohr.
Stefan Effenberg. Der Tiger.
Kevin-Prince Boateng. Helmut Rahns Großneffe.
Deniz Naki. Der Kurde.
DIE WELTMEISTER
Werner Liebrich. Der Rote.
Hans Schäfer. De Knoll.
Helmut Rahn. Der Boss.
Horst Eckel. Der Windhund.
Hans-Hubert Vogts. Der Berti.
Gerd Müller. Der Hadde.
Hans-Georg Schwarzenbeck. Der Katsche.
Paul Breitner. Der Provokateur.
Uli Hoeneß. Der Macher.
Klaus Augenthaler. Auge.
Andreas Brehme. Der Andy.
Lothar Matthäus. Der Loddar.
Jürgen Kohler. Der Kokser.
Jerome Boateng. Ein Mann für alle Fälle.
TRAINER
Max Merkel. Der Lautsprecher.
Ernst Happel. Der Wödmasda.
Rinus Michels. Der General.
Branko Zebec. Der Mathematiker.
Otto Rehhagel. König Otto.
Werner Lorant. Werner beinhart.
Louis van Gaal. Ritter von Oranien-Nassau.
Felix Magath. Der Quälix.
Anhang
In der Bundesligasaison 1983/1984 wurde Wolf-Dieter Ahlenfelder vom DFB als bester Schiedsrichter mit der „Goldenen Pfeife“ ausgezeichnet.
Knapp zehn Jahre zuvor hatte der gebürtige Oberhausener im Bundesligaspiel zwischen Werder Bremen und Hannover 96 bereits nach 32 Minuten versehentlich zum Pausentee gepfiffen. Einer seiner Linienrichter wedelte wild mit der Fahne, sodass das Spiel dann regulär fortgeführt werden konnte.
Ahlenfelder, als Mineralölkaufmann beim Konzern BP beschäftigt, gestand nach dem Spiel, beim Mittagessen „getankt“ zu haben: ein Bier und einen Malteser. „Wir sind Männer und trinken keine Fanta“, das war das Motto des neben Walter Eschweiler wohl lustigsten Schiedsrichters in der Bundesliga-Geschichte. Bis heute bekommt ein Kneipengänger in der Umgebung des Bremer Weserstadions bei Bestellung eines „Ahlenfelder“ ein Bier und einen Malteser serviert.
Als Wolf-Dieter Ahlenfelder zum ersten Mal als Unparteiischer antrat, bekam er 24 DM Spesen. Als er aufhörte, betrug der Spesensatz 78 DM.
Von 1975 bis 1988 pfiff Ahlenfelder, genannt „Ahli“, 106 Bundesliga- und 77 Zweitligaspiele. Noch im Alter von 58 Jahren leitete er Spiele in der Kreisliga in Nordrhein-Westfalen. Bis zu seinem Tod lebte der an Diabetes leidende Referee im Oberhausener Ortsteil Holten.
Die Geschichten und Geschichtchen, die sich um den Kult-Schiedsrichter aus dem Pott ranken, sind zahlreich, und nicht immer kann man davon ausgehen, dass sie wahr sind. So wird erzählt, dass Paul Breitner ihn angeraunzt hätte: „Du pfeifst wie ein Arsch!“ und Ahlenfelder angeblich antwortete: „… und Du spielst wie ein Arsch.“
Der Weltmeister der landauf-landab kolportierten Fußball-Anekdoten, Ben Redelings, berichtet gar, dass Breitner Schiri Ahlenfelder „mehrfach mit ,Du Affe‘ angesprochen hätte“, und Ahlenfelder entgegnet haben soll: „Schau mal in den Spiegel, Breitner, dann weißt Du Bescheid.“ (2)
Dass Ahlenfelder im Jahr 1987 den Mannheimer Spieler Dieter Finke vor Rot bewahrte, indem er ihm riet, sich auswechseln zu lassen, sonst werde er von ihm, dem Schiedsrichter, „ausgewechselt“, mag schon eher mit der Realität zu tun haben. (3)
Ob es zutrifft, dass Ahlenfelder einen am Boden liegenden Spieler aufforderte, doch aufzustehen, weil die Rasenheizung nicht an sei, lässt sich bis heute nicht mit Sicherheit klären. Auf den Mund gefallen war der Unparteiische aus dem Ruhrpott ganz gewiss nicht.
