Licht, Raum und Zeit - David duChemin - E-Book

Licht, Raum und Zeit E-Book

David DuChemin

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Beschreibung

Ein Buch für alle, die ein kreatives Leben mit Fotografie leben wollen - Lernen Sie zu sehen, wie Ihre Kamera sieht - Verstehen Sie, wie Kreativität funktioniert (und wie nicht) - Finden und meistern Sie Herausforderungen, um an ihnen zu wachsen  Beim Fotografieren formen wir Bilder aus Licht, Raum und Zeit. Dies erfordert nicht nur handwerkliches Wissen – vor allem anderen müssen wir lernen, wie unsere Kamera zu sehen. Dies ist der Ausgangspunkt dieses Buches. David duChemin zeigt darin in 20 Essays, wie Sie Ihre ganz persönliche Ausdrucksweise finden, indem Sie Ihre Wahrnehmung schulen, lernen, fokussierter zu arbeiten, mit Einschränkungen umzugehen und an Herausforderungen zu wachsen. Packend und auf den Punkt geschrieben, ist dieses Buch eine große Inspiration und ein wertvoller Leitfaden für Ihre kreative Reise zu persönlichen Bildern. »Was in Ihrem Kopf vorgeht – und in Ihren Gefühlen, wo auch immer sie zu finden sind –, ist das Thema des Gesprächs, das wir im Verlauf dieses Buches führen werden. Ich hoffe, es macht Ihnen Mut, zerstreut Zweifel, regt Sie zu neuen Ideen an und macht Ihnen vor allem bewusst, dass Sie nicht allein sind, wenn Sie feststellen, dass das Beste an Ihrer Arbeit zwar hart erarbeitet, aber ein steter Quell der Freude ist.« »Es geht nicht nur darum, dass Sie etwas erschaffen, sondern dass Sie etwas erschaffen, wie nur Sie es auf Ihre eigene, einzigartige Weise vermögen.«

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Seitenzahl: 180

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David duChemin

www.davidduchemin.com

Übersetzung und Lektorat: Boris Karnikowski

Lektoratsassistenz: Friederike Demmig

Copy-Editing: Friederike Daenecke, Zülpich

Satz und Layout: Kim Scott, Bumpy Design

Herstellung: Stefanie Weidner, Frank Heidt

Umschlaggestaltung: Eva Hepper, Silke Braun (unter Verwendung eines Fotos des Autors)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN:

 

Print

978-3-98889-025-2

PDF

978-3-98890-193-4

ePub

978-3-98890-194-1

1. Auflage 2024

Translation Copyright für die deutschsprachige Ausgabe © 2024 dpunkt.verlag GmbH

Wieblinger Weg 17

69123 Heidelberg

Authorized translation of the English title: Light, Space & Time: Essays on Camera Craft and Creativity © 2024 by David duChemin. This translation is published and sold by permission of Rocky Nook, Inc., All images ©David duChemin unless otherwise noted.

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Für Jon,mit unaussprechlicher Dankbarkeit für das Abenteuer unserer Freundschaft.Nakupenda, ndugu.

Inhalt

01Im Kopf des Fotografen

02Licht, Raum und Zeit

03Interessante Wahrnehmungen

04Wiederholung und der Lohn des Risikos

05Reaktion und Antwort

06Das Visuelle und das Viszerale

07Kunst und Kunstfertigkeit

08Vom Motiv verführt

09Die Freiheit des Flows

10Die Leerstelle in uns

11Die Macht und Möglichkeiten von Einschränkungen

12Vergleich und Kreativität

13Jenseits der Exif-Daten

14Lob des Glücks

15Talent oder Können?

