Love, ROMANCE & Mystery - Alfred Wallon - E-Book

Love, ROMANCE & Mystery E-Book

Alfred Wallon

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Beschreibung

Love & Romance... Der eine findet die Liebe seines Lebens sehr bald, der andere nie – und einige Menschen wiederum erleben mehrere Beziehungen im Wechselbad der Gefühle. Im Alltag, durch Zufall, oder auch durch Schicksal: Sechs Erzählungen über ganz normale Menschen, die der Liebe unverhofft im Urlaub oder sogar im Alltag begegnen... Mystery... Rätselhafte Begebenheiten und ungewöhnliche Schicksale – viele haben darüber gelesen, aber nur wenige haben Erfahrung mit Dingen durchleben müssen, welche auf unerklärliche Weise geschehen und diejenigen, die Zeuge dessen werden, für immer verändern: Vier Erzählungen über Mysteriöses, Geheimnisvolles, Unerklärliches...

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Alfred Wallon

Love, ROMANCE & Mystery

Zehn Erzählungen um Liebe, Romantik und Geheimnisvolles

Inhaltsverzeichnis

Das Buch

1. Wenn aus Zufall Liebe wird

2. Liebe auf den ersten Blick

3. Eiskalt betrogen

4. Karriere um jeden Preis?

5. Gefühle, die täuschen können

6. Flirt mit Folgen

7. Das unsichtbare Band

8. Nächtliche Begegnung

9. Zwischen zwei Welten

10. Wer zuletzt lacht...

Über den Autor

Weitere Bücher des Autors

Impressum

Das Buch

Love & Romance... Der eine findet die Liebe seines Lebens sehr bald, der andere nie – und einige Menschen wiederum erleben mehrere Beziehungen im Wechselbad der Gefühle. Im Alltag, durch Zufall, oder auch durch Schicksal: Sechs Erzählungen über ganz normale Menschen, die der Liebe unverhofft im Urlaub oder sogar im Alltag begegnen...

Mystery... Rätselhafte Begebenheiten und ungewöhnliche Schicksale – viele haben darüber gelesen, aber nur wenige haben Erfahrung mit Dingen durchleben müssen, welche auf unerklärliche Weise geschehen und diejenigen, die Zeuge dessen werden, für immer verändern: Vier Erzählungen über Mysteriöses, Geheimnisvolles, Unerklärliches...

1. Wenn aus Zufall Liebe wird

»Mama, pass auf!«, rief Oliver entsetzt, als ein metallicfarbener Audi TT plötzlich vor uns einscherte.

Die Bremsen meines kleinen Fiesta quietschten. Dadurch geriet der Wagen ins Schlingern. Aber zum Glück bekam ich das Auto rasch wieder unter Kontrolle.

Der Fahrer am Steuer des Audi TT schien sich jedoch überhaupt nicht darum zu kümmern, was er mit seinem rowdyhaften Verhalten beinahe verursacht hätte. Er fuhr einfach weiter. Selbst als ich auf die Hupe drückte und mehrmals mit den Scheinwerfern aufblendete, ignorierte er das. Er setzte seine riskante Fahrt einfach fort.

Ich musste jetzt erst einmal rechts ranfahren, weil meine Hände zitterten und mein Herz wie verrückt pochte. Auch Oliver blickte ziemlich ängstlich drein. Er war ganz bleich im Gesicht. Kein Wunder – aus diesem riskanten Überholmanöver hätte auch ein fataler Unfall werden können.

»Oliver, bist du in Ordnung?«, fragte ich, nachdem ich die Handbremse angezogen hatte.

Ich sah, wie er nickte. Aber in seinen Augen spiegelte sich noch die Furcht der letzten Sekunden wider. Allein dafür hätte man diesen rücksichtslosen Kerl schon zur Verantwortung ziehen müssen. Vorausgesetzt, wenn ich mir das Kennzeichen des Wagens gemerkt hätte. Aber wer achtet denn in solch einem Moment auf so etwas?

»Willst du jetzt die Polizei anrufen, Mama?«, wollte Oliver wissen.

»Nein«, erwiderte ich seufzend. »Lass uns weiterfahren – sonst kommen wir noch zu spät.«

Ich holte noch einmal tief Luft und fuhr langsam weiter. Bis zur Fähre nach Linz war es nicht mehr weit. Vielleicht noch zwei Kilometer.

