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Das Buch beschreibt eindrucksvoll eine Motorradtour, die vorwiegend durch Schottland führte. Der Besuch von Sehenswürdigkeiten wird informativ beschrieben, der Leser fühlt sich hinein in die Tour, nimmt in Gedanken an ihr teil. Die immer wieder faszinierende Natur, eine sehenswerte Kultur und die Gelassenheit der Menschen gaben die Grundlage für täglich erlebte Highlights, die liebevoll im Buch wiedergegen werden. Erlebte Gefühle, Gedanken, Emotionen gewähren dem Leser Einblick in die Empfindungen, die während der Tour entstanden. Eine kleine Grenzerfahrung gehört genau so zu den Erlebnissen, wie kleine Missgeschicke und eine Panne. Das Buch vermittelt, wie eine Frau allein eine Motorradreise planen, durchführen und geniesen kann sowie welche Erkenntnisse die Tour hinterlässt.
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Seitenzahl: 233
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Cara Catalina Fox
Mein TraumSchottland
Band 3
ON TOUR
© 2023 Cara Catalina Fox
Website: www.2ladys_on_tour.de
Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:
tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland
Das Werk ist einschließlich seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte zeichnet sich die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und die Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung Impressumservice, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland.
Cover
Titelblatt
Urheberrechte
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
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Titelblatt
Urheberrechte
Kapitel 1
Kapitel 22
Cover
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Nach einer zweijährigen Pause ist es endlich wieder so weit: 2023 soll meine lang ersehnte Reise nach Schottland stattfinden. Leider wurde diese zunächst durch die Corona-Pandemie verhindert, und anschließend war ich gesundheitlich etwas eingeschränkt. Nun scheint das Universum mir wohlgesinnt zu sein. Auch die Reifen, die ich vor Jahren extra für diese Reise gekauft habe, sind noch in bestem Zustand.
Mitte Juni gilt zudem als ideale Reisezeit. Daher versuche ich fünf Tage im Voraus, ein Ticket für die Fähre von IJmuiden nach Newcastle zu buchen. Zuerst wollen sie mir eine teure Sechser-Kabine andrehen, aber ich lehne höflich ab und entscheide mich stattdessen für eine Zweierinnenkabine, die plötzlich frei geworden ist. Obwohl es sicherlich günstigere Möglichkeiten gibt, nach Schottland zu gelangen, habe ich keine Lust, erst in den Süden zu fahren und dann wieder nach Norden. Außerdem reise ich ohnehin gerne mit dem Schiff. Nun gibt es kein Zurück mehr, denn nächsten Dienstag um 17 Uhr legt die Fähre ab.
Ich habe also eine Woche Zeit, um zu packen, zu Hause alles vorzubereiten, meine Routenplanung abzuschließen, Geld zu wechseln und noch eine Jacke zum Darunterziehen zu besorgen. Außerdem sollte ich Gurte mitbringen… Oje, jetzt aber schnell!
Beim Nachdenken über meine Reisepläne komme ich zu dem Schluss, dass es am besten wäre, am Sonntag loszufahren, da dann kaum Lastwagen auf der Autobahn sind. Ich plane, nach Hamminkeln zu fahren, am Montag bei Thunderbike zu frühstücken, mich dann nach Amsterdam zu begeben und schließlich am Dienstag auf die Fähre zu gehen. Auf diese Weise kann ich alles angehen, was mir wichtig ist. Mir bleibt aber nicht viel Zeit, was mich zusätzlich antreibt.
Die Tage verfliegen viel zu schnell, und meine Aufregung steigt, während ich sicherstellen möchte, dass ich nichts Wichtiges vergesse. Meine neuen Seitentaschen erscheinen mir äußerst praktisch, insbesondere weil sie wasserdicht sind – ein echtes Plus für die kommenden Abenteuer. Bevor ich losfahre, baue ich mein Zelt noch einmal auf und verbringe eine Nacht darin, um sicherzugehen, dass alles in Ordnung ist. Dann fällt mir ein, dass ich noch einen kleinen Reservekanister brauche – das gibt mir keine Ruhe. Bei Polo werde ich fündig, ein 2,5-Liter-Kanister, der jedoch eine Menge Platz wegnimmt.
