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Nie wieder wollte Hugo zurückkommen. Vor elf Jahren kehrte er seiner Heimat den Rücken und lebt heute als erfolgreicher Anwalt in Manhattan. Der Tod seines Freundes aus Kindertagen führt ihn zurück vor die Tore Berlins. Hugo trifft nicht nur seine Jugendliebe Becca wieder, sondern wird mit jedem Schritt durch die auf den ersten Blick idyllischen Gassen der Kleinstadt Karlsdorf an seine früheren Sünden erinnert. Es gibt Gründe, warum er nie hatte zurückkehren wollen. Schlimme Dinge sind damals passiert und Hugo ist keinesfalls unschuldig. Die Last der Vergangenheit liegt schwer auf seinen Schultern. Eine Schuld, die ihn bis heute verfolgt. Und die Frage ist, ob sie jemals beglichen werden kann. Du kannst deiner Vergangenheit nicht entkommen.
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Ariana Lambert
Über die Autorin:
Am liebsten ausgefallen.
Ariana Lambert hat ein Faible für Geschichten, die aus dem Rahmen fallen. Als Anwältin und Strafverteidigerin befasste sie sich mit realen Gräueltaten, heute schreibt sie in der Fiktion darüber. Die Autorin liebt es, ihren Figuren das besondere Extra einzuhauchen, hinter die Fassaden des Alltäglichen zu schauen und ihre Leser in eine Welt mitzunehmen, die sie nur allzu gut kennt. Ariana Lambert lebt mit ihrer Familie in Dublin und verbringt die Sommer gern in ihrer Heimat, dem Spreewald.
Über das Buch:
Nie wieder wollte Hugo zurückkommen.
Vor elf Jahren kehrte er seiner Heimat den Rücken und lebt heute als erfolgreicher Anwalt in Manhattan.
Der Tod seines Freundes aus Kindertagen führt ihn zurück vor die Tore Berlins. Hugo trifft nicht nur seine Jugendliebe Becca wieder, sondern wird mit jedem Schritt durch die auf den ersten Blick idyllischen Gassen der Kleinstadt Karlsdorf an seine früheren Sünden erinnert. Es gibt Gründe, warum er nie hatte zurückkehren wollen. Schlimme Dinge sind damals passiert und Hugo ist keinesfalls unschuldig. Die Last der Vergangenheit liegt schwer auf seinen Schultern.
Eine Schuld, die ihn bis heute verfolgt. Und die Frage ist, ob sie jemals beglichen werden kann.
Du kannst deiner Vergangenheit nicht entkommen.
Wenn die Wahrheit stirbt
Ariana Lambert
Thriller
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind
im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© August 2022 Empire-Verlag
Empire-Verlag OG, Lofer 416, 5090 Lofer
Lektorat: Marion Mergen – www.korrekt-getippt.de
Korrektorat: Rebekka Maria Peckary – www.federnote.at
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise –
nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Cover: Chris Gilcher
http://buchcoverdesign.de/
Illustrationen: Adobe Stock ID 256305726, Adobe Stock ID 256714157, Adobe Stock ID 300871085 und freepik.com und freepik.com
Für Luis, der weiß, wie es geht …
Ein ungewöhnliches Wiedersehen an einem Montag
In Karlsdorf, südlich von Berlin
Als wäre die Zeit stehengeblieben.
Nichts hatte sich in den vergangenen elf Jahren verändert.
Und doch war alles anders.
Hugo fuhr im Schritttempo die verwaiste Hauptstraße entlang. Im Rückspiegel sah er die beachtliche Staubwolke, die sein Wagen aufwirbelte. Sie stand sinnbildlich dafür, was kommen würde. Als sollte er nicht daran erinnert werden, was hier einst geschehen war.
Eigentlich hatte er geglaubt, diesem Teil der Welt endgültig den Rücken gekehrt zu haben, diesen Teil seines Selbst hinter sich gelassen zu haben. Hugo hatte nie wiederkommen wollen und doch war er jetzt hier.
In dem auf Hochglanz polierten Mietwagen fuhr er vorbei an der alten Valentin-Villa, in deren Vorgarten er als Zehnjähriger Kirschen geklaut hatte. Hugo passierte den Hof vom alten Hosen-Walter, der damals so hieß, weil er jeden verdammten Tag dieselbe Latzhose getragen hatte. Als Hugo am Rathaus vorbeifuhr, warf er einen Blick auf die große Uhr über dem Eingang und war nicht überrascht, dass sie bis heute halb vier anzeigte. Die Uhren tickten hier anders. Im wahrsten Sinne. Sie tickten gar nicht. Es blieb einfach alles, wie es immer gewesen war.
Hugo stellte den Motor ab und zog den Schlüssel aus dem Zündschloss. Er hatte sein Ziel erreicht, stieg jedoch nicht gleich aus dem Wagen. Stille umfing ihn. Da war nur das Geräusch seines Atems, der kräftiger ging als sonst.
Nichts hatte sich verändert und doch war alles anders.
Nie hätte er es für möglich gehalten, Becca wiederzusehen. Das Telefonat neulich hatte sich normal angefühlt, als hätten sie sich erst letzte Woche gesehen. Dabei hatten sie seit elf Jahren nichts voneinander gehört.
Nur der alten Zeiten willen hatte er zugestimmt, bei ihr zu übernachten. Nur ein paar Tage … bis zu Johannes’ Beerdigung. Dann wollte Hugo zurück in sein Leben, seine Realität, die nichts mit dem hier zu tun hatte. Aber würde das überhaupt möglich sein?
Mit zwei Fingern zog er seine Sonnenbrille von der Nase, warf sie in die Mittelkonsole des gemieteten BMW und begutachtete das eigenwillige Haus, vor dem er parkte. Er hatte keine Erinnerung an diesen Hof am Ende der Schlossstraße. Warum die so hieß, war ihm ein Rätsel. Früher war das hier lediglich eine Sackgasse gewesen. Bis heute gab es außer einigen kleinen Höfen nichts Prachtvolles zu entdecken, was den Namen rechtfertigen würde.
Kleine Höfe, wie der von Becca. Hübsch, fiel ihm als Erstes ein. Typisch Becca, als Zweites.
Das sicher aus der Gründerzeit stammende Haus hatte seine besten Jahre lange hinter sich. Einige der dunkelgrünen Fensterläden hingen schief in ihren Angeln. Wilder Wein schlängelte sich entlang der Regenrinnen und mehr als eine Dachschindel fehlte. Aber die vielen wilden Blumen, Windspiele und töpfernen Dekorationen auf den Fensterbrettern ließen das Haus dennoch gemütlich und einladend wirken.
Hugo öffnete die Autotür und schälte sich aus dem Sitz. Sein Hemd unter dem Anzug, das er seit mehr als … sechzehn Stunden trug, klebte an seiner Haut. Er würde gern duschen.
Die Haustür wurde geöffnet und sie stand da.
Becca. Einfach so. Als wäre kein Tag vergangen.
Einen Moment hielten sie beide inne und starrten sich an.
Etwas war anders. Becca sah älter aus – reifer und erfahrener. Ihre Haut war braun, als hielte sie sich viel im Freien auf. Ihr Gesicht war ungeschminkt. Früher war sie erst zufrieden gewesen, wenn ihre Haut blassgepudert gewesen war und ihre Augen ausgesehen hatten, als hätte sie sie mit einem Kohlestück bearbeitet.
»Hugo«, sagte sie leise. »Du bist da.« Sie breitete die Arme aus.
Er setzte sich in Bewegung, öffnete das niedrige Gartentor, das in der Bewegung quietschte, und ging mit langen Schritten auf seine Jugendliebe zu.
»Du siehst … toll aus«, sagte er und erwiderte die angebotene Umarmung. Für diese wenigen Sekunden gestattete er sich, die Augen zu schließen. Sie roch nach Sommer, nach Heu, aber dahinter erkannte er die ihm bekannte Note nach … Becca.
»Es ist so schön, dass du da bist«, flüsterte sie an seinem Ohr.
Hugo nahm aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr und löste sich von Becca.
»Oh, Schatz, du bist schon wach«, sagte sie zu einem Mädchen, das aussah wie Becca früher. »Das ist Isabell«, erklärte sie, »meine Tochter. Bell, das ist Hugo, ein alter Freund von Mama. Er wird ein paar Tage bei uns wohnen.« Sie strich dem Mädchen eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Hallo!«, grüßte ihn das Mädchen. Hugo schätzte, dass es – wenn überhaupt – gerade die erste Klasse besuchte.
»Hallo, Isabell! Freut mich sehr, dich kennenzulernen.« Er streckte ihr seine Hand entgegen.
Das Mädchen lachte, als sie ihre kleine Hand in seine legte und kräftig schüttelte.
»Bell, geh doch schon mal in den Garten und hol die Sitzkissen raus. Ich mache uns gleich was zu essen.« Damit verschwand das Mädchen mit wehendem Rock. An Hugo gewandt fragte Becca: »Du musst müde sein. Wie spät ist es jetzt in New York? Willst du unter die Dusche? Oder Kaffee? Hast du Hunger? Komm doch erstmal rein!«
Zu viele Fragen. Warum plapperte Becca wie ein Wasserfall? War sie nervös?
