Lingua Vitae - Jürgen Trott-Tschepe - E-Book

Lingua Vitae E-Book

Jürgen Trott-Tschepe

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Beschreibung

UrworteoderDu bist, was du sprichst.Ein Buch zum Ursprung deiner WorteWie wir uns selbst und Andere sprechend kennen lernen können.Ein ABC alltäglicher WorteUrgründe von WortenImpulse der Wertschätzung und Wertschöpfung eigener SpracheÜbungen für den alltäglichen SprachgebrauchTexte und Zitate

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Urworte

oder

Du bist, was du sprichst.

Ein Buch zum Ursprung deiner Worte

Wie wir uns selbst und Andere sprechend kennen lernen können.

Ein ABC alltäglicher Worte

Urgründe von Worten

Impulse der Wertschätzung und Wertschöpfung eigener Sprache

Übungen für den alltäglichen Sprachgebrauch

Texte und Zitate

Ein Lesebuch zur gleichnamigen Youtube-Video-Reihe

von nanuu.net

Inhalts-Übersicht / Seite

Motivation der Worte

Ein persönliches Übungs-Beispiel

Umgang mit Poesie

Wort-Ursprünge

Das ABC-Angebot

A (1) wie Anfang

A (2) wie Alchemie

Ä wie Äther

B wie Bücher

C wie Chaos

D wie Deutschland

E (1) wie Ende

E (2) wie Engel

F wie (er-) fahren

G wie Glück

H wie Haus (-Geist)

I (1) wie Illusion

I (2) wie Innen

J wie jung

K wie Kind

L wie Leben

M wie Mensch

N wie Nichts

O (1) wie Oh!

O (2) wie online

Ö wie öffnen

P wie Phantasie

Q wie quer

R wie Realität

S wie Seele

T wie Tod

U (1) wie Ursprung

U (2) wie Universum

Ü wie Übergang

V wie Verbindung

W wie Wissen

XY wie ungelöst

Z wie Zeit

Literatur

Anstelle eines Vorwortes:

eine Poesie von Hugo v. Hofmannsthal:

Der tiefe Brunnen weiß es wohl,

Einst waren alle tief und stumm,

Und alle wussten drum.

Wie Zauberworte, nachgelallt

Und nicht begriffen in den Grund,

So geht es jetzt von Mund zu Mund.

Der tiefe Brunnen weiß es wohl;

In den gebückt, begriff’s ein Mann,

Begriff es und verlor es dann.

Und redet’ irr und sang ein Lied –

Auf dessen dunklen Spiegel bückt

Sich einst ein Kind und wird entrückt.

In unsern Worten liegt es drin.

So tritt des Bettlers Fuß den Kies,

Der eines Edelsteins Verlies.

Der tiefe Brunnen weiß es wohl,

Einst aber wussten alle drum,

Nun zuckt im Kreis ein Traum herum.

Motivation der Worte

„Die Menschen werden weit mehr von der Sprache gebildet denn die Sprache von den Menschen.“ Goethe

„Wer dieses Buch liest - also auch Sie -, hat einige Jahre in einer Welt der Mündlichkeit verbracht. Von Ihrem ersten unbeholfenen Stammeln bis zu der Zeit, in der Sie lesen lernten, existierten Worte nur als Stimmen. Die stummen Zeichnungen der Buchstaben waren zwar überall vorhanden, aber sie hatten keine Bedeutung. Bei den Erwachsenen, die die Welt beherrschten, war das anders, die lasen und schrieben. Sie selbst verstanden nicht so recht, was es damit auf sich hatte, aber das spielte kaum eine Rolle, das Sprechen war schon genug. Die ersten Erzählungen Ihres Lebens erreichten Sie über das Gehör; Ihre Augen wussten noch nicht, wie man hört. Dann kam die Schule: Striche, Kreise, Buchstaben und Silben. So vollzog sich an Ihnen im Kleinen derselbe Übergang, den die Menschheit von der Mündlichkeit zur Schrift zurückgelegt hat.“ (aus: I. Vallejo, Papyrus)

Bestimmte Worte, Wortverbindungen, Formulierungen, Sätze fallen in der einem Menschen eigenen Sprach-Gewohnheit besonders auf und mögen wie kleine Ereignisse am Wege zum Innehalten verleiten.

Welch Wort trifft, spricht so, dass man hinhören will oder gar muss?

Erinnert das Wort an eine gelebte Situation?

Erinnert das Wort an eine Situation, die man gerne leben würde?

Erinnert das Wort an eine Situation, die man lieber meidet?

Erinnert das Wort an ein Thema, mit dem man gerade zu tun hat?

Worte aus biographischem Ereignis? Oder einem Traum?

Wenn etwas zutrifft, dann wird man jenes Wort bzw. Thema herausholen, um es sich inwendig so oft wie möglich zu wiederholen.

