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Wie kann ich mein mein Leben ein bisschen umkrempeln, um es lebenswerter zu machen? Wie fühlt sich Glücklichsein an, wo und wie finde ich Glück? Die Autorin nimmt in diesem Buch die Leser mit auf einen Abschnitt ihres Lebensweges, auf dem sie für sich Antworten und Lösungen auf die Fragen fand. Mit Witz und Charme erzählt sie von ihrem oft steinigem Weg, der durch erlebte Erfahrungen und Erkenntnisse immer mehr in einen erholsamen Weg überging.
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Seitenzahl: 262
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Cara Catalina Fox
Tränen der Erkenntnis
© 2023 Cara Catalina Fox
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-384-05071-7
e-Book:
978-3-384-05073-1
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Glaube an Wunder, Liebe und Glück!
Schau nach vorn und nicht zurück!
Tu, was du willst, und steh dazu,
denn dein Leben lebst nur du!
Verfasser unbekannt
Cover
Titelblatt
Urheberrechte
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Kapitel 1
Ich bin bereit für meinen Traum!
NACHWORT
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Titelblatt
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Epigraph
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VORWORT
Irgendwann hatte ich das Gefühl, wohl eher das Bedürfnis, etwas in meinem Leben ändern zu wollen. Zufriedenheit, Wohlbefinden, Glücklichsein waren nicht die Tugenden, die mich die letzten Jahre charakterisierten. Was sich an täglich zu erfüllenden Erwartungen, selbst auferlegten Verpflichtungen, auferlegten Eigenschaften über Jahre so einschleicht, zur Selbstverständlichkeit wird, ist nur leider nicht in kurzer Zeit ins Gegenteil umgewandelt.
Eine Lösung musste her. Wie ich diese fand und umsetzte, davon erzählt dieses Buch. Alles aufzuschreiben, gab mir anfangs das Gefühl einer kleinen Eigentherapie. Das erste Buch, welches daraus entstand, war ein Flop. Ich hatte mir zwar vieles von der Seele geschrieben - nur, um im Verkaufsregal eines Buchgeschäftes zu stehen, dafür war es einfach zu schlecht. Es folgten zwei weitere kleine Bücher einer anderen Kategorie. Damit ich nicht nochmals die gleiche Pleite erlebe, nahm ich mir Hilfe.
Tabea, eine mittlerweile lieb gewonnene Freundin, war meine Rettung. Da die beiden anderen Bücher nicht ganz so viel Text haben, entschlossen wir uns, zunächst diese zu bearbeiten, und danach „Tränen der Erkenntnis“. Wer alle lesen möchte, sollte allerdings mit diesem hier anfangen. Es erzählt über Veränderungen in meinem Leben, die die Grundlage waren, um die Erlebnisse der nachfolgenden Bücher im wahrsten Sinne des Wortes zu erfahren.
Ich möchte mit meinem Werk Menschen zu mehr Selbstbewusstsein verhelfen, dass sie mithilfe ihrer Stärken ihre Träume verfolgen, umsetzen, leben. Auch wenn es oft so aussieht, als ob es keinen Weg dahin gibt.
Tabea meinte, ich solle erwähnen, wie viele Jahre ich gebraucht habe, angefangen mit der Erkenntnis, etwas in meinem Leben ändern zu wollen, besser gesagt zu müssen, bis zur Umsetzung. Keine Ahnung, ich weiß es selbst nicht mehr richtig. Fünf, sechs, sieben Jahre vielleicht. Ich denke, es ist ein lebenslanger Prozess, an sich, für sich zu arbeiten, zu entscheiden, was in das eigene Leben passt, was nicht, was man zulässt, was nicht. Aus Erfahrungen lernt man bekanntlich, nur dauert es oft eine gewisse Zeit, diese zu begreifen und letztendlich in das Leben umzusetzen. Oft dachte ich über Glück nach, was das ist, wie fühlt es sich an, wie erlebt man es? Ich habe es mittlerweile in mein Leben integriert, lade es ein und genieße seine Anwesenheit.
Sonntagmorgen, halb acht, ich stehe auf. Wie immer seit einer gefühlten Ewigkeit habe ich schlecht geschlafen, der Rücken schmerzt, ich habe keine Lust auf irgendetwas. Es ist Frühjahr, meine Lieblingsjahreszeit. Ich finde es immer wieder wundervoll, wenn die Natur erwacht, alles grün wird, die Tiere aus ihrem Winterschlaf erwachen und die Tage wieder länger werden. Auf unserem großen Grundstück, im Wald, gibt es immer wieder was zu entdecken und zu beobachten.
