Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Wer einmal auf Usedom den feinen Strandsand durch seine Finger rieseln ließ und beim Blick über die Ostseewellen den Alltag vergaß, wird immer wieder hierher zurückkehren. Begleiten Sie Claudia Pautz zu ihren Lieblingsplätzen! Sie werden durch mondäne Seebäder spazieren und Jahrhunderte alte Kirchen betreten, Fischer kennenlernen und die versunkene Stadt Vineta aus den Fluten aufsteigen sehen. Denn in wunderbar pommerscher Art weiß die Autorin vieles zu erzählen - auch ein bisschen Seemannsgarn vielleicht …
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 139
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Lieblingsplätze Usedom
Claudia Pautz
Autor und Verlag haben alle Informationen geprüft. Gleichwohl wissen wir, dass sich Gegebenheiten im Verlauf der Zeit ändern, daher erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Sollten Sie Feedback haben, bitte schreiben Sie uns! Über Ihre Rückmeldung zum Buch freuen sich Autor und Verlag: [email protected]
Sofern nicht im Folgenden gelistet, stammen alle Bilder von Marcel Piper:
Claudia Pautz 10/11, 188/189; Geert Maciejewski 22
Alle Seitenangaben in diesem Buch beziehen sich auf die Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe.
Besuchen Sie uns im Internet:
www.gmeiner-verlag.de
1., überarbeitete Neuauflage 2021
© 2019 – Gmeiner-Verlag GmbH
Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 07575/2095-0
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat/Redaktion: Anja Kästle
Herstellung: Julia Franze
E-Book: Mirjam Hecht
Bildbearbeitung/Umschlaggestaltung: Susanne Lutz
unter Verwendung der Illustrationen von © SimpLine – stock.adobe.com; © LynxVector – stock.adobe.com; © Susanne Lutz; © Katrin Lahmer; © Benjamin Arnold
Kartendesign: © Maps4News.com/HERE
ISBN 978-3-8392-6830-8
Impressum
1 Sehen und gesehen werden
Seebad Ahlbeck: Seebrücke Ahlbeck
2 Musik ganz nah am Meer
Seebad Ahlbeck: Konzertplatz Ahlbeck
3 Traditionsverein auf rotem Sand
Seebad Ahlbeck: Tennisplätze
4 Ungeahnte Aussichten
Seebad Ahlbeck: Zirowberg
5 Wo man gern mal seinen Zug verpasst
Seebad Ahlbeck: BuchKunst in der Kunsthalle
6 Usedoms Seele auf Leinwand
Seebad Ahlbeck: Galerie Köpp
7 Sechs Generationen Salzwasser im Blut
Seebad Ahlbeck: Uwes Fischerhütte
8 Tobt euch aus!
Seebad Ahlbeck: Sportstrand Kaiserbäder
9 Tropischer Badespaß
Seebad Ahlbeck: OstseeTherme Usedom
10 Herzlichkeit mit Promenadenblick
Seebad Heringsdorf: Terrasse des Strandhotel Heringsdorf
11 Flanieren über den Ostseewellen
Seebad Heringsdorf: Seebrücke
12 Heringsdorfs italienische Seite
Seebad Heringsdorf: Restaurant Da Claudio
13 Kaiserzeit trifft Gegenwart
Seebad Heringsdorf: Marc O’Polo Strandcasino
14 Wo schon Feininger übers Meer sah
Seebad Heringsdorf: Feininger-Blick
15 Ausblick mit feinstem Geschmack
Seebad Heringsdorf: Terrasse des Strandhotel Ostseeblick
16 Kunst unter Denkmalschutz
Seebad Heringsdorf: Kunstpavillon
17 Und über allem thront ein Gotteshaus
Seebad Heringsdorf: Kirche im Walde
18 Im Schatten uralter Buchen
Seebad Heringsdorf: Kur- und Heilwald
19 Ein Lächeln gegen Wetterfühligkeit