In einem von „Reviersport“ veröffentlichten Interview vom 24.11.2007 mit „Ahli“ äußerte er u. a. über seine Zeit als Schiedsrichter und das aktuelle Fußballgeschehen (Auszug): „Ob Beckenbauer oder Bierhoff, die duze ich alle. Der Ahli ist noch ein Begriff, schließlich bin ich mit Leib und Seele Schiedsrichter … Die Jungs [Anmerkung Autor: hier sind Schiedsrichter gemeint] haben keine Bewegungsfreiheit, sie müssen sich strikt an ihr Regelwerk halten. Ein Beispiel: Geht vom Trikotausziehen beim Torjubel die Welt unter? Da frage ich mich, ob Sepp Blatter noch alle auf dem Ofen hat. Die Leute haben noch nie Fußball gespielt, die müssen auch mal überlegen, was in einem Fußballer vorgeht. Natürlich würde ich das Trikotüberstreifen lieber bei einer Damen-Mannschaft sehen … Durch die Sache in Bremen bin ich zur Legende geworden. Ich habe ja nichts Böses gemacht. Wie es sich für einen Ruhrgebietler gehört, habe ich mir mal einen genommen … Wenn ich sage, dass ich vor Fußballspielen Wasser und Fanta getrunken habe, wäre das eine Lüge. Ich habe mir ein Pilsken reingetan und der Fall war erledigt … Ich war auch noch sieben Jahre Messdiener, wenn ich einmal den Löffel abgebe, mein Platz im Himmel ist gesichert“. (4)
Am 2. August 2014 starb Wolf-Dieter Ahlenfelder in seiner Geburtsstadt Oberhausen.
Der „echte“ Toni Schumacher kommt nicht aus Düren und ist im Gegensatz zu seinem Nachfolger gleichen Namens auch nicht Mitglied des FC-Präsidiums gewesen.
Denn Harald „Toni“ Schumacher, einer seiner Nachfolger im Kasten der Geißböcke, hat seinen Spitznamen nur deshalb bekommen, weil es in den guten, alten Zeiten des 1. FC Köln schon einen anderen Spieler mit Vornamen Harald gab: Harald Konopka, der knüppelharte Verteidiger, landauf, landab gefürchtet ob seiner Bissigkeit – ein Kettenhund am Fuß eines jeden Außenstürmers der Bundesliga. So nannten sie den zweiten Harald einfach „Toni“, und zwar aus zweierlei Gründen: Als zweiten Vornamen hatte Klein-Harald von seinen Eltern auch den seines Großvaters Anton erhalten, und dann gab es ja auch noch den legendären Helden aus dem Spiel gegen Liverpool namens Toni.
Dieses Spiel fand am 17. März 1965 an der Anfield Road in Liverpool statt, der Hafen- und Arbeiterstadt, der nicht nur die legendären Beatles in den „Roaring Sixties“ ihren Stempel aufdrückten, sondern der auch die „Reds“ im europäischen Fußball durch ihr von Dynamik und Tempo gekennzeichnetes Spiel Rang und Namen verliehen.
Im Tor der Geißböcke, die an jenem Tag im Vorfrühling ohne „Weltmeister“ und Regisseur Hans Schäfer, ohne Torjäger Christian Müller und den besten deutschen Mittelläufer der sechziger Jahre, Leo Wilden, antreten mussten, stand Anton Schumacher, der sein Handwerk in der Jugend von Blau-Weiß Hemmerich gelernt hatte.
Im Jahr 1958 war das Torwarttalent aus der Voreifel zu Tura Bonn gewechselt, einem Arbeiterverein, wo ihn im Sommer 1960 Talentspäher, heute „Scouts“ genannt, entdeckten und zum 1. FC Köln lotsten. Dort saß er zunächst als Ersatztormann hinter Fritz Ewert auf der Bank, ehe er unter Trainer Schorsch Knöpfle die Nummer 1 im Kasten der Geißböcke wurde.
In der Saison 1964/65 kam er zu 23 Einsätzen in der Bundesliga; Fritz Ewert machte jetzt nur noch sieben Spiele im Tor der Rot-Weißen, die in dieser Spielzeit lediglich Vizemeister hinter Werder Bremen wurden.
