Liebesschwüre an der Ostsee - Nancy Salchow - E-Book
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Nancy Salchow

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Beschreibung

Exklusiv im Summer-Bundle: Fünf leidenschaftliche Liebesromane von der malerischen Ostsee zum Vorzugspreis.: A Million Sins Her Bad Hero | Millionäre lieben anders | Ein Millionär zum Davonlaufen | Millionäre unerwünscht: Reicher Mann? Nein, danke!

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Inhaltsverzeichnis

Buch 1: A Million Sins – Vertrau ihm nicht

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Epilog

Buch 2: Her Bad Hero

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Buch 3: Millionäre lieben anders

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Buch 1: Ein Millionär zum Davonlaufen

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Epilog

Buch 2: Millionäre unerwünscht

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Impressum

Nancy Salchow

___________________________

Liebesschwüre an der Ostsee

Sammelband mit fünf Liebesromanen

Buch 1: A Million Sins – Vertrau ihm nicht

Über das Buch:

Er ist bekannt für sein Bad-Boy-Image: der Rockstar Jesper, durch seine einzigartige Karriere reich und berühmt geworden, aber ebenso unnahbar und eigensinnig. Er hasst Vorschriften, hat seinen eigenen Kopf und ist nur schwer von seinen Mitmenschen zu durchschauen.

Dass ausgerechnet die bodenständige Vivian ihn persönlich kennenlernt, verdankt sie der Tatsache, dass ihre Schwester heimlich ein Demo von Vivians Stimme bei einem Online-Gesangswettbewerb von Jespers Band einreicht.

Schon bei der ersten Begegnung zwischen Vivian und Jesper stellt sich heraus, dass sie trotz ihrer unterschiedlichen Leben sehr viel gemeinsam haben. Als sie als Gewinnerin des Gesangswettbewerbs gemeinsam mit Jesper einen Song aufnehmen darf, entwickelt sich zwischen den beiden eine ganz besondere Leidenschaft, die sowohl auf körperlicher als auch auf seelischer Ebene alle Grenzen sprengt.

Aber schon bald wird Vivian durch eine ominöse Quelle eindringlich vor Jesper gewarnt: Verliebe dich bloß nicht ihn! Du kannst ihm nicht trauen. Sein dunkles Geheimnis wird seine Schatten bald auch auf dich abwerfen.

Aber kann ihr Herz sie wirklich derart täuschen? Was soll er schon Schlimmes zu verbergen haben? Eine derart tiefe Bindung, die sich durch und durch richtig anfühlt, kann einfach nicht falsch sein.

Oder?

Dieses Buch enthält sehr eindeutige und leidenschaftliche Szenen.

In sich abgeschlossener Einzelroman. Keine Serie.

Prolog

Eine gewisse Weile lang schweigen wir und schauen uns einfach nur an. Doch lange kann ich den Drang nicht unterdrücken. Wie von selbst komme ich näher, lege meine Finger um ihre und beuge mich erneut für einen Kuss zu ihr herunter.

Sie tritt nicht zurück und macht auch sonst keinerlei Anstalten, mich aufzuhalten. Fast scheint es, als hätte sie trotz aller Zweifel nur darauf gewartet.

Meine Finger fahren durch ihre weichen Locken, während ich mich in ihren süßen Lippen verliere.

Scheiße, warum bringt mich diese Frau nur dermaßen um den Verstand? Und warum vergesse ich alles um mich herum, sobald sie bei mir ist? Muss so eine Gedankenlosigkeit nicht früher oder später zwangsläufig in die Irre führen? In eine sehr gefährliche Irre?

Doch anstatt uns gegen dieses Gefühl zu wehren, pressen sich unsere Körper instinktiv noch fester aneinander.

Ich spüre ihre Wärme an meinem Unterleib, als ich sie sanft an mich ziehe. Mit jedem Kuss breitet sich das Verlangen in mir nur noch weiter aus.

Ich will sie.

Ich brauche sie.

So, wie sie vor mir steht. In all ihrer geheimnisvollen Schönheit, die mir noch immer den Atem raubt. Eine Schönheit, die vor allem auf den zweiten Blick meine Sinne vernebelt. Eine Schönheit, die genauso von innen wie von außen zu kommen scheint.

Sie legt ihre zarten Finger an meinen Nacken und zieht mich an sich, während die Leidenschaft unserer Küsse nur noch mehr zunimmt.

»Was ist das hier?« Atemlos legt sie die Stirn an meine Brust, offensichtlich darum bemüht, einen klaren Kopf zu bekommen.

Doch noch bevor ich etwas antworten kann, suchen ihre Lippen erneut die meinen. Dieses Mal ist der Kuss noch stürmischer, die Kraft, mit der wir uns aneinander pressen noch stärker.

Meine Hand wandert an ihren Hinterkopf.

Alles in mir sehnt sich danach, sie noch fester an mich zu ziehen. Beinahe so, als bräuchte ich diese Berührung, um den Moment wirklich zu begreifen. Um zu verstehen, dass das alles gerade wirklich passiert.

Die Leidenschaft unserer Atemzüge scheint sich mit jeder verstreichenden Sekunde zu vergrößern.

Ich spüre, wie die Erregung langsam die Kontrolle über mich gewinnt. Ob mich die Mitte meines Körpers bereits jetzt verrät?

Sicher merkt sie etwas. Oder ist sie zu abgelenkt?

Aber selbst wenn sie es spürt, ist sie besonders gut darin, es zu verbergen.

Wie weich ihre Lippen sind, wie süß der Duft ihres Haars!

Immer wieder schleicht sich derselbe Wunsch in meine Sinne.

Ich will sie.

Ich brauche sie.

Jetzt.

Wie automatisch wandern meine Finger unter den Stoff ihres Shirts, bis sie sanft auf ihrem Rücken zur Ruhe kommen. Doch ihre seidene Haut unter meiner Hand zu spüren, weckt das Verlangen in mir nur noch mehr.

»Ist es eine gute Idee, dass wir hier sind?«, frage ich mit schnellem Atem, als sich unsere Lippen für einen flüchtigen Moment voneinander lösen.

»Hier?« Mit schnellem Atem schaut sie zu mir auf.

»Hier draußen.« Ich lächele.

Sie neigt den Kopf zur Seite und schaut mich eindringlich an. Ein Blick, der mich regelrecht zu durchleuchten scheint. Dann nimmt sie ohne ein weiteres Wort meine Hand und zieht mich mit geheimnisvollem Lächeln hinter sich her.

An der Tür des Seehäuschens angekommen, zieht sie ihr Schlüsselbund aus der Hosentasche und öffnet die Tür, als wäre ebendiese Tür eine Art Übergang in eine andere Welt. Eine Welt, die bereit ist, unser Geheimnis um jeden Preis zu schützen.

Ich folge ihr ohne Zögern.

Im Haus angekommen schließt sie die Tür hinter sich und lehnt sich mit erwartungsvollem Blick gegen das Holz.

Eine Weile schauen wir einander regungslos und ohne jeden Kommentar an. Doch schon wenige Sekunden später stürme ich wie wach geworden auf sie zu und ziehe ihr Gesicht wie ein Ertrinkender an mich.

Sie lässt es ohne Gegenwehr geschehen.

In stürmischen Küssen versunken taumeln wir zu dem schmalen blaukarierten Sofa, das in der Mitte des rustikal eingerichteten Wohnzimmers steht.

Halb stehend, halb auf der Seitenlehne sitzend ziehe ich sie begierig an mich.

Ohne sich auch nur eine Sekunde von meinen Lippen zu lösen, hebt sie die Arme, woraufhin ich ihr das Shirt über den Kopf schiebe. Während ich mich an ihrem BH zu schaffen mache, zerrt sie ungeduldig an meinem Hemd herum.

Die Hose, die sie offensichtlich zum Joggen angezogen hatte, streift sie in einer einzigen geschmeidigen Bewegung zu Boden, bis sie nur noch in einem hauchdünnen schwarzen Spitzenslip vor mir steht, der ihre samtweiche Haut nur noch intensiver schimmern lässt.

Du musst einen klaren Kopf bewahren, meldet sich eine zaghafte Stimme in mir, doch die Lust auf sie scheint übermächtig und blendet augenblicklich jeden Zweifel aus.

Es ist egal, was der Verstand sagt. Alles, was zählt, ist dieser eine endlose Moment.

In ungeduldigen Bewegungen erhebe ich mich vom Sofa und zerre an meiner Jeans. Die Tatsache, dass sie mir dabei hilft, turnt mich nur noch mehr an.

Als die Hose samt Shorts zu Boden fällt, dauert es nur Bruchteile von Sekunden, die sie benötigt, um sich auf mich zu setzen.

Mit dem letzten Hauch meines Verstandes wird mir klar, dass das Verlangen dabei ist, komplett die Kontrolle zu übernehmen.

Da sind sie wieder, diese samtweichen Lippen, die meine berühren. Die warmen Hände, die meine Wangen umschließen und mir das Gefühl geben, jeden Moment vor Lust zu explodieren.