16Immer weiter

17Hochstapler und Stegreifkünstler

18Über die Schulter von Riesen

19Starts und Stopps

20Finden Sie Ihre Magie

Danksagungen

Über den Autor

01

Im Kopf des Fotografen

Großartige Fotos zu machen – also überzeugende Bilder jenseits des Offensichtlichen, ganz zu schweigen von den Bildern, in denen wir unser Innerstes ausdrücken – hängt von mehr ab als nur von den technischen Möglichkeiten unserer Kameras. Das wissen wir. Bilder, die mehr können, als einem technischen Mindeststandard zu genügen (z. B. scharf zu sein), entstehen im Kopf. Die Herausforderung ist also eine kreative, keine technische, und hat man erst einmal die handwerklichen Basics gemeistert, dann liegt genau hier die reichste Belohnung für harte Arbeit.

Warum wird also in der großen Welt der Fotografie so wenig über Kreativität und innere Zustände gesprochen? Und wenn doch, warum dann mit diesem Bild des kameraschwingenden Fotografen der mit dem Auslöser auf Dauerfeuer zuvor Ungesehenes einzufangen hofft? Schon näher an unserem Verständnis von Kreativität liegt der Einsatz solch mächtiger Techniken wie Mehrfachbelichtungen und Intentional Camera Movement (ICM) – aber wenn man den Begriff »Kreativität« auf derlei eher impressionistische oder abstrakte Stile einschränkt, was bleibt dann für uns? Was ist mit den inneren Zuständen und den Gedanken derjenigen unter uns, die etwas Schönes oder sehr Persönliches schaffen wollen, aber ihre Selbstzweifel und Denkbarrieren nicht überwinden können?

Kreativität ist nicht gleichbedeutend mit oder beschränkt auf die krassesten Innovationen; sie ist nicht das exklusive Terrain derjenigen, die sich als »Künstler« bezeichnen. Der Mechaniker, der an meinem Lkw schraubt, ist kreativ. Das muss er auch sein, denn ich habe ein paar Extrawünsche an ihn, wegen denen er sich mit ein paar interessanten Problemen befassen muss. Dasselbe gilt für Ingenieure und Wissenschaftlerinnen, Lehrerinnen und Ärzte. Jeder, der schon einmal vor einem Problem oder einem Hindernis stand und darüber nachgedacht hat, wie er es umgehen kann, oft angefangen bei der bescheidenen Frage »Was wäre, wenn …?«, ist kreativ. Das Problem kann naheliegenderweise künstlerischer, für einen Fotografen aber auch technischer oder konzeptioneller Natur sein. Für den Fotografen, der mit Menschen arbeitet, könnte es zwischenmenschlicher Art sein. Sich dieser Herausforderung zu stellen und die eigene Denkweise anzupassen, wenn die übliche Herangehensweise nicht zu fruchten scheint – das ist es, worum es bei Kreativität geht. Fast jede Frage, die mit »Wie kann ich …?« beginnt, schreit geradezu nach einer kreativen Antwort – und die kommt aus unserem Inneren.

Die Fotografie erfordert nicht nur kreatives Denken, sondern erfordert auch Handeln. Wir machen Fotos. Und jedes einzelne davon bietet uns die Chance, ganz konkrete Entscheidungen darüber zu treffen, was dieses Foto aussagen soll, worum es darin gehen und wie es aussehen soll. Wenn Sie Ihr Gehirn also nicht auf Programmautomatik geschaltet haben, stellt sich bei jedem Foto, das Sie machen, die Frage nach der Brennweite, dem Abstand zum Motiv, der Schärfentiefe, der Schärfe, der Belichtung, wie Sie mit Bewegung umgehen, wie viel vom Motiv Sie im Bildausschnitt zeigen bzw. nicht zeigen, wo Sie die Kamera aufstellen und in welchem Moment unter vielen Sie den Auslöser drücken. Im Großen und Ganzen mag Fotografie sehr technisch sein, aber warum Sie fotografieren und wie Sie obige Aspekte miteinander kombinieren – das ist kreativ.