Im „Großen Lexikon der Bundesligatorhüter“ wird konstatiert, dass Anton Schumacher im torlos endenden Match des Jahres 1965 an der Anfield Road „eine der größten Torhüterleistungen der Fußballgeschichte“ ablieferte. (5)
Mitspieler Wolfgang Weber sprach von einer Galavorstellung des „Wunderkeepers namens Schumacher“, und Wolfgang Overath attestierte dem Mann im Kasten „das Spiel seines Lebens“ gemacht zu haben. Der Tormann mit den dunklen Haaren im hellen Baumwollpullover hielt einfach alles, was die Liverpooler Mannschaft in einem Dauer-Sturmlauf aufs Tor brachte. Der Oberbürgermeister der Beatles-Metropole gratulierte ihm nach dem Spiel per Handschlag, und die Zeitung „Daily Post“ schrieb: „Toni Schumacher besiegte FC Liverpool“, obwohl das Spiel doch Unentschieden endete.
Der 1. FC Köln war in Liverpool am 17. März 1965 mit folgender Elf aufgelaufen: Anton Schumacher, Toni Regh, Fritz Pott, Matthias Hemmersbach, Wolfgang Weber, Hansi Sturm, Wolfgang Overath, Zeze, Karl-Heinz Thielen, Hannes Löhr, Heinz Hornig. In den Reihen des FC Liverpool standen mit Ron Yeats, Gordon Milne und Roger Hunt Spitzenspieler des europäischen Fußballs. Ihr Trainer war kein Geringerer als Bill Shankley.
Augenzeugen berichten, dass Anton Schumacher an diesem Tag Übermenschliches leistete. Von gefühlt hundert Schüssen und Kopfbällen der Reds auf seinen Kasten fischte er alles weg, er lag quer in der Luft, faustete, hechtete und drosch die Bälle aus dem 5-m-Raum oder lenkte sie mit den Fingerspitzen über den Querbalken. Die Experten waren sich einig: Anton Schumacher hatte in Liverpool eine Weltklasseleistung gezeigt.
So erzwang er quasi im Alleingang ein Entscheidungsspiel auf neutralem Boden in Rotterdam, wo Anton Schumacher seine Elf einmal mehr durch eine großartige Leistung vor einer Niederlage bewahrte. Auch dieses Spiel ging in die Fußballgeschichte ein. Nach einem 2:2 entschied ein Münzwurf, der wiederholt werden musste, weil die Münze hochkant im nassen Rasen steckengeblieben war. Der 1. FC Köln schied aus.
Karl-Heinz Schnellinger sagt, dass Schumacher ein besonders ruhiger, nervenstarker Torhüter gewesen sei und auf der Linie durch seine schnelle Reaktion und seine artistischen Paraden zu den besten seines Fachs in der Bundesliga gehörte.
Zur Saison 1966/1967 allerdings verpflichtete der Verein aus unerfindlichen Gründen mit dem jugoslawischen Torhüter Milutin Soskic einen weiteren Keeper. Toni Schumacher rückte wieder ins zweite Glied, Gründe dafür kennt er bis heute nicht. Beim 1. FC Köln war man schon vor Jahrzehnten zu allem fähig. Dass ein „Klassemann“ wie Anton Schumacher auf solche Weise mehr oder weniger abserviert wurde, war nicht in Ordnung.
1968 hatte der Held von Liverpool die Faxen der Müngersdorfer Verantwortlichen endgültig dicke und wechselte zum Regionalligisten Viktoria Köln.
Seine Laufbahn beendete er nach einem kurzzeitigen Engagement beim belgischen Erstligisten KV Mechelen und zwei weiteren Jahren bei der Rheydter Spielvereinigung, weil er eine schwere Armverletzung erlitt. Schumacher absolvierte 58 Bundesligaspiele für den 1. FC Köln, wurde einmal Deutscher Meister (1964) und einmal Deutscher Pokalsieger (1968).
Im Alter von 29 Jahren musste Anton Schumacher aufgrund seiner Verletzung die Fußball-Karriere frühzeitig beenden. Er arbeitete anschließend als Chef-Fahrer beim Deutschen Raiffeisenverband. Zum Hobby wurde dem legendären Torhüter sein Interesse an Jagd und Forstwirtschaft. Im Örtchen Weilerswist hegt er ein Waldstück mit 600 Fichten und Tannen. Er pflanzt Bäume und verkauft Christbäume. Ab und zu erhält er Besuch von seinen beiden Töchtern und deren Familien. Und noch immer hält er es mit seinem alten Klub, dem Effzeh, von dem er hofft, dass es wieder einmal bessere Zeiten für ihn gibt.
