Lost & Dark Places Westerwald - Andreas Stahl - E-Book

Lost & Dark Places Westerwald E-Book

Andreas Stahl

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Beschreibung

Im Westerwald lässt es sich radeln und wandern und eine der prächtigsten Landschaften im Herzen Deutschlands entdecken. Doch er steckt auch voller Geheimnisse. Auf und unter seinem kargen Boden lager(te)n gewaltige Waffenarsenale, es gibt eine vergessene unterirdische Klinik, verwaiste Tanzpaläste, gruselige Hotels und ruinöse Gasthäuser. Und einen Massenmörder, dessen Geschichte Ihnen eiskalte Schauer über den Rücken jagen wird. Nichts für zarte Nerven.

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Seitenzahl: 142

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Diese Industriebrache liegt in einem touristischen Park und ist partiell begehbar. (Kapitel 10)

Andreas Stahl

Lost & Dark PlacesWESTERWALD

33 vergessene, verlassene und unheimliche Orte

Exklusiv für Sie als Leser:

MIT GPS-DATEN ZUM DOWNLOAD

unter: gps.bruckmann.de

Dieser »Hohle Zahn« wirkt eher wie ein hohles Gebiss. (Kapitel 6)

Es gab Zeiten, da waren Rohre und Ventil leichter zu erreichen. (Kapitel 30)

Überholt hat sich die Verkehrsführung über dieses Viadukt. (Kapitel 7)

INHALT

Vorwort

Verhaltensregeln für Lost Places

33 LOST & DARK PLACES

1Ein Zuckerhut zum Zähneausbeißen

Der Hochbunker Limburg

2Es klapperte die Mühle

Die Lachnit Mühle im Saynbachtal

3Streit ums Wasser

Das alte Wasserwerk zwischen Hommelsberg und Limbach

4Wandel durch Händel und Handel

Das Kloster Seligenstatt bei Seck

5Lösungsansätze ohne Lösung

Das Hotel Waldhaus Wingertsberg in Oberbieber

6Der »hohle Zahn«

Die Seilbahnverlade- und Brecherruine Berzhahn

7Durch das wilde Balkanistan

Im und um den Rabenscheider Reichsbahntunnel

8Dornburger Tragödien

Der Hildegardisfelsen und der Keltenwall

9Moder-Block

Eine Blockhütte im Wald nahe Heupelzen

10Perfekt konserviert

Der Tertiär- und Industrie-Erlebnispark Stöffel in Enspel

11Ungeschönt

Die Grube Ypsilanta

12Kalkwerk, Silos, Öfen

Der ehemalige Kalkbruch bei Hadamar

13Ein Blick hinter die Kulissen

Das historische Wasserreservoir Weilburg

14Die Macht des Wassers

Die historische Wasserbrücke über die Westerwald-Querbahn

15Goldenes Gift

Die Brecheranlage der Peterszeche im Buchhellertal

16Ein Leuchtturm im Westerwald

Das »Kino Hofmann« in Driedorf

17Gut getarnt in den Ruin

Die ehemalige Gaststätte bei Dierdorf

18Verspekuliert, verbrannt, verkauft

Das ehemalige Kinderheim Runkel-Dehrn

19Der verwunschene Turm

Die Dianaburg in der Gemeinde Greifenstein

20Was bleibt?

Die Wüstung Fudenhausen bei Driedorf

21Last Stop vor Frankfurt am Main

Ein Einfamilienhaus in Altenkirchen

22Zirkus und Bleiweiß

Das Remynol-Fabrikgelände in Bendorf-Sayn

23Nikes Sieg

Die Nike-Batterie bei Burbach-Lützeln

24Verflucht bis in alle Ewigkeit

Die gebildete Eiche bei Peterslahr im Westerwald

25Sag mir, wo die Blumen sind …

Die Gewächshäuser in Elbtal-Dorchheim

26Zutritt verboten!

