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- Herausgeber: via tolino media
- Kategorie: Gesellschafts- und Liebesromane
- Sprache: Deutsch
- Veröffentlichungsjahr: 2023
Spiele niemals ein Spiel, dessen Regeln du nicht beherrschst. Schon gar nicht, wenn der Mann, der das Spiel erfunden hat, sie einfach ändert. Cole Craft hat genauso viele Geheimnisse in seinem Leben wie Geld auf dem Konto. Und das ist okay, denn ich möchte keines von ihnen wirklich wissen. Ich möchte nur eines von ihm. Die Erfüllung meines tiefsten, dunkelsten Verlangens, das schon so lange in mir wütet, wie ich Dates mit Männern habe. Die Dunkelheit, die mich so lange angezogen hat, umgibt Cole wie ein gut sitzender Mantel, und ich fühle mich in seiner Gegenwart wie ein Taucher, der auf die Tiefe zuschwimmt, obwohl er weiß, dass er dort nicht mehr sehen kann. Oder atmen. Aber genau das ist es, was ich will. Und brauche. Cole ist dafür genau der richtige Mann. Eiskalt. Dominant. Und so unglaublich heiß. Bis ich plötzlich vor einem Problem stehe, das ich jahrelang verdrängt habe, und es nun um viel mehr geht als unser sinnliches Spiel. Auf einmal brauche ich Coles Dunkelheit nicht nur für meine Lust. Ich brauche sie, um den Tod davon abzuhalten, mich erneut verschlingen zu wollen.
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ROSE BLOOM
Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet. Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.
Bitte beachtet: Erfundene Figuren müssen sich nicht um Verhütung oder Krankheiten kümmern! Das sieht in der Realität allerdings anders aus, deshalb seht dieses Buch in diesem Thema nicht zu eng.
1. Auflage, 2019
© 2019 Rose Bloom – alle Rechte vorbehalten.
Rose Bloom
c/o Papyrus Autoren-Club
Pettenkoferstr. 16-18
10247 Berlin
www.rose-bloom.de
Lektorat: Natalie Röllig, Lektorat Bücherseele
Coverdesign:
Einzigartig Buchdesign, Sandra Maier
Vorwort
Auch wenn die Erzählung so beginnt, die Story ist keine Ménage-à-trois.
Es geht hier nicht um eine Frau und zwei Männer, sondern alles Weitere nach der Vorgeschichte wird sich um Cole und Eve drehen. Ian darf zu einem späteren Zeitpunkt seine eigene Geschichte erzählen!
Ganz. Allein. Wie er es verdient.
Vielleicht ist das Buch ein bisschen dunkler als die, die ihr sonst in der letzten Zeit von mir kennt.
Vielleicht ist es für einige nicht so dunkel, dass die Geschichte den Namen »Dark Romance« tragen darf.
Trotzdem geht es um Kontrolle, um Hingabe, um Verlangen und um noch viel mehr als das.
Aber am besten rede ich nicht so lange um den verdammt heißen Brei und nutze Coles Worte:
»Ich mache dir einen Vorschlag, Eve, aber sag nicht, ich hätte dich nicht ausreichend gewarnt, wenn du darauf eingehst und doch erkennst, es war ein Fehler, sich auf mich einzulassen. Denn das musst du unbedingt tun. Dich vollständig und mit jeder Faser deines Körpers auf mich einlassen. Sonst funktioniert dieses Spiel zwischen uns nicht.«
»Von was sprechen wir?«
»Von deiner Lust, die sich mit meiner ergänzt. Absolut und mit deiner gesamten Seele.«
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Zu finden in Spotify:
Rose Bloom – Lost in Fire
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Ihr werdet sehen, dass vor allem die Band BANKS mich sehr inspiriert hat ;-)
Viel Spaß beim Reinhören:
Gesaffelstein, The Weekend – Lost in Fire
Lawrence Taylor – Chains
Gesaffelstein, HAIM – So Bad
Agoria, Blasé – You’re Not Alone
Deorro – Wild Like The Wind
Lastlings – Deja Vu
Kaskade – On Your Mind
BANKS – Waiting Game
BANKS – Drowning
BANKS – This Is What It Feels Like
BANKS – Stick
Vasser – Blind Faith Talking
Boy Epic – Dirty Mind
Jonas Aden – Strangers Do
BANKS – Gimme
BANKS – Gemini Feed
BANKS – Haunt
BANKS – 27 Hours
Nick Peters – Heartless
Xavi – Brot & Wasser
Alexis Troy – Freak like Me
Laxcity, Ezra James – Under a Lampshade
Zip Zip Trough the Night – I Feel You
AC Sessions – Where Did You Go
SG Lewis – Flames
Flight Facilities – Need You
Justine Skye, Tyga – Collide
Daniele Di Martino, Max Joni – We Leave The Past Behind
King Princess – Prophet
Kapitel 1
New York war bekannt für gute Partys, vor allem an Silvester. An jeder Ecke tummelten sich Menschen, die den Eintritt in das neue Jahr feiern wollten. Es gab Galadinner in Fünfsternehotels, eine Riesensause am Times Square, zahlreiche private Partys in irgendwelchen Wohnungen und auch besondere Veranstaltungen, in die nicht jeder reinkam. Meine beste Freundin Delia hatte zwei Karten für solch eine ergattert und mich überredet, mitzukommen. Eigentlich war ich eher der Typ, der sich zu Hause eine Flasche guten Rotwein aufmachte und das neue Jahr in Ruhe vor dem Fernseher und mit »Dinner for One« einläutete. Mittlerweile zumindest.
Aber dieses Jahr kam ich nicht drum herum, denn im letzten hatte ich Delia schon versprochen, endlich mal wieder mit ihr einen draufzumachen. Wie mit Anfang zwanzig, als die Stadt noch uns gehörte und wir vor keinem Abenteuer oder One-Night-Stand zurückschreckten. Ja, wir hatten uns die Hörner abgestoßen, aber mittlerweile war ich einunddreißig und hatte genug von irgendwelchen wilden Partys oder fremden Betten, in denen man am nächsten Morgen mit einem gigantischen Kater aufwachte.