Ich schlafe schon einige Jahre von Frühjahr bis Herbst im Gartenhaus. Mein Mann Lutz schnarcht wie verrückt. Er war schon im Schlaflabor, müsste etwas abnehmen, sich mehr bewegen, und weniger Alkohol würde auch nicht schaden. Das will er nicht wahrhaben. Auch wenn ich es mir wünsche, er unternimmt einfach nichts. Auf andere Rücksicht zu nehmen gehört nicht zu seinen Stärken. Ich bräuchte doch nicht hinzuhören, wenn er schnarcht, sagt er. Wenn ich müde wäre, könnte ich schlafen und würde das sowieso nicht hören. Er hört es doch auch nicht. In der kalten Jahreszeit schlafe ich in der Stube, das ist alles andere als rückenfreundlich.
Ich habe das Bedürfnis, etwas zu ändern in meinem Leben, so geht das nicht weiter, ich fühle mich nicht mehr wohl in meiner Haut, mit meinem Leben. Da geht man doch dran kaputt oder unter oder wie auch immer. Eine Beziehung wird so auch nicht besser.
Unser Sohn Jonas merkt mit seinen 14 Jahren schon, dass wir nicht gerade ein glückliches Paar sind. Alles hängt, wie man so schön sagt, an mir. Haushalt, Grundstück, Papierkram. Egal was es ist, ich muss es sehen, wissen und auch gleich noch machen. Rechnungen bezahlen, Auto zum TÜV bringen oder putzen, Mülltonne rausstellen, Wohnung vorrichten. Die Mama wird´s schon richten. Scheiß Spiel. Irgendwann schießt mir das in den Kopf: Mensch, der ist doch allein gar nicht lebensfähig!
Er kann nicht mal am Automaten Geld holen. Kommt er nach Hause, ist die erste Handlung, eine Bierflasche zu öffnen, dann mit der anderen am Handy zu quatschen und sich zu sorgen, dass er den Abend über keinen Hunger leiden muss. Mir reicht es jetzt! Am nächsten Abend frage ich ihn, ob das schön wäre, wenn ich mich so verhalten würde, wenn ich nach Hause komme, ob ihm das gefallen würde. Seine Antwort: „Ich gehe doch den ganzen Tag arbeiten.“ Ich drehe mich um und entferne mich, verkneife mir die Tränen und denke: Aha, ich ruhe mich wohl den ganzen Tag aus. Nee, ich muss wieder zurück und erwähne, dass wir uns früher mal unterhalten haben, wie der Tag des anderen war, wie es jedem geht, wie wir den Abend verbringen wollen, was noch zu tun ist und dergleichen. Er schaut mich kaum an dabei, ich verziehe mich ins Haus, denke nach, was ich jeden Tag mache. Arbeiten, 25 Wochenstunden in der Altenpflege, Nebenjob in der Grünanlagenpflege, noch ein bisschen Nachbarschaftshilfe, zu Hause 4.000 Quadratmeter Grundstück und Haus versorgen. Reicht doch wohl. Jonas braucht nun nicht mehr so viel Zeit, hilft gut mit zu Hause. Er ist sehr selbstständig, baut und bastelt viel, fährt sehr viel Fahrrad. Opas Moped ist sein ganzer Stolz, er baut es sich allein auf. Für ihn vergeht die Zeit zu langsam, er möchte arbeiten gehen, Geld verdienen, den Führerschein machen. Mir wird bange, wenn ich an diese Zeit denke. Die Jahre verfliegen, nur gefüllt mit Arbeit und Alltag.
Wieder einmal wird mir bewusst, dass sich etwas ändern muss in meinem Leben. Mit reichlich 40 Jahren muss ich endlich etwas für mich tun, Spaß haben, genießen. Auch die körperlichen Einschränkungen müssen weg. Wie soll das mit 70 sonst werden? Da wird einem doch himmelangst. Ich möchte was erleben, Leute kennenlernen, fortgehen, das Leben genießen. Jetzt ist mal Schluss mit diesem Aschenbrödeldasein.
Der Sommer ist da, wir fahren nach Kroatien in den Urlaub. Wie immer wird ein Wohnwagen gemietet. Ich würde gern zelten, Jonas auch. Wenn das Wetter schlecht ist, nimmt man sich halt ein Zimmer. Aber nein, auf Wunsch eines einzelnen Herrn jedes Jahr dieselbe Leier. Toilette und Dusche darf man sowieso nicht benutzen, müsste ja entsorgt werden, das macht Arbeit.