Das Korpsdepot Linden-Wölferlingen

27Idyll des Todes

Das ehemalige Bundeswehrübungscamp nahe dem Stegskopf

28Ort der Erleichterung

Die unterirdische Toilettenanlage in Dillenburg

29Der Dampf war raus

Der alte Lokschuppen in Dillenburg

30Ein Stück Bergwerksgeschichte

Die Verbundgrube Füsseberg – Friedrich Wilhelm in Biersdorf

31Ein Ort ohne Charmeuse

Die Wirk- und Strickwarenfabrik Alwedi in Gräveneck

32Massenmord in Haiger

Die Villa Angerstein in Haiger

33Der Bauhaus-Klon

Das Landhaus Ilse in Burbach

Register

Impressum

Hier endete eine lustige Schlittenfahrt wohl unverhofft. (Kapitel 25)

Im Herrenzimmer des Landhauses Ilse findet sich dieser beeindruckende Deckenleuchter. (Kapitel 33)

Einst ein florierendes Kalk- und Dolomitwerk, heute ein ruinendurchsetztes Naturschutz-Refugium. (Kapitel 12)

VORWORT

Eine Landschaft, die dafür bekannt ist, dass über ihre Höhen ein kalter und eisiger Wind pfeift; eine Landschaft, die geprägt ist von der Kargheit ihrer Böden, die im wahrsten Sinne des Wortes »steinreich« sind; eine Landschaft, in der die Temperaturen immer zwei, drei Grad kälter sind als in den angrenzenden Tälern, scheint geradezu prädestiniert für einen Reichtum an Ruinen, an verfallenen und vergessenen Orten, an Lost Places. Hier im Westerwald gibt es vielleicht sogar noch mehr lost als an anderen Orten. Darüber hinaus konserviert der Westerwald; man hat den Eindruck, hier dauert selbst der Verfall länger als in anderen Regionen.

Verlassene Orte haben etwas Verwunschenes, Verbotenes, zuweilen schwingt auch etwas Gruseliges, Magisches mit. Und immer stellen sich einem Fragen wie: Was war hier vorher? Wer lebte hier, wer arbeitete hier? Warum ist es so gekommen, wie es gekommen ist? Auf der Suche nach solchen Lost Places erhält man Tipps, man recherchiert, fragt nach, gewinnt Eindrücke und bekommt Informationen, Mosaiksteinchen, die sich schrittweise zu einem oftmals überraschenden Gesamtbild zusammenfügen. Nicht selten steht man staunend und fasziniert inmitten einer bis dato völlig unbekannten Welt.

Lost Places sind – bei allem innewohnenden Verfall – ein Geschenk. Man kann sich an und in ihnen erproben. Die Art und Weise, wie in geschlossenen Foren oder auf Videokanälen verlassene Orte präsentiert werden, lässt in vielen Fällen auf noch unentdeckte Talente der Präsentierenden schließen. Zuweilen. Zum anderen steht man manchmal ratlos da, fragt sich, warum eine Indoor-Tennishalle verfallen muss, statt Kindern zur Verfügung gestellt zu werden, warum unterirdische Klinikbereiche leer stehen oder ob es nicht sinnvollere Nutzungsmöglichkeiten für ein Thermalbad geben könnte.

Manchmal gibt es ungläubig fragende Blicke: Wie, lagerten hier, hier vor meiner Haustür, etwa Atomwaffen? Es gibt unterirdische Toilettenanlagen, stillgelegte Fabrikgelände. Tanzpaläste, die nicht mehr schwingen, Geisterstädte. Es gibt auch völlig faszinierende Entdeckungen: eine Bauhaus-Perle. Wie toll ist das denn?! Oder einen verwunschenen, märchenhaften Turm mitten im Wald. Tja, und zwischen all dem treibt ein Massenmörder sein Unwesen.

Nicht zuletzt ist da noch dieses Endzeitgefühl, zu sehen, wie das Menschengemachte verfällt, die Natur sich ihren Raum zurückerobert. Man steht, sieht. Und schweigt. Man wird klein, wohl auch demütig, erhält vielleicht den Hauch eines Gefühls, wie winzig und unbedeutend doch jede und jeder von uns im ewig währenden Lauf der Geschichte ist.

