Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Flexibilität und Eigenverantwortung sind Schlüsselqualitäten in einer sich stetig wandelnden Arbeitswelt. Dieses Buch zeigt, wie Learning & Development diese fördern kann, indem es digitale Lernformen, Arbeitsplatzlernen und Netzwerke neben traditionellen Lernformaten einsetzt. Das Werk stellt praxisnahe Ansätze wie Learning-Experience-Plattformen und Big Data-Analysen zur Verbesserung von Lernstrategien im Unternehmen vor. Ein Impulsgeber für alle, die nach zeitgemäßen Lernlösungen in ihrem Unternehmen suchen.
Die Welt des Lernens ist bunt. Das sollte auch so bleiben. Doch die Möglichkeiten zu lernen werden sich vergrößern, denken Sie nur an Simulationen und Serious Games. Bei anderen Lernformen sind die Möglichkeiten bis jetzt nicht ausgereizt, manchmal noch nicht einmal erkannt. Denken Sie etwa an Chatbots und an Augmented Reality. Lernen Sie daher die vielfältigen Lernstrategien kennen, vergleichen Sie Vor- und Nachteile einzelner Lernformate und Lernformen. Und suchen Sie sich die Strategien aus, die zu Ihrem Unternehmen und Ihrer Belegschaft passen. Dazu lädt Sie dieses Buch ein.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 316
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Rolf Meier
Lernstrategien im Unternehmen
33 Impulse zu einer durchdachten Organisation des Lernens
© 2024 managerSeminare Verlags GmbH
Endenicher Str. 41, D-53115 Bonn
Tel.: 0228-977910
www.managerseminare.de/shop
Der Verlag hat sich bemüht, die Copyright-Inhaber aller verwendeten Zitate, Texte, Abbildungen und Illustrationen zu ermitteln. Sollten wir jemanden übersehen haben, so bitten wir den Copyright-Inhaber, sich mit uns in Verbindung zu setzen.
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten.
ISBN 978-3-98856382-8
Herausgeber der Edition managerSeminare:
Ralf Muskatewitz, Jürgen Graf, Nicole Bußmann
Lektorat: Ralf Muskatewitz
Coverfoto: istockphoto/pixelfit, Grafik: Stefanie Diers
Abb.: Rolf Meier, Sadia Oumohand, Ralf Muskatewitz, Stefanie Diers
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt
Ihre Download-RessourcenBegleitend zum Buch stehen Ihnen Arbeitshilfen für die persönliche Verwendung zum Download im Internet zur Verfügung. Sie können die Vorlagen jederzeit über folgenden Link abrufen und einsetzen.www.managerseminare.de/tmdl/k,347470
Ihre Download-Ressourcen zum Buch
Seite 6/7: Mind Map
Seite 13: Tabelle Einschätzungshilfe/Bestandsaufnahme
Seite 112: Tabelle Auswahl von Lernformaten
Seite 126: Tabelle Auswahl von Teilnehmenden
Seite 131: Tabelle Auswahl von Trainerinnen und Trainern
Seite 152: Beispielhaftes Selbstlernmodul
Seite 160: Tabelle Auswahl der Lernunterstützung
Seite 163: Tabelle Didaktische Elemente
Seite 168: Tabelle Anforderungen an ein LMS
Seite 274: Aufstellung Umsetzungsimpulse
Seite 277: Tabelle Umsetzungsplan
Literaturverzeichnis
Darum geht’s
1.Lernen – die unterschätzte Ressource
Warum Lernen für Unternehmen von zentraler Bedeutung ist
Was sich hinter dem Begriff Lernende Organisation verbirgt
Unternehmen profitieren von einer strategischen Ausrichtung
2.Lernstrategien – Bedingung für einen nachhaltigen Erfolg
Welche Lernstrategien mehr Gewicht bekommen werden
Wie Sie die Entwicklung effektiver Lernstrategien unterstützen können
3.Lernkompetenzen – die Grundlage erfolgreichen Lernens
Was Lernen ausmacht
Welche Faktoren Lernen beeinflussen
Wie sich eine Selbstlernkompetenz entwickelt
4.Lerndesign – Unterstützung effizienter Lernprozesse
Verstehen Sie sich als Lernbegleiter bzw. Lernbegleiterin
Orientieren Sie sich am Lernprozess
Beachten Sie wichtige Lernprinzipien
Arbeiten Sie mit Lernhilfen
Schaffen Sie eine Verbindung zur Praxis
Achten Sie auf die Nachhaltigkeit von Lernprozessen
5.Lernsettings – die passende Herangehensweise
Unterstützen Sie die Organisationsentwicklung
Schaffen Sie eine Verknüpfung mit der Personalentwicklung
Wählen Sie passende Lernformen und Lernformate
6.Lernfelder – die bunte Welt des Lernens
Sorgen Sie für Flexibilität beim formellen Lernen
Setzen Sie Präsenzschulungen gezielt ein
Achten Sie auf eine lernwirksame Didaktik
Vergessen Sie einzelne Target Groups nicht
Setzen Sie einen Schwerpunkt bei digitalen Formaten
Fördern Sie E-Learning
Achten Sie auf eine angemessene Begleitung
Schaffen Sie Möglichkeiten zum kollaborativen Lernen
Verknüpfen Sie Selbstlernen mit Präsenzveranstaltungen
Unterstützen Sie Lernprozesse am Arbeitsplatz
Fördern Sie die Teamentwicklung
Setzen Sie auf einen Austausch in Netzwerken
7.Aufbau einer Lernkultur – die Bedingung für Corporate Learning
Fördern Sie eine gute Lernkultur
Nehmen Sie eine Kulturdiagnose vor
Schaffen Sie Verantwortlichkeiten
Schaffen Sie ein gutes Lernklima
8.Controlling – Steuerung der Lernstrategie
Stützen Sie sich auf Kennwerte
Setzen Sie auf aussagekräftige Evaluationsdaten
Service
Was für Sie interessant sein könnte
Jetzt sind Sie dran
Stichworte
Download MindMap
Ein Mitarbeiter liest in einem Newsletter das Wort Serendipität. Er weiß nicht, was das Wort bedeutet, und informiert sich im Internet.
Eine neue Mitarbeiterin lässt sich von einer Kollegin erklären, was man bei einer Ausschreibung beachten muss.
In einem Qualitätszirkel nehmen sich die Teilnehmenden einen Prozess vor und analysieren ihn gemeinsam.
Ein Teamleiter sitzt in einem Führungskräfteseminar, um zu lernen, wie man die eigenen Mitarbeitenden motiviert.