Nach dem Drücken des Auslösers treffen Sie Entscheidungen bei der Bildauswahl: Welches Bild wirkt am stärksten, setzt die von Ihnen beabsichtigte Wirkung am ehesten um oder sagt Ihnen am meisten zu? Bei der anschließenden Bearbeitung treffen Sie kreative Entscheidungen, um Ihrem Bild den letzten Schliff zu geben: Hellen Sie es auf oder dunkeln Sie es ab? Erhöhen oder verringern Sie den Kontrast? Wie gehen Sie mit Farben um und mit den Einstellungen für Farbton, Sättigung und Luminanz? Und wie präsentieren Sie Ihre Arbeit? Handelt es sich um ein einzelnes Bild, das groß gedruckt und an die Wand gehängt wird, oder ist es Teil einer Serie oder eines größeren Werks, das am besten als Bildband zur Geltung kommt? Dies sind alles kreative Entscheidungen, auf die es keine richtige oder falsche Antwort gibt. Solange Sie sich mit diesem notwendigerweise technischen Handwerk beschäftigen, werden dies auch technische Entscheidungen sein – aber es geht hier nicht um »entweder oder«, sondern um »sowohl als auch«: Diese Entscheidungen sind zugleich technisch und kreativ.

Die Bücherregale in meinem Büro sind größtenteils mit Fotobüchern gefüllt. Keine Bücher über, sondern Bücher mit Fotografien. Die Meister sind alle vertreten: Ernst Haas, Elliott Erwitt, Sally Mann, Saul Leiter, Josef Koudelka, Walker Evans und Galen Rowell, neben vielen anderen. Dazu gesellen sich neuere Stimmen und einige, von denen Sie vermutlich noch nie gehört haben. Kämen Sie auf einen Besuch vorbei, würde ich Sie einladen, eines dieser Bücher aus dem Regal zu ziehen oder vom Couchtisch zu nehmen. Dort liegt James Nachtweys Inferno. Ebenso Sam Abell. Es gibt auch mehrere Bände von Edward Burtynsky. Und Amaze, von meiner lieben Freundin Cristina Mittermeier. Wenn Sie einen dieser Bände aufschlagen, sehen Sie nicht nur, was eine Kamera leisten kann, sondern auch, wie kreativ ein Mensch denkt, wenn er sich mit der technischen Seite unseres Handwerks auseinandersetzt und dabei etwas schafft, das mehr ist als die Summe seiner Teile.

Darüber hinaus werden Sie eine unbestreitbare Vielfalt in dem sehen, was diese Fotografinnen und Fotografen in ihren Werken erforschen, was sie darüber sagen und wie sie es tun. Der Stil (oder die Stimme) wird sich jeweils unterscheiden, selbst bei denjenigen, die dieselbe Kamera mit demselben Können benutzen. Warum sind sie so unterschiedlich? Weil sie unterschiedlich darüber denken, wie und warum sie die Werkzeuge ihres Handwerks einsetzen.

Wenn Sie mit meinen Texten vertraut sind, dann wissen Sie, dass ich das Handwerk und die Zeit, die es bis zu seiner instinktiven Beherrschung braucht, nicht abtun will. Ist dies Ihr erstes Buch aus meiner Feder, sollten Sie wissen, dass ich diese Fähigkeiten in höchstem Maße schätze. Unser Handwerk ist nichts für Faule oder Nachlässige. Schließlich brauchen wir Techniken, mit denen wir kreativ sein können, und jedes Werkzeug bietet kreative Möglichkeiten, die andere nicht haben. Aber unsere Fertigkeiten werden immer durch unsere Werkzeuge und den Kontext begrenzt, in dem wir arbeiten. Es wird immer Probleme geben, die wir lösen müssen.

Wir brauchen nicht noch mehr von dem, was es bereits gibt. Wir brauchen weder Konformität noch Konsens. Was wir brauchen, sind Köpfe, die offen dafür sind, sich auf Herausforderungen und Kreativität einzulassen.