Ein lauter Knall zerschlägt den Augenblick mit fast schon brutaler Härte. Verschlafen fahre ich in die Höhe.

Erst jetzt merke ich, dass ich im Sessel eingeschlafen bin. Ein Sessel, der an Unbequemlichkeit kaum zu überbieten ist. Und doch war die Erschöpfung stärker und hat mich alles andere vergessen lassen.

Was war das für ein Knall, der mich geweckt hat? Habe ich mir das Geräusch womöglich nur eingebildet?

Erschöpft sinke ich erneut zurück und schließe die Augen. Gedankenverloren fahre ich mir mit der Hand über das geräderte Gesicht.

Alles war so real.

Zum Anfassen echt.

Und doch war es nur ein Traum.

Ein verdammter Scheißtraum, mit dem keine Realität der Welt mithalten kann.

Kapitel 1

Vivian

»Moment«, ich setze die Schere unter dem rechten Hundeohr an, »hier haben wir noch eine etwas zu lange Fellsträhne ... So, das wäre auch erledigt.« Ich lasse die Hand sanft durch das weiße Rückenfell des Pudels fahren. »Nun bist du wieder eine ganz besonders Hübsche.«

Die Kundin, eine kurzgewachsene Frau in den Sechzigern, nimmt ihre Hündin auf den Arm und hebt sie vom Frisiertisch.

»Na, das war doch gar nicht so schlimm, Polly«, sagt sie, während ihre Stimme automatisch eine Oktave höher wird. »Du warst so tapfer, mein Schatz.«

Polly empfängt aufgeregt ein Hunde-Leckerli, das Frauchen aus ihrer Handtasche zieht. Danach wendet sich die Frau mit einem Fünfziger zu mir. »Danke für Ihre Mühe, meine Liebe. Es ist wie immer toll geworden.«

»Oh«, irritiert nehme ich den Geldschein entgegen, »das ist aber zu viel, Frau Münter.«

»Nein nein, das stimmt schon. Sie haben es sich verdient, meine Liebe.« Sie steckt der Hündin die Leine an. »Komm, Polly, wir gehen jetzt nach Hause, ja?«

Schwanzwedelnd folgt ihr die Hündin, während ich den Schein in meine Hosentasche schiebe.

»Hat mich wie immer sehr gefreut, Frau Münter.« Ich folge ihr zur Wohnungstür. »Bis zum nächsten Mal.«

»Ja, meine Liebe«, sie tätschelt mir mütterlich die Schulter, »Sie werden bald wieder von mir hören.«

Ich schaue ihr einen kurzen Moment hinterher, während sie die knarrenden Holzstufen des Wohnhauses hinuntergeht. Als ich die Tür wieder schließe, ziehe ich den Geldschein aus der Hosentasche.

50 Euro für ein bisschen Spitzenschneiden, das keine dreißig Minuten gedauert hat. Noch ein paar mehr von solchen Terminen und ich kann mir endlich die Miete für einen eigenen Laden leisten.

Ich gehe in die Küche, um das Geld in die Kasse zu legen, als mich plötzlich die Türklingel aus den Gedanken reißt.

Hat sie etwas vergessen? Es ist kurz nach vier, sie war die letzte Kundin für heute. Oder habe ich einen Termin, von dem ich nichts mehr weiß?

Ich gehe zurück zur Tür. Als ich sie öffne, stürmt mir Michelle direkt in die Arme.

»Sie haben angerufen!«, jubelt sie. »Sie haben wirklich angerufen. Ist das nicht unglaublich? Eigentlich habe ich es ja von Anfang an gewusst, aber als sie dann wirklich am Telefon waren ... Ich fasse es einfach nicht!«

»Nun mal langsam.« Verwirrt löse ich mich aus ihrer Umarmung. »Wer hat angerufen?«

Statt wie wild weiter zu plappern, beißt sie sich auf die Unterlippe und starrt mich mit zusammengekniffenen Augenbrauen an.

»Was ist los?« Ich schließe die Tür hinter ihr. »Hat es dir plötzlich die Sprache verschlagen?«

Nervös fährt sie sich mit den Fingern durchs Haar, während sie in meiner Wohnküche auf und ab geht. »Ich ... ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Es ist alles so ... so verrückt.«

»Wie wäre es, wenn du dich erst mal setzt?« Ich nicke zu meinem Sofa herüber. »Und dann fängst du ganz von vorn an, okay?«

Michelle presst die Lippen zusammen und starrt mich an, als würde sie jeden Moment vor Aufregung platzen. Widerwillig setzt sie sich schließlich, während sie mit ihren eigenen Fingern spielt, als könnte ihr das dabei helfen, ihre eigenen Gedanken zu sortieren.

Wie sie so da sitzt, mit den weizenblonden, langen Locken, die ihr weich auf die Schultern fallen und den schmalen Gesichtskonturen könnte sie optisch glatt mein Spiegelbild sein. Trotzdem ist sie derart hibbelig und ständig auf dem Sprung, dass wir unterschiedlicher nicht sein könnten.

»Und nun ganz langsam«, ich setze mich neben sie und lege die Hand auf ihr Knie, »wer hat angerufen? Hast du dich irgendwo beworben?«

»Nein nein, ich bin superglücklich mit meinem Job im Fitnesscenter, das weißt du doch.«

»Was ist es dann?« Ich schaue sie eindringlich an. »Hast du dich wieder mal für irgendeine verrückte Quizshow angemeldet?«

Sie atmet lautstark aus, während sie mich aufmerksam, beinahe ängstlich betrachtet.

»Verdammt nochmal, was ist los, Michelle?« Langsam werde ich ungeduldig. »Nun rück endlich mit der Sprache raus!«

Sie schaut zu Boden. »Vorher musst du mir versprechen, dass du nicht sauer wirst.«

»Sauer?« Ich rutsche ein Stück näher. »Warum sollte ich sauer werden? Ich denke, du freust dich über irgendetwas ganz besonders? Ist es denn keine gute Sache?«

»Natürlich ist es eine gute Sache.« Sie lächelt mechanisch. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob du das auch gleich erkennen wirst, weil ich dazu ...«, sie kratzt sich am Kopf, »etwas ungewöhnliche Wege gehen musste.«

»Ungewöhnliche Wege?« Ich runzele die Stirn. »Michelle, ich schwöre dir: Wenn du mir nicht sofort sagst, was hier los ist, platze ich.«

Sie nimmt meine Hand und umschließt sie fest mit ihrer, während sie versucht, den richtigen Anfang zu finden.

»Erinnerst du dich an unseren Karaoke-Abend neulich, als ich bei dir geschlafen habe?«, fragt sie.

»Klar, wie könnte ich das vergessen? Zu viel Rotwein, zu viele Chips und zu viele falsche Töne.«

»Jaaaa, aber die falschen Töne kamen dabei nur von mir. Du hast jeden einzelnen getroffen.«

Ich lege den Kopf schräg und sehe sie aufmerksam an. »Keine Ahnung, wie viele Töne ich getroffen habe oder nicht. Welche Rolle spielt das?«

»Ach Süße.« Seufzend legt sie die Hand auf die Brust. »Du weißt, wie sehr ich deine Stimme liebe, oder?«

Ich werde skeptisch. »Worauf willst du hinaus, Michelle?«

Ihr Blick wandert ins Leere. Scheinbar sucht sie noch immer nach den richtigen Worten.

»Du wirst es nicht mitbekommen haben«, fährt sie schließlich fort, »aber als du deine Jesper & The Black Tears-Karaoke-Session hattest, habe ich das Ganze heimlich aufgenommen.«

»Was hast du?« Ich schaue sie verwirrt an. »Und warum überhaupt? Diese Karaoke-Sache war doch nur ein Spaß unter Schwestern.«

»Na ja, aber ich weiß, wie sehr du die Band magst. Und dementsprechend genial war deine Stimme auch bei ihren Songs.«

»Moment mal.« Langsam werde ich hellhörig. »Du hast die Aufnahmen doch wohl hoffentlich niemandem gezeigt?«

Sie weicht meinem Blick aus. »Ich wusste einfach, wie gern und vor allem, wie wahnsinnig gut du singst. Und ich wusste auch, dass du die Idee super fändest, auch was von Jesper und seiner Band zu singen. Deshalb habe ich besonders viele Tapes von ihnen unter die Karaoke-Songs gemischt.«

»Moment mal, du hast das absichtlich gemacht? Aber was für einen Sinn hatte das?«

Sie presst ihre Lippen fest aufeinander. Ich kann sie regelrecht atmen hören, sorgsam darum bemüht, nicht das Falsche zu sagen.