In jedem Unternehmen finden jeden Tag zahlreiche Lernprozesse statt, in jeder Abteilung, in jedem Team, an jedem Arbeitsplatz. Es gilt die Abwandlung des Spruchs von Paul Watzlawick: „Man kann nicht nicht lernen.“
Was auch bedeutet: Effektive Lernstrategien benötigt jeder in einem Unternehmen, jeder einzelne Mitarbeitende, jedes Team und indirekt das gesamte Unternehmen. Solche Strategien sind wichtiger denn je. Die Notwendigkeit systematischer Lernprozesse wird durch die vielfältigen Veränderungen, die schnelle und präzise Reaktionen von Unternehmen verlangen, immer deutlicher. Die Folge ist schlicht, dass es für die einzelnen Mitarbeitenden nicht mehr ausreichen wird, sich gelegentlich mit neuen Themen zu beschäftigen. Gefragt sind flexible und wissbegierige Beschäftigte, die es gelernt haben, eigenständig und eigenverantwortlich mit neuen Herausforderungen umzugehen und solche Herausforderungen als Lernanlässe zu begreifen.
Mit diesen Gedanken sind zwei Vorstellungen verbunden:
Situatives Lernen – Lernen immer dann und genau dann, wenn man das Wissen benötigt
Lebenslanges Lernen – Aufbau einer Lernkultur, bei der Lernen so selbstverständlich ist wie Arbeiten
Die Förderung von Lernprozessen als Aufgabe lässt sich gut unter den Begriff Learning & Development (L&D) fassen. Die Reihenfolge der Begriffe ist wichtig. Alle Maßnahmen zur Personalentwicklung einzelner Personen, Teams, Zielgruppen oder Netzwerke gehören zu Learning & Development, ebenso wie Maßnahmen zur Organisationsentwicklung. Changeprozesse sind durch Lernprozesse geprägt und eröffnen Entwicklungsmöglichkeiten für Mitarbeitende und Teams.
Dabei verschieben sich auch die Akzente bei der Unterstützung von Lernprozessen. Stand im Fokus von Human Resources (HR) lange Zeit die Organisation von Schulungen, rückt jetzt das Lernen am Arbeitsplatz mehr und mehr in den Mittelpunkt.
Corporate Learning mit allen seinen Facetten ist für Unternehmen eine Notwendigkeit, stellt zugleich aber auch eine Herausforderung dar.
Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Beschäftigung mit dem Thema und viele nützliche Erkenntnisse für Ihren Arbeitsalltag.
Rolf Meier
Info: Zu diesem Buch gibt es begleitende Arbeitshilfen zum Herunterladen. Die Download-Ressourcen sind im Buch durch das nebenstehende Symbol gekennzeichnet. Den Link hierzu finden Sie in der inneren Umschlagklappe des Buchs (Print) bzw. auf Seite 2 unter den bibliografischen Angaben (E-Book).
Neue Lernwelten
Sie kennen die Transferproblematik, die Schwierigkeit, Gelerntes in die Praxis zu überführen. Ein ähnliches Theorie-Praxis-Problem gibt es bei Lernstrategien. Wir verfolgen unter Stichworten wie „Neue Lernwelten“ und „New Learning“ verschiedene Ansätze, die ein hochinteressantes Bild vermitteln, wie Lernen in Zukunft aussehen sollte und längst Realität sein könnte. Das schafft die Assoziation, dass es in Unternehmen völlig anderer Lernstrategien bedarf.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Notwendig ist, die ganze Bandbreite an Lernprozessen ins Auge zu fassen, digitale Lernformen auszubauen, Lernen am Arbeitsplatz und Lernen in Netzwerken mehr Aufmerksamkeit zu widmen, aber auch Trainings, Workshops und andere Präsenzveranstaltungen gezielt zu nutzen. Denn im Alltagsgeschäft denken wahrscheinlich gerade viele Expertinnen und Experten aus HR, wie sie die nächste Führungskräfteschulung auf die Beine stellen sollen, und ungefähr 90.000 freie Trainerinnen und Trainer, zusammen mit 18.000 Coachs allein im deutschsprachigen Raum warten darauf, die Schulungen durchzuführen.
Die Welt des Lernens ist bunt. Das sollte auch so bleiben. Die Möglichkeiten zu lernen werden sich vergrößern, denken Sie nur an Simulationen und Serious Games. Bei anderen Lernformen sind die Möglichkeiten bis jetzt nicht ausgereizt, manchmal noch nicht einmal erkannt. Denken Sie etwa an Chatbots und an Augmented Reality.
Lernen Sie die vielfältigen Lernstrategien kennen, sehen Sie sich die Vor- und Nachteile einzelner Lernformate und Lernformen an. Suchen Sie sich die Strategien aus, die zu Ihrem Unternehmen und dessen Belegschaft passen.
Der Status quo an Lernstrategien in deutschen Unternehmen
In jedem Unternehmen existiert ein bestimmter Status quo, wenn es um die Lernstrategien und um die Lernkultur geht. Dieser Status quo ist stark geprägt von den Verantwortlichen für HR, aber auch vom Selbstverständnis und der Kultur des Unternehmens.
Wir kennen Unternehmen, deren Lernstrategien sich auf altbewährten Strukturen gründen und die sich nur langsam neuen Entwicklungen öffnen. Es finden sich aber auch Organisationen, die aktuelle Tendenzen schnell adaptieren und mit neuen Strategien experimentieren. In vielen Unternehmen lässt sich der Status quo mit folgenden Aussagen charakterisieren:
1. Traditionelle Lernformate wie Seminare und Workshops spielen nach wie vor eine große Rolle und binden ein Großteil der Ressourcen in HR.
2. Diese Formen wurden in letzten Jahren ergänzt durch Webinare, allein schon aus Kostengründen.
3. E-Learning wird gerne eingesetzt, vor allem, wenn eine große Zahl an Mitarbeitenden in kurzer Zeit geschult werden muss.
4. Es gibt Erfahrungen mit Blended-Learning-Maßnahmen, die Erfahrungen sind aber nicht durchweg positiv.
5. Es existiert ein Learning-Management-System, auf dem sich eine ganze Reihe von Lernprogrammen und anderen Medien, selbst erstellte und zugekaufte, finden.
6. Die Angebote an Seminaren und Lernprogrammen orientieren sich an den Wünschen der Mitarbeitenden und den Nachfragen einzelner Abteilungen.
7. Der Umsetzung des Gelernten, also der Nachhaltigkeit von Lernprozessen, wird wenig Aufmerksamkeit gewidmet.
8. Führungskräfte kennen ihre Aufgabe, Lernprozesse ihrer Mitarbeitenden systematisch zu unterstützen, allerdings nehmen sie diese Aufgabe häufig nicht gewissenhaft wahr.
9. Es ist bekannt, dass sich ein Großteil der Lernprozesse am Arbeitsplatz vollziehen, allerdings ist unklar, ob und wie solche Lernprozesse systematisch gefördert werden können.