Vielleicht kommt Ihnen das bekannt vor: Sie sehen eine Szene, die Ihre Aufmerksamkeit erregt. Sie halten an, blicken durch den Sucher, drücken auf den Auslöser und schauen schnell auf das Kameradisplay (wenn Sie digital fotografieren) – nur um festzustellen, dass das Resultat nicht so aussieht, wie Sie es sich vorgestellt haben. Sie ändern die Einstellungen und versuchen es noch einmal. Fehlanzeige. Ein weiterer Versuch mit einem anderen Objektiv. Wieder nichts. Die Technik wird der Szene einfach nicht gerecht. Was zum Teufel ist mit dieser Schrottkamera los, für die Sie so viel Geld ausgegeben haben?

An der Kamera ist nichts auszusetzen – sie ist wahrscheinlich besser als alle Kameras zusammen, mit denen der Großteil der besten Fotografien des 20. Jahrhunderts gemacht wurden. Schließen wir technische Fehler aufgrund ihrer Seltenheit aus, ist das, was nicht funktioniert, unser Ansatz: die Art und Weise, wie wir über die Werkzeuge denken, die wir verwenden.

Es kommt darauf an, wie wir denken und dies ist ein Buch über das Denken. In einigen Fällen ist es ein Buch über Gedanken. In einigen Fällen geht es auch um Gefühle, denn ich sehe keine Möglichkeit, die beiden zu trennen: Unser emotionaler Zustand kann bei dem, was wir schaffen, sowohl ein Hindernis als auch eine Hilfe sein. Konkret geht es in diesem Buch um Fotografen als kreative Wesen. Wir alle wissen, wie unsere Kameras funktionieren, aber wie funktioniert Kreativität? Wie arbeiten wir? Das ist eine der Fragen, denen wir auf diesen Seiten nachgehen. Wenn Sie besser verstehen, wie Ihre Kreativität als Werkzeug funktioniert, können Sie sie besser einsetzen, sich wohler fühlen und weniger frustriert sein – mit sich selbst und mit dem, was Sie erschaffen.

Stephen Shore, den ich auf den folgenden Seiten noch öfter erwähnen werde, sagte: »Ich glaube, dass ein guter Fotograf eine Kombination aus zwei Dingen ist: zum einen aus interessanten Wahrnehmungen und zum anderen aus dem Verständnis dafür, wie die Welt von einer Kamera in ein Foto übersetzt wird.« Wie wir die Welt wahrnehmen, ist eine Frage des kreativen Denkens, ebenso wie die Art und Weise, wie wir darüber nachdenken, was die Kamera tut, um diese Wahrnehmung der Welt in ein Bild zu übersetzen – und wie wir beides kombinieren.

Dies ist weder ein »Wie«- noch ein »Warum«-Buch, wie es meinen anderen Büchern zugeschrieben wird. Ich hoffe, dieses Buch lässt sich nicht so einfach in die eine oder andere Schublade stecken. Aber wenn man es genauer einordnen möchte, liegt es vielleicht irgendwo zwischen einer Huldigung an die Wunder dieses Handwerks und einem Manifest zur Verteidigung seiner grundlegenden kreativen Natur. Nein, Moment – streichen Sie das. Besser: ein Manifest zur Verteidigung Ihrer grundlegenden kreativen Natur. Es geht nicht darum, dass Fotografie an sich kreativ ist (denn vieles daran ist es schlicht nicht), sondern darum, dass wir kreativ sind. Oder dass wir es sein können. Ob wir es sind oder nicht, und ob die Fotografie dabei eine Rolle spielen kann, hängt davon ab, inwieweit wir handwerkliches Wissen infrage stellen, diese Welt anders wahrnehmen und unsere Werkzeuge nuancierter und auf ungewöhnlichere Weise nutzen, anstatt dauernd zu fragen: »Wie sollte ich das tun? Welches Objektiv sollte ich verwenden?« Worte wie »Sollen« und »Müssen« haben in einem Handwerk mit so vielen kreativen Möglichkeiten keinen Platz.

