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Der Autor, seit fast 30 Jahren Amateurastronom mit kleinem, eigenen Teleskop, wollte auf der Suche nach den Wundern des Universums mehr als nur milchige Flecken sehen. Dazu war ein größeres Teleskop notwendig - kaufen war zu langweilige, also wurde der Selbstbau beschlossen. Ziel war es mit "Hausmitteln" ein funktionierendes Teleskop zu bauen - dieses Ziel wurde nach einigen Höhen und Tiefen erreicht. Der Autor beschreibt seinen ganz persönlichen Weg zum etws größeren Teleskop.
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Seitenzahl: 91
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Impressum
Texte: © 2021 Copyright by Martin Weber
Umschlag:© 2021 Copyright by Martin Weber
Verantwortlich
für den Inhalt:Martin Weber
Meisenweg 4
74532 Ilshofen
Stephen James O’Meara aus “Fasziniert von den Sternen“
Wozu dieses Buch? Wozu selber einen Spiegel schleifen und ein Teleskop bauen? Ist das aktuell sinnvoll?
Die Frage nach „wieso überhaupt ein Teleskop“ lasse ich mal ganz außen vor.
Selber erinnere ich mich an meinen Einstieg in die Hobbyastronomie, damals vor ca. 30 Jahren war das vielleicht noch aktuell: Hobbyteleskope waren teuer, richtig teuer, nicht ein paar Euro beim Onlineshop im www – nein, damals gab es noch die gute alte D-Mark – Bezugsmöglichkeiten für Teleskope rar, das Geld knapp. Damals machte das vielleicht noch Sinn, zumindest wirtschaftlich.
Als Laie war mir damals das Thema noch etwas zu groß, fast keine Infos zu bekommen, die gute alte vor www-Zeit. Da kamen dann zum Glück die „Gut-und-günstig-Teleskope“ aus Russland auf: TAL, Siberia, es gab sie mit verschiedene Handelsnamen. Ich habe dann auf den Rat vonHerrn Baader gehört und die Selbstbau-Idee durch ein 6“ Newton verdrängt. Das Siberia 1200 war ein super Einsteigerteleskop, es war bis letztes Jahr „mein“ Teleskop – inzwischen auch noch meines (so ein Klassiker darf man ja nicht weggeben) aber nur eines von mehreren, aber dazu später mehr.
Das war die Situation damals: wenig Teleskopauswahl, aber doch auch erschwingliche für Einsteiger.
Und heute? Inzwischen gab es schon Teleskope bei Aldi und Lidl und in allen größeren Kaufhäusern, die „Russen-Optik“ wurde durch „China-Optik“ abgelöste, inzwischen kommen wohl (fast) alle Teleskope von dort; das einstige Luxusgut ist zur Massenware geworden. Zumindest im Internet gibt es genügend Auswahl (für den Laie wohl eher zu viel) – in der Regel wird die Qualität auch mindestens brauchbar sein. Wozu also Selberbauen?
Gute Frage – kann ich nicht so einfach beantworten, liegt vielleicht an meinem Wesen: bin Vollbluttechniker, ich wollte schon als Kind wissen wie was funktioniert und immer alles zerlegen und herausfinden was drinnen steckt – oft zum Leidwesen von meiner Oma. Kaum hatte ich was Neues bekommen war es schon in alle Einzelteile zerlegt. Ich war immer am Basteln, immer bestrebt auch mal was selber „hin zu bekommen“, mit einfachen Mitteln was schaffen. Auf dem elterlichen Hof durfte ich mich da austoben, es gab immer was zu basteln und zu reparieren.
Auf vielen Umwegen bin ich dann im Corona-Sommer 2020 wieder auf das Teleskopbauen gekommen – es fühlt sich einfach total anders an, mit was selber geschaffenem die Wunder des Weltalls zu erforschen, als mit einem 0815-Teil aus China – das soll nicht abwertend sein, denke die 0815-Teile sind durchaus gute Teleskope, nur das Gefühl zum ersten Mal durch ein selbst gebautes Teleskop zu blicken, können sie nicht vermitteln.
Und das scheint nicht nur mir so zu gehen, im Internet gibt es Foren, die voll sind von Spiegelschleifern, keine Ahnung was die alle antreibt, aber Spiegelschleifen könnte fast zum Volkssport werden…
Und ja, gleich ein Warnhinweis vorweg: auch Spiegelschleifen kann süchtig machen.
Ja gut, Gründe zum Spiegel schleifen und Teleskop bauen gibt es genug, aber wozu noch ein Buch schreiben, ist ja nix neues, alles im Netz oder in dem schönen Klassiker von Martin Trittelvitz „Spiegelfernrohre – selbst gebaut“ bis in das Detail genau beschrieben. Na ja, zum einen ist das Trittelvitz-Buch vergriffen, nur noch selten zu finden, zum anderen habe ich viele Quellen gesucht, gefunden und ausprobiert. War immer schwierig zu entscheiden, welche Lösung zu welchem Problem am besten passt. Daher hier mein ganz persönlicher Weg zum ersten selbstgebauten Teleskop, ein langer kurviger Weg mit vielen Höhen und Tiefen, das Buch, das mir gefehlt hat.