Ich teste probehalber, ob die beiden Taschen auf den Rücksitz passen. Die neuen Halterungen für die Seitentaschen haben einen größeren Durchmesser als erwartet. Zudem sind die Karabiner der Gurte zu klein, um sie am Rücksitz zu befestigen. Trotzdem finde ich im Baumarkt passende Spanngummis, die ihren Dienst verrichten. Dieses Hin und Her auf den letzten Drücker kann ganz schön nervenaufreibend sein, aber jetzt ist alles perfekt. Und dann geht das Packen schnell vonstatten. Es ist erstaunlich, wie viel die sogenannten sieben Sachen sein können. Ich entscheide mich, ein paar Kleidungsstücke wieder auszupacken – wenn etwas fehlt, kann ich es mir auch unterwegs besorgen.
Mein Hund schaut mich mit seinen großen braunen Augen jeden Tag ein wenig vorwurfsvoller an. Bevor ich losfahre, muss ich noch zu meinen Eltern, denn die ersten Himbeeren und Johannisbeeren werden reif, und Oma muss sie unbedingt verarbeiten. Außerdem wird Kara oft den Tag bei ihnen verbringen, vielleicht sogar einmal übernachten. Sie wird es sicherlich genießen, mit Opa um die Wette zu schnarchen.
Dann treffe ich mich mit Tabea in einer urig gemütlichen Gaststätte in Coswig. Es gibt viel zu erzählen, und sie überrascht mich mit einem persönlichen Schutzengel. Das berührt mich tief und tut unglaublich gut – ich hatte damit überhaupt nicht gerechnet. Ich bin sicher, dass dieser Schutzengel von Herzen kommt und mich auf meiner Reise begleiten wird.
Am Samstagabend bin ich ein wenig aufgeregt, vor allem wegen des Linksfahrens. Ich vertraue aber darauf, dass mein Schutzengel mich sicher führen wird. Zwar trage ich bereits drei Ketten um den Hals, um alles zu unterstützen, aber eine weitere kann nicht schaden! Als ich die Lady packe, fühle ich mich irgendwann fertig, doch obwohl ich müde bin, kann ich nicht einschlafen – die Aufregung lässt mich nicht los. Eine letzte abendliche Runde mit meinem Hund zu meinem Seelenplatz bringt Entspannung und die Gewissheit, dass es morgen endlich losgeht. Mit ihm spreche ich wie mit einem alten Freund, der geduldig zuhört und mir manchmal einen fragenden Blick zuwirft, der mich zum Nachdenken anregt. Ich bin fest davon überzeugt, dass Tiere uns oft besser verstehen als Menschen. Auch einem Hund kann man Aufgaben übertragen, und ich weiß, dass wir uns aufeinander verlassen können. Wie Feuer und Wasser, wie Pech und Schwefel, wie Yin und Yang – einfach von Frau zu Frau.
Eine unruhige Nacht liegt hinter mir, und ich stehe bereits um halb sechs auf. Der traurige Blick meines Hundes haftet an mir, ein Blick, den ich bei einem Mann noch nie gesehen habe. Zumindest nicht bei dem, den ich einst geheiratet habe. Warum nicht? Vielleicht ist es besser, wenn ich es nicht weiß. Es wird sich sowieso nicht mehr ändern. Es ist wichtig, einen Blick für solche Dinge zu haben, sonst könnte man leicht fehlgeleitet durch das Leben stolpern. Man vertraut darauf, dass Menschen einem wohlgesonnen sind, doch in Wirklichkeit sind sie froh, wenn sie einen von hinten sehen. Solche Menschen gibt es leider viel zu oft, öfter, als einem lieb ist. Deshalb bevorzuge ich es, mich mit Menschen zu umgeben, die mich zum Lachen bringen können. Sie sind mehr wert als so mancher Reichtum. Oft sind es genau diese Menschen, die selbst am wenigsten zu lachen, aber verstanden haben, worauf es im Leben wirklich ankommt. Ich hoffe, dass ich auch dazugehöre. Früher war ich ernster, grimmiger, obwohl ich weniger Sorgen und Probleme hatte. Ach, einfach mal lachen – das hilft! Ich denke, Menschen, die viel lachen, sehen auch hübscher aus. In meiner Nachbarschaft gibt es ein älteres Ehepaar, das immer grimmig aussieht und sich über die kleinste Kleinigkeit aufregt. Die beiden können mit niemandem nett plaudern und betrachten die Welt nur verbittert. Was erwarten sie von der Welt und von anderen Menschen? Alles. Das werden sie nie bekommen, und sie begreifen nicht, warum das so ist. Hauptsache, immer das neueste Auto und die neueste Mode haben – na ja, wenn es ihnen Spaß macht. Ich finde sie auch ein bisschen hässlich. Na ja, so ist das eben.
