Maddrax 587 - Oliver Müller - E-Book

Maddrax 587 E-Book

Oliver Müller

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Beschreibung

So wenig war von Professor Dr. Jacob Smythe noch nie übrig gewesen - nichts als eine kleine Platine mit seinem gesamten Gedächtnisspeicher. Aber die befindet sich im Besitz seiner robotischen Verbündeten Lybreyz. Und deren Pläne haben das Potenzial, Jacob Smythe wiederauferstehen zu lassen.
Doch in einer primitiven postapokalyptischen Welt kann man sich Robot-Körper nicht beim Versandhandel bestellen. Also muss Lybreyz anders vorgehen. Und ihre erste Wahl fällt auf eine junge Frau aus einer Parallelwelt, die ihr Knowhow zur Verfügung stellen wird - ob sie will oder nicht!

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Seitenzahl: 152

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah...

Körper gesucht

Leserseite

Vorschau

Impressum

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet »Christopher-Floyd« – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die degenerierte Menschheit befindet sich im Krieg mit den Daa'muren, die als Gestaltwandler ein leichtes Spiel haben. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, »Maddrax« genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde, und es gelingt ihm, die lebende Arche, den »Wandler«, gegen dessen kosmischen Feind zu verteidigen, woraufhin der sich mit den Daa'muren ins All aufmacht...

Durch eine Schwächung des Raum-Zeit-Kontinuums tauchen überall auf der Erde Areale verschiedener Parallelwelten auf. Zwar können unseren Helden die Risse versiegeln – aber eine letzte Bruchstelle tauscht ein Areal um den Victoriasee in Afrika aus. Eine gewaltige Stadt erscheint, deren Bewohner einen »Dunklen Keim« verbreiten. Nach einigen Angriffen der Dunklen findet man dank der befreundeten Daa'muren Grao und Ira ein Heilmittel: Die Splitter von Daa'muren-Kristallen saugen den Dunklen Keim aus den Infizierten!

Ein Flug über die Gigantolpole wird Matt und Aruula zum Verhängnis: In ihren Tiefen werden sie zum Bösen umgepolt, ermorden de Roziers Enkel und über hundert Hydriten. Doch der Hydrit Quart'ol überwältigt die beiden und bringt sie zur Wolkenstadt. Dort erschießt Pilâtre Aruula aus Rache – und gleichzeitig wacht eine andere Aruula im Zentrum der Stadt auf! Das Dunkle Herz schuf Zwillinge der beiden aus deren bösen Anlagen. Sie können gerettet werden und sprengen das Zentrum der Stadt. Da die Stadt daraufhin erstarrt, hoffen sie das Dunkle Herz zerstört zu haben.

Doch da naht eine neue Gefahr: Ein Roboter mit dem Geist von Professor Dr. Smythe, Matts Erzfeind, begegnet im All einem Streiter und lockt ihn zur Erde. Zunächst wird die kosmische Wesenheit auf den Mars treffen, weshalb der dort lebende Hydree Wang'kul Matts Geist per Hologramm zum Roten Planeten holt. Die beiden können den Streiter per Zeitstrahl sechs Monate in die Zukunft versetzen. Dann erreicht »Robo-Smythe« mit einem gekaperten Raumschiff, der PLASMA, den Mars und versucht an Waffen zu gelangen. Doch Matt arbeitet gegen ihn und Smythe muss fliehen. Sein Ziel ist die Erde, wo er seinem Parallelwelt-Ich begegnet. Es kommt zum Kampf, und letztlich kann Matt »Robo-Smythe« zerstören.

