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Jean Paul (eigentlich Johann Paul Friedrich Richter) war ein deutscher Schriftsteller. Er steht literarisch gesehen zwischen Klassik und Romantik. Die Namensänderung geht auf Jean Pauls große Bewunderung für Jean-Jacques Rousseau zurück. Dieser erste von zwei Sammelbänden enthält seine Werke: Bemerkungen über uns närrische Menschen Biographische Belustigungen unter der Gehirnschale einer Riesin Jean Pauls Briefe und bevorstehender Lebenslauf Selberlebensbeschreibung
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Seitenzahl: 726
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Meine Schriften, Band 1
Jean Paul
Inhalt:
Jean Paul – Biografie und Bibliografie
Bemerkungen über uns närrische Menschen
1. Bändgen
2. Bändgen
3. Bändgen
Viertes Bändgen
5. Band
6. Band
7. Band
Biographische Belustigungen unter der Gehirnschale einer Riesin
Erstes Bändchen
Vorrede
Erste biographische Belustigung
Zweite biographische Belustigung
Dritte biographische Belustigung
Vierte biographische Belustigung
Fünfte biographische Belustigung
Sechste biographische Belustigung
Satirischer Appendix
Vorrede zum satirischen Appendix,
Erster Appendix
Jean Pauls Briefe und bevorstehender Lebenslauf
Vorrede
Erster Brief. An Frau Spezialin Zeitmann
Zweiter Brief. An Marietta Zeitmann
Dritter Brief. An Doktor Viktor
Vierter Brief. An Benigna
Fünfter Brief. An den Korrespondent Fisch
Sechster Brief. An Doktor Viktor
Konjektural-Biographie
Erste poetische Epistel
Zweite poetische Epistel
Dritte poetische Epistel
Vierte poetische Epistel
Fünfte poetische Epistel
Sechste poetische Epistel
Siebente poetische Epistel
Selberlebensbeschreibung
Erste Vorlesung
Zweite Vorlesung
Dritte Vorlesung
Meine Schriften, Band 1, Jean Paul
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
86450 Altenmünster, Loschberg 9
Deutschland
ISBN: 9783849633011
www.jazzybee-verlag.de
Eigentlich Jean Paul Friedrich Richter, unter dem Namen Jean Paul berühmt gewordener Schriftsteller, geb. 21. März 1763 in Wunsiedel als Sohn eines Rektors und Organisten, gest. 14. Nov. 1825 in Bayreuth, verbrachte seine Kindheitsjahre, seit 1765, in dem Dorfe Joditz bei Hof, besuchte erst seit 1776 in dem nahen Schwarzenbach, wohin sein Vater versetzt worden war, regelmäßig die Schule, gewann aber die wesentlichsten Anregungen aus einer von früh an lebhaft, freilich auch wahllos betriebenen Lektüre, über die er in dicken Folianten ausführliche Auszüge eintrug. Um Ostern 1779 bezog er das Gymnasium in Hof. Durch den bald darauf erfolgten Tod des Vaters und der Großeltern geriet er mehr und mehr in materielle Bedrängnis, die ihn aber nicht hinderte, Ostern 1781 die Universität Leipzig zu besuchen, um Theologie zu studieren. Doch nahm er es mit den Studien (nur der Philosoph Platner fesselte ihn eine Weile) nicht sehr ernst und wandte sich bald ausschließlich der literarischen Tätigkeit zu, durch die er sich auch leichter über die äußere Not hinweghelfen zu können hoffte. Von bekannten Schriftstellern wirkten jetzt außer Hippel, der schon auf der Schule sein Lieblingsautor gewesen war, Rousseau und die englischen Humoristen und Satiriker stark auf ihn ein. Für sein erstes Buch, das nach