Außerdem bekam ich über den Jahreswechsel nie frei und musste übermorgen wieder frisch und konzentriert in der Anwaltskanzlei sein, in der ich endlich seit diesem Jahr als Partnerin eingestiegen war.
Spark & Smith. Ich war immer noch stolz, mich nach fünf Jahren harter Arbeit endlich bewiesen zu haben. Und das als Frau, die oft nur mit einem Augenzwinkern und milden Lächeln von den Männern in unserer Branche wahrgenommen wurde.
»Das wird so gut!«, sagte Delia und trippelte auf ihren Zehn-Zentimeter-Stilettos in dem Industriefahrstuhl hin und her. Das vierzig Stockwerke hohe Gebäude war erst vor einigen Wochen fertiggestellt worden und stand noch komplett leer. Außer anscheinend der oberste Stock, in dem die Party stattfand.
Ich strich mir mein knappes, rosé glänzendes Kleid glatt und checkte mein Make-up in der spiegelnden Edelstahlwand neben mir. Meine schwarzen Haare trug ich heute offen, meine blauen Augen leuchteten durch dunkle Smokey Eyes. Eigentlich war ich recht zufrieden mit meinem Aussehen, denn durch die hohen Hacken, die ich aufgrund meines Jobs sowieso gewohnt war, wirkten meine Beine meterlang. Ja. Ich konnte sagen, obwohl ich mit meinen Zwanzigern auch die Größe sechsunddreißig hinter mir gelassen hatte, fühlte ich mich besser als jemals zuvor.
Die Tür glitt auf, und wir stiegen aus. Der glänzende Steinboden reflektierte das wenige Licht, das von einzelnen Strahlern der Decke herabschien. Es roch nach frischer Farbe, und vor allem war es totenstill.
»Bist du dir sicher, dass die Party hier stattfindet?«, fragte ich.
Delia zog zwei Einladungskarten aus ihrer Handtasche. Sie waren schwarz, und es standen einseitig nur einige Buchstaben in goldener Schrift darauf.
»Ja. Hier steht ganz klar die Adresse.«
Ich ging zu einer Tür, die anscheinend zu einem Appartement führte. Dahinter hörte man nichts, und am Klingelschild befand sich kein Name. »Wie heißt der Typ, der die Party veranstaltet?«
»Calvin oder Colton oder so was, ich hab keine Ahnung, Eddie hat uns die Karten beschafft und sagte, das wäre die heißeste Party in der Stadt! Wir sollten unbedingt vorbeischauen.«
»Toll nur, dass hier überhaupt nichts ist.«
»Sie muss hier irgendwo sein.« Delia lief den Flur hinunter und winkte mich zu sich. »Komm mit!« Ich stöckelte ihr hinterher, und die Absätze unserer Schuhe hallten durch den leeren Gang.
»Moment.« Delia drehte die Karte in ihrer Hand und hielt sie gegen das Licht. »Hier steht noch was.«
»Und das wäre?« Ich spähte über ihre Schulter, und tatsächlich, aus diesem Blickwinkel erschienen noch weitere Buchstaben auf dem Papier.
»Finde die rote Tür«, murmelte Delia und sah mich an. »Was soll das heißen?«
»Keine Ahnung.« Ich zuckte mit den Schultern. »Ich komm mir vor wie Alice im Partyland.«
Delia schnaubte lachend. »Du weißt, halt dich fern von Flaschen, auf denen Trink mich steht.«
»Oder weißen Kaninchen mit Hut und Taschenuhr, die kryptische Versprechungen machen.«
Wir liefen weiter und gingen um die Ecke. Am Ende des immer dunkler werdenden Flurs erschien eine rote Tür.
»Ha! Siehst du!«, triumphierte Delia. Als wir sie erreicht hatten, hielten wir inne.
»Gibt es irgendein Codewort oder so was?«
»Wir sind hier nicht in einem James-Bond-Film, Eve.« Meine Freundin lachte erneut. Sie drückte die massive Klinke nach unten und schob die Tür auf. Ich half ihr, denn das Ungetüm war wirklich schwer.
»Scheiße, das Ding ist nicht gerade für Frauen gemacht!«
Ich war nun wirklich gespannt, was dahinter erschien. Enttäuschung machte sich in mir breit.
»Eine Treppe? Ich dachte, wir wären bereits ganz oben?«
»Anscheinend nicht«, antwortete Delia, und wir stiegen die Stufen nach oben. Es wurde immer wärmer, und ich war froh, dass wir unsere Mäntel in meinem Auto unten vor der Tür gelassen hatten.
Plötzlich vernahm ich etwas. Dumpfe Musik schallte durch das kleine Treppenhaus, in dem wir immer höher und höher gelangten.
»Na siehst du, ich hab doch gesagt, sie ist hier!« Delia strich sich ihren blonden Pony aus der Stirn.
Am Ende der Treppe gab es eine einzige Tür. Wir klingelten und warteten eine kleine Ewigkeit. Die Spannung in mir stieg an, und irgendwie fühlte es sich gut an, nach der letzten anstrengenden Zeit mal wieder etwas zu erleben. Viel zu lange hatte ich mich zu Hause verschanzt und war nur zwischen meiner Wohnung und dem Büro hin- und hergependelt.
Die Tür ging auf, und ein großer Typ in einem Anzug begrüßte uns. Das Einzige, was nicht passte, war das winzige Partyhütchen auf seinem kahl rasierten Schädel. Er sah so aus, als hätte man ihn dazu gezwungen, und darauf wies auch seine düstere Miene hin.
»Hi, wie gehts?«, fragte Delia. Sie stand auf breite Typen mit Glatze. Ich unterdrückte ein Kichern.