Dass über ihn noch immer geschrieben wird, dass man nach ihm fragt und ihn an seine großartige Leistung in Liverpool erinnert, berührt ihn nicht sonderlich. Es verwundert ihn eher. Anton Schumacher erweckt den Eindruck, es sei ihm eher unangenehm, im Mittelpunkt zu stehen.
Der Mann, der kein Held sein will, und der doch einer war, wenn auch nur für einen einzigen Tag seines Lebens, ist alt geworden. Und für viele seiner Generation dennoch unvergessen.
Volkmar Groß ist ein Fall für sich. Er war in seiner Glanzzeit für mich der beste Torhüter, den ich je spielen sah, gleichermaßen stark auf der Linie und aufgrund seiner Körpergröße (1,93 m) der Herrscher des Strafraums. Unter der Präsidentschaft des legendären Vereinsvorsitzenden Otto Höhne, dem Rektor einer Zehlendorfer Grundschule, machte Volkmar Groß bei der „kleinen“ Hertha (Hertha 03 Zehlendorf) durch hervorragende Leistungen auf sich aufmerksam. Der Verein aus dem Nobelviertel im Süden Berlins galt jahrelang als Talentschmiede des Berliner Fußballs und darüber hinaus. Otto Höhne besaß ein Auge für Talente und holte sie reihenweise von noch kleineren Berliner Vereinen nach Zehlendorf in das Ernst-Reuter-Stadion in der Onkel-Tom-Straße. Dort erhielten sie den Feinschliff und wanderten anschließend zu den führenden Klubs in der Bundesliga, unter anderen Helmut Faeder, Christian Ziege, Robert und Niko Kovac. Auch Pierre Littbarski, vom VfL Schöneberg gekommen, machte Zwischenstation bei der „kleinen Hertha“ und ging anschließend zum 1. FC Köln.
Von der „kleinen Hertha“ wechselte Volkmar Groß zur „großen Hertha“ an den Gesundbrunnen, mit der er in die Bundesliga aufstieg. Für Hertha BSC trat er in über 100 Spielen an und gehörte zu den Meistern seines Fachs. Ferenc Puskas, der ungarische Weltstar der fünfziger Jahre, sah ihn in einem Spiel und kommentierte dessen Leistung mit „Weltklasse“.
Jäh unterbrochen wurde sein Aufstieg durch die Verwicklung des Klubs in den Bundesligaskandal im Jahr 1971. Über seinen Mitspieler Jürgen Rumor hatten Funktionäre von Arminia Bielefeld Kontakte zum Team der Berliner hergestellt und 250.000 DM geboten, falls Hertha das Spiel gegen die abstiegsbedrohte Elf von der Alm verlieren würde. Dagegen standen 140.000 DM von Kickers Offenbach im Falle eines Sieges gegen die Bielefelder, die der Offenbacher Bananenhändler und Präsident des OFC Horst Gregorio Canellas ins Spiel gebracht hatte. Bei der durch ihn erfolgten Aufdeckung des Skandals deklarierte der OFC-Präsident die in Aussicht gestellte Summe allerdings als „Scheinangebot“.
Die Berliner verloren das Heimspiel mit 0:1. Volkmar Groß wurde von der Presse dennoch eine gute Leistung bescheinigt. Nach dem Spiel trafen sich die Herthaner Spieler in der Gaststätte Waldhaus an der Havelchaussee auf ein Bier. Dort tauchte auch der Abwehrrecke Jürgen Rumor auf, um etwas Wichtiges mit seinen Kameraden zu besprechen. Das Treffen wurde in der Wohnung von Volkmar Groß fortgesetzt. Das in einem Aktenkoffer enthaltene Geld aus Bielefeld wurde unter den Spielern verteilt. Jeder Beteiligte bekam 15.000 DM. Volkmar Groß hat bis zuletzt behauptet, nicht absichtlich verloren zu haben. Kurze Zeit später ließ „Bananen-Canellas“ auf seiner legendären Geburtstagsparty im Sommer 1971 in Anwesenheit von Bundestrainer Helmut Schön die Katze aus dem Sack. Zunächst wurden nur die Hertha-Spieler Tasso Wild und Bernd Patzke vom DFB für vier Jahre gesperrt. Anschließend erwischte es auch die anderen Beteiligten, darunter Volkmar Groß, der zu den besten deutschen Torhütern gehörte, bereits ein Länderspiel in der A-Nationalmannschaft absolviert hatte und dem noch eine große Karriere bevorgestanden hätte. Volkmar Groß hat sich für sein unehrenhaftes Verhalten zeit seines Lebens geschämt.