Damit bekommt es Wirkung. Die Wirkung kann dann schöpferisch sein und verändern, wenn man dem Wort eine Schöpfungskraft zutraut und ihr einen inneren Raum gibt.

Man schaue auf die Wirkung nur in dem Sinne, dass die Welt unsere Veränderung spiegelt.

Da werden sich Aussichten auf einige Aspekte des eigenen Daseins öffnen. Es sind diejenigen, die hinter den Alltagsabläufen und unseren in sie verwobenen Verhaltensweisen liegen.

Schläft ein Lied in allen Dingen

die da träumen fort und fort,

und die Welt hebt an zu singen,

triffst du nur das Zauberwort.

(J.v.Eichendorff)

Was also ist / sind deine ureigene(s)n Wort(e)?

In welchem Wort findest du ein wesentliches Lebensthema wieder?

Welches Wort spiegelt das Wunder deines Lebens wider?

Ein persönliches Übungs-Beispiel:

Vom Ereignis/Lebensmoment zu(m) Wort(en)

Vom Wort zum Leben

Zu A): (Aus meiner Biografie):

Dorf bei Stuttgart. In einem Pfarrgarten pflegt meine Großmutter, sich mit ihren Rosenbeeten zu unterhalten, die von einer wild überwucherten Gartenmauer geteilt sind.

Ein Übergangstor ist von intensiv tiefdunkelrot leuchtenden Wildrosen umrahmt. Wer durch dieses Rosenlicht wandelt, verwandelt sich im Herzen – oder nie.

Persönlich wesentliche Worte:

Pfarrgarten, sich mit Rosenbeeten unterhalten, wild überwuchert, Übergangstor, tiefdunkelrot leuchtende Wildrosen, Rosenlicht, verwandelt sich im Herzen.

Worte, die mich besonders berühren:

Sich mit Rosenbeeten unterhalten

Übergangstor

Rosenlicht

Verwandelt im Herzen.

Zu B)

Daraus entstand ein innerer Dialog mit ROSE:

• Bist Du in Mir? Wie ist die Verbindung?

• Wenn wir beide ein Neues bilden, sind Du und Ich außer uns und werden neu in uns.

Wir werden also nicht ineinander verschmelzen, sondern uns in einem Zwischen-Dasein begegnen?

Was zwischen uns ist, macht unsere Gemeinsamkeit aus. Ich bringe dich vom Ich zum Zwischen.

Zwischen Allem und Mir bist Du? Das Leben als ein Dazwischen, zwischen Erlösungen, zwischen Beziehungen, zwischen Zeiten? Das Provisorium des Lebens wird durch dies vereinende Dazwischen erträglicher?

Verbinde dich wenigstens mit einem Menschen.

Heißt das: Einssein, Einverstandensein, verschmelzen?

D.h.: Einander erkennen als Du-Suchende. Ein Du, dem ein Ich sich nicht erklären muss. DU und ICH sind wissend aus gemeinsamem Quell.

Wie geht dann meine Arbeit weiter?

Nenne deine Arbeit einen ‚Weg der Übung in Patientia‘.

Was ist diese Patientia genau?

Patientia – der Weg der Hingabe, des Zulassens, der Gemeinsamkeit, der Geduld und der Ausdauer.

Das ist meine eigene größte Herausforderung.

Dann ist alles, was ich derzeit tue, ein Weg dieser Übung? Übung für das Leben? Wie geht es weiter?

• Kreuze den Weg der Rose. Dort ist dein Kraftpunkt.

Für mein Leben bedeutete das z.B. als Reflektion:

Vergiss nicht auf deinem geistigen Wege: du bist unendlich geliebt, du darfst unendlich lieben. Es gibt eine Liebe, die ist im Irdischen nicht fassbar, ihr darfst du dich anvertrauen.

„Am Anfang war das Wort“ – d.h. eigentlich*:

Anfangs war der schöpferische Sinn, in seinem Ersprießen war die Wurzel, aus Urlicht wurde Wesen, das windet sich in Leben und wirkt entsprechend in einem Leib.

Dein Wesenswort

ist meistens dort,

worum deine Ansinnen

tief im Innern

wehen und drehen.

Drum prüfe jegliches Erlebnis

auf dieses heilige Geheimnis.

Poesie der Rose

Ich bin die Liebe im Kosmos.

Ich bin der Kosmos der Liebe.

Für Jeden bin ich da,

und in mir ist ein Jeder.

Ich nähre jede Seele,

doch möge keine an mir satt werden.

Dem bekömmlich, der sich in mir verliert,

Jenem feinstes Geschmeide,

der mit meinem Reiz sich ziert.

Im Überwinden aller irdischen Wogen,

beginnt mein Herz

die schöne Schöpfung zu loben.

Nun komm, da ist nichts zu bedenken,

ich werde dir Blüten, Blüten der Liebe schenken.

Was ist Poesie?

Poesie ist verdichtete Sprachschöpfung. Sie ist die einzige sprachliche Form, in der in Worten erahnbar wird das Unsichtbare, Unaussprechliche aus der Welt alles Ewigen, wahrhaftig Bleibenden, Immerlichten.