»Einladung«, brummte er nur, und Delia streckte ihm die Karten mit ihrem schönsten Lächeln entgegen.
Er nickte und ging einen Schritt zurück, damit wir eintreten konnten. Nun standen wir mittendrin.
Vor uns erstreckte sich ein riesiges, loftartiges Appartement. Es schien nur aus einem einzigen großen Raum zu bestehen. Auf der rechten Seite befand sich ein gigantischer Wohnbereich mit frei stehendem gläsernen Kamin, einer enormen cremefarbenen Sofalandschaft, einem Essbereich mit sicherlich zwanzig Stühlen und auf der anderen Seite einer offenen Küche. Dahinter war eine graue Betonwand hochgezogen worden, die auf der linken Seite offen war. Vielleicht ging es dort in ein abgetrenntes Schlafzimmer.
Überall standen, saßen oder tanzten Menschen. Die Bude war total überfüllt. Ich hätte nicht sagen können, wie viele Leute an diesem Ort heute Silvester feierten, aber es fühlte sich an, als wäre ganz Manhattan hier versammelt.
Sofort kam eine Kellnerin und hielt uns ein Tablett mit Sektkelchen entgegen, in denen rote Früchte schwammen. Wir griffen uns jeweils ein Glas und ließen den Eindruck, der auf uns einströmte, wirken.
»Wow«, sagte Delia.
»Ja.« Mehr konnte ich nicht erwidern.
»Los, lass uns ein wenig umschauen und Eddie suchen. Er muss hier irgendwo sein.«
»Den finden wir hier nie!«
»Und wenn, wir lernen ganz bestimmt andere Leute kennen, mit denen wir feiern können. Hast du die Typen gesehen?«
Oh ja, und wie ich sie gesehen hatte. Aber nicht nur sie, auch die Frauen wirkten wie aus einem Modekatalog. Alle trugen feinste Kleidung, die Frauen viel Schmuck, die Männer teure Uhren. Ich verdiente als Anwältin selbst nicht wenig, aber das hier toppte alles. Die Dekadenz strömte nur so aus jedem Gegenstand und jeder Ecke in diesem verdammt bonzigen Penthouse.
Wir stürzten uns ins Getümmel, nickten oder lächelten manchen Leuten zu und hatten, obwohl wir niemanden kannten, trotz allem Prunk und Glitzer sofort das Gefühl, dazuzugehören. Irgendwie verband uns wohl alle die Einladung, an die nicht jeder ranzukommen schien. Obwohl ich es nicht leiden konnte, wenn man seine Kohle so zur Schau stellte, war es doch ein kleines Privileg, hier dabei zu sein.
»Oh. Mein. Gott!«, rief Delia gegen die Musik an, die immer lauter wurde, je weiter wir vordrangen. »Ein Infinity Pool auf einer Dachterrasse, die größer ist als der Central Park!«
Wir durchquerten die offene Balkontür und ließen den Geruch von schwerem Frauenparfüm und süßen Getränken hinter uns. Eiskalte Luft ließ mich sofort frösteln, und ich sah mir skeptisch die Frauen und Männer an, die nur in Schwimmsachen oder Unterwäsche in dem Pool badeten.
»Es sind Minusgrade, was denken die sich dabei?«, fragte ich skeptisch.
»Vielleicht ist der Pool beheizt, schau die Dampfschwaden, die hochsteigen.«
»Beheizt oder nicht, hier zu baden ist eine Schwachsinnsidee.«
»Früher hättest du es getan«, sagte Delia und presste die dunkelrot geschminkten Lippen aufeinander. Ihre blonden Haare wirkten dazu wie ein perfekter Kontrast.
»Früher dachte ich auch noch nicht an Blasenentzündungen oder daran, dass ich übermorgen wieder arbeiten muss.«
»Langweilerin«, neckte sie mich. »Heute ist die letzte Nacht im Jahr! Die kommt nie wieder! Morgen kannst du immer noch weiter Spießer-Eve sein! Sei heute mal wieder Spaß-Eve! Ich vermisse sie!« Delia schmollte wie ein kleines Kind, und ich verdrehte die blauen Augen, musste aber trotzdem grinsen.
»Spaß-Eve?«
»Ja! Mit ihr konnte ich nächtelang durchtanzen, nackt im Hudson River baden oder Riesenrad auf Coney Island fahren! Wo ist sie hin? Sie ist mit deinem Job einfach gegangen! Sei mutig, verrückt und hab Spaß! Nur heute Nacht!«
»Meine Güte«, fluchte ich, drückte ihr meine Clutch in die Hand und schälte mich aus meinem trägerlosen, eng anliegenden Kleid. »Die Unterwäsche lasse ich aber an! Und wenn meine Haare oder mein Make-up nachher eine Katastrophe sind, bist du schuld!«
»Yeah!« Meine Freundin riss die Arme in die Luft, legte unsere Taschen auf einen Stuhl, der in der Nähe des Pools stand, und zog sich ebenfalls aus. Wir schmissen unsere Kleider daneben, nahmen uns bei der Hand und rannten schreiend auf das Wasserbecken zu. Mit einem hohen Sprung warfen wir uns ins Wasser, das an uns hochspritzte, und tauchten beide wieder lachend auf.
»Stundenlanges herrichten im Bad, und jetzt sehen wir so aus!« Delia grinste und fuhr sich mit den Fingern unter ihren mascaraverschmierten Augenrändern entlang.
Ich musste lachen. Seit Langem mal wieder so sehr, dass mir der Bauch wehtat.
»Danke.«
»Gern geschehen. Ich wusste, dass es dir danach besser geht.«
»Und der Pool ist wirklich beheizt«, stellte ich trocken fest.
»Ja, gut, nicht wahr?« Delia stieß sich ab und ließ sich einige Meter auf dem Rücken treiben, während die Leute um uns herum ebenfalls ihren Spaß hatten. Ich sah mich um, schöpfte hin und wieder das warme Wasser über meine nackte Haut.