Nicht ganz ungefährlich … der Boden ist nass und schmierig, die Brüstung nur kniehoch und der Weg abwärts tief und tödlich. (Kapitel 14)

VERHALTENSREGELN FÜR LOST PLACES

1. Behandeln Sie die Orte mit Respekt

Jedes Bauwerk und jedes Gebäude erzählt eine Geschichte aus vergangenen Tagen. Dies gilt es zu schützen. Und auch wenn es nicht immer so aussieht, hat jeder Lost Place einen Eigentümer. Dies ist zu respektieren; Zuwiderhandlungen können ernsthafte rechtliche Konsequenzen haben. Betreten Sie keine Gebäude oder Grundstücke unbefugt, zerstören oder beschädigen Sie nichts, öffnen Sie nichts gewaltsam. Trägt der Ort ein »Betreten verboten«-Schild, darf er nicht betreten werden. Sie begehen sonst Hausfriedensbruch. Auch wenn das Tor angelweit offen steht oder ein riesiges Loch im Zaun klafft. Sind Fenster oder Türen verschlossen, soll das auch so bleiben. Gehen Sie respektvoll mit dem Ort um – sei es eine Kultstätte im tiefsten Wald, eine baufällige Ruine oder eine prachtvolle Kirche.

2. Nehmen Sie nichts mit, lassen Sie nichts da

Wenn Sie etwas von einem Lost Place mitnehmen, und sei es noch so klein, ist das Diebstahl. Wie bereits unter Punkt 1 gesagt, haben all diese Orte einen Eigentümer. Daher gilt die Regel: Alles bleibt, wie es ist. Belassen Sie es bei den schönen Einblicken und Fotos, die Sie vor Ort machen. Das bedeutet auch: Lassen Sie nichts zurück – keine Essensreste, keine Kaugummis, keine Zigarettenkippen.

3. Rauchen verboten

Das bringt uns zum nächsten Punkt: Rauchen verboten. Zollen Sie dem ehrwürdigen Ort Respekt und verzichten Sie für die Zeit, die Sie da sind, auf das Rauchen. Zigarettenkippen brauchen nicht nur 15 Jahre zum Verrotten (und sollten deshalb ohnehin nirgends achtlos weggeworfen werden), sondern können schnell auch ein verheerendes Feuer verursachen.

4. Keine Graffitis

Dass Sie nichts hinterlassen sollen, gilt ebenso für »Kunstwerke« an den Wänden. Lassen Sie die Mauern, wie sie sind. Auch die Menschen nach Ihnen sollen den Ort so erleben können, wie er früher einmal war.

5. Seien Sie vorsichtig und gehen Sie nicht allein

Besonders wichtig: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Das gilt vor allem bei Lost Places. Brüchige Mauern, frühere Keller, herumliegende Überreste oder Müll, aber auch natürliche Gegebenheiten (Bodenlöcher, Höhlen) bergen Gefahren. Zudem liegen manche der Objekte recht einsam. Deshalb ist es ratsam, einen Lost Place immer mindestens zu zweit, besser noch zu dritt zu besuchen. Nur so kann, sollte eine Person verletzt sein, die zweite vor Ort bleiben und die dritte Hilfe holen. Außerdem weiß man nie, wen man vor Ort trifft. Plünderer, Spinner oder Betrunkene … auch sie sind gerne rund um Lost Places anzutreffen. Da ist es beruhigender, nicht allein unterwegs zu sein.

Dahinter liegt ein Schloss, kein Scherz! Auch wenn es wohl doch noch knapp dreihundert Fußmeter entfernt ist. (Kapitel 18)

Die baulichen Überreste der Peterszeche im Buchhellertal sind wahrlich imposant. (Kapitel 15)

 1 

EIN ZUCKERHUT ZUM ZÄHNEAUSBEISSEN

Der Hochbunker Limburg

Dieses noch nicht ganz hundertjährige Monument ist nur schwerlich zu übersehen. Und doch geschieht es. Täglich strömen unzählige Menschen an ihm vorbei, shoppen oder schlemmen in der WERKStadt Limburg oder der Altstadt. Fragt man sie nach dem Hochbunker, den sie passiert haben, erntet man ungläubiges Staunen und fragende Blicke.