»Also schön.« Sie lässt die Schultern sinken. »Ich sag’s einfach, okay?«

»Das hoffe ich.« Ich verschränke die Arme vor der Brust. »Bisher hast du ja nur herumgedruckst.«

»Ich weiß, dass du mit Facebook und Co. nicht allzu viel am Hut hast, deswegen hast du es nicht mitbekommen. Aber seit einigen Wochen rufen Jesper & The Black Tears ständig zu ihrem großen Gesangswettbewerb auf. Und die Gewinnerin des Wettbewerbs hat die große Chance, mit Jesper ...«

»Oh mein Gott«, falle ich ihr ins Wort, während ich vom Sofa aufspringe, »sag jetzt bitte nicht, dass du mich dort angemeldet hast!«

»Komm schon, Süße.« Nun steht auch sie auf und legt die Hände an meine Oberarme. »Ich musst es tun. Es war die Chance, der Welt endlich deine Stimme zu zeigen. Sie durfte einfach nicht länger unter Verschluss bleiben.«

»Sag mal, spinnst du jetzt total? Wie peinlich ist das bitte? Weißt du, was da für Talente mitmachen? Dagegen kacke ich doch total ab. Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich mir doch beim Karaoke-Abend viel mehr Mühe gegeben.«

»Heißt das etwa, du hättest zugestimmt, dass ich das Tape hinschicke?«

»Natürlich nicht.« Ich reiße mich aus ihrer Berührung los. »Das war nur eine theoretische Feststellung. Du weißt genau, dass ich so etwas hasse. Es hat seinen Grund, warum ich nicht auf Facebook und Co. unterwegs bin. Du hattest kein Recht, das einfach hinter meinem Rücken zu machen.«

»Ich weiß.« Sie greift nach meiner Hand. »Ich weiß das wirklich, Vivian. Aber ich musste es trotzdem tun. Du bist manchmal so engstirnig und stur und siehst die besten Chancen nicht, selbst wenn sie sich dir regelrecht in die Arme werfen.«

Ich reiße meine Hand aus ihrer. »Ich kann einfach nicht fassen, dass du das getan hast.«

»Nun hör mir doch erst mal zu.« Sie packt mich bei den Schultern. »Wenn du mich nur eine Sekunde aussprechen lassen würdest, dann wüsstest du, dass es die absolut richtige Entscheidung war, dass ich das Tape einsende. Denn du standest nicht nur in der Endauswahl, du hast das Voting auch gewonnen, Süße.« Sie wird lauter. »Kapierst du nicht? DU hast gewonnen!«

»Gewonnen?« Ich schaue sie ungläubig an. »Du verarschst mich doch.«

»Ich verarsche dich nicht! Du fährst nach Hamburg und nimmst mit Jesper einen Song für das nächste Album auf.«

Ich brauche einen Moment, um ihre Worte zu erfassen.

Jesper Meynen und ich in einem Studio.

Jesper Meynen und ich in einem Studio.

Jesper Meynen und ich ...

»Ich begreife einfach nicht, wie du das tun konntest«, fauche ich, als ich langsam wieder klar denken kann.

»Sag mal, hörst du mir überhaupt zu? Wie kannst du wütend auf mich sein, wenn du dafür ein Treffen mit Jesper gewinnst? Ich dachte, der Kerl ist der Größte für dich?«

»Aber das heißt doch noch lange nicht, dass ich einfach in dieses Studio gehen werde. Ich ... ich habe doch überhaupt keine Erfahrung in solchen Dingen.«

»Die wissen doch, dass du kein Profi bist. Die sind auf so etwas vorbereitet. Sie werden dir alles erklären, was du wissen musst und sich ganz viel Zeit für die Aufnahme nehmen.«

Das Chaos in meinem Kopf macht jeden klaren Gedanken unmöglich. Völlig verwirrt lasse ich mich erneut auf die Couch fallen und stütze das Gesicht auf meine Hände.

»Das ist doch verrückt«, murmele ich. »Das ist einfach nur verrückt.«

»Verrückt. Stimmt.« Michelle setzt sich neben mich und legt den Arm um mich. »Aber es ist auch die geilste Chance, die du je bekommen hast. Die ganze Welt wird deine Stimme hören, Vivian. Kapierst du denn nicht, wie großartig das ist?«

»Und du bist dir sicher, dass dieser angebliche Contest kein Fake ist?«

»Absolut sicher. Das Management hat mich doch höchstpersönlich angerufen. Natürlich musste ich so tun, als wäre ich du, weil ja niemand wissen durfte, dass ich dich gegen deinen Willen angemeldet habe. Du kannst das alles auch auf der offiziellen Webseite nachlesen. Da steht sogar dein Name, Süße.« Ihre Stimme überschlägt sich beinahe. »Ach, es ist alles so aufregend. Ich kann es noch immer nicht glauben.«

Ich lehne mich fassungslos zurück. »Und ich kann noch immer nicht glauben, dass du das getan hast.«

»Mensch, Schwesterchen.« Sie tätschelt meine Wange, als müsste sie mich aus einem Tiefschlaf aufwecken. »Bedeutet es dir denn gar nichts, dass du die Gewinnerin dieses Wettbewerbs bist? DU bist die Beste. Wie oft muss ich das eigentlich noch sagen, bis es dir klar wird?«

»Das alles ist einfach zu absurd, um es zu kapieren.«

»Das weiß ich, aber das macht es nicht weniger wahr. Du kannst es mir ruhig glauben. Ich habe denen vorhin sogar deine E-Mail-Adresse für die letzten Details gegeben und auch deine Telefonnummer. Ich habe gesagt, dass die andere Handynummer mein Firmenhandy ist und sie besser auf der zweiten Telefonnummer anrufen. Das Gute ist, dass unsere Stimmen am Telefon ziemlich ähnlich klingen, so wird niemand etwas merken.«

»Wie jetzt, heißt das etwa, die werden mich einfach anrufen?«

»Keine Ahnung. Eigentlich haben sie gesagt, dass sie dir die letzten Details per Mail mitteilen wollen. Na ja, also, dass sie mir die letzten Details per Mail mitteilen, weil sie ja dachten, ich wäre du ... na, du weißt schon. So landen alle wichtigen Infos von jetzt an bei dir – denn immerhin bist du ja diejenige, deren Stimme sie verzaubert hat.«

Wieder versuche ich, ihre Worte zu verinnerlichen.

Ist das alles denn überhaupt möglich?

Jesper Meynen und ich in einem Studio.

Jesper Meynen und ich in einem Studio.

Jesper Meynen und ich ...

Ich erinnere mich nur zu gut an die vielen Heimfahrten, bei denen ich immer wieder Umwege gefahren bin, nur um Jespers Stimme im Autoradio noch ein wenig länger zu hören. Und ausgerechnet mit ihm soll ich einen Song aufnehmen? Allein der Gedanke ist so weit weg von der Wahrheit, wie er nur sein kann.

Ich meine: Jesper Meynen! Dieser Mann ist einfach ein Gott an der Gitarre – und seine rehbraunen Augen können einen den Rest der Welt für eine Weile vergessen lassen. Und wenn ich nur an seine Songtexte denke. All diese klugen Wortspiele, all diese versteckten Botschaften in den Zeilen seiner Songs.

»Vivian?« Sie wedelt mit der Hand vor meinem Gesicht herum. »Bist du noch da oder hat es dir die Sprache verschlagen?«

Ich atme tief durch.

»Selbst, wenn ich wollte«, sage ich schließlich, »ich würde das niemals fertigbringen, dort einfach so aufzutauchen und mich hinter das Mikro zu stellen. Ich meine, die erwarten sicher viel zu viel von mir und sind am Ende enttäuscht, weil ich nicht mal Noten lesen kann.«

»Scheiß auf Noten!« Sie macht eine wegwerfende Handbewegung. »Du triffst die richtigen Töne einfach aus dem Bauch heraus. Es gibt so viele weltberühmte Stars, die keine Noten lesen können. Außerdem geht es nur um einen Song. Und selbst wenn du wie von Zauberhand plötzlich keinen einzigen Ton mehr triffst, so wirst du trotzdem Jesper Meynen sehen. Live und in Farbe.« Sie quiekt begeistert auf. »Begreifst du denn nicht? JESPER MEYNEN!«

Nun kann ich mir trotz all meiner Verunsicherung ein Grinsen nicht mehr verkneifen. »Habe ich dir schon gesagt, wie sehr ich dich dafür hasse, dass du das getan hast?«

»Nein, Süße«, sie zieht mich in ihre Armbeuge, »du liebst mich dafür. Und wir beide wissen das.«

Ich muss über ihre Worte lachen, doch die Unsicherheit schleicht sich immer wieder in meine Sinne.

Wie zum Teufel soll ich den Mut aufbringen, Jesper und der Band wirklich gegenüberzutreten? Werde ich hinter dem Mikro überhaupt einen einzigen Ton herausbekommen?

»Du wirst schon sehen«, säuselt Michelle mit verträumter Stimme, »das wird einfach großartig werden.«

Ich lehne meinen Kopf gegen ihre Schulter, während meine Gedanken erneut auf Wanderschaft gehen. Wer weiß, vielleicht stellt sich das alles ja doch nur als alberner Irrtum heraus. Ich meine, wie groß ist bitteschön die Wahrscheinlichkeit, dass ausgerechnet ich, eine Hundefriseurin aus der Provinz an der Ostsee, einem der berühmtesten Musiker Deutschlands persönlich begegne? Und das nur, weil ich nach zwei Gläsern Wein etwas zu enthusiastisch ins Karaoke-Mikrofon geträllert habe?