Der Pool ragte tatsächlich einige Meter über die Hausfassade und war komplett aus Glas, sodass man die bunte Stadt direkt unter sich hatte. Es sah beeindruckend aus, wie die Lichter in der Nacht glitzerten und es manche Menschen nicht abwarten konnten und schon ein paar Feuerwerksraketen in der Luft explodieren ließen. Die Musik von drinnen dröhnte hier raus, drang mir ins Ohr und direkt in meinen Schädel, der sich mit einem Klicken abstellte. Mir ging es tatsächlich gut. Ich fühlte mich fantastisch, wagemutig und ein bisschen wie früher.
Ich wandte mich von der Aussicht ab und schaute wieder Richtung Wohnzimmer. Die Fassade bestand komplett aus bodentiefen Fenstern, und von hier hatte man einen wunderbaren Blick ins Innere und über die gesamte Terrasse. Mein Kopf bewegte sich automatisch zum eingängigen Housebeat, und meine Laune hob sich immer weiter.
Und plötzlich blieb ich an zwei dunklen Augen hängen. Mein Herz klopfte mir auf einmal bis zum Hals. Ein Mann stand draußen neben einem Stehtisch. Er trug einen anthrazitfarbenen Anzug, der seine breite Statur wie maßgeschneidert hervorhob, hatte eine Hand in seiner Hosentasche, während sich die andere lässig auf dem Tisch abstützte. Sein schwarzes Hemd war zwei Knöpfe am Hals geöffnet. Keine Krawatte. Ich biss mir auf die Unterlippe. Seine dunkle Ausstrahlung vereinnahmte, lähmte mich und beschleunigte meine Atmung, ohne dass ich es hätte kontrollieren können.
Er fixierte mich, ohne auch nur ein einziges Mal zu blinzeln. Obwohl neben ihm zwei hübsche Frauen und ein Kerl standen, die sich zu unterhalten schienen, beteiligte er sich nicht am Gespräch.
Ich sah unauffällig umher, konnte aber niemanden neben mir erkennen, den er eigentlich meinen könnte. Delia quatschte mit ein paar Typen und bekam überhaupt nichts mit.
Ich wagte erneut einen Blick, und der Mann war verschwunden. Trotz warmen Wassers lief es mir eiskalt den Rücken hinunter.
Wer war denn das gewesen?
Kapitel 2
»Eve!« Ruckartig drehte ich mich um. »Komm her!« Delia winkte mich zu sich, und ich kämpfte mich durch das Wasser zu ihr.
»Das sind Thomas, Ian und Matthew«, sagte sie und deutete auf drei Typen. Zwei davon standen ebenfalls im Pool, einer saß am Beckenrand. Er trug noch seine Klamotten, hatte jedoch die Hose ein Stück nach oben gekrempelt und ließ seine Füße ins Wasser baumeln. Anscheinend war ihm zu kalt, um schwimmen zu gehen, was ich irgendwie verstehen konnte. Mir imponierte, dass er sich nicht dem Gruppendruck seiner Freunde beugte. Nicht so wie ich.
»Das ist Eve, meine Freundin, von der ich eben gesprochen habe.«
Mit gerunzelter Stirn sah ich Delia an. Was hatte sie ihnen erzählt? Dass sie mich hierherschleifen musste oder dass ich schon ewig nicht mehr auf einer Party war?
»Du bist also Anwältin?«, fragte der Typ am Rand. Ah. Also das.
Ich nickte. »Ja, genau.«
»Cool, ich bin Ian, spezialisiert auf Verkehrsrecht.« Er hob die Hand zum Gruß.
Ich war überrascht. Während sich Delia mit den anderen beiden unterhielt, schwamm ich näher zu Ian und hielt mich am Beckenrand fest. »Scheidungsrecht.« Ich schenkte ihm ein kleines Lächeln, und er erwiderte es.
»Wollte ich auch erst machen, aber dann hab ich mich doch dagegen entschieden. Ist hart, Menschen, die sich mal geliebt haben, so zu sehen, oder?«
»Meistens gibt es einen triftigen Grund dafür, dass sie sich trennen, und oft ist es sogar besser.«
»Wetten, in siebzig Prozent ist der Mann schuld.«
»Was sonst?«
Ian lachte. Er machte wirklich einen netten, sorglosen Eindruck, hatte dunkelblonde Haare, breite Schultern und ein atemberaubendes Lächeln mit einem Grübchen auf der rechten Wange. Damit sah er ausgesprochen gut aus und wäre mir früher auf einer Party auf jeden Fall aufgefallen.
»Du kommst nicht von hier, oder?«, fragte er, und ich schüttelte den Kopf. Ich kannte die Reaktion auf meinen Dialekt hier in New York.
»Nope, ich bin keine waschechte New Yorkerin«, antwortete ich. »Meine Familie kommt ursprünglich aus Rhode Island. Ich bin des Studiums wegen mit Anfang zwanzig hierhergezogen.«
»Wusste ich es doch! Mein Cousin kommt von da. Früher haben wir ihn jeden Sommer besucht. Ich stand auf die Strände in Jamestown, vor allem auf eine ganz bestimmte einsame Bucht … Diese Erinnerung vergisst man als sechzehnjähriger pubertierender Teenie nie wieder.«
»Die Bucht oder das Mädchen, mit dem du wahrscheinlich da warst?«, erwiderte ich grinsend.
»Die Bucht natürlich.« Er hob die Hände. »Was denkst du von mir? Ich bin einer der guten Jungs.«
»Natürlich.« Wir hielten einen Moment den Blickkontakt, dann nickte er zu meiner Gänsehaut auf den Armen.
»Ist dir kalt?«, fragte er, lehnte sich zurück und nahm sich ein Handtuch von einer Liege.