Was ich mir für Sie am meisten wünsche, ist Freiheit. Freiheit, Ihren ganz eigenen Weg zu finden, neue Pfade zu beschreiten oder die Ihnen bereits eigene Art und Weise zu akzeptieren, auf die Sie dieses Handwerk ausüben. Die Freiheit, anders über die gleichen Werkzeuge und Materialien zu denken, die Sie verwenden, seit Sie zum ersten Mal eine Kamera in die Hand genommen haben. Wir brauchen nicht noch mehr von dem, was es bereits gibt. Wir brauchen weder Konformität noch Konsens. Was wir brauchen, sind Köpfe, die offen dafür sind, sich auf Herausforderungen und Kreativität einzulassen.

Ich hoffe, dass dieses Buch Sie auf Ideen bringt, Ihnen einen neuen Bezugsrahmen für Ihre Entscheidungen bietet und Ihnen neue Sichtweisen und Blickwinkel eröffnet. Ich hoffe, dass es in Ihnen neue Funken schlägt, neue Fragen aufwirft und Ihnen hilft, Antworten auf andere Fragen zu finden. Ich hoffe, dass einige der hier vorgestellten Ideen das Gleiche bewirken wie ein Firmware-Upgrade, das neue Funktionen bietet und Fehler beseitigt. Es ist billiger, als eine neue Ausrüstung zu kaufen, und die Ergebnisse werden besser sein.

Wird dieses Buch Sie zu einem besseren Fotografen, einer besseren Fotografin machen? Auf keinen Fall. Aber wenn Sie anders über Ihr Handwerk und die Fotos, die Sie machen, nachdenken, dann schon. Wenn Sie die Welt und die Werkzeuge, die Sie verwenden, anders wahrnehmen, werden Sie besser fotografieren, vorausgesetzt, Sie sind bereit, hart dafür zu arbeiten. Sie müssen also herausfinden, was das für Sie in der Praxis bedeutet, und Sie müssen sich erlauben, das zu tun – ungehindert von dem, was Sie tun sollten. Sie müssen also frei Ihren Launen und Ihrer Neugier folgen, um Ihre Antworten auf die Fragen »Was wäre, wenn …?« und »Wie kann ich …?« zu finden.

Oder Sie könnten sich eine neue Kamera zulegen. Aber solange sich nichts in dem Kopf hinter der Kamera ändert, wird das nicht viel bewirken. Vielleicht fokussiert die Kamera schneller oder hat eine bessere ISO-Performance. Aber wie schon Ansel Adams sagte, gibt es nichts Schlimmeres als die gestochen scharfe Umsetzung eines unklaren Konzepts – das Wichtigste sind also die 30 Zentimeter hinter der Kamera: Ihr Kopf.

Was in Ihrem Kopf vorgeht – und in Ihren Gefühlen, wo auch immer sie zu finden sind –, ist das Thema des Gesprächs, das wir im Verlauf dieses Buches führen werden. Ich hoffe, es macht Ihnen Mut, zerstreut Zweifel, regt Sie zu neuen Ideen an und macht Ihnen vor allem bewusst, dass Sie nicht allein sind, wenn Sie feststellen, dass das Beste an Ihrer Arbeit zwar hart erarbeitet, aber ein steter Quell der Freude ist.

02

Licht, Raum und Zeit

Als ich zwölf Jahre alt war, meldete mich meine Mutter zum Französisch-Immersionsprogramm meiner Schule an. Von diesem Moment an, ab dem ich nur noch von Französisch umgeben war, war das bisschen, was ich bereits von der Sprache kannte, nutzlos. Und die Worte und Sätze, die ich lernte, hatten wenig Praxiswert. Wie der Komiker Eddie Izzard einmal sagte, gibt es für den Ausdruck le singe est sur la branche (der Affe ist auf dem Ast) nur wenige Anwendungen im Alltag, es sei denn, man bereist stark bewaldete Gebiete in Frankreich und hat seinen eigenen Affen dabei.