Allein der Gedanke ist doch völlig absurd.

Ja, das wird es sein. Ein Missverständnis. Und je eher ich mich damit abfinde, desto schneller kann ich auf den Boden der Tatsachen zurückkehren.

Kapitel 2

Jesper

Die Lichter der Stadt ziehen wie ein Daumenkino an mir vorbei. Immer wieder komme ich an einer roten Ampel zum Stehen, während mich die Rücklichter der anderen Autos blenden.

Ich schaue zum Autoradio. Erst kurz nach 20 Uhr, trotzdem kommt es mir nach einem endlos langen Tag im Studio so vor, als wäre es mitten in der Nacht.

Als mir das Display einen Anruf von Matthes verkündet, bin ich entsprechend genervt. Ich bin zu müde für neue Termine, die er mir sicher mitteilen will. Zu müde für irgendwelche bahnbrechenden Ideen, die ihm vermutlich gerade eben gekommen sind.

Trotzdem weiß ich, dass es keinen Sinn macht, den Anruf zu ignorieren. Erfahrungsgemäß probiert er es dann wieder und wieder und wieder ...

»Matthes. Hallo! Wir haben uns doch vorhin erst gesehen. Hast du was vergessen?«

»Du wirst es nicht glauben, Jesper!«

Die Begeisterung in seiner Stimme gleicht dem Tonfall eines Autoverkäufers. Entsprechend schwer fällt es mir auch dieses Mal, Neugier vorzutäuschen.

»Na, sag schon«, antworte ich schließlich. »Was gibt’s Neues?«

»Ich hab’s gerade erst erfahren. Nils Olsberg will dich in seiner Talkshow haben. Ist das nicht der absolute Wahnsinn?«

»Nils Olsberg?« Es fällt mir schwer, meine Abneigung zu verbergen.

»Ja genau. Ist das nicht unfassbar? Er hat uns drei Aufzeichnungstermine genannt. Wir können aussuchen, in welcher Show du dabei sein willst. Also, ich persönlich finde ja, dass wir den Termin in fünf Wochen nehmen sollten. Das ist die erste Aufzeichnung im August und ...«

»Nun mal langsam, Matthes. Du weißt genau, was ich von diesem Typen halte.«

»Klar weiß ich das. Aber welche Rolle spielt das, wenn seine Show Einschaltquoten von fast 25% Marktanteil hat?«

»Aber wie passt das zu meinen Prinzipien, wenn ich mich in den TV-Sessel eines Kerls setze, von dem jeder weiß, dass er korrupt ist und seine Meinung danach richtet, welcher Sponsor ihm wie viel Geld bezahlt? Der würde für die richtige Summe sogar seine eigene Mutter verkaufen, das wissen wir beide.«

»Na und? Dann soll er doch seine Mutter verkaufen. Hauptsache, du sitzt in seiner Sendung, während er das tut und wirst von Millionen von Menschen gesehen.«

Ich komme erneut an einer Ampel zum Stehen. Die Müdigkeit scheint jeden meiner Knochen zu lähmen.

Wie lange ist es noch bis zum Hotel? Zehn Minuten? Fünfzehn? Alles, wonach ich mich sehne, ist ein weiches Kissen und ein bisschen Netflix zum Einschlafen.

»Ich bin wirklich k.o.«, sage ich. »Können wir vielleicht morgen darüber reden?«

»Aber ich würde den Leuten von der Show gern heute noch Bescheid geben.«

»Wenn du denen heute noch Bescheid geben willst, dann sag ihnen Nein.«

»Nein? Komm schon, Jesper. Es muss dir doch klar sein, dass das eine Riesenchance für dich ist, gerade jetzt, wo ihr am neuen Album arbeitet. Eine bessere Promotion gibt es einfach nicht.«

»Und wenn schon. Ich verkaufe nicht meine Prinzipien, nur damit mich ein paar mehr Leute sehen.«

»Ein paar mehr Leute? Mensch, Jesper. 25% Marktanteil! Wie oft soll ich das eigentlich noch sagen?«

»Und wie oft soll ich dir noch sagen, dass ich diesen Kerl nicht leiden kann? Selbst, wenn ich in seine Show gehen würde, ich würde es gar nicht schaffen, die ganze Sendung über meine Sympathie für diesen Mann vorzutäuschen. Ich bin Musiker, kein Schauspieler.«

»Na gut, dann warten wir noch bis morgen, bis wir denen eine Rückmeldung geben.«

»Morgen wird meine Meinung dieselbe sein.«

Auch, wenn ich ihn nicht sehe, weiß ich, dass er gerade den Kopf über mich schüttelt.

»Du solltest noch mal eine Nacht drüber schlafen«, schlägt er vor.

»Apropos schlafen, ich bin gleich da. Ich muss jetzt auflegen.«

»Du fährst schon wieder ins Hotel, oder?«

»Das weißt du doch.«

»Es ist jetzt über ein Jahr her, dass du dir die Wohnung an der Elbe gekauft hast – und noch immer hast du sie nicht eingerichtet.«

»Du weißt, dass ich sie nur gekauft habe, weil ich mir von euch habe einreden lassen, dass es Zeit wird, sesshaft zu werden.«

»Was ja auch stimmt. Jeder braucht ein Zuhause. Auch du. Du bist 27, Jesper. Willst du denn für immer der rastlose Reisende bleiben?«

»Wieso rastlos? Hier in der Heimat schlafe ich immer im selben Hotel. Also, wenn das nicht sesshaft ist, dann weiß ich auch nicht.«

Ich höre das altvertraute Seufzen. »Du bist einfach unverbesserlich.«

»Und du wirst nie müde, mir das ungefähr zehnmal am Tag zu sagen.« Ich lache. »Ich leg jetzt auf, Matthes. Wir sehen uns morgen, okay?«

Als ich auflege, drehe ich instinktiv die Musik lauter.

Da ist sie wieder, die Stimme, die mir seit Tagen nicht aus dem Kopf geht. Seitdem ich mir ihr Demo – die Aufnahme einer gewissen Vivian – auf den USB-Stick gezogen habe, habe ich die Nummer bestimmt hundertmal gehört.

Diese Emotionen, dieser unverwechselbare Ausdruck in ihrer Stimme.

Und das soll eine Amateurin sein? Eine Frau, die niemals zuvor Gesangsunterricht hatte?

Egal, wie oft ich den Song höre, immer wieder entdecke ich ein neues Detail, das die Nummer aus ihrem Mund unverwechselbar macht. Ich kann es kaum erwarten, diese unvergleichliche Stimme auf unserem Album unsterblich zu machen. Wer weiß, vielleicht nehmen wir entgegen aller Pläne sogar zwei oder drei Nummern mit ihr auf und nicht nur eine.

Ob sie einverstanden ist?

Natürlich ist sie einverstanden. Immerhin hat sie beim Fan-Contest mitgemacht und wird jede zusätzliche Aufnahme als Segen betrachten.

In der Ferne ist bereits der beleuchtete Schriftzug des Hotels zu sehen. Das Gefühl, das sich in mir ausbreitet, hat beinahe schon etwas Heimisches.

Intuitiv muss ich gähnen.

Matthes hat einfach keine Ahnung, wenn er behauptet, dass ich sesshaft werden sollte. In einer lebhaften Stadt wie Hamburg ist Sesshaftigkeit doch ohnehin nicht möglich. Hier ist man ständig nur unter Strom, ständig unterwegs.

Und überhaupt – wieso sollte ich ausgerechnet hier Wurzeln schlagen, wenn sich mein Herz insgeheim nur nach der Stille der Abgeschiedenheit sehnt? Nach endloser Ruhe irgendwo im Nirgendwo. Eine kleine Berghütte oder ein Haus am Meer.

Ich atme tief ein, während ich in die Tiefgarage fahre.

Zu Hause.

Ja, für heute Abend bin ich zu Hause.

Kapitel 3

Vivian

Das Handy liegt auf dem Beifahrersitz und erinnert mich an das letzte Telefonat. Ein Telefonat, von dem ich definitiv weiß, dass ich es geführt habe und das sich doch noch immer so unwirklich anfühlt.

Ein gewisser Matthes hatte angerufen. Von Michelle weiß ich, dass er der Bandmanager ist. Und von Matthes weiß ich, dass er im Foyer eines Hamburger Fünf-Sterne-Hotels auf mich warten wird, um mich dann zu Jesper zu führen.

Damit ihr euch vor den Studioaufnahmen kennenlernen könnt ...

Das waren seine Worte.

Vor den Studioaufnahmen. Wie absurd ist das bitte?

Studioaufnahmen.

Wann will das endlich in meinen verdammten Schädel?

Hat er gesagt, ob der Rest der Band auch dabei sein wird?

Scheiße, warum habe ich nur nicht richtig zugehört?

Vier Tage ist es her, dass Michelle mich mit dieser Botschaft überrollt hat. Vier Tage, in denen ich noch immer nicht mal ansatzweise begriffen habe, worauf ich mich hier einlasse.