»Ein bisschen, ja.« Er breitete es aus und half mir hinauszuklettern. Ich wickelte mich in das weiche Stück Stoff, das mich fast ganz verdeckte.
»Ich sollte mich anziehen, wenn ich keine Eiszapfen in meinen Haaren riskieren will.«
»Könnte ein neuer Trend werden.« Ian schmunzelte, stand ebenfalls auf und sah mich erwartungsvoll an. Eigentlich hatte ich es nicht darauf angelegt, heute eine Bekanntschaft zu machen, aber Delia hatte recht. Viel zu lange hatte ich mir ein bisschen Spaß verwehrt. Wieso diesen nicht mit einem lockeren Typen wie Ian haben?
»Delia, ich zieh mich wieder an und geh kurz rein. Bleibst du noch?«, fragte ich, und sie winkte ab.
»Ja, ich komm gleich nach.«
»Ich begleite sie«, sagte Ian, und seine zwei Freunde grinsten breit, während er sich die Schuhe wieder anzog. Egal, was sie dachten, in diesem Moment war es mir gleichgültig, und ich war einfach nur froh, aus der Kälte herauszukommen.
Auf dem Weg nach drinnen sammelte ich unsere Klamotten, Taschen und Schuhe ein, damit sie nicht doch noch geklaut oder weggeräumt wurden, und durchquerte das volle Wohnzimmer. Der schwarze Steinboden war kalt unter meinen nackten Füßen, und ich spürte Ians große Hand in meinem Kreuz, der mich sicher durch die Menge lotste.
»Weißt du, wo das Badezimmer ist?«, fragte ich laut gegen die Musik an und lehnte mich ein Stück zu ihm, damit er mich verstand. Ich spürte seine Brust an meiner Schulter. Er war einen Kopf größer als ich, und es fühlte sich so an, als wäre er recht gut trainiert. Sein Oberkörper war hart, und sein dunkelblaues Hemd spannte leicht über seiner Brust. Außerdem roch er wirklich verdammt gut.
»Ja, den Flur da hinunter, zweite Tür links.« Er deutete in eine Richtung.
»Bin gleich wieder da«, sagte ich. »Nicht weglaufen, Yankee«, schob ich noch nach, und er zwinkerte mir zu.
»Würde ich nie wagen, Snow White.« Diese Bezeichnung hatte ich aufgrund meines Aussehens schon öfter gehört.
Während sich Ian der Menge zuwandte und im Takt der Musik mit dem Kopf nickte, lief ich den Gang entlang, warf einen Blick auf einige ausgesprochen geschmackvolle Schwarz-Weiß-Gemälde und erreichte die Tür, hinter der sich ein gigantisches Badezimmer erstreckte. Alles war aus schwarzem Marmor, bis auf die Wände, die mit großen weißen Kacheln bestückt waren. Anscheinend mochte der Typ, der hier wohnte, diese Farbkombi. Die zwei Waschbecken bestanden aus Naturstein, genauso wie die Badewanne. An der linken Seite gab es eine ebenerdige Regendusche.
Mittlerweile zitterte mein Körper vor Kälte, und meine Unterwäsche klebte durchnässt an meiner kalten Haut. Vielleicht sollte ich mich nur kurz unter den warmen Wasserstrahl stellen, um mich aufzuwärmen. Ich konnte es mir nicht leisten, krank zu werden. Also schloss ich die Tür ab, damit mich niemand überraschte, dann ließ ich das Handtuch auf den Boden sinken und schlüpfte aus meiner Unterwäsche. Ich hängte sie auf den Handtuchwärmer zum Trocknen und stieg in die Dusche.
Als das warme Wasser meine kühle Haut traf, seufzte ich wohlig auf. Meine Güte, tat das gut. Ich legte den Kopf in den Nacken und genoss den Wasserstrahl, der mir wärmend über das Gesicht und das Haar floss. Mit den Händen strich ich es mir aus dem Gesicht und sah mich um. Ich entdeckte ein Männerduschgel und ein Shampoo. Als ich die Packung öffnete, schnupperte ich daran und musste zugeben, dass es wirklich gut roch. Nach Sandelholz, Moschus und weißem Lavendel. Das zumindest stand auf der Packung.
Ich seifte mich damit ein und schloss die Augen, während ich auch meine Haare von dem Chlorwasser befreite.
Plötzlich sah ich eine Bewegung in meinem Augenwinkel und drehte mich ruckartig um. Eine weitere Tür ging auf, die mir zuvor überhaupt nicht aufgefallen war. Shit!
Hektisch stellte ich das Wasser ab und versuchte, mich zu bedecken, aber es war zu spät. Ein Mann kam herein und blieb abrupt stehen. Er sah genauso überrascht aus wie ich, und Moment … das war doch der Typ von vorhin!
Aus der Nähe sah er noch besser aus. Der Anzugstoff spannte über seinen breiten Schultern, seine dunkelbraunen Haare waren oben ein wenig länger als an den Seiten und zerzaust, als hätte soeben eine Frau ihre Hände darin vergraben, und sein Gesicht war männlich, kantig und nicht glatt rasiert. Das war ein Prachtexemplar von einem Mann, und ich stand, wie Gott mich geschaffen hatte, vor ihm.
Großartig.
Sein Blick heftete sich an mein Gesicht, glitt nur ganz kurz an meinem Körper hinab, und sofort stellten sich meine Brustwarzen auf. Vielleicht aber auch, weil die Dusche an einer Seite offen war und es mittlerweile ganz schön zog, nachdem ich das Wasser ausgestellt hatte. Wir fixierten uns durch die Glasscheibe der Dusche, an der kleine Tröpfchen und Wasserdampf die Sicht auf mich zum Glück ein wenig trübten.
»Ähm, sorry, ich wusste nicht, dass es noch eine Tür hier gibt …«, stotterte ich.
