Mach dein Testament, Hondo - G.F. Barner - E-Book

Mach dein Testament, Hondo E-Book

G. F. Barner

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Die großen Western Classic Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Dieser Traditionstitel ist bis heute die "Heimat" erfolgreicher Westernautoren wie G.F. Barner, H.C. Nagel, U.H. Wilken, R.S. Stone und viele mehr. Der Mann, den sie im gesamten Nordviertel von Trinidad suchten, um ihn zu töten, glitt wie ein Schatten um die Stallecke, den Colt in der Faust, bereit zu feuern. Ausbrechen, dachte Hondo, die Pferde nehmen, einfach durchbrechen, ganz gleich, wie viele von Yates' Männern droben an der La Junta Street lauern. Ich muß hier verschwinden, sonst bringen sie mich um. Mein Gott, ich habe diesen jungen großmäuligen Don Yates doch nicht getötet. Ich schoß vorbei, weil ihn bereits eine Kugel traf, die von hinten kam. Jemand knallte Don Yates ab, ein Kerl, den ich nur eine Sekunde lang sah, ein Hundesohn mit einem sogenannten KillerGewehr, wie es nur Kopfgeldjäger benutzen. Joe Gallegher, den sie Hondo nannten, weil er als Kind einmal am Rio Hondo in Neu Mexiko von Big Bill Thompson neben einem verbrannten Wagen und seinen von Utes umgebrachten Eltern gefunden worden war, glitt am Stall entlang zur Tür. Coralie, dachte er verzweifelt, ich wollte dir beistehen, aber nun kann ich mir kaum selber helfen. Sie jagen mich, sie wissen nicht mehr, daß Joe Gallegher derselbe Hondo ist, der bis vor achteinhalb Jahren in diesem Land gelebt hat. Coralie, mein Liebling, es tut mir leid, ich muß fliehen, oder sie bringen mich um. Noch ein Schritt zur Stalltür. Drüben im Westen an der La Vista Road das Krachen von zwei, drei Schüssen, Geschrei dort hinten, und dann die brüllende Stimme eines Mannes. Sie schießen auf alles, was sich bewegt, dachte Hondo und zog die Stalltür auf. Adam Yates dreht durch, weil ich ihm seinen jüngsten Sohn erschossen haben soll. Der krempelt die Stadt um, der alte verbohrte Narr. Coralie, es tut mir leid, ich muß verschwinden und versuchen, daß ich den Kerl mit dem Killer-Gewehr, der vierundvierziger Sharps mit dem achtkantigen Lauf, dem langen Zielfernrohr und dem plumpen Schußdämpferzylinder auf der Mündung finde. Der Mörder hat auf Don Yates gewartet und diesen wilden Jungen kaltblütig ermordet, als ich meine Waffe zog und ihm den Colt aus der Hand schießen wollte. Er war nun im Stall, wollte in die erste Box, tastete sich in der satten Schwärze der Nacht vorwärts und blieb jäh stehen, als es links von ihm raschelte. Hondos Colt zuckte herum, die Waffe zeigte in die Boxecke, der Daumen war bereit, den Hammer loszulassen. »Schieß nicht, Hondo.«

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Die großen Western Classic – 22 –

Mach dein Testament, Hondo

G.F. Barner

Der Mann, den sie im gesamten Nordviertel von Trinidad suchten, um ihn zu töten, glitt wie ein Schatten um die Stallecke, den Colt in der Faust, bereit zu feuern.

Ausbrechen, dachte Hondo, die Pferde nehmen, einfach durchbrechen, ganz gleich, wie viele von Yates’ Männern droben an der La Junta Street lauern. Ich muß hier verschwinden, sonst bringen sie mich um. Mein Gott, ich habe diesen jungen großmäuligen Don Yates doch nicht getötet. Ich schoß vorbei, weil ihn bereits eine Kugel traf, die von hinten kam. Jemand knallte Don Yates ab, ein Kerl, den ich nur eine Sekunde lang sah, ein Hundesohn mit einem sogenannten KillerGewehr, wie es nur Kopfgeldjäger benutzen.

Joe Gallegher, den sie Hondo nannten, weil er als Kind einmal am Rio Hondo in Neu Mexiko von Big Bill Thompson neben einem verbrannten Wagen und seinen von Utes umgebrachten Eltern gefunden worden war, glitt am Stall entlang zur Tür.