Währenddessen versuchen Tom Ericson und die zwielichtige Vasraa Uon, von den Wurmloch-Architekten auf Cancriss einen mobilen Wurmlochgenerator zu bekommen, mit dem sie eine mächtige Waffe, den Flächenräumer, vom Ringplaneten- ins Sonnensystem schaffen wollen. Doch die Pancinowa lehnen ab. Da stoßen Tom und Vasraa am Nordpol auf einen Wandler, der dort in Schlaf gehalten wird, um ihm Energie abzuzapfen. Auch Matt und Aruula, die von den Pancinowa zu Hilfe gerufen wurden, entdecken dieses Geheimnis. Indem sie es nicht preisgeben, was Cancriss ins Chaos stürzen würde, erhalten sie einen mobilen Wurmlochgenerator und kehren nach Novis zurück. Doch während Matt und Aruula zur Erde reisen, um dort alles vorzubereiten, bringt Vasraa den Generator an sich und folgt ihnen. Es kommt zu einer Konfrontation zwischen Parallelwelt- und Novis-Vasraa, wobei Letztere getötet wird und Erstere auf Novis eine neue Heimat findet.

Körper gesucht

von Oliver Müller

2517, Luftraum über Kapstadt

Prinz Victorius legte die Hände auf die Reling der Roziere und ließ seinen Blick in die Ferne schweifen. Unter ihm lagen die Bauten einer ehemals gewaltigen Stadt, die auch im Stadium des Verfalls noch beeindruckend auf ihn wirkte. Er versuchte sich vorzustellen, was für ein Schmelztiegel diese Metropole einst gewesen sein musste. Eine größere Ansiedlung hatte er in seinen neunzehn Lebensjahren noch nie gesehen.

Doch die unzähligen Ruinen machten es ihm nicht leicht, die passenden Bilder einer pulsierenden Siedlung in sich heraufzubeschwören. Dazu kam, dass die Stadt menschenleer wirkte. Doch davon ließ er sich nicht täuschen. Mit Sicherheit hausten dort unten Menschen ... oder andere Kreaturen.

Kurz sah Victorius hinüber zu dem gewaltigen Berg, der im Rücken der Stadt lag, sodass es fast wirkte, als wolle er sie wie eine Mauer vor Gefahren aus dem Hinterland beschützen. Doch dort gab es tatsächlich nichts, nur ödes Land. Kilometerweit.

Victorius hatte es in den letzten Tagen überflogen. Mit jeder Stunde hatte er sich weiter von seiner Heimat entfernt.

Und von Vater, dachte er bitter.

Doch um sich von Pilâtre de Rozier entfernt zu fühlen, hätte es nicht dieser langen Reise und der mehreren tausend Kilometer Distanz zwischen ihnen bedurft. Obgleich Victorius sein Sohn war, fühlte er sich dem Beherrscher des Kaiserreichs Afra oft fern. Was gewiss nicht an ihm selbst lag!

Nein, es lag an Pilâtre de Rozier.

Sicher, materiell betrachtet mangelte es Victorius am kaiserlichen Hofe an nichts. In dieser Richtung wurden alle seine Wünsche erfüllt. Doch es war etwas anderes, wonach er trachtete: die Liebe und Anerkennung eines Vaters.

Und nicht dessen Zweifel, ob ich überhaupt sein Sohn bin.

Victorius schloss für einen Moment die Augen und ließ sich die salzige Luft, die eine frische Brise vom Meer her landeinwärts trug, um die Nase wehen. Tief atmete er ein. Es war der Duft der Freiheit. Ein köstlicher Geschmack.

Zwar flogen auch die Wolkenstädte, über die sein Vater herrschte, hoch in der Luft, trotzdem waren sie nicht mehr als ein goldener Käfig. Aus dem er jetzt ausgebrochen war.

Victorius öffnete die Augen wieder. Die Roziere flog nun über die letzten Ausläufer der Ruinenstadt. Wenn er nicht bald zum Steuerrad ging und den Kurs änderte, würde er hinaus auf den Ozean getragen werden.