So sind die Poesien von lichten Dimensionen geprägter Sprache und dienen als Brücke von unsichtbarem Wesen - z.B. eines ätherischen Öls, einer Heilpflanze, eines Lichtwesens, hin zum unsichtbaren Wesen eines Menschen. Sie können Schlüssel zum inneren Verstehen eines Lebe-Wesens, eigenen Lebens sein.

Wie kann man mit Poesien praktischen Umgang pflegen?

Man lese sie, womöglich in alternierender Begleitung eines entsprechenden ätherischen Öls, eines Musikinstruments oder Gesangs langsam und konzentriert sich (als auch anderen) vor; und zwar mehrmals mit Pausen des Nachklingenlassens.

Es wird dann zuerst einen Gesamteindruck bzw. einen Eindruck im ‚atmosphärischen‘ Empfinden geben, dem man freien Raum lässt.

Man stelle sich dabei Fragen wie

Bin ich diesem Empfinden schon einmal begegnet?

In welchen Lebenszusammenhängen kommt derart ‚Atmosphärisches‘ vor?

Wie wirkt das heute auf mich? Ist das eine ‚Tonart‘, die in mir etwas anklingen lässt? Kommt Willensfreude oder Widerwille, Hinwendung oder Widerspruch oder auch Befremden auf? Verändert sich das bei mehrfachem Lesen?

Es die Kunst poetischer Sprache, wie sie mir in Meditationen, Träumen und Begegnungen mit Naturwesen, unter anderen auch von ätherischen Ölen geschenkt wurde. Jede der Poesien steht für sich in all ihrer Tiefe und Weite, und doch sind alle aus einer Quelle.

Es ist Quell-Sprache, die einen Menschen auch an die Sprache seines eigenen Ursprungs erinnern kann.

Worte aus dem Rosen-Dialog berühren mich weiterhin:

Weg der Hingabe, des Zulassens, der Gemeinsamkeit, der Geduld und der Ausdauer.

Das hat Folgen in meinem Leben, über die ich reflektiere:

Während im Innern neues Leben sich den Weg bahnt, und viel Kraft dafür notwendig wird, kann im äußeren Geschehen ebenfalls einige Wandlung vor sich gehen. Überfälliges muss erledigt, Überflüssiges ent- und abgeschieden werden. Da wundert man sich vielleicht, weshalb mancherlei im Beruflichen schal schmeckt, nicht mehr so läuft wie bisher, Beziehungen mühsam sind, Konflikte sich häufen und gelöst werden wollen. Abschiede in vielerlei Hinsicht bahnen sich an, was mühsam, gar schmerzvoll sein kann. Und es sieht nicht unbedingt gleich nach Licht am Ende des Tunnels aus.

Hier nun eine Poesie zum ‚Wort‘ und ‚Wesen‘ eines Menschen:

Welch’ Wort, o Himmel,

verbirgst du

im Wesen eines Menschen?

Dies Wort, eingewoben

in die unfassbare Schönheit

der Unendlichkeit’ Ordnung –

Wer spricht es, wer hört es,

und wo ist sein Abbild?

Unsagbar hell schwingt es im All, und findet Widerhall

in jeglicher Form,

und schwingt in eigener Norm

hier langsam und dort schnell.

Das Gelöste wird gebunden,

bald immer dichtere Form gefunden,

das Feine, Reine, Helle, Hohe,

des Wortes Sinnen, des Tanzes Schwingen,

es geht im Gröberen nicht verloren,

in das das Wort hineingeboren.

Will sich dies Wort nun binden,

wird es sein Gefäß wohl finden.

Eingefasst in irdisch’ Leben,

mag es doch immer zum Hellen streben,

einer unendlichen Freiheit entgegen.

Gießt dies’ Wort sich in irdische Gestalt,

so hat es darin nur losen Halt,

ist seinem Keime nach ihm eigen,

es um alles Feste tanzt seinen Reigen.

Formt das Wort im Groben seinen Hort,

bewahrt es immer

im Feinen seinen Schimmer,

sodass jeglich’ Ort kann sich seiner erinnern.

Reflektion zu Wortzeilen wie:

‚des Wortes Sinnen‘,

Will sich dies Wort nun binden,

wird es sein Gefäß wohl finden.

Eingefasst in irdisch’ Leben,

mag es doch immer zum Hellen streben:

Was ent-spricht dir, meine Seele?

Wie ent-spreche ich dir, meine Sonne?

Spreche ich aus deinem Licht,

findet es ent-sprechend Erdgewicht?

Siehst du durch das Erdenauge

Ein ent-sprechendes Angesicht?

Ob es deiner Wonne ent-spricht,

nur zu sein, zu strahlen frei

von jeglichem Erdengericht?

Sich zu verschenken

Ohn‘ jegliches Lenken,

in Reinheit zu denken

aus deinem Schöpfungsgedicht?

