Mein Boss, der Bastard - Nancy Salchow - E-Book

Mein Boss, der Bastard E-Book

Nancy Salchow

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Beschreibung

Neal: Ich bin dein Boss. Und wenn ich merke, dass du nicht mit offenen Karten spielst, ist es meine Aufgabe, dich an deine Pflichten zu erinnern. Will ich deine Karriere zerstören? Eigentlich nicht. Aber es liegt an dir, wie es weitergeht. Rhea: Du denkst, du hast mein Geheimnis gelüftet? Wir wissen doch beide, dass ich nicht die Einzige bin, die hier etwas zu verbergen hat. Und ich habe das Gefühl, dass dein Geheimnis sehr viel schwerer wiegt als meines. Rhea hat sich ihre Karriere hart erarbeitet, doch ihr schwer erkämpfter Erfolg scheint in Gefahr, als ausgerechnet ihr Boss Neal hinter ihr Geheimnis kommt. Ein Geheimnis, das ihre berufliche Laufbahn komplett ruinieren könnte. Schon immer fand sie Neals Selbstbewusstsein und seine lässige Ausstrahlung wahnsinnig sexy, umso beängstigender ist es, dass ausgerechnet er zur Gefahr für ihren Erfolg werden könnte. Und plötzlich muss sich Rhea zwei großen Problemen stellen: Neal irgendwie davor zu bewahren, ihre Karriere zu zerstören und sich gleichzeitig vor der unerklärlichen Anziehungskraft schützen, die dieser Mann auf sie ausübt. Denn auch Neal verheimlicht etwas ... Dieser Roman ist in sich abgeschlossen, enthält heiße Szenen und lässt dich hoffentlich mit einem Lächeln zurück.

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Inhaltsverzeichnis

Über das Buch

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Epilog

Worte an meine Leser

Danksagung

Impressum

Nancy Salchow

Mein Boss, der Bastard

________________

Roman

Über das Buch

Neal

Ich bin dein Boss. Und wenn ich merke, dass du nicht mit offenen Karten spielst, ist es meine Aufgabe, dich an deine Pflichten zu erinnern.

Will ich deine Karriere zerstören? Eigentlich nicht.

Aber es liegt an dir, wie es weitergeht.

Rhea

Du denkst, du hast mein Geheimnis gelüftet? Wir wissen doch beide, dass ich nicht die Einzige bin, die hier etwas zu verbergen hat. Und ich habe das Gefühl, dass dein Geheimnis sehr viel schwerer wiegt als meines.

Rhea hat sich ihre Karriere hart erarbeitet, doch ihr schwer erkämpfter Erfolg scheint in Gefahr, als ausgerechnet ihr Boss Neal hinter ihr Geheimnis kommt. Ein Geheimnis, das ihre berufliche Laufbahn komplett ruinieren könnte.

Schon immer fand sie Neals Selbstbewusstsein und seine lässige Ausstrahlung wahnsinnig sexy, umso beängstigender ist es, dass ausgerechnet er zur Gefahr für ihren Erfolg werden könnte. Und plötzlich muss sich Rhea zwei großen Problemen stellen: Neal irgendwie davor zu bewahren, ihre Karriere zu zerstören und sich gleichzeitig vor der unerklärlichen Anziehungskraft schützen, die dieser Mann auf sie ausübt. Denn auch Neal verheimlicht etwas ...

Dieser Roman ist in sich abgeschlossen, enthält heiße Szenen und lässt dich hoffentlich mit einem Lächeln zurück.

Anmerkung: Fleesenow ist eine von der Autorin erfundene Kleinstadt an der Ostsee, die immer mal wieder in ihren Büchern vorkommt. Angesiedelt wäre Fleesenow, gäbe es den Ort wirklich, vermutlich irgendwo in der Nähe der Insel Poel oder Wismar, der Heimat der Autorin.

Prolog

Die Tür steht noch halb offen, so dass ein milder Abendwind hineinweht, der das Salz des Meeres in sich trägt. Eine Brise, die irgendwie belebend ist.

Ich spüre seine kräftigen Hände an meiner Taille und fühle mich bei ihm so sicher wie nie zuvor. Gleichzeitig weiß ich, dass das Eis, auf dem wir stehen, nicht dünner sein könnte.

Und doch will ich ihn.

