Macramee des Lebens - Heike Heinz-Wittenberg - E-Book

Macramee des Lebens E-Book

Heike Heinz-Wittenberg

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Beschreibung

Macramee des Lebens. Da werden Fäden geknüpft, verwoben, verknotet, entzerrt. So wie in meinen Geschichten. Oder in Ihren. Erkennen Sie sich wieder? Ganz sicher kommt Ihnen das ein oder andere bekannt vor. Sehr bekannt sogar. Das ist gut. Oftmals denken Leser, dass Autoren biographisch schreiben. In meinen Geschichten findet sich kaum etwas aus meinem eigenen Leben. Prominente schreiben Biographien, weil Sie sich mitteilen müssen oder etwas klarstellen sollten oder wollen. Weniger bekannte Autoren schreiben Wolkenkraxeleien. Das meiste entspringt meiner Fantasie, meiner Kreativität, wenn Sie so wollen, meines Nachdenkens über die Welt, über Sie, Dich, mich, uns alle, und selbstverständlich meiner Lebenserfahrung. So entstehen Geschichten oder Gedichte, die Sie mögen oder auch nicht. Die Geschmäcker sind verschieden, und das ist gut so.

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Inhaltsverzeichnis

Endlich Rentner

Mitbringsel

Musik der Welt

Knalltrauma

Freunde

Winterspeck

Neulich in der Praxis

Macht

Sperrmüll (Wäller Platt)

Irgendwo in der Großstadt

Besenparade

Narrenkleid

Jugendliebe

Zwillingsseelen

Vorhergesagt

Albtraum

Coffee to go (Wäller Platt)

Echt schlimm

Minn Baba (Wäller Platt)

Gedanken zum Geburtstag

Mein liebstes Möbelstück

Unterm Apfelbaum

Septembernacht

Leise rieselt itz dä Schnii (Wäller Platt)

Das Scrooge-Phänomen

Warten aufs Christkind

Kressnoscht (Wäller Platt)

Fahrkarte ins Glück

Die neue Tapete

Was wäre, wenn...?

Urlaubsbekanntschafte (Wäller Platt)

Lebensmotto

Kurzkrimi

Peinlich berührt

4 Tage im Leben einer Königin

Vom Sinn des Lebens

Buchkauf, die Erste

Buchkauf, die Zweite

Endlich Rentner

Ich bin Rentner! Na, endlich. Nach jahrelangem Buckeln wurde das auch Zeit. Ich kann nicht mehr. Erst kümmere ich mich jetzt mal um mich. Keine Termine. Kein Wecker.

Ich habe Zeit, klasse. Ich besuche diesen und jenen, ich fahre in Urlaub, ich hole mir einen Hund aus dem Heim und gehe spazieren.

Ich bin Rentner! Es geht mir gut. Ich habe alle Zimmer neu tapeziert und gestrichen. Alles was zu renovieren war, habe ich gemacht. Der Garten ist umgestaltet, ich habe neue Sitzmöbel gekauft und einen festen Grill gebaut. Es geht mir blendend.

Ich bin Rentner! Vorgestern habe ich mir ein Sudoku-Heft gekauft, und heute bin ich schon durch damit. Nebenan wird gebaut, ich schau mal kurz vorbei, wie es dort so weitergeht. Der tägliche Einkauf ist auch schon erledigt. Meine Frau sagt, ich soll mir ein Hobby zulegen. Ich geh mal in die Bücherei. Mir geht es prima.

Ich bin Rentner! Zweimal in der Woche bin ich in einem Nachbarschaftsverein aktiv. Dort mache ich mich nützlich. Es ruft immer jemand an, den ich irgendwo hinfahren kann, oder dessen Hecke ich schneiden soll. Ich werde noch gebraucht. Das find ich gut.

Ich bin Rentner! Sorry, hab keine Zeit. Im Verein habe ich heute Telefondienst, morgen muss ich bei der Familie nebenan Babysitten und übermorgen fahre ich meine Frau zum Arzt. Nächste Woche bin ich auch schon ausgebucht, aber übernächste Woche können wir uns vielleicht sehen. Ich bin urlaubsreif.

Mitbringsel

Ich reise gern und reise viel

mit nahem und auch weitem Ziel.

Von überall bring ich nach hier

mir mit ein kleines Souvenir.

Und ist es doch mal nicht so klein,

läuft es per Schiff in Hamburg ein.

Im Kaufesrausch in fernen Landen,

kam mir schon manches Geld abhanden.