Bin ich eine Ant-wort auf dein Wort?

Ist es ein Zwiegespräch

Ohne Zweifel?

Begreife ich deine Sprache an mich?

Bin ich dein Ohr, dein Mund,

durch den du wirst kund?

Darf ich durch deine Ansprache an mich

Verständnis-Anspruch haben?

Ergibt sich aus deiner Sprache

Unbedingter Anspruch an mich?

Meine Hauptfrage in der Zwiesprache mit dem Leben und der eigenen Seele ist:

Wem gehöre ich eigentlich?

Auf wen oder was höre ich ursprünglich??

Was ist meines Lebens Sinn?

Wort-Ursprünge

Aus der Betrachtung etymologischer Sprachforschung können wir herausarbeiten, was die Worte ursprünglich bildhaft, kulturell oder zwischenmenschlich zum Ausdruck bringen sollten bzw. wollten.

Das kann uns bei unserem eigenen Wortgebrauch weiterhelfen, unseren eigenen Sinn im Dasein wiederzuerkennen an der Art, wie wir es auszudrücken versuchen. In unserer Sprache stammen die Worte ‚Sinn‘ und ‚Wort‘ von ’logos’ ab:

Logos (griech. λόγος „Wort, Rede, Sinn“; lat. verbum) bedeutet Wort, ausgesprochener oder unausgesprochener, rein innerlich gefasster Gedanke; Begriff, Definition, Vernunft, göttlicher, schöpferischer Gedanke, Weltgedanke, Weltvernunft, Weltgeist (lat. mens mundi), Weltenwort. Die Stoiker sprechen vom logos spermatikos „Vernunftkeim“, der jedem vernunftbegabten Wesen innewohne. Anders als heute waren bei den Griechen Wort und Begriff noch kaum voneinander geschieden und Denken ein inneres, stummes Sprechen, gleichsam ein intellektuelles Selbstgespräch, das aber nicht nur im Menschen stattfindet, sondern auch in der Natur als die eigentliche Schöpferkraft waltet, ein Prinzip, das seine höchste Ausformung im Prolog des Johannesevangeliums findet („Im Anfang war das Wort“ Joh 1,1 LUT). Aber auch schon das Alte Testament lässt im Sechstagewerk die Schöpfung aus dem Wort der Elohim hervorgehen. Der Bedeutungsbogen des Logos reicht somit vom menschlichen Wort und der menschlichen Vernunft bis hin zum schaffenden Weltenwort, zum Wort Gottes, das identisch mit dem Christus ist.

sinnen Vb. ‘nachdenken, grübeln, seine Gedanken planend auf etw. richten’, ahd. sinnan ‘gehen, reisen, wandern, streben, verlangen’(9.Jh.), mhd. sinnen ‘gehen, reisen, wahrnehmen, merken, verstehen, seine Gedanken oder Begierden auf etw. richten’, mnd. sinnen ‘erstreben, denken, nachsinnen’. Das zugehörige Sinn ist germ. *senþnan, *sendnan mit ahd. sind ‘Weg, Richtung, Seite’ (8. Jh.), mhd. sint,auch‘Reise,Fahrt’,senden,schicken’,mit lat. sentīre ‘fühlen, empfinden, wahrnehmen, Einsicht haben, meinen,denken’, sēnsus ‘Empfindung, Gesinnung, Ansicht, Sinn’, lit. sintė́‘sich entschließen, denken’ auf eine Wurzel ie. *sent- ‘eine Richtung nehmen, gehen’. Als Ausgangsbedeutung für die heute allein geltende übertragene Verwendung ist ‘seine Gedanken in eine Richtung gehen lassen, sie auf etw. richten’ anzusetzen. –

sprechen, ‘reden’, ahd. Sprehhan, engl. tospeak ‘reden’, mnl. spēken werden wie mnd. sprāken ‘Funkensprühen’, knistern,prasseln’, zischen, strotzen, zum Platzen voll sein’.