Ich versuche meine Projekte immer etwas „Hemdsärmelig“ anzugehen: immer etwas planlos, nicht auf Perfektion getrimmt, immer der Versuch, mit vertretbarem Aufwand (Zeit + Geld) zu brauchbaren Ergebnissen zu kommen. Ich schreibe diese, nicht perfekt Anleitung zum nicht perfekten Teleskop, nicht immer ganz ernst gemeint, aber immer in der Hoffnung anderen dieses tolle Hobby näher zu bringen.
Und ja, irgendwann muss dann auch der perfekte Spiegel geschliffen werden, die Sucht ist ja geweckt...
Wer bin ich? Ja, zugegeben, doofe Frage – ich bin der Martin, als die Entscheidung zum Spiegelschleifen reifte, 52 Jahre alt – aber wie bin ich dahin gekommen?
Aufgewachsen auf einem Bauernhof in der nordöstlichen Ecke von Baden-Württemberg, nicht mehr Schwaben, noch nicht Franken: im schönen Hohenlohe; ein kleiner Ort mit damals 23 Einwohnern. Viel Platz, viel Ruhe, wahnsinnig viele Freiheiten als Kind. Die gute alte Zeit, Haustüren waren nicht abgeschlossen, kein Gedanke, dass Kinder nicht alleine durch die Umgebung streifen dürfen.
Als Kind hatte ich oft Hustenanfälle, Bronchitis, keine Ahnung ob das dem ähnelten, was dann bei der folgenden Kindergeneration als Krupphusten bekannt geworden ist, auch egal. Meine Kinderärztin wollte mich zur Kur an die Ostsee schicken (oder war es die Nordsee? Schon sooo lange her, da verwischt manches) – ich habe mich damals nicht getraut, so weit alleine weg zu gehen, bin lieber bei Mama geblieben. Und was blieb meiner Mutter, wenn die nächtlichen Hustenanfälle zu schlimm wurden? Sie hat mich in den Anorak gepackt und auf den Hof „gestellt“ - dort konnte sich die Lunge beruhigen und mir blieb der Blick nach „oben“. Dunkle Nächte, keine Straßenbeleuchtung, wahnsinnig viele Sterne – das war mein erster Kontakt zur Astronomie – zumindest bilde ich mir das im Nachhinein ein. Es gab Tage (besser Nächte) an denen konnte man Polarlichter sehen, Polarlichter in unseren Breiten, heute ein Ding der Unmöglichkeit, viel zu viel Schmutz in der Atmosphäre.
Viele Sternbilder kannte ich als Kind nicht, grade Mal den großen und den kleinen Wagen. Das war mir aber egal, in der Schulbibliothek habe ich irgendwann mal ein Sternebuch gefunden – aber Orientierung am Himmel? Fällt mir auch heute noch schwer. Zum Beobachten blieben damals „nur“ die Augen, diese waren noch deutlich besser als heute, ich habe von den Plejaden noch alle sieben großen Sterne gezählt, heute schaffe ich das nicht mehr – und Papas Feldstecher, kleines „Wanderteil“ 8x30 hatte er vom „Müllers Otto“ bekommen. Ein befreundeter Optiker aus Schwäbisch Gmünd. Dieser war leidenschaftlicher Segelflieger und hatte mal eine Außenlandung auf einer unserer Wiesen. Mein Vater hat ihn dann mit seinem VW-Käfer aus der Wiese gezogen, daraus ist dann eine sehr gute, langanhaltende Freundschaft entstanden – einmal hat Otto Müller einen kleinen Fallschirm mit Luftbildern unseres Ortes aus seinem Flugzeug geworfen, und wir haben ihn gefunden, war eine tolle Zeit.
Mit dem kleinen Feldstecher war schon etwas mehr vom Sternenhimmel zu erkennen, es entstand der Wunsch nach einem „richtigen“ Teleskop. Leider waren diese damals kaum zu finden und wenn dann richtig teuer. Geld war immer knappes Gut, also blieb das ein Traum.