Ab auf die Rammelpiste, der erste Tankstopp führt uns mitten ins Herz des Harzes. An jener Tankstelle, die ich bereits vor einigen Jahren während einer Tour durch den Harz besucht habe, bin ich erneut gelandet. Damals kehrte ich vom Bezahlen zurück zu meinem Motorrad, das an der Tanksäule wartete. Gegenüber parkte ein protziger SUV mit einem Anhänger, der Harley-Werbung zur Schau stellte. Der stolze Besitzer des Gespanns trat auf mich zu und erkundigte sich nach meinem Ziel. Als ich es ihm mitteilte, lud er mich ein, einen Blick in seinen Anhänger zu werfen. Natürlich sagte ich zu. Im Innern entdeckte ich zwei makellos gepflegte Harleys, die ohne jegliche Anzeichen von Abnutzung im Tageslicht glänzten. „Sind sie kaputt?“ fragte ich verwundert, da sie so eingepfercht waren. Sein Doppelkinn spannte sich in dem schneeweißen Kragen seines teuren originalen Harley Hemds. „Nein, ich fahre zu einem Harley-Treffen“, antwortete er. Auf die Frage nach seiner weiblichen Begleitung lächelte er nur. Ich erwiderte das Lächeln, wünschte ihm eine gute Fahrt und ein „Denk dran, die Linke zum Gruß“ Ich hatte das Gefühl, dass er meine Botschaft nicht verstand. Zur gleichen Zeit bearbeitete seine Begleitung den Sonnenblenden-Spiegel des Autos. Ich dachte bei mir, dass dieses kleine Ding auch keine Wunder vollbringen würde. Warum hatte mich dieser Typ angesprochen, während ich mit struppigem Haar und schmutziger Karre als Selbstfahrerin unterwegs war? Seine Begleitung, gepflegt und modisch gekleidet, schien ganz andere Erwartungen an den Abend zu haben. Und er sprach mich an. Vielleicht sehnte er sich nach Bestätigung. Egal, einfach lächeln und weitermachen. Ich hätte gerne für ein paar Stunden die Rolle mit einer Frau getauscht, die so ein Leben führte. Vielleicht wäre es eine Bestätigung für mich gewesen, dass mein eigenes Leben mir besser gefällt, auch wenn es nicht einfacher ist. Es ist mein Leben, unabhängig und selbstbestimmt. Und es ist meine Kreation! Die gibt es kein zweites Mal. Vielleicht müsste ich mir auch keine Sorgen machen, dass ein Mann andere Frauen interessanter findet. Ich blicke lieber ins Leben als in den Spiegel. Meine Zeit kann ich besser nutzen.
Ich setze meine Reise fort, Richtung Hamminkeln. Unser zweiter Tankstopp liegt irgendwo im tiefen Westen Deutschlands. Die morgendliche Kälte weicht langsam einer angenehmen Wärme, die jedoch nicht von Dauer ist und sich schnell in sommerliche Hitze verwandelt. Bereits beim letzten Tankstopp bemerkte ich, dass der Seitenständer nicht mehr wie gewohnt zurückklappte und ein unüberhörbares Quietschen von sich gab. Bei jedem Parken haben wir ab jetzt dasselbe Problem. Na ja, bei jeder längeren Tour gibt es eben immer etwas. Das können wir morgen bei Thunderbike gleich beheben lassen. Dann steht einer reibungslosen Fahrt für den Rest der Tour hoffentlich nichts mehr im Weg.
