Lost Stories - Alice Valeré - E-Book

Lost Stories E-Book

Alice Valeré

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Beschreibung

Die Wahrheit liegt verborgen zwischen Gut und Böse, in Geschichten die niemand erzählt. Blicke hinter das magische Tor und entdecke die Geheimnisse einer dunklen Königin, die Ängste einer jungen Hexe und den Zwiespalt eines mächtigen Drachen. Acht fantastische Kurzgeschichten in einem Band.

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Seitenzahl: 159

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Für mein Bloggerteam.

Danke für eure unermüdliche

Unterstützung und Geduld.

Jasmin Schwarze

Diana Mattu

Armen Smorra

Mara Leukhardt

Alina Czerwinski

Sandra Grabinski

Mary-Jo-Anne Luley

Aya Rose

INHALT

Dämonenseele

Das Geschenk des Schicksals

Der Fluch einer Fee

Der Traum der Vergangenheit

Eine „Lunaris“ Geschichte

Hexenspiele

Drachenherz

Von Lust geleitet

Eine „Der Fluch der sieben Todsünden“ Geschichte

Die Treue der Unheiligen

DÄMONENSEELE

Schwer hustend krümmte ich mich auf dem Boden und versuchte angestrengt wieder zu Atem zu kommen. Doch es war vergeblich. Das Gefühl zu ersticken wurde größer und jeder Muskel meines Körpers spannte sich an, kämpfte gegen das Unvermeidliche. Darum bemüht, leise zu sein, presste ich mir das Taschentuch fester auf meinen Mund. Mich durfte niemand hören. Wenn sie mitbekamen, dass ich krank war, dann würde man mir verbieten, an der Mission teilzunehmen. Dabei hatte ich so hart dafür gearbeitet.

Immer wieder überkam mich ein Hustenanfall. Ein Schweißfilm bildete sich auf meiner Stirn, mein Herz raste in meiner Brust und Tränen standen in meinen Augen.

Verzweifelt streckte ich eine Hand nach dem kleinen Fläschchen aus, das neben mir am Boden lag. Die grüne Flüssigkeit zischte darin und blubberte bedrohlich, als ich kurz die Hand vom Mund nahm und den Korken entfernte. Die ganze Zeit über presste ich meine Lippen fest aufeinander und versuchte, jeden erneuten Hustenanfall zu unterdrücken. So schnell es mir nur möglich war, führte ich das Gebräu an meinen Mund und trank es in einem Zug leer. Ich verschluckte mich und musste noch stärker husten. Aber bereits in dem Moment, in dem die Flüssigkeit meine Kehle hinab ran, wurde das Gefühl zu ersticken schwächer.

Schwer keuchend blieb ich auf dem kalten Steinboden liegen, während ich das blutbesudelte Taschentuch noch immer in meiner Hand hielt. Vor kaum einem Monat hatten diese Anfälle begonnen und sie wurden von Tag zu Tag stärker. Ich wusste nicht, wie lange mein Körper noch durchhalten würde, aber mein Ziel war nah und keine Krankheit der Welt würde mich davon abbringen. Ich sammelte all meine Kraft, stemmte mich von dem kalten Boden hoch und krabbelt auf mein Bett zu. Immer wieder rutschten meine Arme unter mir weg und ich fiel wieder hin. Nur mit Mühe gelang es mir, mich an dem alten Holzpfosten des Bettes festzuklammern und daran hochzuziehen. Die Matratze gab unter mir nach, als ich mich wie ein nasser Sandsack darauf fallen ließ. Ich brauchte nur etwas Schlaf, dann würde es mir bald besser gehen.

Die grüne Flüssigkeit, genannt Levantarium, bestand aus einigen sehr seltenen Kräutern und Wurzeln. Sie unterdrückte die meisten Symptome für eine Weile und ließ mich rein äußerlich gesund erscheinen. Doch in Wahrheit verschlimmerte sie meine Krankheit und beschleunigte dessen Verlauf sogar noch. Umso öfter ich sie zu mir nahm, umso näher kam ich meinem Ende.