Infolge der Sperre ging er für zwei Jahre nach Südafrika, spielte beim FC Hellenic Kapstadt und kehrte über eine weitere Zwischenstation bei Twente Enschede in Holland zurück nach Berlin. 1977 trat er in der Bundesliga-Rückrunde für die Tennis Borussen an. Es folgte ein zweijähriges Gastspiel bei Schalke 04, und der Abschluss der Karriere vollzog sich von 1979 bis 1983 in der North American Soccer League. Anschließend blieb Volkmar Groß noch weitere Jahre in den Vereinigten Staaten und arbeitete dort als Torwarttrainer und Autoverkäufer.
2003 eröffnete er in der Naumannstraße in Berlin-Schöneberg eine „Sportsbar“ (Volkmars Tor/HFC Sporteck), in der er bis zu seiner Krebserkrankung (2008) hinter dem Tresen stand. Hinzu kam eine Lungenerkrankung (COPD), die ihm erhebliche Atembeschwerden bereitete.
Volkmar Groß starb im Alter von 66 Jahren am 3. Juli 2014.
„In der ersten Liga Bälle zu halten finde ich total geil. Da geht mir voll einer ab!“ (Zitat Klaus Thomforde). Wer den Mann im Tor gesehen hat, der will das gerne glauben. Wer ihn persönlich kennt, hat zunächst einmal den Eindruck, dass es sich bei dem Kult-Keeper des FC St. Pauli um einen zurückhaltenden, bescheidenen und freundlichen Menschen handelt. Freundlich ist er ohne jeden Zweifel – und alles andere als ein Selbstdarsteller.
Der Ort Milstedt, in dem das „Tier im Tor“ geboren wurde, zählt gerade einmal 297 Einwohner und liegt in der Elbmarsch. Das Dörfchen zwischen Hamburg und Bremen wurde 1974 in die Stadt Bremervörde eingemeindet. Und der gelernte Finanzbeamte ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der berühmteste Sohn seines Geburtsortes.
Thomforde war bereits Beamter auf Lebenszeit, bevor er sich entschloss, in den Profifußball zu wechseln. Er spielte in der Jugend beim Bremervördener SC und dann, von 1983 bis 1992, insgesamt 359-mal im Tor des FC St. Pauli.
Hansi Bargfrede, sein Kumpel, hatte ihn mit zum Training ans Millerntor genommen, und der damalige Trainer der Paulianer, Michael Lorkowski, war von seinem Torwartspiel so begeistert, dass er ihm versprach, er werde ihn zum Bundesligatorwart machen.
Seine Ehefrau Manuela hat Klaus Thomforde im Clubheim kennengelernt. Sie war Fan des FC St. Pauli und wurde Fan von Klaus Thomforde. Das Ehepaar hat drei Söhne, zwei davon tragen den Vornamen Klaus: Malcolm-Klaus und Mortimer Klaus.
Klaus Thomforde erzählt, dass seine Frau ihn in der aktiven Zeit, wenn er auf dem Platz über das Ziel hinausgeschossen sei, ermahnt habe, stets mit dem Hinweis, wie sich sein Verhalten auf die Erziehung der Kinder auswirken könne. Das habe ihm zu denken gegeben. Doch ist der Mann aus der Elbniederung keiner, der sich außerhalb des Strafraums leicht aus der Ruhe bringen ließe.
Als Tormann hingegen wirkte „Klauuuuus“, wie ihn die Fans oft minutenlang feierten, manchmal so, als sei er auf „Droge“. Seinen Rufen und Gesten war zu entnehmen, dass er 90 Minuten lang brannte und fieberte. Todesmutig warf er sich ins Getümmel, und manchmal hielt er Sachen, die für einen Normalsterblichen nicht zu fassen waren. Wenn er dann wieder einen Ball in unverwechselbarer Manier gehalten hatte, rieb er sich die Hände, schüttelte die Fäuste wie in Ekstase und machte die „Säge“. „Das Tier im Tor“ ist bis heute der größte „Pusher“, den man je im Kasten des FC St. Pauli gesehen hat.