Seebad Heringsdorf: Eiscafé Pinguin
20 Pommerscher Charme in Vollendung
Seebad Heringsdorf: Gebrüder Schwarz am Fischerstrand
21 Wo Gorki frei atmen konnte
Seebad Heringsdorf: Museum Villa Irmgard
22 Ein See und seine Geschichten
Seebad Bansin: Schloonsee
23 Vom Feuerwehrhaus zum Denkmal
Seebad Bansin: Hans Werner Richter-Haus
24 Bilder voller Lebensfreude
Seebad Bansin: Galerie Gabriela Beck-Schäfer
25 Bitte entscheiden Sie sich jetzt
Seebad Bansin: Café Florian
26 Pommerscher Morgen
Seebad Bansin: Strandkorbverleih Golz
27 Mit Leichtigkeit genießen
Seebad Bansin: Restaurant Meerzeit
28 34 Meter über Null
Neu Sallenthin: Sieben-Seen-Blick
29 Manche Dinge ändern sich nie
Neu Sallenthin: Forsthaus Fangel
30 Hoch über den Ostseewellen
Seebad Bansin: Langenberg
31 Schwingboden und Sonnentau
Seebad Bansin: Mümmelkensee
32 Spaß mit Oma
Seebad Loddin: Promenade Loddin
33 Wo sich Gott und Shakespeare treffen
Ostseebad Koserow: Kirche Koserow
34 Perfektes Seeräuberversteck
Ostseebad Koserow: Streckelsberg
35 Sie kann noch gerettet werden
Ostseebad Koserow: Streckelsberg – Blick auf die versunkene Stadt Vineta
36 Willkommen in der Welt der Erdbeere
Ostseebad Koserow: Karls Erlebnis-Dorf
37 Genussseufzer auf offener Straße
Ostseebad Koserow: Café Moritz
38 Wo der Hering einst in Salz badete
Ostseebad Koserow: Koserower Salzhütte
39 Lesen auf dem Dorfplatz
Seebad Zempin: Bücherbaum
40 Wenn dieser Baum erzählen könnte
Seebad Zempin: Große Eiche am Anglerhafen
41 Kunst mit viel Gefühl
Ostseebad Zinnowitz: Usedom Refugium – Kunst am Meer
42 Großstadtfeeling trifft Kaiserzeit
Ostseebad Zinnowitz: Konzeptstore Pier 14
43 Die ganze Insel in einem Raum
Ostseebad Zinnowitz: galerie usedomfotos
44 Großartige Aussichten
Ostseebad Zinnowitz: Vinetabrücke
45 Usedoms dunkelste und klangvollste Seite
Peenemünde: Historisch-Technisches Museum im ehemaligen Kraftwerk der Heeresversuchsanstalt Peenemünde
46 Aus Alt mach Neu
Ostseebad: Karlshagen Hafen Karlshagen
47 Einfach nur schön
Krummin: Naturhafen Krummin
48 Ein Pommernloch, bitte!
Krummin: Gartencafé Naschkatze
49 Eine geräuchte Wachtel, bitte!
Krummin: Gaststätte Zur Pferdetränke
50 Immer her mit der Extrawurst
Krummin: Fischstübchen in Neeberg
51 Faszinierende Stille
Lütow: Südspitze Halbinsel Gnitz
52 Zu Gast bei Freunden
Neuendorf: Café Seelchen
53 Mit dem Käpt’n im Atelier
Ostseebad Koserow: Atelier Otto Niemeyer-Holstein in Lüttenort
54 Aussichtsreiches Seemannsgarn
Seebad Loddin: Restaurant Waterblick
55 Geselliges Naturparadies
Seebad Loddin: Loddiner Höft
56 Wo die Bretter bebten
Seebad Ückeritz: Café Knatter
57 Romantik und Möwenschiss-Cup
Seebad Ückeritz: Hafen Stagnieß
58 Ganz schöne Brocken
Seebad Ückeritz: Gesteinsgarten
59 Betreutes Klettern im Küstenwald
Seebad Ückeritz: Kletterwald Usedom
60 Wo einst Mönche ihre Füße badeten
Pudagla: Badestelle Pudagla
61 Den Inselsüden überblicken
Pudagla: Glaubensberg
62 Es steht eine Mühle über dem Dorf
Benz: Holländermühle Benz
63 Herrliche Klänge unter Sternenhimmel
Benz: Kirche Benz
64 Mehr als Kunst an den Wänden
Benz: Galerie Werth
65 Usedom in alten und neuen Bildern
Neppermin: Galerie Wittig-Weißensee
