Luft - Die Elemente der Magie 4 - Michelle Madow - E-Book

Luft - Die Elemente der Magie 4 E-Book

Michelle Madow

5,0

Beschreibung

Die Elemente der Magie – fünf magische Schüler kämpfen gegen eine uralte Bedrohung. Die USA Today Besteller Serie jetzt endlich auf Deutsch! "Ein Muss!" – USA Today Inhalt: Scheinbar bin ich eine Halbgöttin – und ich kann mit einer Berührung töten. Doch wenn dieses Geheimnis auffliegt, werde ich für immer eingesperrt. Also muss ich mich verstellen – selbst vor denen, die mir am nächsten stehen. Gar nicht so leicht, wenn ich mit meinen vier Freunden nach Griechenland geschickt werde, um die Titanen daran zu hindern, aus der Unterwelt auszubrechen. Uns stehen Proben bevor, die wir vielleicht nicht alle überleben werden. Und Entscheidungen, die unsere Gruppe zu entzweien drohen. Wie lange wird es dauern, bis ich gezwungen bin, meine dunkle Gabe vor den anderen einzusetzen? Werden meine Freunde mich verraten? Und wird sich Blake von mir abwenden, wenn er die Wahrheit erfährt? Denn Blake hält mich für eine Heilerin mit einem Herzen aus Gold. Wenn er nur wüsste … Entdecken Sie jetzt, warum Leser auf der ganzen Welt für Die Elemente der Magie schwärmen!

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LUFT

Die Elemente der Magie – Buch IV

von Michelle Madow

Zuerst 2016 erschienen unter dem Titel The Portal to Kerberos (The Elementals Book IV).

Titel: Luft (Die Elemente der Magie Buch 4)

Autor: Michelle Madow

Übersetzung: Julian Kiefer und Jenny-Mai Nuyen

Verlag: verlag von morgen

Cover: Damonza

Deutsche Erstveröffentlichung: Berlin 2021

ISBN: 978-3-948684-50-1

© 2021 verlag von morgen, Berlin

Alle Rechte vorbehalten.

INHALTSVERZEICHNIS

INHALTSVERZEICHNIS

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

KAPITEL DREISSIG

KAPITEL EINUNDDREISSIG

KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG

KAPITEL DREIUNDDREISSIG

KAPITEL VIERUNDDREISSIG

KAPITEL FÜNFUNDDREISSIG

KAPITEL SECHSUNDDREISSIG

KAPITEL SIEBENUNDDREISSIG

KAPITEL ACHTUNDDREISSIG

KAPITEL NEUNUNDDREISSIG

KAPITEL VIERZIG

KAPITEL EINUNDVIERZIG

KAPITEL ZWEIUNDVIERZIG

KAPITEL DREIUNDVIERZIG

KAPITEL VIERUNDVIERZIG

KAPITEL FÜNFUNDVIERZIG

KAPITEL SECHSUNDVIERZIG

KAPITEL SIEBENUNDVIERZIG

KAPITEL ACHTUNDVIERZIG

NACHWORT DES VERLAGS

KAPITEL EINS

A

usdruckslos starrte ich auf die Stelle, an der Ethan und Blake noch vor wenigen Sekunden gestanden hatten. Ich fühlte mich leer und kalt. Als wäre mir das Blut aus den Adern gesaugt worden. Ich konnte nicht atmen. Ich konnte nicht denken.

Blake war verschwunden. Ethan hatte uns verraten und ihn in den Kerberos verschleppt – in die Gefängniswelt, in der die Titanen vor dreitausend Jahren eingesperrt worden waren, nachdem sie gegen die Olympier rebelliert hatten.

Der Kerberos war angeblich so furchterregend, dass er jeden Insassen innerhalb weniger Wochen – oder Tage – in den Wahnsinn treiben konnte.

Das Portal zum Kerberos war Tausende Jahre lang versiegelt gewesen … bis vor einigen Monaten der Olympische Komet am Himmel erschienen war. Jetzt wurde das Portal schwächer und schwächer, und einige Monster konnten entkommen, darunter die körperlose Seele des gefährlichsten aller Monster, Typhon.