Irgendwann verlassen wir die holprige Piste und steuern Thunderbike an, bevor es weiter zum nächsten Campingplatz geht. Die Route führt uns durch ein Gewerbegebiet und zwischen weitläufigen Feldern hindurch. Ein Sprinkler auf einem Rübenfeld benetzt die angrenzende Straße, verwandelt sie in eine frisch beregnete Strecke. Ein älteres Ehepaar, das mit Fahrrädern unterwegs ist, wartet geduldig, bis die Straße wenigstens von oben trocken ist, bevor es weiterfährt. Die Luft ist erfrischend und belebend.
Auf dem Weg zum Campingplatz schlängelt sich eine unscheinbare Straße zwischen Feldern und Wäldern hindurch, vorbei an einem Landwirtschaftsbetrieb und schließlich, überraschend, auf der rechten Seite, entfaltet sich ein See mit Zelten und Wohnwagen, während auf der linken Seite die Rezeption des Campingplatzes „Dingdener Heide“, umgeben von Bungalows und einer Gaststätte, auf uns wartet.
Wir erreichen den Campingplatz in der Mittagspause und haben noch etwas über eine Stunde Zeit, bis die Rezeption wieder öffnet. Ich setze mich am Straßenrand unter den Schatten eines großen Baums, genieße den Blick auf den See und knabbere an meiner restlichen Schokolade. Der süße Genuss raubt mir wohl den Verstand, denn irgendwann wache ich auf und merke, dass die ansässigen Ameisen sich bereits auf mich gestürzt haben. Die Zeit ist ohnehin knapp, also mache ich mich auf den Weg zur Rezeption, um uns anzumelden.
Die beiden Damen dort interessieren sich für meine Pläne. Sie finden meine Idee, nach Schottland zu fahren, großartig und wünschen mir vor allem schönes Wetter – etwas, das ich sicher gut gebrauchen kann.
Mein Zelt ist schnell aufgebaut, und die Lady hat jetzt erstmal Pause bis morgen. Ich entscheide mich, mich etwas zu bewegen, und starte einen Rundgang um den See des Campingplatzes. Einige mutige Kinder planschen am schönen Sandstrand, während ein großer Teil des Sees der Natur überlassen ist. Auf meinem Spaziergang treffe ich auf Blindschleichen, unzählige kleine Frösche, Enten, Schwäne und unberührte Natur. Besonders fasziniert bin ich von einem großen Fisch, der gemächlich in Ufernähe seine Bahnen zieht; seine Route ist durch seine Schwanz- oder Rückenflosse erkennbar. Gelegentlich taucht er ab, und ich kann nicht umhin, ihn mit Loch Ness in Verbindung zu bringen. Jeder Angler wäre sicherlich in höchster Anspannung bei diesem Anblick. Es scheint wirklich ein gewichtiger Brocken zu sein, doch für mich ist es einfach nur schön anzusehen. Obwohl, ein leckeres Fischbrötchen wäre jetzt nicht schlecht. Oder vielleicht doch lieber Käse? Bei dem Gedanken beschließe ich, erstmal in die gemütliche Campingplatzkneipe einzukehren.
Entlang der pittoresken Bungalows, die malerisch am Ufer liegen, und vorbei am vergnüglichen Kinderspielplatz, der zum Lachen einlädt, schlendere ich zielsicher zur Kneipe auf der anderen Straßenseite des Campingplatzes. Das Gelände ist geprägt von Dauercampern, malerischen Bungalows und einladenden Hütten zur Miete. Die Stimmung ist noch ruhig, und ich finde rasch einen freien Tisch unter dem schützenden Sonnensegel, gerade rechtzeitig, bevor die ersten Regentropfen aus den düsteren Wolken fallen. Hoffentlich bleibt es nur bei Regen und es entwickelt sich kein Gewitter bei diesem drückenden Wetter. Die Gäste im Freien beginnen hektisch ihre Plätze zu wechseln, um dem Regen zu entkommen.