66 Wo Kunst auf Gastlichkeit trifft
Neppermin: KunstHaus Usedom
67 Romantik auf 100 Jahre alten Planken
Neppermin: Segelschiff Weisse Düne
68 Und plötzlich stehen Kühe im Wasser
Neppermin: Inselkanu – Kanufahrten auf dem Achterwasser
69 Mit Inselblick auf dem Wasser sitzen
Balm: Wasserwanderrastplatz Balm
70 Genießerecke im Achterland
Balm: Golfplatz Balmer See
71 Biowaffeln im alten Gerätehaus
Mellenthin: Gutshof Insel Usedom
72 Mittelalterliche Genüsse
Mellenthin: Wasserschloss Mellenthin
73 Schönheiten aus dem Mörderhus
Morgenitz: Töpferei Astrid Dannegger
74 So geht Fisch heute
Rankwitz: Alte Fischräucherei
75 Aus der Zeit gefallen
Liepe: St.-Johannes-Kirche
76 Die stärkste Dame im Lieper Winkel
Suckow: Suckower Eiche
77 Mittelalterliche Idylle
Usedom: Marktplatz der Stadt Usedom
78 Vom Herrenhaus zum Inselschloss
Stolpe: Schloss Stolpe
79 Das Achterland schmecken
Stolpe: Restaurant Remise
80 Ein Jahrhundert Fluggeschichte
Zirchow: Flughafen Heringsdorf
81 Wo Männerherzen höherschlagen
Zirchow: Erlebniswelt Hangar 10
82 Ein Fischerdorf am Ende der Welt
Kamminke: Hafen Kamminke
83 Südstaatenflair in pommerschen Wiesen
Korswandt: Golfplatz Baltic Hills
84 Ein See für jede Jahreszeit
Korswandt: Wolgastsee
85 Die fantastische Welt des Daniel Graf
Korswandt: Tonwerk Keramik
86 Ein Ort der Stille
Garz: Der Golm
87 Eine Windmühle am Meer
Świnoujście: Mühlenbake
88 Im Gleichschritt, marsch!
Świnoujście: Fort Gerhard
Karte
Sie ist schon eine imposante Erscheinung, wie sie da steht, so elegant in den blauen Ostseewellen. Es gibt niemanden, der ihrer Anziehungskraft widerstehen kann. Und nahezu jeder, der jemals auf Usedom war, hat ein Foto von ihr. Dabei ist die alte Dame schon weit über 100 Jahre alt und hat so manchen Sturm überstanden.
Es war um 1882, als den Ahlbeckern die Idee kam, eine Aussichtsplattform in die Ostsee zu bauen. Schick sollte sie sein. Nicht einfach nur eine Plattform, nein, eine Flaniermeile mit Restaurant einerseits und Veranstaltungsbühne andererseits. Kaum stand das Bauwerk, wurde es auch schon zum Ausflugsziel Nummer eins im aufblühenden Seebad. Wer etwas auf sich hielt, flanierte im feinsten Zwirn über die damals noch hölzernen Planken, nickte hochherrschaftliche Grüße in die Umgebung, lauschte Kurkonzerten und ließ dabei den Blick über die Ostseewellen schweifen. Geldadel und Schauspieler, Intellektuelle und Künstler traf man hier genauso wie die alten Ahlbecker Familien. Und daran hat sich bis heute nichts geändert, außer der Mode vielleicht.
Irgendwann verband man Restaurant und Bühne miteinander und gab der Seebrücke ihr heutiges Aussehen. Jedenfalls fast! Denn während der DDR-Zeit fristete die alte Dame ein eher eintöniges Dasein. Wände braun, Dach braun, Türme braun. Einzig die Hinterlassenschaften der Möwen durchbrachen das düstere Kapitel auf natürliche Weise. Dann kam Loriot. Er beschloss Anfang der 1990er-Jahre, das Ende seiner Komödie Pappa Ante Portas hier zu drehen. Prompt bekam die Seebrücke ihren ursprünglichen Anstrich zurück, weiß mit rotem Dach und grünen Türmen. Die ganze Insel atmete auf und präsentierte sie wieder voller Stolz als ihr Wahrzeichen.