Seele f. ‘Gesamtbereich der menschlichen Empfindungen und des Erlebnisvermögens’, in religiösem Sinne ‘der für unsterblich gehaltene spirituelle Teil des Menschen’. Man vermutet in germ. *saiw(a)lōeine Ableitung von See (‘die vom See Herstammende, zum See Gehörende’), da nach altem Glauben der Germanen die Seelen der Menschen vor der Geburt und nach dem Tod im Wasser leben sollen. Fraglich bleibt jedoch, ob dieser Glaube allgemein verbreitet war; daher wird auch die Meinung vertreten, Seele als bisher unerklärtes Tabuwort anzusehen. Häufig sind formelhafte Fügungen und Wendungen; vgl. Leib und Seele für die ‘körperliche und geistige Seite’ des Menschen. Auf der christlichen Vorstellung des göttlichen Ursprungs der unsterblichen Seele beruhen Beteuerungsformeln wie bei meiner Seele, vgl. mhd. bī sēl und triuwe swern. Die Seele wird als der innere, der empfindende Teil des Menschen angesehen, vgl. jmdm. auf der Seele liegen ‘ihn belasten, bedrücken’, auf der Seele haben (18. Jh.), auf die Seele fallen, auf der Seele brennen (19. Jh.); etw. (eine Last) von der Seele wälzen (18. Jh.); jmdm. aus der Seele sprechen ‘die Überzeugung, die Empfindungen eines anderen ausdrücken’ (19. Jh.). Die Fügung schöne Seele, seit den Mystikern des 14. Jhs. (mhd. diu sēle schoene) bis ins 17. Jh. dem religiösen Bereich angehörend, wird im Sinne von ‘empfindsames, tugendhaftes Gemüt’ Ausdruck einer Harmonie von innerer Haltung und äußerer Erscheinung. Häufig mit charakterisierendem Attribut für ‘Mensch’ schlechthin, vgl. eine gute Seele ‘ein guter Mensch’, fromme, ehrliche, arme, schwarze Seele (sämtlich 18. Jh.); auch keine Seele ‘niemand’ (17. Jh.), 200 Seelen (18. Jh.); eine Seele von Mann, von Mensch u. ä. (18. Jh.). Die alte Vorstellung, daß sich die Seele im Hauch, im Atem manifestiere, liegt Ausdrücken für ‘sterben’ zugrunde: seine Seele ausblasen (17. Jh.), mhd. die sēle gēt ūʒ dem munde.

Wesen n. ‘Tun und Lassen, den Charakter eines Menschen bestimmende Grundeigenschaften, das Grundlegende einer Sache, Lebewesen’, ahd. wesan ‘das Verweilen an einem Ort, Aufenthalt, Existenz, Dasein’ (8. Jh.), mhd. mnd. wesen ‘das Sein, Verweilen, Wohnen, Aufenthalt(sort), Wohnung, Hauswesen, Existenz, Wesenheit, Leben, Art, Eigenschaft, Zustand,

leben Vb. ‘lebendig, nicht tot sein, existieren, sich von etw. ernähren, wohnen’, ahd. lebēn ‘leben, wohnen, überleben’ engl. to live, anord. lifa ‘leben’, schwed. leva und got. liban sind verwandt mit bleiben (s. d.) im Sinne von ‘beharren, dauern’.

bleiben Vb. ‘einen Ort nicht verlassen, einen bestimmten Zustand beibehalten, übrig sein’, ahd. bilīban ‘(weg,unter)bleiben’ ahd. leiben ‘hinterlassen, übriglassen’, Die germ. Formen verbinden sich mit aind. limpáti ‘schmiert, klebt (an)’, griech. lípos (λίπος)‘Fett’, lit. lìpti ‘kleben (bleiben), klebrig sein’, aslaw. prilьpěti ‘anhaften’

(M)-Ein LEBENS-ABC - Einführung

Das ist mein Angebot in diesem Werk:

Es soll sich um Themen des Lebens drehen von A wie Anfang bis Z wie Zeit, die Vokale als ‚Rufe‘ je in mehrfacher Wortwahl..

Bei diesen Themen geht es um Begriffe und Worte, um Aspekte, die jeden Menschen im Lauf seines Lebens berühren, und die teilweise eine ursprüngliche Bedeutung und Wertzuschreibung haben, die in Vergessenheit zu geraten droht und die ich bewahren möchte, da sie nach wie vor relevant für unser gegenwärtige Sprache sind.

Ich habe nach gut 36 Jahren Berufsleben, in denen ich Menschen biografisch mit ätherischen Ölen und Pflanzen, Naturheilkunde allgemein, mit spirituell orientierten Übungen, Meditationen, Traum- und Geistesarbeit begleitet habe, viele Themen des Lebens erlernen dürfen und vieles auch wahrgenommen, worum es Menschen immer und immer wieder geht, was ihnen wirklich wichtig ist.

Der nachfolgende Traum animierte mich nun zu einem schriftlichen Werk zu diesen Themen:

Ich schreibe in einem Klassenzimmer zusammen mit meinen Mitschülern eine Deutsch-Abschlussarbeit. Alle legen wir uns sichtlich ins Zeug, es ist eine tolle Arbeitsmotivation vorhanden. Als bei der nächsten Deutschstunde unser Lehrer in absoluter Begeisterung unsere Leistungen lobt, unseren Stil, das Niveau und die Spannung der Erzählung etc., fragt er uns, wie wir diese Qualität erklären? Ein Schüler sagt dazu im Namen der Klasse, unser Lehrer würdige jede/n Einzelne/n und fördere, was in Jedem zu entdecken ist. Sie würden sich Alle sehr gut respektiert fühlen, was nicht so oft in der Schule vorkomme. Der Lehrer ist sehr gerührt, treffe es doch den Kern seines Daseins: die Würde eines jeden Menschen zu bestärken. Ob sie nicht Lust hätten, ihre Arbeiten in einem Sammelbuch zu veröffentlichen und damit ihre nächste Klassenfahrt zu unterstützen?

