Lektüreschlüssel: Deutsche Liebeslyrik. Sekundarstufe II - Ursula Frank - E-Book

Lektüreschlüssel: Deutsche Liebeslyrik. Sekundarstufe II E-Book

Ursula Frank

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Beschreibung

Reclams Lyrik-Lektüreschlüssel "Deutsche Liebeslyrik" erschließt ausgewählte Gedichte, die für diesen Themenbereich repräsentativ sind. Er enthält die vollständigen Gedichttexte und führt in beispielhaften Kurzinterpretationen verschiedene Modelle der Gedichtanalyse vor.

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Seitenzahl: 79

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LEKTÜRESCHLÜSSELFÜR SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER

Deutsche Liebeslyrik

Sekundarstufe II

Von Ursula Frank

Philipp Reclam jun. Stuttgart

Dieser Lektüreschlüssel folgt der reformierten Rechtschreibung und Zeichensetzung. Ausnahmen bilden Texte, bei denen philologische oder lizenzrechtliche Gründe einer Änderung entgegenstehen.

Alle Rechte vorbehalten© 2008, 2012 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., StuttgartGesamtherstellung: Reclam, DitzingenMade in Germany 2012RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK undRECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetrageneMarken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co., StuttgartISBN 978-3-15-960072-7ISBN der Buchausgabe 978-3-15-015402-1

www.reclam.de

Inhalt

1. Zum Einstieg

2. Liebeslyrik – ein historischer Überblick

3. Texte und Interpretationen

3.1 Walther von der Vogelweide:Under der linden (Mittelalter)

3.2 Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau:Vergänglichkeit der schönheit (Barock)

3.3 Johann Wolfgang Goethe:Maifest (Sturm und Drang)

3.4 Clemens Brentano:Der Spinnerin Lied (Romantik)

3.5 Heinrich Heine: Sie saßen und tranken am Teetisch (Vormärz / Junges Deutschland)

3.6 Conrad Ferdinand Meyer:Zwei Segel (Bürgerlicher Realismus)

3.7 Rainer Maria Rilke:Liebes-Lied (Symbolismus)

3.8 Else Lasker-Schüler:Ein alter Tibetteppich (Expressionismus)

3.9 Kurt Schwitters:An Anna Blume (Dadaismus)

3.10 Bertolt Brecht:Die Liebenden (Neue Sachlichkeit)

3.11 Ingeborg Bachmann:Erklär mir, Liebe (Moderne)

3.12 Sarah Kirsch:Die Luft riecht schon nach Schnee (Gegenwart)

4. Checkliste

5. Lektüretipps

Quellenverzeichnis

1. Zum Einstieg

Nicht nur in der Popmusik dreht sich alles um die Liebe, wird von Sehnsucht, Schmerz und Verzweiflung, aber auch von Glück und Seligkeit gesungen, sondern auch die Literatur nimmt sich immer wieder aufs Neue dieses Themas an. Vor allem Lyriker lassen sich gerne von der Liebe inspirieren, und so finden wir seit dem Mittelalter über alle Epochen hinweg das Genre des Liebesgedichts. Bei der vergleichenden Lektüre wird deutlich, dass sich die Ich-Du-Beziehung unter vielerlei verschiedenen Aspekten betrachten lässt, die Poesie sich aber meist auf die Momente konzentriert, die von einer besonderen Gefühlsintensität sind. Vornehmlich das Verlieben und das Werben sowie der Abschied, die Trennung oder auch die Eifersucht werden also in der Liebeslyrik thematisiert. Trotz dieser inhaltlichen Gemeinsamkeiten weisen die Gedichte große Unterschiede auf, denn auch der Liebesbegriff ist durch geistesgeschichtliche und gesellschaftliche Umwälzungen einem starken Wandel ausgesetzt. Über den Vergleich von Liebesgedichten aus verschiedenen Epochen lassen sich solche Veränderungen erkennen und benennen. Zudem wird damit ein Einblick in die unterschiedlichsten Vorstellungen von einer Beziehung zwischen Mann und Frau gewährt, der eine kritische Betrachtung unserer Wirklichkeit nahelegt. Greifbar wird so zum Beispiel, dass das Erstarken des Individuums in unserer Zeit zu einer Vereinzelung führt, die im Widerspruch zu einer Beständigkeit in der Liebe steht. Auch den unbedarft glücklich Liebenden wird man vergeblich in der modernen Lyrik suchen, das Problembewusstsein des heutigen Menschen verhindert von vorneherein solch eine Haltung. Durch die Kontrastierung ermöglicht es der Längsschnitt daneben auch, den analytischen Blick für sprachliche Details zu schärfen und so für die formalen Elemente und ihre Wichtigkeit für die Deutung eines Gedichts zu sensibilisieren. Zudem lassen sich so unterschiedliche poetologische Konzepte leichter vermitteln.