10. Das Unternehmen hat eine Art Lernkultur, von einer ausgezeichneten Lernkultur kann aber keine Rede sein.
11. Die Evaluation beschränkt sich hauptsächlich auf Feedbackbögen am Ende von Kursen, wobei insbesondere die Zufriedenheit der Teilnehmenden und ihre Einschätzung des Lernerfolgs erfasst wird.
12. Eine direkte Verbindung zwischen Unternehmenszielen und Qualifizierungsmaßnahmen ist nur schwer herzustellen, der Nutzen von Qualifizierungen ist unklar.
Wenn Sie sich mit dieser Beschreibung identifizieren können, lautet die gute Nachricht, dass es für Sie eine ganze Reihe von Möglichkeiten gibt, die Lernstrategien in Ihrem Unternehmen fortlaufend zu verbessern. Wenn Sie vielleicht noch mit Begriffen wie Learning-Experience-Plattform, People Analytics, Performance Support, Big Data vertraut sind, ahnen Sie wahrscheinlich schon, in welche Richtung sich die Lernstrategien in Ihrem Unternehmen entwickeln lassen.
Wollen Sie die Vielzahl an Lernprozessen in Ihrem Unternehmen unterstützen, gilt es erst einmal, sich über die Bandbreite dieser Prozesse Klarheit zu verschaffen, die Stellschrauben für den Erfolg von Lernprozessen zu ermitteln und dann nach Möglichkeiten zu suchen, diese Stellschrauben richtig zu justieren.
Wie Sie in Ihrem Unternehmen passende Lernstrategien etablieren
Dieses Buch wird Ihnen Wege aufzeigen, wie Sie in Ihrem Unternehmen Lernstrategien etablieren, die genauso effektiv wie effizient sind und Ihnen Impulse geben, wie Sie erprobte Lösungen umsetzen, und das mit überschaubarem Aufwand und sicheren Erfolgen.
Anmerkung: Sind im Text Ergebnisse empirischer Untersuchungen angesprochen, dabei keine Quellenangabe vermerkt, dann sind dies Ergebnisse eigener Studien.
Welche Themen erwarten Sie?
Lernstrategien
Wie können Sie für Ihr Unternehmen Lernstrategien entwickeln, die die Unternehmensziele berücksichtigt und nachhaltig zum Erfolg des Unternehmens beiträgt?
Lernkompetenzen
Welche Lernkompetenzen müssen Mitarbeitende mitbringen, um allein und gemeinsam erfolgreich zu lernen, wie können Sie eine gute Selbstlernkompetenz fördern?
Lerndesign
Wie können Sie die Lernerfahrungen und Lernpräferenzen einzelner Mitarbeitender aufgreifen, verbunden mit einem strikten Bezug auf Praxis?
Lernsettings
Wie können Sie eine Verknüpfung zwischen Organisations- und Personalentwicklung einerseits und unterschiedlichen Lernformen und Qualifizierungsangeboten andererseits schaffen?
Lernfelder
Wie können Sie unterschiedliche Lernformate und Lernformen gezielt nutzen und miteinander kombinieren?
Lernkultur
Wie können Sie dafür sorgen, dass alle Personen im Unternehmen Lernen als wichtigen Erfolgsfaktor sehen und dies im Alltag leben?
Controlling
Wie können Sie den Erfolg und die Effekte von Qualifikationen ermitteln und sich auf diese Weise eine gute Basis für Qualitätsverbesserungen schaffen?
Mit der folgenden Einschätzungshilfe können Sie eine erste Einschätzung Ihrer Bemühungen um effektive Lernstrategien in Ihrem Unternehmen vornehmen. Widmen Sie den Themen besondere Aufmerksamkeit, bei denen Sie wenige Punkte erreicht haben.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind eine unabdingbare Quelle für den Erfolg eines Unternehmens. Diese Aussage steht außer Frage. Aber die besten Mitarbeitenden nützen einem Unternehmen wenig, wenn sie nicht flexibel sind, sich nicht immer wieder neuen Herausforderungen stellen, zu Innovationen beitragen, sich aus eigenem Antrieb weiterentwickeln.
Dazu gehört die Einsicht, dass Lernen für die eigene Entwicklung und den Erfolg eines Teams wichtig ist, die Motivation, sich neuen Dingen zuzuwenden, die Fähigkeit, erfolgreich zu lernen und der Wunsch, das Gelernte im Alltag zu nutzen.
All dies setzt Lernprozesse voraus.
Es ist nicht so, dass Unternehmen zu wenig für die Förderung von Lernprozessen tun. Die stolze Zahl von rund 33,5 Milliarden Euro steht für Aufwendungen zur beruflichen Weiterbildung in den vergangenen Jahren. Allerdings fließt dieses Geld immer noch zum guten Teil in die Durchführung von Schulungen und in den Aufbau von Lernmanagementsystemen. Viele andere wichtige Lernprozesse werden nach wie vor vernachlässigt, primär das individuelle Lernen und das Lernen im Team.
Die Bedeutung von Lernprozessen wird wachsen. Das liegt daran, dass sich, durch eine zunehmende Digitalisierung und durch das rasante Wachstum an Wissen, Berufe, Arbeitsplätze und Arbeitsaufgaben in bisher nicht gekanntem Ausmaß ändern werden, und außerdem daran, dass es wichtiger wird, für den einzelnen Mitarbeitenden genau die Qualifizierung zu finden, die diese Person benötigt. Schulungen „von der Stange“ werden mehr und mehr der Vergangenheit angehören.
Damit gehen einher:
Eine Flexibilisierung der Lernformate Lernen im Klassenverband wird ergänzt und ersetzt durch individuelles Lernen und Lernen in selbstgesteuerten Gruppen.
Differenzierte Lernangebote Es kann nicht mehr darum gehen, allen Lernenden die gleichen Inhalte anzubieten. Gefragt sind flexible Lernangebote, bei denen der einzelne Lernende selbst entscheiden kann, in welcher Breite und in welcher Tiefe er sich mit welchem Thema auseinandersetzen will.
Lernen in virtuellen Gruppen In virtuellen Teams lässt sich gut gemeinsam lernen, gemeinsam nach passenden Umsetzungsmöglichkeiten suchen, aber auch voneinander lernen.
Einbezug von Lernprozessen am Arbeitsplatz Viele Lernprozesse erfolgen bei der täglichen Arbeit, viele davon vollziehen sich im Verborgenen, sie laufen unbewusst ab, sie werden nicht als Lernen gesehen. Das gilt es zu ändern.
L&D: Die Begleitung individueller und Gruppenlernprozesse
Die Aufgabe von Learning & Development (L&D) wird es zukünftig sein, individuelle Lernprozesse und Lernprozesse in Gruppen zu begleiten, bei Bedarf zu moderieren, immer aber für einen geeigneten Rahmen und wohl auch für die nötigen Inputs zu sorgen.
Unternehmen agieren immer in einem bestimmten Markt, unter bestimmten Rahmenbedingungen. Sie haben Konkurrenten und Kunden.