Warum eigentlich nicht? Niemand wusste, was dahinter lag. Ob es überhaupt ein »Dahinter« gab. Wenn er es herausfand, dann musste sein Vater doch stolz auf ihn sein. Der lange Arm des Kaisers endete an dieser Küste. Wenn er neues Land für ihn in Besitz nahm und so das Kaiserreich vergrößerte, gab es gar keine andere Möglichkeit für Pilâtre de Rozier, als ihm Anerkennung zu zollen.

Für einen kurzen Augenblick gab sich Victorius diesem Traum noch hin, dann seufzte er auf. Er sollte realistisch bleiben. So schön und abenteuerlich die Vorstellung auch war, so unrealistisch war sie auch. Sein hektischer Aufbruch nach einer erneuten Konfrontation mit seinem Vater hatte ihm kaum Zeit gelassen, seine Reise auch nur annähernd zu planen. Und da hatte er noch nicht gewusst, dass sie ihn bis an den Rand des Kontinents führen würde.

Bis hierhin hatten die Vorräte gereicht. Wenn er sie sich gut einteilte und unterwegs noch einmal Wasser aufnahm, würden sie auch für die Rückreise genügen. Für einen Flug ins Ungewisse war er definitiv nicht ausgerüstet. Auch kleidungstechnisch hatte er kaum mehr dabei als das, was er am Leib trug.

Erneut seufzte er, dann riss er sich vom Anblick des scheinbar unendlichen Meeres los und ging hinüber zum Steuerrad, das er justiert hatte. Daran hing auch die Feldflasche, die er nun aufschraubte. Er leerte sie mit zwei großen Schlucken. Das viele Wasser unter ihm hatte ihn durstig gemacht. Vielleicht war es keine schlechte Idee, wenn er seine Vorräte in der Stadt auffüllte. Hier würde er eher etwas finden als in der Ödnis des Hinterlandes.

Er wendete die Roziere, die mittlerweile tatsächlich über das Meer flog, und steuerte wieder auf die Stadt zu. Nun sah er den Berg aus der entgegengesetzten Richtung. Er war bei weitem nicht so hoch wie die Berge östlich vom Victoriasee, aber dennoch beeindruckend.

Sein Gipfel war ein langgezogenes Plateau. Es war so eben, dass es beinahe unnatürlich wirkte, aber Victorius wusste, wozu die Natur in der Lage war. Ein flacher Berg war da sicherlich nicht das größte Wunder.

Aus der Brusttasche seiner Weste zog der Kaisersohn ein Fernrohr, das er geschickt auseinanderzog. Mit seiner Hilfe hielt er Ausschau nach einem geeigneten Landepunkt. Rasch hatte er ihn gefunden.

Am Fuße des Berges lag von dieser Seite aus betrachtet eine weitere Ansammlung an Ruinen. Fast hätte man meinen können, dass sie nicht zu der Metropole gehörten, denn nur ein vergleichsweise schmaler Abschnitt führte in nördlicher Richtung am Strand entlang hin zum größeren Teil der Stadt.

Beim Hinflug hatte er dieses Areal kaum beachtet, denn sein Blick war bereits auf das Meer gerichtet gewesen. Daher hatte er auch nicht den Gebäudekomplex bemerkt, den er jetzt durch das Fernrohr erspähte.

Die dort liegenden Gebäude waren eindeutig keine Wohnhäuser gewesen, dazu waren sie zu groß. Auch lagen sie nicht so dicht beieinander. Ein weiterer Vorteil für ihn, denn hier konnte er die Roziere problemlos landen.

Kaum hatte er den Entschluss gefasst, ließ er das Fernrohr verschwinden. Für die Landung brauchte er beide Hände am Steuer.

Langsam ließ Victorius das Fluggefährt, das auf den schönen Namen YVETTE hörte, absinken, wobei er so gut wie möglich auf die Umgebung achtete. In den Wolkenstädten und auch in den darunter liegenden Bodenstationen war die Landung einer Roziere nichts Besonderes. Hier aber würde sie zweifellos für Aufsehen und neugierige Blicke sorgen.

