Lyrisches Notizbuch - Jana Swiderski - E-Book

Lyrisches Notizbuch E-Book

Jana Swiderski

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Beschreibung

Gedichte voller Wärme, Verständnis und Ehrlichkeit. Gedichte, die die Liebe zur Natur ebenso widerspiegeln wie die Liebe zum Menschen. Gedichte zwischen Angst und Hoffnung. Sie erzählen kleine Begebenheiten des täglichen Lebens und bringen philosophische Gedankengänge auf den Punkt. Gedichte, die der Glaube an Mitmenschlichkeit und Humanität trägt und verbindet.

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Seitenzahl: 32

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Für Mutter

INHALT

Aphorismen I

Frühe Gedanken

Zeit vergeht

Harzreise

Reise ins Oderbruch

Hiddenseereise

Gedichte der Hoffnung

Aphorismen II

Weihnacht

Gedankensplitter

Ausklang

Als ich ein Kind war

Als ich ein Kind war, malte der Herbst

Goldgelb jedes Blatt

Am alten Kastanienbaum.

Herbstsonne schien matt,

Gab Herbstspielen Raum.

Träumend in der Sonne gesessen,

Durch Laubhaufen stapfen und Kastanien aufheben,

Satte Blättersträuße sammeln, die Zeit vergessen –

Herbstwärme, Herbstsehnsucht, Herbstleben.

Wenn ich heut auf Kastanienbäume schau,

Wind weht, Zeit vergeht, Nebel zieht.

Blätter welken langsam, braun und grau,

Dann sing ich wieder mein Lied.

Als ich ein Kind war ….

Aphorismen I

Fehler sind falsch, heißt es.

Aber es heißt auch:

Aus Fehlern lernt man.

Sind Fehler dann richtig?

***

Wir können posten, liken und chatten

soviel wir wollen.

Wir sammeln ein Netz unzähliger Freunde.

Aber wer weiß mit sich selbst

noch etwas anzufangen?

***

Langeweile nervt.

Wir töten sie mit endlosen Posts, Likes und Chats.

Doch wo bleibt die Quelle

der Fantasie und der Kreativität?

Wenn wir alle grenzenlos frei sein wollen,

werden wir alle unfrei.

Freiheit verwirklicht sich erst

in ihrer freiwilligen Begrenzung.

***

Unsere Gesellschaft ist reich –

Wir haben Tausende von Obdachlosen.

Die sind arm dran.

Wir aber auch.

***

Freunde sind Menschen,

die dich verstehen,

ohne dass du etwas sagst,

und die dich auch dann noch verstehen,

wenn du etwas sagst.

Frühe Gedanken

Die Verwundbare

Ich, der Mensch, herrsche über dich.

Ich erzeuge Energie in Kernkraftwerken.

Ich lege Moore und nasse Wiesen trocken.

Ich fahre schwere Traktoren.

Ich begradige Flüsse und dünge Seen.

Ich nähre meine Pflanzen künstlich

Und schütze sie vor Schädlingen.

Ich verbrenne Kohle und fördere viel Öl.

Erde, Liebste, freu dich doch mit mir!

Wie sollte ich mich freuen?

Unter deinen Tritten bebe ich.

Meinen Kindern fügst du tiefe, schmerzende

Wunden zu.

Denn:

Du stellst unsichtbare Strahlen her,

die Menschenkörper angreifen.

Du zerstörst den Lebensraum

Von Orchidee und Sonnentau.

Du stampfst mich, dass meine Haut

Hart wie Beton wird.

Du nimmst der Lebensvielfalt in Wassern

Die Möglichkeit des Wohnens.

Du vergiftest das kostbare Nass und

Tötest Bienen.

Du entreißt mir stündlich,

Was ich dir in Milliarden Jahren wachsen ließ.

Du, deine Rücksichtslosigkeit macht

Meine Kinder sterbenskrank, verdirbt mich,

Den Mutter-Boden.

Du lebst, als besäßest du

Einen Harem mit Zwillingsschwestern von mir.

Ich bin deine Einzige. Mein Tod ist dein Tod.

(1989)

Zeit vergeht

Segenswünsche

Stück für Stück wächst dein Lebensbaum.

Du vertraust, es gibt ein Morgen.

Jede Nacht hat ihren Traum.

Sei der Tag dir frei von Sorgen.

Sei das Leben reich und schön.

Ein Geschenk seien dir deine Tage.

Frohen Mutes sollst du gehen,

Ohne Trübsal, ohne Klage.

Luther wollte heute Apfelbäumchen pflanzen,

Wenn morgen die Welt unterginge.

Du musst heute nicht gleich tanzen.

Doch sei morgen guter Dinge.

Lebe jeden Tag als wärs der letzte.

Bisweilen ist es wichtig, dass man daran denkt.

Genieß das Leben bis zur Neige.

Es ist nur einmal dir geschenkt.

3. April 2022

In deiner Nacht

für Vater

Hörst du mich nicht?

Hör ich dich nicht.

Siehst du mich nicht?

Seh ich dich nicht.

Spürst du mich nicht?

Spür ich dich nicht.

Lautlos.

Blicklos.

Fühllos.

Aber dein Herz – es schlägt.

Pausenlos.

Ich nehme deine Hand.

Wortlos.

Du nimmst dein Leben hin.

Ich nehme dein Leben hin.

Wir leben den Augenblick.

Sprachlos.

Ziellos.

Irgendwann –

schwerelos.

Stephan

Du warst mein Leben.

Was konnte ich dir geben?

Du hörtest mir zu.

Das gab mir Ruh.

Wo bist du geblieben?

Ich wollte dich immer lieben.

Du warst mein Bruder.

Ich manchmal ein Luder.

Hab dich auch beschützt.

Es hat nichts genützt.

Du wolltest lachen

Und Streiche machen.

Ich war dabei,

Dir war es nicht einerlei.

Wir spielten Vater, Mutter, Kind.

Ließen die Haare fliegen im Wind.

Stiegen auf Bäume

Und sammelten Träume.

Nun bist du nicht mehr.

Was soll ich machen?