»Danke. Eine Dusche wäre fabelhaft. Kaffee klingt auch toll.« Er betrat einen dunklen Flur, von dem eine steile Treppe in das obere Stockwerk führte, und folgte Becca in die Küche. »Sechs Stunden Zeitunterschied«, erklärte er und sah sich in dem großen Raum um, der Wir fühlen uns wohl ausdrückte. Bilder mit Kinderzeichnungen hingen am Kühlschrank, Zeitungen lagen auf einem großen Eichentisch verteilt. Überall standen frische Wildblumen in Vasen und verströmten den unverwechselbaren Duft des Sommers, den Hugo in Manhattan manchmal vermisste. »Also erst acht Uhr in New York. Die beste Zeit für einen Kaffee.« Hugo schaute durch ein Fenster hinaus in den Garten, wo die kleine Isabell eifrig Kissen auf Stühle drapierte. »Ich wusste nicht, dass du eine Tochter hast, sonst hätte ich was mitgebracht.«
Becca hob den Blick von der Kaffeemaschine. »Woher solltest du das auch wissen? Bell ist sechs. Wir haben uns … wie lange nicht gesprochen? Zehn Jahre? Elf?«
»Elf sind es wohl. Und ihr Vater?«, fragte Hugo und schaute weiter aus dem Fenster.
»Elf Jahre schon«, sagte Becca mehr zu sich und widmete sich wieder der Kaffeezubereitung. »Es gibt keinen.«
»Was?« Jetzt drehte sich Hugo um.
»Es gibt keinen Vater. Ich wollte ein Kind, keinen Mann. Samenspende. Anonym. In Dänemark. Ist in Deutschland leider immer noch verboten.«
Hugo nickte und fragte nicht weiter. »Sie sieht aus wie du.«
Er beobachtete, wie Beccas Hände auf die Arbeitsfläche der Küchenzeile sanken. Sie wirkte müde. Doch dann lief Becca auf ihn zu und schlang beide Arme um seinen Hals. »Oh, Hugo, du hast keine Ahnung, wie froh ich bin, dass du da bist. Es ist alles so furchtbar und ich war nicht sicher, ob du kommen würdest.«
Er hielt sie fest und flüsterte: »Natürlich. Das war doch klar. Wann … wann hast du Johannes das letzte Mal gesehen?«
Becca löste sich von seinem Hals, ohne jedoch die Hände von seinen Schultern zu nehmen, und öffnete den Mund, um zu antworten, als sie von Isabell unterbrochen wurde. »Gibt’s Kuchen, Mama?«
Mit dem Handrücken wischte sich Becca verstohlen eine Träne von der Wange und ging zum Kühlschrank. »Natürlich gibt’s Kuchen, Schatz.« Sie holte einen Teller heraus, der mit Folie abgedeckt war. An Hugo gewandt fragte sie: »Oder willst du zuerst duschen?«
»Äh …«, quetschte er in Ermangelung einer spontanen Entscheidung hervor.
»Komm, du trinkst einen Kaffee und isst was, und dann zeige ich dir oben alles«, nahm Becca ihm die Entscheidung ab.
»Okay.« Er folgte ihr durch den Flur in ein Wohnzimmer, das sich hinter der Treppe auftat. Auch hier konnte Hugo das Leben und die Liebe in diesem Haus spüren. Das Sofa war mit Kissen in allen möglichen Farben überfüllt, Kinderspielzeug verteilte sich über einen zerkratzten Parkettboden, der abgeschliffen und neu lackiert sicherlich ein Hingucker gewesen wäre. Aber gerade dieses Manko machte den Raum mit den übervollen Bücherregalen so wunderbar einzigartig.
Becca öffnete zwei bodentiefe Fenstertüren und lief zwei Stufen hinunter in einen Garten, der aus einem Astrid-Lindgren-Buch hätte stammen können. Zahlreiche Apfelbäume standen wahllos verteilt und spendeten ausreichend Schatten. Unter einem eindrucksvollen Walnussbaum rückte die kleine Isabell Stühle um einen Holztisch zurecht, auf dem ebenfalls eine Vase mit Wildblumen stand. Alles hier duftete nach Sommer, nach Kindheit, nach einer längst vergessenen Zeit.
»Wow! Du hast es wirklich schön hier.« Hugo streifte endlich sein Jackett von seinen Schultern. Er legte es über die Lehne eines der Metallstühle und krempelte die Ärmel seines Hemdes hoch.
»Kontrastprogramm zu Manhattan, oder?« Becca stellte ein Tablett auf dem Tisch ab und verteilte Teller, Kuchengabeln und Löffel.
»Du hast ja keine Ahnung!«, sagte Hugo und seufzte. »Klar, ich liebe mein Apartment. Ich habe einen fabelhaften Blick auf den Central Park, und falls ich Zeit habe, genieße ich dort den Sonnenuntergang, aber das hier …« Er lachte und machte eine ausholende Geste. »Das hier ist absolutes Kontrastprogramm. Ich würde mir am liebsten spontan die Schuhe ausziehen und barfuß durch den Garten laufen.«
Becca stimmte in sein Lachen ein. »Tu dir keinen Zwang an! Dann kannst du gleich ein paar Äpfel pflücken. Ich hole den Kaffee und den Kuchen.«
»Warte, ich helfe dir«, fiel ihm mit etwas Verspätung ein.
»Nein, nein. Ich mach das schon. Pflück du lieber die Äpfel! Bell, zeig Hugo mal, welche die leckersten sind!«
Das Mädchen stiefelte sofort los und ging tiefer in den Garten. Unter einem der hinteren Bäume blieb sie stehen und zeigte nach oben. »Die sind sehr süß, nur bin ich leider zu klein. Und Mama sagt, ich soll nicht raufklettern.«
Hugo streckte eine Hand nach oben und angelte nach mehreren dunkelroten Äpfeln, die er nach und nach Isabell reichte. Mit ausreichendem Nachschub beladen liefen sie gemeinsam zurück zum Tisch, an dem Becca schon Kuchenstücke verteilt und Kaffee in zwei Tassen gegossen hatte. Hugo legte die Äpfel in einen Korb, den Isabell ihm zeigte, und dachte darüber nach, wann er sich zum letzten Mal so … heimelig gefühlt hatte. Sein Leben in New York war geprägt von Hektik im Büro, Abendessen in schicken Restaurants und Wochenenden in den Hamptons auf dem Golfplatz.
Das hier – Sommer, Natur, der Geruch nach frischgemähtem Gras, Becca – all das weckte in ihm Erinnerungen und Sehnsüchte an seine Kindheit, seine Jugend, an Unbeschwertheit und Glück. Daran, wie es früher einmal war. Bevor …
»Dir geht es gut hier, oder?«, fragte Hugo, um sich auf andere Gedanken zu bringen und der Dunkelheit nicht zu gestatten, sich über seinen Geist zu legen. Er biss herzhaft in den frischen Apfelkuchen, ohne die Gabel zu benutzen.
»Hm …«, presste Becca mit vollem Mund hervor. Sie schluckte. »Ja, schon. Zumindest bis jetzt …« Sie blickte zu ihrer Tochter, die sich gerade ein besonders großes Stück Kuchen in den Mund schob. »Ja, ich bin … glücklich hier. Wir fühlen uns wohl. Ich habe das Haus durch Zufall bei einer Versteigerung ergattert. Es war kein Schnäppchen oder so, aber es passt. Wir kommen klar.«
Eine Weile schwiegen sie.
Hugo lauschte der sanften Brise, die über ihnen das Blätterdach des Walnussbaums zum Rascheln brachte. Irgendwo gurrte eine Taube, Grillen zirpten im Gras. Aber sonst war da nichts. Kein Autolärm, keine Sirenen im Minutentakt, kein Hundegebell, kein Hupkonzert in der Rush Hour … nichts. Einfach Ruhe.
»Bell«, sagte Becca, als die Kleine den Kuchen auf ihrem Teller vertilgt hatte, »geh ein wenig spielen!«
Ohne zu antworten, erhob sich das Mädchen und hüpfte zu einer Decke, die unter einem der Apfelbäume ausgebreitet war und auf der einige Puppen lagen.
»Im Frühjahr«, sagte Becca und beantwortete seine Frage nach Johannes. »Beim Baumblütenfest in Werder. Weißt du noch?«
Hugo konnte sich gut daran erinnern. Als Teenager hatten sie das jährliche Event vor allem genutzt, um heimlich zu trinken und Karlsdorf wenigstens für ein paar Stunden zu entkommen.
»Johannes kam immer mit Lukas und dessen Familie. Die beiden waren nicht mehr so unzertrennlich wie früher, aber zum Baumblütenfest sind sie jedes Jahr gemeinsam gekommen. Lukas ist verheiratet und hat zwei Kinder.«
»Und Johannes?«, fragte Hugo.
»Nee, Johannes …« Becca sammelte nachdenklich ein paar Kuchenkrümel vom Tisch, dann schaute sie Hugo an. »Sag mal, du hattest gar keinen Kontakt, zu niemandem von früher?«
»Nein.« Hugo krempelte seine Hemdsärmel weiter auf. Es war heiß in der Sonne. »Was soll ich sagen? Ich hatte nicht vor, jemals zurückzukommen. Ich wollte das alles hinter mir lassen. Nicht mehr an früher denken. Warum bist du hiergeblieben?«
Becca senkte den Blick und strich über die Ausläufer der wulstigen Narben, die unter dem Ärmel ihres Kleides sichtbar wurden. Verstohlen beobachtete Hugo die offenbar unbewusste Geste.