So sehr, wie man jemanden nur wollen kann.

Sein Atem ist laut, ebenso wie meiner. Fast könnte man meinen, dass wir uns bereits jetzt in einer Art Stöhnen verlieren. Ein Stöhnen der Aufregung und Ungeduld.

Von einer inneren Unruhe getrieben reiße ich plötzlich die Augen auf – und realisiere, dass ich mir das alles nur eingebildet habe.

Er ist nicht hier. Ich bin allein.

Nur mein eigener Atem und das Rauschen der Wellen, das durch das angewinkelte Schlafzimmerfenster dringt.

Oder ist es vielmehr eine Erinnerung? Eine Erinnerung, so verschwommen wie ein Traum?

Noch immer spüre ich seine Hand auf meiner Haut.

Nein, das kann kein Traum sein.

Kapitel 1

Rhea

Es ist ein Sommermorgen, wie er im Buche steht. Der schneeweiße Schaum der Wellen scheint den feuchten Sand zu küssen, während Kyra und ich am Strand entlangspazieren. Ein regelmäßiger Spaziergang, der ursprünglich mal eine morgendliche Jogging-Verabredung war, bis wir beide irgendwann feststellten, dass wir nur in unserer Fantasie sportlich sind – und Spazierengehen zumindest besser als gar keine Bewegung ist.

Und so genießen wir fast jeden Morgen aufs Neue die Aussicht aufs Meer und die Tatsache, dass wir nirgends besser miteinander quatschen können als hier.

»Deine Kolumne war wieder mal der Hammer«, sagt Kyra, als sie sich herunterbeugt, um einen Schnürsenkel, der sich gelöst hat, wieder zuzubinden.

»Findest du?« Ich bleibe neben ihr stehen und muss unweigerlich grinsen.

»Nun tu doch nicht so überrascht.« Sie beugt sich wieder hoch. »Du weißt ganz genau, wie gut du in dem bist, was du tust.«

»Und du tu nicht so, als würde ich es selbstverständlich finden, Lob für meine Arbeit zu bekommen.« Ich puffe ihr mit dem Ellenbogen in die Hüfte. »Vor allem, wenn das Lob von meiner besten Freundin kommt.«

»Nein ehrlich, Rhea«, sie geht weiter, »du hast dich in den letzten vier Jahren zu Recht zu einer der erfolgreichsten Kolumnistinnen des Landes entwickelt. Und das sage ich nicht nur, weil mir das Thema deiner Kolumne so am Herzen liegt.«

»Ui, so viele Komplimente am frühen Morgen. Womit habe ich denn das verdient?«

Sie lächelt vielsagend, geht aber nicht näher darauf ein. Und für einen Moment schaue ich sie dankbar von der Seite an.

Sie hat sich an diesem Morgen ihr schulterlanges bernsteinfarbenes Haar zu einem kurzen Zopf zusammengebunden, der ihr schmales Gesicht noch mehr betont. Überhaupt ist sie ziemlich schlank. Kein Gramm Fett verirrt sich jemals auf ihren zierlichen Körper.

Ich versuche, mich zu erinnern, seit wann wir beste Freundinnen sind. Seit der zweiten Klasse? Oder der dritten? Auf jeden Fall schon lange bevor ich überhaupt den Berufswunsch entwickeln konnte, irgendwann schreiben zu wollen. Und auch lange bevor Kyra merkte, dass sie mit Mädchen mehr anfangen kann als mit Jungs – und das nicht nur, wenn es um platonische Freundschaften geht.

»Außerdem«, sage ich nach einer Weile, »habe ich es ohnehin nur dir zu verdanken, dass man mir damals die Kolumne gegeben hat.«

»Mir?« Kyra lacht ungläubig.

