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Rituale begleiten unser Leben. Sie bringen uns in Berührung mit uns selbst. Rituale strukturieren das Leben. Sie geben ihm den richtigen Rhythmus. Wer im Rhythmus lebt, lebt gesünder, arbeitet effektiver und nachhaltiger. Die Rituale in diesem Buch möchten dabei helfen, einfach zu leben. Woche für Woche lädt Anselm Grün zu kurzen Übungen ein. Es sind keine komplizierten Methoden. Die Rituale lehren uns, einfach da zu sein, uns und den Augenblick zu spüren. Viele von ihnen gehen über den Körper, über den Atem, über eine Gebärde. Anselm Grün beschreibt in diesem Buch 52 Rituale für verschiedene Bereiche: Rituale, die uns die Ruhe schenken, die Natur um uns herum mit neuen Augen anzuschauen. Rituale, die uns helfen, eine heilige Zeit zu erleben, ganz im Augenblick zu sein, von niemand sonst bestimmt zu sein. Diese Rituale wollen uns in Berührung bringen mit uns selbst. Und Rituale, die uns in die Ruhe und in die Stille führen.
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Seitenzahl: 73
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Anselm Grün
Mein Wochenritual
52 Inspirationen für den Alltag
Titel der Originalausgabe: Einfach leben – Mein Wochenritual
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2013
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2017
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlaggestaltung: wunderlichundweigand, Stefan Weigand
Umschlagmotiv: © borchee/iStock.com
E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN (E-Book): 978-3-451-81220-0
ISBN (Buch): 978-3-451-06980-2
Inhalt
Vorwort
I. Im Einklang mit der Natur
II. In den Augenblick kommen
III. In Berührung mit mir selbst
IV. Stille, die verwandelt
Nachwort
Rituale begleiten unser Leben. Sie bringen uns in Berührung mit uns selbst. Sie helfen uns dabei, einfach zu leben, im Einklang mit uns selbst. Und Rituale strukturieren das Leben.
Sie halten es lebendig. Sie geben ihm den richtigen Rhythmus. Leben braucht den Rhythmus. Leben drückt sich auch in der Natur im Rhythmus aus. Wer im Rhythmus lebt, der lebt gesünder, der arbeitet effektiver und nachhaltiger. Er wird nicht so leicht müde. Die Rituale, die ich in diesem Buch beschreibe, möchten dabei helfen, einfach zu leben.
Die Rituale sind einfach, keine komplizierten Methoden, die ich erlernen muss. Sie lehren mich, einfach da zu sein, mich zu spüren, den Augenblick zu spüren. Indem ich in mich hineinspüre, bin ich ganz bei mir, komme ich in Berührung mit meiner innersten Wahrheit. Wir leben oft außerhalb von uns, lassen uns leben, anstatt selber zu leben.
Rituale lehren mich, selbst zu leben. Viele von ihnen gehen über den Leib, über den Atem, über eine Gebärde. Der Leib hilft uns, ganz im Augenblick zu sein. Denn der Kopf ist immer unruhig. Doch wenn wir im Ritual unseren Leib spüren, sind wir ganz präsent, ganz bei uns, ganz im Augenblick.
Die Rituale schaffen mitten im Trubel unseres Lebens heilige Augenblicke. Heilig ist das, was der Welt entzogen ist. Die heilige Zeit, die mir das Ritual schenkt, gehört allein mir und allein Gott. Da kann niemand sonst über mich verfügen. Die Rituale befreien mich von der Macht der anderen, von ihren Ansprüchen und Erwartungen. Sie zeigen mir, dass ich nicht einfach in der Welt aufgehe, sondern dass ich einen Ort in mir habe, über den die Welt nicht verfügen kann. Das gibt mir ein Gefühl von Freiheit.
„Heilig“ hat noch zwei andere Bedeutungen. Für die Griechen vermag allein das Heilige zu heilen. Das Heilige ist immer auch heilsam. Und das Heilige ist – so sagt uns die Religionsgeschichte – mit Kraft aufgeladen. Das Ritual bringt uns mit der Kraft des Heiligen in Berührung. Es stärkt uns mitten im Trubel unseres Alltags. Es wird zu einer Kraftquelle, aus der wir schöpfen können.
Für Juden und Christen ist das erste und entscheidende Ritual das Ritual des Sabbats. Das Einhalten des Sabbats wird den Israeliten schon in den Zehn Geboten eingeschärft:
„Gedenke des Sabbats: Halte ihn heilig: Sechs Tage darfst du schaffen und jede Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott, geweiht.“ (Ex 20,8–10) Die heilige Zeit des Sabbats ist eine Zeit der Ruhe. Die Rituale schaffen mitten in der Hektik des Alltags Zonen der Ruhe. Die Ruhe war für die Griechen etwas Aktives, Zeit, über das Wesentliche nachzudenken. Sie haben zwei Worte für die Ruhe: „anapausis“ bedeutet die Ruhepause, die ich einlege, in der ich aufatmen kann. Rituale sind solche Ruhepausen. Wir unterbrechen den üblichen Fluss des Lebens und machen eine Pause. Es ist immer eine kreative Pause, in der wir aufatmen, in der in uns auch neue Ideen auftauchen. Indem wir aufatmen, strömt nicht nur frische Luft in uns ein, sondern auch frische und neue Ideen.
Das zweite Wort ist: „schole“, das Muße und Ruhe bedeutet. Von dort kommt unser deutsches Wort Schule.