Gehen Sie auf ein Bier oder zwei in die Kogge. Hier treffen Sie in uriger Atmosphäre schon mal auf echte Inselurgesteine und können mit etwas Glück den alten Geschichten lauschen.
1
Seebrücke Ahlbeck
Dünenstraße 37
17419 Seebad Ahlbeck
038378 28320
www.seebruecke-ahlbeck.de
Wenn ich an die Sommer meiner Kindheit in Ahlbeck denke, erinnere ich mich an glänzende Teerblasen auf leeren Straßen, an volle Strände und an Musik, die der Wind über die Düne bis hinunter ans Wasser trug. Shantys, gesungen von kräftigen Männerstimmen, und Arien, voller Leidenschaft in den blauen Ostseehimmel geschmettert. Die waren der Startschuss für uns Halbwüchsige, schnellstmöglich den Konzertplatz zu erreichen und durch die Bankreihen zu rennen, um die Kurgäste zur Weißglut zu bringen. Wie gut, dass sich manche Dinge nicht ändern: Der Bewegungsdrang hat sich gelegt, doch die Lieder klingen noch heute von hier über die Düne und die Promenade entlang.
Wenn man von der Seebrücke über den Brückenvorplatz spaziert und nach rechts schaut, hat man einen freien Blick über den Konzertplatz. Er ist von Bäumen gesäumt und weiße Bänke stehen wie schon vor 100 Jahren für das nächste Konzert bereit. Die Kurmuschel mit ihrer breiten Bühne öffnet sich zum Platz hin, in ihrem Inneren ist das Wappen von Ahlbeck an die halbrunde Decke gemalt. Von Mai bis September finden hier Veranstaltungen statt. Konzerte, Theater, Kleinkunst. Der Eintritt ist für jedermann frei. Er finanziert sich aus der Kurabgabe, die beim Aufenthalt in Ahlbeck zu entrichten ist.
Die Open-Air-Konzerte hier leben von der einzigartigen Atmosphäre aus Musik gepaart mit frischer Ostseeluft und dem Geschrei der Möwen. Wenn man Teil des Programms werden möchte, sollte man einen Platz im ersten Drittel der Bankreihen wählen, in den beiden hinteren Dritteln ist man davor sicher. Und wenn ein kleines Mädchen sich zum dritten Mal durch die Reihen quetscht, begegnet man ihr mit einem Lächeln. Denn sie hat gerade eine Mutprobe bestanden.
Werfen Sie einen Blick auf die Jugendstiluhr auf dem Vorplatz der Seebrücke. Sie wurde 1911 von Maria Grunack, einem Badegast aus Berlin, gespendet.
2
Konzertplatz Ahlbeck
Promenade an der
Seebrücke
17419 Seebad Ahlbeck
Auf Usedom war es für die Seebäder Tradition, zwar einen Tennisplatz zu haben, diesen jedoch an der Peripherie hinter Bäumen, in einigen Fällen sogar in Wäldern zu verstecken. So ist es auch mit den Tennisplätzen in Ahlbeck. Obwohl sie durch die Vergrößerung des Ortes über die letzten Jahrzehnte vom Rand weiter in die Ortsmitte gerutscht sind, wissen viele gar nicht, dass es sie gibt.
Sie liegen direkt an der Swinemünder Chaussee, kurz vor dem Abzweig nach Korswandt aus Richtung Ahlbeck kommend auf der linken Seite. Hinter der großen grauen Halle mit zwei Innenplätzen gibt es sechs Außenplätze und einen Verein mit langer Tradition und bemerkenswerten Erfolgen. Der Tennisclub Blau-Weiss Ahlbeck e. V. wurde 1949 unter dem Namen BSG Aufbau Ahlbeck gegründet. BSG stand für »Betriebssportgemeinschaft«. Damals entstanden drei Plätze, als Umzäunung dienten alte Fischernetze. Ein vierter Platz folgte etwas später, genau wie das Tennishäuschen, das aus Überresten alter Wehrmachtsbaracken provisorisch zusammengezimmert wurde. Anfang der 1950er-Jahre kamen drei weitere Plätze dazu. Gespielt wurde auf Sand und Bitumen. Bevor die vier Hauptplätze Flutlichtanlagen bekamen, nutzte man PKW-Scheinwerfer als Beleuchtung. 1952 wurde das Ostsee-Turnier eingeführt, das über viele Jahre jeden Sommer eine Woche lang Hunderte Tennisspieler und Fans auf die Insel lockte. Der Verein selbst spielte in der höchsten Spielklasse der DDR, der Oberliga, und stellte mit Bernd Läßer den ersten und Jörg Krohn den letzten DDR-Jugendmeister.