Eigentlich sollte es unmöglich sein, dass Typhon wieder zurückkehrte. Denn nach der Zweiten Rebellion hatte Zeus Typhons Seele von seinem Körper getrennt, seine Seele in den Kerberos eingeschlossen und seinen Körper unter dem Ätna auf Sizilien eingesperrt. Doch nun, da Typhons Seele aus dem Kerberos entkommen war, würde es nicht mehr lange dauern, bis er seinen Körper erreichte. Am Tag der Frühlings-Tagundnachtgleiche – in etwa sechs Tagen – würden sich sein Geist und sein Körper vereinen. Eines war sicher: Wenn Typhon wieder zu seiner wahren Gestalt fand, würde er die Menschheit vernichten.

Und später, zur Sommersonnenwende, würde sich das Portal zum Kerberos vollständig öffnen, und alle dort eingesperrten Monster – einschließlich der mächtigen Titanen – würden entkommen und wieder die Erde beherrschen.

Ob wir Typhon aufhalten konnten oder nicht, war entscheidend dafür, ob sich die Rückkehr der Titanen verhindern ließ. Das hatte uns Nyx gesagt, die Urgöttin der Nacht, die zwischen den Welten reisen und alle Möglichkeiten der Zukunft sehen konnte. Wenn wir Typhon aufhielten, dann hätten wir zumindest die Chance, das Portal zum Kerberos endgültig zu versiegeln und die Titanen mitsamt allen anderen Monstern darin einzusperren. Gelang es uns nicht, dann wäre ein Krieg mit den Titanen unausweichlich.

Die Welt würde sich vielleicht niemals von den Verwüstungen erholen, die so ein Krieg mit sich bringen würde.

Die einzige Möglichkeit, Typhon aufzuhalten, bestand darin, den Kopf der Medusa mit auf den Ätna zu nehmen und den Moment abzuwarten, in dem er sich wieder mit seinem Körper vereinigte. Wenn wir ihn dann zwingen könnten, in die Augen der Medusa zu schauen, würde er zu Stein verwandelt.

Es war schwierig gewesen, den Kopf der Medusa zu bekommen. Wir hatten Kate im Kampf verloren. Ich konnte ihren Tod immer noch nicht akzeptieren. Irgendwie würden wir sie zurückholen. Aber sie hätte nicht gewollt, dass wir ihretwegen unsere Mission ignorierten. Wir mussten Typhon versteinern und das Portal versiegeln. Erst dann würden wir nach einem Weg suchen, Medusas Fluch umzukehren und Kate zu retten.

Aber jetzt hatte Ethan sich gegen uns gewandt und Medusas Kopf – und Blake – mit in den Kerberos genommen. Er hatte eine Abmachung mit Helios getroffen: Wenn er den Kopf stahl und zu den Titanen im Kerberos brachte, würde Helios Ethans Zwillingsschwester Rachael von den Toten auferstehen lassen und ihn und seine Familie beschützen, wenn die Titanen die Herrschaft über die Erde an sich rissen.

Jetzt stand ich hilflos da, starrte auf das schlammige Portal zum Kerberos und wartete darauf, dass Blake wieder auftauchte. Er würde Medusas Kopf in der Hand halten, uns lächelnd erzählen, wie er Ethan mit seinen Feuermächten besiegt hatte, und dann würde er fragen, wann der nächste Flug nach Italien ging, damit wir unsere Mission erfüllen konnten.

Ich griff nach dem Messer in meinem Stiefel und wartete, bereit zu kämpfen, falls Ethan ebenfalls herauskommen würde. Eine gefühlte Ewigkeit verging.

Aber nichts geschah. Blake kam nicht heraus.

Zitternd holte ich Luft. Erst jetzt merkte ich, dass ich den Atem angehalten hatte. Uns blieb nur eine Möglichkeit: Wir mussten da reingehen und ihn selbst zurückholen.

KAPITEL ZWEI

I

ch rannte auf das Portal zu, aber ein heftiger Luftstoß kam mir entgegen und schob mich zurück. Ich rannte fester und versuchte, mit schierer Entschlossenheit die Wand aus Luft zu durchbrechen, aber es war hoffnungslos.

„Chris!“ Ich ließ die Arme sinken und starrte ihn an. „Hör auf. Lass mich gehen.“

„Nein“, sagte er und ließ den Wind noch heftiger gegen mich rauschen. „Du weißt, was Nyx und Darius uns gesagt haben. Wir können da nicht reingehen. Es ist zu gefährlich.“

„Was wird aus unserer Mission, wenn wir da reingehen und nie mehr rauskommen?“, fügte Danielle hinzu.