Trotzdem kamen wir zu spät. Denn die Fähre legte in Bad Breisig genau in dem Moment ab, als wir die Anlegestelle erreichten. Und was noch schlimmer war: der Audi TT befand sich an Deck. Manchmal kannte das Schicksal wirklich kein Erbarmen!

»Dann warten wir eben«, sagte ich und beschloss, mir meinen Zorn nicht ansehen zu lassen. Aber in mir kochte es.

Oliver beobachtete die Fähre, die Kurs auf das andere Rheinufer nahm und zehn Minuten später in Linz anlegte. Wir mussten noch eine knappe Viertelstunde warten, bis sie wieder zurückkam.

Oliver schaukelte nervös auf dem Rücksitz hin und her. Ihm war langweilig. Das konnte ich ihm deutlich ansehen. Wäre es nach ihm gegangen, dann hätte ich mir diese eine Woche Urlaub auch sparen können. Denn Urlaub am Rhein war nicht unbedingt etwas, worüber ein neunjähriger, aufgeweckter Junge in der Schule mit Stolz berichtete. Zumal die anderen Eltern mit ihren Kindern Urlaub im Süden machten. Italien, Spanien, Türkei - jedoch ganz sicher nicht hier!

Aber als allein erziehende Mutter waren meine Mittel ziemlich bescheiden. Zumal Olivers Vater nur schleppend zahlte und ich mit meinem Job als Sprechstundenhilfe auch keine großen Sprünge machen konnte. Oliver wusste das, aber ob er dafür wirklich Verständnis hatte – daran zweifelte ich manchmal.

»Vergiss diesen Idioten«, sagte ich zu Oliver, um ihn wieder ein wenig aufzumuntern. »Freuen wir uns lieber auf das, was wir in der Burg Linz gleich alles sehen werden.«

Ein kurzer Blick in den Rückspiegel zeigte mir, dass Oliver von dieser Idee nicht sonderlich begeistert war. Aber noch weniger mochte er es, die ganze Zeit in der Nähe meiner Tante zu verbringen, bei der wir eine Woche Urlaub machten. Sie war ziemlich streng und tadelte Oliver des öfteren – und das mochte er nicht.

Also war der Besuch in der Glasbläserei auf der Burg das kleinere Übel. Obwohl ich dennoch hoffte, dass ihm das gefallen würde. Denn die Burg Linz war sehr bekannt für ihre mittelalterlichen Tafelrunden, die Glasbläserei und die Exponate, die man dort kaufen konnte. Touristen kamen jedes Jahr zur Sommerzeit in Scharen, um den Glasbläsern bei ihrer Arbeit zuzusehen und sich dann in Ruhe im Burgmuseum umzuschauen. Genau das hatten wir auch vor.

Wir setzten mit der Fähre nach Linz über und erreichten das andere Rheinufer. Von hier aus war es nicht mehr weit bis zum Stadtzentrum. Wir hatten Glück und fanden noch einen freien Parkplatz. Von hier aus war es nicht mehr weit zu Fuß bis zur alten Burg.

»Schau mal, Mama!«, riss mich Olivers Stimme aus meinen Gedanken, während ich sehnsüchtig die Eltern mit Kindern beobachtete, die bei diesem herrlichen Wetter in den zahlreichen Cafés und Restaurants saßen und sich einfach einen schönen Tag machten. »Da ist das Auto wieder!«

Zuerst verstand ich nicht, was Oliver mir sagen wollte. Dann sah ich aber auch den Audi TT – und er parkte direkt vor der Burg!

Genau in diesem Moment kam ein Mann aus der Burg heraus und ging auf den Wagen zu. Er war groß und schlank, hatte blonde kurze Haare und wirkte sehr sportlich in seiner legeren Kleidung. Er schloss die Tür auf, holte etwas von dem Beifahrersitz und ging dann wieder zurück in die Burg.

Oliver blickte ziemlich wütend drein, als er den Fahrer des Wagens beobachtete. Aber er sagte nichts. Weil ich ihm mit einer kurzen Geste zu verstehen gab, dass für mich diese Sache jetzt und hier erledigt war.