Ein älteres Ehepaar gesellt sich zu mir, die Frau genießt sichtlich ihre E-Zigarette. Ihr Partner scheint erleichtert zu sein, in der Annahme: Solange sie raucht, bleibt es ruhig. Hoffentlich behält die Bedienung den Überblick über die Bestellungen. Meist haben solche Menschen aber ein gutes Gedächtnis für Personen.
Gegenüber sitzt eine Mutter mit ihren zwei Teenagern, die unermüdlich über das Thema Corona-Pandemie diskutieren. Einige scheinen nicht genug von dem Thema zu bekommen. Ich wünschte, es gäbe inspirierendere Gesprächsthemen im Urlaub, doch vermutlich werden ihre Aktivitäten morgen auf Essen, Schwimmen, Fernsehen und Ähnliches beschränkt sein.
An einem anderen Tisch sitzt ein älteres, sportlich gekleidetes Paar, das immer noch den Eindruck vermittelt, frisch verliebt zu sein. Vielleicht ist es wirklich so. Oder haben sie es geschafft, die Leidenschaft in ihrer Beziehung am Leben zu erhalten? Das wäre bewundernswert. Ist es nur äußerer Schein? Ich glaube nicht daran.
Der Duft meiner Currywurst lenkt mich von meinen Gedanken ab. Eigentlich entspricht sie nicht meinem üblichen Ernährungsstil, aber heute mache ich eine Ausnahme. Warum auch immer. Schnell habe ich meinen Hunger gestillt und bezahlt, um noch einen Rundgang über den Platz zu machen. Ein großer Teich mit üppiger Vegetation lädt auf den Bänken am Ufer unter den Bäumen zum Verweilen ein. Selbst im leichten Regen bleibt man dort trocken. Ich beobachte die Enten, die gemächlich ihre Abendrunden drehen. Sie wirken so entspannt, obwohl sie ständig auf der Hut sein müssen, damit Füchse und andere hungrige Tiere nicht zu nahe kommen. Amseln hüpfen munter am Ufer herum und scheinen viel zu erzählen zu haben. In dieser Idylle bringe ich meine Gedanken zu Papier und plane meinen nächsten Tag, der überraschend überschaubar ist.
Schließlich schlendere ich zurück zum Zelt, genieße eine ausgiebige Dusche und krieche dann in meinen Schlafsack. Endlich kann ich mich entspannen.
Die Nacht erwacht mit einer lebhaften Unterhaltung – sicherlich sind es die Igel, die im Gebüsch neben meinem Zelt munter werden. Es scheint eine ganze Truppe zu sein, die gemächlich an meinem Zelt vorbeizieht. Ich bin wohl auf ihrem nächtlichen Wanderweg. Wenn ich nicht so faul wäre, würde ich noch einmal nach draußen schauen. Regungslos bleibe ich liegen und lausche den Geräuschen der Igel. Langsam setzen sie ihren Weg fort, auf der Suche nach etwas Essbarem. Diese stacheligen Gesellen sind faszinierend anzusehen. Hoffentlich passen sie auf, dass sie nicht von einer Motorsense erwischt werden! Sonst werden sie in der Raserei des Mähens unweigerlich in Mitleidenschaft gezogen.
Das regelmäßige Rauschen eines Zuges in der Ferne holt mich langsam aus meinen Gedanken zurück und wiegt mich bald darauf in den Schlaf.
Das Frühstückskonzert der Spatzen und Tauben neben meinem Zelt ist der perfekte Start in den Tag. Unter dem Strauch raschelt es gelegentlich, vermutlich die Mäuse, während die Vögel ihr Frühstück genießen und ab und zu etwas fallen lassen. So funktioniert das Miteinander in der Natur, jeder lebt von jedem, und nichts wird verschwendet. Nur für mich haben sie wohl keine Leckerbissen übrig, ich passe nicht in ihren Kreislauf. Hoffentlich verschmutzen sie nicht mein Zelt mit ihren Hinterlassenschaften.