Doch niemand lief herbei und zeigte auf das für ungebildete Menschen oft bedrohlich wirkende Fluggerät. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass Victorius einen Angriff bei einer Landung in unbekanntem Terrain erlebt hätte.

Doch auch als die Roziere aufsetzte, blieb alles ruhig. Zur Sicherheit wartete der Prinz noch einige Minuten und sah zu allen Seiten aus den Fenstern, stets bereit, die Roziere wieder aufsteigen zu lassen. Erst als auch nach zehn Minuten nichts geschah, verließ Victorius die YVETTE. Auf dem Weg zum Ausgang fiel sein Blick auf die gepuderte Perücke, die an einem Haken an der Wand hing.

Dort hatte er sie kurz nach dem Abflug aufgehängt. Bei seinem Aufbruch hatte er sie noch getragen. Hätte man ihn erwischt, wäre er zur Standpauke vor seinen Vater zitiert worden, da wollte er dessen Unwillen nicht noch durch inkorrekte Kleidung anstacheln.

Der Kaiser legte auf solche Äußerlichkeiten großen Wert. Hier aber war es unnötig, auf so etwas zu achten. Das Rapier jedoch, das er geschickt zu führen wusste, gürtete er sich um.

Schnell machte sich Victorius daran, die Roziere sicher zu vertäuen. Er ging dabei äußerst gründlich vor und kontrollierte alle Halteseile zweimal. Aus gutem Grund. Wenn die Roziere abtrieb, würde er es vermutlich niemals bis nach Hause schaffen.

Komisch. Eben wolltest du noch über den Ozean in unbekannte Gefilde aufbrechen – und jetzt hast du schon wieder Angst, dass du es nicht zurück nach Wimereux-à-l'Hauteur schaffst.

Wimereux-à-l'Hauteur war die Hauptstadt des Kaiserreichs; aus ihr war Victorius aufgebrochen. Sicher vermisste man die Roziere dort bereits.

Der junge Mann verdrängte die Gedanken an die Heimat. Jetzt war es wichtig, dass er alle seine Sinne beisammenhatte und sich auf die Umgebung konzentrierte.

Was er schon durch das Fernrohr gesehen und vermutet hatte, bestätigte sich aus der Nähe: Der Gebäudekomplex bestand aus mehreren Bauwerken. Die meisten davon waren ziemlich klein und standen verteilt auf dem großen Gelände. Zwei Häuser aber überragten die anderen deutlich und waren wie ein L zueinander angeordnet. Der langgezogene Teil davon war zwei Stockwerke hoch, viele Fenster präsentierten sich Victorius auf dieser Seite. Fast alle besaßen keine Scheiben mehr, höchstens Scherben steckten noch darin.

Am Ende des Gebäudetraktes erkannte er eine steinerne Treppe. Dort lag vermutlich der Eingang, den er von seiner Position aus nicht sehen konnte.

An den langen Trakt schloss sich ein kastenförmiger Bau an, ungefähr doppelt so hoch und komplett frei von Fenstern. Auf Victorius wirkte er dadurch ziemlich abweisend. Trotzdem fragte er sich, was es damit auf sich hatte. Was verbarg man in einem Gebäude dieser Höhe ohne Fenster? Einen Eingang sah er auch nicht. Stattdessen entdeckte er zwischen den Gebäudeteilen einen Verbindungsgang, ungefähr auf Höhe des zweiten Stocks des Flachbaus.

Von unten war er aus Stein, die obere Hälfte mochte aus einem Kunststoff bestehen, der früher einmal die Funktion von Glas erfüllt hatte, jetzt aber angelaufen und undurchsichtig war. Dafür war er nicht so zerbrechlich, denn er war an keiner Stelle beschädigt.

Victorius' Neugier war geweckt. Er würde in das Innere des würfelartigen Baus vordringen. Nur wie und wo?