Die blauen Autobahnschilder erinnern mich daran, dass ich mich bereits direkt vor den Toren von Hamburg befinde. Trotzdem fällt es mir noch immer schwer zu glauben, dass ich das hier wirklich tue.

Was, wenn ich mich auf ein perfides Spiel eingelassen habe? Was, wenn das alles nur ein Traum ist?

Aber selbst, wenn es wahr ist – ich werde ohnehin keinen einzigen Ton im Studio herausbekommen.

Ich drehe das Autoradio lauter. Jespers Stimme klingt an diesem Vormittag noch unwirklicher als sonst.

And I thank you for setting me free

I thank you for making me breathe

Again and again and again

Oh, again and again and again

Intuitiv ziehe ich den USB-Stick heraus und schalte einen Radiosender ein. Jetzt seine Stimme zu hören, würde mich nur noch konfuser machen.

Ein weiteres Autobahnschild ruft mir in Erinnerung, dass die Ausfahrt nur noch 14 Kilometer entfernt ist.

Komm langsam wieder runter, Vivian! Du stehst mit beiden Beinen im Leben. Du führst ein eigenes kleines Geschäft, wenn auch nur in deiner Wohnung. Aber trotzdem weißt du ganz genau, was du im Leben erreicht hast und noch erreichen willst. Daran kann auch ein Treffen mit Jesper Meynen nichts ändern. Und Nervosität kennst du doch sonst nur von anderen. Bist du nicht sonst die Coolness in Person? Also bitte, reiß dich endlich zusammen!

Doch je mehr ich versuche, mich selbst runterzufahren, desto aufgeregter bin ich.

Jetzt nur noch 13 Kilometer.

13 Kilometer auf einer Autobahn, die mich zu Jesper Meynen führen wird. Jesper Meynen, der in einem Luxushotel auf mich wartet.

Kapitel 4

Jesper

Es ist das dritte Mal, dass ich die Bridge zum Refrain spiele, doch je öfter ich in den B-Moll-Akkord wechsele, desto unsicherer werde ich, ob es der richtige Akkord für diese wichtige Textzeile ist.

Ich singe die Worte leise mit.

Don’t tell me to stay out of trouble

Cause I can’t

No, I can’t

Don’t tell me to stay out of trouble

Cause ...

Das Klopfen an der Tür reißt mich aus dem Song. Für einen Moment wundere ich mich, aber schon wenig später fällt mir ein, dass Matthes mit der Contest-Gewinnerin vorbeischauen wollte.

Wie geschickt ich mich selbst von dem Gedanken, ihr zu begegnen, abgelenkt habe!

Ich stelle die Gitarre auf einen der weißen Ledersessel. Auf dem Weg zur Tür bleibe ich noch einmal kurz vor dem Wandspiegel stehen.

Für gewöhnlich interessiere ich mich nicht besonders für mein Spiegelbild, aber heute betrachte ich mich aufmerksamer als sonst.

Ob es daran liegt, dass ich mich seit dem Hören ihrer Stimme ständig frage, wie sie wohl aussehen mag?

Der Blick, mit dem ich mich mustere, ist kurz, aber intensiv.

Meine Schultern sind noch immer kräftig, trotzdem wird es Zeit, dass ich wieder öfter als zweimal die Woche den Hotel-Fitnessraum besuche.

Das für gewöhnlich dunkle Haar hat jetzt im Sommer die Farbe von Milchkaffee angenommen, sodass meine beinahe schwarzen Augen einen größeren Kontrast darstellen als sonst.

Ich zerwühle das Haar mit meinen Fingern, bereue es aber schon im nächsten Moment.

Scheiße Mann, wann hast du dir das letzte Mal Gedanken darüber gemacht, wie du aussiehst? Du nimmst nur einen Song mit ihr auf, nicht mehr und nicht weniger.

Als ich schließlich die Tür öffne und Matthes mit einer eher kleinen, fast schon unscheinbaren Blondine hereinkommt, fahre ich mich langsam wieder runter. Sie ist süß, ja – aber es gibt keinen Grund für mich, derart nervös zu sein. Und außerdem: Welche Rolle spielt ihr Aussehen überhaupt?

»Darf ich vorstellen?« Matthes legt von hinten die Hände auf ihre Schultern. »Das ist Vivian, das Stimmwunder.«

In diesem Moment stiehlt sich ein verlegenes Lächeln auf ihre Lippen. Ein Lächeln, das aus der jungen unscheinbaren Blondine mit den hübschen Locken von einer Sekunde auf die andere eine Frau werden lässt, die mir den Atem raubt.

Ihre Augen strahlen stahlblau, auf ihren Wangen bilden sich beim Lächeln winzige Grübchen.

»Hallo«, sagt sie endlich, »du musst Jesper sein.«

*

Vivian

Du musst Jesper sein?

Habe ich das gerade wirklich gesagt? Oh Gott, wie dämlich! Als wüsste nicht jeder Mensch, wer Jesper Meynen ist.

Ruhig bleiben, du dummes Huhn! Gaaanz ruhig bleiben!

»Hallo Vivian«, er reicht mir die Hand, »freut mich sehr, endlich das Gesicht hinter dieser Wahnsinnsstimme kennenzulernen.«

Wahnsinnsstimme?

Mein Herz beginnt zu rasen.

»Vivian ist extra aus Wismar hergekommen«, erklärt Matthes und setzt sich auf einen der Ledersessel.

Ich wende meinen nervösen Blick von Jesper ab und schaue zu Matthes.

Der enge, schwarze Zopf und das grau-glänzende Hemd geben ihm einen Hauch von Jugendwahn, obwohl trotz seiner schmalen Statur offensichtlich ist, dass er die Fünfzig bereits weit überschritten hat. Trotzdem macht ihn gerade dieser Versuch, sich besonders jugendlich zu trimmen, irgendwie charmant – auf seine Weise.

»Du kommst aus Wismar?«, fragt Jesper.

Ich schaue ihn erneut an.

Live und in Farbe sieht er fast noch besser aus. Seine dunklen Augen scheinen mich regelrecht zu durchleuchten, aber auf eine unaufdringliche, beinahe rätselhafte Art und Weise.

Sein wuscheliges Haar erweckt den Eindruck, als wäre er gerade erst aufgestanden.

»Ähm ... ja«, antworte ich schließlich, als mir klar wird, dass ich ihn ein paar Sekunden schweigend angestarrt habe. »Genauer gesagt ist es ein kleiner Ort bei Wismar«, ich lächele, »mit direktem Zugang zur Ostsee.«

»Die Ostsee?« Jesper schiebt die Hände in die Taschen seiner Jeans. »Da bist du aber zu beneiden.«

»Ja, mir gefällt’s auch sehr«, antworte ich.

»Trotzdem muss es eine längere Anfahrt für dich gewesen sein. Du kannst das mit Matthes klären – er kümmert sich um die Erstattung deiner Fahrkosten.«

»Das ist wirklich nicht nötig.« Ich mache eine flüchtige Handbewegung. »Das sind nur anderthalb Stunden Fahrt gewesen. Außerdem bin ich öfter mal in Hamburg. Keine große Sache.«

Jesper legt den Kopf schräg und betrachtet mich eindringlich. Was zum Teufel hat dieser Blick zu bedeuten?

Nichts hat er zu bedeuten, du nervöses Huhn!

»Von jetzt an kriegen wir das mit dem Kennenlernen ganz gut alleine hin«, sagt Jesper plötzlich, während er zu Matthes herüberschaut.

»Bist du sicher?« Matthes steht nur widerwillig auf.

»Absolut sicher.« Jesper klopft ihm auf die Schulter. »Danke, Mann. Ich pass schon auf unseren Ehrengast auf und sage ihr alles, was sie wissen muss.«

»Na, von mir aus.« Matthes zuckt irritiert mit den Schultern. »Dann lass ich euch zwei mal allein.« Er nickt mir freundlich zu. »War nett, dich kennenzulernen, Vivian.«

»Mich hat es auch gefreut.« Ich reiche ihm die Hand. »Dann sicher bis bald.«

»Genau. Wir sehen uns.«

Dann verlässt er das Hotelzimmer und macht mir damit die Absurdität dieses Moments umso mehr bewusst.

Das schicke weiße Ledersofa mit den dazugehörigen Sesseln und der Großbildfernseher, der fast die ganze Wand einnimmt. Die offene Tür, die offensichtlich ins Schlafzimmer führt. Alles hier scheint so luxuriös. Das verrückteste Detail ist allerdings seine Anwesenheit.

»Setz dich doch«, sagt er plötzlich und deutet mit der Hand auf den Sessel, auf dem gerade eben noch Matthes gesessen hat. »Möchtest du etwas trinken?«

»Ein Wasser wäre toll.« Meine Kehle ist tatsächlich etwas trocken.

»Klar.« Er geht zur Kommode vor dem Fenster, dreht eines der Gläser um und befüllt es.

Als er mir das Glas reicht und sich in den Sessel neben meinem setzt, trennen uns nur noch wenige Zentimeter. Eine Tatsache, die nicht gerade dabei hilft, meine Aufregung loszuwerden.

»Ich weiß nicht genau, was dir Matthes gesagt hat ...«, beginnt er.