»Na, komm schon«, antworte ich. »Du weißt ganz genau, was ich meine. Immerhin hast du mich damals dazu überredet, mich bei dem Magazin zu bewerben. Von allein hätte ich mich nie getraut, als heterosexuelle Frau bei einer Zeitschrift für lesbische Frauen anzuheuern.«

»Ich wusste eben schon damals, dass du dich gut in uns hineinversetzen kannst. Du bist einfach sehr empathisch.«

»Kann sein. Ich versuche es zumindest.« Ich zucke mit den Schultern. »Dass daraus allerdings eine Kolumne werden würde, in der ich so tue, als sei ich selbst eine Lesbe, war eigentlich nicht geplant.« Ich runzele die Stirn, kann mir jedoch ein Grinsen dabei nicht verkneifen. »Und auch das war nicht meine eigene Idee, wenn du dich recht erinnerst.«

»Und wenn schon.« Kyra zuckt mit den Schultern. »Ich wusste eben schon damals, dass du das überzeugend rüberbringen könntest. Und welche Rolle spielt es, ob du nun auf Männer oder Frauen stehst? Wichtig ist nur, was die Leserinnen glauben und dass sie sich von dir verstanden fühlen. Und das ist eben leichter, wenn sie glauben, dass du Eine von ihnen bist. Sie kennen dich eben nicht so gut wie ich. Dann wüssten sie nämlich, dass du diese Notlüge gar nicht bräuchtest, um dich in sie hineinzuversetzen.« Sie sieht mich aufmerksam an. »Weil du dich einfach in absolut jeden hineinversetzen kannst.«

»Wirklich lieb von dir.« Ich schiebe die Hände in die Taschen meiner Windjacke. »Aber manchmal komme ich mir doch wie eine Verräterin vor. Als würde ich mich über Lesben lustig machen.«

»Lustig machen?« Kyra hebt die Augenbrauen. »Blödsinn. Dafür ist deine Kolumne viel zu einfühlsam und detailliert. Niemand würde jemals denken, dass du dich über irgendwen lustig machst. Du bist unser Sprachrohr und so etwas wie die beste Freundin vieler Frauen, die so wie ich empfinden.«

»Ja, aber auch nur deshalb, weil niemand von ihnen die Wahrheit über mich kennt.« Ich seufze.

Kyra bleibt stehen und legt die Hände auf meine Schultern.

»Nun mach dir mal nicht so viele Gedanken«, sagt sie. »Du machst einen prima Job und sprichst vielen von uns aus der Seele. Nur darauf kommt es an. Und dass du in Wahrheit gar nicht lesbisch bist, wissen nur wir beide. Also, worüber machst du dir Sorgen?«

Ich nicke schweigend, auch wenn ich mich in Gesprächen wie diesen immer wie eine Verbrecherin fühle. Aber selbst wenn, spätestens nach ein paar Minuten gelingt es Kyra meistens, mich davon zu überzeugen, dass das, was ich tue, wichtig ist. Und dass es keine Rolle dabei spielt, dass ich dafür eine Lüge lebe. Eine Lüge, die sogar meine Eltern für die Wahrheit halten, weil meine Mutter viel zu redselig ist und es nie schaffen würde, die Tatsache, dass ich eigentlich Männer mag, dauerhaft für sich zu behalten. Also denken auch sie, dass ich auf Frauen stehe – und halten Kyra für meine Lebensgefährtin, auch wenn ich ihnen schon tausendmal gesagt habe, dass wir nur gute Freundinnen sind und ich zur Zeit Single bin.

»Moment mal.« Kyra schaut mich mit offenem Mund an. »Du hast doch nicht etwa einen Kerl kennengelernt und dabei eine der Regeln gebrochen?«

Ich schrecke auf. »Natürlich nicht.«

»Bezieht sich die Antwort auf den Kerl oder auf die Regeln?«, fragt Kyra.

»Auf beides. Die letzte Beziehung war mit Till, und das ist mindestens neun Monate her. Das weißt du doch.« Ich gehe weiter am Strand entlang, während ich die Regeln wie automatisch aufsage. »Und wenn ich jemanden kennenlerne, gilt nach wie vor, dass er nicht erfahren darf, dass ich eine Lesben-Kolumne schreibe, die er aufgrund der Tatsache, dass ich in der Zeitschrift nur mit meinem Vornamen veröffentliche, sowieso nicht ohne weiteres finden kann. Und dass ich mich nur dort mit ihm treffe, wo niemand von meinem Kolumnen-Job weiß. Vor allem dort, wo wir auf keinen Fall meinen Eltern begegnen.«

Kyra wirft mir einen skeptischen Seitenblick zu. »Was natürlich nur so lange hinhaut, bis du irgendwann wirklich den Mann deines Lebens kennenlernst und ihn deinen Eltern vorstellen möchtest.«