„Es geht hier um Blake!“ Ich versuchte erneut, mich gegen die Luftwand zu stemmen, aber gegen Chris’ Kraft hatte ich keine Chance. Ich drehte mich um und schrie in an. „Er ist da drin, mit wer weiß was für Monstern! Wir können ihn nicht zurücklassen!“

„Ich weiß“, sagte Danielle leise. „Ich stimme dir ja zu.“

Ich beruhigte mich ein wenig und legte den Kopf schief. „Warum hilfst du mir dann nicht?“

„Wir können da nicht einfach unvorbereitet reinrennen, mit kaum irgendwelchen Waffen und ohne zu wissen, womit wir es zu tun haben“, sagte sie. „Wir brauchen einen Plan.“

„Aber wir haben keine Zeit“, sagte ich und zeigte auf das Portal. „Je länger er da drin ist … wer weiß,was gerade mit ihm passiert? Wenn Ethan mich dort hineingezogen hätte, wäre Blake ihm sofort gefolgt.“

„Ich hätte ihn aufgehalten, genau wie ich dich jetzt aufhalte“, sagte Chris mit fester Stimme.

„Und wenn es Kate gewesen wäre?“, schoss ich zurück. Aber ich bereute meine Worte sofort. „Tut mir leid“, begann ich, obwohl ich an dem leeren Ausdruck in seinen Augen erkennen konnte, dass ich ihn tief getroffen hatte und meine Worte nicht zurücknehmen konnte. „Ich habe es nicht so gemeint.“

„Nein.“ Er seufzte und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Du hast es so gemeint. Und ich verstehe, warum. Wenn es Kate gewesen wäre, würde ich auch versuchen, ihr nachzurennen. Aber ich bin mir sicher, dass einer von euch alles tun würde, um mich davon abzuhalten. Danielle hat recht. Wir brauchen einen Plan. Also.“ Er sah zwischen uns beiden hin und her. „Was machen wir?“

Ich schaute zu Danielle, da sie diejenige war, die zuerst von einem Plan gesprochen hatte.

Sie holte tief Luft und starrte an die Decke, die Stirn in Falten gelegt. „Darius, Hypatia und Jason sind alle bei Darius zu Hause“, sagte sie schließlich. „Wir sollten ihnen erzählen, was passiert ist. Sie wissen bestimmt mehr über den Kerberos als wir. Sie können uns helfen, uns vorzubereiten, und bei der Gelegenheit holen wir unsere Waffen aus dem Trainingskeller.“

„Aber wie lange wird das dauern?“, fragte ich. „Wir müssen zurückfahren, ihnen die ganze Geschichte erzählen … und wer weiß, was sie dann sagen? Jede Minute, die wir hier verschwenden, könnte Blake im Kerberos das Leben kosten.“

„Und wir müssen Ethan aufhalten, bevor er den Titanen den Kopf der Medusa aushändigt“, mischte sich Chris ein. „Wir müssen den Kopf zurückholen.“

„Ich weiß.“ Danielle biss sich auf die Lippe und ging in der Höhle auf und ab. Sie ging immer wieder vor dem Zyklopenkind vorbei, das jetzt als Steinstatue in der Mitte stand. Sein Gesicht war qualvoll verzogen, die Augen weit aufgerissen, sein Mund mitten im Schrei geöffnet. Bei dem Anblick drehte sich mir der Magen um.

Dieser Zyklop hätte auf die Zyklopeninsel in der Ägäis gebracht werden sollen. Stattdessen hatten wir Ethan die Kreatur als Testobjekt für den Kopf der Medusa benutzen lassen. Der Kopf hatte funktioniert. Aber sobald er ihn getestet hatte, hatte Ethan die Gelegenheit genutzt und uns verraten. Ich kam mir wie eine Idiotin vor, dass ich Ethan vertraut hatte.

„Und wenn du deinen Vater um Hilfe bittest?“ Danielle hielt inne, ihre Augen waren auf mich gerichtet.