»Oh, er hat kaum etwas gesagt«, sage ich. »Als ich vorhin im Hotel-Foyer aufgetaucht bin, kam er gleich auf mich zugestürmt, fiel mir in die Arme und brachte mich sofort und ohne große Umschweife zu dir.«

»Verstehe.« Er grinst. »Dann bleiben die Erklärungen wohl an mir hängen.«

Für einen kurzen Moment treffen sich unsere Blicke, während niemand von uns etwas sagt. Eine seltsame Stille breitet sich in dem fremden Zimmer aus und bringt mich dazu, mir erneut eine bestimmte Bedeutung für seinen durchdringenden Blick einzureden.

Schaut er jede Person, mit der er redet, auf diese Weise an? Fast so, als würde er durch meine Augen direkt in meine Seele schauen?

»Um ehrlich zu sein, habe ich das alles noch immer nicht so richtig begriffen.« Ich falte meine Hände ineinander und lege sie in meinen Schoß. »Dass ich wirklich bei den Aufnahmen für euer Album dabei sein soll, will mir echt nicht in den Kopf.«

»Du kannst es ruhig glauben.« Er lächelt aufmunternd. »Um ehrlich zu sein habe ich mich sogar gefragt, ob man nicht vielleicht zwei oder drei Nummern daraus macht, weil deine Stimme echt wunderbar zu unserem Stil passt. Und es gibt durchaus noch mehr Songs auf unserem Album, die sich sehr gut als Duett eignen würden.«

Noch mehr Songs?

Mein Puls rast.

»Wie flexibel bist du denn, was deinen Job betrifft?«, fragt er. »Müssen wir die Aufnahmen auf die Wochenenden legen?«

»Ich bin selbstständig und kann meine Termine so einteilen, dass ich problemlos ins Studio kommen kann.«

»Wirklich?« Er scheint erleichtert. »Na, umso besser. Was machst du denn, wenn ich fragen darf?«

»Ich bin Hundefriseurin.«

»Im Ernst? Ich kann wohl ohne Zweifel behaupten, dass du die erste Hundefriseurin bist, die ich persönlich kenne.«

»Und du bist der erste Rockstar, den ich persönlich kenne.«

»Rockstar ... wie das klingt ...«

»Ich glaube, das ist nicht übertrieben, oder?«

Er lehnt sich zurück und schaut mich aufmerksam an. »Unsere Band ist ziemlich bekannt, ja. Aber Rockstars sind für mich ganz andere Hausnummern.«

»Nenn es, wie du willst. Jedenfalls ist mir niemand bekannt, der dich nicht kennt.«

Wieder sieht er mich auf diese ganz bestimmte Weise an. Und wieder spüre ich, wie mein Atem schneller wird.

Bleibt das jetzt etwa so? Werde ich mich die ganze Zeit über wie ein ungeschickter Teenie in seiner Gegenwart fühlen? Scheiße verdammt, so peinlich bin ich doch sonst nicht.

Aber wer weiß – vielleicht merkt er mir meine Aufregung ja auch gar nicht an.

*

Jesper

Wie cool sie wirkt, beinahe schon gelassen. Als hätte sie schon tausendmal zuvor für ein Album eingesungen. Und als wäre es das Normalste auf der Welt für sie, mit mir die letzten Details zu besprechen.

»Und du bist dir sicher, dass du Amateurin bist und noch nie zuvor professionell Musik gemacht hast?«, hake ich nach.

»Absolut sicher.« Sie streicht sich eine Strähne hinters Ohr. »Um ehrlich zu sein habe ich mich ja noch nicht mal selbst für diesen Contest angemeldet.« Plötzlich beißt sie sich auf die Unterlippe, als hätte sie ein Geheimnis ausgeplaudert.

»Echt nicht?« Ich schaue sie fragend an.

Sie verschiebt die Mundwinkel. »Meine Schwester steckt dahinter. Ich habe erst davon erfahren, als ich den Wettbewerb schon gewonnen hatte.«

»Ist ja verrückt.«

»Und wie verrückt.« Sie seufzt. »Am liebsten hätte ich sie umgebracht.«

»Dann würdest du also lieber nicht dabei sein?«

»Doch, schon.« Sie lässt die Schultern sinken. »Glaube ich zumindest. Aber gleichzeitig frage ich mich, ob ich wirklich dafür geeignet bin. Ich habe so etwas ja noch nie gemacht und habe auch gar keine Erfahrungen in dem Bereich. Ich singe einfach nur gern. Für mich – verstehst du? Nur für mich.«

»Darüber musst du dir keine Gedanken machen.« Ich lege die Hand beruhigend auf ihre. »Wir wissen ja, dass du kein Profi bist. Wir erklären dir alles, was du wissen musst. Und überhaupt ist die Atmosphäre im Studio eine ganz ungezwungene. Du wirst schon sehen.«

Sie senkt den Blick auf meine Hand, die noch immer auf ihrer liegt. Die Berührung, die eigentlich nur freundlich gemeint war, scheint sie zu irritieren. Reflexartig ziehe ich die Hand wieder zurück.

Bilde ich mir das nur ein oder werde ich gerade rot?

Du wirst nicht rot, du Idiot! Du bist Jesper Meynen. Und Jesper Meynen wird höchstens rot, wenn er zu viel getrunken hat.

»Das ist ...«, sie räuspert sich, »gut zu wissen. Ich glaube, ihr werdet wirklich viel Geduld mit mir brauchen.«

Da ist es wieder, dieses umwerfende Lächeln, das zurückhaltend und selbstbewusst zugleich ist. Sie scheint absolut mit sich im Reinen zu sein und genau zu wissen, was sie vom Leben zu erwarten hat.

Es fällt mir schwer, meinen Blick von ihr abzuwenden. Irgendetwas an ihrer Ausstrahlung bringt mich dazu, sie pausenlos anzuschauen. Wie einen Diamanten, der nicht weiß, dass er ein Diamant ist.

»Mach dir keine Sorgen«, sage ich schließlich. »Wir haben alle Zeit der Welt. Es gibt noch kein Release-Datum für das Album, wir haben keinerlei Stress. Alles ist gut.«

»Das beruhigt mich.«

Wieder legt sich dieses seltsame Schweigen über uns. Mein Blick fällt auf ihre Lippen, die leicht geöffnet sind, als würde sie jeden Moment etwas sagen wollen. Doch sie sagt nichts. Stattdessen sitzt sie einfach nur da und lächelt auf eine Weise, die sich nicht einordnen lässt. Als wäre es ein Leichtes für sie, mich zu durchschauen. Als könnte sie jeden meiner Gedanken direkt von meiner Stirn ablesen.

»Ich beneide dich«, sage ich plötzlich.

»Du? Mich?« Sie lacht. »Das musst du mir erklären.«

»Na ja, dass du das Glück hast, an der Ostsee zu leben. Der Trubel der Großstadt kann einem schon manchmal den Verstand vernebeln.«

»Kann ich verstehen. Ich bin auch absolut kein Stadtmensch. Ich bin auf dem Land aufgewachsen und werde auch immer dort bleiben. Alles andere würde nicht zu mir passen.«

»Ich stelle mir das wahnsinnig idyllisch vor. Ich meine, du stehst morgens auf und kannst praktisch sofort zum Meer herunterlaufen. Joggen oder einfach spazieren gehen und die Gedanken wandern lassen. Das klingt einfach paradiesisch.«

»In der Theorie schon. Aber in der Realität nimmt man sich dann doch viel zu wenig Zeit, um das Meer wirklich zu genießen. Manchmal vergeht eine ganze Woche, ohne dass ich am Wasser war, dabei bräuchte ich nur zwei Minuten, um am Strand zu sein.«

»Was aber immer noch bedeutet, dass du jede Woche am Wasser bist.« Vor meinem inneren Auge breiten sich endlose Ostseewellen aus. »Und wo sagtest du wohnst du? Ein kleines Dorf bei Wismar?«

»Na ja, so klein ist es auch wieder nicht.« Sie holt ihr Handy aus der Hosentasche und zieht eine Visitenkarte aus der Handyhülle. »Hier ist auch eine kleine Landkarte hinten drauf, da siehst du Zierow. Der Ort, in dem ich wohne. Genau am Wasser gelegen.«

Doch anstatt die Landkarte auf der Rückseite zu begutachten, drehe ich die Visitenkarte um und betrachte die Adresse auf der Vorderseite.

»Vivian Engels, Hundefriseurin«, lese ich vor. »Niedliches Logo.«

»Das?« Sie schaut auf die Karte. »Das ist ein Pudel, besser gesagt die Silhouette eines Pudels. Ist mit der Zeit irgendwie zu meinem Markenzeichen geworden. Ich habe sogar einen Aufkleber auf meiner Heckscheibe. Ein Riesenpudel sozusagen.«

»Das nenne ich Einsatz für das eigene Projekt.«

»Da geht es mir nicht anders wie dir.«

Ich lege die Karte auf den Tisch und lehne mich zurück. Wieder sucht mein Blick nach ihrem, wieder breitet sich diese seltsame Atmosphäre zwischen uns, die sich nicht greifen, geschweige denn beschreiben lässt.