Coralie, dachte er verzweifelt, ich wollte dir beistehen, aber nun kann ich mir kaum selber helfen. Sie jagen mich, sie wissen nicht mehr, daß Joe Gallegher derselbe Hondo ist, der bis vor achteinhalb Jahren in diesem Land gelebt hat. Coralie, mein Liebling, es tut mir leid, ich muß fliehen, oder sie bringen mich um.

Noch ein Schritt zur Stalltür. Drüben im Westen an der La Vista Road das Krachen von zwei, drei Schüssen, Geschrei dort hinten, und dann die brüllende Stimme eines Mannes.

Sie schießen auf alles, was sich bewegt, dachte Hondo und zog die Stalltür auf. Adam Yates dreht durch, weil ich ihm seinen jüngsten Sohn erschossen haben soll. Der krempelt die Stadt um, der alte verbohrte Narr. Coralie, es tut mir leid, ich muß verschwinden und versuchen, daß ich den Kerl mit dem Killer-Gewehr, der vierundvierziger Sharps mit dem achtkantigen Lauf, dem langen Zielfernrohr und dem plumpen Schußdämpferzylinder auf der Mündung finde. Der Mörder hat auf Don Yates gewartet und diesen wilden Jungen kaltblütig ermordet, als ich meine Waffe zog und ihm den Colt aus der Hand schießen wollte.

Er war nun im Stall, wollte in die erste Box, tastete sich in der satten Schwärze der Nacht vorwärts und blieb jäh stehen, als es links von ihm raschelte.

Hondos Colt zuckte herum, die Waffe zeigte in die Boxecke, der Daumen war bereit, den Hammer loszulassen.

»Schieß nicht, Hondo.«

Coralie, dachte der Mann Hondo, dem die Stadt nicht mal Zeit gelassen hatte, sein Testament zu machen, Coralie Thompson, verwitwete Yates, meine Coralie.

Es raschelte. Sie kam und ertastete seine Brust, griff nach seinen Schultern.

Achteinhalb Jahre waren wie ein Tag. Achteinhalb Jahre Träume und Sehnsucht waren nur Vergangenheit, als sie die Arme um seinen Nacken schlang, ihr Körper sich an ihn preßte und der Duft ihres weichen rotblonden Haares ihn umgab.

»Hondo, mein Liebling, mein Mann.«

Ja, dachte er, ich war ihr erster Mann, ich, das Findelkind, der Ziehsohn von Big Bill Thompson. Ich wagte es, die Tochter des größten Mannes zu lieben. Unsere Verbindung wurde zerstört, als uns dieser Hundesohn Jason Putnam, der heute Sheriff von Trinidad ist, in der Berghütte am Chicken Canyon beobachtete. Alles was er gesehen hatte, berichtete er Big Bill, und ich war so gut wie tot. Er wollte mich töten, denn ich hätte sein Vertrauen mißbraucht, ihm das einzige Kind verführt. Sie war siebzehn und ich neunzehn. Aber wir liebten uns beide von Kindheit an. Ich, das arme Findelkind Hondo, und sie, die reiche Erbin – es war in seinen Augen ein Verbrechen.

»Hondo, mein Liebling.«

»Du«, konnte er gerade noch flüstern. »Du – bist hier? Sie sagten, du wärest bei Big Bill draußen auf der Ranch. Coralie, Darling.«

Es war so dunkel im Stall, daß sie sich kaum sehen konnten, aber sie fühlten sich, umschlangen sich, vergaßen die Gefahr, in der er schwebte. Es war wie früher. Sie lagen sich in den Armen, verloren in dieser Liebe, die vom ersten Tag an zur Ausweglosigkeit verdammt gewesen war.

Auf den Knien hatte sie vor Big Bill gelegen, das Gesicht tränenüberströmt, die Augen vor entsetzlicher Angst weit offen, ihre herrlichen graugrünen Augen.