„Apollo?“ Ich griff nach dem Sonnenanhänger an meiner Halskette, und sie nickte. „Ich weiß nicht“, sagte ich und drehte den Anhänger zwischen meinen Fingern. „Ich habe so oft versucht, ihn zu kontaktieren, und es hat nie geklappt. Ich glaube nicht, dass er uns helfen will.“

Entweder das, oder er wollte einfach nichts mit mir zu tun haben. Vielleicht war er so enttäuscht von mir, dass er mich aufgegeben hatte. Wenn ich mich selber für eine Idiotin hielt, weil ich Ethan vertraut hatte, dann tat Apollo das wahrscheinlich auch.

„Versuch es noch einmal“, sagte Chris. „Es kostet dich doch nichts, oder? Wenn es nicht funktioniert, werden wir uns etwas anderes einfallen lassen. Aber du hastdie Halskette, also ist es einen Versuch wert.“

„Gut“, sagte ich. „Ich werde es versuchen. Aber macht euch keine zu großen Hoffnungen.“ Ich legte meine Finger um den Anhänger, schloss die Augen und atmete ein paar Mal tief durch.

Apollo, dachte ich, aber dann korrigierte ich mich. Dad. Es fühlte sich seltsam an, ihn so zu nennen, obwohl ich ihn noch nie getroffen hatte. Aber vielleicht würde eine persönliche Ansprache ihn dazu bringen, mir diesmal zuzuhören. Wir – Danielle, Chris und ich – brauchen deine Hilfe. Ethan hat sich gerade den Kopf von Medusa geschnappt und Blake gezwungen, mit ihm durch das Portal in den Kerberos zu gehen. Wir müssen ihn aufhalten, aber wir sind nicht vorbereitet. Ich weiß, dass du viel zu tun hast, aber wenn du uns irgendwie helfen kannst, brauchen wir dich jetzt wirklich. Ich brauche dich. Mehr, als ich dich jemals zuvor gebraucht habe.

Da mir nichts Weiteres einfiel, ließ ich den Anhänger los und öffnete die Augen.

„Und?“ Danielle hatte die Hände in die Hüften gestemmt und sah mich erwartungsvoll an.

Bevor ich antworten konnte, erfüllte eine Lichtkugel den Raum, so hell wie die Sonne. Sie war so intensiv, dass ich meine Augen abschirmen und mich abwenden musste.

Nach ein paar Sekunden verblasste das Licht. Ich ließ meine Hand sinken und öffnete blinzelnd die Augen.

Vor uns stand ein Mann. Er war groß, mit einem schlanken, durchtrainierten Körper und Haaren so blond wie meine. In den engen Jeans, dem lässigen Blazer und dem Designerschal sah er aus, als käme er direkt vom Laufsteg einer Hipster-Modenschau. Das Einzige, was nicht zu seinem Outfit passte, war die große Sporttasche, die er sich über die Schulter gehängt hatte. Ich konnte nicht sagen, wie alt er war, er hätte alles zwischen Mitte zwanzig und vierzig sein können.

Und seine Ähnlichkeit mit mir war unverkennbar.

„Apollo?“, sagte ich und meine Stimme brach. Ich schluckte. „Dad?“

KAPITEL DREI

„D

u hast gerufen, und hier bin ich“, sagte er so selbstverständlich, als hätte er mich bisher nie ignoriert. „Nach dem, was ich gehört habe, steckt ihr ganz schön in der Klemme, nicht wahr?“

Ich starrte ihn schockiert an. Ich wusste, dass er mein Vater war. Aber jetzt, wo er vor mir stand, fiel es mir schwer, das zu glauben. Vor allem, weil er so jung wirkte. Er hätte sich ohne aufzufallen unter die College-Kids mischen können, die in der Stadt herumhingen – wenn da nicht die überirdische Ausstrahlung gewesen wäre, die von ihm ausging.

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Es war das erste Mal, dass ich meinem leiblichen Vater von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. Ich hatte so viele Fragen. Warum hatte er meine Mutter verlassen, als sie schwanger gewesen war? Warum hatte er ihr nicht die Wahrheit darüber gesagt, wer er war? Warum wollte er nicht an unserem Leben teilhaben? Warum hatte er es nie für nötig gehalten, mich wissen zu lassen, dass ich ein Halbgöttin war? Warum interessierte es ihn nicht, mich kennenzulernen?