»Ich habe damit abgeschlossen. Ich denke, ich habe ausreichend bezahlt, meine Schuld beglichen. Doppelt und dreifach. So lange meine Mutter noch lebte, kam für mich nie infrage, von hier wegzuziehen. Sie brauchte mich.«
»Wann ist sie gestorben?«, fragte Hugo und dachte mit gemischten Gefühlen an Beccas Mutter, die nach ihrem Schlaganfall damals nicht mehr dieselbe gewesen war.
»Vor sieben Jahren. Sie hatte noch einen Schlaganfall. Es ging ziemlich schnell. Aber zu diesem Zeitpunkt hatte ich das Haus schon und war hochschwanger. Wohin hätte ich denn gehen sollen?«
Die Frage war rhetorisch gemeint. Er hätte gern weitere Fragen gestellt. Es gab so vieles, das er wissen wollte. Elf Jahre … Hugo wollte hören, wie es Becca ergangen war. Warum hatte sie ein Kind gewollt, aber keinen Mann dazu? Nahm sie ihm seine Entscheidungen von damals immer noch übel? Dachte sie an früher, litt sie unter den Erinnerungen genau wie er? Kam jetzt alles wieder hoch?
Alles in Hugo sträubte sich, die verdrängten Erinnerungen in die Realität zurückzuholen. Doch jetzt war er hier und musste wissen, was geschehen war.
»Erzähl mir von Johannes! Was ist passiert? Wieso glaubt die Polizei nicht, dass es Selbstmord war?«
Erinnerungen und Sommerduft
In Beccas Garten
Die Hitze machte ihr zu schaffen. Nicht nur ihrem Kreislauf, sondern vor allem ihrer Haut. Die Narben auf Beccas Rücken schienen sich zu bewegen, wenn der Schweiß an ihnen hinunterlief. Sie hatte keine Schmerzen, die Zeiten waren glücklicherweise vorbei. Aber wenn es zu kalt oder zu heiß oder der Wechsel zwischen beidem zu schnell war, dann spürte sie die Narben mehr als sonst.
Wie von selbst bewegten sich ihre Finger immer wieder zu den Verknotungen in ihrem Nacken und auf den Schultern. Und auch wenn diese Berührungen regelmäßig unbewusst geschahen, merkte Becca sehr wohl, dass und wenn sie es tat. Meist folgte sie dem Drang, die Verfestigungen ihrer Haut mit einem sanften Druck ihrer Fingerkuppen zu lockern. Manchmal aber manifestierte sich in der Berührung auch nur ihre Erinnerung.
So wie in diesem Augenblick.
Warum sie nicht weggegangen war, wollte Hugo wissen.
Was sollte sie sagen?
Sie könnte versuchen, ihm zu erklären, dass sie niemals und an keinem Ort der Welt hätte vergessen können, was damals geschehen war. Sie hätte in einer Höhle in Nepal leben können und trotzdem nicht ihrer Schuld und den Erinnerungen entfliehen können. Sie hätte in einem Lehmhaus in den Anden hausen können und wäre doch jeden Morgen schweißgebadet und hundemüde aufgewacht, weil Albträume ihr die benötigte Ruhe raubten.
Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, Hugo an dem teilhaben zu lassen, was sie seit so vielen Jahren quälte. Auch wenn sich seine Anwesenheit so anfühlte wie früher, als wäre keine Zeit vergangen, als hätte er Deutschland … Europa … seine Heimat nicht für immer verlassen und ihr damit das Herz gebrochen.
Als sein Anruf kam und sie vereinbart hatten, dass er bis zur Beerdigung bei ihr wohnen würde, hatte Becca die Zeit mit ihm genießen wollen, sich in dem schönen Gefühl suhlen, Hugo wieder in ihrer Nähe zu haben. Sie wollte ihn ansehen, ihn berühren, seine Stimme hören. Es gab so vieles, das sie wissen, das sie wieder erleben wollte.
Nie hatte sie ihn vergessen können. Nie würde das passieren. Bis an ihr Lebensende würde Hugo ein Teil ihres Selbst sein – ob er nun hier war oder am anderen Ende der Welt. Nicht nur wegen der überwältigenden Gefühle, die Becca als junge Frau für ihn empfunden und zu unüberlegten Handlungen bewogen hatten, die niemals wiedergutzumachen waren. Sondern wegen allem, das sie gemeinsam erlebt hatten – der Liebe und der Schuld.
Denn es war eben nicht mehr damals, vor elf Jahren. Es war heute. Man konnte die Zeit nicht zurückdrehen, Dinge nicht ungeschehen machen.
Hugo hatte nach Johannes gefragt. Er wollte, dass sie ihm erzählte, was mit ihrem gemeinsamen Freund aus Kindertagen passiert war. Und schon wanderten ihre Finger wie von selbst zu den Spuren, die ihre Sünden auf ihrem Körper hinterlassen hatten. Deutlicher hätten sich die Verfehlungen ihrer Jugend nicht in ihr Bewusstsein brennen können – im wahrsten Sinne des Wortes.
Becca schaute zu ihrer Tochter. Das tat sie immer, wenn die Schuldgefühle hochkamen und die Dunkelheit sie überfiel. Sie musste sich vergewissern, dass für sie auch die Sonne schien. Ihre Tochter war ihr Licht, ihre Sonne, ihr Beweis, dass das Leben weiterging und schön sein konnte. Vielleicht hatte Johannes dieses Licht gefehlt. Vielleicht war er immer nur in der Dunkelheit gewandelt. Vielleicht wäre es Becca wie Johannes ergangen, wenn sie Bell nicht gehabt hätte.
»Johannes …«, begann sie und atmete tief ein. »Johannes hat sich verändert. Du hättest ihn vermutlich nicht wiedererkannt. Vor allem neben Lukas, dem fröhlichen und umgänglichen Lukas. Schon seltsam, dass Zwillingsbrüder so unterschiedlich sein können. Weißt du noch früher, da glichen sie wie ein Ei dem anderen. Na ja …« Becca trank einen Schluck Kaffee, der so kalt und schwarz war wie wohl Johannes’ letzte Tage. »Er litt an Depressionen. Er war ausgezehrt. Körperlich und seelisch. Und er starb … na ja, als gebrochener alter Mann.«
»Verdammt!« Hugo wischte sich über das barstoppelige Kinn. »Und er war allein? Keine Frau, keine Kinder?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ach, wo denkst du hin? Von dem einstigen Womanizer war nichts mehr übrig. Johannes lebte mit seinen Dämonen, trotz der Behandlung. Er war mehrmals in der Psychiatrie, bei Therapien, weißt du. Die Medikamente haben ihm den Rest gegeben, glaube ich. Zum Schluss war Johannes ein Zombie, ein Strich in der Landschaft, ein Schatten seiner selbst. Ich hoffe, er ist jetzt an einem besseren Ort.« Sie stockte. Es schmerzte, ihren gemeinsamen Freund so beschreiben zu müssen. Insgeheim war sie froh, dass Hugo ihn nicht mehr hatte sehen müssen.
»Depressionen? Dachte deshalb jeder sofort an Selbstmord?«, fragte Hugo.
Sie nickte. »Klar. Nichts lag näher. Aber dann kam relativ schnell das Detail mit den gefesselten Händen raus und – na ja – so war eben klar, dass er sich nicht selbst angezündet hat.«
Bei den Worten schüttelte sie sich.
Hugo rückte mit seinem Stuhl näher. Er sah zu Isabell, die mit ihren Puppen spielte, dann wieder zu Becca und flüsterte: »Soll das heißen, er wurde … verbrannt?«
Als wären die Worte nicht schon schlimm genug, bewirkte sein Tonfall, dass sie sich wie ein Eishauch über ihre Haut legten. Becca nickte. Sie war nicht fähig, einen Laut herauszubekommen.
»Scheiße! Ich dachte … ich hatte es so verstanden, dass einfach nur das Haus, in dem er … wo man ihn gefunden hat … abgebrannt ist. Verdammt, Becca!« Er lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter seinem Kopf. »Okay, belassen wir es dabei. Du musst mir nichts erzählen. Es spielt im Grunde keine Rolle. Hast du noch Kaffee?«
Becca bewegte sich nicht. Kaffee? Scheiß auf den Kaffee! Nichts konnte in diesem Moment ferner liegen. Sie wollte nicht so tun, als hätten sie beide nicht die gleichen Gedanken. Sie wollte endlich darüber reden. Sie wollte es sagen.
»Hugo«, presste sie hervor, »glaubst du, er ist zurück?«
Für ihren Geschmack verneinte er ihre Frage zu schnell.
»Was? Nein! Nach elf Jahren? Nein, das glaube ich nicht.«
Seufzend kniff Becca die Augen zusammen. Hugo schien nicht gerade überzeugt von seinen eigenen Worten. Sie mochten sich lange nicht gesehen haben, doch er konnte ihr nichts vormachen. Dafür hatten sie zu viel erlebt, zu viel miteinander durchgemacht, sich zu sehr geliebt.
»Nein!«, wiederholte er.
Doch es nützte nichts. Hugo konnte es noch so oft sagen, täuschen konnte er sie damit nicht.
Während Hugo unruhig auf seinem Stuhl umherrutschte und mit seinem Fingernagel an dem glänzenden Porzellan der Kaffeetasse kratzte, bewegte Becca keinen Muskel. Sie konnte sehen, dass er nervös war. Die alten Zeiten nagten an ihm genauso wie an ihr. Das tat ihr leid und doch auch irgendwie gut, denn endlich war da jemand, mit dem sie über ihre Ängste sprechen konnte, der sie verstand.