Um als Unternehmen erfolgreich zu sein, müssen seine Akteure das ganze Umfeld der Geschäftstätigkeit im Auge behalten, die Kunden, den Wettbewerb, den Handel. Dies wird als Mikro-Umfeld bezeichnet. Doch das allein reicht noch nicht aus. Hinzu kommt das Makro-Umfeld, wie etwa die Entwicklung der Ressourcen, der Technologie, des Rechtsbereiches, der Gesellschaft.
Ein Unternehmen muss agieren und reagieren, es muss Entwicklungen erkennen, Strategien entwickeln und Entscheidungen treffen, es muss Maßnahmen ergreifen, den Erfolg der Maßnahmen überprüfen und aus Entscheidungen lernen. All dies ist wiederum mit Lernprozessen verbunden und kommt ohne Lernprozesse nicht aus.
So gilt es zum Beispiel, neue Zielgruppen aufzuschließen, Nischen im Markt zu entdecken und Produkte auf dem Markt zu positionieren. Zieht ein anderer Anbieter mit einem eigenen Produkt nach, gilt es, die eigene Marktposition zu verteidigen, etwa durch Rationalisierungsmaßnahmen ein Produkt noch preiswerter herzustellen oder durch Marketingmaßnahmen das Markenimage zu verbessern.
Ein Unternehmen, das Lernprozesse nicht systematisch fördert, sollte damit rechnen, schnell ins Hintertreffen zu geraten.
Eine Wertschöpfungskette entsteht für das Unternehmen dann, wenn sich das einzelne Teammitglied Lernsituationen stellt und das Gelernte am Arbeitsplatz nutzt, wenn andere im Team davon profitieren, dies alles sich im Rahmen der Unternehmensstrategie vollzieht und zum Erfolg der Unternehmensstrategie beiträgt. Wichtig ist deshalb, auf eine enge Verflechtung der Lernstrategie einzelner Personen oder Teams mit der Unternehmensstrategie zu achten.
Hiermit verbunden sind folgende vier Fragen:
Wie trägt Corporate Learning zum Erfolg der Unternehmensstrategie bei?
Wie können Sie sicherstellen, dass die Lernstrategie aus der Unternehmensstrategie präzise abgeleitet wird?
Wie können Sie dafür Sorge tragen, dass die Lernstrategie ihren Beitrag zum Erfolg der Unternehmensstrategie leistet?
Wird ein Return of Investment erreicht, ist dies sicher und ist der Punkt schnell erreicht?
Die Bedingung für ein strategisches Corporate Learning ist, dass Lernprozesse vom Unternehmen als wichtiger Schalthebel zur Verfolgung der Unternehmensziele verstanden werden.
Lernprozesse finden bei den einzelnen Personen statt
Der Begriff Lernende Organisation ist in sich widersprüchlich. Der Begriff suggeriert, dass Organisationen lernen können. Das ist natürlich nicht der Fall. Die Lernprozesse selbst finden bei den einzelnen Personen statt, man könnte noch Lernprozesse auf Gruppenebene dazu nehmen, das Lernen voneinander und miteinander, allerdings handelt es sich letztlich wieder um individuelle Lernprozesse.
Der Begriff der Lernenden Organisation hat sich seit den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts als einer der Modebegriffe im Management herauskristallisiert, weshalb in dieser Zeit auch eine ganze Reihe an Monografien erschienen ist und eine große Zahl an Definitionsversuchen.
Die meisten Definitionen betonen dabei zwei Aspekte:
Mit Fokus auf Mitarbeitende und Teams: die Förderung gezielter Lernprozesse
Mit Zielfeld Organisation: die Notwendigkeit einer stetigen Adaption sich ändernder Rahmenbedingungen
Auf Veränderungen reagieren
Im Kern geht es für eine Organisation darum, Veränderungen am Markt und im Marktumfeld zu antizipieren, die Kompetenzen und Potenziale der eigenen Beschäftigten zu nutzen, um schnell und flexibel auf diese Veränderungen zu reagieren. Ziel muss es auch sein, Entwicklungen zum eigenen Vorteil zu nutzen.
Das entscheidende Charakteristikum einer Lernenden Organisation ist sicherlich der Umstand, dass in solchen Organisationen Veränderungen bewusst über Lernprozesse angegangen und über eine etablierte Lernkultur gesteuert werden.
Die beiden wichtigsten Faktoren für den Erfolg einer Lernenden Organisation sind die Lernfähigkeit und Lernmotivation der Mitarbeitenden einerseits, deren Veränderungsbereitschaft und Problemlösefähigkeit andererseits. Daraus resultieren die Fähigkeit und die Bereitschaft der einzelnen Mitarbeitenden, Veränderungen eigenverantwortlich zu initiieren und zum Erfolg zu führen.
Soll das Ziel einer Lernenden Organisation erreicht werden, ist es unabdingbar, alle Mitarbeitende mit ins Boot zu holen und systematisch individuelle und gemeinsame Lernprozesse zu fördern.
Drei Lernansätze
Unterscheiden lassen sich im Kontext mit Lernenden Organisationen drei spezifische Lernansätze:
Adaptives Lernen
Mit adaptivem Lernen wird die Anpassung des Menschen an sich ändernde Umweltveränderungen bezeichnet. Im Kern geht es damit um die reaktive Anpassung an vorhandene Strukturen. Voraussetzung ist, dass die einzelne Person die Diskrepanz zwischen der eigenen Praxis und den neuen Anforderungen wahrnimmt.
Antizipatorisches Lernen
Antizipatorisches Lernen zielt auf eine bewusste Auseinandersetzung mit zukünftigen Entwicklungen und die Entwicklung möglicher Alternativen zu bestehenden Strukturen. Dies ist zwar ein Merkmal einer funktionierenden Lernkultur, es ist aber in vielen Unternehmen nicht gewünscht, weil es Unruhe verursacht.
Action Learning
Action Learning ist gleichzeitig Ziel und Ergebnis bei der Lösung von Problemen und bei der Bewältigung von Herausforderungen. Gemeinsam werden Lösungen gesucht, in die Praxis umgesetzt, das Ergebnis reflektiert und daraus für zukünftige Aufgaben gelernt.
Single, Double und Triple Loop Learning
Eine vergleichbare Unterteilung nehmen Argyris und Schön (1999) vor:
Single Loop Learning
Ein Fehler wird aufgedeckt und korrigiert, aber es bleibt bei den bestehenden Routinen und Regeln. Die Wissensbasis wächst, das Wissen hat aber keine Auswirkungen in der Praxis.