Um einen möglichst großen Überblick über das Genre der Liebespoesie zu bieten, werden hier zwölf Gedichte aus zwölf verschiedenen Epochen vom Mittelalter bis in die Gegenwart vorgestellt. Die hier gebotene Auswahl will ein möglichst breites Spektrum an Gedichtformen bieten sowie die ganz unterschiedlichen Tonarten in der Liebeslyrik aufzeigen; deswegen folgt auf einen euphorischen ein melancholischer oder auf einen blumigen ein lakonischer Text.

Den Zugang zu dem einzelnen Gedicht soll ein kurzer Abriss über seine Entstehungszeit erleichtern. Nach der Lektüre des Textes wollen Anregungen, die die Aufmerksamkeit auf formale oder auch inhaltliche Besonderheiten lenken, zu einer tiefer gehenden Auseinandersetzung des Lesers mit dem Gedicht ermuntern. Die darauf folgende Interpretation hat keinen Modellcharakter, sondern bietet eine Lesehilfe und ist als solche immer nur eine Möglichkeit der Betrachtung.

2. Liebeslyrik – ein historischer Überblick

Dû bist mîn, ich bin dîn,des solt dû gewis sîn.dû bist beslozzenin mînem herzen:

5

verlorn ist das slüzzelîn:

dû muost immer drinne sîn.

Als Briefschluss findet sich dieses Liebesgedicht einer unbekannten Verfasserin in der Tegernseer Briefsammlung, die Ende des 12. Jahrhunderts zusammengetragen wurde. Der Adressat des Schreibens war von den Worten so berührt, dass er in einer schriftlichen Antwort um die Dame warb. Mit Entrüstung wies ihn diese ab, handelte es sich hier doch nicht um einen romantischen Gefühlsausbruch, sondern allein um eine lyrische Übung. Die um die gleiche Zeit entstandenen so genannten »Hohen Minnelieder« sind ebenso wenig Erlebnislyrik. Innerhalb der höfischen Kultur war es die Pflicht eines jeden Ritters, seiner Herrin in Liedern öffentlich zu huldigen. In einer meist formelhaften Sprache preist er die Schönheit und die Tugend der für ihn als verheiratete immer unerreichbar bleibenden Frau. Walther von der Vogelweide bricht mit dieser strengen Konvention und thematisiert in seinen Liedern der »Niederen Minne« die erfüllte Liebe.

Auch zu Beginn des Barocks finden wir solch leidenschaftlichen Lobpreis der Ich-Du-Beziehung, dann jedoch bringt die Jenseitszugewandtheit des Zeitalters einen ernsteren Ton in die Liebesgedichte, und es gehört nun selbst in diesem Genre zu den Gepflogenheiten, an die Vergänglichkeit und damit an eine Hinwendung zu Gott zu gemahnen. Die Liebespoesie teilt also auch hier keine individuellen Empfindungen mit, sondern will den Leser vor allen Dingen nachdenklich stimmen.

Die Darstellung der Liebe als einer ganz persönlichen Erfahrung kommt erst mit dem Erstarken des Individuums im Sturm und Drang. Richtungsweisend für die Liebeslyrik des ganzen folgenden Jahrhunderts werden Goethes überschwängliche Verse, in der die Liebe als Ausgangspunkt zu einem neuen Selbstverständnis gefeiert wird. Die Liebesbegegnung schließt dabei die Welt aus und schafft eine Gegenwelt, in der sich bisher ganz unbekannte Sphären eröffnen. Ausdruck findet die Euphorie über das allerfüllende Liebeserlebnis in einer sehr bewegten Sprache, in neuen Wortschöpfungen und einem Bruch mit den literaturtheoretischen Konzeptionen der vorangehenden Epoche.

Nicht weniger bewegt erfahren die Romantiker die Liebe. Auch sie vertrauen grundsätzlich auf die wahre Liebe, allerdings sehen sie diese durch Trennungen und Abschiede bedroht. Die Überzeugung, dass sich die Liebe, wenn nicht im Hier und Jetzt, dann zumindest im Jenseits leben lässt, vermag Trost zu spenden. Die die Zeit beherrschende Todessehnsucht schlägt sich also auch in der Liebeslyrik nieder. Trotz der Gewissheit auf eine Vereinigung im Reich Gottes dominieren in den romantischen Gedichten dennoch Schmerz und Verzweiflung, das verwendete Bildmaterial ist dementsprechend düster, die Sprache getragen.