Warum also tat Hugo so, als wäre ihre Idee völlig abwegig?
»Er wurde nie gefasst. Keiner weiß, warum er plötzlich aufgehört hat. Aber er … könnte zurückgekommen sein.« Sie flüsterte in der Angst, allein mit ihren Worten das Böse heraufzubeschwören.
Nach einem Zögern, das so kurz war, dass es einem Dritten nicht aufgefallen wäre, beugte Hugo sich nach vorn und berührte ihre Hand. »Becca, das glaube ich nicht. Warum sollte das passieren? Nach so vielen Jahren.«
Ein Freitagabend im Winter vor elf Jahren
In einer Hütte, südlich von Berlin
Den Geruch verband Hugo unverwechselbar mit der Hütte. Wenn es draußen kalt war und sie den Kamin anfeuerten, roch es in dem unscheinbaren Waldhäuschen so einzigartig wie an Weihnachten in der Küche seiner Mutter. Der sich aufwärmende Moder der feuchten Wände, das Harz in den alten Bodendielen und der in allen Ritzen steckende Staub ergaben ein außergewöhnliches Potpourri der Sinne, und Hugo liebte es.
Hier draußen konnten sie sein, wie sie waren – unbeschwert, albern, Quatsch redend. Sie konnten sich betrinken, Unfug treiben. Und Becca war hier. Selbstbewusst, klug und wunderschön. Sie gingen beide in dieselbe Klasse, würden in wenigen Monaten ihr Abitur machen und dann gemeinsam diese Einöde verlassen, um die Welt zu bereisen. Sie würden in Paris studieren, ihre Urlaube auf den Malediven, in Tibet und San Francisco verbringen, und dann würden sie nach New York ziehen, in Manhattan leben. Irgendwann in ein paar Jahren würde er sie fragen, ob sie ihn heiraten wolle, immerhin gingen sie miteinander, seit sie sechzehn waren. Er würde nie eine andere Frau lieben. Die Sache stand fest, daran gab es nichts zu rütteln.
Nichts und niemand würde Hugo von diesem Plan abbringen. Keine Regeln, keine Gesetze und nicht das Gemurmel hinter ihren Rücken, weil er sie nicht lieben durfte. Er scherte sich einen Dreck darum. Er glaubte nicht, dass es tatsächlich Gesetze gab, die ihn daran hinderten, Becca zu lieben oder gar zu heiraten, auch wenn das die eingestaubten Kleinstädter immer wieder behaupteten.
Die großen Scheite knackten im wilden Tanz des Feuers, als Hugo den Joint weitergab. Johannes nahm ihn entgegen und einen tiefen Zug. Er bedankte sich mit einem Nicken in Hugos Richtung, während er seine Nasenflügel blähte und das Gesicht verzog. Dann stieß er den dichten Rauch in einer großen Wolke aus. »Das wird nicht gut enden. Ich glaube, das ist ein Fehler«, sagte er. Seine Stimme klang flach, er räusperte sich.
»Ich auch«, stimmte Lukas zu, nahm den ihm gereichten Joint entgegen und zog ebenfalls daran.
»Warum wundert mich das nicht?«, bemerkte Becca und rutschte näher an Hugo, der einen Arm um ihre Schultern legte. Sie hatten das alte Sofa eingenommen, während die Zwillingsbrüder auf den Sesseln lümmelten.
Hugo wusste, was Becca meinte. Johannes und Lukas sahen sich so ähnlich, als wären sie ein und dieselbe Person. Seit der ersten Klasse hatten ihre Lehrer Schwierigkeiten gehabt, die beiden auseinanderzuhalten. Und so war es nicht verwunderlich, dass die beiden oft gleiche Ideen, erschreckend ähnliche Gedanken und natürlich dieselbe Meinung hatten. So wie gerade.
»Aber wir haben recht«, sagte Lukas, der gern das letzte Wort hatte, weil er der Ältere war, wie er gern bekräftigte. Ganze zwölf Minuten älter als sein Bruder. »Habt ihr mal darüber nachgedacht, was ihr dem Mann antut, wenn ihr euren Plan durchzieht, und er war es nicht?«
Hugo konnte spüren, wie Becca sich verspannte.
»Hey, daran gibt es keinen Zweifel!« Sie legte all ihre Überzeugung in diese Worte.
Sie hatten diese Frage bereits mehrfach durchgekaut. Und jedes Mal waren sie zu demselben Ergebnis gekommen: Der alte Leichen-Willy war der Killer. Sie mussten es nur noch irgendwie beweisen. Sie brauchten einfach nur mehr Details, mehr Anhaltspunkte. Und natürlich brauchten sie endlich jemanden, der ihnen glaubte.
Seit fünf Monaten herrschte Angst in Karlsdorf. Drei Menschen waren getötet worden. Jedes Mal hatte es wie Selbstmord ausgesehen. Herbert Schulte hatte auf dem Dachboden seines Hauses von den Balken gebaumelt, der Bauer Robert Achtziger im Schweinestall und der Dorfbäcker Klaus Mietzsch sogar in seiner Backstube. Alle drei Gebäude waren abgebrannt. Und erst nach den forensischen Untersuchungen hatte die Kriminalpolizei herausgefunden, dass allen drei Opfern die Hände auf dem Rücken oder über dem Kopf gefesselt worden waren. Also kein Selbstmord, wie man anfangs vermutet hatte.
»Die einzige Verbindung der Toten besteht zu Leichen-Willy«, erklärte Becca.
Der nach ihrer beider Auffassung einzig als Täter in Betracht kommende Wilhelm Schuster wurde schon immer nur Leichen-Willy genannt, weil er der lokale Bestatter war. Viele im Ort hatten Spitznamen. Das war eben so.
»Die Indizien sind doch glasklar!« Becca klang wie eine Dozentin vor einer Horde Studenten. »Porno-Herbert war sein Schwager oder Schwippschwager oder wie das heißt. Und man munkelt, dass der Willys Tochter angefasst haben soll. Was mich ehrlich gesagt nicht wundert, weil … wen hat der Dreckskerl nicht schon mal versucht zu begrapschen.«
Beccas Schultern bebten. Hugo drückte sie näher an sich und neigte den Kopf. Er wusste von den Dingen, die man sich über Porno-Herbert erzählte, dass er den Frauen gern unter den Rock gefasst oder seiner Nachbarin in der Schlange im Supermarkt den Arsch getätschelt hatte. Schließlich war sein Spitzname nicht von ungefähr gekommen. Aber dass dieser Wichser es auch bei Becca versucht hatte, war ihm nicht bekannt gewesen. Bis jetzt. Becca zitterte immer noch. Vielleicht lag es auch an ihren Erfahrungen, die sie mit fummelnden Männern machen musste. Hugo wusste, dass jede noch so kleine Erinnerung daran, was ihr Vater getan hatte, sie unwillkürlich zum Zittern brachte. Um sie zu beruhigen, küsste er ihre Wange. Endlich entspannte sie sich. Gut!
»Und dann hängt er vor ein paar Wochen am Balken seines Dachbodens«, fuhr Becca fort. »Nicht, dass er es nicht verdient hätte … Wie auch immer. Jedenfalls haben wir da ein Motiv: Rache, Genugtuung für die Tochter, Wiedergutmachung. So, und dann weiter: Vier Wochen später hängt der Mietzsch in seiner Backstube, und auch die wird danach abgefackelt.«
»Und welche Verbindung hatte der Mietzsch zu Leichen-Willy?«, fragte Johannes nicht ganz unberechtigt. »Ich meine, außer der Tatsache, dass er der Bäcker war und jeder im Dorf seine Brötchen gekauft hat.«
Becca zog ihre Füße in den dicken Wollsocken aufs Sofa und lehnte sich wieder an Hugo. »Na ja, eben die. Er war der Bäcker. Keine Ahnung, vielleicht war mal ein Brot zu salzig. Was weiß ich. Aber eine Verbindung gibt es, wenn auch eine nur wenig überzeugende, das sehe ich ja ein. Aber dann der Robert, der in seinem Schweinestall hing. Der Robert war ein Schulfreund vom Leichen-Willy. Und nun haben wir von Hugos Tante erfahren, dass die beiden vor vielen Jahren einen Streit gehabt haben sollen.« Becca schaute nach unten, suchte nach Hugos Hand und verschränkte ihre Finger mit den seinen.
Er beobachtete die zärtliche Geste und sprach für seine Freundin weiter, ohne den Blick von ihren Händen zu nehmen. »Genau. Meine Tante weiß zwar nicht mehr so genau, worum es ging … irgendwas in der Berufsschule früher, aber sie hat das erzählt. Die beiden haben sich in die Wolle gekriegt und nie wieder ein Wort miteinander gewechselt.«
»Deine Tante?«, fragte Lukas. »Die lebt doch in den Staaten.«
»Ja und? Trotzdem ist sie hier aufgewachsen. Wie mein Vater auch.«
Einen Moment lang herrschte Stille in der Hütte. Nur das Knacken der Scheite im Feuer durchbrach sie in unregelmäßigen Abständen. Becca rückte näher an Hugo, suchte seine Wärme. Auch er fror und war glücklich über ihre Nähe. Sie befeuerten nun schon seit mehr als drei Stunden den großen Kamin mit dicken Eichenscheiten, aber draußen waren es einige Grade unter Null, und die Hütte wurde von Hugos Großvater, dem örtlichen Förster, nur sporadisch genutzt. Im Winter kam der nur alle paar Wochen hier raus. Sie würden also noch eine Weile heizen müssen, um es gemütlich zu haben.