Aber ohne Levantarium würde ich bereits auf irgendeiner Krankenstation vor mich hinvegetieren. Hätten meine Ordensschwestern oder sogar die Ordensmutter selbst davon erfahren, dann hätten sie mich ohne Widerworte dort eingesperrt. Sie hätten versucht, mir zu helfen, obwohl ich bereits wusste, dass es keine Heilung für mich gab. Mich hatte nicht irgendeine kleine Krankheit befallen, die man so leicht behandeln konnte.

Nein.

Ich trug einen Dämon in mir, der meinen Körper immer weiter schwächte und dummerweise auch noch ein riesiger Idiot war.

»Dir ist schon klar, dass dieses ekelhafte Gemisch mich nicht daran hindert, weiter gegen deine innere Barriere anzukämpfen, oder?«, erklang seine tiefe Stimme in meinem Kopf.

Nicht nur, dass man meinen Körper zu seinem Gefängnis gemacht hatte, nein. Man hatte es leider versäumt zu verhindern, dass er in meine Gedanken eindrang. Er konnte jedes Wort hören und musste selbstverständlich zu allem einen Kommentar abgeben.

»Kannst du vielleicht ausnahmsweise nur für fünf Minuten deine Klappe halten?«, grummelte ich ihn in Gedanken an.

»Wenn es dich stört, dann kannst du mich natürlich gern befreien.«

Das konnte er schön vergessen. Der gesamte Orden war nötig gewesen, um ihn in den Körper eines Neugeborenen zu sperren. Zu meinem Unglück war eben ich dieses Baby gewesen und meine Mutter die Anführerin dieses Ordens. Sie überlebte den Zauber nicht, denn kurz nachdem man das Siegel auf meinen Bauch gezeichnet hatte, war eine Scharr Dämonen über uns hergefallen, die versucht hatte, unser Ritual zu unterbrechen. Glücklicherweise scheiterten sie. Obwohl meine Mutter tödlich verwundet wurde, schaffte sie es, den Zauber zu beenden.

Seit ich denken kann, höre ich Sythers Stimme in meinem Kopf und wenn ich meine Aufgabe erfüllte, dann würde das nach mir nie wieder jemand erleiden.

Der ursprüngliche Plan meiner Schwestern sah vor, dass nach mir Milana Syther in sich aufnehmen musste. Natürlich sollte das erst nach meinem Tod geschehen, immerhin war Milana gerade einmal zwei Jahre alt. Doch als Tochter unserer jetzigen Ordensmutter Ravenna wurde sie schon in ihrem jungen Alter aufgrund ihrer Abstammung dazu bestimmt, meine Nachfolge anzutreten.

Aber nach langer Suche glaubten wir, einen Weg gefunden zu haben, wie wir Syther endgültig vernichten konnten.

»Das klappt nicht, Süße«, schnurrt er, doch ich spürte seine Sorge. Der einzige Vorteil, den ich von dieser Verbindung hatte. Was auch immer einer von uns beiden empfand, der andere konnte es ebenso spüren.

»Akira?«, rief eine mir vertraute Person von der anderen Seite der Tür und versuchte, in mein Zimmer zu gelangen. Obwohl mir das Herz aus der Brust zu springen drohte, war ich überglücklich darüber, vorhin die Tür abgeschlossen zu haben.

»Ich komme gleich!«

Hastig sprang ich vom Bett, wobei mich sofort eine Welle aus Schwindel und Übelkeit zurück auf die Bettkante zwang.

»Verdammt!«, fluchte ich leise. Wenn ich in diesem Zustand beim Frühstück erschien, würde nur ein Wimpernschlag vergehen, ehe Ravenna auf mich aufmerksam wurde.

»Geh schon mal vor, Kiko. Ich brauche noch einen Moment.«

»Du liegst doch nicht etwa noch im Bett?« lachte meine beste Freundin, die nicht ahnte, was mit mir geschah. Ich fühlte mich schlecht, da ich ihr die Wahrheit verschwieg, aber es musste sein. Es hatte Jahre gedauert, bis wir die Dämonen aufgespürt hatten, die meinen Orden angegriffen hatten. Obwohl sie dabei meine Mutter ermordeten, ging es mir nicht um Rache. Ich wollte zurückholen, was sie uns damals gestohlen hatten. Ein uraltes Relikt, mit dessen Hilfe wir Syther besiegen konnten.