In aller Ruhe mache ich mich am Ufer des Sees auf, um die ersten Sonnenstrahlen zu genießen. Es muss gar nicht heißer werden, das ist genau richtig. Nachdem ich gepackt habe, gehe ich bezahlen, und dann starte ich gemütlich meine Reise. Mein erster Halt ist der Baumarkt, um die empfohlenen zwei Gurte für die Fähre zu besorgen, obwohl einige sagen, dass man sie nicht braucht. Besser, man hat sie dabei, als sie zu vermissen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Fähre nicht über Sicherheitsvorkehrungen verfügt; bei dem Preis sollte das inklusive sein. Dann noch schnell tanken und ab zu Thunderbike. Wir parken zunächst am Roadhouse, es dauert noch eine Weile, bis es öffnet. Ich begebe mich derweil in die Werkstatt, um mein Ständerproblem zu lösen. Die jungen Kerle grinsen, als ich erwähne, dass der Ständer nicht richtig hochgeht. Wie soll ich es sonst erklären? Ich überlege schon, ob ich sie an ihre letzte Nacht erinnert habe, möchte aber lieber freundlich bleiben, schließlich brauche ich ihre Hilfe. Ich bringe mein Motorrad in die Werkstatt, und jetzt schauen sie nicht schlecht. So vollbeladen – aha, wo kommt sie denn her? Ich gehe erstmal frühstücken.
Eine charmante Kneipe mit gastfreundlichem Personal heißt mich willkommen. Ich ergattere einen Platz am Fenster, der mir einen Blick in die Weite sowie in den übrigen Gastraum und zum reichhaltigen Büfett gewährt. Mein erster Teller füllt sich schnell mit einer bunten Auswahl an Brötchen, Brot, Butter, Honig, Marmelade, Lachs, Eiern, einer Schale Obst, und Joghurt … dazu noch eine Tasse Kaffee – ein wahrhaft ausgiebiges Frühstück erwartet mich.
Der Gastraum füllt sich langsam. Gegenüber nehmen zwei Frauen in meinem Alter Platz. Die eine scheint zu zögern, als sie die Stühle sieht. Ich frage mich auch, ob sie zwischen die Armlehnen passt – gerade so. Ich wette mit mir, was sie wohl auf ihrem Teller haben wird. Falls ich richtig liege, darf ich noch mehr essen, egal was. Wenn nicht, bleibt es beim Obst.
Die eine hat die andere eingeladen, eine schöne Geste. Viele ältere Gäste strömen herein, offenbar genießen sie das Frühstück in Gesellschaft, die vielfältige Auswahl und vielleicht auch die angenehme Musik. Plötzlich verstummt die Musik, ein Geburtstagslied erfüllt den Raum. Eine Bedienung bringt einem Tisch voller älterer, aber jung gebliebener Herrschaften ein kleines Geburtstagstörtchen mit Wunderkerze. Ein Mann in der Runde wird beglückwünscht. Ich erinnere mich daran, dass Geburtstagskinder oft gratis essen dürfen. Eine großartige Idee, aber leider bin ich einen Monat zu früh dran.
Immerhin kann ich mich über meinen Wettgewinn freuen. Somit kehre ich noch einmal zum Büfett zurück. Diesmal wähle ich Käse, den ich noch nicht probiert habe. Ein paar köstliche Butterbrote mit würzigem Käse und Schinken landen auf meinem Teller. Das ist eigentlich nicht mein Stil. Als ich meine beiden Teller betrachte, frage ich mich, wohin ich all das essen werde.
Es ist verlockend, wenn einem alles so appetitlich präsentiert wird, aber das mache ich ja auch nicht jeden Tag. Da brauche ich mich nicht über andere zu ärgern. Schließlich raffe ich mich auf und beschließe mich etwas zu bewegen.