Hugo freute sich bereits darauf, in ein paar Stunden mit Becca unter die meterhoch erscheinenden Daunendecken im angrenzenden Schlafzimmer kriechen zu können. Die rochen zwar immer etwas muffelig, weil sie selten benutzt wurden, aber mit Becca war das egal. Sie roch nach Sommer, nach Freiheit, nach Leidenschaft. Lukas und Johannes würden mit ihren Schlafsäcken auf der klappbaren Couch schlafen und hoffentlich laut schnarchen wie sonst auch. So könnte Hugo mit Becca vielleicht noch eine Runde vögeln, was den positiven Nebeneffekt hätte, die Kälte endgültig aus ihren Gliedern zu vertreiben.
»Aber, ganz ehrlich«, nahm Johannes den Faden wieder auf und gab den Joint an Becca weiter. »Das sind doch alles keine Gründe, drei Leute umzubringen. Ein Streit vor mehr als zwanzig Jahren in der Schule, ein vielleicht versalzenes Brot und die Tatsache, dass Porno-Herbert allen Weibern gern an den Arsch grabscht. Findet ihr das nicht etwas weithergeholt?«
»Außerdem«, mischte sich Lukas ein und schaute zu Hugo, »wenn, dann hätte nach deiner Theorie auch der Robert ein Motiv gehabt, den Willy um die Ecke zu bringen. Worum auch immer es in dem Streit ging, aber dazu gehören immer zwei. Und was hat dieser Streit mit den anderen beiden zu tun? Nee, das ergibt keinen Sinn.«
»Recht hat er«, murmelte Johannes.
Mit dem Rauch aus ihrem Mund drückte Becca einen lauten Seufzer aus. Dann hustete sie heiser. »Ich sag ja nicht, dass alles Hand und Fuß hat. Es ist nur eine Theorie. Aber, Jungs«, sie hob die Hand, wobei ein wenig Asche auf den Fußboden rieselte, »wir dürfen eine wichtige Komponente bei unseren Überlegungen nicht vergessen.«
»Jetzt kommt’s!«, sagte Johannes und nahm ihr den Joint ab.
Hugo warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu.
Becca beachtete es nicht, sondern schaute jedem der Jungen nacheinander ins Gesicht. »Das liegt doch auf der Hand, Leute, wir brauchen diesen Fall. Wir brauchen Ergebnisse. Das macht uns sonst unglaubwürdig.«
Hugo nickte. »Der letzte Erfolg liegt zu lange zurück. Die Klickzahlen sind im Keller.«
Alle schwiegen eine Weile und dachten an ihren großen Youtube-Erfolg vom vergangenen Jahr, als ihr Kanal Find The Assassin durch die Decke schoss. Innerhalb weniger Monate hatten sie einen Haufen Geld verdient, waren deutschlandweit in aller Munde gewesen, in Talkshows aufgetreten und hatten sich gefühlt wie Könige. Und sie hatten einem Serienkiller das Handwerk gelegt. Mit ihren gezielten Aufrufen über ihren Kanal erhielten sie aus der Bevölkerung, von Professoren an Universitäten, von Psychologen und auch von allerlei hanebüchenen Esoterik-Spinnern derart viele Hinweise und Ratschläge, dass auf diese Weise ein exaktes Täterprofil erstellt werden konnte, sodass die Kripo den Kerl tatsächlich fasste.
Doch dabei war es geblieben.
Alle kommenden Versuche, den Kanal auszubauen, weitere die Polizei unterstützende Arbeit in den sozialen Medien zu starten, waren im Sande verlaufen. Dabei war es geblieben.
»Darum geht es also?«, fragte Johannes und nahm einen tiefen Zug. Er wirkte schon ziemlich neben sich, was die Unterhaltung nicht gerade konstruktiv machte.
Hugo zog die Stirn in Falten. »Um nichts anderes. Wir müssen an unseren Erfolg vom letzten Jahr anknüpfen. Wir brauchen diese … diese Morde.«
Was lag näher als ein Killer, der in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft sein Unwesen trieb? Der Kerl vom vergangenen Jahr hatte deutschlandweit gemordet. Schließlich hatte man ihn im Schwarzwald gestellt. Um wie viel mehr würde ihr Kanal boomen, wenn sie regional, also live vor Ort tätig wurden?
»Es ist unsere verdammte Pflicht. Wir müssen diesen Scheißkerl finden«, fügte Becca hinzu. Auch sie stand schon etwas neben sich. Sie sollten nicht kiffen, wenn es um das Geschäft ging.
»Das stimmt, ja«, gab Johannes zu, erhob sich aus seinem Sessel und legte zwei weitere Scheite ins Feuer. Funken sprühten ihm entgegen und er zuckte zurück. »Aber ich verstehe nicht so richtig, was genau ihr vorhabt. Ich meine, unser Kanal heißt Find The Assassin, nicht Create The Assassin. Versteht ihr? Finden, nicht einen erschaffen.« Er gluckste über seine eigene Spitzfindigkeit. »Wir wissen doch gar nicht, ob er’s war.« Johannes drehte den Kopf und schaute nacheinander seine Freunde und seinen Bruder an, während er vor dem offenen Feuer hockte und seine Hände der wohltuenden Wärme entgegenstreckte.
»Doch, wir wissen es«, erwiderte Becca gereizt. Sie wurde schon wieder unruhig – wie so oft. Hugo amüsierte diese Eigenschaft zuweilen. Er fand es süß, dass Becca gern mit dem Kopf durch die Wand wollte und dann manchmal wie ein trotziges Kind reagierte. Ein trotziges, schmollendes, bis in die Ohrenspitzen zuckersüßes Mädchen. Manchmal stand sie sich damit aber auch selbst im Weg, übersah etwas oder stresste sich zu sehr. Doch in diesem Fall war er auf ihrer Seite. Hugo glaubte an den Erfolg ihres Kanals. Der war sein Tor in die Welt.
»Ihr vermutet es, aber wissen tut ihr es nicht, Rebecca.« Johannes wählte absichtlich die volle Form ihres Namens und erntete einen erneuten tadelnden Blick von Hugo.
»Ach, halt’s Maul!«, reagierte Becca erwartungsgemäß. »Und nenn mich verdammt noch mal nicht so!«
Hugo drückte ihre Hand fester, die unverändert in seiner lag. Er wusste, dass es nur eine Person gab, die seine Freundin bei ihrem vollen Namen gerufen hatte: Beccas Vater. Jeden verdammten Tag versuchte sie, ihre Erinnerungen an diesen Wichser hinter einer undurchdringbaren Wand des Vergessens zu halten. Johannes tat nicht gut daran, sie so zu nennen, auch wenn er sauer und bekifft war. Schließlich kannte er Beccas Geschichte.
»Tut mir leid, Becca. Das war nicht so gemeint.« Johannes stützte seine Hände auf die Knie, ließ den Kopf hängen und atmete geräuschvoll aus. »Der Punkt ist doch aber, dass es nicht stimmt, was du sagst. Du weißt nicht, ob Leichen-Willy unser Mann ist, ob er die drei umgebracht hat. Du vermutest es lediglich. Selbst deine Indizien, die du hast, sind keine. Vor allem keine stichhaltigen Beweise.« Mit einem erneuten Schnaufen erhob er sich und kam zurück zu seinem Sessel. Er nahm den Joint entgegen, der mittlerweile nur noch ein Stummel war, und zog lange daran, dass Hugo schon befürchtete, sein Freund würde sich die Finger verbrennen. Dann sprach Johannes weiter. »Du kannst nicht einfach jemanden mit derart wenig Anhaltspunkten an den Pranger stellen. Und das nur, weil unser Youtube-Erfolg anscheinend nur eine Eintagsfliege war. Mensch, Leute, habt ihr wirklich geglaubt, dass das ewig so weitergehen wird wie im vergangenen Jahr?«
»Hm, sehe ich genauso. Das war doch nur ein großer Zufall. Habt ihr echt geglaubt, dass sich das wiederholen wird?«, fügte Lukas hinzu. »Außerdem, mal ehrlich, wir machen in ein paar Monaten unser Abi. Ihr wollt ins Ausland zum Studieren, ich steige bei unserem Vater ins Geschäft ein und Johannes … na ja, was auch immer dir einfallen wird, Bruder. Auf jeden Fall werden wir nicht mehr hier in dieser Hütte sitzen und davon träumen, Youtube-Stars zu werden. Das war eine tolle Aktion letztes Jahr, aber jetzt beginnt der Ernst des Lebens, wir sind volljährig, haben bald unseren Abschluss und können in die echte Welt da draußen. Also lasst es gut sein!«
Hugo schälte seinen Arm hinter Beccas Schultern hervor und löste die andere Hand aus ihrer. Er stand auf und ging nun seinerseits an den Kamin, um Holz nachzulegen. Nicht nur die Kälte machte ihm zu schaffen. »Alter, wir betreiben einen Youtube-Kanal, das ist Business, kein verdammter Strickkurs. Und wir müssen dafür nicht in dieser Hütte sitzen. Es ist scheißegal, wo auf der Welt wir sind. Mann, wo lebst du denn?«
Lukas drehte sich zu ihm und warf den Stummel des Joints an Hugo vorbei ins Feuer.
