Mein Bruder schiebt sein Ende auf - Joseph Zoderer - E-Book

Mein Bruder schiebt sein Ende auf E-Book

Joseph Zoderer

4,8

Beschreibung

Ein Leben lang waren sie beste Freunde, haben nächtelang diskutiert und gelacht, gegessen und getrunken. Doch als Konrad stirbt und sein Freund dessen leere Wohnung in Rom betritt, wird ihm nach und nach bewusst, wie fremd und undurchdringlich ihm Konrad über all die Jahre hinweg geblieben ist, wie streng er die Geheimnisse seines Lebens gehütet hat. In der zweiten Erzählung dieses Bandes schildert Joseph Zoderer die Beziehung zweier Brüder: Nach einem Leben auf Distanz kommen sie sich im Alter wieder näher, suchen die Vergangenheit nach geteilten Erinnerungen ab und spüren dem nach, was sie voneinander trennt. In beiden Geschichten erweist sich Zoderer als ein begnadeter Erzähler, der wie kaum ein anderer den Zauber des Unscheinbaren erwecken kann. Sensibel und mit feinem Strich zeichnet er in diesem Buch die Porträts von vier Männern und erzählt vom reifen Blick des Alters, von Vertrautheit und Distanz, und von der Kraft der Freundschaft.

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Titel

Joseph Zoderer

Mein Bruder

schiebt

sein Ende auf

Zwei Erzählungen

Konrad

Manchmal grolle ich meinem toten Freund, und doch möchte ich ihm nur gut sein, denn wir haben den Blick auf diese Welt brüderlich geteilt. Überall in meinen Zimmern stoße ich auf Merkzettel mit Gedanken und Fragen, die ich an ihn, Konrad, richten wollte. Ich habe seine Telefonnummer noch immer auf dem Festtelefon kleben, obwohl ich diese Nummer seit Jahrzehnten im Kopf trage. Ein Jahr nach seinem Tod habe ich auch seine Nummer auf meinem Handy nicht gelöscht. Ich kann das nicht, ich werde das nie tun, ich werde ihn nicht auslöschen.

Er war mein Freund, mein bester Freund, aber vielleicht habe ich ihn nicht wirklich gekannt. Eigentlich war unsere Freundschaft das wird mir mehr und mehr bewußt eine von mir hingenommene Beleidigung. Daher mein Groll, der in kurzen Momenten in Zorn umschlagen kann.

Mein Freund hatte in seinem Leben eine verschlossene Zimmertür. Solange er lebte, hat mich diese verbissen gehütete Tür seiner Lebensweise nicht gestört, und schon gar nicht wäre ich gegen sie angerannt.

Wir haben immer wieder über die Liebe geredet. Und ich weiß, daß er geliebt hat, denn ich habe ihn einmal, ein einziges Mal, auch deswegen weinen gesehen. Aber ich habe nie einen Menschen gesehen oder gar kennengelernt, den er geliebt hat. Ich habe nie eine Person mit ihm gesehen, die er liebte, weder Frau noch Mann. Er kam immer alleine, wenn wir uns trafen, ins Kino, ins Theater, ins Restaurant, zum Ausflug in die Berge oder ans Meer. Er kam stets auf seine Art exzellent vorbereitet auf diese vereinbarte Stunde oder den ganzen Tag. Sein Gesicht leuchtete in den Augenblicken der Begrüßung. Wir feierten jedesmal das Leben, lauthals, gestikulierend, Wein trinkend. Alles Schöpferische priesen wir, zelebrierten wir, vernichteten wir manchmal auch mit ätzender Kritik, mit Empörung oder schallendem Lachen. Ich sehe sein Gesicht vor mir, faltenlos und sonnengewärmt, manchmal leicht gebräunt, zumeist aber bleich, immer belebt von Neugier oder Neugierbereitschaft, zuletzt mit eingesunkenen Wangen, dennoch ein Gesicht, das sich um kein Altern zu kümmern schien. Ich dachte, daß er sich bis zuletzt jung fühlte oder fühlen wollte. Fünf Monate vor seinem Sterben umarmten wir uns zum letzten Mal.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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