Ich, dachte Hondo, habe schwören müssen, sie nie wiederzusehen, sie in Ruhe zu lassen. Und sie mußte schwören, Harry Yates zu heiraten, den dreißig Jahre älteren Mann. Daß sie ihm das versprechen mußte, wußte ich damals nicht. Vielleicht hätte ich sonst meinen ersten Mord begangen. Ich ritt davon und wurde Hondo, den man den Eisenharten und Kaltblütigen nennt. Als ich zwei Jahre später tief unten im Süden von Texas erfuhr, daß sie den alten Harry Yates genommen hatte, habe ich mich sinnlos betrunken, das erste und letzte Mal in meinem Leben. Und ich habe doch weiter von ihr geträumt, jede Nacht, achteinhalb Jahre lang.

»Hondo, ich hab’s gefühlt. Ich bin in die Stadt gejagt und hörte die Schüsse. Keine Angst, Hondo, hier weiß doch niemand, daß du hier bist, daß Joe Gallegher der gleiche Hondo ist.«

»Coralie, wir müssen vernünftig sein«, sagte Hondo verzweifelt. »Ja, ich bin erst gekommen, als es dunkel war und gleich hierher in den Stall mit den Pferden. Ich ritt hinten herum und hatte keine Ahnung, daß dieser Yates-Junge auch in der Stadt war. Coralie, ich habe ihn nicht erschossen.«

»Du nicht, aber…«

»Hör zu«, unterbrach sie Hondo erregt. »Ich wollte nicht über den Raton Paß nach Trinidad reiten und machte den Umweg über den Chicken Canyon am Chicken Creek entlang und an unserer alten Hütte vorbei.«

»Unsere alte Hütte«, flüsterte sie und preßte sich an ihn. »o Gott, und dann lagen sie dort auf der Lauer wie schon seit drei Wochen, Don Yates und ein paar der Männer, ja?«

Er nickte.

»Ich habe dich sofort erkannt, als ich dich durch das Stallfenster über den Zaun setzen sah. Hondo, deine Pferde stehen im Remisenabteil. Da findet sie kein Mensch. Nicholls, mein Stallgehilfe, macht nur das, was ich ihm sage. Er hat dich genausowenig gesehen wie Carter, mein Hotelclerk. Laß Yates’ Leute suchen. Sie finden dich nicht.«

»Coralie, das ist Wahnsinn. Ich verschwinde irgendwie aus der Stadt. Wir treffen uns dann…«

»Nein«, widersprach sie und klammerte sich an ihm fest. »Du kommst zu mir nach oben. Dort kannst du tagelang bleiben. Niemand vermutet dich dort.«

Blitzschnell warf sich Hondo aus dem Bett, schnellte hoch, sprang zum Stuhl, über dessen Lehne sein Revolvergurt mit dem Vierundvierziger hing.

Zu spät, dachte er und kam nicht mehr bis zum Stuhl. Er sah den Mann hereinhechten, das Gewehr wie eine Keule schwingend.

Hondo sprang den Mann an, rammte dessen Beine, bekam den Hieb über den nackten Rücken, aber er riß ihn um, schleuderte ihn gegen die Wand. Danach erst sah er den Orden an der Weste des Burschen.

Als er nach rechts zum Stuhl wollte, die Hand ausstreckte, kam der zweite Kerl herein. Hondo sah ihm in das runde, dickliche Gesicht, in die funkelnden Augen.

Jason Putnam.

Hondo fuhr hoch. Aber der Läufer auf den Dielen verdarb alles und nahm ihm die winzige Chance. Das Ding rutschte seitlich weg, der Stuhl kippte nach hinten. Hondo sauste zwischen die Vorderbeine des Stuhles und lag plötzlich wie in einer Zange, die ihn festhielt.

Als ihn der erste Hieb erwischte und sein Nacken zu explodieren schien, hörte er Putnams heisere Stimme über sich

»Muß ich euch beide immer erwischen?«

Es war, als hätte Hondo der Hieb gelähmt. Er hing zwischen den Vorderbeinen des Stuhls, konnte sich nicht bewegen und hörte Putnam reden. Dann verließ ihn die Lähmung.

Der zweite Hieb. Coralie schrie.

Das war das letzte, was der Mann Hondo hörte: Coralies Schrei.

»Das war er!« schrie Conrads, einer von fünf Mithäftlingen. »Deputy, er macht Krach, nicht wir.«

»Das sehe ich selber«, fuhr ihn der Deputy an. »He, Killer, was machst du da für einen Spektakel?«

Hondo hielt sich an den Türstäben fest. Als er den Mann schmaläugig anblickte, verfärbte der sich. Er trug jene braunen Cordhosen, die Hondo gepackt und über sich hinweggerissen hatte.