Ich genieße die herrliche Landschaft des Landes, die Nationalparks, die urigen Orte, die Buchten. Uns begegnen nur gastfreundliche Menschen, es gibt überall leckeres Essen und Trinken. Die Zeit vergeht, wir gehen viel wandern, vom frühen Morgen an. Nachmittags oder abends gehen wir baden, Lutz nicht. Er sitzt lieber beim Bier. Baden bringt nichts, ist sein Spruch. Na ja, da müsste er sich ja noch mehr bewegen. Ihm fällt die tägliche Lauferei schon schwer.
Wir fahren meist an der Küste entlang, die herrlichen Straßen machen das zum Erlebnis. Es sind viele Motorradfahrer unterwegs. Das fasziniert mich immer wieder. Eines Abends sitzen wir in einer urigen Kneipe, direkt an der Straße. Das Essen ist bestellt. Eine Gruppe Motorradfahrer kommt, man hört zuerst nur das Brummen aus der Ferne. Genialer Klang, ich bekomme Gänsehaut, das müssen Harleys sein. Sie halten an der Gaststätte. Tatsache, ich zähle fast 30 Maschinen, eine faszinierender als die andere. Einfach geil, und die Klamotten dazu, das passt. Hübsche Männer sind dabei, auch ein paar Frauen, die selbst fahren. Die Jüngsten sind sie alle nicht mehr.
Bis ich schwanger war, fuhr ich MZ, war in meiner Jugend nur mit Jungs, Mopeds und meiner MZ unterwegs. Ich träume so vor mich hin und denke: Ach, ich muss auch mal wieder Motorrad fahren, das verlernt man doch nicht. Mensch, mal so eine Harley fahren, eine kleine. Ein Wunsch ist geboren, ein großer Wunsch.
Ich werde angeschubst, mit der schroffen Bemerkung von Lutz: „Dein Essen wird kalt!“ Dass das Essen serviert wurde, habe ich gar nicht bemerkt. Du liebe Zeit, ich esse, weiß hinterher nicht mal richtig, wie es geschmeckt hat, denn ich bin in Gedanken beim Motorradfahren. Essen muss bei Lutz sowieso mindestens dreimal am Tag sein. Mir ist das schon lange zu viel, in der Wärme sowieso. In den Spiegel scheint er wohl nicht zu schauen, auf die Waage sowieso nicht. Das muss sich auch ändern. Mensch, ich kann doch essen, wann und was ich will. Oder? Na klar, ich muss was ändern! Auch mir würden paar Kilo weniger nicht schaden. Ab heute und jetzt wird was geändert! Ich sage: „Na, das wäre was für mich. Ich würde auch gern mal wieder Motorrad fahren. Am besten Harley, gefällt mir.“ Jonas staunt und sagt: „So ein großes Ding?“ Ich sage, dass mich das schon mal reizen würde. Lutz bekommt sich bald nicht mehr ein. „Was, Motorrad fahren, du bist doch ewig nicht gefahren, und dann noch Harley?! Dieser amerikanische Mist muss doch wirklich nicht sein.“ Ich erwidere nur: „Ja, genau. Wenn, dann Harley!“ So ein dummes Gequatsche. Ich beschließe, wenn wir wieder zu Hause sind, gehe ich zu Harley und schaue mich mal um. Das Gute ist, ich habe es nicht mal weit, bei uns in der Stadt ist eine Niederlassung. Wenn ich so darüber nachdenke, werde ich mir das wohl nie leisten können. Dass das ein teures Hobby ist, ist mir klar. Aber man soll die Hoffnung ja nie aufgeben. Der Traum lebt!
Zurück aus dem Urlaub dauert es nicht lange und ich habe Geburtstag. Wie jedes Jahr verkünde ich noch, dass ich nicht erfreut wäre über Alkohol und Schokolade. Bisher gehörte dies stets dazu. Was richtig Persönliches, mit Liebe verpackt, muss doch nicht viel sein, das wünsche ich mir. Vor allem von Lutz. Was gibt’s an meinem Geburtstag? Eine Tafel Schokolade, eine Flasche Sekt und einen Briefumschlag. Was ist da drin? Das ist ja ganz was Neues. Ich mache ihn auf, mich haut es bald um.