Stattdessen betrat ich mit Oliver die Burg und zahlte für uns beide Eintritt an der Kasse. Danach gingen wir sofort zur Glasbläserei, die sich im Keller befand, und wo auch heute am Samstag gearbeitet wurde.

Jetzt um die Mittagszeit herrschte ein ziemlicher Andrang hier. Eine Gruppe japanischer Touristen zückte ihre Fotoapparate vor Begeisterung, als sie den Männern bei ihrer kunstvollen Arbeit zusahen.

Oliver staunte nicht schlecht und beobachtete alles sehr genau. Schließlich war mein Junge aufgeweckt und interessierte sich sehr für Technik. Deshalb hatte ich auch gehofft, dass dieser Ausflug ihm gefallen würde.

Anschließend gingen wir noch durchs Museum und beobachteten die unzähligen mundgeblasenen Vasen, Gläser und Deko-Artikel aus mehreren Jahrhunderten.

Oliver hatte jedoch nur Augen für den angrenzenden großen Rittersaal, in dem zahlreiche Rüstungen, alte Hellebarden und mächtige Schwerter ausgestellt waren. Das beflügelte seine Phantasie so sehr, dass er gar nicht mehr weiter gehen wollte.

Erst nach einer halben Stunde ließ er sich schließlich schweren Herzens davon überzeugen, dass die Burg auch noch andere Sehenswürdigkeiten bot.

»Schade«, murmelte er, als wir den großen Rittersaal verließen und eine weitere Treppe nach oben gingen. »Und was gibt´ s denn hier zu sehen?«

Sein Blick galt einem großen Plakat, das an einer Tür hing und auf eine Ausstellung des bekannten Fotografen Robert Birk hinwies. Das Thema dieser Ausstellung waren alte Schlösser an der Loire in Frankreich.

Da dieses Thema sehr gut zum Ambiente der Burg Linz passte, nickte ich Oliver kurz zu und betrat dann mit ihm die Ausstellung.

Sekunden später blieb Oliver stehen und blickte wieder ganz wütend drein. Ich begriff nicht, was mit ihm los war. Den Grund für seinen Zorn entdeckte ich aber erst, als Oliver sich von mir los riss und mit schnellen Schritten hinüber ging. Zu dem Mann, der am Steuer des Audi TT gesessen hatte.

»Warum hast du das getan?«, hörte ich jetzt Oliver so laut rufen, dass sich die meisten Besucher dieser Ausstellung jetzt überrascht umdrehten und Oliver verständnislos anschauten. »Du hättest beinahe einen Unfall gemacht!«

Olivers Worte galten dem Fahrer des Wagens, der gerade mit einer älteren Dame ein Gespräch geführt hatte und nun ganz erschrocken meinen Jungen anschaute.

»Oliver!«, rief ich und eilte rasch zu ihm. »Du kannst doch nicht einfach...«

»Mama, der Mann kann nicht Auto fahren«, fiel mir Oliver ins Wort. »Das muss man doch der Polizei sagen, oder?«

Jetzt war ich sprachlos angesichts dieser Worte. Oliver sagte immer das, was er dachte – und in diesem Moment empfand er es eben als ungerecht, was kurz vor der Fähre geschehen war.

Ich bemerkte, dass dieser Zwischenfall dem Mann peinlich war. Deshalb ging er auf mich zu.

»Ich glaube, ich muss mich entschuldigen«, sagte er. »Ich weiß, dass ich zu schnell gefahren bin. Aber ich hatte es sehr eilig und...«

»Oliver hat recht«, unterbrach ich ihn. »Sie hätten beinahe einen Unfall verursacht. Haben Sie denn überhaupt bemerkt, wie sehr Sie mich geschnitten haben?«

»Nein«, antwortete er. »Ich hatte es eilig – denn ich durfte nicht zu spät kommen. Wegen der Eröffnung meiner Ausstellung.« Er wies auf die zahlreichen Fotos, die an den Wänden hingen. »Entschuldigen Sie, aber ich glaube, ich sollte mich vorstellen. Mein Name ist Robert Birk – das sind meine Fotos.«

Wahrscheinlich blickte ich jetzt so perplex drein, dass mir die Worte fehlten. Deshalb lächelte er verständnisvoll und beugte sich sogar zu Oliver herab.