»Dein Name?« fragte Hondo eisig. »Mister, nenn mich noch einmal Killer, dann werde ich dich daran erinnern, sobald ich hier draußen bin. Wo ist Putnam?«

»Hier«, meldete sich Putnam. Seine ölige Stimme klang salbadernd wie die eines Sektenpredigers. »Na, Hondo, schon wieder auf den Beinen? Was willst du denn?«

Er kam in die Tür, stieß seinen Deputy an und brummte:

»Zur Seite, Meager. Mal sehen, was der Bursche eigentlich will. Also, Hondo?«

»Putnam, hör zu«, knurrte Hondo grimmig, »versuch erst gar nicht, dich dümmer zu stellen, als du es bist. Ich kenne dich zu genau, und du mich auch.«

»Das kann man wohl sagen.« Putnam nickte und grinste. »Und weil ich dich kenne, sitzt du da drin. Klar?«

»Mensch«, fauchte Hondo ihn an, »wenn ich diesen Jungen hätte treffen wollen, dann würde ich es zugeben. Er zog zuerst, oder gibt es dafür keine Zeugen?«

»Gibt es«, sagte Putnam mit öliger Stimme, als hätte er sich den Hals mit Speiseöl gespült. »Ja, er zog zuerst, der arme Junge. Er konnte ja nicht ahnen, daß er keine Chance gegen dich besaß, selbst wenn er dreimal schneller gewesen wäre. Ehe wir uns lange streiten, Hondo, – in deiner Jackentasche habe ich einen sehr interessanten Brief gefunden.«

»Du verdammter Narr!« platzte Hondo heraus. »Du weißt ganz genau, daß Big Bill mich niemals um Hilfe angegangen hätte. Du kannst dir an zwei Fingern ausrechnen, daß ich Yates schon am Chicken Canyon erledigt hätte, wenn ich mit diesem Auftrag hergekommen wäre. Putnam, glaubst du, ich laufe davon, nachdem ich jemand erschossen habe? Mensch, ich bin losgerannt, weil mir jemand eine Kugel haarscharf am linken Ohr vorbeisetzte, die gleiche Kugel, die Don Yates erwischte. Der Mann schoß aus dem Holzlagerschuppen und benutzte eine Killer-Sharps.«

»Gut, das sagst du. Das wußte ich schon von deiner Miß Yates. Ich habe die Kugeln gesucht, aber nur eine gefunden. Eine steckte in der Wand des Fellhauses. Ich habe auch im Holzlager nachgesehen, bin dort herumgekrochen und habe nach einer leeren Patronenhülse gesucht – vergebens. Auch das halbe Dutzend Leute, das ich befragte, hat weder einen Knall gehört noch jemand gesehen. Es gibt keine Spuren, daß dort jemand geschossen hätte. Das kannst du dir raffiniert ausgedacht haben.«

Sein öliges Lächeln brachte Hondo so in Wut, daß er mit den Zähnen knirschte.

»Putnam«, knurrte Hondo fuchsteufelswild, »früher stand in Trinidad nur ein einfaches Jail, das ein Wärter beaufsichtigte. Der Sheriff wohnte in der nächsten Straße. Ist dies jetzt ein kombiniertes Jail mit Office oder nicht?«

»Wir sind modern geworden«, antwortete Putnam grinsend. »Warum fragst du, Freund?«

»Weil es wichtig ist, du verdammter Narr!« grollte Hondo. »Man hat Don Yates auf die Ranch gebracht, wo alle Yates’ begraben wurden. Und was wird der alte Adam Yates tun, wenn er weiß, daß ich im Jail sitze? Putnam, wenn du noch etwas Verstand in deinem blöden Schädel hast, dann rechne dir aus, daß übermorgen Samstag ist. Ein Mann wie Adam Yates braucht nur eine Handvoll Dollar, um am Wochenende die Stadt in einen Hexenkessel zu verwandeln. Mann, bis heute gibt es in Colorado drei Dutzend Fälle, wo man ein Jail stürmte und einen Beschuldigten herausholte, um ihn ohne Verhandlung an Bahnbrücken, Bäume oder Telegrafenmasten zu hängen, Putnam, ich warne dich, du kennst Adam Yates. Er wird das Jail stürmen.«

»Nur über meine Leiche«, fuhr Putnam auf. »Du glaubst doch wohl nicht, daß ich dich herausholen ließe, was?«

Das Flackern seiner Augen war stärker geworden.