»Kein Problem«, erwiderte er, und seine Stimme war dunkel, so dunkel. Ich überkreuzte immer noch meine Beine und hielt die Hände vor meine Brüste, aber als wäre die Situation nicht peinlich genug, kam er auf einmal um die Dusche herum. Wieder schlug mir das Herz bis zum Hals, und ich spürte, wie heiße Röte in mein Gesicht schoss. Was hatte er vor?
Er nahm sich ein Handtuch von einem Haken und reichte es mir. Dabei berührten sich unsere Finger, ich nahm ihm den weichen Stoff schnell aus der Hand und schlang ihn um meinen zitternden Körper.
Hinter ihm sah ich durch die geöffnete Tür, dass es sich bei dem Raum nebenan um so etwas wie ein Arbeitszimmer handelte. Wohnte er hier? War er der Gastgeber? Wieso war er dann in seinem Büro und nicht mitten auf der Party?
»Ich wollte nicht unhöflich sein und einfach deine Sachen benutzen, aber nachdem ich im Pool war, war mir so kalt, und ich wollte nicht krank werden …«, plapperte ich drauflos.
»Fühl dich ruhig wie zu Hause. Ich hab nichts dagegen, wenn eine schöne Frau bei mir duscht.« Er sagte das in solch einem trockenen Ton, dass ich nicht wusste, ob er mich gerade verarschen wollte oder es tatsächlich ernst meinte.
»Du schmeißt also diese Party? Du hast ein wirklich schönes Appartement«, sagte ich, als führten wir eine stinknormale Unterhaltung. Ich verdrängte den Umstand, dass ich immer noch nackt unter dem dünnen Handtuch war und gerade ein fast zwei Meter großer, volltrainierter Adonis vor mir stand und mich mit seinem tiefen Blick immer noch musterte. Shit.
»Danke, ich bin erst vor einer Woche eingezogen.«
Er lächelte weiterhin nicht oder zuckte überhaupt mit den Mundwinkeln. Das irritierte mich. Er irritierte mich.
»Ja, ähm, ich unterhalte mich sehr gerne mit dir, und sorry noch mal, dass ich einfach deine Sachen benutzt habe, aber könnte ich mich vielleicht anziehen?«
»Tu dir keinen Zwang an«, erwiderte er, rührte sich jedoch nicht von der Stelle.
Ich trat einen Schritt aus der Dusche, um ihm zu zeigen, dass ich nun wieder allein sein wollte. Uns trennten nur noch wenige Zentimeter, und der Duft seines Parfüms oder Aftershaves zog zu mir. Ich roch sowieso schon durch sein Duschgel selbst nach ihm, und trotzdem musste ich flacher atmen, weil mich die Duftnote auf seiner Haut fast überwältigte.
Mit der Zunge fuhr ich mir über die Lippen, eine dumme Angewohnheit, in die ich immer dann verfiel, wenn ich nervös oder konzentriert war. Sein Blick wanderte zu meinem Mund, und nicht das erste Mal fragte ich mich, wie es wohl wäre, von ihm geküsst zu werden. Einem Fremden. Jemandem, von dem ich noch nicht mal den Namen kannte. Spontan zu sein. Verrückt. Wild.
Früher stand ich auf One-Night-Stands. Ich war sowieso nicht der Typ Frau, der sich eine Beziehung, Heirat und Kinder wünschte, also kamen mir die schnellen Nummern gerade recht. Ich brauchte das ganze Drumherum nicht, daher nahm ich mir nur, wonach sich mein Körper sehnte. Die meisten Männer hatten damit kein Problem, und auch dieses Exemplar vor mir schien der perfekte Typ dafür zu sein, denn ich nahm nicht an, dass er eine Frau zum Heiraten suchte, wenn er so eine Party hier schmiss. Aber sollte ich aufs Ganze gehen oder doch lieber einen Rückzieher machen und zurück zu Ian flüchten? Der erschien mir … harmloser. Ja, das war das richtige Wort für ihn. Er war bestimmt ungeachtet dessen ein solider Liebhaber. Außerdem war er nett und witzig und heiß.
Aber Mister Ich-verziehe-keine-Miene machte mir irgendwie Angst. Und trotzdem brachte er meinen Körper dazu, allein unter seinem dunklen Blick förmlich zu zerfließen. Er barg definitiv Gefahrenpotenzial und war ganz bestimmt keine sichere Nummer. Nein.
Ich trat wieder einen Schritt zurück und zog das Handtuch enger.
»Dürfte ich mich allein anziehen?«, fragte ich, und zum Glück nickte er beherrscht.
»Selbstverständlich.« Er drehte sich ohne ein weiteres Wort um und verließ den Raum. Entweder wusste er einfach nicht, wie man Small Talk betrieb, oder er war ein Soziopath. Aber egal, was es war, ich sollte mich besser von ihm fernhalten.
Kapitel 3
»Danke fürs Warten«, sagte ich und lief auf Ian zu. »Und sorry, dass es so lange gedauert hat, ich hab mich noch kurz unter der Dusche aufgewärmt.« Einen Föhn hatte ich nicht gefunden, dafür lagen meine vorher glatt gestylten Haare nun in wirren Wellen auf meiner Schulter.
»Kein Problem, auf dich warte ich gerne«, erwiderte er, und ich war mir wieder sicher mit meiner Entscheidung. Ian war zuvorkommend, wusste, wie man sich mit einer Frau unterhielt, und übergab mir ein Sektglas. Alles in allem genau das, was ich heute Abend brauchte, um mal wieder den Kopf abzustellen.
»Wollen wir uns ins Getümmel schmeißen und ein bisschen tanzen?«, fragte er, und ich nickte.