»Es tut mir leid, was passiert ist, Junge«, sagte er zu ihm. »Das kommt nicht mehr vor – versprochen. Wie heißt du denn eigentlich?«

»Oliver«, kam es wie aus der Pistole geschossen. »Sind die Fotos wirklich alle von dir?«

»Natürlich«, nickte er und bemerkte, wie Olivers Groll einer wachsenden Neugier wich, die nicht zu übersehen war. »Komm doch mit – ich zeige sie dir. Natürlich nur, wenn es deine Mama erlaubt. Sie sind doch einverstanden, Frau...?«

»Alexandra Heppner«, stellte ich mich vor und fühlte mich ein wenig unwohl, als er mich offenherzig anlächelte. Auf eine Art und Weise, die sehr entwaffnend wirkte – und das beunruhigte mich, weil ich wirklich nicht erwartet hatte, den Verkehrsrowdy von vorhin nochmals wiederzusehen. Geschweige denn einige Worte mit ihm zu wechseln.

»Komm doch mit, Mama«, meinte Oliver. »Schau doch – die alten Schlösser dort. Das sieht schön aus – wo ist das denn überhaupt?«

»An der Loire in Frankreich«, klärte Robert meinen Jungen auf. »Ich war letztes Jahr dort und habe eine Rundreise gemacht. Die Bilder sind meine Erinnerungen an diese Zeit. Gefallen sie dir? Warst du auch schon mal in Frankreich?«

»Nein«, erwiderte Oliver sichtlich traurig und schaute betreten zu Boden.

Robert merkte, was er mit diesen Worten angerichtet hatte und versuchte sofort das Thema zu wechseln. Und dafür war ich ihm sehr dankbar. Seltsamerweise schien er zu spüren, dass Oliver darüber nicht weiter reden wollte und tat deshalb genau das Richtige in solch einer Situation. Indem er mich und Oliver spontan zum Essen einlud.

»Jetzt?«, fragte ich erstaunt, weil ich damit natürlich nicht gerechnet hatte.

»Warum denn nicht?«, entgegnete er achselzuckend. »Oder haben Sie schon etwas anderes vor? Den Pressetermin habe ich schon hinter mir, und der nächste findet erst in drei Stunden statt. Nicht weit von hier ist ein schönes Weinlokal, wo man auch gut essen kann. Das ist das Mindeste, was ich tun kann, um mein rüpelhaftes Benehmen wieder gut zu machen.«

»Mama, ich habe auch Hunger«, entschied Oliver für uns beide, bevor ich etwas dazu sagen konnte. »Komm, wir gehen mit, ja?«

Was hätte ich denn jetzt noch dagegen erwidern können?

*

»Machen Sie Urlaub in Linz?«, fragte mich Robert, nachdem wir das Lokal betreten und an einem Ecktisch Platz genommen hatten. »Entschuldigen Sie, wenn ich einfach frage. Im Grunde genommen geht es mich ja gar nichts an.«

»Oliver und ich sind bei meiner Tante in Plaidt zu Besuch. Für eine Woche«, erwiderte ich. »Von dort aus unternehmen wir Ausflüge – und heute wollten wir uns eben die Burg Linz anschauen.«

»Hier gibt es viel zu sehen«, meinte Robert, nachdem wir alle die Speisekarte angesehen und unsere Wahl getroffen hatten. »In Königswinter gibt es den Drachenfelsen – von dort oben aus kann man weit ins Rheintal schauen. Aber auch die Nibelungenhalle und das alte Schloss sind sehr interessant. Gefallen dir alte Gebäude, Oliver?«

»Ja sehr«, meinte er schwärmerisch, nachdem er einen Schluck Orangensaft getrunken hatte. »Aber wir können nicht so oft in Urlaub fahren. Mama muss immer arbeiten und...«

»Oliver, ich bin sicher, dass Herr Birk das gar nicht wissen will«, unterbrach ich ihn, weil mir das peinlich war. Erst recht in diesem Augenblick. Weil ich mich nämlich in Gedanken immer wieder dabei ertappte, dass ich Robert Birk ganz genau ansah. Unter normalen Umständen hätte er mich schon interessiert. Aber was hatten eine Sprechstundenhilfe und ein bekannter Fotograf denn gemeinsam? Nichts!