Was ist es nur, das diese Verbundenheit erklärt?

»Darf ich dich etwas fragen?«, beginnt sie plötzlich.

»Klar. Alles, was du willst.«

»Hast du Setting me free wirklich ganz allein geschrieben?«

Ich nicke. »Ja, wie fast jeden unserer Songs.«

»Ich finde ihn wirklich außerordentlich gut. So tiefgründig.« Sie legt die Hand mit verträumtem Blick auf die Brust. »Einer deiner stärksten Arbeiten, finde ich.«

»Oh.« Ich lächele. »Danke für das Kompliment. Weißt du, bei meinen Texten bin ich so eigensinnig, dass ich mir selten reinreden lasse. Viele haben es schon versucht, aber da beißen sie bei mir meistens auf Granit.«

»Kann ich verstehen. Ich würde mir bei meinen eigenen Worten auch nicht reinreden lassen. Dafür ist so ein Songtext viel zu persönlich. Gedichte schreibt man in der Regel ja auch allein, weil man eben etwas ausdrücken will.«

»Lustig, dass du gerade Gedichte erwähnst.« Ich sehe sie aufmerksam an. »Mit Gedichten habe ich nämlich angefangen, bevor ich mich an meinen eigenen Songs versucht habe.«

»Echt? Ich schreibe auch für mein Leben gern Gedichte. Allerdings nur auf Deutsch.«

»Wirklich? Gedichte habe ich auch immer nur auf Deutsch geschrieben. Die Songs sind halt nur deshalb auf Englisch, weil die Sprache besser zu unserer Musik passt.«

»Verstehe.« Sie legt die Hände in den Schoß, ohne den Blick von mir abzuwenden.

»Ich würde gern mal etwas von dir lesen«, höre ich mich plötzlich selbst sagen und frage mich im selben Augenblick, ob wir schon an dem Punkt angekommen sind, uns über so etwas zu unterhalten. Andererseits fühlt sich diese Frage so selbstverständlich an, dass ich sie nicht wirklich bereuen kann.

»Ähm ... klar.« Sie presst die Lippen aufeinander. »Warum nicht?«

Ich wundere mich selbst über das Vertrauen, das ich ihr gegenüber empfinde, dennoch greife ich nach ihrer Visitenkarte und tippe ihre Nummer in mein Handy.

»So«, murmele ich, während ich ihr eine Nachricht schreibe, »ich schicke dir mal meine E-Mail-Adresse. Dann kannst du entscheiden, ob du mir eine Nachricht oder eine E-Mail schickst.«

In allen anderen Fällen würde ich noch einmal betonen, wie wichtig es ist, diese Daten vertraulich zu behandeln. Vermutlich wäre das noch nicht mal nötig, weil ich weder meine E-Mail-Adresse noch meine Handynummer einfach so herausrücken würde. Aber in ihrer Gegenwart fühlt es sich so selbstverständlich an, als wären wir alte Freunde, die sich zufällig wieder über den Weg gelaufen sind und jetzt ihre Nummern austauschen.

Als ihr Handy in der Hosentasche vibriert, um meine Nachricht anzukündigen, zieht sie es heraus und schaut aufs Display.

»Oh je«, brummt sie gedankenverloren.

»Was ist?«

»Na ja, ich habe noch niemandem meine Gedichte gezeigt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt bereit dafür bin.«

»Ich will dich zu nichts überreden.«

Sie schaut auf. Wieder stiehlt sich dieses wunderschöne Lächeln auf ihr Gesicht.

»Nein nein, das meinte ich nicht«, sagt sie schließlich. »Ich finde es super. Ich ... ich bin es nur einfach nicht gewohnt. Das ist alles so verrückt – und doch freue ich mich darüber.« Sie öffnet leicht die Lippen. »Sehr sogar.«

Unsere Blicke halten erneut einander fest. Alles um uns herum scheint in eine stumme Regungslosigkeit zu verfallen.

»Ach ja, bevor ich es vergesse.« Wie wach geworden stehe ich auf und gehe zum Tisch am Fenster. »Ich habe dir hier ein paar Details zum Studio ausgedruckt. Wenn du die Route in dein Navi eingibst, müsstest du es problemlos finden.«

Ich reiche ihr die Ausdrucke.

»Super. Danke.« Sie wirft einen kurzen Blick darauf und faltet sie wieder zusammen. »Dann kann ja nichts mehr schiefgehen.«

Doch in ihren Augen kann ich sehen, dass sie noch immer daran zweifelt, die Richtige für diese Aufgabe zu sein.

»Du musst wirklich nicht nervös sein«, sage ich. »Niemand erwartet von dir, dich wie ein Profi im Studio zu benehmen. Auch wenn du dich, was deine Stimme betrifft, ehrlich gesagt nicht hinter Profis verstecken musst.«

Anstatt etwas zu antworten, schaut sie mich schweigend und eindringlich an. Es ist schwer, die Mischung aus Nervosität und innerer Ausgeglichenheit zu durchschauen. Einerseits scheint sie genau zu wissen, was sie will. Andererseits ist mehr als deutlich zu spüren, wie unbehaglich sie sich fühlt.

Kurz bevor sich die unerklärliche Stille erneut zwischen uns ausbreitet, springt sie schließlich auf.

»Es ging doch hier ums Kennenlernen, oder?« Sie schaut mich fragend an.

»Ähm ... ja.« Nun stehe auch ich auf. »Warum fragst du?«

»Na ja, wir haben uns jetzt kennengelernt, oder?« Sie lächelt verlegen. »Dann ist es doch sicher okay, wenn ich jetzt wieder gehe.«

Ihr Fluchtinstinkt überrascht mich. Habe ich mir die besondere Atmosphäre nur eingebildet?

»Klar ist das okay«, antworte ich schließlich. »Wegen des ersten Studiotermins ... ähm ... maile ich dir dann.«

»Gute Idee.« Sie reicht mir die Hand, als könnte sie es gar nicht erwarten, wieder zu verschwinden. »Es hat mich wirklich sehr gefreut, Jesper.«

»Mich auch.«

Dann dreht sie sich ohne ein weiteres Wort um und verlässt das Zimmer.

Eine Weile starre ich noch auf die geschlossene Tür, die die letzten Minuten irgendwie unwirklich erscheinen lässt. Dann greife ich nach meiner Gitarre und versuche, die verwirrenden Gedanken in B-Moll zu ersticken. Was auch immer hier gerade geschehen ist, ich darf nicht zulassen, dass es mir den Verstand vernebelt.

Kapitel 5

2007

Jesper

Die Hülle mit meiner Gitarre darin schlägt mit jedem meiner Laufschritte gegen meinen Rücken.

Lauf langsamer, du machst sie noch kaputt – sagt mein Herz.

Renn um dein Leben – sagt mein Verstand.

Als ich in die Kastanienallee einbiege, überkommt mich ein Hauch von Erleichterung, weil ich endlich da bin. Doch als ich auf meine Armbanduhr schaue, stelle ich mit Schrecken fest, dass es bereits nach neun ist und die Verspätung damit mittlerweile keine fünf, sondern zehn Minuten beträgt.

Panik kriecht mir den Nacken hoch. Wie konnte ich mich nur so in der Zeit verschätzen? Bin ich etwa regelrecht auf der Suche nach Ärger?

Als ich endlich unser Haus erreicht habe und den Schlüssel ins Türschloss stecke, pocht der Puls in meinen Schläfen.

Vielleicht hast du Glück und er ist wieder mal vor dem Fernseher eingeschlafen.

Doch schon als ich die Tür öffne, höre ich das altvertraute Husten aus dem Wohnzimmer.

So lautlos wie möglich stelle ich die Gitarre neben die Flurgarderobe und streife meine Schuhe ab. Nur auf Socken versuche ich, mich zur Treppe zu schleichen, doch da erscheint er bereits im Türrahmen des Wohnzimmers.

»Wo willst du hin?« Er umklammert seine Bierflasche mit seiner heruntergesunkenen Hand.

»Ich ... ich wollte nur kurz hoch. Ich dachte, du schläfst schon, da wollte ich keinen Krach machen.«

Seine Lippen verkrampfen sich, während er mit langsamen Schritten auf mich zukommt.

Ich kenne diesen Blick nur zu genau.

Die tiefe Falte, die sich zwischen seine aschgrauen Augen schiebt. Die dünnen, blonden Haare, die an seinem Schädel zu kleben scheinen. Der mächtige Bauch, der unter dem weißen Unterhemd spannt und einen klaren Kontrast zu seinem sonst eher schmächtigen Körper darstellt.

»Weißt du, wie spät es ist?«, fragt er mit unverwandter Stimme.

»Kurz nach neun«, antworte ich leise.