»Sehr gerne!«
»Deine Freundin ist auch gerade reingekommen.« Er deutete in die Menge und ich folgte seinem Blick. Delia trug ein viel zu großes Jackett von irgendeinem Kerl und tanzte sich die Seele aus dem Leib. Ich liebte an meiner besten Freundin, dass sie sich um die Meinung anderer Menschen in der Regel nicht scherte. Sie tat das, was ihr Spaß machte, und war trotzdem so rücksichtsvoll, niemanden dabei zu verletzen. Sie war wie ich gegen jede Art einer festen Beziehung zu einem Mann. Wir beide hatten nichts übrig für Händchenhalten, Fernsehabende oder gemeinsame Frühstücke, und wir hatten dafür unsere Gründe. Jede von uns. Sie war mir an einem Punkt in meinem Leben begegnet, an dem ich genau so eine Freundin gebraucht hatte. Und ihr erging es ebenso.
Ich hatte immer noch ihre Klamotten und ihre Handtasche und steuerte nun direkt auf sie zu.
»Eve! Da bist du ja!« Sie strahlte über das ganze Gesicht.
»Hier, deine Sachen«, rief ich ihr zu, und sie lächelte mich dankbar an. »Wenn du dich aufwärmen und anziehen willst, den Flur hier runter ist ein Badezimmer.« Ich dachte kurz daran, was Delia wohl machte, wenn dieser wortkarge Kerl bei ihr hereinplatzte. Sie nutzte die Chance ganz sicher.
»Ach, das geht schon«, sagte sie und winkte ab. Sie legte das Jackett ab, übergab es einem von Ians Freunden und schlüpfte ohne Umschweife vor versammelter Mannschaft in ihr Kleid und ihre High Heels. Wobei das niemanden zu stören schien, denn alle hier wollten sich anscheinend einfach nur amüsieren, außerdem hatte sie sowieso schon jeder in Unterwäsche gesehen.
Ich trank den Sekt leer, Ian nahm mir das Glas ab und stellte es einer Kellnerin auf das Tablett, danach tanzten wir zusammen. Er kam mir dabei immer näher, und ich machte keine Anstalten, seine Avancen abzuwehren. Im Gegenteil. Ich genoss die Aufmerksamkeit, die er mir schenkte, drehte mich um und drückte meinen Rücken gegen seine harte Vorderseite. Er schlang die Arme um meine Hüften, und wir bewegten uns eng umschlungen zum eingängigen Beat der Musik. Ian wusste definitiv, wie man sich bewegte, und sein Hüftschwung, der mit meinem verschmolz, ließ mich die Augen schließen und an andere Dinge denken, die wir heute noch anstellen konnten.
Auch Delia machte keinen Hehl daraus, was ihr heutiges Ziel war, und tanzte gleich mit beiden Typen, als gäbe es kein Morgen. Es wurde immer stickiger und heißer, und ich sah auf meine roséfarbene Armbanduhr. Nur noch zwei Stunden bis zwölf Uhr, und bis jetzt war der Abend wirklich toll. Ich warf Delia aus Dankbarkeit einen Kussmund zu, als sie sich zu mir umdrehte, und sie lächelte glücklich. Egal wie sehr ich mich in meinem Schneckenhaus verkroch, meine beste Freundin war immer zur Stelle, um mich wieder hervorzuziehen. Dafür dankte ich ihr mein restliches Leben.
Irgendwann hatten wir genug vom Tanzen und setzten uns gemeinsam in eine Sitzgruppe im Wohnbereich. Wir unterhielten uns darüber, was wir sonst in der Freizeit taten, dass Delia und ich zweimal die Woche zum Kickboxen gingen und die Jungs auf Spiele der New York Knicks standen. Sie waren wirklich nett, und ich rutschte tiefer in Ians Arm, den er hinter mir auf der Rückenlehne abgelegt hatte, während sein Freund davon erzählte, wie er vor zwei Wochen von einer Rooftop-Party geschmissen worden war, weil er zum ersten Mal Absinth getrunken und sich total danebenbenommen hatte. Wir lachten viel, und ich genoss den Abend, der mich immer höher trug, bis ich mich vollständig gehen lassen konnte, den Alltag vergaß und mich fast wieder so fühlte wie damals. Als Delia und ich noch jedes Wochenende die Bars und Partys der Stadt unsicher gemacht hatten.
Irgendwann bekam ich Durst, und die Kellnerinnen ließen sich nicht mehr in unserer Ecke blicken. Ich sah hinüber zu der Küche, in der auf der Arbeitsplatte zahlreiche Getränke und sogar kleine Kanapees standen. Mein Magen rumorte, als mich der Hunger übermannte. Ich musste unbedingt etwas essen, wenn ich nicht noch vor Mitternacht sturzbetrunken in einer Ecke liegen wollte.
Ich sagte Ian Bescheid, der zustimmte, mich zu begleiten. Kurz bevor wir bei der Küche waren, bog er ab zur Toilette, und ich ging vor. Dort angekommen nahm ich mir ein Tomaten-Mozzarella-Spießchen und schob mir noch einige Cracker mit einer roten, würzigen Creme in den Mund. Ich spürte einen warmen Körper hinter mir und lehnte mich gegen ihn.
»Hab ich dir schon gesagt, dass du von hinten wirklich fantastisch aussiehst?«, vernahm ich Ians Stimme in meinem Ohr und musste lächeln. Seine Hände fuhren vor zu meinem Bauch, ein wenig nach unten in Richtung meiner Oberschenkel und hoben ein Stück den Stoff meines Kleides an. Die Mischung aus seinen festen Berührungen, seinem warmen Atem auf meiner sensiblen Haut und dem leichten Anflug von Betrunkenheit ließ mich angespannt und kribbelig werden. »Komm mit«, flüsterte er, und ich drehte mich zu ihm um.