»Hey!«, rief Johannes und verfolgte die Flugbahn der Kippe. »Da war noch was drin.«
»Ich dreh uns einen neuen«, sagte Lukas und machte sich schon daran, mit langen Fingern eines der dünnen Papes aus der Schachtel zu ziehen. »Und doch wird es anders sein. Wir werden andere Dinge zu tun haben.« Er steckte sich einen der selbstgebastelten Filter in den Mundwinkel und redete ungehindert weiter. »Ihr seid in Paris, Alter. In scheiß Paris. Glaubst du ernsthaft, ihr werdet euch auf eure Ärsche setzen, um mit uns beiden Volllosern hier in der Hinterwelt zu skypen, damit wir einen laienhaften Youtube-Kanal ausbauen, der längst Geschichte ist? Das kannste vergessen!«
Hugo antwortete nicht. Er drehte seinen Kopf und schaute zu Becca. Die zuckte nur die Schultern, sagte dann aber: »Mann, Lukas, es ist noch mehr als ein halbes Jahr bis dahin. Es liegt an uns. Wir können unseren Kanal bis dahin so weit ausbauen, dass es sich lohnt, ihn auch aus scheiß Paris weiterzuführen. Außerdem könnten Hugo und ich die Kohle gut gebrauchen. Scheiß Paris ist nämlich scheiße teuer.« Ihr Mundwinkel zuckte und plötzlich lachte sie laut. »Is’ so!«
Die beiden Jungs in ihren Sesseln schauten zu ihr und lachten ebenfalls.
Hugo erhob sich aus seiner gebeugten Haltung, verschränkte die Arme und lachte mit. »Scheiße, scheiße teuer!«
Sie lachten noch lange an diesem Abend. Irgendwann taten ihm die Bauchmuskeln weh, Becca wischte sich immer wieder mit spitzen Fingern um ihre schwarzgeschminkten Augen. Ihr befreiendes Lachen, das nicht zuletzt den Unmengen Gras geschuldet war, tat ihnen allen gut. Auch wenn sie sich stritten, waren sie doch Freunde, gesund, am Leben und voller Träume.
Becca erwärmte irgendwann in der provisorischen Küche über dem Campingkocher Glühwein und packte belegte Brote, Schokolade und Salzstangen aus. Sie rauchten noch mehr Gras, redeten über viel Unsinn und solche Sachen, die kein Unsinn waren. Doch obwohl Hugo in allen Gesichtern lesen konnte, dass die Diskussion über den Leichen-Willy und die weitere Vorgehensweise mit ihrem Kanal noch nicht abgeschlossen war, sprach es keiner von ihnen noch einmal an. Stumm, aber einstimmig hatten sie beschlossen, die Entscheidung darüber zugunsten eines Abends voller Spaß und Unbeschwertheit zu vertagen.
Und das war gut so, denn Hugo war sich an diesem Winterabend sicher, sie würden keine Einigung finden. Dafür waren Becca und er zu versessen auf den Ausbau ihres Erfolges in den sozialen Medien und zu ambitioniert, den verdammten Kanal am Laufen zu halten. Und dafür waren Johannes und Lukas schon zu … erwachsen, zu sehr mit ihrer Lebensplanung, dem Kauf eines Reihenhäuschen im Nachbardorf und der Finanzierung eines Kleinwagens beschäftigt. Lukas, weil das schon immer sein Plan gewesen war, und Johannes, weil er keinen anderen Plan hatte.
Ein beschaulicher Wintermorgen vor elf Jahren
Mitten im Wald
Seine Blase drückte in den frühen Morgenstunden. Hugo stand vorsichtig auf, er wollte Becca nicht wecken. Sie schlief schlecht. Zu viel Scheiße geisterte in ihrem Kopf herum, die sie nicht zur Ruhe kommen ließ.
Hugo schlüpfte mit bloßen Füßen in die zu großen, mit Filz gepolsterten Armeestiefel seines Großvaters und tastete im Dunkeln nach der Tagesdecke, die vor ihm über der Stuhllehne hing. Er fühlte die kratzende Wolle und zog sie sich fröstelnd über die Schultern. Er schaute zurück zu Becca, sie war nicht aufgewacht. Ihr Atem ging tief und gleichmäßig, begleitet von einem leisen Schnarchen ganz hinten in ihrem Rachen, was Hugo total süß fand, sie aber sofort abstreiten würde, sollte er es ihr gegenüber irgendwann einmal erwähnen.
Er zog die Decke eng um seinen nackten Körper und trat aus dem Zimmer. Sie hatten die Rollläden vor den Fenstern heruntergelassen. In dem Häuschen war es absolut dunkel. Im Kamin kämpfte noch ein wenig Glut um ihre mickrige Existenz, aber es war zu wenig, um dem Raum Licht und Wärme zu geben. Mit ausgestreckten Armen wandte sich Hugo nach rechts und schaffte es, bis zur Tür zu gelangen, ohne irgendwo dagegen zu rennen und Lärm zu verursachen. Leise öffnete er die Tür und trat über die Schwelle.
Eisiger Wind schlug ihm entgegen, doch der Anblick des Waldes war atemberaubend. Es hatte geschneit.
Im Gegensatz zu sonst, war es heute ungewöhnlich hell. Nicht die in Städten übliche Lichtverschmutzung, sondern der fast volle Mond und die Reflexion des Schnees sorgten für dieses sanfte, perfekte Strahlen. Es musste die ganze Nacht geschneit haben. Die Wipfel der Bäume sahen aus wie mit Puderzucker bestäubt, der Weg in den Wald glitzerte weiß. Es war so hell, dass man ein Buch hätte lesen können. Bei dem Gedanken schmunzelte Hugo. Eine absurde Idee, in klirrender Kälte zum Lesen nach draußen zu gehen.
Frierend zog er die Wolldecke noch enger und trat einen Schritt in den Schnee. Er knarzte unter seinem Fuß. Das gefiel ihm. Bedächtig, als würde er anderenfalls etwas Perfektes zerstören, machte er einen Schritt nach dem anderen und ging hinter das Haus. Dort stand ein Holzverschlag, wo er sein Geschäft verrichten konnte. Üblicherweise vermied es Hugo, das Plumpsklo zu benutzen. Es roch widerlich da drinnen, war staubig und voller Spinnweben. Seit er das erste Mal hier gewesen war, bevorzugte er einen der zahlreichen Bäume, aber heute kam es ihm falsch vor, in den Schnee zu pinkeln und damit das perfekte Weiß zu ruinieren. Allerdings konnte ihn niemand zwingen, sich auf die eiskalte Toilettenbrille zu setzen, weshalb er im Stehen seine Blase entleerte.
Die Tür hatte er offengelassen, schließlich war hier keine Menschenseele weit und breit. Doch plötzlich hörte er das verräterische Knarzen des Schnees. Erschrocken wirbelte er herum. »Alter!«, keuchte Hugo, als Johannes hinter ihm stand. »Was machst du hier?«
»Das Gleiche wie du. Ich muss pissen.«
Hugo schaute auf den nackten Oberkörper seines Freundes. »Sag mal, frierst du nicht?«
»Scheiße, klar! Kann ich jetzt endlich da rein?« Johannes trat hektisch von einem Bein auf das andere.
»Hm.« Hugo kam aus dem Häuschen. »Frier dir nicht den Pimmel ab! Und nächstes Mal schleichst du dich nicht so ran!«
»Soll ich mir ein Glöckchen um den Hals hängen, damit du mich hörst?«, fragte Johannes und drehte seinen Kopf nach hinten.
Hugo lachte. »Sorry. Nee, du hast mich nur erschreckt. Warum bist du schon wach? Ich hab extra leise gemacht.«
»Du weißt doch, neben meinem Bruder zu pennen, ist nicht die beste Nachtruhe. Der klammert immer noch, als wären wir fünf. Aber dir geht’s gut, oder? Haste schön Heia gemacht?«
»Was meinst du?«, fragte Hugo, obwohl er wusste, worauf sein Freund anspielte.
Dieser gluckste. »Na ja, schön warm in Beccas Armen.«
»Ach, Scheiße! Waren wir zu laut? Becca … na ja … sie ist … sie kann …«
»… ziemlich laut sein?« Johannes zog den Reißverschluss seiner Jeans nach oben und klappte den Deckel runter. Hugos Opa begnügte sich zwar mit einem Loch im Boden als behelfsmäßiger Toilette, aber alles andere unterschied sich nicht von einem herkömmlichen WC, inklusive einer Toilettenbrille, einem Deckel, einer Halterung für das Papier und sogar einer metallenen Konstruktion, in der sich im Sommer immer einige Zeitungen und Zeitschriften stapelten.
Hugo fuhr sich verlegen über den Nacken. »Sorry. Du kennst doch Becca, sie ist sehr … sie kann sehr leidenschaftlich sein.«
»Hey.« Johannes klopfte ihm auf die Schulter und stapfte zurück Richtung Hütte. »Laute Frauen sind immer gut im Bett, glaub mir.«
Hugo legte den Kopf schief, erwiderte aber nichts. Wenn sich einer auskannte, dann Johannes. Sein bester Freund war kein Kostverächter.