Bis heute lädt der Verein Einheimische und Gäste zum Tennisspielen auf seine Anlage ein. Die Plätze liegen herrlich umrahmt von alten Bäumen. Das alte Tennishäuschen ist einem modernen Klubhaus gewichen.
Nehmen Sie nach dem Spiel noch Platz am Klubhaus, trinken Sie etwas und kommen Sie ins Gespräch mit Vereinsmitgliedern. Es gibt so manche Anekdote vom weißen Sport auf dem roten Sand zu erzählen.
3
Tennisclub blau-weiß Ahlbeck
Siedlung Ostende
17419 Seebad Ahlbeck
038378 31011
www.tc-ahlbeck.de
Wussten Sie, dass jedes der drei Kaiserbäder seinen eigenen Berg hat? Jedenfalls soweit man von Bergen direkt am Meer überhaupt sprechen kann. Bansin hat den Langenberg als höchsten Punkt seiner Steilküste, Heringsdorf den Kulm und Ahlbeck hat den Zirowberg. Die ersten beiden sind heute den meisten Usedom-Urlaubern ein Begriff. So mancher hat sich schon zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf den Langenberg gequält und neben der Aussicht auf den Strand und die Ostsee auch das gute Essen im Forsthaus genossen. Der Kulm ist das Herz Heringsdorfs. Auf ihm thront die Kirche im Walde, drum herum mit den ältesten Bädervillen der Ursprung des hochherrschaftlichen Seebades. Der Zirowberg aber fristet ein größtenteils unbekanntes Dasein. Dabei gab es hier einst sogar ein Ausflugslokal, wie alte Postkarten beweisen.
60 Meter ragt der mit Buchen bewaldete Zirowberg hinter dem Bahnhof in Ahlbeck in die Höhe. Ein Wanderweg führt zum höchsten Punkt hinauf und der hat es in sich. Kurz und steil und für gehbehinderte Menschen und Rollstuhlfahrer keinesfalls zu empfehlen. Wer den Anstieg auf sich nimmt, wird oben mit einem atemberaubenden Blick auf Ahlbeck und die Swinemünder Bucht belohnt. Ein hölzerner Aussichtsturm verbessert die Sicht ungemein. Außerdem laden zwei Rastplätze zum Verweilen ein. Günstig ist es, den Zirowberg am Nachmittag zu besteigen, wenn die Sonne im Süden steht. Dann spenden die alten Buchen Schatten und Ahlbeck und die Ostsee werden zum schönsten Fotomotiv.
Für passionierte Wanderer ist der Zirowberg nur die erste Etappe auf dem Weg zum Wolgastsee in Korswandt und weiter zumSchwarzen Herzen, einem idyllisch mitten im Wald zu Polen gelegenen kleinen See. Im Herbst wird der Zirowberg gern von Pilzsammlern besucht.
Etwa 500 Meter vom Zirowberg entfernt liegt an einem Hang unter riesigen Kiefern der Ahlbecker Waldfriedhof.
4
Zirowberg
Startpunkt: Am Zirowberg
17419 Seebad Ahlbeck
Die Sonne scheint vom wolkenlosen Himmel und gibt dem Bahnhof in Ahlbeck mit seinem schön gestalteten Vorplatz einen Hauch von Stillleben. Ich parke mein Auto rechts neben dem lang gestreckten Gebäude. Dort, wo noch immer das alte Toilettenhaus steht, in dem die Putzfrau uns Kindern in den 1980er-Jahren gehörig Respekt einflößte. Damals befand sich die Schulspeisung in einem großen Saal im Bahnhofsgebäude und wir mussten auf dem Weg nach Hause zwangsläufig an der mürrischen alten Dame vorbei. Ich erinnere mich gut, dass ich ihretwegen die Büsche am Bahngleis den Toiletten vorzog.