»Wohin?«
»Das wirst du gleich sehen«, sagte er und hatte ein atemberaubendes Grinsen auf den Lippen, das alle meine Bedenken zum Stillschweigen zwang. Seine Finger fanden meine Hand, und er zog mich von der Küche weg, um die Ecke und hinter die Wand, die den Wohnbereich abtrennte. Dahinter lag wie vermutet ein Schlafbereich mit breitem, kniehohem Doppelbett, das mit schwarzer Satinbettwäsche bezogen war. Darüber hing ein gemaltes Schwarz-Weiß-Bild von einem tosenden Meer bei Sturm. Ich konnte kaum den Blick davon abwenden. Irgendetwas zog mich unfassbar daran an. Es war dunkel, tiefgründig und wild.
»Wir sollten nicht hier sein«, sagte ich leise, aber Ian drückte mich mit dem Rücken gegen die Wand neben einer hellen Kommode. Ich stellte mir vor, wie Mister Wortkarg sich hier morgens fertig machte, nachdem er aus dem Bett aufgestanden war. Nur in Shorts.
»Wer sagt das?« Ians blaue Augen funkelten dunkel vor Lust.
»Derjenige, dem das Schlafzimmer gehört, wird bestimmt nicht begeistert sein, wenn er uns hier erwischt.«
Ian begann meinen Hals zu küssen, und seine Hände fuhren meine Seiten hinauf zum Ansatz meiner Brüste. Mist, das machte er verdammt gut. Sein Knie schob sich zwischen meine Beine, und ich öffnete die Schenkel ein Stück für ihn, sodass mein knappes Kleid nach oben rutschte und kitzelnd über meine Haut strich.
»Stehst du nicht ein bisschen darauf, wenn man erwischt werden könnte?«, flüsterte er in mein Ohr und biss mir leicht ins Ohrläppchen. Die Geräusche der Party waren fast so laut wie vor der Wand. Jederzeit könnte jemand vorbeilaufen und sehen, was wir hier trieben. Und trotzdem hatte Ian recht. Es machte mich wahnsinnig an, das Gefühl zu haben, erwischt zu werden.
Ian schob mein Kleid noch weiter hoch und streichelte sanft die Außenseiten meiner Oberschenkel. Ich stöhnte unterdrückt und krallte mich in den Stoff über seinem breiten Rücken. Ja, er fühlte sich definitiv gut an.
»Du bist verdammt heiß, weißt du das? Seitdem ich dich in Unterwäsche gesehen habe, kann ich nur daran denken, wie eng du bist, wenn ich dich ficke«, wisperte er rau, und sein Finger fuhr weiter zarte Kreise, bis er zu meiner Mitte fand und leicht über mein Höschen strich. Ich drängte mich seiner Hand entgegen und unterdrückte mein Stöhnen, indem ich fest den Mund gegen den Stoff seines Hemdes presste.
Er leckte und saugte weiter an meinem Hals, meiner Schulter und meinem Ohr, während ich den Kopf gegen die Wand lehnte und mich rhythmisch seiner Hand entgegenschob, die immer wieder gegen meine Mitte drückte. Es war zu wenig. Viel zu wenig. Ich wollte gerade zu ihm sagen, dass er schnell machen sollte, als tatsächlich eine dunkle Gestalt hinter ihm auftauchte. Ich erstarrte, krallte mich tiefer in Ians Rücken, aber der hörte nicht auf, sondern schob den Stoff meines Höschens zur Seite. Während ich spürte, dass ich immer feuchter wurde, tauchte Ian mit zwei Fingern in mich ein und stöhnte leise in mein Ohr. Und ich konnte den Blick einfach nicht von dem Mann mit der dunklen Aura abwenden, der immer noch hinter ihm stand und uns dabei beobachtete, wie Ian es mir in seinem Schlafzimmer mit den Fingern besorgte. Seine Miene wirkte genauso unbeweglich wie vorhin, als er mich im Badezimmer überrascht hatte. Der einzige Unterschied war, dass ich an der Beule in seiner Hose und seinem aufgewühlten Blick eindeutig erkannte, was er in diesem Moment fühlte. Er war angeturnt, genauso sehr wie ich.
Ich stöhnte lauter, dachte nicht mehr an die Partymeute, die uns hören könnte, öffnete die Schenkel noch ein Stück, sodass auch unser Beobachter sah, wie sehr ich mich nach mehr verzehrte. Ian hob meinen linken Oberschenkel an und legte ihn um seine Hüfte, um noch besseren Zugang zu mir zu haben, während ich weiterhin in die dunklen Augen des Mannes hinter ihm sah. Das Kribbeln in meinem Unterleib wurde stärker, übernahm meinen gesamten Körper. Ich genoss Ians Liebkosungen und die Blicke unseres Beobachters und verlor mich in ihnen. So tief. So dunkel. Wie das tosende Meer auf dem Bild über seinem Bett. Auf den ersten Blick wirkte er blass, schwarz-weiß, aber in seinem Inneren herrschte eine Wildheit, die mir den Atem nahm. Er unterdrückte sie, das konnte man fühlen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, seine Lippen pressten sich aufeinander, und sein Kiefer zuckte. Was kostete ihn seine Beherrschung? Was würde er jetzt gerne tun? Uns rausschmeißen oder Ian von mir wegziehen und es mir selbst besorgen?
Mein Körper bebte, meine Atmung wurde immer schneller, Ian flüsterte mir ins Ohr, wie heiß ich war, wie sehr er es genoss, in meine feuchte Hitze zu tauchen, und wie sehr sich sein Schwanz danach sehnte, es seinen Fingern gleichzutun. Ich sehnte mich genauso, aber nicht nur nach ihm. Meine gesamte Vernunft schaltete sich ab und wollte zwei Dinge auf einmal. Ian und noch jemand anderen, von dem ich nicht mal den Namen wusste. Ich wusste nur, dass mir allein seine Anwesenheit den Atem raubte und sich eine extreme Sehnsucht brennend durch meine Nerven fraß.
Wie konnte ein einziger Blick so etwas in mir hervorrufen?
Während Ian seine Finger nun schneller in mich schob, drückte er den Handballen gegen meine Klit, und es war um mich geschehen. Ich kam.