Dem Fußball-Magazin „11 Freunde“ erzählte Klaus Thomforde, er habe sich seine Art Torwart zu sein, bei zwei englischen Torhütern des FC Southampton abgekuckt, als man gemeinsam mit dem englischen Klub in einem Trainingslager in Spanien gewesen sei. Die Torhüter Tim Flowers und John Burridge hätten ständig geschimpft wie die Rohrspatzen. Doch anders als seine englischen Vorbilder lebte Klaus Thomforde auf dem Platz vor allem seine Freude aus. Das gab ihm Selbstvertrauen und motivierte ihn zu Höchstleistungen auf der Linie.
In wenigen, schwachen Momenten unterliefen ihm auch Fehler. Wahrscheinlich waren sie seiner Aufregung geschuldet. So hatten einige Zuschauer manchmal das Gefühl, der Keeper der Braunweißen wisse nicht, ob er den Ball im Sechzehner mit der Hand aufnehmen durfte oder mit dem Fuß spielen musste.
Nach seiner langen Karriere als Tormann beim FC St. Pauli, die er wegen eines Kreuzbandrisses beenden musste, machte der gutmütige Mann vom Millerntor als Torwart-Trainer auf sich aufmerksam. Er arbeitete bei Holstein Kiel, in Litauen und ist nunmehr seit vielen Jahren als erfolgreicher Torwart-Trainer der deutschen U-21 Auswahl tätig.
Vor gut zehn Jahren, im kalten Spätherbst, konnten Besucher eines Kreisligaspiels im holsteinischen Wakendorf-Götzberg ein Aufwärmen der Gastmannschaft des TSV Lensahn beobachten.
Der auffälligste Mann bei der Vorbereitung war ein Spieler mit Zipfelmütze, der die Bälle mit Wucht aufs Tor drosch und bereits vor dem Anpfiff lautstark Anweisungen an seine Mitspieler gab. Als das Spiel begann, führte er den Anstoß aus und fungierte im weiteren Spielverlauf als Mittelstürmer, der unermüdlich ackerte und seine Mitspieler immer wieder aufs Neue antrieb. Der hochaufgeschossene Schlaks, bester Mann auf den Platz, war niemand anderes als der ehemalige Torhüter des FC St. Pauli, Volker Ippig. Damals hatte der Lensahner die Vierzig bereits deutlich überschritten.
Volker Ippig ist als Kämpfer für Gerechtigkeit und Sozialismus einerseits und mit seinem außergewöhnlichen und bedingungslosen Torwartspiel andererseits, ganz eindeutig eine wesentliche Figur unter den Gestaltern des FC St. Pauli Images als „linker“ Fußballclub. Er bestritt 144 Pflichtspiele für die „Boys in Brown“.
Als Sechzehnjähriger wechselte Ippig im Jahr 1979 vom Amateurverein TSV Lensahn im Ostholsteinischen zum über 100 km entfernten FC St. Pauli in Hamburg. Im Jahr 1981 stand der junge, großgewachsene Blonde zum ersten Mal im Tor der Ligaelf.
Der Weg zur Nummer 1, den er dann von 1987-1991 im Tor des FC St. Pauli machte, war von einigen Zwischenstationen und Umwegen gekennzeichnet. Ippig arbeitete vorübergehend in einem Heim für behinderte Kinder, nahm sich anschließend eine Auszeit und ging als Aufbauhelfer für ein Jahr nach Nicaragua, um dort am Bau eines Krankenhauses mitzuarbeiten. In der Saison 1986/1987 schaffte Volker Ippig den Durchbruch bei den Braun-Weißen und wurde Stammtorwart.
Nebenbei machte der große Blonde aus der holsteinischen Provinz durch seine Lebensart auf sich aufmerksam. Er entsprach in keiner Weise dem damals üblichen Klischee eines Fußballprofis, sympathisierte mit den Hausbesetzern am Hamburger Hafen, fuhr mit dem Fahrrad statt mit einem teuren BMW zum Training und machte aus seiner antiautoritären, linkspolitischen Einstellung keinen Hehl. Bei einem Interview im ZDF-Sportstudio trug die Galionsfigur aller fußballbegeisterten Linken in Deutschland Bauarbeiterschuhe. Bei den kurzen und knackigen Antworten des Interviewten blieb kein Auge trocken, und für die Fußballwelt im Lande war Volker Ippig fortan ein linker Revoluzzer im Torwarttrikot.