des Erasmus' »Encomium moriae« verfaßte »Lob der Dummheit«, in dem er die Dummheit redend einführt, fand er keinen Verleger (es wurde erst lange nach Jean Pauls Tode bekannt). Besser ging es den des Dichters Eigenart schon deutlich verratenden »Grönländischen Prozessen«, die wenigstens einen Verleger fanden (Berl. 1783), wenn sie auch von dem Publikum und der Kritik sehr kühl aufgenommen wurden. Um den drängenden Gläubigern zu entrinnen, begab sich R. Ende 1784 heimlich von Leipzig hinweg und traf vom Frost erstarrt in Hof bei der Mutter ein, von wo es ihm auch in den nächsten Jahren nicht gelingen wollte, literarische Beziehungen anzuknüpfen, die seiner Not hätten ein Ende machen können. Erst zu Anfang 1787 bot sich dem Dichter wenigstens ein Unterkommen als Hauslehrer dar, er übernahm den Unterricht eines jüngeren Bruders seines Freundes Örthel in Töpen. Seine dortige Stellung war jedoch unbehaglich, und schon im Sommer 1789 kehrte er nach Hof zurück. Inzwischen schrieb er neue Satiren u. d. T.: »Auswahl aus des Teufels Papieren« (Gera 1789), die ebenso wenig Aufsehen erregten wie Jean Pauls Erstlingswerk. Im März 1790 übernahm er aufs neue ein Lehramt. Einige Familien in Schwarzenbach beriefen ihn zum Unterricht ihrer Kinder, und jetzt betrieb der Dichter sein Amt in angenehmen persönlichen Verhältnissen mit wahrhaft begeisterter Freudigkeit. Die Sonntagsbesuche in Hof gewährten erquickliche Erholung, und in dem damals mit seinem dortigen Freund Otto immer inniger geschlossenen Herzensbund erwuchs ihm ein köstlicher Besitz für sein ganzes späteres Leben. Um jene Zeit entstanden einige kleinere Humoresken: »Die Reise des Rektors Fälbel und seiner Primaner«, »Des Amtsvogts Freudels Klaglibell über seinen verfluchten Dämon« und das »Leben des vergnügten Schulmeisterleins Maria Wuz in Auenthal«. Sogleich nach Vollendung des »Wuz« begann R. einen großen Roman, dessen Plan ihn schon länger beschäftigte. Während der Arbeit zwar verflüchtigte sich der ursprüngliche Plan, die »Unsichtbare Loge« (Berl. 1793, 2 Bde.) blieb unvollendet; »eine geborne Ruine« nannte der Dichter selbst sein Werk, in dem neben einzelnen unvergleichlich schönen Stellen bereits die ganze Unfähigkeit Jean Pauls zu plastischer Gestaltung, die maßlose Überwucherung der phantastischen Elemente und alles, was sonst den reinen Genuß an seinen Dichtungen stört, zutage trat. Gleichwohl bildet das Erscheinen des Buches in Jean Pauls Leben einen Wendepunkt günstigster Art. Im Herbst 1792 legte er seine Hand an ein neues Werk, den »Hesperus« (Berl. 1795), der sich gleich der »Unsichtbaren Loge« eines großen Erfolgs beim Publikum erfreute. Seit dem Frühling 1794 wieder in Hof bei der Mutter weilend, schrieb er in den nächstfolgenden Jahren: »Das Leben des Quintus Fixlein« (Bayr. 1796), ein humoristisches Idyll wie das »Leben Wuz'«, nur in breiterer Anlage; die »Biographischen Belustigungen unter der Gehirnschale einer Riesin« (Berl. 1796), ein Romantorso mit satirischem Anhang; die »Blumen-, Frucht- und Dornenstücke, oder Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten Siebenkäs« (das. 1796–97, 4 Bde.), in gewissem Sinne die beste Schöpfung des Dichters, der in den Persönlichkeiten des sentimentalen