Schon nützlicher für ein Kind in der siebten Klasse, das keinen Ärger haben will, sind hingegen Wörter wie »Hausaufgaben«. Es brauchte eine Woche mit täglichen Zurechtweisungen, bis ich verstand, nicht mehr auf die Worte zu hören, die ich erwartete (»Hier sind eure Hausaufgaben für morgen.«), sondern auf etwas ganz anderes (»Voici vos devoirs pour demain.«). Das waren auch nicht die einzigen Wörter, die mich vor Rätsel stellten. Ich weiß, man sagt, es sei einfacher, eine Sprache als Kind zu lernen. Aber ich war lange Zeit hoffnungslos verloren in einem Urwald aus mir unbekannten Wörtern. Wörter, die nicht einmal wie Wörter klangen. Als ich irgendwann anfing, unverständliche Sätze zu murmeln, zeugte das nur von meinem langsamen und unbeholfenen Fortschritt.

Das erste Jahr im Französisch-Immersionsprogramm war bestenfalls verwirrend – ich sah den Wald vor lauter Bäumen nicht. Nicht nur gab es unbekannte Substantive, sondern auch männliche und weibliche, und das ohne jede offensichtliche Logik. Verben fühlten sich in meinem Mund wie Murmeln an. Und nicht nur die Wörter waren neu, sondern auch die Denkweisen. Welchen Fortschritt ich auch immer machen wollte, er musste in meinem Kopf stattfinden.

Mit der Fotografie ist das genauso. Eine Kamera sieht anders als Sie, und der Weg, um dieses Handwerk zu meistern, besteht nicht so sehr darin, herauszufinden, wie man die Kamera dem eigenen Willen unterwirft, sondern darin, das eigene Verständnis an die besondere Art und Weise anzupassen, wie die Kamera Licht, Raum und Zeit sieht – und wie sie darüber spricht. Es ist eine Art zu denken.

Fotografen sprechen oft von der Notwendigkeit, »sehen zu lernen«, aber ich frage mich, ob es nicht hilfreicher wäre, das wie folgt zu Ende zu denken: Fotografen müssen lernen, so zu sehen, wie die Kamera sieht.

Markieren Sie sich diesen letzten Satz. Wir müssen diese besondere Art und Weise verstehen, antizipieren, uns vorstellen und anwenden können, auf die die Kamera Licht, Raum und Zeit sieht. Oder genauer gesagt, wie sie die drei zum Ausdruck bringt, weil sie sich so stark von der Art und Weise unterscheidet, wie wir diese drei Rohmaterialien selbst wahrnehmen.

Ich glaube, ich habe das Fotografieren rückwärts gelernt. Man gab mir eine Kamera und erklärte mir, wie sie funktioniert. Ich lernte die Technik, mit der die Kamera die Welt in ein Bild übersetzt, aber nicht die Sprache selbst – als würde man einem angehenden Maler einen Pinsel geben und ihm zeigen, wie er ihn über die Leinwand zu führen hat. Das gehört zwar dazu, aber es macht noch keinen Maler. Ein wie viel besserer Maler könnte er sein, hätten seine ersten Lektionen von Farbe und Komposition und von den anderen Aspekten seines Handwerks gehandelt, die seine Ehrfurcht geweckt und seine Fantasie angeregt hätten – anstatt nur seine Neugier danach zu stillen, wie man einen Pinsel hält?