»Ihr werdet dabei nur sterben. Vergiss es lieber.«

»Hast du etwa Angst?«, fragte ich herausfordernd, doch Syther gab nur einen missbilligenden Laut von sich.

Er wusste, dass unser Plan gut war. In den vergangenen Jahren hatte ich uneingeschränkten Zugang zu seinen Gedanken gehabt, weshalb ich auch erfahren hatte, dass wir den Schlüssel zu seiner Vernichtung schon immer besaßen. Der Dolch, der seit Generationen von meinem Orden beschützt wurde, war vor hunderten Jahren aus Sythers Herz geschmiedet worden und trug seine Lebensessenz in sich. Wir glaubten, dass wenn man das Gefäß, in das Syther gebannt wurde, mithilfe des Dolches tötete, auch er starb.

»Das würde auch dein Ende bedeuten.«

Das war mir bewusst. Aber da ich ohnehin sterben würde, hatte ich keinen Moment lang gezögert. Mein Körper wurde von dem Bannzauber jeden Tag ein Stück weiter ausgezehrt. Nur dank meiner Vorliebe für Kräuterkunde hatte ich die letzten Monate überhaupt durchgehalten.

Doch alles hatte seine Grenzen. Es war nur eine Frage der Zeit, wann ich den Strapazen nicht länger standhalten konnte. Genau deshalb war es auch so wichtig, dass ich an der Mission teilnahm, anstatt auf einer Krankenstation auf mein unausweichliches Ende zu warten. Ich konnte selbst sicherstellen, dass wir das Artefakt zurückerlangten und mein Tod nicht vergebens sein würde.

»Jetzt beeile dich, Akira! Ich habe keine Lust, von Ravenna erwischt zu werden und drei Strafrunden um das Kloster drehen zu müssen.«

»Sie werden dich erwischen und dann ist es aus und vorbei mit deinem Plan«, lachte Syther, während ich mir nicht zum ersten Mal wünschte, dass er einen eigenen Körper hätte, nur damit ich ihn schlagen konnte.

Seufzend fuhr ich mir mit der Hand über das noch immer schweißnasse Gesicht. Ich liebte Kiko, aber sie trieb mich mit ihrer Sturheit in den Wahnsinn. Wieso konnte sie nicht einfach auf mich hören? Eine nervige Stimme, die sich nicht zurückhalten konnte, genügte für diesen Morgen.

»Geh voraus!«, rief ich ihr durch die noch immer verschlossene Tür zu.

»Dann wirst du ganz sicher zu spät kommen. Beweg deinen Hintern hier raus!«

Mein Kopf dröhnte und ich fühlte mich noch immer kraftlos. Ich musste Kiko loswerden. Lieber wollte ich mich Ravennas Zorn stellen, als mich mit der unnötigen Fürsorge des ganzen Ordens auseinanderzusetzen.

»Kiko«, jammerte ich. »Bitte!«

Einen Moment lang blieb es still.

»Na schön. Aber beeile dich.«

Ich konnte es kaum fassen. Obwohl ich froh war, endlich meine ersehnte Ruhe zu haben, überkamen mich Zweifel. Die Sorge, etwas über meinen Zustand preisgegeben zu haben, versetzte mir einen Kraftschub. Mühsam stand ich auf und schleppte mich zu dem Spiegel, der in einer Ecke meines Zimmers stand und vor dem eine kleine Waschschüssel platziert war. Ohne hineinzusehen tauchte ich die Hände in das kühle Nass und benetzte mein Gesicht.

Ich musste mich beruhigen. Kiko konnte unmöglich ahnen, in welchem Zustand ich mich befand. Vermutlich hielt sie meine abweisende Haltung nur für das Resultat einer zu kurzen Nacht.

»Tief durchatmen«, sagte ich mir selbst und warf einen Blick in den Spiegel. Dunkle Schatten umrahmten meine blauen Augen und ließen mich müde erscheinen. Doch ansonsten erkannte ich keine Spuren die verraten konnten, was ich in den Nächten allein in meinem Zimmer durchmachte.