Dennoch wurde er zu einer Art Ziehsohn des damaligen FC St. Pauli-Präsidenten und Unternehmers Otto Paulick. Ippig zahlte seinem Förderer und dem Verein dessen Fürsorge durch gute Leistungen zurück.
Wieder einmal als Ablösung von Klaus Thomforde im Tor stehend, gelang es ihm, bei einem Auswärtsspiel gegen den haushohen Favoriten Bayern München durch Glanzparaden den eigenen Kasten sauber zu halten: Der FC St. Pauli, sich wieder einmal im Abstiegskampf befindend, schaffte durch diesen großen Tag seines Torhüters den einzigen Auswärtssieg der Braun-Weißen gegen die auf Meisterschaften und Pokalsiege abonnierten Bayern.
Infolge einer Rückenverletzung beendete Volker Ippig, der erste und überzeugteste Sozialist unter den Bundesligaspielern des 20. Jahrhunderts, im Jahr 1992 seine Karriere als Profi. Bei einem Training auf gefrorenem Boden hatte sich Ippig einen Knochen an der Wirbelsäule gebrochen. Das brachte ihn allerdings nicht dazu, dem Fußball auf Dauer „Adé“ zu sagen. Einige Jahre später lief er wieder als Mittelfeldspieler und Stürmer beim TSV Lensahn auf.
Auch sonst blieb die Torwartlegende aus Lensahn nicht untätig. Er schloss eine Ausbildung als Physiotherapeut ab, betrieb vorübergehend eine mobile Torwartschule und arbeitete zeitweilig als Torwarttrainer u. a. für den VfL Wolfsburg.
Noch als 55-Jähriger war Volker Ippig im Kader des TSV Lensahn gelistet, und da er Sonntag für Sonntag zum Fußball ging, nahm er seine Sporttasche immer mit. Er hätte im Notfall ja noch einmal einspringen können.
Der Vater von zwei Töchtern ist seit vielen Jahren als Lascher im Hamburger Hafen tätig und fährt täglich von Lensahn nach Hamburg und zurück. Seit 2011 wurde aus einer Tätigkeit auf Abruf eine Festanstellung.
Für die Fans vom Millerntor bleibt der Mann im gelben Pullover eine Symbolfigur ihres Vereins.
„Toni“ Schumacher Zwo, der unter jüngeren Fußballfans gelegentlich als der einzig wahre Schumacher gilt, wurde am 6. März 1954 als Sohn einer Arbeiterfamilie in Düren geboren. Sein Vorbild war der aus Köln stammende Torhüter von Rot-Weiss Essen Fritz Herkenrath, der bei der WM 1958 in Schweden den Kasten der deutschen Nationalmannschaft sauber hielt, von Beruf Lehrer war und später als Professor für Sport an der Technischen Universität Aachen und der Universität Düsseldorf lehrte. Schon die Mutter Schumachers war eine glühende Verehrerin des Volksschullehrers gewesen und forderte ihren Knaben Harald, wenn Besuch kam, auf, „den Herkenrath zu machen“. Der hechtete dann wie ein Irrwisch über die Sofakissen im Wohnzimmer.
Im Alter von acht Jahren begann Harald Schumacher bei Schwarz-Weiß Düren zunächst als Feldspieler. In den Schülermannschaften wurde er auf allen Positionen eingesetzt, bis er auf Empfehlung seiner Mutter zwischen die Pfosten beordert wurde. Von nun an ging’s bergauf.
Nach Nominierungen in der DFB-Jugendnationalelf und beendeter Lehre als Kupferschmied schaffte Schumacher den Sprung in den Bundesligakader des 1. FC Köln. Jupp Röhrig, eine der Geißbock-Legenden in den fünfziger Jahren, hatte ihn empfohlen.