Dieser Traum hat mich nie so richtig losgelassen. Nach Schule, Ausbildung, nochmal Schule, Wehrdienst und Studium (Elektronikingenieur), erste eigene Wohnung einrichten, da war endlich etwas Spielraum für die alten Träumereien: ein Teleskop sollte her. Nach etlichen Beratungen beim örtlichen Optiker, ausgiebigen Studium der Astronomiezeitschriften (Internet war noch nicht wirklich aktuell), habe ich mich auch kurz mit dem Gedanke zum Selbstbau beschäftigt („dem Ingeniör ist nichts zu schwör“) - als absoluter Laie hab ich dann aber auf den Rat von Herrn Baader (Baader Planetarium) gehört und mich für eine günstige, fertige Variante entschieden: das gute Siberia 1200 – Newton-Teleskop 150mm Öffnung, 1200mm Brennweite auf parallaktischer Montierung mit Nachführmotor für ca. 1600 DM – war damals auch viel Geld, aber bezahlbar. Diese russischen Teleskope waren etwas „grob“ gefertigt, wahnsinnig schwere Montierung, keine Feineinstellung von Polhöhe und Azimut, der Okularauszug aus meiner heutigen Sicht eine Zumutung, aber gute, feine Optik, reichlich Zubehör und nicht Tod zu kriegen. Die Montierung habe ich auch heute noch im Einsatz – versuche gerade den periodischen Schneckenfehler elektronisch in den Griff zu bekommen, damit die Astrobilder endlich besser werden…
Aber stopp, so weit war ich damals noch lange nicht. Dachte ja, Sternegucken geht mit dem Teleskop vom Balkon (war in Südrichtung), leider waren zu viele Bäume im Garten des Mietshauses und zu viel Straßenbeleuchtung drum herum. Also musste das schwere russische Teil (ca. 45kg mit Montierung und Transportkisten) jedes Mal aus dem Keller, in's Auto, nach Außerhalb, auf die grüne Wiese. Dann aufbauen, ausrichten – war nicht einfach, die russische Variante verfügte über keinen Polsucher. Dann etwas Sternegucken und dann wieder alles zurück in den Keller. War ein riesen Aufwand und machte nicht wirklich Laune, leider habe ich das dann auch viel zu selten gemacht. Nun hatte ich Teleskop, aber scheute den Aufwand zum Durchschauen.
Ein anderer Grund war auch, dass die Familie größer wurde, kleine Jungs kennen morgens keine Gnade, egal wann der Papa nachts (oder früh morgens) ins Bett kommt, morgens ist Tohuwabohu.
Also keine Zeit zum Ausschlafen. Wenig Gelegenheiten für das Teleskop. Das Hobby war dann etwas im Hintergrund.
Beim Hausbau wurde es dann wieder aktuell: Bauplatz in Randlage, einmalige Gelegenheit für eine eigene Sternwarte direkt im Haus: nie mehr Teleskop schleppen und lange aufbauen, nur hochsteigen und Klappe aufmachen, Sternegucken ohne Aufwand – das war das Ziel.
Es war dann etwas schwierig, die ersten Architekten haben abgewunken: angeblich schwierig zu genehmigen. Ich bin dann zu Alexander Beck aus Blaufelden gekommen (Nachfolger des Architekten meines Vaters – bin da etwas geprägt und gehen gerne zu bekannten Firmen, Handwerkern…). Dieser Architekt war sehr fasziniert von meiner Idee: „So was hat er noch nie geplant, und Genehmigung? Sollte problemlos sein: jeder Erkergröße und jede Dachfenstergröße, Dachneigung und Firstrichtung ist vorgeschrieben, aber von einer runden Kugel auf dem Dach, da steht nix im Bebauungsplan“.
Also gesagt, geplant, genehmigt und losgebaut. Hausbau in Eigenregie – die Kosteneinsparung durch Muskelhypothek machten die Sternwarte möglich. Leider war ich zu vorsichtig und habe die eigentliche Kuppel viel zu spät bestellt: im Sonnenfinsternisjahr 1999. Damals habe ich das Teleskop auf der Baustelle aufgebaut, und neben dem Mauern immer wieder mal beobachtet und auch ein gutes Foto hinbekommen. Das war auch prägendes Erlebnis, in unseren Breiten war damals die Sonne nicht komplett abgedunkelt, da fehlten ein paar Kilometer in Südrichtung. Habe damals überlegt etwas weiter weg zu fahren, aber das Wetter war wolkig, also dann lieber am Haus weiterarbeiten. Zur Sonnenfinsterniszeit sind dann die Wolken aufgerissen und es war super zu beobachten, war ganz besondere Stimmung, ganz schnell fast dunkel und merklich kälter geworden.
In diesem Jahr haben anscheinend die Sternwartekuppeln geboomt, die versprochenen sechs Wochen Lieferzeit konnte die Firma Baader leider nicht einhalten, und meine offene Sternwarte musste ohne Kuppel durch die Herbststürme – immer wieder hat es die schützende Plane losgerissen und Regen ist in die Isolierung gelaufen – war zum Verzweifeln.
Aber irgendwann war das Teil dann drauf und hat seither jedem Sturm standgehalten.
Nun hatte ich die fast perfekte Möglichkeit (ja das Streulicht in Randlage habe ich unterschätzt) um meinem Hobby nachzugehen. Na ja, Kinder sollten nachts schlafen und ich dann keinen unnötigen Lärm im Haus machen – das Quietschen der Kuppel gehörte zu den unnötigen Lärmquellen – zudem habe ich dann das Laufen für mich entdeckt – die langen Läufe waren für Sonntagmorgen geplant – da schlief die Familie in der Regel noch und ich wurde nicht vermisst. Und wer morgens lange Laufen will, muss abends zeitig ins Bett – also wieder nix mit Astronomie.
Die Kinder (mittlerweile fünf) wurden größer, die Möglichkeiten zum nächtlichen Gucken wurden wieder mehr. War immer etwas zyklisch, mal Zeit mit regelmäßigem Schauen, dann wieder ganz selten.