Adresse Joseph-Schneider-Straße, 65549 Limburg, Landkreis Limburg-Weilburg, Regierungsbezirk Gießen, Hessen GPS 50.38487643320416, 8.057341445905156 Anfahrt Mit der Bahn bis Limburg; mit dem Auto A3 bis Limburg, dann B54 bis WERKstadt Limburg

Zum Zähneausbeißen vielleicht dann doch zu groß, dafür aber umso »darker«.

DAS AREAL, auf welchem man sich dereinst in Limburg mit allen möglichen Aspekten des Eisenbahnwesens beschäftigte, war rund 12,9 Hektar groß und hat eine bahngeschichtlich interessante Vergangenheit. Geheimrat Hendel und Oberingenieur Hilf waren es, die für die Eisenbahnabteilung des Herzoglich-Nassauischen Ministeriums im Jahr 1862 die »Limburger Werkstätte« erbauen ließen, eröffneten und später verwalteten. Später hieß das Ganze »Bahnausbesserungswerk Limburg«. Die Eisenbahn war »in«, das Bahnfahren boomte – auch ohne Deutschlandticket. Bedingt durch die rasante Nachfrage nach dem Fortbewegungsmittel Bahn war es nötig, die bestehenden Werkstattbauten, in welchen Lokomotiven, Personen- wie auch Triebwagen ebenso repariert und gewartet wurden wie Weichen, stetig zu verändern und zu erweitern. Was war nicht alles auf dem Gelände zu finden! Drei Richthallen in denen sich ein Lokomotivbereich, eine Personen- und eine Güterwagenwerkstatt befanden. Es gab eine Elektrowerkstatt, ein Verwaltungsgebäude, ein Kesselhaus (zur Temperierung der Gebäude) und eine Schmiede. Limburg war ein Eisenbahnknotenpunkt.

VOM AUSBESSERUNGSWERK ZUM EINKAUFSCENTER Historische Gebäude mit Tendenz zur Bauruine … Denkmalschutz … Zentrale Lage in der schönen Altstadt … Wie bekommt man all diese Gegebenheiten unter einen Hut? Vielerorts wirken sich Ratlosigkeit und klamme Kassen lähmend auf Entscheidungsfindungen aus, manchmal fügt es sich aber auch in eine sinnvolle Richtung. Limburg an der Lahn ist so ein Fall. Dank der Initiative und des Engagements des aus hiesigen Gefilden stammenden Marcel Kremer konnte das vormalige Ausbesserungswerk denkmalgerecht saniert werden und dient heute als Erlebnis- und Einkaufscenter. Der Charme, den das 26.000 Quadratmeter große Gebäude architektonisch ausstrahlt – die gründerzeitliche Industriehalle ist mit ihren gusseisernen Stützen in Konstruktion und Aufbau mit einer historischen Markthalle verwandt –, macht den Komplex, die sogenannte WERKStadt Limburg, zu einem besonderen Einkaufserlebnis, was natürlich auch daran liegt, dass die alleine im Erdgeschoss der Haupthalle angesiedelten über 60 Ladenpavillons dazu angehalten werden konnten, sich in ihrer Außenwerbung zu bescheiden, um nicht das imposante Erscheinungsbild von Richthalle, Stützen und Lichtdach optisch zu unterminieren.

Schutzsuchende sollten den Kopf nicht an die Außenwand lehnen: Ertaubungsgefahr!