Nachdem ich bezahlt habe, mache ich mich auf den Weg zum Geschäft von Thunderbike. Hier war ich schon mal vor vielen Jahren, als ich mich auf der Suche nach einem Motorrad befand. Damals hatte mich eine Street Glide im Internet fasziniert. Auf der Probefahrt hatte ich mich ordentlich verfahren und kam gerade rechtzeitig zurück, innerhalb der halben Stunde, die ich hatte. Der junge Mann damals schaute auf den Kilometerzähler, staunte, grinste und fragte, wie es war. Ich unterschrieb den Kaufvertrag, hatte aber noch die Möglichkeit, ihn innerhalb weniger Tage rückgängig zu machen. Das tat ich dann auch. Ein Verkäufer bei Harley überzeugte mich, 2000 Euro mehr zu bezahlen, dafür bekäme ich ein Neues, mit mehr Garantie und so weiter… Im Nachhinein war ich ihm dankbar.
Im Laden stehen allerhand Custom-Bikes, jedes cooler als das andere. Sie haben auch ihren stolzen Preis. Es gibt restaurierte Harleys, einige aus dem Rennsport, die als Ausstellungsstücke bewundert werden können. Mal schauen, wie die Stimmung bezüglich des Seitenständers ist. Meine Lady steht schon draußen, es fehlte nur ein bisschen Öl. Hm, da war ich doch erst zur Durchsicht. Na ja, etwas peinlich. Die Jungs wünschen mir eine gute Fahrt. Ich muss mir ein Grinsen verkneifen, zumindest hat es nichts gekostet. Auch mal schön.
Nun geht es weiter Richtung Amsterdam, zum Campingplatz Schoonenberg in Velsen. Etwa 160 Kilometer liegen vor uns. Die Straßen in Holland verwandeln sich teilweise in vier- bis sechsspurige, angenehm zu befahrende Pisten. Ab der Grenze sieht man wieder mehr Landschaft, keine unzähligen Windräder versperren den Blick. Der Wind nimmt zu. Bloß nicht daran denken, ich habe Urlaub! Es wäre jedoch nicht verkehrt, wenn sich die Politiker mal informieren würden, wie andere Länder wirtschaften. Man schaut ja auch mal bei seinen Nachbarn vorbei und unterhält sich. Hier liegen nur mehr tote Vögel am Straßenrand. In Deutschland sind sie wahrscheinlich schon in den Windrädern umgekommen. Die Befürworter vergessen immer, das zu erwähnen, ebenfalls, wie viel Beton im Erdreich versenkt wird, wie viele natürliche unterirdische Wasserläufe zerstört werden …
Der Campingplatz in Velsen, schnell gefunden, liegt idyllisch eingebettet im Wald. Zahlreiche kleine Buchten sind über verschlungene Wege erreichbar. Ein Rundgang zeigt mir, dass hier Orientierungsvermögen gefragt ist. Eine Nacht kostet genau halb so viel wie in Deutschland, dafür ist der Platz nicht mit allerlei Luxus überladen. Und einen See gibt es auch nicht. Schräg gegenüber steht ein Dauercamper, ein junger Mann mit einem großen Hund. Der hat bestimmt eine Wohnung und genießt hier die Freiheit mit seinem Hund.
Nachdem ich mein Zelt aufgebaut habe, mache ich mich zu Fuß auf den Weg Richtung Kanal. Eine Fähre befördert geschäftig sämtliche Verkehrsteilnehmer von Velsen-Nord nach Velsen-Süd und umgekehrt. Sogar ein Schwerlasttransport mit einem alten Zugwaggon passiert auf diese Art den Kanal. Auf einem etwas vernachlässigten Platz befindet sich das Denkmal für die Kanalgräber. Meine Aufmerksamkeit fesselt ein im Kanal festgemachtes Kreuzfahrtschiff. Ach ja, das ist das Schiff, das als Asylunterkunft genutzt wird.