A

Wohnt jedem Anfang ein Zauber inne?

Beginnen wir, wie es sich gehört, mit dem Start des ABC, dem A.

Aber wie? Als ich darüber nachgedacht habe, was mir denn zu ‚Anfang‘ einfällt, muss ich gestehen, dass mir sofort das Wort bzw. der Satz in den Sinn kam:

‚Aller Anfang ist schwer.‘

Seltsam – ist es doch eigentlich ganz schön, irgendetwas Neues anzufangen, und warum sollte es dann wieder gleich schwer sein - ist das eine schon fast depressive Haltung im Sinne von ‚o je - schon wieder etwas Neues‘?

Nein. Es ist in der Tat so, dass ich selbst, immer wenn ich irgendetwas Neues anpacke, einerseits in meiner Neugier völlig begeistert bin – ja, jetzt fange ich wieder etwas an, das ich noch nicht kenne - und andererseits so manches Mal die Erfahrung mache:

der Start von etwas, die ersten Schritte, bis es dann so richtig läuft, die fallen mir schwer.

Das gab mir Stoff zum Nachdenken; wo kommt denn derlei her, wieso ist das denn so?

Also habe ich dann an den Anfang meiner Biografie zurückzudenken versucht.

Wie fing denn mein Leben an?

Und in der Tat, das ist sehr interessant:

wenn wir merken, wir haben eine Scheu davor, in etwas Neues hineinzukommen, etwas anzufangen bzw. es neu zu erfassen, neu zu begreifen - woher das Wort übrigens kommt: anfangen heißt eigentlich anfassen - dann ist es aufschlussreich, den Anfang unseres Lebens anzuschauen.

Wie begann es?

Natürlich begann mein Leben mit der Geburt. Die Geburt eines Geschehens, eines Prozesses, vor allem eines Menschen, sagt sehr viel darüber aus, wie er dann weiterhin im Leben in Neues hineinkommt und Neues anfangen, anfassen will.

Ich selbst erinnere mich mit Hilfe verschiedener Rückführungsprozesse (re-birthing) letztlich daran, dass ich große Mühe hatte, in dieses Leben zu kommen. Und ich weiß auch, dass es sehr große Geburtsmühen seitens meiner Mutter gab, mich auf die Welt zu bringen.

Also: der Anfang meiner Existenz war in der Tat sehr mühsam. Es war wohl so, dass ich im Geburtskanal am liebsten wieder kehrtgemacht hätte.

Ich arbeite viel mit Träumen. Dieser Traum hier macht Mut:

‚Alpha und Omega‘:

Ein Anfang und ein Ende sind durch einen kurzen hellen Weg wie ein heimatliche Wohnstraße miteinander verbunden. Sie sind sich in ihrer Art gleich, beide sind wie runde und dicke Bälle in einer weichen weiß-ausstrahlenden Aureole.

Es gäbe sie gar nicht ohne einander, Sie sind absolute Notwendigkeiten, sind Alpha und Omega.

Ich der Träumende bin nur Betrachter;

wie ich sie auch betrachte, jedes Ende ist Anfang, die Wegrichtung ist gleich.

Jeder Anfang ist ein Ende und umgekehrt.

Das mag dem in festgelegten Zeitabfolgen, der Linearität denkenden Verstand natürlich absurd klingen, aber es gibt zum Glück noch mehr Sichtweisen.

Das hat mich schon seit Jugendzeiten beschäftigt: gibt es denn noch andere Wirklichkeiten in dieser Lebenswirklichkeit? Wohinein bin ich denn wirklich geboren?

Dazu ein Gedicht aus dem Glasperlenspiel von Hermann Hesse:

Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend dem Alter weicht,

blüht jede Lebensstufe, blüht jede Weisheit auch

und jede Tugend zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und neu beginnen,

um sich in Tapferkeit und ohne Trauern in andere neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,

der uns beschützt und der uns hilft zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,

an keinem wie an einer Heimat hängen.

Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,

er will uns Stuf’ um Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise und traulich eingewohnt,

so droht Erschlaffen.

Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,

mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde

uns neuen Räumen jung entgegen senden.

Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden.

Wohlan denn, Herz,

nimm Abschied und gesunde.

Womöglich ist dieses wunderbare Gedicht dir vertraut.

Und doch immer und immer wieder ist darin etwas Neues zu entdecken, vor allem dies: dass es eigentlich nie ein Ende gibt, immer wieder nur Anfang.

Jedem Anfang geht vielleicht ein Ende voraus, aber das ist eigentlich wie ein nach oben oder in die Weite steigender Kreis einer Spirale, einer Spirale, die sich immer weitet und ausbreitet.