»Das vielleicht nicht. Aber wenn man dich so sieht, könnte man glauben, dass du seit Wochen hungerst.«

»Wie schmeichelhaft«, antwortete ich laut. Doch Syther hatte leider recht. Ich hatte an Gewicht verloren, was sowohl meiner Appetitlosigkeit als auch den Anstrengungen geschuldet war.

So schnell es mir möglich war, schlüpfte ich in die Lederhose und das weiße Hemd, das wir alle zum Training trugen, und verließ mein Zimmer.

Wie erwartet fand ich Kiko und die anderen auf dem Trainingsplatz. Noch bevor ich sie erreichte, stellte sich mir jedoch Ravenna in den Weg und funkelte mich böse an.

»Jetzt gibt es Ärger, Prinzesschen!«, meldete sich Syther und ich hätte am liebsten laut aufgestöhnt.

»Halt die Klappe!«, fauchte ich und musste mich konzentrieren, nicht lauthals mit Beschimpfungen um mich zu werfen.

»Wo warst du?«

Ravennas braune Augen waren starr auf mich gerichtet.

Natürlich hatte sie meine Abwesenheit beim Frühstück bemerkt und war darüber alles andere als amüsiert. Sie ließ keine Gelegenheit aus, um uns zu sagen, wie wichtig eine ausgewogene Ernährung für unseren Körper und unsere Magie war.

»Ich habe verschlafen.«

Ravennas Augenbrauen schossen nach oben.

»Verschlafen?«

Ich nickte. »Ja. Ich konnte gestern Abend nicht einschlafen. Ich verspreche, das wird nicht wieder passieren.«

Das Misstrauen in Ravennas Gesichtsausdruck war kaum zu übersehen. Sie glaubte meine Lüge nicht. Ich war stets die Erste gewesen, die wach war, ganz gleich wie lange ich in der Nacht zuvor auf war.

Doch als sie die Schatten unter meinen Augen entdeckte, entspannten sich ihre Gesichtszüge etwas. Wie ich vermutet hatte, dienten sie als Beweis.

»Du wirst gleich nach dem Training in die Küche gehen und etwas essen.«

Ergeben nickte ich abermals, ehe ich schnellen Schrittes zu meinen Kameradinnen lief, wo Kiko bereits auf mich wartete.

Sie schwieg, bedachte mich aber mit einem Blick, der mir sagte: Ich habe dich gewarnt.

Zusammen begannen wir mit den Aufwärmübungen, die wir von klein auf gelernt hatten und seither jeden Tag absolvierten. Im Augenwinkel beobachtete ich Ravenna, die mich nicht aus den Augen ließ.

»Sie ahnt es.«

Genervt rollte ich mit den Augen.

»Versuch mich zu verunsichern, so viel du willst. Heute Abend stürmen wir das Versteck deiner Freunde und holen uns den Dolch. Und morgen wirst du dann endlich das Ende finden, das du verdient hast.«

Eine Panik, die nicht mir gehörte, durchflutete mich plötzlich.

»Du kennst mich nicht, sonst würdest du so etwas nicht denken.«

Ich schnaufte laut, was mir einen fragenden Blick von Kiko einbrachte. Doch ein Kopfschütteln genügte, um ihr zu verstehen zu geben, dass es mit Syther zu tun hatte. Meine beste Freundin wusste nur zu gut, wie oft ich in Gedanken mit dem Dämon stritt.

»Ich höre deine Stimme, solange ich denken kann und trotzdem behauptest du, dass ich dich nicht kenne?«

»Dann hast du mir scheinbar nie zugehört.«

Womöglich stimmte das. Immerhin hatte man mir beigebracht, dass ich der verlockenden Stimme des Dämons, mit dem ich meinen Körper teilte, niemals nachgeben durfte. Er könnte mich andernfalls verleiten, jenen zu schaden, die ich liebte.

Und trotzdem konnte ich nicht leugnen, dass Syther nicht immer gehässig und grausam zu mir war. Im Gegenteil. Als ich zum ersten Mal das Blut auf dem weißen Taschentuch sah, hatte ich schreckliche Angst. Syther hatte mich beruhigt und mir davon erzählt, wie es in seiner Heimat aussah, um mich abzulenken.