Maler müssen lernen, in der Sprache der Malerei zu denken; Musiker müssen lernen, in der Sprache der Musik zu denken. Und Fotografen müssen lernen, in der Sprache der Kamera zu denken, um mit dieser das in Fotos zu übersetzen, was sie sehen und fühlen – anstatt frustriert auf das Kameradisplay zu starren und sich zu fragen, warum das gerade gemachte Bild nicht so aussieht wie erhofft.

Es sieht nicht so aus, wie Sie es sich erhofft haben, weil Sie nicht so schauen, wie die Kamera es tut, und weil Sie nicht in der gleichen Sprache denken, in der die Kamera spricht.

Es sieht nicht so aus, wie Sie es sich erhofft haben, weil Sie nicht gelernt haben, das Licht so zu sehen oder sich vorzustellen, wie es die Kamera tut. Sie können es nicht um drei Blendenstufen über- oder unterbelichtet sehen, aber die Kamera kann es. Ihre Augen sind dazu einfach nicht in der Lage, aus dem gleichen Grund, aus dem sie einen anderen Dynamikumfang wahrnehmen. Die Kamera sieht das Licht anders, und diese Unterschiede stellen Sie entweder vor technische Hürden oder eröffnen Ihnen kreative Möglichkeiten – also ist es sehr wichtig, wie Sie darüber denken (oder ob Sie überhaupt darüber nachdenken).

Auch Zeit nehmen wir anders wahr. Da die Kamera viel schneller (1/8000 Sekunde) und viel langsamer (z. B. 8 Sekunden) sehen kann als unsere Augen, ist sie wie ein kreativer Kollege, der Worte für die Zeit hat, die wir nicht haben, ähnlich wie die Kulturen der Inuit mehr Worte für Schnee haben als wir, die wir in gemäßigteren Klimazonen leben. Dass wir diese Unterschiede nicht wahrnehmen können, heißt nicht, dass sie nicht vorhanden sind. Wir sehen nicht, wie sich die Dinge gleich verschwommenen Pinselstrichen durch die verstreichende Zeit bewegen – die Kamera sieht es hingegen schon.

Fotografen sprechen oft von der Notwendigkeit, »sehen zu lernen«, aber ich frage mich, ob es nicht hilfreicher wäre, das wie folgt zu Ende zu denken: Fotografen müssen lernen, so zu sehen, wie die Kamera sieht.

Die Kamera kann nicht nur Ihr Kollege, sondern auch Ihr Lehrer sein. Wenn Sie ihr zuhören, zeigt sie Ihnen neue Sichtweisen auf die Zeit und ein erweitertes Vokabular, mit dem Sie auf fotografische Weise sprechen können – kreativer und kraftvoller. Einfach ausgedrückt: Die Kamera verfügt über ein viel breiteres Vokabular als wir, wenn es um Zeit (und auch um Licht und Raum) geht. Und das müssen wir lernen.

Auch der Raum wird von der Kamera ganz anders wahrgenommen, und zwar auf weitaus mehr Arten, als wir es vermögen. Unsere Objektive verändern Motive auf eine Weise, die wir uns sonst nur mit Mühe vorstellen können. Der Eindruck der Komprimierung von Bildebenen bei längeren Brennweiten? Wir sehen von Natur aus nicht so. Oder die Wirkung einer offenen Blende, die fokussierte Elemente im Raum messerscharf erscheinen lässt, andere davor und dahinter aber unscharf? Wir sehen mit unseren Augen weder das magische Bokeh der unscharfen Glanzlichter noch wie die räumlichen Beziehungen der Bildelemente zueinander in dem Moment eingefroren werden, in dem sich der Verschluss geschlossen und die Kamera den dreidimensionalen Raum für immer auf zwei Dimensionen geplättet hat. Die Kamera sieht immer nur einen Ausschnitt und nimmt den Raum nicht wie die meisten von uns mit einem binokularen Blick wahr, sondern durch ein monokulares Objektiv. Das macht einen Unterschied, und es ist an uns, diese Unterschiede zu lernen und zu nutzen.