DER BAU DES BUNKERS Der ebenfalls auf dem Gelände liegende zuckerhutförmige Bunker hingegen wurde nicht den modernen zeitgeistigen Erfordernissen angepasst. Nordwestlich der Haupthalle, direkt am hinteren Parkplatz gelegen, mahnt er ein wenig vergessen an vergangene bombenlastige Zeiten. 20 Meter hoch ist der Luftschutzbunker der »Bauart Winkel« – benannt nach dem Architekten Leo Winkel (1885–1981), der die ebenfalls nach ihm benannten Türme entworfen hat. Ein Turm ist weitestgehend unverändert erhalten geblieben, was ihn zu einem besonderen bauhistorischen Monument werden ließ, zumal von den insgesamt 200 in Deutschland errichteten Winkeltürmen heute nur noch wenige erhalten und kaum in jenem originalen Zustand sind wie dieser in Limburg. Bereits 1939 wurde mit seiner Errichtung begonnen. Die Ende 1940 beschäftigten Eisenbahner des Ausbesserungswerkes Limburg sollten »im Fall eines Falles« hier Zuflucht finden – mögliche Bombenangriffe auf das Kerngebiet des damaligen Deutschen Reiches wurden zynisch einkalkuliert. Nicht minder zynisch war die Testung der Winkel-Luftschutztürme ab Januar 1936 unter strengster Geheimhaltung auf einer Erprobungsstelle durch die Luftwaffe: Um die Wirkung von Bombentreffern auf das menschliche Gehör einschätzen zu können, wurden im Innern des Bunkers Ziegen angebunden – ihr Gehör ähnelt dem des Menschen. Die Versuche ließen fast alle Ziegen ertauben. Die hieraus resultierende Empfehlung lautete: Im Bunker Schutz suchende Menschen sollten einen Abstand von 30 bis 50 Zentimeter zur Außenwand einhalten.

Dieser Notausgang ist von außen nicht als solcher wahrzunehmen.

DER BUNKER HEUTE Es war üblich, Winkel-Hochbunker auf einem Bett aus Eisenspänen zu errichten, was zu erwartende Erschütterungen dämpfen sollte. Davon merkt man natürlich nichts, wenn man den Bunker heute begeht. Dass es sich um ein Kulturdenkmal handelt, welches in das Denkmalsverzeichnis des Landes Hessen eingetragen ist, kann man hingegen nachlesen. Die Hauptpforte des Bunkers ist durch eine 300 Kilogramm schwere Eisentür verschlossen, was einen spontanen Besuch unmöglich werden lässt – allerdings lassen sich, in Absprache mit dem CenterManagement der WERKStadt, individuelle Besuchstermine arrangieren. Wer so in den Bunker gelangt, darf über die Kargheit eines Zweckbaus staunen. Vom Erdgeschoss führt eine Treppe eine Etage nach unten. Nach oben windet sich das Treppenhaus um die Turmmitte herum bis hinauf in den achten Stock, wobei die Außenwände immer näher kommen – schließlich verjüngt sich der Turm ja zuckerhutartig. Beim Weg nach oben umkreist das Treppenhaus – auf jeder Etage – eine mittig angesiedelte Toilette. Die meisten sind noch vorhanden. An den Innenseiten der Außenwände finden sich Holzbänke, preußisch korrekt mit Sitzplatznummern. Mit Kreide finden sich an den Wänden Additionsziffern und -berechnungen, vermutlich wurde hier die Belegung erfasst. Für die Frischluftversorgung im Turm waren »Luftschutzraumbelüfter« der Auergesellschaft AG, hergestellt im Werk Oranienburg, vorgesehen. Sie sind auch heute noch vorhanden, und einer davon – auch für den Handbetrieb geeignet, im Falle eines Bombenangriffes war ja nicht auszuschließen, dass der Strom ausfallen könnte – ist immer noch funktionstüchtig. 500 Menschen sollten hier bei einem Angriff Schutz finden. Das wirkt wenig, waren doch Ende 1940 rund 1358 Menschen im Ausbesserungswerk beschäftigt; für das Jahr 1944 wurde sogar eine durchschnittliche Zahl von 1642 Arbeitskräften errechnet. Nüchternes Kalkül ließ die Bunkergröße jedoch als ausreichend erscheinen – zum einen waren die Beschäftigten im Zweischichtbetrieb tätig, mindestens die Hälfte also ohnehin nicht vor Ort, zum anderen scheint es fraglich, ob auch zwangsgeknechtete Arbeitende Bunkerzugang erhalten haben. Der Bunker selbst ist recht robust. Er hat vier Bombenangriffe (19.04.1944, 19.09.1944, 23.12.1944 und 25.03.1945) schadlos überstanden. Allerdings war nach dem letzten Bombenhagel im März 1945 das Werk zu 85 Prozent zerstört.