Ich grinse. »Ach, Kyra. Süß von dir, das überhaupt zu erwähnen. Aber bis ich einen Typen meinen Eltern vorstellen möchte, muss echt ein Wunder geschehen. Bisher war das alles nie ernst genug, das weißt du selbst.«

»Du bist 26, Rhea.«

Ich schaue sie an. »Und? Du auch. Worauf willst du hinaus?«

»Na ja, irgendwann wirst auch du über solche Dinge wie Familiengründung oder Hochzeit nachdenken.«

»Darüber mache ich mir Gedanken, wenn es so weit ist.« Ich bücke mich nach einer weißen Herzmuschel. »Jetzt will ich mich erst mal voll und ganz auf meine Karriere konzentrieren.« Ich hebe selbstsicher das Kinn. »Und auf meine Mission.«

»Das klingt nach der Rhea, die ich kenne.« Kyra lacht. »Dann hast du also dein alltägliches schlechtes Gewissen gegenüber den Lesben dieser Welt wieder abgelegt?«

»Ich denke schon.« Ich lass die Muschel wieder fallen. »Aber genug über mich geredet. Sag mir lieber, wie es mit der Kleinen aussieht, die du neulich über Tinder kennengelernt hast.«

»Das Übliche.« Kyra schaut betrübt aufs Meer hinaus. »Die war nur auf Sex aus. Wollte noch nicht mal meinen Namen wissen, als wir uns getroffen haben. Sie sagte, das Anonyme mache sie an.«

»Oh, das tut mir leid. Aber sie klang doch so normal?«

»Ja, eigentlich schon. Aber das war wahrscheinlich nur eine Masche, weil sie gemerkt hat, dass ich mehr so auf das bessere Kennenlernen aus bin. Aber am Ende ging es ihr dann doch nur darum, mich ins Bett zu kriegen.« Sie seufzt. »Sie dachte wohl, mit ihrem enganliegenden Rock, der eigentlich eher ein Gürtel war, würde ich weich werden.« Sie lächelt wehmütig. »Unter anderen Umständen wäre ich das vielleicht auch. Aber irgendwann hat man dann auch mal genug von all den oberflächlichen Affären.«

»Ich kann dich gut verstehen«, antworte ich mitfühlend.

Wie gut ich sie wirklich verstehen kann, ahnt Kyra vermutlich gar nicht. Das Gefühl echten Verliebtseins ist bei mir nämlich so lange her, dass ich fast vergessen habe, wie sich das anfühlt.

»Und?«, hakt Kyra wie aufs Stichwort nach. »Wie läuft es in der Redaktion?«

Augenblicklich wandern meine Gedanken zu Neal, meinem Boss, der erst gestern ein großes Meeting angesetzt hat und dabei in seinem schneeweißen Hemd mit den hochgekrempelten Ärmeln so verteufelt gut aussah, dass ich selbst jetzt noch an seine gebräunten Unterarme denken muss, die er immer wieder anhob, um uns etwas auf dem Whiteboard zu erklären.

Seit Kurzem trägt er Zehn-Tage-Bart, was zu seinem nussbraunen Kurzhaarschnitt und dem durchtrainierten Oberkörper einfach nur verboten gut aussieht.

»Hallo?«, ruft sich Kyra in Erinnerung. »Bist du im Gehen eingeschlafen?«

»Tut mir leid.« Ich räuspere mich, wie um mich selbst auf anderen Gedanken zu bringen. »Alles läuft wie immer. Ich bin froh, meistens von zu Hause aus zu arbeiten. Aber wenn ich in der Redaktion bin, fühlt es sich eigentlich nie wie Arbeit an. Seit letzter Woche haben wir eine neue Kollegin in der Grafikabteilung, die ständig selbstgebackene Muffins und so Zeug mitbringt. Ich schwöre dir, wenn die die Probezeit übersteht, wiege ich spätestens nächsten Sommer zwanzig Kilo mehr.«

»Und wenn schon.« Kyra bückt sich nach einem Stein und wirft ihn ins Wasser. »Bist eh viel zu dünn.«

»Na, das sagt ja die Richtige.« Ich lache.

»Ich bin nicht dünn, sondern sportlich.« Sie klopft sich auf den flachen Unterleib. »Eine wahre Sportskanone sozusagen.«

»Ja genau.« Ich pruste los. »Genau deshalb joggen wir auch nie, sondern gehen immer nur spazieren.«

»Das mache ich nur, weil ich weiß, dass du Joggen hasst«, antwortet sie mit einem Augenzwinkern.

