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Was passiert, wenn ein Redakteur dem zeitgemäßen Vorbild Macbeth nacheifert? Da brodelt im Konferenzraum nicht nur der Kessel. Sind seine Methoden als Karrierebeschleuniger tauglich? Dann sind da noch die drei Hexen mit Hex-Appeal.
Story auch enthalten im Buch: Flippige Storys und Sprüche.
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Nicht erst als die drei Hexen und Hekate bei mir im Büro auftauchten, fiel mir die verblüffende Ähnlichkeit meiner Situation mit Macbeths auf. Letztlich geht es immer um Beförderung, um Anerkennung, Sicherung des Erreichten. Man will nicht zurückfallen. Aber müssen sie ihren Kessel im Konferenzraum brodeln lassen? Das hier ist nicht das schottische Hochland und ich bin kein Thane mit 40 Hufen Land und mein Chef heißt nicht König Duncan. Aber es gibt eine Lady Macbeth: Meine ehrgeizige Frau Kate, die meint, dass ich zum Chef bestimmt sei und manchmal gelange man da nicht anders hin als durch Mord. Wir haben uns extra das Stück noch mal angesehen, man kann ja so einiges mitnehmen an Bildungsgut: Schlag nach bei Shakespeare. Wie sind die Optionen, wie nutzt man die Gunst der Stunde? Macbeth hatte Visionen - das hat der Sieg so an sich: Er berauscht, man nimmt völlig unsinnige Konstellationen vorweg, man spielt das mal so durch. Das setzt einiges in Gang. Hinterlist als Karrierebeschleuniger - warum nicht?
Das Problem: Jetzt liegt die Leiche meines Chefs im Konferenzraum; mein Vorschlag, ihn im Kessel aufzulösen, stößt auf erheblichen Widerspruch der Hexen. Ich berate mich mit Hekate. Sie sagt, ich solle aufhören, das Lied ' Schlag nach bei Shakespeare“ zu summen. Ausgerechnet jetzt soll ich auf den Beistand von Shakespeares Denkungsart verzichten? Wer hat mich denn so weit gebracht? Ich will Vorhersagen, Dinge die aus dem Kessel steigen, die mir zuraunen, dass alles gut wird. Ich bestehe darauf. Die erste Hexe ist nicht abgeneigt, mir zu willfahren - sie sieht übrigen klasse aus; ich habe sie gefragt, ob sie was mit dem modernen Wicca-Kult zu tun haben, aber sie meint, das sei alles Original - so sei das eben, wenn man die Tür zum Fantasy-Reich aufstößt, dann habe man herrlichen Kontakt mit 1A-Dämonen. Erst habe ich gedacht, dass es mein Gewissen sei, was mir diese albernen Streiche spielt, aber die zweite Hexe versichert mir, dass sie mein Gewissen schon extrahiert haben, das sei wichtig, um kaltschnäuzig möglichem aufkeimendem Argwohn im Büro zu begegnen. Herrlich, ich male mir aus, welche Höhenflüge ich fortan buchen kann ohne den Ballast eines Gewissens. Vielleicht hätte ich das Stück nicht ein Dutzend mal hintereinander sehen sollen - aber ich wollte mir sicher sein, dass ich mit den Feinheiten vertraut bin: Nicht auszudenken, nach Macbeth könnte ich Romeo sein - ich lasse mich nicht davon beirren, dass diesen Figuren etwas Tragisches anhaftet - in der Liebe und im Krieg sind alle Mittel erlaubt; Moral war gestern - die Hexen meinen, ich sei auf gutem Weg. Bestätigung von berufener Seite. Ich frage die erste Hexe nach ihrem Namen, den will sie aber nicht preisgeben.
„Du hast Hex-Appeal. Meinst Du, es ist noch Bedarf an guten Hexern in Euren Reihen? Ich habe mir das Buch ’Hexenmeister in 13 Tagen' gekauft. Einen Besen habe ich auch schon.“
Sie sieht mich ungläubig an.
„Das dauert Jahrhunderte, bis man auch nur halbwegs was Passables hexen kann.“
„Ich habe da so ’ne Lern-App auf meinem Handy - was für BWL funktioniert, sollte beim Hexendiplom ...“
Sie schlägt mir mein Handy aus der Hand.
„Konzentrier Dich! Wir haben Großes mit Dir vor. Gut, dass Deine Frau Kate uns kontaktiert hat. Man muss besessen sein von seinem Ziel; wie sollst Du anders ein wirklich herausragender Bösewicht werden? Nicht so eine 08/15-Mimose.“
Oha, gut, dass ich sie als Beraterin habe, alleine stände ich ganz auf verlorenem Posten.
„Du solltest beim Arbeitsamt arbeiten; Karriereberatung. Wie wäre es, wenn wir meinen Chef schön im Teppich verstauen? So in der Art einer Frühlingsrolle; das hat was Heiteres; er aß gerne chinesisch.“
„Und dann noch im Wok frittieren?“