Ein Gutschein für einen Tag Harley fahren. Ich grinse über das ganze Gesicht, freue mich riesig. Mensch, ein irres Gefühl! Wann habe ich mich das letzte Mal so gefreut? Keine Ahnung, na, egal jetzt. Natürlich muss er mir wie immer erst mal sagen, wie viel das kostet. Ich habe mich wohl schon daran gewöhnt und frage ihn, wie er denn auf die geniale Idee gekommen ist. Er dachte, ich freue mich. Na klar freue ich mich, ihm gegenüber sicher eine reservierte Freude. Um den Hals werde ich ihm nicht fallen, das mache ich schon lange nicht mehr. Innerlich freue ich mich aber wie ein kleines Kind, das nach einem langen Winter sein erstes Eis im Frühling bekommt.
Der Tag vergeht wie immer, wir grillen. Meine Eltern sind da, sie wohnen gleich um die Ecke, ein paar Nachbarn sind auch da und Lillie. Sie war mal die Chefin von Lutz, als er noch in der Gärtnerei gearbeitet hat. Ich arbeitete in der benachbarten Gärtnerei. So lernten wir uns kennen. Die Chefs waren zerstritten, warum auch immer. Hätte ich mal lieber woanders angefangen, nun ist es nicht mehr zu ändern. Die Lillie ist die Einzige, die mal was Lustiges erzählt, mal weg von Krankheiten und den anderen Alte-Leute-Gesprächsthemen. Es ist doch immer dasselbe. Sie hat auch von allen das entspannteste Leben.
Irgendwann, eine Weile nach meinem Geburtstag, mache ich mich auf zu Harley, will mich mal erkundigen, wie das ist, meinen Gutschein einzulösen. Als ich die Tür des Geschäftes öffne, verblitzt mir das edle Chrom mit seinem Leuchten fast die Augen. Ein einzigartiger Geruch erfüllt den Raum. Ich verspüre ein belebendes Gefühl, wage mich zaghaft weiter hinein. So sehr mich das Ambiente fasziniert, so sehr erschlagen mich die Preise, auf die es meine Blicke auch immer wieder abgesehen haben. Ich schaue mir ein Bike genauer an. Ach du liebe Zeit, nee, da traue ich mich nicht rauf. Ein Haufen Schalter und ganz schön wuchtig das Ding. Bisschen größer als meine MZ.
Da muss einer mit, am besten ein Fahrlehrer. Aber mal draufsetzen würde ich mich schon gern. Plötzlich spricht mich eine Mitarbeiterin an. Bin ich froh, eine Frau! Ich glaube, sie sieht mir meine Hilflosigkeit an. Meinen Gutschein habe ich bereits dezent versteckt, atme erst mal tief durch. Dann erzähle ich ihr, dass ich einen Gutschein bekommen habe, dass es mein Traum wäre, mal wieder zu fahren. Im Moment bin ich aber der Meinung, dass ich mir das nicht ganz zutraue. Sie erklärt mir erst einmal, dass ich 300 Kilometer frei habe und 1.500 Euro Kaution hinterlegen muss, Jacke und Helm kann ich mir ausleihen. Boah, 1.500 Euro, na gut. Sie empfiehlt mir, erst mal bei Harley einen Wiedereinsteigerkurs zu machen. Im Frühjahr finden wieder welche statt und der Gutschein ist ewig gültig. Ja, das mache ich. Aber erst im Frühjahr? Na, ich gehe das mal ganz in Ruhe an. Am Ende komme ich auf den Geschmack und habe sowieso kein Geld.
Herbst und Winter vergehen, Silvester kommt. Wie jedes Jahr gehen wir in den Weinberg von Oma und Opa. Das gleiche Gerede wie jedes Jahr. Wir stoßen an, alle guten Wünsche werden ausgesprochen. Meinen größten Wunsch spreche ich nicht aus. Den schreibe ich mit Tränen in den Himmel, Motorrad fahren, mein Leben ändern.
Ich überlege immer wieder, wie ich nur das Geld für so ein Maschinchen zusammenbekommen kann. Da kommen einem doch die allerdümmsten Gedanken. Oft schaue ich im Internet nach gebrauchten Motorrädern. Auch diese scheinen unerreichbar, selbst gebrauchte sind noch ziemlich teuer. ABS sollte es auf alle Fälle haben. Und andere Marken? Ja, da sind auch schöne Dinger dabei. Aber irgendwie ist es nicht das, was mein Herz begehrt. Irgendwie geht es immer weiter. Und es passiert, was nicht passieren sollte. Ich verpasse, mich rechtzeitig zum Wiedereinsteigerkurs anzumelden. Kein einziger Platz ist mehr frei, heilige Sch… Aber in Chemnitz ist noch was frei, also auf nach Chemnitz. Von Lutz ernte ich komische Blicke, Wiedereinsteigerkurs, so ein Nonsens, Fahren ist Fahren und … Ich sage nichts und gehe meiner Wege.