Seinen bis heute unter Fußballfans üblichen Vornamen Toni bekam Harald Schumacher nicht in Erinnerung an den Torwarthelden von Liverpool gleichen Namens. Mit dem Verteidiger Konopka gab es bereits einen „Harald“ in den Reihen der Geißböcke, der diesen Vornamen trug. Und da in Harald Schumachers Geburtsurkunde als zweiter Vorname der seines Großvaters Anton verzeichnet ist, nannten ihn Mitspieler und Freunde nun Toni oder „Tünn“.
Beim einst so großen Effzeh war aller Anfang schwer für den unbekümmerten und schmächtigen jungen Mann aus Düren, der in seinen ersten Auftritten zuweilen hypernervös agierte. Der „Tünn“ brauchte Zeit, um an einem Klasse-Keeper wie Gerd Welz vorbeizuziehen. Unübersehbar war seine Klasse in der Beherrschung des Strafraums und sein Können auf der Linie. Immer ging er auch dahin, wo es weh tat. Sein Aufstieg zu einem der herausragenden Nationaltorhüter war das Ergebnis eines unbezähmbaren Willens und einer unvergleichlichen Leidenschaft, mit der er seine Aufgaben erledigte. Er agierte angstfrei im Strafraum und warf sich ins Getümmel gegnerischer und eigener Spieler, wo immer er es für geboten hielt. Nicht lange und Harald Schumacher hielt sich selbst für den besten Mann seines Fachs im deutschen Fußball. Alsbald hatte auch die Fachwelt keinen Zweifel mehr an der herausragenden Qualität des Kölner Keepers.
Mit dem 1. FC Köln schaffte er im Jahr 1978 das Double: die Deutsche Meisterschaft und den DFB-Pokalsieg. Im Jahr 1980 war er einer der herausragenden Spieler der in Italien stattfindenden Europameisterschaft, die die DFB-Nationalelf gewann. Im Endspiel um die Europameisterschaft spielte Schumacher mit einem gebrochenen Finger. Die Verletzung hatte er vor dem Spiel verheimlicht.
Bereits vor der WM 1982 in Spanien galt Harald Schumacher als einer der weltbesten Torhüter. Sein Image wurde jedoch durch ein Foul in der Halbfinalbegegnung des Turniers gegen die französische Nationalmannschaft geschmälert, das er beim Herauslaufen an dem gegnerischen Spieler Patrick Battiston beging, indem er den in hohem Tempo herannahenden Franzosen außerhalb des 5-m-Raums ansprang und verletzte. Battiston erlitt einen Kieferbruch und verlor zwei Zähne. Nach dem gewonnenen Elfmeterschießen zog die DFB-Nationalelf ins Endspiel ein und verlor den Kampf um die WM gegen Italien in Madrid mit 3:1.
Harald Schumacher, der das in die Fußballgeschichte eingegangene Foul so gewiss nicht beabsichtigte, durchlebte in der Folge dieses Auftritts eine schwere Zeit und wurde von Kritikern im Ausland als „Rambo“ und „Nazi“ geschmäht.
Überragend agierte der Kölner dann wieder als Nationaltorhüter bei der WM 1986 in Mexiko. Im mit 2:0 gewonnenen Halbfinale gegen die Franzosen war Schumacher der beste Mann auf dem Platz. Das Endspiel gegen Argentinien ging mit 2:3 verloren. Schumacher wurde zum besten Torhüter des Turniers gewählt und erhielt anschließend zum zweiten Mal die Auszeichnung „Deutschlands Fußballer des Jahres“.
Ein Jahr später avancierte Harald Schumacher mit der Veröffentlichung des Buches „Anpfiff“ auch noch zum Erfolgsautor. Das Buch wurde in 13 Sprachen übersetzt und hatte die Trennung des Klassemanns von Verein und DFB-Nationalelf zur Folge, weil die Veröffentlichung zahlreiche interne und brisante Informationen um das Fußballgeschehen in Deutschland beinhaltete. Schumacher, der seinen Nachfolger im Tor der Nationalelf, Eike Immel, im Buch sinngemäß als spielsüchtig bezeichnete hatte, wechselte zum FC Schalke 04, mit dem er 1988 aus der Bundesliga abstieg.
Mit dem türkischen Eliteklub Fenerbahçe Istanbul wurde er Meister und galt von nun auch in der Türkei als Held des Strafraums. In der Saison 1991/1992 kam es zu einem kurzen Engagement bei Bayern München (8 Spiele); es folgte ein weiterer Auftritt in der Saison 1995/1996 für Borussia Dortmund.