»Was machen Sie denn sonst?«, fragte ich Robert deshalb rasch, um abzulenken. »Ich meine, außer dieser Ausstellung hier.«

»Ich stehe kurz vor dem Abschluss eines Bildbandes«, klärte er mich auf. »Ein Buch über die einstigen Residenzen der Botschafter in Bonn. Ich kenne jemand, der mir geholfen hat, die entsprechenden Kontakte zu machen, und nun ist daraus ein Buch geworden, auf das ich sehr stolz bin.«

»Sie kommen ja in wichtigen Kreisen herum«, meinte ich zu ihm, während der Ober das Essen servierte. »Ein normaler Mensch bekommt eine Botschaft sicher niemals von innen zu Gesicht.«

»Genau deshalb habe ich dieses Buch auch unbedingt machen wollen. Möchten Sie mehr darüber wissen?« Er bemerkte, wie ich automatisch nickte. »Dann kommen Sie doch einfach morgen zu mir und schauen Sie sich die Fotos an. Ich wohne in Rhöndorf. Das ist gar nicht weit von hier.«

»Ich weiß«, erwiderte ich sofort. »Ein bisschen kenne ich mich schon aus. Das Adenauer-Haus steht dort.«

»Ich wohne nicht weit davon entfernt. Hier ist meine Karte«, sagte er. »Bitte machen Sie mir die Freude.«

Bei diesen Worten schaute er Oliver an. Als wenn er von ihm erhoffte, dass der Junge seine Mutter überreden würde. Beim ersten Mal hatte das ja auch geklappt.

Oliver überlegte noch einen kurzen Moment, bevor er antwortete. Und er schaute mich dabei so erwartungsvoll an, dass ich gar nicht anders konnte, als auch dieser Einladung zu folgen. Als ich schließlich nickte, war Oliver hocherfreut. Genauso wie Robert, der kurz lächelte.

*

Ich schlief ziemlich unruhig in dieser Nacht und wachte immer wieder auf. Auch wenn ich es nicht zugeben wollte, so kreisten meine Gedanken doch immer wieder um Robert Birk. Dieser Mann ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Immer wieder ertappte ich mich dabei, dass ich daran dachte, wie gut er aussah. Und was noch wichtiger war: Oliver schien ihn sehr zu mögen. Die beiden hatten sich sofort verstanden, und er war ganz traurig gewesen, als wir uns schließlich von Robert hatten verabschieden müssen.

»Du strahlst ja so heute«, sagte Tante Anna dann zu mir am Frühstückstisch. »Was habt ihr denn vor?«

Bevor Oliver etwas sagen konnte, kam ich ihm zuvor und erzählte meiner Tante etwas von einem Ausflug auf den Drachenfelsen. Hätte ich Roberts Einladung erwähnt, dann wäre sie sehr misstrauisch geworden, denn meine Tante war in solchen Dingen sehr altmodisch gestrickt.

Oliver konnte es kaum abwarten, bis es endlich losging. Wir nahmen wieder die Fähre von Bad Breisig nach Linz und fuhren dort die B 42 in Richtung Bonn weiter. Direkt am Rhein entlang – bei herrlichem Wetter.

Bad Honnef war nur wenige Kilometer entfernt. Direkt hinter dem Stadtzentrum standen bereits die ersten Hinweisschilder nach Rhöndorf. Ich brauchte nur dieser Straße zu folgen und war wenige Minuten später schon am Ortsrand.

Ich hielt an und fragte einen der Passanten nach der Winzerstraße. Der Mann erklärte mir kurz den Weg, und ich fand das Ziel sofort. Oder besser gesagt die alte Villa mit dem großen, parkähnlichen Grundstück.

Oliver staunte nicht schlecht als er das sah. Im Vergleich zu unserer bescheidenen Mietwohnung wirkte dieses großzügig angelegte Grundstück mit dem großen Haus auf ihn wie ein Schloß, zu dem normale Menschen keinen Zugang hatten.

Wahrscheinlich hatte uns Robert schon vom Haus aus kommen sehen. Denn als wir ausstiegen, öffnete er bereits das schmiedeeiserne Tor und ging lächelnd auf uns zu.