Beispiel
Ein Kunde storniert einen Auftrag. Der Vertrieb verstärkt daraufhin seine Bemühungen um diesen Kunden, weil es sich um einen der größten Auftraggeber handelt. Das gelingt auch. Über die Ursachen des Kundenverhaltens wird nicht nachgedacht. Diese Art des Lernens birgt Gefahren. Wenn Mitarbeitende erleben, dass bestimmte Strategien im Alltag erfolgreich sind, werden sie immer wieder darauf zurückgreifen. Allerdings können sich natürlich die Rahmenbedingungen ändern und das eingeschliffene Verhalten nicht mehr situationsadäquat sein.
Double Loop Learning
Werden zusätzlich zur Aufdeckung und Korrektur eines Fehlers die bestehenden Normen, Vorgehensweisen, Regeln und Ziele infrage gestellt, überprüft und verändert, findet eine zusätzliche Lernschleife statt.
Beispiel
Die Kündigung dieses wichtigen Kunden wird zum Anlass genommen, zu überprüfen, wie viele Auftraggeber in letzter Zeit die Kündigung ausgesprochen hatten und aus welchen Gründen. Daraus werden Maßnahmen abgeleitet.
Triple Loop Learning
Der Fokus dieser Lernschleife liegt auf der Bewertung der Methoden und der Vorgehensweisen beim Lernen in den zwei vorherigen Lernschleifen. Die Mitarbeitenden des Unternehmens denken über den Erfolg des Lernens nach, stellen auch die Strategie des Lernens auf den Prüfstand.
Beispiel
Die Wirksamkeit von Maßnahmen wird überprüft. Gleichzeitig wird die Frage gestellt, ob die Mitarbeitenden aus den Kündigungen und ihren Ursachen die richtigen Schlüsse gezogen haben, was geholfen hat, die richtigen Maßnahmen zu finden, was dazu geführt hat, unwirksame Maßnahmen auszuwählen.
Unternehmen profitieren von einer strategischen Ausrichtung
Unternehmensstrategie
Eine Strategie erfüllt für das Unternehmen eine wichtige Aufgabe. Sie hat eine Leitfunktion. Eine wirksame Unternehmensstrategie kann gefasst werden:
als längerfristige Ausrichtung,
(mit)gestaltet durch die Leitung,
bei optimaler Nutzung der vorhandenen Ressourcen,
um die Leistung der Organisation zu verbessern,
unter Berücksichtigung der besonderen Situation des Unternehmens.
Unternehmensziele
Mit den Strategien verbindet ein Unternehmen bestimmte Ziele. Diese Ziele können klassifiziert werden als:
Marktpositionsziele (Marktanteil absolut/relativ, Umsätze)
Rentabilitätsziele (Gewinn, Rentabilitätsfaktoren, z.B. Return on Investment)
Finanzziele (Cashflow, Kapitalstruktur).
Es ist zudem wichtig, bei Lernprozessen eine direkte Verknüpfung zwischen den Zielen des Unternehmens einerseits und der Organisations- und Personalentwicklung andererseits zu sichern. Nur wenn ein Unternehmen eine klug ausgearbeitete Strategie hat, wird diese erfolgreich sein können. Dies trifft auch für den Bereich L&D zu. Dieser sollte eine Strategie entwickeln, die die Leitgedanken der Unternehmensstrategie aufgreift und sie nachdrücklich unterstützt. Sie sollte Organisationsstrukturen und Prozesse einbeziehen, Unternehmensbereiche, Teams und die einzelnen Mitarbeitenden in den Blick nehmen. Es geht darum, Teammitglieder und Teams fit zu machen für sich wandelnde Aufgaben und damit für sich wandelnde Anforderungen, mit dem Ziel, die Qualität und Produktivität der Arbeit zu sichern und in der Folge auch die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu erhöhen.
Typische Strategiebedingungen
Es folgen drei typische Bedingungen, denen eine solche Strategie gerecht werden muss:
Die Strategie sollte präzise auf die Situation im Unternehmen bzw. auf die Marktsituation ausgerichtet sein.
Sie sollte alle Lernprozesse darauf ausrichten und daraufhin überprüfen, ob sie ihren Beitrag zu den Unternehmensstrategien leisten.
Sie sollte nachvollziehbar, praxisgerecht sein und sich einfach umsetzen lassen.
Doch das reicht noch nicht. Allen Beschäftigten, allen Teams, allen Arbeitsbereichen sollten die strategischen Ziele bekannt sein. Sie sollten sie verinnerlicht haben und ihre Arbeit darauf ausrichten. Das setzt eine breite Informationsbasis und oft genug auch eine intensive Überzeugungsarbeit voraus – ein Aufwand, den viele Firmen scheuen. Zudem ist natürlich oft nicht eindeutig zu klären, ob die Überzeugungsarbeit Früchte trägt oder ob die Mitarbeitenden lieber alles beim Alten lassen.
Schulungen sind ein bekanntes Mittel, um die Beschäftigten auf die Strategien einzuschwören. Solche Schulungen dürften aber nicht ausreichen. Wesentlich ist, dass im Business-Alltag immer wieder Ziele reflektiert werden und bei jeder Entscheidung geprüft wird, ob sie dazu beitragen, die Unternehmensstrategie zu unterstützen.
Impuls 1: Verzahnen Sie die Zielebenen
Führungskräfte werden daran gemessen, wie weit sie zum Erfolg ihres Unternehmens beitragen. Die zentralen Ziele eines Unternehmens wie Gewinnmaximierung, Expansion, Qualitätssteigerung und Kundenorientierung können nur erreicht werden, wenn jeder Bereich im Unternehmen zusammenarbeitet und alle Mitarbeitenden engagiert mitarbeiten. Aus den übergeordneten Zielen können Führungskräfte die Ziele ihrer Arbeitseinheit ableiten, die wiederum Ausgangspunkt für die Vereinbarung von Zielen mit einzelnen Mitarbeitenden sind.
Wichtig ist, dass alle Ziele auf allen Zielebenen aufeinander abgestimmt und miteinander verzahnt sind.
Strategisches Ziel: eine People Company schaffen
Hinzu kommt die wichtige Frage, wie die Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen gesteuert werden kann. Ziel ist eine sogenannte People Company, ein Unternehmen, das den Wert seiner Mitarbeitenden schätzt, das weiß, dass die Beschäftigten ein Unternehmen erfolgreich machen, und deshalb die Wünsche und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden ins Zentrum stellen
Schon vor gut 50 Jahren gab es Veröffentlichungen, die davon ausgingen, dass mit der beginnenden Computerisierung auch eine Revolution des Lernens einhergehen würde. Die Kernaussage war, dass mit der beginnenden Computerisierung auch eine Revolution des Lernens einhergehen würde. Ein solch radikaler Wechsel der Paradigmen schwingt seit vielen Jahren in vielen Veröffentlichungen mit.