Ein Sonnabend, es ist schönes Wetter, das passt. Zehn Personen pro Kurs, ein super Fahrlehrer, ein älterer Herr. Wir bekommen Jacken, Helme und werden auf einen großen Platz gefahren. Neun Männer und ich. Na großartig, wie in meiner Jugend.
Da stehen die Motorräder, geil. Wieder diese Gänsehaut, jetzt wird es ernst. Die längste Zeit hat es gedauert, bald werde ich auf einem sitzen. Einem Motorrad. Wahnsinn, mich fasziniert schon wieder das viele Chrom, irgendwie edel. Ich habe viel über mein Sternzeichen, Löwe, gelesen. Löwen stehen auf Luxus, lieben den Glanz nach außen. Viele Besitzer von noblen Autos sind Löwen.
Erst mal lernen wir Theorie, viele interessante Sachen werden vermittelt, viel Grundwissen zum Motorradfahren. Jeder Teilnehmer erzählt noch, wie er zu dem Kurs gekommen ist. Einer ist 40 Jahre nicht mehr gefahren. Als er in jungen Jahren seine Frau kennenlernte, hat er das Fahren für sie aufgegeben, sie hatte kein Interesse daran. Das muss Liebe gewesen sein. Jetzt ist er Rentner und sie muss noch arbeiten. Nun will er es noch mal wissen. Genial.
Nun werden die Motorräder aufgeteilt. Ladys first. Auch das noch. Der Fahrlehrer meint, es gibt ein sogenanntes Frauenmotorrad, welches sehr oft von Frauen gefahren wird, die Low Rider. Und das bekomme ich zugeteilt. Ach du liebe Zeit, so ein großes Ding! Ich sage ganz erschrocken: „Ich dachte, ich bekomme so ein kleineres?!“ „Nee“, sagt der Fahrlehrer.
„Ich denke, die Low Rider ist das, was zu dir passt und was dir sicher Spaß macht.“ Komisch, woher will der das denn wissen, was zu mir passt? Ich weiß es doch selbst nicht. Aber er wird recht behalten, toller Kerl. Nun erst mal lange Gesichter bei den Männern, vor allem bei denen, die die kleineren Motorräder nehmen müssen. In meiner Aufregung kommt mir ein Grinsen aber nicht ins Gesicht. Es geht los, die Motorräder werden erklärt. Und dann rauf auf die Karre. Einfach herrlich, geil, das erste Mal eine echte Harley unter mir und sogar zum Anfassen. Ich könnte das Teil umarmen. Mich überkommt wieder diese einzigartige Gänsehaut. Dann wird gestartet. Ich drücke den Schalter, könnte Schreien vor Begeisterung, mir kommen die Tränen, ich muss mich echt zusammenreißen. Mein erster Gedanke ist, ich würde nie wieder heiraten, würde mir stattdessen gleich eine Harley kaufen. Das Wahnsinnsgefühl kann doch kein Mann der Welt ersetzen.
Wir drehen unsere ersten einfachen Runden. Der eine sicherer und besser, der andere langsamer, unbeholfener. Aber bei jedem kann man strahlende Augen unter dem Helm erkennen und ein zufriedenes Lächeln. Wir fahren wie in der Fahrschule im Kreis, um Kegel, machen Bremsübungen … Allen macht es Spaß. Ein kleiner Imbiss ist vorbereitet, Trinken steht bereit. Wir tauschen dann die Motorräder, sodass jeder fast jedes Modell gefahren ist. Eigentlich war alle Aufregung umsonst, man verlernt das Fahren nicht. Man ist nur viel zu ängstlich. Wie so oft im Leben. Traut sich nicht, es könnte ja was schiefgehen. Na und, dann wird es eben beim nächsten Mal besser. Man muss sich mal was wagen, was Neues zutrauen, was ausprobieren, wieder mal etwas zum ersten Mal im Leben machen. Hinterher kann man es doch immer noch lassen, wenn man das Gefühl hat, dass es nicht das Richtige ist. Es gibt noch ein schönes Foto für jeden. Dieses wird wohl mein Leben lang in der Stube stehen. Zum Schluss wird noch über Preise, Finanzierung und so weiter geredet. Nee, Finanzierung kommt nicht infrage. Der Kredit für das Grundstück reicht. Mehr gibt’s nicht, dann bleibt's halt. Das ist Luxus, dafür sowieso nicht.