Schnell vertrieb ich die Erinnerung. Ich durfte jetzt nicht zweifeln. Wir waren unserem Ziel so nah. Auch wenn er zu mir nicht immer schlecht gewesen war, gab es doch genügend Gründe, weshalb man ihn gebannt hatte. Er hatte ganze Landstriche ausgelöscht und das nur, weil es ihm Spaß bereitete.

»Ravenna!«, schallte plötzlich eine von Furcht verzerrte Stimme über den Platz. »Wir werden angegriffen!«

Meine gesamte Muskulatur spannte sich bei diesen Worten an. Wie war das möglich? Wir waren seit Jahren nicht mehr zum Ziel der Dämonen geworden. Das hatte die schützende Barriere um das Kloster stets verhindert.

Ein Blick in Ravennas Richtung genügte. Ohne dass unsere Ordensmutter einen Befehl erteilen musste, rannten wir eilig zu unseren Zimmern. Alle Pläne waren vergessen. Was jetzt zählte, war die Verteidigung unseres Klosters.

Jeder von uns kannte seine Aufgabe, denn für einen solchen Fall trainierten wir jeden Tag.

In wenigen Minuten war ich zurück in meinem Zimmer, eilte zu dem alten Kleiderschrank und zog meine Lederrüstung samt meiner zwei Waffen heraus. Ich hatte von klein auf gelernt, mit den zwei Sai zu kämpfen. Es handelte sich um dolchartige Waffen, die aus drei Klingen bestanden, wobei die Mittelzinke etwa dreimal so lang wie die beiden äußeren war. Während meine Kameradinnen zumeist den Bogen oder das Schwert wählten, hatte ich mich für diese ungewöhnlichen Waffen entschieden. Vom ersten Moment an hatten sie mich fasziniert, denn die verschiedenen Grifftechniken ermöglichten es, sie sowohl als Stichals auch als Schlagwaffen zu nutzen. Nebenbei waren sie auch hervorragend zum Blocken von Schwertangriffen geeignet und erlaubten es mir trotzdem, schnell zu sein.

Nachdem ich meine Rüstung angelegt und meine Waffen ergriffen hatte, wurden die Mauern des Klosters plötzlich von einer ohrenbetäubenden Explosion erschüttert. Einen Augenblick lang bebte die Erde unter meinen Füßen und ich befürchtete, dass mir die steinerne Decke jeden Moment auf den Kopf fallen würde. Schreie erklangen und eilig stürmte ich wieder aus dem Zimmer.

Ich spürte, wie Syther neugierig die Umgebung durch meine Augen beobachtete, während seine Gedanken rasten. Einen Moment lang bildete ich mir sogar ein, so etwas wie Sorge wahrzunehmen. Nicht um sich selbst, sondern um mich. Doch das musste ich mir eingebildet haben. Denn bereits als mir der Gedanke kam, verschwand das Gefühl wieder, als wäre es nie da gewesen.

»Hast du eine Idee, wer uns angreifen könnte?«, wollte ich von ihm wissen.

»Nein. Aber du solltest dich auf einen anstrengenden Kampf vorbereiten. Wer auch immer für die Explosion verantwortlich war, meint es wohl ernst.«

Ich musste ihm zustimmen. Diese Explosion war ganz sicher magischen Ursprungs. Ich fürchtete mich davor, herauszufinden, wie groß die Zerstörung war und welche Opfer sie gefordert hatte. Doch für dunkle Gedanken blieb jetzt keine Zeit. Es war wichtig, dass ich mich konzentrierte. Ich musste ohnehin in die entgegengesetzte Richtung und würde erst nach dem Kampf erfahren, was genau passiert war.

Zusammen mit Kiko war es meine Aufgabe, das Westtor zu sichern und ein Eindringen der Feinde zu verhindern. Jedoch befürchtete ich, dass es dafür bereits zu spät war.