Von meinem Lehrer Johann Wolfgang von Goethe stammt das Werk namens die ‚Geheimnisse‘. Darin gibt es die Geschichte, in der ein junger Pilger zu einer Abtei in einer Schlucht kommt und dort schon längst erwartet wird, was er gar nicht wusste. Dort stehen 12 Mönche um das Sterbebett ihres Abtes mit Namen Humanus.

Ich habe es gewagt, ein Zwiegespräch zwischen jenem Humanus und dem Pilger in meinem Buch ‚Genesis‘ zu beschreiben; Goethe möge mir verzeihen, er hatte hier nur ein Fragment hinterlassen.

‚Innere Pilgerwege‘ habe ich den Untertitel genannt, und habe dies orientiert an den sieben Schöpfungstagen, wie sie in der Bibel beschrieben sind.

Die fangen ja so an:

Im Anfang schuf Gott Himmel und die Erde;

und dazu sagt der Pilger:

‚Hier stehe ich

ganz am Anfang meines schöpferischen Weges.

Humanus entgegnet ihm:

Entdecke die Samen deines Geistes,

aber vergiss zuvor alles, was du je gelernt hast.

Der Pilger sagt:

Das kommt mich Schüler seltsam an. Ich spüre Zweifel und Ärger über meinen Lehrer.

Sollten alle Mühen der Schulungen, all das kluge Wissen, das ich unter Anstrengungen erworben, vergeblich und sinnlos sein? Und ich rufe den Meister zornig zu:

Warum soll ich Geistes Samen suchen, wo in mir doch schon ein Baum gedeiht?

Und sein Meister Humanus antwortet, ganz ruhig in ihm die Flamme der Erkenntnis entfachend:

verbrenne deinen Baum und suche in der Asche nach dem Ursprung des Lebens!

Womöglich braucht jeder Anfang auch ein wenig Vergessen, sodass es Freude macht, etwas so anzufangen, als ob ich ganz neu in dieser Welt wäre. So, als ob die Schöpfung ganz neu wäre und mich neu erfunden hat und nun neu auf den Weg bringt.

Allerdings kenne ich auch manche Menschen, die sagen, es lohne gar kein Anfangen mehr, es gehe doch sowieso alles zu Ende, man brauche sich doch nur umzuschauen: die Natur leidet, das Klima gefährdet alle, die Gesellschaften leiden und jeder Mensch darin, was soll ich denn noch Neues anfangen?

Alpha und Omega: es gibt gar kein Ende!

Und insofern eigentlich auch nicht ein Anfang; es geht einfach immer weiter...

Ich möchte dich an die Kreativität allen Anfangens in dir erinnern!

Das drückt Rainer Maria Rilke in berühmten Zeilen aus, in denen er genau dieses Ringen um die Neuanfänge und das Weitergehen auf dem schöpferischen Weg beschreibt:

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,

die sich über die Dinge ziehen.

Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,

aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,

und ich kreise Jahrtausende lang,

und ich weiß noch nicht -

bin ich ein Falke,

ein Sturm oder ein großer Gesang.

Und noch eine eigene Poesie zum Geborenwerden:

Ich bin das Wiedererkennen

deiner hohen Natur.

Und da ist unendliche Freude nur,

kannst Augenblicke nennen,

nachdem Du fast verloren:

Ich bin zum Geborenwerden hin geboren!

Lieblichster Balsam Meiner Seele,

oh dass ich dich immer wieder verfehle -

Du suchtest mich,

Du formtest mich,

Du liebtest mich,

und ich verbarg mich,

ich verlief mich

auf den vielen Pfaden:

Nun aber kann mich nichts mehr stören,

Deinen Ruf zu erhören:

Dein Rufen:

Ich bin, der Ich bin.

Dort, nur dort

will das ganze Wesen hin.

Wer bin Ich

am Morgen, am Mittag, am Abend?

Gemeint als Elixir,

erquickend und labend,

geboren aus der Nacht:

bin ich Mir treu gewesen -

ist es vollbracht.

(Poesie von äther. Himalaya-Rhododendron-Öl)

Awie Alchemie –

Viele Alchemisten verstanden das ‚Große Werk‘, wie der vollkommene Weg ihrer Arbeit auch genannt wird, im Sinne einer mystischen Erfahrung. Eine mystische Erfahrung kann nur in Symbolen, in Bildern, Metaphern ausgedrückt werden.

In der Spirituellen Alchemie wurden diese Wege verschlüsselt, in Märchen symbolisiert, poetisch beschrieben. Diese Wegwindungen tauchen in der Weltliteratur vieler Dichter und DenkerInnen in ganz unterschiedlicher Weise wieder auf.

Auf diesem Bewusstwerdungsweg gibt es allerlei Entwicklungsschlaufen, ineinander verflochtene Windungen, aber auch Hindernisse, die es zu kennen gilt nach uralten Gesetzen. Ein Hauptgesetz hieß: Solve et coagula – löse und binde! Solches Wissen war und ist durchaus nach wie vor nur Jenen vorbehalten, die eine bestimmte Bereitschaft dafür mitbrachten. Insofern ist es ‚verborgenes Wissen‘, ein Aspekt der Esoterik.