Von seinem Standpunkt aus sah er keine Tür. Er glaubte auch nicht, dass er auf der Rückseite eine finden würde. Vermutlich musste er durch den Flachbau. Nun, das dürfte kein Hindernis sein.

Nach einem letzten Blick zur Roziere machte er sich auf den Weg. Weit kam er nicht, denn bereits nach wenigen Metern hörte er ein Geräusch. Es drang aus einem der kleinen Gebäude, die sich auf dem Hof verteilten.

Zuerst war es ein Knarzen, als würde eine klemmende Holztür geöffnet. Dann folgte ein tierisches Quieken und Schreien. Victorius zuckte zusammen. Diese Laute kannte er. Automatisch legte sich seine Hand auf den Griff des Rapiers.

Eine Taratze!

Victorius brauchte nicht lange, um den Ursprung des Geräuschs auszumachen. Die Tür des Schuppens öffnete sich nach außen. Nur einen Augenblick später schob sich ein haariger Arm heraus, der in einer Krallenhand auslief. Wiederum eine Sekunde danach sah er das ganze Tier.

Die Taratze lief auf den Hinterbeinen und war fast so groß wie er selbst. Das sprach dafür, dass er es mit einem noch jungen Exemplar zu tun hatte, denn Taratzen wurden über zwei Meter groß. Auch das struppige Fell wirkte noch nicht so drahtig wie bei den ausgewachsenen Mitgliedern seiner Art.

Die Taratze schnupperte, dann wandte sie den Kopf in seine Richtung. Neben ihrem feinen Geruchssinn verfügten Taratzen auch über ein ausgezeichnetes Gehör. Es würde Victorius also nichts bringen, wenn er die Flucht ergriff. Außerdem traute er es sich durchaus zu, mit dem Vieh fertig zu werden.

Er umfasste den Griff seiner Waffe fester und nahm eine Kampfhaltung ein. Sollte das Vieh doch kommen!

Jetzt hatte es ihn entdeckt. Die schwarzen Augen musterten ihn. Victorius glaubte die Gier darin zu erkennen. Die Taratze stieß ein Fauchen aus. Es war ein langgezogenes Geräusch, sehr aggressiv, und es bescherte Victorius eine Gänsehaut.

Aber da war noch mehr. Es klang fast, als würde das Vieh etwas sagen wollen!

Victorius lauschte, doch wenn es sich wirklich um Worte handelte, waren sie nicht für ihn bestimmt. Das erkannte er daran, dass sich ein weiterer Schuppen öffnete, aus dem zwei Taratzen sprangen.

Gar nicht gut!, dachte Victorius.

Die Taratzen waren zwar gut fünfzehn Meter von ihm entfernt, aber er wusste um ihre Schnelligkeit. Außerdem konnten sie ihm den Weg abschneiden. Das durfte nicht geschehen.

Schnell überlegte Victorius. Mit seiner Waffe war er den drei Raubtieren vielleicht gerade noch ebenbürtig, aber dafür musste er eine von ihnen sofort erwischen, wenn es zum Kampf kam. Ein Fehlschlag, und er steckte tief im Schlamassel. Sollte er es wirklich darauf ankommen lassen?

Er sah zur Roziere. Ein kluger Mann wusste, wann es Zeit für einen Rückzug war.

Wieder stieß die erste Taratze ihr Fauchen aus. Die zwei zuletzt aufgetauchten Biester schlugen mit ihren Schwänzen durch die Luft, kamen aber nicht näher. Victorius versuchte alle drei im Blick zu behalten.

Als er ein Fauchen ganz in seiner Nähe hörte, war es beinahe zu spät. Er sprang zurück und entging gerade noch den Krallen einer weiteren Taratze, die sich lautlos angepirscht hatte.