Wahrscheinlich kannte ich die Antwort bereits – es lag daran, dass er ein Gott war, und Familie und Beziehungen hatten für Götter nicht die gleiche Bedeutung wie für Sterbliche. Trotzdem wollte ich es von ihm hören. Keine Entschuldigung könnte die Jahre seiner Abwesenheit wiedergutmachen, aber es wäre besser als nichts.

Doch ich schluckte meine Fragen hinunter. Ich hatte Apollo nicht herbeigerufen, damit wir uns aussprechen konnten. Ich hatte ihn gerufen, weil wir seine Hilfe brauchten. Und wir brauchten sie jetzt.

„Danke, dass du gekommen bist.“ Ich richtete mich ein wenig auf und fand endlich meine Stimme wieder. „Wir müssen so schnell wie möglich in den Kerberos, um Blake zu retten und Ethan aufzuhalten. Wir müssen Medusas Kopf zurück zur Erde bringen. Aber keiner von uns weiß, was uns im Kerberos erwartet. Kannst du uns einen Rat geben oder irgendwie helfen?“

„Kluger Schachzug, nicht direkt durch das Portal zu rennen“, sagte er und warf ihm einen angewiderten Blick zu. „Du hättest einen ziemlichen Schock erlitten, wenn du hindurchgegangen wärst.“

„Wir wissen, dass es für Sterbliche gefährlich ist, den Kerberos zu betreten“, sagte Danielle. „Aber was ist mit Göttern? Was würde passieren, wenn du in den Kerberos gehst, um den Kopf der Medusa zurückzuholen?“

Ich drehte mich zu ihr um und sah sie schockiert an. Wir hatten nicht darüber geredet, Apollozu bitten, für uns in den Kerberos zu gehen. Es ergab natürlich Sinn – er hätte dort viel bessere Überlebenschancen als wir –, aber es erschien mir anmaßend, ihn um einen so großen Gefallen zu bitten.

Andererseits wäre das nicht wirklich ein Gefallen, oder? Er wollte genauso wie wir, dass die Titanen im Kerberos blieben. Ich wusste nicht, was die Titanen den Olympiern antun würden, wenn sie entkamen und ihre Macht wiedererlangten, aber ich bezweifelte, dass die Olympier es herausfinden wollten.

„Du hast recht. Wenn ich den Kerberos betreten könnte, würde es mir leichter als euch dreien fallen, Medusas Kopf zu holen“, sagte Apollo. „Aber leider – oder vielleicht zum Glück für mich – sind die Urgötter die einzigen Götter, die in den Kerberos treten können. Sie können Dimensionen durchqueren, ohne dafür ein Portal benutzen zu müssen. Keine anderen Götter können das, auch nicht die Olympier oder die Titanen. Das Portal ist momentan so schwach, dass viele Kreaturen hindurchgehen können. Aber die Aura dieser Kreaturen ist nicht annähernd so stark wie die eines Gottes. Bis zur Sommersonnenwende, wenn das Portal vollständig geöffnet ist, werden keine Götter hindurchgehen können. Ich kann also nicht den Kopf der Medusa für euch zurückholen.“

Beinahe hätte ich mich bei ihm dafür bedankt, dass er es getan hätte, wenn es ihm möglich gewesen wäre. Aber dann fiel mir auf, dass er das gar nicht gesagt hatte – nur, dass es für ihn leichter gewesen wäre als für uns.

Doch es war unsinnig, mir darüber den Kopf zu zerbrechen, ob er uns nun geholfen hätte oder nicht.

„Dann gehen wir eben selbst durch“, sagte ich stattdessen. „So wie ich es versuchthabe, als Ethan und Blake durch das Portal verschwunden sind.“

„Es war richtig von deinen Freunden, dich aufzuhalten“, sagte Apollo. „Und es war richtig von dir, mich um Hilfe zu bitten.“

„Fast hätte ich es nicht getan“, murmelte ich, unfähig, ihm in die Augen zu sehen. „Du bist schon einmal nicht gekommen, als ich dich um Hilfe gebeten habe. Ich dachte nicht, dass es dieses Mal klappen würde.“