Davon soll hier die Rede sein, solltest du diese Bereitschaft, durch diese Windungen der Selbstoffenbarung hindurchzugehen, verspüren.

Das mag vielleicht fremd oder gar mysteriös erscheinen. Das ist es für mich nicht, sondern genauso reell wie unser sonstiger Alltag. Und diesen märchenhaft-symbolischen und zugleich sehr wirklichen Alltagsweg möchte ich am Beispiel meiner persönlichen alchemistischen Wandlung in meinem Gesundheits-Geschehen schildern.

Symbolisch findet diese Wandlung in diversen Phasen von einem ‚Blei‘- zu einem ‚Gold‘-Prozess hin statt.

Meine persönliche Alchemie

Einen ‚Blei‘-Zustand hatte ich mit etwa 9 Jahren während einer heftigen Kinderkrankheit in einem Traum erfahren:

Ich sah, wie meine Seele mich aus einer göttlichen Welt durch einen starken Spiral-Wirbel auf die Erdenwelt hinabbrachte. Als ich ‚unten‘ angekommen war, spürte ich – sogar noch beim Erwachen – schwere Bleiplatten, die an meinen Fußsohlen angebracht waren und mich durch ihr enormes Gewicht dort festhielten.

Meine persönliche, gesundheitliche Unversehrtheit bekam entsprechend – um im ‚Blei‘-Bild zu bleiben - schon vor meiner Geburt eine derbe Erschwernis:

Hast du dich schon mal ausführlicher mit der wirklich dramatischen Pharmaziegeschichte rund um das Schlafmittel ‚Contergan‘ befasst? Sie erscheint mir nicht nur deswegen so dramatisch, weil ich eines ihrer Millionen Opfer geworden bin, sondern weil sie sich der Covid - Impf-Kampagne und allem, was für die Gesundheit zahlloser Menschen daran hängt, sehr ähnelt bzw. wie ein Vorspiel erscheint.

Ich empfehle, die beiden Spielfilm-Teile Contergan 1 u. 2 anzuschauen, die gut, wenn auch nicht exakt dokumentarisch, widerspiegeln, was damals in den 50er/60ern in der BRD ablief, und heute letztlich weltweit noch viel dramatischer geworden ist.

Ich gehöre zu dieser Geschichte.

Als meine Mutter im Winter 1957/58 mit mir im Bauch nicht gut schlafen konnte, empfahl ihr Arzt, Contergan zu nehmen. Es sei gerade auf den Markt gekommen und ganz harmlos.

Beide konnten natürlich nicht wissen, dass dieses Medikament weder ausreichend geprüft war, dass Laborärzte deshalb bei der Herstellerfirma vorgewarnt hatten, Schwangere mögen es eher nicht nehmen, und sie erpresst wurden, geschweige denn, welche entstellenden bis tödlichen Folgen für die Föten bzw. Neugeborenen es zur Folge hatte. Noch dass die Firmengeschäftsführung samt den sie juristisch beratenden Männern eine recht nahe NS-Vergangenheit hatten, sodass sie sich juristisch bestens mit Hilfe alter Seilschaften aus Schuldzuweisungen herauszuwinden verstanden.

Denn die Finger meiner rechten Hand waren komplett zusammen verwachsen. In insgesamt 7 Operationen von meinem 2. – 13. Lebensjahr wurden sie getrennt und wenigstens so funktionabel gemacht, dass ich sie doch ganz gut nutzen kann. Ich erinnere mich an eine der Operations-Vorbereitungen, ich mag vielleicht 4 oder 5 Jahre alt gewesen sein, als mir zur Betäubung die Äther-Narkosemaske über das Gesicht gestülpt werden sollte. Wie hatte ich mich gewehrt, bis mehrere Erwachsene mich festklammernd überwältigten…Und hinterher durfte mich, so war das halt damals, meine Mutter nur alle paar Tage im Klinik-Massensaal besuchen. Ausgeliefert, wie ich war. Alleingelassen mit einer schmerzenden, dick verbundenen Hand.

Erste alchemistische Löse-Prozesse also, wie sie als Entsprechung zu alchemistischen Labor-Vorgängen geschildert worden waren.

Ich hatte ja ‚Glück‘ bzw. auch meine Eltern: die stark verstümmelten bzw. mit Wasserkopf früh verstorbenen Kinder gab es in hoher Zahl. Doch ein Zusammenhang mit Contergan-Medikation wurde nirgends gemacht, und selbst als es zum Firmen-Prozess kam, immer noch geleugnet, verschwiegen, jegliche Kritik mundtot gemacht.

Dass mir dann der mich zuletzt operierende Arzt Anfang der 70er – womöglich aus Ignoranz – nicht das entsprechende Schadenszeugnis ausstellte und ich darum keine Schadensrente bekomme – geschenkt.