»Ich freue mich sehr, dass Sie gekommen sind«, begrüßte er uns. »Wirklich...«

Er sah mich dabei auf eine Art und Weise an, die mich sehr unsicher machte. Weil ich auf einmal spürte, dass dieser Mann mir alles andere als gleichgültig war. Zum Glück kam mir jetzt Oliver mit einer Frage zu Hilfe, die Robert ablenkte.

»Gehört dir das alles hier? Das ist ja riesig.«

»Es macht aber auch ziemlich viel Mühe, das alles in Schuss zu halten«, meinte Robert achselzuckend. »Jetzt kommt erst mal rein und macht es euch gemütlich.«

Sein vertrauensvoller Ton wirkte auf mich, als wenn wir uns alle schon viel länger kannten. Nicht erst seit gestern – und auch nur durch eine Laune des Zufalls. Oliver dagegen sah das nicht so kompliziert. Er war neugierig, wie es Kinder eben sind, wenn sie etwas Interessantes zu sehen bekommen.

»Ich habe die Villa vor zwei Jahren gekauft«, klärte mich Robert auf, als wir das Haus betraten. »Seitdem habe ich einiges renoviert – aber es ist immer noch genug zu tun. Stören Sie sich aber bitte nicht an dem Chaos hier. Ich war die letzten Tage oft unterwegs und hatte viel zu tun.«

»Schon in Ordnung«, winkte ich ab. Wenige Minuten später sah ich dann die Räume der alten Villa. Groß, lichtdurchflutet und sehr geschmackvoll eingerichtet. Wie man sich eben das Haus eines Mannes vorstellt, der in der Öffentlichkeit steht.

Ich seufzte innerlich, als ich mir vor Augen hielt, wie bescheiden meine finanziellen Verhältnisse im Vergleich hierzu waren. Aber so war das Leben eben.

»Hier drüben sind die Fotos«, riss mich Roberts Stimme aus meinen Gedanken. »Ich habe sie schon zurecht gelegt. Setzen wir uns doch. Ich hole uns nur etwas zu trinken. Oliver, ist Orangensaft für dich ok?«

»Na klar«, meinte dieser und setzte sich schon auf die Couch. Augenblicke später brachte er Oliver dann den Saft. Für mich und Robert gab es ein Glas Sekt. Er drückte mir das Glas in die Hand, und ich zuckte kurz zusammen, als sich unsere Finger berührten. Ich spürte auf einmal ein Kribbeln im Bauch, von dem ich schon fast nicht mehr wusste, dass es überhaupt existierte.

»Wollen Sie sich nicht setzen, Frau Heppner?«, forderte er mich dann mit einem Lächeln auf. »Das ist doch viel gemütlicher.«

»Natürlich«, beeilte ich mich zu erwidern und ärgerte mich über meine Nervosität, die Robert natürlich nicht entgangen war. Ich nahm neben ihm auf der Couch Platz und fühlte, wie das Kribbeln jetzt noch stärker wurde.

Robert zeigte uns darauf einige der Bilder, dir er von den Botschaftsresidenzen gemacht hatte. Oliver staunte nicht schlecht, als er die prunkvollen Räume und großzügige Ausstattung bemerkte. Für ihn war das wie ein Fenster in eine andere Welt, die er kaum kannte – und ich sah, wie sehr ihn das faszinierte.

»Wann erscheint denn das Buch?«, wollte ich von ihm wissen.

»Das ist die letzte Fotoserie«, sagte Robert. »Ich habe die Daten gestern dem Verlag gemailt. Morgen oder übermorgen bekomme ich die Korrekturfahnen zu sehen, und dann wird gedruckt.«

»Ein richtiges Buch!«, rief Oliver. »Mama, wir kennen jemand, der ein Buch geschrieben hat.«

»Wenn es erschienen ist, dann sorge ich dafür, dass du ein Exemplar bekommst«, lächelte Robert.

»Prima«, meinte Oliver. »Das glaubt mir sonst keiner, wenn ich in der Schule davon erzähle.« Während er das sagte, glitt sein Blick immer wieder aus dem Fenster. »Darf ich hinaus in den Garten gehen?«, fragte er.

