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Eine Verführung zur Begegnung mit dem Werk der Autorin von „Suite française“
In der kurzen Erzählung „Magie“ zeigt sich Irène Némirovskys ganze Meisterschaft. Gedacht als Kostprobe und Einführung in das Werk der großen französischen Autorin wird dieser 1939 geschriebene Text nur als e-book dem deutschen Publikum vorgestellt. Ergänzt wird er durch einen kurzen Essay über das Leben der Verfasserin von „Suite française“.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 16
Veröffentlichungsjahr: 2014
Irène Némirovsky
Magie
Erzählung
Eine Verführung zur Begegnung
mit dem Werk der Autorin
von »Suite française«
Knaus Verlag
Die Erzählung »Magie« erschien am 4. August 1938
in der französischen Tageszeitung »L’intransigeant«.
Wiederveröffentlichung 2009 in der Erzählsammlung »Les Vierges«
bei Éditions Denoël, Paris.
Copyright © der deutschen Übersetzung und des Nachworts 2014
beim Albrecht Knaus Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN 978-3-641-14731-0
www.knaus–verlag.de
Magie
In Finnland, während der Revolution von 1918, gehörte ich zu einer Gruppe junger Leute, die sich abends mit Tischerücken die Zeit vertrieb. Wir lebten mitten im Wald, und es war Winter: Dort oben dauert der Sommer nur drei Monate. Jetzt aber waren die Waldwege gefährlich, sobald die Sonne untergegangen war. Flüchtige Aufständische versteckten sich hinter den Bäumen, in den mit Schnee gefüllten Schluchten, und die Soldaten der gegnerischen Armee verfolgten sie, trieben sie von einem Dickicht zum nächsten. Schüsse wurden gewechselt, und wenn eine verirrte Kugel einen russischen Reisenden traf, der sich in dieses Land geflüchtet hatte, weit weg von der Revolution bei sich zu Hause … nun, wir hatten keinen Konsul, der uns hätte verteidigen oder unsere Familie von unserem vorzeitigen Ableben in Kenntnis setzen können.
In diesem Dorf gehörten wir zu einer kleinen russischen Kolonie, die mehr recht als schlecht in einem alten Holzhaus lebte, einer heruntergekommenen Familienpension, die aus großen, dunklen Zimmern und großen, leeren Salons bestand. Einer dieser Salons war für die Jugend reserviert; in den angrenzenden Zimmern spielten unsere Eltern Bridge oder Whist.