Die Bewegung des Jungen Deutschlands entzieht sich diesem elegischen Ton durch spöttische Verse. Die Liebe als solche wird dabei nicht in Frage gestellt, sie erhält jedoch dadurch einen anderen Charakter, dass sich das lyrische Ich als Person zurücknimmt und dem Du mehr Aufmerksamkeit zukommen lässt. Auch wird sie durch die Ironie aus der Stilisierung in die Alltagswelt gerückt und damit ein Stück weit objektiviert.

Von dieser Konzeption versucht sich der Realismus abzuheben. Im Rückgriff auf Goethe erhalten die Liebesgedichte wieder einen feierlichen Ton, in dem die Liebe als Erfüllung beschworen wird. Direkt an diese Entwicklung knüpft der Symbolismus an. Trotz des poetischen Tones jedoch sind die Gedichte der Symbolisten höchst problematisierend. Die Liebe wird zwar immer noch als etwas Erhabenes gesehen, doch deuten sich Zweifel an einer allzu innigen Verbindung an, wird die Ergriffenheit als mögliche Bedrohung des Individuums und seiner Entfaltung gesehen.

Die Expressionisten, die sich mit der Liebesthematik in etwa dem gleichen Zeitraum auseinander setzten, sehen auch die Brüchigkeit in der Vorstellung von der erfüllenden Liebe und sind doch wieder auf der Suche nach ihr. Dieser Zwiespalt ist typisch nicht nur für die Liebeslyrik der folgenden Jahre, sondern auch Jahrzehnte. Sowohl von den Dichtern der Neuen Sachlichkeit wie von den Dadaisten wird der Leser schließlich mit der desillusionierenden Feststellung konfrontiert, dass die Idee von der überwältigenden Liebe nur eine Mär ist, die Wirklichkeit nicht mehr als nur flüchtige Liebeserlebnisse bieten kann.

Diese Erkenntnis wird von den Autoren der Gegenwart geteilt. Ihre Liebesgedichte sind nicht mehr emotional, sondern nur mehr deskriptiv, denn die Ich-Du-Beziehung wird aus der Distanz betrachtet; sie wird einer sachlichen Analyse unterzogen – ganz so, als wäre das lyrische Ich nicht involviert. Thematisch vorherrschend ist die zerstörerische Wirkung der Liebe, die in ihrer Macht weit über das zu Anfang des 20. Jahrhunderts Beklagte hinausgeht. All das wird beschrieben, was den Einzelnen durch dieses Gefühl von sich selbst wegführt. Dabei offenbart sich eine über die persönlichen Erlebnisse hinausgehende Sehnsucht, Enttäuschung, Leidensfähigkeit. Die Vereinzelung als Charakteristikum unserer Zeit hat zusätzlich Auswirkungen auf die Geschlechterbeziehung, und so sind Fremdheit und Unbehaustheit in der Beziehung die Themen des modernen Liebesgedichts.

Manchmal verweigert sich dem modernen Menschen die Liebe sogar gänzlich, obwohl ihn eine große Sehnsucht nach ihr erfüllt, verhindert doch der unser Selbstverständnis bestimmende Subjektivismus die Hingabe, die diese erfordert. Liebe ist nicht mehr Schicksal, nicht eine Macht, die uns in Verzückung geraten lässt, da sie Grenzen aufhebt, dem Leben einen Sinn gibt, sondern in der Zweisamkeit scheint die Vereinsamung noch spürbarer. Mit dieser neuen Liebeserfahrung geht eine Versachlichung der Sprache einher, auch traditionelle Formen versagen hier. Dies sind Entwicklungen, wie sie für das moderne Gedicht überhaupt gelten, doch in der Liebeslyrik nimmt sich diese Distanz noch einmal anders aus und wirkt befremdlicher.

Zeitleiste

3. Texte und Interpretationen

3.1 Walther von der Vogelweide (um 1170–1228) Under der linden (um 1200)

Die deutsche Dichtung des Mittelalters ist Ausdruck der höfischen Welt, die von den Idealen des Rittertums getragen wurde. Ritter waren adlige Freie oder dienstbare Ministerialen, die ein Lehen erhielten und dafür ihrem Herrn treue Gefolgschaft im Kriege leisteten. Neben dem Herrendienst prägte den ritterlichen Lebensstil der Gottesdienst, der die Führung eines christlichen Lebens, Hilfe für die Schwachen und den Kampf im Kreuzzug vorsah. Dazu gehörte aber auch der Minnedienst, die Verehrung der höfischen Frau. Öffentlich besang der Ritter die Schönheit und Klugheit seiner hohen frouwe