»Oh, wie überaus rücksichtsvoll von dir.« Ich mache eine theatralische Handbewegung. »Wie soll ich dir nur jemals danken?«

»Schon okay. Ich tue das gern.«

»Na, da habe ich ja Glück gehabt.«

Und so gehen wir lachend weiter. So, wie wir es immer tun.

Zwei alte Freundinnen, die sich blind verstehen und alles füreinander tun würden.

Kapitel 2

Neal

Es ist zur alljährlichen Tradition geworden, dass mein Bruder Elias und seine Frau Melissa den Sommer über in ihrem Bootshaus am Fleesenower See wohnen, während ihr gemütliches Bauernhaus im Kern unserer Kleinstadt in den restlichen Monaten des Jahres ihr Heim ist.

Hier am See haben sie mit zweieinhalb Zimmern auf 69 Quadratmetern zwar wesentlich weniger Wohnraum als im Bauernhaus, aber da zu ihrem Bootshaus auch eine große Dachterrasse und ein angrenzendes Gartengrundstück gehört, das im Schatten der alten Trauerweide am Rande des Seeufers geradezu märchenhaft wirkt, nehmen sie die geringere Wohnfläche nur allzu gern in Kauf.

Es kommt nicht selten vor, dass ich nach einem langen Tag in der Redaktion direkt aus der Stadt zu Elias und Melissa an den See fahre, um ein wenig zu entspannen. So schön meine eigene Villa am Rande von Fleesenow auch ist, hier direkt an dem himmelblauen Bootshaus mit den weißen Fenstern und dem Wetterhahn auf dem Dach fühle ich mich ohnehin heimischer als überall sonst auf der Welt. Vielleicht liegt es daran, dass mir in meiner etwas großen Villa so ganz allein oft die Decke auf den Kopf fällt. Aber diese Tatsache würde ich vor Elias, der mich ohnehin allzu gern damit aufzieht, dass ich für immer Junggeselle bleiben werde, niemals zugeben. Nebenbei bemerkt ist diese Äußerung sowieso absolut lächerlich, immerhin habe ich mit 29 Jahren noch mehr als genügend Zeit, um sesshaft zu werden.

Mit einem kühlen Alster in der Hand sitze ich auf dem in die Jahre gekommenen Liegestuhl, dessen Regenbogenfarben-Bezug in unzähligen Sonnenstunden nach und nach verblasst ist – aber trotzdem vermutlich der gemütlichste Platz auf Erden ist.

Elias sitzt im Stuhl neben mir, direkt vor der hölzernen Brüstung der Terrasse, und schaut mit mir hinaus auf den See, der in der Sonne glitzert.

»Und?« Elias stellt seine halbleere Bierflasche neben sich auf den Boden. »Wie läuft’s in der Redaktion?«

»Alles wie immer«, murmele ich gedankenverloren. »Es kostet mich einiges an Energie, mir den nötigen Respekt zu verschaffen, wenn mal etwas nicht so läuft, wie ich es mir vorstelle. Aber im Großen und Ganzen ist es echt ein super Team.«

»Respekt verschaffen?« Er sieht mich von der Seite an. »Das hast du doch gar nicht nötig. Du hast dir deine Karriere immerhin hart erarbeitet.«

»Kann schon sein, aber ...« Ich nehme einen Schluck aus meiner Flasche. »Ach vergiss es.«

Doch an der Art, wie er mich ansieht, weiß ich, dass er mich viel zu gut kennt.

»Du musst damit aufhören, Neal«, sagt er nach einer Weile schließlich.

»Womit aufhören?«, frage ich.

»Komm schon, Bruderherz.« Elias beugt sich vor und sieht mich aufmerksam an. »Niemand kennt dein Geheimnis. Und es wird auch niemand erfahren. Wie denn auch? Du solltest das während der Arbeit wirklich außen vor lassen und dich voll und ganz auf den Job konzentrieren, dann wirst du dich auch viel mehr entspannen können. Hör auf, dir einzureden, dass das wie ein Schatten über dir hängt.«

»Aber das tue ich doch gar nicht.«

»Natürlich tust du das«, antwortet Elias. »Ständig hast du das Gefühl, dir mehr Mühe geben zu müssen, um ernstgenommen zu werden. Und immer wieder lässt du das Arschloch im Büro raushängen, als könntest du dadurch dein Geheimnis irgendwie besser verbergen.«

Ich hasse es, wenn er davon anfängt, selbst wenn er es nicht direkt ausspricht.