Die Revolution wird nicht kommen, aber eine Evolution ist seit ersten Versuchen zum sogenannten Computer Based Training (CBT) gut erkennbar und sie nimmt zunehmend Fahrt auf. Das hat viel mit der zunehmenden Digitalisierung zu tun und eröffnet durch den Einsatz künstlicher Intelligenz neue, hochinteressante Möglichkeiten des Lernens.
Damit ergibt sich auch die Möglichkeit, das Lernen zu demokratisieren. Niemand entscheidet mehr, wer zu welchen Qualifizierungen zugelassen wird; die Lernressourcen stehen allen zur Verfügung.
Präsenzformate als „Klassiker“
Betrachtet man die Aktivitäten der Personalentwicklung in ihrer Gänze, liegt in vielen Unternehmen der Schwerpunkt auf Kompetenz- und Potenzialentwicklung und in der Folge eine Fokussierung auf Präsenzschulungen, angereichert durch digitale Formate.
Einer solchen „klassischen“ Qualifizierungsstrategie kommt zunehmend eine untergeordnete Rolle zu. Eine andere Rolle ist nicht mehr gerechtfertigt und wird erst recht in Zukunft keine Erfolg versprechende Strategie sein. Andererseits werden uns Lernprozesse in Form von Präsenzschulungen noch lange begleiten. Auch das ist ein Grund, warum sie einen hohen Qualitätsstandard aufweisen sollten.
Worin liegt die Ursache für eine solche andauernde Fokussierung auf Präsenzschulungen? Die Antwort ist einfach: Es handelt sich um gewohnte Formen und gewohnte Abläufe. Digitale Formate werden als Schulungsformat natürlich weiter an Bedeutung gewinnen. Diese Tendenz zeigt sich mindestens seit Beginn der 2000-er Jahre. Auch Blended Learning, die Kombination aus autonomem Lernen und Präsenzphasen, dürfte und sollte einen höheren Stellenwert erhalten.
Situative Lernprozesse und Lernen in Netzwerken
Weit häufiger und damit weit wichtiger als Präsenzschulungen sind allerdings situative Lernprozesse am Arbeitsplatz und das Lernen in Netzwerken. Beide Lernformen stehen gleichberechtigt nebeneinander. Solche Prozesse sind allerdings schwieriger zu fassen als organisiertes Lernen; sie lassen sich in kein gewohntes Schema pressen und sind schlecht zu kontrollieren.
Natürlich spielen am Arbeitsplatz und in Netzwerken auch organisierte Lernprozesse eine Rolle. Sie dürften aber in Relation zu zahllos stattfindenden situativen Lernprozessen nachrangig sein.
Auch wenn die Tendenz zu situativen Lernprozessen klar zu erkennen ist und diese Entwicklung an Dynamik gewinnen wird, die Unterstützung organisierter Lernprozesse bleibt als Aufgabe weiter bestehen. Allerdings darf es nicht bei einem Angebot an Standardschulungen bleiben, sondern es geht um eine maßgeschneiderte Entwicklung einzelner Mitarbeitenden und der Teams, in dem sie arbeiten.
Diese Gewichtung drückt sich auch in dem Begriffspaar Learning & Development aus. Nicht zu Unrecht steht Learning an erster Stelle. Der Schwerpunkt muss zukünftig auf Learning liegen und damit vor allem auf Lernprozesse am Arbeitsplatz. Development umfasst im Schwerpunkt die Kompetenz- und Potenzialentwicklung, die klassische Aufgabe von Personalentwicklung.
Lernfelder
Die Entwicklungslinien der folgenden Grafik weisen auf die Lernfelder, die in Ringen um die einzelne beschäftigte Person, ihrem Arbeitsplatz und ihren Aufgaben angeordnet sind.
Beim individuellen Lernen, ebenso wie beim Lernen in Netzwerken, steht das situative Lernen im Vordergrund, auch wenn der Anteil selbstgesteuerter Lernprozesse weiter steigen wird. Beim Lernen im Team finden sich viele Möglichkeiten, voneinander zu lernen, es gibt aber genügend Möglichkeiten, miteinander zu lernen, Möglichkeiten, die nicht immer gesehen und genutzt werden.
Die Zielgruppenqualifizierung ist weitgehend organisiert. Denken Sie etwa an Führungskräftequalifizierungen. Allerdings ließe sich auch hier eine individuelle Lernstrategie nutzen, besser allerdings ein Blended-Learning-Konzept.
Sind alle Lernformate und -formen gut abgedeckt?
Die Grundfrage bei allen diesen Lernfeldern lautet: Ist das Corporate Learning, sind alle Lernformate und Lernformen gut abgedeckt, die das Lernen im Unternehmen in seiner ganzen Fülle ausmacht?
Eine Lernstrategie dürfte nur dann effizient sein und gleichzeitig die Nachteile gängiger „Vermittlungsstrategien“ überwinden, wenn den Mitarbeitenden die passenden Lernangebote zur richtigen Zeit zur Verfügung stehen. Was auch bedeutet, dass die Lernangebote attraktiv und praxisbezogen sein sollten.
Die Bedeutung selbstgesteuerter Lernprozesse wird zunehmen, das Lernen in Teams und das Lernen in Netzwerken werden an Bedeutung gewinnen. Arbeiten und Lernen werden miteinander verzahnt sein. Impulse zum Lernen entstehen aus der Arbeit.
Für Mitarbeitende stellen sich die Fragen:
Wie kann ich die Aufgabe vereinfachen?
Wie kann ich Probleme in den Griff bekommen?
Wo fehlt mir Hintergrundwissen?
Mit welchen Instrumenten und Methoden bin ich bisher nicht vertraut?
Selbstgesteuertes Lernen in den Mittelpunkt zu stellen, hat als Lernstrategie viele Vorteile. Alle Mitarbeitenden verantworten das eigene Lernen selbst. Er oder sie lernt eigenverantwortlich und zielorientiert. Die Person gibt ihre Erkenntnisse und Erfahrungen an andere weiter. Es gibt nicht mehr die starre Unterscheidung zwischen Lehrenden und Lernenden, sondern jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter kann selbst Lerninhalte produzieren und anderen zur Verfügung stellen.
Lernangebote schaffen
Learning & Development muss verstärkt Lernangebote schaffen, Lernangebote, die auf bestimmte Aufgaben und Zielgruppen im Unternehmen zugeschnitten sind und aus einer bestimmten Bedarfssituation ein schnelles, effizientes Lernen erlauben. Lernangebote, die nicht exakt auf die Lernbedürfnisse einzelner Personen und bestimmter Teams abgestimmt sind, Schulungen, die keinen direkten Nutzen für die Aufgaben eines Mitarbeiters haben, sind dann kaum noch zu vertreten.