„Ich bin die anderen Male nicht gekommen, weil du vielleicht dachtest, du brauchst meine Hilfe, aber du hast sie nicht wirklich gebraucht.“ Er sah mich ernst an und beobachtete mich genau. „Sterbliche Eltern tun heutzutage alles für ihre Kinder, aber ich bin kein Sterblicher, und du bist kein Menschenkind. Du bist eine Halbgöttin. Und du musst wissen, dass die Beziehung, die Götter zu ihren Kindern haben, nicht mit der von Sterblichen zu vergleichen ist. Wir passen aus der Ferne auf unsere Kinder auf, und unsere Kinder wissen auch, dass wir auf sie aufpassen – aber wir erwarten von ihnen, dass sie für sich selbst sorgen. Das ist für sie der beste Weg, um über sich selbst hinauszuwachsen. Nur so kann man die stärkste Version seiner selbst werden. Wir greifen nur dann ein, wenn es absolut notwendig ist.“

Ich fand, das klang nach einer altertümlichen und harten Erziehungsmethode, aber Apollo war jaauch schon Tausende von Jahren alt. Wie er so vor uns stand, seine Haut so bronzefarben, dass sie mit dem Licht der Sonne selbst zu glühen schien, durfte ich nicht vergessen, dass er zwar mein Vater war, aber eben auch ein Gott. Unsere Beziehung würde niemals normal sein.

Doch ich wünschte mir immer noch, dass die Dinge zwischen uns anders gelaufen wären.

Ich hatte allerdings Angst, ihm das zu sagen. Wahrscheinlich würde er nur entgegnen, dass sich die Dinge nicht ändern ließen. Außerdem hatten wir wichtigere Themen zu besprechen.

„Da du hier bist, willst du uns jetzt aber helfen“, sagte ich. „Richtig?“

„Richtig.“ Er nahm die Sporttasche von seiner Schulter und legte sie zu seinen Füßen ab. „Ihr drei habt recht: Ihr müsst den Kerberos betreten, um Medusas Kopf zurückzuerobern. Und ihr habt auch recht, dass es unklug wäre, ohne weitere Informationen und Hilfsmittel aufzubrechen. Ich bin also gekommen, um diese zwei Probleme zu lösen.“

„Großartig.“ Chris schlug seine Hände zusammen und blickte auf die Tasche. „Wenn das so etwas ist wie der Minzdrops, den Zeus mir gegeben hat, dann wird es bestimmt gut.“

„Ich versichere dir, dass der Inhalt dieser Tasche viel eleganter ist als ein Pfefferminzdrops.“ Apollo rümpfte die Nase, als ob das Geschenk von Zeus eine große Geschmacklosigkeit gewesen wäre. „Aber bevor ich euch eure Gaben überreiche, muss ich euch warnen – der Kerberos ist zwar von der Erde aus zugänglich, aber er ist nicht wirklich ein Teil der Erde. Er gehört zu einer anderen Dimension. Eure elementaren Kräfte sind an die irdische Dimension gebunden. Deshalb könnt ihr eure Fähigkeiten nicht nutzen, solange ihr euch im Kerberos befindet.“

„Was?“ Chris’ Mund blieb offen stehen. „Wie sollen wir denn ohne unsere Kräfte kämpfen?“

„Ihr seid Nachkommen von Göttern, und Nicole ist eine Halbgöttin“, sagte Apollo. „Kämpfen liegt euch im Blut. Leider sind die meisten eurer Art im letzten Jahrhundert schwach geworden, weil sie es sich in einer Zeit des Friedens und der Sicherheit bequem gemacht haben. Aber wie ihr in eurem Training gesehen habt, lernt ihr das Kämpfen schneller, als es ein Mensch je könnte. Ihr könnt es schaffen.“ Er machte eine kurze Pause. „Trotzdem ist der Kerberos ein gefährlicher Ort für Sterbliche, die erst seit ein paar Monaten im Training sind. Deshalb habe ich jedem von euch ein Geschenk mitgebracht, das euch helfen wird. Doch vorher muss ich euch eine wichtige Frage stellen.“ Er hielt inne und nahm sich Zeit, jedem von uns in die Augen zu sehen.

Ich schauderte nervös unter seinem Blick, aber ich brach den Augenkontakt nicht ab. Ich war stark. Und ich wollte, dass er das wusste.