»Klar«, nickte Robert. »Schau dich ruhig um, Oliver.«

Bevor ich dazu etwas sagen konnte, war Oliver auch schon aufgestanden und eilte aus dem Raum. Ich hörte seine Schritte draußen auf der Treppe und wie er die Tür öffnete.

»Jetzt schauen Sie doch nicht so vorwurfsvoll, Frau Heppner«, sagte Robert. »Was ist denn schon Schlimmes dabei? Ich bin ganz froh darüber, dass Sie und Oliver hier sind. Dann kommt wenigstens wieder etwas Leben in die Bude.«

Ich wurde ganz hellhörig, als er das sagte und spürte schon wieder, wie heftig mein Herz pochte. Vor allem, als er jetzt die Bilder beiseitelegte und mich ganz genau anschaute.

»Vielleicht halten Sie mich für verrückt, wenn ich Ihnen das sage«, fuhr er fort. »Aber ich bin sehr froh darüber, dass wir uns in der Burg Linz begegnet sind. Olivers forschem Auftreten habe ich es zu verdanken, dass Sie jetzt hier bei mir sitzen, Alexandra.«

Die vertrauliche Anrede ließ mich kurz erröten.

»Entschuldigen Sie, wenn das alles so direkt ist – vielleicht zu sehr. Aber ich bin ein offener und ehrlicher Mensch, und mir gefällt Ihr Lächeln.«

Während er das sagte, tasteten seine Finger nach meiner rechten Hand. Als er sie berührte, zuckte ich kurz zusammen und war ganz aufgeregt, als er sich mit seinem Mund meinen Lippen näherte. Jetzt wäre die Chance gewesen, ihm seine Grenzen aufzuzeigen. Aber das wollte ich nicht – sondern eher das Gegenteil!

Ich schloss die Augen, als er mich in die Arme nahm und mich sanft und zärtlich küsste. Die winzige Barriere, die noch in mir war, existierte schon Sekunden später nicht mehr, und ich erwiderte den Kuss mit großer Leidenschaft. Ewigkeiten schienen zu verstreichen, bis ich mich von ihm löste und erst einmal Atem holen musste. Das Herz pochte so heftig in meiner Brust, wie ich es schon lange nicht mehr erlebt hatte.

»Wir... wir müssen verrückt sein«, stammelte ich. »Wir kennen uns doch kaum und...«

»Ich glaube doch«, unterbrach er mich und strich mir mit der Hand über meine gewellten Haare. »Aber so ist es nun mal, wenn man sich Hals über Kopf verliebt, Alexandra.«

Jetzt hatte er das ausgesprochen, was ich erhofft hatte. Und allein diese Worte zu hören, ließen mich zufrieden lächeln.

Ausgerechnet in diesem Moment zerriss das Klingeln des Telefons die romantische Atmosphäre, die sich zwischen uns aufgebaut hatte.

Robert seufzte und nahm schließlich den Hörer ab.

»Was denn – jetzt?«, hörte ich ihn fragen. »Geht das denn nicht am Montag? Ich habe Besuch, und es passt mir wirklich nicht.«

Sein Gesprächspartner schien das allerdings nicht zu akzeptieren. So dass Robert schließlich einwilligte, gleich los zu fahren.

»Tut mir leid, Alexandra«, sagte er dann. »Aber das war der Verlag in Bonn. Der Erscheinungstermin wurde vorgezogen, und man möchte die Korrekturfahnen noch heute mit mir durchgehen. Das war der Verleger selbst – er will, dass ich sofort komme. Selbst am Sonntag hat man keine Ruhe.«

»Dann musst du das wohl tun«, sagte ich mit großem Bedauern. »Vielleicht ist das wirklich mein Schicksal, dass ich...«

»Oh nein, sag nicht sowas. Warte doch einfach mit Oliver hier, bis ich wieder zurückkomme. So lange kann das nicht dauern. Am frühen Nachmittag sehen wir uns wieder – ganz bestimmt. Bitte bleib, es ist mir sehr wichtig.«

Während er das sagte, griff er nach meiner Hand und drückte sie sanft.

»Na gut«, meinte ich. Daraufhin war Robert sehr erleichtert. Er küsste mich noch einmal, bevor er nach seiner Jacke und dem Aktenkoffer griff.