In der Hoffnung unterwegs auf meine Freundin zu stoßen, lief ich los. Aber zu meinem Bedauern kam ich nicht weit. Bereits nachdem ich den Gang entlang gerannt und um eine Ecke gebogen war, stieß ich auf zwei Dämonen. Einer hatte eine giftgrüne Hautfarbe und ledrige Flügel auf dem Rücken, während der andere einen vollkommen blauen und mit Dornen übersäten Körper besaß.

»Wächterdämonen«, sagte Syther und mich überlief eine Gänsehaut. Obwohl ich dazu ausgebildet worden war, Dämonen zu bekämpfen, war ich bislang nur wenigen begegnet. Noch dazu hatte es sich dabei nur um niedere Dämonen gehandelt, die im Vergleich zu den Zweien regelrecht harmlos waren.

»Es sind nur Wächter«, versuchte Syther mich zu beruhigen, der genau spürte, wie flau mir auf einmal zumute war. »Sei froh, dass es keine Königsdämonen sind.«

Ich schluckte schwer, als die gelben Augen der beiden Kreaturen sich auf mich richteten.

»Bleib ruhig und konzentriere dich. Finde ihre Schwachstellen!«, wies Syther mich an. Und obwohl mich seine Anwesenheit immer wieder in den Wahnsinn trieb, war ich froh, ihn in diesem Moment bei mir zu haben. Wenn mir jemand helfen konnte, das hier zu überstehen, dann er.

Ich atmete tief durch und nahm meine gewohnte Kampfhaltung ein.

Die beiden Dämonen zögerten nicht lange und griffen augenblicklich an. Während sich der grüne Dämon in die Luft erhob und auf mich zuschoss, stampfte der andere einmal kräftig auf den Boden auf und ließ ihn unter meinen Füßen vibrieren. Ein Riss bildete sich, der die Erde teilte und sich in rasender Geschwindigkeit auf mich zubewegte.

Noch bevor er mich erreichte, setzte ich mich in Bewegung. Mit einem kräftigen Sprung stieß ich mich von der Wand neben mir ab und schoss auf den blauen Wächterdämon zu, während ich seinem Kameraden damit geschickt auswich. Meine Waffen fest umklammert, griff ich an und attackierte seine linke Flanke. Schwarzes Blut spritzte, als die Klinge durch die dornige Haut fuhr und der Dämon jaulte auf.

Doch noch bevor ich mich darüber freuen konnte, tauchte auch schon der grüne Dämon neben mir auf und versetzte mir einen brutalen Schlag gegen den Rücken. Ich flog ein Stück weit nach vorn, landete unsanft auf dem harten Steinboden und schlug mir dabei die Ellenbogen auf, da ich meine Waffen nicht losließ. Sterne tanzten vor meinen Augen und ich japste angestrengt nach Luft. Ich wusste, dass ich zu schwach war, um mich mithilfe von Magie zu verteidigen. Doch so einfach würde ich nicht aufgeben.

Schnell rollte ich mich auf den Rücken, um meine Gegner wieder ins Visier nehmen zu können. Gerade noch rechtzeitig, denn schon im nächsten Moment schoss eine milchig grüne Flüssigkeit durch die Luft direkt auf mich zu. Nur um Haaresbreite verfehlte sie mich und verätzte mit einem zischenden Geräusch den Fußboden neben mir.

Ein diabolisches Grinsen erschien auf den Gesichtern meiner Feinde.

»Versuch zuerst den schwerfälligen Dämon auszuschalten. Dann kannst du dich auf den schnelleren konzentrieren.«

Ich schnaufte laut.

»Und wie soll ich das bitte anstellen?« Es war nicht gerade so, dass der grüne Dämon brav in der Ecke wartete, bis ich seinen Kameraden ausgelöscht hatte.

»Du hast ihn bereits verwundet. Nutz ihre Arroganz aus und ziel auf seinen Bauch!«

Schwerfällig kam ich wieder auf die Beine. Auch wenn es mir nicht gefiel, war Sythers Idee gut. Alle Dämonen hielten sich für etwas Besseres. Sie prahlten gern mit ihrer Stärke oder ihrem Aussehen. Obwohl letzteres eher ihrem zu großem Ego entsprang. Wächterdämonen waren grundlegend kein schöner Anblick. Aber das sollte man ihnen besser nicht sagen.