»Ich lasse weder das Arschloch raushängen«, antworte ich genervt, »noch habe ich vor irgendetwas oder irgendwem Angst, klar?« Ich stehe auf und beuge mich über die Brüstung.

»Schon klar«, antwortet Elias, doch hinter mir höre ich ihn leise seufzen. So, wie er es immer tut, wenn er der Meinung ist, dass ich mir etwas vormache.

Ich muss mich nicht zu ihm umdrehen, um zu wissen, wie er gerade da sitzt. Das dunkle, nur wenige Millimeter kurze Haar ist noch nass von der Feierabend-Dusche, die er sich wie jeden Abend nach seiner Schicht im Holzwerk gegönnt hat. Das alte Aerosmith-T-Shirt, das er über seinen Sommershorts trägt und das weit genug ist, um die Tatsache zu verbergen, dass seine Frau Melissa viel zu gut kocht, und zwar nicht nur beruflich bei Siggis, dem Fisch-Restaurant unten am Hafen.

Aber trotz seines Bauchansatzes ist er noch immer sportlich und eigentlich ein echter Frauenmagnet – wenn er nicht so bedingungslos treu und blind für alle anderen Frauen wäre. Ein Umstand, den ich absolut nachvollziehen kann, denn mit Melissa hat er echt das große Los gezogen. Nicht nur persönlich, sondern auch optisch ist sie mit ihrem langen, fast schwarzem Haar und der kurvigen Figur ein absoluter Hingucker.

»Wie sieht’s aus, Neal? Isst du mit?«

Wie aufs Stichwort lässt mich Melissas Stimme augenblicklich aufhorchen. Als ich mich umdrehe, steht sie mit einer großen Schüssel Kartoffelsalat vor dem Bauch in der Terrassentür.

»Wirklich lieb von dir.« Ich nehme einen letzten Schluck von meinem Alster und stelle es zurück in die Kiste neben der Brüstung. »Aber ich muss noch mal los.«

»Jetzt noch?« Sie ist sichtlich überrascht. »Aber du bist doch vorhin erst gekommen.«

»Hab noch was vor«, murmele ich vor mich hin, doch die Wahrheit ist, dass das Gespräch mit Elias wieder dieses unliebsame Gefühl in mir ausgelöst hat. Das Gefühl, vor mir selbst fliehen zu müssen – auch wenn das eigentlich unmöglich ist.

»Lass ihn, Melissa«, brummt Elias vor sich hin. »Wenn er los muss, dann muss er los.«

An der Art, wie er das sagt, weiß ich, dass er meinen spontanen Fluchtinstinkt längst durchschaut hat.

»Danke für das Alster.« Ich klopfe Elias im Vorbeigehen auf die Schulter. »Das nächste Mal kommt ihr aber mal wieder zu mir, ja? Ich mache den besten Gemüseauflauf.«

»Gerne doch.« Melissa strahlt mich an, Elias hingegen prostet mir nur schweigend zu.

Vermutlich kann er meine wahren Gedanken förmlich von meiner Stirn ablesen, so wie immer. Aber das ist mir egal. Ich habe nun mal keine andere Wahl, als diesem Fluchtinstinkt nachzugeben. Alles andere fühlt sich einfach nur falsch an.

Was ich jetzt brauche, ist Ablenkung, und zwar ganz dringend. Und ich hoffe, ich werde sie so schnell wie möglich finden, bevor ich mich wieder mal zu tief im Gedankenchaos verliere.

»Fahr vorsichtig«, ruft mir Melissa nach, als ich bereits in der Terrassentür stehe.

»Aber immer doch«, antworte ich mit einem Lächeln.

Kapitel 3

Neal

Nachdem ich bei meinem letzten Barbesuch auf zwei nervige alte Bekannte gestoßen bin, habe ich mich dieses Mal bewusst für eine Bar außerhalb der Stadt entschieden.

---ENDE DER LESEPROBE---