Victorius riss das Rapier hoch, schlug zu und durchtrennte dem Tier die Halsschlagader. Röchelnd ging es zu Boden. Schnell machte er zwei Schritte zurück. War das die Chance, zur Roziere zu kommen?

Doch als er erneut zu seinem Fluggefährt blickte, erkannte er, dass sein Plan zum Scheitern verurteilt war. Auch aus dieser Richtung näherten sich nun zwei Taratzen. Und wer wusste, wie viele noch auf Beute lauerten?

Merde!

Wahrscheinlich war dieses Rudel auch der Grund, warum der Gebäudekomplex trotz seines guten Erhaltungszustands frei von Menschen war. Victorius hätte vorsichtiger sein sollen. Doch diese Erkenntnis kam zu spät.

Die Taratzen verständigten sich zischend und versuchten ihn in die Zange zu nehmen. Langsam kamen sie näher. Die Taratze, die den ersten Angriff gestartet hatte und ihm am nächsten war, wartete auf ihre Gefährten.

Fieberhaft suchte Victorius nach einem Ausweg. Zur Roziere konnte er nicht. Also über den Hof? Dort konnten sich weitere Taratzen versteckt halten.

Blieb das Gebäude.

Noch war der Weg frei, auch wenn sich der Ring um ihn enger zog.

Jetzt oder nie!

Victorius rannte los. Die Taratzen fauchten. Zwei versuchten ihm den Weg abzuschneiden, und sie waren schneller als er!

Doch Victorius bremste nicht ab. Er wusste, wenn er den Durchbruch nicht schaffte, war dies sein Tod. Und er hatte keine Lust, als Taratzenfutter zu enden. Er hatte gehört, dass diese Bestien ihren Opfern die Knochen brachen, um sie an der Flucht zu hindern und dann nach und nach lebendig zu verspeisen.

Die Vorstellung war scheußlich genug, um ihn mit dem Mut der Verzweiflung zu erfüllen. Er riss schreiend das Rapier hoch und schlug nach einer Taratze, die mit ihren Krallen nach ihm schlug. Die scharfe Schneide traf die Krallenhand und trennte sie vom Arm. Das Vieh brüllte auf, Blut spritzte dem Prinzen entgegen.

Innerlich jubelte er, doch er wusste, dass damit noch nichts gewonnen war. Im Gegenteil hatte er den Hass und die Wut des Jagdrudels noch verstärkt.

Er wich einem Schlag mit dem Schwanz aus und rannte weiter. Doch egal, wie schnell er war, er konnte ihnen nicht entkommen. Schon glaubte er den heißen Atem der Verfolger im Nacken zu spüren.

Ohne sich umzudrehen, stach er mit dem Rapier nach hinten aus. Ein animalisches Brüllen zeigte, dass er getroffen hatte. Zum Glück war der Degen schlank genug, um sich problemlos wieder aus der Wunde zu lösen.

Die Taratze stürzte, behinderte dabei die übrigen Verfolger und verschaffte Victorius einen kleinen Vorsprung. Nur noch ein paar Meter, dann hatte er das Ende des Flachbaus erreicht. Die Treppe hinauf war nur noch wenige Meter entfernt.

Er stürzte darauf zu, übersprang das rostige Geländer, das zum Glück nicht unter seinen Händen zerbröselte, als er sich auf die Stufen katapultierte. Noch im Sprung drehte er sich, um hinaufrennen zu können. Doch als sein Blick auf eine verschlossene Tür am oberen Ende fiel, setzte sein Herz für einen Schlag aus.

Seine nun leicht erhöhte Position gab ihm die Möglichkeit, in den Hof zu blicken. Wo waren die Taratzen? Er hatte sie dicht hinter sich vermutet. Umso überraschter war er, als er sie bei ihrem verletzten Artgenossen ausmachte, der sterbend in seinem Blut am Boden lag. Besaßen die Viecher tatsächlich so etwas wie Mitgefühl?