Auf dem Rückweg ins beschauliche Örtchen bemerke ich, dass hier nicht viel los ist. Ein Fahrrad wäre praktisch. Eine Eisdiele gibt es, und das ist gut so. Zwei Kugeln in der Waffel – irgendwie haben wir uns missverstanden. Ich bekomme zwei Waffeln mit je einer Kugel. Auch nicht schlecht. Ein Platz zum Sitzen ist schnell gefunden. Zwei Kinder schauen verwundert zu mir. Vielleicht denken sie, dass ich von jemandem sitzen gelassen wurde und nun zwei Eis essen muss oder dass ich schon etwas verpeilt bin – lieber nicht. Ein Spaziergang durch die Straßen versetzt mich ins holländische Flair: die typischen Häuser, die vielen Fahrradfahrer mit ihren Hollandrädern und immer wieder die Sprache der Menschen.
Zurück auf dem Campingplatz laufe ich noch ein wenig umher und erkunde den angrenzenden Wald. Als ich zurückkomme, baut gegenüber ein Fahrradfahrer sein Zelt auf. Dann kocht er sich etwas. Mensch, was die alles auf ihren Fahrrädern transportieren können! Später gesellt sich eine junge Frau in die nächste urige Bucht. Sie beendet den Abend mit Yoga. Ich sollte wohl gleich mitmachen, statt nur bequem herumzusitzen. Der junge Mann mit dem Hund von gegenüber bekommt Besuch. Er setzt seinen Hund in den Fahrradanhänger, und dann radeln die beiden los. Der Hund schaut stolz aus seinem Anhänger – der hat es gut. Vielleicht geht es zum Baden oder in einen Biergarten. Im besten Fall sogar beides.
Wenn nachts so viele Flugzeuge wie an diesem Nachmittag vorbeikommen, wird es eine unruhige Nacht werden. Es stellt sich jedoch heraus, dass die Zahl abnimmt. Stattdessen werden die Igel aktiv. Der gleichmäßige Geräuschpegel der nahegelegenen Autobahn wird mir wohl auch in den Schlaf helfen.
Ich genieße das morgendliche Vogelkonzert. Heute habe ich jede Menge Zeit und stehe erst nach 8 Uhr auf. Der Fahrradfahrer gegenüber ist schon unterwegs, er hat bestimmt viel vor. Der Hund ist auch nicht da. Die junge Frau ist schon fleißig mit Yoga beschäftigt. Alle Achtung. Sie sieht sehr zufrieden aus, ist sicher im Leben angekommen. Ich denke, dass sie ihre innere Balance gefunden hat. Sie weiß sicher, was gut für sie ist und was sie lieber meiden sollte. Vor allem weiß sie, welche Menschen man meiden sollte. Dies ist nicht immer leicht umzusetzen, aber man kann großen Einfluss darauf nehmen.
Oft ist ein Nein, auch wenn es für den anderen hart ist, für mich besser. Ich muss mich nicht mit Menschen treffen oder beschäftigen. Wenn mein Bauchgefühl mir anderes nahelegt, bleibe ich lieber allein. Da geht es mir viel besser, und ich kann machen, was und wie ich es möchte. Manche Menschen möchten ihre Erwartungen erfüllt sehen, begreifen aber nicht, dass sie selbst dafür verantwortlich sind. Warum sollte ich mit jemandem wandern, arbeiten, Motorrad fahren oder was auch immer, wenn ich es nicht möchte? Dann nehme ich nicht so viele schöne Dinge wahr und kann nicht so entspannen wie allein. Das begreifen viele nicht. Dazu kommt noch das überflüssige Geschwätz von vielen, und abends wundert man sich, warum man so geschafft ist. Sicher will niemand immer allein sein, aber es hat seinen Grund, wenn Menschen zufrieden sind. Sie haben erkannt, worauf es im Leben ankommt, und das sind nicht die Menschen mit dem meisten Besitz. Oft haben sie nicht viel, leben zum Beispiel im Kloster oder schlicht und einfach in ihren eigenen vier Wänden. Sie sind stets bereit, zu helfen, immer freundlich und dankbar. Sie haben den Sinn des Lebens erkannt. Wie steht es eigentlich um mich? Darüber muss ich mal nachdenken, vielleicht gelingt mir das während dieser Tour.