Er nickte, anscheinend zufrieden, und fuhr fort: „Da ihr nun wisst, dass eure Kräfte im Kerberos nicht funktionieren, wollt ihr die Reise trotzdem antreten?“

KAPITEL VIER

„J

a.“ Ich zögerte keinen Augenblick. „Blake ist da drin. Wir können ihn nicht einfach aufgeben. Außerdem brauchen wir den Kopf von Medusa. Wir haben keine andere Wahl.“

„Ich hatte erwartet, dass du das sagen würdest“, sagte Apollo. „Ich habe die Sterblichen lange genug beobachtet, um zu wissen, dass sie nur zu gerne für ihre Geliebten in die Hölle gehen. Aber deine Freunde haben nicht die gleiche Verbindung zu Blake wie du. Sind sie auch bereit, ihr Leben für ihn zu riskieren?“

„Natürlich sind wir das.“ Chris ballte die Fäuste und sah kampfbereit aus. „Wir stehen das gemeinsam durch.“

„Und wenn wir Medusas Kopf nicht bekommen, wird die ganze Welt sowieso zur Hölle“, fügte Danielle hinzu. „Also ja. Wir gehen alle drei.“

„Gut. Ich musste sichergehen, dass ihr wisst, was ihr riskiert.“ Apollo kniete sich vor der Tasche hin und öffnete den Reißverschluss. Er griff hinein und holte etwas heraus, das ich sofort wiedererkannte – das goldene Schwert der Athene. „Erst einmal das hier. Ich dachte mir, dass du es wahrscheinlich brauchen würdest“, sagte er und hielt Danielle das Schwert hin. „Ich war auf dem Weg hierher in eurem Trainingsraum, um es abzuholen. Warum habt ihr es überhaupt dort gelassen?“

„Wir sind nur hierher gekommen, um zu testen, wie man den Kopf der Medusa benutzt“, sagte sie. „Es hätte ganz einfach sein sollen. Wir wollten nicht riskieren, dass unsere Waffen den Zyklopen erschrecken, bevor wir ihn in die Höhle locken.“

„Wessen Idee war das?“, fragte Apollo.

„Ethans“, sagte Chris angewidert.

„Ich muss euch sicher nicht daran erinnern, dass ihr von jetzt an vorsichtig sein müsst, wem ihr vertraut.“ Apollo reichte das Schwert Danielle, die lächelnd ihre Hand um den Griff legte. „Dieses Schwert gehört nur dir“, erinnerte er sie. „Deine Vorfahrin Aphrodite hat es Jahrtausende lang in den Eisblock geschlossen und auf den Tag gewartet, an dem du es als dein Eigentum beanspruchen würdest. Du solltest es immer in deiner Nähe behalten.“

„Ja“, sagte sie und hielt das Schwert vor sich. „Das werde ich.“

„Außerdem habe ich einen Gürtel und eine Schwertscheide für dich mitgebracht. Du kannst nicht im Kerberos herummarschieren ohne jede Möglichkeit, dein Schwert einzustecken.“

Sie schnallte sich den Gürtel um die Taille und steckte das Schwert in die Scheide. Sie sah jetzt viel selbstbewusster aus – wie eine heldenhafte Kriegerin, bereit zum Kampf.

„Viel besser.“ Apollo nickte. „Und nun Chris’ Geschenk.“ Er kniete wieder vor der Tasche nieder und zog eine kleine goldene Harfe heraus. Sie war mit einem Riemen versehen, vermutlich, damit man sie auf dem Rücken tragen konnte. „Eine goldene Leier“, erklärte er und strich mit den Fingern über die Saiten. „Ich habe sie mit einem Zauber versehen – wer auch immer sie spielt, hat ähnliche Kräfte wie eine Sirene. Wenn er spricht, wird jeder, der ihm zuhört, ihm glauben und alles tun, was er verlangt.“

Chris beäugte das Instrument skeptisch, streckte aber nicht seine Hand danach aus. „Und das schenkst du mir?“, fragte er. „Ich meine, das ist ein tolles Geschenk, aber ich weiß nicht, wie man ein Instrument spielt. Schon gar nicht eine Leier.“

„Deine Unerfahrenheit wird kein Problem sein“, sagte Apollo. „Wie ich dir gesagt habe, ist diese Leier verzaubert. Du wirst auf ihr spielen können, sobald du sie in die Hand nimmst.“

„Was? Echt?“ Chris’ Augen leuchteten auf und er griff nach dem Instrument. „Ich probiere es gleich aus.“