»Luftschutzraumbelüfter« der Augergesellschaft AG, geeignet für Hand- und elektrischen Betrieb und voll funktionstüchtig

Stadtbesichtigung

Limburg ist ein besonderes Erlebnis. Da ist die fußläufig (fast) unmittelbar angrenzende romantisch-schöne Altstadt. Da ist der beeindruckende Dom. Da ist ein Bischofssitz, in welchem sich bis heute – trotz anderweitiger bundesweit medialer Berichterstattung – keine goldene Badewanne gefunden hat. Und da ist die Lahn, die auf verschiedenste Weise auf dem Wasserweg erkundet werden kann.

 2 

ES KLAPPERTE DIE MÜHLE

Die Lachnit Mühle im Saynbachtal

Ein Weindorf als Grenzstadt wird zur boomenden Industrieregion, in welcher viele Menschen arbeiten. Sie alle wollen versorgt sein, was das mahlende Mühlengewerbe zu einer lukrativen Einnahmequelle werden lässt – Kollateralnutzen könnte man dies nennen. Auch die Lachnit Mühle profitierte.

Adresse Im Sayntal, 56271 Isenburg, Verbandsgemeinde Dierdorf, Landkreis Neuwied, Rheinland-Pfalz GPS 50.467409382732484, 7.579250270136099 Anfahrt Mit der Bahn bis Bendorf; mit dem Auto A48 bis Bendorf/Sayn, dann B413 bis Lachnits-Mühle

Einst ein stolzes, idyllisches Mühlenanwesen, heute, nun ja …

DAS WEINDORF Wer die um Bendorf liegenden Hänge betrachtet, kann dort alte etagen- und terrassenförmige Weinbergsanlagen erkennen. Die aus Bendorf stammenden Weine von Hanglagen wie dem »Rheinnieder«, dem »Kaltbrennchen«, der »Rheinhell« oder dem »Hörgraben« waren früher weithin bekannt, der Handel erstreckte sich bis an den Niederrhein. Wein war die Haupteinnahmequelle Bendorfs. Bis zum Winter 1784/85. Der nämlich war so kalt und eisig, lang und streng, dass sämtliche Rebstöcke erfroren, was den gesamten Weinbau und diese Einnahmequelle zum Erliegen brachte.

DER GRENZORT Hilfreich für den Wohlstand Bendorfs (und dem Handel nicht abhold) war sicherlich auch Bendorfs Rolle als Grenzstadt. 1791 zum Beispiel war Bendorf (durch Erbfolgen, Verkäufe und Händel) zum einzigen preußischen Ort am gesamten Mittelrhein geworden und grenzte unmittelbar an napoleonisches Hoheitsgebiet. Als Napoleon abdankte, grenzte Frankreich zwar nicht mehr unmittelbar an Bendorf, doch behielt der Ort diesen Charakter, grenzte nun an Nassau, welchem er von 1803 bis 1815 schon einmal angehört hatte – aber das ist eine andere Geschichte. Als Grenzstation mit eigenem Zollposten blieb dem einstigen Weinort jedenfalls überregionale Aufmerksamkeit erhalten.

DER INDUSTRIESTANDORT Insbesondere seine besondere Lage bereitete den Boden, dass sich das Graben, Schmelzen und Weiterverarbeiten von Erz in Bendorf rentierte; Transport- und Handelswege waren günstig. Zur in Oberhof schon ansässigen Steinefabrik Simon Flohrs errichteten Remy und Hoffmann 1804 am Eingang des Mühlentals eine Eisenhütte, die sogenannte »Obere Hütte«. 1807 waren von den 1500 hier lebenden Menschen 80 Handwerksmeister, 1838 entstanden eine Kupfer- und die Lossenshütte, 1842 eine »feuerfeste Steinefabrik« (heute Didier-Werke). Es gab eine Bleiweiß- und Menningfabrik sowie zwei Cichorienfabriken. Und es gab viele Menschen, die dort arbeiteten.

Der nur wenige Meter vom historischen Mühlengebäude errichtete Rohbau wurde nie vollendet.

So manches vom einstigen Mühlenbetrieb ist noch vorhanden, wirkt nun allerdings doch recht fehl am Platz.

Sieht zwar eigentlich nur leidlich einladend aus, …

… überrascht dann aber doch mit seinem Innenleben.

DER MÜHLENBOOM