Für mich war es ein gelungener Tag mit inspirierenden und lehrreichen Erfahrungen. Wir fahren zurück zum Geschäft. Ich schaue mich noch mal um, nach Helmen, Bekleidung und allem, was so dazugehört. Meine Güte, ist das teuer. Ich fahre überglücklich nach Hause.
Zu Hause angekommen, hat Jonas viele Fragen. Lutz macht große Augen. Das hätte er mir wohl nicht zugetraut. Im Frühjahr gehe ich noch zwei Mal zu Harley on Tour. Die neuesten Modelle kostenlos Probe fahren, je eine halbe Stunde lang. 1.000 Euro Selbstbeteiligung im Schadensfall. Was soll‘s. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Ich traue mich immer mehr, Heritage, Softail. Einfach genial, so fühlt sich Freiheit an. Mit der Heritage fahre ich zu Hause vorbei. Ich habe den Eindruck, jetzt hat er es begriffen. Irgendwann habe auch ich so ein Teil. Ja, irgendwann, ob es ihm passt oder nicht. Eine Frage hat er noch, bevor ich zurückfahre. Wann ich komme, wegen Abendbrot essen. Ich sage: „Ich brauche kein Essen heut, ich bin glücklich und zufrieden, habe keinen Hunger.“ Das kann er wohl nicht nachvollziehen. Ist mir auch egal.
Der Sommer kommt wieder und mit ihm die Urlaubszeit. Jonas und ich wollen zelten, haben absolut keine Lust auf Wohnwagen. Ich versuche, Lutz damit zu überzeugen, dass es sicher der letzte Urlaub ist, den Jonas mit uns verbringt, und da können wir ihm den Wunsch doch erfüllen. Nach Dänemark, Schweden, Norwegen soll es gehen, einfach der Nase nach. Ich kaufe noch dicke Schlafsäcke. Nur Lutz hat keine Lust. Kein Bett, kein Kühlschrank, kein Tisch … Zu Hause bleiben will er auch nicht. Wir geben ihm zu verstehen, dass wir den ganzen Schnickschnack nicht brauchen und mal die Freiheit und Einfachheit genießen wollen.
Ich war schon mal mit Jonas allein im Urlaub. Lutz hatte in einer neuen Firma angefangen und keinen Urlaub bekommen. Ich fuhr mit Jonas mit Auto, Zelt und Fahrrädern an die Nordseeküste, wir erkundeten einige ostfriesische Inseln. Jeder hatte seine Aufgaben. Jonas war fürs Zelt, die Fahrräder und alles Technische verantwortlich und ich für das Essen und fürs Fahren. Es war mein schönster Urlaub bisher. Ungezwungen, entspannt, einfach erholsam. Wir waren auch auf Helgoland.
Da habe ich, während der Überfahrt, das erste Mal so richtig über mich und mein Leben nachgedacht. Jonas saß im unteren Teil des Schiffes, ihm bekam der Wellengang nicht so richtig. Ich war auf Deck, fantastisch. Da wird die Seele frei, vielleicht vom Sturm. Ich fing damals schon an, alles aufzuschreiben, bin dann aber wieder darüber abgestorben. Heute weiß ich, man muss abschalten, um seinen Gedanken freien Lauf lassen zu können. Dieses Abschalten muss man aber können, auf alle Fälle ist es erlernbar. Man braucht nur den richtigen Lehrer. Dieser ist man selbst.
Unser Urlaub beginnt. Die Fahrt zieht sich bis Dänemark. Ich bemerke, dass Lutz keine längere Zeit, so zwei oder drei Stunden hintereinander, fahren kann. Immer wieder müssen wir anhalten, zum Essen, um zu telefonieren, dies, das … Das nervt. Dann fahre ich, da geht es wenigstens vorwärts. Mensch, der ist Kraftfahrer. Die verflixte Sauferei, keine Bewegung, nur essen. Dann wird auch nicht nachgedacht, was gegessen wird, Hauptsache viel und fettig … Wo soll da eigentlich Energie herkommen? Wir haben schon lange unterschiedliche Meinungen über das Thema Ernährung. Mein Ernährungsstil wird als blöd und bescheuert bezeichnet, nur weil ich nicht so viel Fleisch und ungesundes Zeug esse. Ich überlege auch, wo ich etwas kaufe oder von wem. Er nicht. Wenn ich dann erwähne, dass ich doch etwas fitter bin, körperlich wie geistig, liegt es angeblich daran, dass ich fünf Jahre jünger bin.