»Du bist kein Held!« sagte Hondo ruhig. »Ich sage dir, laß mich heraus!«

»Ich bin der Sheriff«, gab Putnam stur zurück. »Gallegher, ich will endlich wissen, was hier gespielt wird. So lange bleibst du im Jail. Übrigens habe ich in allen drei Hardwarestores nachgefragt, ob jemand Patronen für eine vierundvierziger Sharps gekauft hat, und ich habe vier Männer gefunden, die diese Waffe besitzen. Danach habe ich mir ihre Gewehre angesehen. Aus allen ist seit Wochen nicht geschossen worden, und keine hat die Vorrichtungen, die eine Killer-Sharps haben muß. Weißt du, Mister, was ich glaube?«

»All das, was ein Narr glauben will«, antwortete Hondo zornig.

»Ich glaube«, murmelte Putnam ölig, »du hast Thompson in jedem Fall einen Gefallen tun wollen, ob nun mit oder ohne Auftrag. Darum hast du Don Yates erschossen. Einem Mann wie dir fällt immer etwas ein, um den Hals aus der Schlinge zu ziehen. Nur bei mir beißt du auf Stahl, verstanden? Ich kenne dich, Bursche, und darum bleibst du hier sitzen.«

Er gab Meager, dem Deputy, einen Wink, verließ dann, obgleich Hondo hinter ihm her schrie, das Jail, und schmetterte die Tür ins Schloß.

»Der verdammte Idiot!« keuchte Hondo wutentbrannt. »Er will den Helden spielen. Aber kommt Yates, und der wird kommen, verkriecht er sich irgendwo und rührt keinen Finger. Verflucht, übermorgen haben wir Samstag, und dann holt mich Yates aus dem Käfig.«

Die Jailtür bekam einen so heftigen Stoß, daß sie an die Wand donnerte.

»Geh mir aus dem Weg!« grollte die tiefe rauhe Stimme Big Bill Thompsons im nächsten Moment. »Scher dich vor meinen Stiefeln fort, Connors, oder ich trete dich auf den Mond, Mann!«

Buck Connors, Putnams zweiter Deputy, sprang in den Zellengang und drückte sich mit gezogenem Revolver an die Wand. Dann stampfte Big Bill Thompson auch schon ins Jail, und zur selben Sekunde schlug die Uhr im Office fünfmal.

Big Bill Thompson hatte sich kaum verändert. Nur sein Haar war vollständig ergraut, und sein Schnurrbart war schneeweiß geworden. Der Brocken von Mann hatte nichts von seiner Energie verloren, das sah Hondo auf den ersten Blick. Trotz all seiner Fehler war Bill Thompson aus der Geschichte dieses Landes nicht fortzudenken. Bis zu einem gewissen Maß gerecht, unbeugsam in seiner Härte, eisern in seinen Entschlüssen, hatte er mehr für das südliche Colorado getan als jeder andere Rancher. Dennoch konnte er, wurde er jemals hintergangen, unversöhnlich bis zum Starrsinn sein. Geriet er einmal in Wut, so steigerte er sich leicht bis zur Raserei. Daß er gutmütig, hilfsbereit und seinen Freunden treu sein konnte, war die andere Seite seines Charakters.

»Sieh mal an«, sagte er, indem er sich dem Gitter näherte und Putnam einfach nicht mehr beachtete. »Da steckst du gut. Das ist der letzte Ärger, den du mir machst, Hondo Gallegher, wette ich. Was muß ich doch schwachsinnig gewesen sein, daß ich dich einmal am Rio Hondo aus den Büschen auflas, deine von Utes ermordeten Eltern begrub und dich mit auf meine Ranch nahm! Du hast mir nichts als Unglück gebracht, Hondo Gallegher. Was habe ich dir damals zum Abschied gesagt? Weißt du es noch?«

»Ja«, gab Hondo erbittert zurück. »Ich weiß es noch, Sir.«

»Na und? Sitzt du im Jail oder nicht?« brüllte der Alte los. »Genauso ist es gekommen. Der Bursche, aus dem ich den besten Reiter und schnellsten Schützen, den geschicktesten Zureiter machte, den dieses Land jemals gesehen hat, wo ist er gelandet, der Revolvermann?«

Hondo sah an ihm vorbei zu Putnam, der wieder das ölige Lächeln um den Mund hatte.