Upskilling
Das eröffnet für die Kompetenzentwicklung neue Möglichkeiten, vor allem wenn es um neue Aufgaben geht (Upskilling). Mitarbeitende können allmählich über Praxisaufgaben an neue Aufgaben herangeführt werden. Damit erübrigen sich langwierige Qualifizierungsoffensiven. Die beschäftigte Person erarbeitet sich am Arbeitsplatz fortlaufend, vielleicht begleitet durch eine Mentorin oder einen Mentor, neue Aufgaben, bis sie die Kompetenz besitzt, ihre Aufgaben professionell zu erledigen oder einen Arbeitsplatz mit weitgehend neuen Anforderungen zu übernehmen. Auch Aufgaben in Projekten und Arbeitsgruppen schaffen gute Lernmöglichkeiten.
Gefragt sind angepasste „Learning & Development“-Programme, wichtiges Ziel ist ein Learning on Demand.
Ob Sie einen Online-Kurs planen, eine Blended-Learning-Maßnahme konzipieren oder Lernprozesse am Arbeitsplatz unterstützen wollen, immer sollten Sie berücksichtigen, dass eine hohe Lernkompetenz bei einzelnen Mitarbeitenden von entscheidender Bedeutung für den Lernerfolg ist. Eine gute Selbstlernkompetenz können Sie nicht immer voraussetzen.
Selbstlernkompetenz
Die Selbstlernkompetenz kann umgeschrieben werden durch die Einzelkompetenzen, wie und wann eine beschäftigte Person erfolgreich lernt, wie sie den Lernprozess plant, wie sie den Prozess zum Erfolg führt, wie sie den Erfolg überprüft und was sie aus dem Lernprozess an Erkenntnissen gewinnt. Dies geschieht auf der Grundlage
ihrer bisherigen Erfahrungen und Kenntnisse des Lerngegenstandes (Fachkompetenz),
ihrer Fähigkeit, sich mit anderen auszutauschen und zu lernen (Sozialkompetenz) und
ihrer Disposition, Interesse zu entwickeln und Ziele konsequent zu verfolgen (persönliche Kompetenz).
Menschen haben sich im Laufe ihres Lebens mehr oder weniger effektive Lernstrategien aufgebaut. Menschen, die keine ausreichende Kompetenz im eigenständigen Lernen entwickelt haben, dürften überproportional Schwierigkeiten mit dem Lernen am Arbeitsplatz, aber auch in Schulungen haben.
Wichtig ist erst einmal, dass Mitarbeitende ihre Lernkompetenz richtig einschätzen können. Burch (1970) unterscheidet vier Stufen einer Kompetenzentwicklung, die eine beschäftigte Person durchläuft.
Vier Stufen der Kompetenzentwicklung
Auf der untersten Stufe weiß die mitarbeitende Person nicht, was sie nicht weiß. Sie handelt intuitiv, macht dabei Fehler, kann Schwierigkeiten aber nicht richtig einschätzen.
Die eigene Inkompetenz zu erkennen, ist deshalb ein wichtiger Schritt. Was noch fehlt, ist allerdings die Fähigkeit, diesen Defiziten auf den Grund zu gehen.
Erst auf der dritten Stufe kann diese Person die eigene Kompetenz genügend präzise einschätzen und einsetzen.
Die vierte Stufe erreicht die Person, wenn sie sich ihrer Kompetenzen sicher ist und sie im Alltag nutzt, ohne reflektieren zu müssen, was sie tut.
Mitarbeitende können voneinander lernen, sie können miteinander lernen, selbst füreinander lernen ist möglich, wenn etwa ein Teammitglied eine Schulung besucht, um anschließend als Multiplikator das neuerworbene Wissen an die Kollegenschaft weiterzugeben.
Lernen als individueller Prozess
Aber Lernen bleibt dennoch immer ein individueller Prozess. Der Erfolg individuellen Lernens ist dabei von bestimmten Voraussetzungen und bestimmten Bedingungen abhängig.
Was geschieht, wenn wir lernen? Diese Frage ist wichtig, wenn Sie Lernprozesse verstehen und unterstützen wollen.
Gängige Begriffsbestimmungen
Um Sie bei der Frage nach dem Lernbegriff nicht mit wissenschaftlichen Definitionen zu langweilen, begnügen wir uns mit einem Blick auf zwei gängige Begriffsbestimmungen.
Lernen ist eine Verhaltensänderung, die nicht angeboren ist.
Man kann den Begriff noch präziser fassen:
Lernen ist definiert als beabsichtigter oder unbeabsichtigter Prozess einer relativ stabilen Veränderung des Verhaltens aufgrund neu gewonnener Erfahrungen oder Erkenntnisse.
Damit wäre die reine Wissensvermittlung allein kein vollständiger Lernprozess. Es geht um Können, nicht um Kennen.
Beispiel
Ein Mitarbeiter fragt eine Kollegin, wie sie einen Fall lösen würde. Der Vorschlag gefällt ihm nicht, deshalb bearbeitet er den Fall wie gewohnt. Oder: Eine Trainerin erklärt Teilnehmenden einer Schulung den Unterschied zwischen strategischem und operativem Controlling.
In beiden Fällen handelt es sich um keinen abgeschlossenen Lernvorgang, die Anwendung fehlt. Eine solche Anwendung wäre in folgendem Beispiel der Fall:
Beispiel
Eine Teilnehmerin fragt die Trainerin, ob eine solche theoretische Unterscheidung wie die zwischen strategischem und operativem Controlling überhaupt für den Alltag Relevanz besitzt. Die Trainerin entgegnet etwas ungehalten, dass die Teilnehmerin die Relevanz der Unterscheidung erst verstehen könne, wenn sie mit ihrem Vortrag geendet hätte. Andere Teilnehmende vermuten, dass die Trainerin solche Anmerkungen nicht hören möchte und halten sich deshalb mit kritischen Anmerkungen zurück.
So schlicht diese beiden Definitionen zu sein scheinen, sie haben doch weitreichende Konsequenzen für die Einschätzung, aber auch für die Planung von Lernprozessen.
Lernprozesse
Wir müssen uns von dem Bild trennen, dass Lernen gleichzusetzen ist mit der Aufnahme von Informationen, des Erwerbs von Wissen. Lernen ist ein komplexer Prozess, bei dem viele Faktoren zusammenfließen. Erstens sind Erkenntnisse und Erfahrungen angesprochen. Erkenntnisse gewinnen ist die Basis jedes Lernens, denn Einsichten erlauben es dem Einzelnen, effektiver zu handeln. Erfahrungen gewinnen weist darauf hin, dass Mitarbeitende das Gelernte auch anwenden müssen, um neue Erfahrungen sammeln zu können. Jeder Lernprozess dient dabei als Grundlage für weitere Lernprozesse, ein kontinuierliches Lernen vorausgesetzt.
Verhaltensänderung
Schließlich ist Lernen als Verhaltensänderung definiert. Verhaltensänderung als Ziel stellt hohe Anforderungen an einen gelungenen Lernprozess. Denn
erst müssen Beschäftigte das nötige Wissen erwerben,
das für sie neu und wichtig ist,
sie müssen ihre Einstellung ändern,
um dann mit der Verhaltensänderung beginnen zu können.