Apollo runzelte die Stirn und hielt die Leier von ihm weg. „Der Zauber hält nur so lange an, wie die Leier gestimmt ist“, sagte er. „Jedes Mal, wenn du auf ihr spielst, wird sie verstimmter. Du musst also Acht geben, dass du sie nur benutzt, wenn es nötig ist.“

„Das ergibt Sinn“, sagte Chris. „Wie oft kann ich auf ihr spielen, bevor sie verstimmt wird?“

„Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Es hängt davon ab, wie lange du jeweils spielst“, sagte Apollo. „Daher empfehle ich dir: Sobald das verzauberte Wesen getan hat, was du von ihm verlangt hast, höre so schnell wie möglich zu spielen auf. Du solltest auch wissen, dass sie nur bei Kreaturen funktioniert, die deine Sprache verstehen – und nicht bei Göttern, da diese zu mächtig sind, um sich ihren Kräften zu beugen. Wenn ihr also auf Tiere oder Götter trefft, müsst ihr sie mit anderen Mitteln bekämpfen.“

„Verstanden“, sagte Chris, und diesmal überreichte Apollo ihm die Leier.

Ich war ein wenig neidisch. Das Instrument war wunderschön – sie glänzte so golden wie Danielles Schwert. Sogar die Saiten schienen aus Gold zu bestehen. Es juckte mich in den Fingern, sie selbst zu spielen. Aber Apollo hatte sie Chris geschenkt, nicht mir. Sie war nicht für mich bestimmt.

„Danke.“ Chris schnallte sich das Instrument auf den Rücken, stand stolz auf und sah Apollo in die Augen. „Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um deine Tochter zu beschützen, wenn wir im Kerberos sind. Das verspreche ich.“

„Das weiß ich zu schätzen“, sagte Apollo, was wahrscheinlich das Väterlichste war, was er seit seiner Ankunft gesagt hatte. „Aber nach dem, was ich von Nicole gesehen habe, ist sie in der Lage, sich selbst zu schützen. Und ihre Kampffähigkeiten werden durch das Geschenk, das ich ihr heute mitgebracht habe, sogar noch besser werden.“

Damit griff er wieder in die Tasche und holte das perfekte Geschenk für mich heraus.

KAPITEL FÜNF

„E

in goldener Bogen!“ Ich staunte über seine Schönheit. Er war so glänzend und fein graviert, dass der hölzerne Bogen, den ich bisher benutzt hatte, im Vergleich dazu grob und primitiv aussah. „Er ist wunderschön. Danke.“

„Das ist nicht irgendein Bogen. Und dazu gibt es auch nicht irgendwelche Pfeile.“ Er zog die passenden Pfeile heraus und steckte sie in den Köcher, insgesamt sechs Stück. Wie der Bogen waren sie aus Gold, bis auf die Spitzen, die aus einem klaren, funkelnden Kristall bestanden. „Diese Kristallpfeile sind außergewöhnlich selten. Sie verfehlen niemals ihr Ziel, solange es sich im Blickfeld des Schützen befindet.“

„Niemals?“, fragte ich. „Was ist, wenn etwas anderes dazwischenkommt?“

„Dann werden sie dem Hindernis ausweichen und trotzdem ihr Ziel treffen“, versicherte er. „Aber du musst sie mit Bedacht einsetzen, denn die Kraft des Kristalls wirkt nur einmal.“ Er legte den Bogen in meine Hände. „Du musst genau überlegen, wann du die Pfeile einsetzt, denn du wirst nur sechs perfekte Schüsse abgeben können.“

„Das werde ich“, sagte ich, und mit dieser Antwort überreichte er mir den Bogen. „Aber selbst wenn die Magie des Kristalls verschwunden ist, kann ich die Pfeile immer noch benutzen, oder?“

„Wenn du in der Lage bist, die Pfeile wieder einzusammeln, ja, dann sind sie wiederverwendbar“, sagte er und reichte mir den Köcher mit den sechs Pfeilen.

Ich schnallte ihn mir um den Rücken und steckte auch den Bogen hinein. Mit meiner neuen Waffe fühlte ich mich viel besser auf den Kerberos vorbereitet. „Danke, dass du heute gekommen bist“, sagte ich zu Apollo. Ich wusste nicht, was ich ihm sonst sagen sollte. Es war seltsam. Obwohl er mein Vater war, waren wir beide praktisch Fremde. „Das bedeutet mir viel.“