„Schole“ hat als Wurzel das Verb „echein“. Es bedeutet innehalten. Das ist ein schönes Bild für das Ritual. Im Ritual halten wir mitten im Fluss und im Getriebe des Lebens inne, um im Inneren Halt zu finden. Wir machen Halt, um vom Äußeren in das Innere zu gelangen. Und dort im Inneren finden wir Halt in unserer Seele. Von diesem Halt aus können wir dann die Welt gestalten.
In diesem Buch möchte ich für verschiedene Bereiche Rituale beschreiben: Rituale, die uns die Ruhe schenken, die Natur um uns herum mit neuen Augen anzuschauen, die Kraft, die uns aus der Natur zuströmt, in uns aufzunehmen.
Und wir wollen die Rituale anschauen, die uns helfen, eine heilige Zeit zu erleben, ganz im Augenblick zu sein, von niemand sonst bestimmt zu sein.
Die Rituale wollen uns in Berührung bringen mit uns selbst.
Und schließlich wollen sie uns in die Ruhe und in die Stille führen. Nur diese vier Bereiche, die mir vom Ritual des Sabbats her entgegen kommen, möchte ich in diesem Buch anschauen.
In anderen Büchern habe ich Rituale zum Kirchenjahr oder zu den verschiedenen Zeiten des Tages oder den wechselnden Anlässen in unserem Leben beschrieben. Allen Ritualen gemeinsam ist, dass sie für uns heilige Orte und Zeiten schaffen, uns zu unserem wahren Selbst führen und uns in den inneren Raum der Stille auf dem Grund unserer Seele führen wollen.
Die Natur tut unserem Leib und unserer Seele gut. Wenn wir genauer nachdenken, warum wir die Natur als heilsam erfahren, fallen mir vor allem vier Aspekte ein. Zum einen spüren wir in ihr die Lebenskraft. Das Leben, das wir rings um uns herum in den Pflanzen und Tieren wahrnehmen, das ist auch in uns selbst.
Wir fühlen uns lebendig, wenn wir durch die Natur gehen, erfrischt und mit neuem Leben erfüllt. Zum zweiten fühlen wir uns zugehörig, wenn uns die Natur umgibt. Sie ist die große Mutter, die uns birgt. Wenn wir uns im Sommer in eine blühende Wiese legen und das Zirpen der Grillen um uns herum hören, dann fühlen wir uns geborgen, wie von einer Mutter getragen. Wir dürfen einfach sein. Dazu gehört drittens: die Natur als die große Mutter bewertet nicht. In ihr dürfen wir sein, wie wir sind. Wir werden nicht beurteilt. Und dann vergeht uns selbst das Urteilen und Werten unserer selbst und anderer Menschen. Und zum vierten: wir erleben in der Natur die Schönheit. Und in der Schönheit spüren wir die Spur Gottes. Die Schönheit tut nicht nur dem Auge gut, sondern auch dem ganzen Leib und der Seele.
Die heutige Psychologie hat neu erkannt, wie heilsam es für den Menschen ist, Schönes anzuschauen und die Schönheit der Natur zu genießen.
Die Schönheit zu genießen hat auch mit dem Sabbatritual zu tun. Als Gott das Werk seiner Schöpfung vollbracht hatte, um am siebten Tag auszuruhen, sah er, dass alles sehr gut war. (Gen 1,31) Die Griechen übersetzen das hebräische Wort „tob“ mit „kalos“, das schön bedeutet. Und manche Exegeten meinen, schon das hebräische Wort „tob“ bedeute auch Schönheit. In den Ritualen, die die verschiedenen Jahreszeiten der Natur betreffen, geht es darum, sich in der Natur geborgen und lebendig zu fühlen, und die Schönheit der Natur wahrzunehmen.
Denn oft genug gehen wir achtlos durch die Natur, ohne die heilsame Schönheit zu sehen und zu betrachten. Das Ritual möchte uns einladen, das Schöne um uns herum zu genießen und auch unsere eigene Schönheit zu entdecken. Denn alles, was wir liebevoll anschauen, ist schön. Und das Schöne – so zeigen es uns die Psychologen – ist immer auch heilsam. Es macht uns schön und gut und heil.
Suche dir einen Platz in der Sonne. Stell dich in die Sonne, aber nur wenn sie nicht zu heiß auf dich brennt, sondern wenn sie dich angenehm umstrahlt. Stelle dir vor, dass die Sonnenstrahlen deine Haut wärmen. Stelle dir vor, wie sie langsam durch die Haut hindurch gehen, deinen ganzen Leib durchdringen und ihn mit Licht und Wärme erfüllen. Stelle dir dann vor, dass in den Sonnenstrahlen Gottes Liebe selber in dich eindringt. Schließe die Augen und überlege dir: Wenn das stimmt, dass in diesen Sonnenstrahlen Gottes Liebe selbst in mich eindringt, wenn es wahr ist, dass ich ganz und gar durchdrungen bin von Gottes Liebe, dann muss ich mich nicht mehr anstrengen, zu lieben. Dann bin ich einfach Liebe. Und diese Liebe gibt meinem Leben einen neuen Geschmack, einen angenehmen und süßen Geschmack. Und ich bin auf einmal fähig, mich selbst zu lieben und die Liebe zu genießen, die in mir ist. Diese Liebe kann mir niemand nehmen. Und ich kann diese Liebe zu andern strömen lassen, ohne mich dazu drängen zu müssen. Sie fließt von alleine in diese Welt hinein und verbindet mich mit der Natur und mit allen Menschen, die mir einfallen.