Soll die Verhaltensänderung stabil sein, muss
die Möglichkeit bestehen, dass das neue Verhalten überhaupt angewandt werden kann,
die Anwendung sollte häufig genug geschehen,
und das neue Verhalten sollte gut erkennbare Vorteile gegenüber dem „alten Verhalten“ mit sich bringen.
Ansonsten droht die Gefahr, dass Mitarbeitende wieder in alte Gewohnheiten zurückfallen. Damit ist die Frage des Lerntransfers angesprochen – gerade bei dem Ziel einer Verhaltensänderung ein oft aufwendiges Unterfangen.
Sie sehen, wie wichtig es ist, sich über den Begriff des Lernens Gedanken zu machen und Sie sehen auch, welche hohe Anforderungen an gelungene Lernprozesse anzulegen sind – und damit auch an die Unterstützung von Lernprozessen.
In engem Zusammenhang mit der Frage, was Lernen ausmacht, steht die Frage, auf welche unterschiedlichen Arten wir lernen. Es gibt zu dieser Frage viele theoretische Ansätze. Zwei von ihnen haben eine herausragende Bedeutung.
Kognitivistische Lerntheorie
Modelllernen und entdeckendes Lernen
Der Prozess der Kognition wird verstanden als aktiv gesteuerte Aufnahme und Organisation von Informationen. Interne Informationsverarbeitungsprozesse im Gehirn sind bei diesem theoretischen Ansatz von besonderem Interesse. Diese internen Prozesse sind bewusste Prozesse wie Einsicht, Verstehen, Denken und Problemlösen. Lernen wird verstanden als Aufbau kognitiver Strukturen.
Modelle wie Modelllernen (Bandura 1976) oder entdeckendes Lernen (Bruner 1972) sind Lernkonzepte auf dem Hintergrund der kognitivistischem Lerntheorie.
Modelllernen spielt bei vielen Schulungen eine wichtige Rolle. Ein Verhalten wird demonstriert, von den Lernenden beobachtet, die Besonderheiten herausgearbeitet, anschließend das Verhalten selbst erprobt und abschließend reflektiert, allein oder gemeinsam.
Beispiel
Nehmen wir als Beispiel die Vermittlung von Kenntnissen in einem Computerprogramm wie EXCEL. Hier wird der Trainer den Teilnehmenden normalerweise die einzelnen Schritte vormachen, etwa bei der Erstellung eines Diagramms, die Teilnehmenden vollziehen die Schritte anschließend nach. Das ließe sich als (einfache) Form des Modelllernens interpretieren.
Beim Entdeckenden Lernen erkundet ein Teammitglied ein neues Gebiet, um Antworten auf Fragen und Lösungen für Probleme zu finden. Es sucht sich Informationen zusammen, bewertet sie, experimentiert mit neuen Herangehensweisen und bewertet den Erfolg.
Beispiel
Eine Mitarbeiterin hat von den Vorzügen von Pivot-Tabellen in EXCEL gehört und probiert diese Funktion aus. Sie hat am Anfang Schwierigkeiten mit der richtigen Darstellung, probiert den einen oder anderen Weg aus und stellt mit Freude fest, dass sie die Funktion bei Auswertungen gut gebrauchen kann.
Konstruktivistische Lerntheorie
Bei der konstruktivistischen Lerntheorie steht die individuelle Wahrnehmung und Verarbeitung beim Lernprozess noch stärker im Vordergrund als beim Kognitivismus. Die lernende Person konstruiert auf der Basis ihrer subjektiven Erfahrungsstrukturen ihre Wirklichkeit selbst.
Aktiver Lernprozess
Am Beispiel des Problemlösens lassen sich die Unterschiede zum Kognitivismus aufzeigen. Es geht nicht darum, allein ein Problem zu lösen, sondern darum, Situationen zu bewältigen. Beim Konstruktivismus steht also der aktive Lernprozess im Mittelpunkt. Jeder lernenden Person muss die Freiheit gegeben werden, nach ihren Wünschen zu lernen, ihr Wissen individuell aufzubauen – eine Forderung, die bei vielen angeleiteten Lernprozessen nicht erfüllt ist.
Übertragen auf den Lernprozess bedeutet das:
Die lernende Person erhält die Möglichkeit, sich in Praxissituationen selbstständig mit dem Lernstoff auseinanderzusetzen.
Sie wählt aus verschiedenen Zugängen zum Lernstoff den Weg, der ihr am meisten liegt.
Sie entwickelt ihren eigenen Lernplan und Lernrhythmus.
Für Qualifikationen wiederum bedeutet das, dass in deren Mittelpunkt die Bereitstellung von Lernarrangements steht, um individuelles Lernen nachhaltig zu fördern.
Individuelle Lernprozesse verlaufen ganz unterschiedlich. Ihr Erfolg ist aber immer abhängig von drei hauptsächlichen Faktoren:
Dem Lernaufwand
Der Lernmotivation
Der Lernkompetenz
Lernhistorie und Lernpräferenzen
Die Basis für die Lernmotivation bildet die Lernhistorie, die Basis für die Lernkompetenz bilden die Lernpräferenzen.
Lernaufwand
Motivation durch Nutzenerwartung
Beim Lernaufwand lautet die Frage: Wie ist die Relation zwischen vermutetem Aufwand und vermutetem Nutzen? Je höher der Mitarbeitende den Nutzen einschätzt und je geringer der Aufwand, desto eher wird diese Person motiviert sein, im Arbeitsalltag neue Lernerfahrungen zu machen.
Dabei kann unterschieden werden zwischen der Erwartung und der Erfahrung. Sind die Erwartungen an den Aufwand gering, wird sich eine mitarbeitende Person gerne der Lernsituation stellen.
Beispiel
Mal eben im Internet die korrekte Schreibweise eines Wortes nachzusehen, geht schnell. Eine Programmiersprache neu lernen, zumal wenn ein Mitarbeitender sich eher mit Computern schwertut, bedeutet hingegen für diese Person einen hohen Aufwand.
Wichtig ist dabei die Frage, wie realistisch die Einschätzung des Aufwands ist. Je realistischer, desto besser. Denn falsche Vorstellungen wirken sich gleich zweifach aus:
Der Aufwand wird zu hoch eingeschätzt. Dann werden Mitarbeitende von vornherein Abstand nehmen, sich gar nicht in die Lernsituation begeben.
Der Aufwand wird zu niedrig eingeschätzt. Dann können sich schnell Enttäuschungen einstellen, die Motivation leidet.
Für die Einstellung zum Lernen sind positive Erfahrungen wichtig. Sie werden durch schnelle Ergebnisse mit wenig Aufwand erreicht.
Was ist der Mehrwert?