»Ich habe aber auch schlecht gepennt, weil mich euer Plan ziemlich nervt, wenn ich ehrlich sein soll«, eröffnete Johannes, als sie auf halbem Weg zur Hütte waren. »Eure Entschlossenheit macht mir Bauchschmerzen.«
»Du willst das nicht ernsthaft jetzt und hier draußen besprechen? Es ist scheißkalt, Johannes.«
Hugo sah die Gänsehaut auf dem nackten Oberkörper seines Freundes. Trotzdem machte Johannes keine Anstalten, weiterzugehen. »Ich meine es ernst, Hugo. Wir können nicht einfach jemanden beschuldigen. Stell dir vor …«
Die Tür der Hütte flog auf, bevor Johannes seinen Satz beenden konnte.
»Was zum Teufel macht ihr hier draußen?«, begrüßte Becca die beiden. Sie hatte sich die dicke Daunendecke um die Schultern gelegt und wollte offenbar gerade schimpfen, weil es wirklich verdammt kalt war. Doch dann sah sie über die beiden Jungen hinweg. »Oh, wow! Wie schön ist das denn? Es hat geschneit.«
»Ja, Süße«, antwortete Johannes. »Es hat geschneit, stell dir vor. Und es ist kalt. Also lässt du uns rein?«
Becca kniff die Augen zusammen. Sie mochte es gar nicht, Süße genannt zu werden, vor allem nicht von Johannes, für den jedes halbwegs gut aussehende Mädchen seine Süße war.
»Nein, bring erst Holz rein, Süßer! Wir müssen heizen«, erhielt er sogleich die Retourkutsche.
Beide Jungen schnauften, stapelten aber brav etliche Holzscheite auf ihre Unterarme, die direkt neben dem Eingang lagen. Als sie zurück ins Haus kamen und den Kamin neu entfachten, war Becca wieder im Schlafzimmer verschwunden und Lukas machte sich gerade daran, den Gaskocher in Gang zu setzen.
»Leute, es ist halb sechs. Was wollt ihr? Schon Tee oder noch Glühwein?«
»Tee für mich«, rief Becca aus dem Schlafzimmer.
»Mir egal«, murmelte Johannes und machte sich weiter am Kamin zu schaffen.
Hugo lächelte ihn dankbar an. Er hatte keine Lust, dieses blöde Thema vor dem Frühstück durchzukauen.
»Komm, wir wärmen uns noch mal im Bett auf«, schlug er vor, während Becca sich auf dem Bett ihre Wollsocken überzog.
Sie grinste und kroch zurück unter die dicke Daunendecke. Durch die halb geöffnete Tür zuckte der Schein des Kaminfeuers und zauberte mystische Schatten auf ihr Gesicht. Hugo konnte sich kaum sattsehen. Jede Sekunde hier mit Becca saugte er auf, genoss die Unbeschwertheit ihres Zusammenseins. Bald mussten sie zurück in die Realität, dann war es vorbei mit dem Verliebtsein.
Becca ging es nicht anders, das wusste er. Einladend hielt sie die Decke auf. »Gute Idee! Komm her!«
Hugo warf die Wolldecke achtlos auf den Boden und kroch lachend auf die durchgelegene Matratze, als ihn ein Schrei aus dem Wohnzimmer zurückhielt.
»Was zum Teufel?«, rief er und hechtete zur Tür.
Lukas hielt ein Päckchen zwischen zwei Fingern und wedelte aufgeregt damit in der Luft. »Guck mal, was ich gefunden habe!«
Hugo erkannte sofort, was Lukas von einem Ohr zum anderen strahlen ließ.
»Dann dreh ich uns doch gleich mal einen«, sagte Johannes und lümmelte sich in einen der Sessel. »Wozu sind wir sonst hier?«
Nun, was sollte Hugo dagegen einwenden? Sie waren hier, um für ein paar Stunden der Wirklichkeit zu entfliehen. Es war Sonntag. Sie mussten erst morgen früh wieder fit sein, um die Schulbank zu drücken. Es gab also nichts, was einer Tüte um sechs Uhr morgens entgegenstand. Becca war schon dabei, sich anzuziehen, als er zurück ins Schlafzimmer kam. Dann wurde eben nichts aus einem morgendlichen Schäferstündchen. Nach einer provisorischen Morgenwäsche saßen sie wieder gemeinsam vor dem prasselnden Feuer, tranken Tee und rauchten – noch bevor die Sonne aufging.
Und so blieb es bis zum Abend. Keiner von ihnen sprach ihre Uneinigkeit über die nächsten Aktivitäten auf ihrem Youtube-Kanal noch einmal an. Hugo war sich nicht sicher, ob zugunsten der Harmonie des Tages in einer verschneiten Waldhütte oder aus Angst, sie könnten wieder keine oder die falsche Entscheidung treffen.
Na ja, vielleicht hatte Becca recht, es eilte nicht. Sie hatten noch Zeit, bis das Schuljahr zu Ende ging. Und vielleicht brachte die Zeit den richtigen Rat.
Wut und Hilflosigkeit vor elf Jahren
Ein Pflegeheim, nördlich von Karlsdorf
Der Schnee vom vergangenen Wochenende lag auch noch am Donnerstag. Becca lief den schmalen Weg entlang, der freigeschippt und mit Sand bestreut worden war. Zu beiden Seiten lagen die Wiesen nahezu unberührt. Lediglich ein paar Spuren von Rehen und Hasen waren zu entdecken, hier und da hatten Wildschweine nach Essbarem gesucht. Ansonsten glitzerte die Schneedecke jungfräulich in der Sonne.
Becca blinzelte dagegen an. Sie nahm die Schönheit nicht wahr, auch nicht, als sie durch den imposanten Garten des Pflegeheims lief. Sie konzentrierte sich auf ihren Herzschlag, der jedes Mal, wenn sie diesen Weg ging, schneller wurde. Ihre Beine hingegen waren so träge, als hingen Bleigewichte an ihren Füßen, als wollten sie diesen Weg nicht gehen.
»Hey, Becs!«, riss eine bekannte Stimme sie aus ihrem Kampf, sich vorwärts zu bewegen.
Becca nahm die Hände aus den Jackentaschen. »Johannes, hi!«
Die beiden Freunde begrüßten sich mit einer Umarmung.
»Besuchst du deine Mutter?«, fragte Johannes.
Becca nickte und steckte die Hände wieder tief in ihre Taschen. Sie fror. »Hm. Und du? Was machst du hier?«
»Ich habe ein Vorstellungsgespräch«, erklärte Johannes stolz.
»Das ist toll!«, erwiderte sie irritiert. Wann hatte Johannes sich hier beworben, warum wusste sie davon nichts? Für Becca war immer klargewesen, dass Lukas der aktive Zwillingsbruder war. Johannes zählte eher in die Kategorie Träumer. Er gehörte zu den Menschen, die sich über nichts jemals groß den Kopf zerbrachen, für die sich immer alles irgendwie richtete. Becca kannte dieses Gefühl nicht, sie war allein und froh, wenn sie nicht mit Scheiße beworfen wurde.
»Ich habe hier mal ein Schülerpraktikum in der Küche gemacht. Mein Vater kennt da jemanden und die meinten … na ja, du weißt schon.«
Natürlich wusste Becca, was er meinte. Daddy führte in dritter Generation eine Drogerie und seit der Geburt der Zwillinge stand für die Familie fest, dass Lukas das Geschäft übernehmen würde. Er war der Ältere, was natürlich im Grunde Blödsinn war. Aber vielleicht hatte sich Johannes deshalb zu einer Art Luftikus entwickelt, der außer seinem Spaß und den ständig wechselnden Freundinnen nicht viel am Hut hatte. Aber er konnte auch nicht ewig von Beruf Sohn sein, also bemühte sich offenbar sein Vater darum, dass er etwas Anständiges lernte.
»Hast du denn Bock drauf? In einer Küche?«
Johannes zuckte gleichgültig die Schultern. »Na, irgendwas muss ich ja machen. Und kochen … warum nicht?«
Becca erinnerte sich an die Zeit der Praktika und meinte, sich auch zu entsinnen, dass Johannes nicht unbedingt hellauf begeistert gewesen war von seiner Arbeit in einer Großküche. Aber vielleicht hatte er recht. Etwas musste er tun.
Sie wollte ihm etwas Nettes sagen, ihm viel Glück für das Vorstellungsgespräch wünschen, brachte es aber nicht fertig. Johannes lag ihr wie auch Lukas und vor allem Hugo sehr am Herzen, aber hier hatte sie einfach keine Kraft.
So war das immer, wenn sie herkam.
Ihr Freund verstand das, wusste er doch, wie schwer es Becca fiel, regelmäßig herzukommen. »Aber genug von mir«, sagte er deshalb. »Wie geht es deiner Mutter? Ich habe sie schon lange nicht mehr gesehen.«
»Wie auch! Sie ist seit einem halben Jahr ans Bett gefesselt. Aber es geht. Sie … na ja …« Becca schluckte heftig, um den Kloß in ihrem Hals loszuwerden, der sich jedes Mal dort sammelte, wenn es um ihre Mutter ging. »Sie spricht nicht mehr. Und ich habe keine Ahnung, ob sie mich noch erkennt.«
»Scheiße, Becs! Das tut mir echt leid.«
Becca schaffte es, den hartnäckigen Kloß in ihrem Hals tiefer in ihren Bauch zu verbannen. »Alles gut. Ich drücke dir die Daumen.«
»Danke, Becs.«
Johannes ging voraus und öffnete eine schwere Eichentür, die quietschend hinter ihnen ins Schloss fiel. Der typische Geruch nach Desinfektionsmitteln und Verwesung schlug Becca entgegen. Sie hasste diesen Gestank. Auch heute musste sie gegen den Würgereiz ankämpfen. Am liebsten hätte sie in den Mülleimer neben der Tür gekotzt.