Als Erstes schauen wir uns in Dänemark die Bunker an, in denen die Olsenbande einen Film gedreht hat. Dann geht es weiter. Ein paar Tage vergehen. Ich genieße am meisten die weite Landschaft, die Stille, unberührte Natur. Wir mieten uns einen kleinen Bungalow für zwei Nächte auf einem Campingplatz. Nach den zwei Tagen fahren wir weiter Richtung Norwegen. Dort campen wir wild. Jonas und ich sind fasziniert, nur einer nicht.
Ich verweise Lutz darauf, dass wir auch immer mit dem Wohnwagen mitgekommen sind, ob es unser Wunsch war oder nicht. Er kriegt sich bald nicht mehr ein. Er müsse in einem Sack schlafen, mit Schuhen, könne sich in dem kleinen Ding nicht ausziehen. „Du kannst dich doch draußen ausziehen!“, sagt Jonas. Nein, er könne sich nicht im Dreck ausziehen. Ich sage: „Das stört dich doch nicht, du wäschst dich doch sonst tagelang nicht.“ Na egal. Ich schlafe mit Jonas in einem Zelt, Lutz im anderen. Die nächste Nacht wollen wir auf einem Campingplatz übernachten. Er ist überfüllt, aber 300 Meter entfernt gibt es einen See, viel Wiese, das Gelände gehört auch noch zum Campingplatz. Dort dürfen wir zelten, wunderbar, ist doch besser als auf dem Campingplatz. Ein Zelt steht schon. Wir entscheiden uns für ein Plätzchen weit davon entfernt. Lutz lässt sich sein Zelt aufbauen, schließlich würde er nicht zum Arbeiten in den Urlaub fahren.
Dann auf einmal, ich denke ich sehe nicht richtig, kommen zwei große Motorräder an. Eine Familie, genial. Vater mit Sohn auf dem einen und mit einem Anhänger am Motorrad. Mutter mit Tochter auf dem anderen Motorrad. Man spürt gleich, dass es eine harmonische Familie ist. Sie bauen ihr Zelt auf, kochen Essen, holen die Gitarre raus und singen.
Später packt jeder ein Buch aus und liest. Ich sage, dass mir das gefällt, diese Eintracht, einfach schön. Lutz wirft mir Blicke zu, die mir verkünden, ich solle lieber nichts mehr sagen. Warum haben wir keine Bücher mit? Jonas war noch nie fürs Lesen zu begeistern. Oder Karten könnte man mal spielen. Damit brauche ich wohl nicht anzufangen. Ich versuche, so gut es geht, den Abend zu genießen, zu entspannen. Nur ist es hier nicht wie abends. Es ist ewig hell. Schon komisch, wie der Körper reagiert. Man wird gar nicht so müde wie zu Hause. Dafür erschrickt man früh, wie spät es schon ist, wenn man erwacht.
Lutz arbeitet an der Erhöhung seines Alkoholpegels. Traurig, irgendwann fängt er an rumzugrölen, zu schimpfen über Land und Leute. Ich habe das Gefühl, ich bekomme gleich einen Herzinfarkt oder irgend so was. Mein Versuch, ihn zu beruhigen, bleibt erfolglos. Dann torkelt er los, Richtung Straße, die zum See führt. Wir lassen ihn ziehen, ich kann nicht mehr, bin wie gelähmt, könnte im Moment nur eines, ihn einfach an der tiefsten Stelle im See versenken. Wir versuchen, eine Lösung zu finden, können aber beide keinen klaren Gedanken fassen. Mir ist das nur peinlich, vor dem eigenen Kind. Die anderen Leute werde ich sicher nie wiedersehen, aber mit dem eigenen Kind so was zu erleben ist einfach deprimierend. Wir beschließen, hinterher zu gehen. Weit ist er nicht gekommen, liegt am Straßenrand im Schnittgerinne. Ich nehme ihm die Geldbörse ab und das Taschenmesser, drehe mich weg und will gehen. Jonas fragt mich, was wir nun machen. Ich stecke ihm 50 Euro in die Tasche, ich würde ihn liegen lassen und nach Hause fahren. Jonas hilft ihm auf, ich glaube, er braucht all seine Kraft dazu, und schleift ihn ins Zelt. Dann entschuldigt er sich bei den Leuten, die unterwegs noch angepöbelt werden. Der ist einfach stockbesoffen. Warum kann er nicht einfach lustig werden? Das ist sicher der wahre Charakter, der da freien Lauf nimmt. Ich bin nah dran, einen Rettungsdienst zu rufen, habe aber Bedenken, dass wir das bezahlen müssen. Ich starre auf den See, irgendwie zieht er mich magisch an. Ich könnte reinlaufen, bis ich weg bin, einfach weg.