Doch meine Wohnung ist sensationell,

fremdartig, aufregend – multikulturell.

Asiatische Fabelwesen in jeder Ecke,

Holzmasken baumeln von der Decke.

Der Massai-Speer hat schon manchen erschreckt,

der ihn im Durcheinander entdeckt.

Tut-ench-Amun schaut mit Seelenruh

mir des nachts beim Schlafen zu.

Figuren, Bilder – ohne Ende,

füllen Ecken - zieren Wände.

Und ich, da leb ich mitten drin

in all dem fremdartigen Klimbim.

Doch morgen fahr ich wieder fort,

an einen weit entfernten Ort.

Von dort zurück

darf ich keine Reise mehr buchen,

oder muss eine größere Wohnung mir suchen.

Musik der Welt

Wo man singt da lass dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder.

So sagt man.

In der Tat sollte man meinen, dass Musik den Erdkreis verbindet.

Welches Volk, welche Nation kennt keine Musik?

Es ist der Gesang, der deutlich macht, dass es sehr wohl verbohrte Menschen gibt, in deren Nähe man sich sicherlich nicht mit Ruhe niederlassen kann. Sie benutzen Musik dazu, andere Leute aufzuwiegeln, sich anzufeinden, andere zu demütigen. In den Melodien der Völker alleine schwingt keine Bösartigkeit, die gibt es nur in dummen Texten, die dazu gesungen werden.

Macht Musik glücklich? Ja! Die Musik der Jugend prägt uns für das ganze Leben, und in späteren Jahren hebt sich die Laune bei altbekannten Klängen, die wir in Verbindung bringen mit besonders schönen Momenten.

Folklore trägt man im Herzen. Haben Sie vielleicht schon mal in Griechenland Sirtaki getanzt? Wer kann bei lateinamerikanischen Rhythmen noch stillsitzen? Wer schaut nicht interessiert afrikanischen Stammestänzen zu, fühlt nicht den Zauber, den ein balinesisches Gamelan-Orchester verbreitet? Der spanische Flamenco geht ins Blut, und eine Tänzerin, die sich zu orientalischen Klängen mit Anmut und Geschmeidigkeit bewegt, fasziniert alle und jeden.

Waren Sie schon einmal in einem Opernhaus und haben sich von den Klängen und Stimmen mitreißen und begeistern lassen?

Und dann gibt es noch eine alles verbindende Musik: Egal wo man sich befindet, man wird immer die neuesten Hits der internationalen Charts vernehmen - aus einem Kofferradio in Mombasa, in einer Rumbude auf Barbados, an einer Poolbar in Thailand, beim Abfeiern in München oder am Strand von Maspalomas. Da wird Sprache nebensächlich.

Es bleibt aber wohl ein unerfüllter Traum von mir, dass alle Menschen auf dieser Erde zeitgleich Michael Jacksons „Earth Song“ singen.

Knalltrauma

Gemütlich auf der Couch lungernd, genieße ich gerade ein gekühltes Glas Weißwein und kraule meinen Kater. Um 0.00 Uhr werde ich ihm die Ohren zuhalten müssen, denn der Krach draußen ist jetzt - am frühen Abend - schon nicht mehr auszuhalten.

Zum dritten Mal heute und bestimmt zum hundertundfünfzigsten Mal in meinem Leben lache ich über „Dinner for one“ und kann mich doch nicht daran satt sehen. Ja, der Fernseher, mein bester Freund heute Abend. Nicht, dass ich keine Leute kennen würde – nein, nur die feiern alle. Silvester ist aber so gar nicht meins. Es soll ja Leute geben, die schon im August, beim Anblick der ersten Spekulatius und Zimtsterne, in eine Art Winterstarre fallen und daran denken, erstens, bald Weihnachtsgeschenke kaufen zu sollen, und zweitens, den Plan für Weihnachten sowie Silvester fix und fertig in der Schublade zu haben. Im August stehe ich meist erst kurz vor meinem Sommerurlaub. Also wirklich.

Silvester mag ich nicht. Oder besser, ich mag es nicht, wenn mir um Mitternacht irgendwelche Leute um den Hals fallen, die mich bis dato noch nicht einmal gegrüßt haben. Außerdem muss ich mit Sekt anstoßen.

Igitt. Nach zwei Schlucken von diesem Gebräu falle ich in eine Art komaartigen Zustand.

Darum verbringe ich Silvester alleine. Dann kann ich so schön meinen Gedanken nachhängen, die mir zum Jahresende den Spiegel der Zeit ganz dicht vors Gesicht halten.