»Weißt du was?«, sagte Johannes, bevor sich am Ende des Ganges ihre Wege trennten. »Nach meinem Gespräch hole ich dich ab und bringe dich nach Hause. Was meinst du?«
Becca zögerte. Sie war mit ihren Gedanken schon weiter.
»Du bist doch sicher zu Fuß gekommen, oder?«, schob Johannes nach.
»Äh …«, begann sie. Natürlich war sie zu Fuß gekommen. Von der Schule war es nicht weit hierher. Aber ihr Zuhause lag auf der anderen Seite der Stadt und es war kalt. »Wenn dir das keine Umstände macht, gern. Aber du musst mich nicht abholen, wir treffen uns auf dem Parkplatz. Okay?« Becca wunderte sich wieder einmal darüber, wie freundlich sich Johannes in ihrer Gegenwart verhielt, wenn die anderen nicht dabei waren. Der sonst nur auf seinen eigenen Spaß bedachte und lebenslustige Junge konnte auch verantwortungsbewusst und zuvorkommend sein. Becca gehörte vermutlich zu den wenigen Mädchen in seinem Leben, die nicht mit ihm ins Bett wollten. Das beruhte auf Gegenseitigkeit, hoffte sie zumindest. Bisher hatte Johannes jedenfalls keinerlei Anstalten gemacht und es uneingeschränkt akzeptiert, dass sie mit Hugo zusammen war. Deshalb verband die beiden lediglich Freundschaft, was für Becca, die in der Schule kaum jemand mochte, absolut großartig war.
Die Gewissheit brachte sie jetzt zum Lächeln. Zu selten gab es schöne Dinge in ihrem Leben. Zu viel war einfach nur kacke.
Wie sie nur wenige Minuten, nachdem sie sich von Johannes verabschiedet und sein Angebot, sie nach Hause zu fahren, angenommen hatte, wieder leidlich erfuhr.
»Wir werden Ihre Mutter verlegen müssen, Frau Buchner«, eröffnete ihr die Schwester beim Betreten der Station.
Erschrocken zuckte Becca zusammen. »Was? Wieso?«
»Das sollten sie mit dem sozialen Dienst besprechen. Wahrscheinlich kann sich Ihre Mutter dieses Pflegeheim nicht mehr leisten.« Die Schwester, deren Name in geschwungenen Buchstaben auf deren Kittel gestickt worden war, der Becca jedoch nicht die Bohne interessierte, öffnete die Tür neben dem Zimmer ihrer Mutter. Neulich hatte da noch eine Frau gelegen. Vielleicht war sie gestorben oder verlegt worden, weil sie sich das Pflegeheim nicht mehr leisten konnte.
»Aber es ist doch alles abgesichert und mit der Pflegeversicherung geklärt.«
Die Schwester ging zum Fenster und öffnete die Gardinen. »Wie gesagt, das müssen Sie mit dem sozialen Dienst besprechen. Ich habe nur gehört, dass sie verlegt werden soll.«
Becca sah nach unten und auf ihre Hand. Ohne es bewusst zu bemerken, hatte sie sich die Haut neben ihrem Daumennagel aufgekratzt. Es blutete. Sie leckte darüber, holte tief Luft und ging in das Zimmer ihrer Mutter.
»Ach, Mama!«, seufzte sie und setzte sich auf den Rand des Bettes »Das ist doch alles ein Riesenhaufen Scheiße!«
Beccas Mutter antwortete nicht. Das tat sie nie seit ihrem Schlaganfall vor einem halben Jahr. Sie schaute ihre Tochter mit leeren Augen an, ohne eine Regung, ohne Hilfe oder Hoffnung. Becca konnte es kaum ertragen, ihre Mutter so zu sehen. Sie war nie eine starke Frau gewesen, aber jetzt schrumpfte sie mit jedem Tag mehr zu einem zerbrechlichen Etwas, das teilnahmslos vor sich hinvegetierte.
Becca richtete das Kissen, streichelte ihrer Mutter über das schütter werdende Haar, hielt ihre Hand, half ihr beim Trinken aus der Schnabeltasse. Mehr konnte sie nicht tun. Und noch viel weniger, sollte ihre Mutter tatsächlich verlegt werden. Im Umkreis von mindestens zwanzig Kilometern war kein weiteres Pflegeheim, geschweige denn eine flächendeckende Infrastruktur des öffentlichen Personennahverkehrs. Es grenzte schon fast an ein Wunder, dass Becca mit dem ÖPNV bis zum Gymnasium kam. Wie sollte sie ohne Führerschein und ohne Auto regelmäßig in ein anderes Pflegeheim kommen?
Als sie sich keine halbe Stunde später auf den Weg zum Parkplatz machte, wo Johannes auf sie warten wollte, wirkte die stille Schönheit des verschneiten Gartens nur kalt und trostlos auf sie. Becca machte Halt an einer dicken Eiche und blickte durch die kahlen Zweige nach oben in den blauen Himmel. Genau so fühlte sie sich. Genauso kahl und knorrig und deprimiert. Das Konstrukt ihres jungen Lebens war so desolat wie dieser alte Baum.
Nur der würde im Frühjahr zu neuem Leben erwachen.
Ob sie es auch könnte?
Ja, verdammt! Irgendetwas musste sie tun. Sie konnte doch nicht zulassen, dass ihre Mutter in ein Heim kilometerweit entfernt untergebracht werden würde. Schon einmal war sie den Bürokraten auf die Pelle gerückt, hatte Papierkram erledigt, Anträge ausgefüllt, Widersprüche geschrieben, obwohl sie nichts davon in der Schule gelernt hatte. Wer sollte es sonst tun? Da war niemand.
Johannes hupte und Becca sah den Wagen, der mit laufendem Motor auf sie wartete. Aus dem Auspuff dampften große Wolken und der sonst schöne schwarze Lack glänzte heute nur mit Tristesse und Dreck. Becca seufzte und lief zur Beifahrertür, als Johannes sich über den Sitz beugte und ihr von innen öffnete. »Komm bloß rein! Es ist scheißkalt.«
Becca schlüpfte auf den Sitz und zog schnell die Autotür zu. Dankbar für die Wärme rieb sie die Hände aneinander und hauchte auf ihre vor Kälte tauben Finger.
»Ich habe extra die Heizung angemacht. Wie war’s bei deiner Mom?«, fragte Johannes, legte den ersten Gang ein und fuhr los.
»Scheiße! Die wollen sie allen Ernstes verlegen. Wer weiß, wohin. Wahrscheinlich noch tiefer in die Pampa.« Becca schob die Hände unter ihre Schenkel und starrte aus dem Fenster. »Natürlich war niemand zu sprechen, der mir was Konkretes sagen konnte.«
»Und woher weißt du das dann?«
»Eine der Schwestern hat gesagt, dass meine Mutter verlegt wird. Ich soll mit dem sozialen Dienst sprechen. Jetzt geht alles von vorn los. Ich könnte kotzen!«
»Aber das können sie nicht machen!«, sagte Johannes empört.
Mit einem pfeifenden Ton pustete Becca ihre Atemluft aus. Obwohl die Heizung im Auto auf vollen Touren lief, entstanden kleine Wölkchen vor ihrem Mund. »Sie können und sie werden. Meine Mutter konnte sich das Heim leisten mit dem Geld der gesetzlichen Pflegekasse und den Zuzahlungen aus ihrer privaten Versicherung. Keine Ahnung, warum das plötzlich nicht mehr ausreicht.«
»Scheiße!«, murmelte Johannes.
»Hm, kannst du laut sagen. Jetzt muss ich zum Amt und betteln.« Becca zog ihre Hände unter den Schenkeln hervor, widerstand aber dem Impuls, ihre Fäuste auf das Armaturenbrett zu knallen. Sie war unfassbar wütend, aber das Auto konnte schließlich nichts dafür.
Johannes fuhr vom Parkplatz und wenig später auf die Landstraße. »Aber die vom sozialen Dienst helfen dir doch, oder?«
»Ja, vielleicht. Aber das nützt nichts. Scheiße, verdammte!«, platzte es laut aus Becca. »Dieses Pflegeheim hier nimmt nur Patienten auf, die sich die Unterbringung selbst leisten können. Sobald das Sozialamt einspringen muss, bist du nicht mehr willkommen. So ein Drecksladen! Das ist doch kein verfickter Wellnesstempel mit Spa und Jacuzzi.«
»Echt jetzt?«, fragte Johannes und überholte irgendeinen weißen Lieferwagen.
Becca leckte über den Schorf an ihrem Daumen. Am liebsten würde sie sich vor lauter Wut die ganze Hand aufkratzen. »Tja, ohne Moos nichts los!«
Eine Weile schwiegen sie. Was gab es auch mehr zu sagen?
»Was hast du jetzt vor?«, fragte Johannes und hielt vor dem schmiedeeisernen Tor, das zu dem weitläufigen Anwesen der Familie Moreau führte. »Soll ich dich noch reinbringen?«
Becca schüttelte den Kopf. »Nein, Quatsch!« Sie konnte von hier aus den schwarzen Mercedes sehen. Das bedeutete, Hugos Vater war zu Hause. Mist!
»Kommst du klar?«, fragte Johannes, als hätte er ihre Gedanken lesen können.