»Kurz nach neun?« Er kommt näher. »Es ist ganze zwölf Minuten nach neun. Zwölf Minuten, klar?« Er wird lauter. »Zwölf Minuten, die die Respektlosigkeit vor deinem eigenen Vater wieder mal mehr als deutlich machen.«

»Komm schon, Paps, ich bin sechzehn. Roger und ich haben ein bisschen Musik gemacht und dabei die Zeit vergessen. Alle Jungs in meinem Alter dürfen bis mindestens elf unterwegs sein.«

»Du warst schon wieder bei diesem Roger? Ich habe dir doch gesagt, dass dieser Versager einen schlechten Einfluss auf dich hat.« Er schaut verächtlich zu meiner Gitarre herüber. »Glaubst du ernsthaft, dass dir dieses dämliche Rumgeklimper dabei helfen wird, dich auf deine Zukunft vorzubereiten?«

»Aber Roger ist mein bester Freund. Wir haben doch nur ein bisschen ...«

»Es ist mir scheißegal, was ihr getan habt.« Sein Unterkiefer zittert vor Wut. »Solange du deine Füße unter meinen Tisch legst, hast du gefälligst auf das zu hören, was ich dir sage. Und ich sage dir, dass es Zeit wird, dass du dir endlich Gedanken über deine berufliche Laufbahn machst. Die Autowerkstatt deines Onkels ...«

»Aber ich will kein Kfz-Mechaniker werden«, falle ich ihm flehend ins Wort. »Ich weiß, dass ich mit der Musik irgendwann echtes Geld verdienen kann. Eine Plattenfirma hat bereits erstes Interesse an unseren Tapes gezeigt. Es ist zwar nur ein kleines Label, aber sie haben gesagt, dass ...«

In diesem Moment trifft mich seine Hand mitten ins Gesicht. Ich bin selbst überrascht, dass ich es dieses Mal nicht eher habe kommen sehen.

Instinktiv lege ich die Hand auf meine Wange und trete einen Schritt zurück. »Ich wollte doch nur ...«

»Jetzt rede ich, klar?« Er stellt die Bierflasche auf die Flurkommode. »Ich rate dir dringend, dir diesen ganzen Musik-Quatsch endlich aus dem Kopf zu schlagen. Deine Mutter würde sich im Grabe umdrehen, wenn sie wüsste, mit welchen albernen Tagträumen du deine Zeit vergeudest.«

»Lass Mama da raus, okay? Ich weiß genau, dass sie mich unterstützt hätte.«

»Woher willst du das wissen, hm?« Er betrachtet mich mit abfälligem Grinsen. »Sie ist seit sieben Jahren tot. Du hast doch gar keine Ahnung, wer sie war. Du warst noch ein Kind.«

Die vertraute Wut kriecht in meine Venen.

»Sie hätte es genauso lächerlich gefunden, wenn sie miterlebt hätte, mit welchen Illusionen du dich abgibst«, fährt er fort, während er mich an den Schultern packt und zum Garderobenspiegel zerrt. »Guck dir ganz genau an, wer hier steht.« Er umfasst meinen Kopf mit beiden Händen und hebt mein Kinn, bis ich mein eigenes Spiegelbild sehe. »Ich kann dir sagen, was das ist. Ein Junge, der ein echter Mann werden könnte, sich aber stattdessen dafür entschieden hat, zur Weichwurst zu mutieren. Fehlt nur noch, dass du dir ein rosa Röckchen anziehst und dir Lippenstift kaufst.«

Einen Moment lang bin ich wie erstarrt, doch dann reiße ich mich von ihm los und springe einen Schritt zur Seite.

»Es ist mir egal, was du darüber denkst«, brülle ich. »Ich weiß genau, dass ich eines Tages viel Geld mit meiner Musik verdienen werde. Ob es dir nun passt oder nicht.«

»Ach ja?«

In seinen Augen blitzt die Wut auf. Intuitiv rechne ich damit, dass er jeden Moment die Hand ausholen wird, um wieder mal die Gewalt da sprechen zu lassen, wo seine Worte versagen.

Doch stattdessen schleicht sich ein sarkastisches Grinsen auf sein unrasiertes Gesicht. Entschlossen packt er meine Gitarre.

Mein Herzschlag setzt für ein paar Sekunden aus.

Ich springe auf ihn zu, will sie ihm aus der Hand reißen, doch da hat er sie bereits mit ganzer Kraft gegen die Garderobe geschlagen.

Ich höre, wie das Holz zersplittert. Fast kommt es mir so vor, als würde mein Herz im selben Moment in tausend Teile zerspringen.

Ich möchte ihn augenblicklich anspringen und zu Brei schlagen. Alles in mir schreit danach, ihm sein besoffenes Grinsen aus dem Gesicht zu boxen. Stattdessen stehe ich einfach nur da und starre auf die verbogene Gitarrenhülle, die den Schaden nur zu deutlich symbolisiert.

Mit abfälligem Grinsen greift er nach seiner Flasche und geht zurück ins Wohnzimmer, als wäre nichts geschehen.

»Ich hoffe, du hast endlich begriffen, dass es Zeit wird, deine albernen Luftschlösser zu begraben«, ruft er mir von der Türschwelle aus zu. Doch anstatt ihm zu antworten, stehe ich noch immer da und betrachte fassungslos den Schaden.

Ist das noch immer derselbe Mann, der mir früher einen Drachen gebaut hat und mich zum Wandern mitgenommen hat? Derselbe Mann, der auf so vielen Kinderfotos mit mir um die Wette strahlt? Kann der frühe Tod meiner Mutter wirklich als alleinige Entschuldigung für die Wandlung eines fürsorglichen Vaters zum alkoholabhängigen Monster gelten?

Tränen verschleiern meinen Blick, Wut schnürt mir die Kehle zu.

Nein, das da ist nicht mein Vater.

Nicht mehr.

Kapitel 6

Gegenwart

Vivian

»Und da bist du einfach so abgehauen?« Michelle legt das Brotmesser zur Seite und starrt mich an.

»Na ja, abgehauen ist das falsche Wort.« Ich greife nach einer der Weißbrotscheiben und bestreiche sie mit Butter. »Ich habe mich schon noch vorher von ihm verabschiedet.«

»Aber wenn man die Chance hat, Jesper Meynen zu treffen, wartet man doch darauf, bis irgendein Naturereignis das Meeting beendet und geht nicht freiwillig.«

Sie greift erneut nach dem Messer und schneidet weitere Brotscheiben ab, nur um es kurz darauf wieder hinzulegen. Fassungslos lässt sie sich auf einen der Küchenstühle fallen.

»Mensch, Vivian, du warst bei Jesper Meynen.« Sie hebt theatralisch die Hände. »Jesper Meynen, verdammt! Und was tust du? Haust einfach ab.«

»Und wenn schon.« Ich greife nach einem Stück Lachs und lege es auf die Brotscheibe. »Wir hatten Mama versprochen, ihr bei den Vorbereitungen für ihr Büffet zu helfen. Dieses Buchclub-Jubiläum ist ihr doch mindestens genauso wichtig wie die Oscarverleihung. Damit konnte ich dich doch nicht einfach allein lassen.«

»Ich hätte das schon irgendwie hingekriegt. Deshalb bin ich doch auch schon eher hergekommen. Außerdem haben wir Mama das Versprechen gegeben, bevor wir überhaupt wussten, dass sich dir die Chance deines Lebens bieten würde.«

»Chance meines Lebens? Nun übertreibst du aber, findest du nicht? Ich nehme einen Song mit Jesper auf, das ist alles.«

»Du findest, dass ich übertreibe?« Sie schaut mich entgeistert an. »Millionen von Menschen werden dieses Album hören, Vivian. Und deine Stimme wird darauf zu hören sein.« Sie legt die Hand mit verklärtem Blick auf ihren Brustkorb. »Ich glaube, du weißt gar nicht, was du für ein Glück hast.«

Wieder stehlen sich die Erinnerungen an den Vormittag in mein Bewusstsein. Seine Augen verfolgen mich selbst jetzt noch.

Dieser tiefe, durchdringende Blick, der im Grunde alles und nichts bedeuten kann. Und doch fühlt es sich so an, als hätte er mit ebendiesem Blick ganz allein mich gemeint. Als wäre ihm die besondere Atmosphäre zwischen uns ebenso bewusst gewesen wie mir.

»Ich begreife einfach nicht, wie du einfach so aus dem Hotelzimmer verschwinden konntest.« Kopfschüttelnd holt sie das nächste Stangenbrot aus dem Korb.

»So richtig begreife ich es doch selbst nicht«, sage ich schließlich. »Aber als wir uns in der kurzen Zeit so nahekamen, dass wir uns sogar über unsere Gedichte unterhalten haben, fühlte sich das so surreal an, dass ich das irgendwie nicht mehr in meinem Kopf sortieren konnte. Alles war so vertraut und gleichzeitig so unwirklich. Die Art, wie er mich angeschaut hat. Unser Gespräch. Alles irgendwie ...«

»Moment mal.« Sie legt die Hand auf meinen Unterarm. »Was soll das heißen: Die Art, wie er dich angeschaut hat? Und was hat das mit den Gedichten zu bedeuten?«

Ich lehne mich gegen die Küchenanrichte, während ich versuche, die richtigen Worte für etwas zu finden, das ich selbst nicht verstehe.