»Putnam, bring ihn hinaus«, sagte er eisig. »Ich habe genug von ihm, ich höre mir das nicht länger an.«

Big Bill Thompson erstarrte. Er schwieg.

Seine Wut schien verraucht zu sein, und er nagte einen Moment auf seinen Schnurrbarthaaren. »Nie zuvor oder danach hat mich ein Mensch so hintergangen und enttäuscht wie du, Hondo Gallegher. Vielleicht war es nicht so sehr deine Schuld, vielleicht war ihre Schuld größer. Ich weiß es nicht. Ein Mann enttäuscht mich einmal. Danach nie wieder, weil er keine Gelegenheit bekommt. Da bist du nun, und hier bin ich. Ich hätte dich nie um Hilfe gebeten. Eher wäre ich gestorben, weißt du es?«

»Ja«, sagte Hondo bitter. »Das weiß ich, Sir, aber Putnam glaubt es nicht.«

»Der Narr«, grollte der Alte und sah sich um, als ekelte es ihn. »Was weiß der schon von dir und mir? Nichts. Du hast diesen großmäuligen Burschen nicht erschossen?«

»Nein, Sir.«

Er sah ihn an, und der Alte nickte finster.

»Gut«, brummte er dann. »Ich kann dir nicht helfen und dich schützen. Es ist unmöglich, wenn ich nicht alles verlieren will. Frag mich nicht, ob es mir leid tut. Wenn du sterben sollst, dann soll es so sein. Ich kann es nicht ändern, hörst du? Du und sie – es muß doch wohl etwas sein, was ich nicht verstehe, was ich nie gefühlt habe. Sie ist alt genug. Ich kann ihr nichts mehr vorschreiben. Ich will es auch nicht.«

»Putnam«, sagte der Alte barsch, »du wirst gleich meine Aussage niederschreiben – zweifach, Putnam, denn eine Ausfertigung schicke ich dem Richter in Denver. In ihr wird stehen, daß ich diesen Mann niemals, auch nicht durch meine Tochter, aufgefordert habe, nach Trinidad zurückzukehren. Sie hat es aus eigenem Antrieb getan. Genau das sage ich aus, und das schreibst du nieder. Die ganze Stadt soll wissen, daß ich nichts mit seinem Kommen zu tun hatte. Und hängt ihn Yates, dieser hinterhältige Schurke, auf, dann passiert dir etwas, Mister, denn du bist für ihn verantwortlich. Du hast eine Chance, du kannst ihn herauslassen.«

»Fällt mir nicht ein, Mr. Thompson.«

»Das dachte ich schon«, murmelte der Alte. »Du bist Adam Yates’ Sheriff, das wird allen in diesem Land bald klar sein. Danach bist du erledigt, Putnam, fertig für immer. Ich weiß, was ihr wollt. Aber den Gefallen tue ich euch nicht. Das kannst du deinem Freund Yates bestellen, Mister. Sag ihm, ich opferte diesen Mann, anstatt mich gegen eine Meute wahnsinniger, aufgeputschter Burschen zu stellen. Es könnte euch so passen, daß ich meine Männer im Kugelhagel einer betrunkenen Masse sterben lasse und vielleicht dabei auch ins Jenseits reise. Das Spiel läuft nicht für euch, Putnam. Tut mir leid, Hondo.«

Er wandte sich ab und ging hinaus, während Coralie hereinkam.

»Er sagt, er kann nicht anders, Hondo«, flüsterte sie, bleich bis in die Lippen. »Vielleicht hält das gerade Yates von dem ab, was er tun will. Möglicherweise finde ich den Mann, der Don erschossen hat. Es ist noch nichts verloren, Hondo, hörst du?«

»Ja«, murmelte Hondo. »Mach dir keine Gedanken, es geht alles gut.«

»Vielleicht«, flüsterte sie, »vielleicht…«