Es ist kurz nach elf. Ich steige die wenigen Stufen zur Kunsthalle hinauf und atme tief ein. Ich mag den Geruch von Antiquariaten. Zweieinhalb Jahre waren viele der Bücher hier und mit ihnen manchmal auch ich in der alten Spielbank in Heringsdorf zu Hause, bevor sie und wahrscheinlich unzählige Neuentdeckungen hierher umgezogen sind. Die Räume sind hell und hoch und trotzdem so viel kleiner als in meiner Erinnerung. Was ich in der Kunsthalle besonders mag, ist die Mischung aus Literatur in jeglicher Form und Kunst an den Wänden. Horst Herkner ist stolz auf das, was er seinen Besuchern und Kunstfreunden hier bieten kann. Neben antiquarischen Büchern und Neuerscheinungen gibt es sieben Ausstellungen mit den Bildern zeitgenössischer Künstler im Jahr. Die wohl bisher bemerkenswerteste zeigte Anfang 2018 die bissigen Karikaturen von Peter Muzeniek, der bis heute für das Satiremagazin Eulenspiegel zeichnet.
Ich hatte damals kein gutes Gefühl bei dem Gedanken, dass die Kunsthalle in den Ahlbecker Bahnhof umzieht. Zu weit weg von den touristischen Zentren, dachte ich. Horst Herkner hat mich und viele andere eines Besseren belehrt und einen wunderbaren Ort für Buchfans und Kunstliebhaber geschaffen.
Auf stillgelegten Gleisen links des Bahnhofsgebäudes stehen alte Eisenbahnwaggons, die einst auf der Insel fuhren.
5
BuchKunst Usedom
Bahnhof 1
17419 Seebad Ahlbeck
0172 3034965
www.buchkunst-usedom.de
Im ältesten Teil von Ahlbeck, dort, wo einst die Fischerfamilien zu Hause waren, steht ein alter Fischerkaten. Etwas windschief und doch liebevoll restauriert. In seinem Inneren findet sich ein Stück Usedomer Geschichte, festgehalten in den Bildern von Volker Köpp. Wie keinem Zweiten gelingt es dem gebürtigen Ahlbecker, die Seele der Insel und ihrer Menschen einzufangen. In Windeseile bin ich zurück in den Straßen meiner Kindheit, schaue auf die grauen Fassaden der Bädervillen zum Ende der DDR-Zeit und sehe die Flundern wieder auf dem alten Zeitungspapier zuckend auf Großmutters Küchentisch liegen. Zärtlich, mit einem Hauch Melancholie, legen sich Erinnerungen in jeden Blick und holen manchmal schon Vergessenes zurück in den Moment.
Straßen, Häuser, Porträts, Akte und Stillleben – das Portfolio Volker Köpps ist groß und dennoch in seinem Stil unverwechselbar. Einfühlsam und mit großer Einsamkeit spielt er mit Farben und Formen. Mal intensiv, dann wieder gedämpft. Immer aber nachdenklich und wehmütig. Die großen Gefühle, die das Meer in uns Menschen weckt, finden sich in seinen Werken wieder. Und sieht man dem Künstler selbst in die Augen oder beim Malen zu, spürt man sofort, mit wie viel Ehrlichkeit jeder Pinselstrich auf die Leinwand gekommen ist.
Volker Köpp lebt und arbeitet noch heute in Ahlbeck. Seine Galerie öffnet er über die Sommermonate an fünf Tagen in der Woche in den frühen Abendstunden. Wer ihn außerhalb dieser Zeiten und in den Wintermonaten besuchen möchte, kann ihn telefonisch erreichen und ein Treffen vereinbaren. Seine Werke sind zudem in Ausstellungen auf der ganzen Insel – so auch im Kunstpavillon an der Promenade in Heringsdorf – und darüber hinaus zu finden.
Machen Sie nach dem Besuch der Galerie einen Spaziergang durch den ältesten Teil Ahlbecks und genießen Sie die engen Straßen und alten Fischerhäuser, die so anders sind als die mondänen Bädervillen.
6
Galerie Volker Köpp
Talstraße 13
17419 Seebad Ahlbeck
038378 32382
www.galerie-koepp.de