Jonas holt mich aus meiner Vorstellung zurück. Er hat eine Idee. Wir spannen eine Schnur von Lutz‘ Zelt zu unserem, binden an unserem Ende Töpfe dran. Es ist eine Alarmanlage, so können wir hören, wenn er sich aus dem Zelt bewegt. Wir versuchen zu schlafen, ich schaffe es kaum. Bin ich mal eingeschlafen, schrecke ich immer gleich wieder hoch.
Irgendwann in der Nacht schlägt unsere Alarmanlage an. Er geht, mehr im Kriechgang, sich seines Mageninhalts zu entleeren. Zurück schafft er es nur bis vor das Zelt. Wir lassen ihn liegen, da muss er durch. Jonas und ich stehen sehr zeitig auf. Wir beschließen, nach Hause zu fahren. Jonas hat Bedenken, dass sein Zelt Schaden genommen hat. Ich verspreche ihm ein neues, falls es so sein sollte. Wir bauen leise ab, packen alles ein, kurz vor sieben Uhr sind wir fertig. Das Einzige, was noch rumliegt, ist Lutz, laut schnarchend. Ich mache den Vorschlag, ihn einfach liegen zu lassen. Jonas packt ihn, hilft ihm auf und verfrachtet ihn auf den Rücksitz.
Fahren muss ich jetzt, und das fast ohne Schlaf. Wir kommen keine fünf Kilometer weit, ich muss erst mal anhalten, hole mein Parfüm und versprühe es im Auto. Der stinkt einfach nur fürchterlich. Das Radio drehe ich laut auf. Einige Hundert Kilometer später brauche ich eine Pause, eine Raststätte, Kaffee, eine Toilette. Der übelriechende Mitfahrer vom Rücksitz verspürt Appetit auf Bratwurst. Ich könnte am liebsten schon wieder abhauen. Irgendwann kommt er wieder, mit Bratwurst. Ohne Geld?! Die 50 Euro hat er, wie ich später feststellen werde, noch einstecken. Wir packen ihn ins Auto und dann schnell weg. Vom Rücksitz kommt nur Gemecker und Geschimpfe, undefinierbar. Wer weiß, wo er die Bratwurst geklaut hat! Langsam wird er einer etwas verständlicheren Sprache mächtig.
Er ist der Meinung, wir müssten anhalten, damit er weiterfahren kann. Ich schäme mich immer mehr vor Jonas. Das ist doch unter aller Würde, was ein alkoholisiertes Geschöpf so alles von sich geben kann. Warum ist er so geworden? Wenn jemand zum Alkoholiker wird, hat es einen Grund. Habe ich im Leben versagt? Keine Ahnung, ich wüsste keinen Grund. Mensch, der soll den Mund halten, einfach nur ruhig sein. Ich schalte das Radio aus und schreie los, frage ihn, ob er sich seines Verhaltens bewusst ist, ob er dies seinem Kind gegenüber richtig findet. Es kommt nur irgendwelches dummes, unlogisches Geplapper als Antwort. Also Radio wieder an.
Ich fahre wie noch nie im Leben, es sind schon ein paar Kilometer bis nach Hause. Jonas soll bloß aufpassen, dass ich nicht einpenne. Aber irgendwie bin ich so aufgewühlt, und dann noch der penetrante Geruch dazu. Schade um mein schönes Parfüm. Ich sollte das nehmen und einen anderen Mann damit verzaubern. Einen Mann? Sind doch fast alle nur Witzfiguren. Was hat sich die Natur nur gedacht? Die muss einen echt schwachen Moment gehabt haben. Warum müssen die Frauen Kinder bekommen? Das würde kaum ein Mann hinbekommen. Das Gejammer würde über Jahre anhalten. Na egal.
Ich fahre wie blöde, Gaspedal auf Anschlag, und schaffe es bis nach Hause. Ich steige aus und merke, ich bin einfach nur fertig. Großes Staunen macht sich breit bei meinen Eltern und unseren Nachbarn. Ja, wir sind wieder da, ohne Voranmeldung. Auf die Frage, warum, antworte ich: „Der Herr hat wohl den dortigen Alkohol nicht vertragen.“ Ich gehe spätabends ins Bett.
Am nächsten Morgen bin ich zeitig munter und räume als Erstes das Auto aus. Hoffentlich bekomme ich den Geruch aus dem Auto, der hat sich sicher schon eingefressen. Als Letztes nehme ich meinen Koffer heraus, stelle ihn hin und schaue wehmütig darauf. Wofür packe ich das Ding?