Siebenkäs und des satirischen Leibgeber die entsprechenden Elemente seiner eignen Natur zu verkörpern versuchte. Noch während der Arbeit an dem letztgenannten Roman empfing Jean Paul eine briefliche Einladung nach Weimar, von weiblicher Hand geschrieben. In der Ilmstadt, meldete die Briefstellerin, die sich Natalie nannte (welchen Namen der Dichter alsbald einer Gestalt im »Siebenkäs« anheftete), seien die besten Menschen von Jean Pauls Werken entzückt. Ohne Verzug folgte dieser dem Ruf. Seine Aufnahme übertraf alle seine Erwartungen; vor allen andern begegnete ihm Charlotte v. Kalb (die pseudonyme Briefschreiberin) mit glühender Verehrung. Jean Paul hat von ihr manche Züge für die Schilderung der hypergenialen Linda im »Titan« entlehnt. Zurückhaltender empfingen Goethe und Schiller den Hesperusverfasser, der sich in Weimar meist im Kreis des ihm wahlverwandten Herder bewegte. In jene Zeit fallen die Anfänge des »Titan«, die Abfassung des »Jubelsenior« (Leipz. 1797) und die Schrift »Das Kampanertal, oder: Die Unsterblichkeit der Seele« (Erfurt 1798). Im Sommer 1797 trat eine neue weibliche Gestalt auf die Lebensbühne des Dichters, Emilie v. Berlepsch, eine junge und schöne Witwe, mit der Jean Paul eine Reihe wunderlich exaltierter Szenen durchmachte. Fast hätte eine (vermutlich unglückliche) Heirat den dramatischen Abschluß gebildet. Im Oktober 1797 führte eine Reise nach Leipzig den nun berühmt Gewordenen auf den Schauplatz seiner einstigen Kümmernis, und jetzt drängten sich die Bewunderer um ihn. 1798 folgte auf Einladung der Herzogin Amalie ein abermaliger Besuch in Weimar. Nach einem kurzen Aufenthalt in Hildburghausen (Frühjahr 1799), wo er vom Herzog den Titel eines Legationsrats erhielt, ging Jean Paul nach Berlin, in der Absicht, sich dort dauernd niederzulassen. Im Mai 1801 verheiratete er sich daselbst mit der Tochter des Tribunalrats Meyer, aber eine vom König erbetene Versorgung blieb versagt. Von den damals entstandenen Werken sind hervorzuheben: »Palingenesien« (Gera 1798, 2 Bde.); »Jean Pauls Briefe und bevorstehender Lebenslauf« (das. 1799; unter den hier vereinigten kleinern Aufsätzen seien erwähnt: »Der doppelte Schwur der Besserung« und die »Neujahrsnacht eines Unglücklichen«) und die »Clavis Fichtiana« (Erfurt 1800), eine Satire auf den Fichteschen Idealismus; er widmete sie F. H. Jacobi, den er als den größten Philosophen der Zeit bewunderte. In Berlin behagte es dem Dichter nicht auf die Dauer; bald nach seiner Hochzeit nahm er seinen Wohnsitz in Meiningen, wo er zum Herzog Georg in vertraute Beziehungen trat und den »Titan« (Berl. 1800–03, 4 Bde.) vollendete. Doch schon im Mai 1803 verließ er Meiningen wieder und siedelte sich nach kurzem Aufenthalt zu Koburg in Bayreuth an, wo er bis zu seinem Tode wohnen blieb. Das nächste größere Werk des fortan in nur selten unterbrochener idyllischer Zurückgezogenheit lebenden Dichters war ein philosophisches, die »Vorschule der Ästhetik« (Hamb. 1805, 3 Bde.; Tübing. 1813), ein Buch voll geistreichster Einfälle, wertvoll in den über die Theorie des Komischen handelnden Abschnitten. Danach folgte die Abfassung der »Flegeljahre« (Tübing. 1804–05, 4 Bde.). Auch in diesem Roman, der zu den genialsten Schöpfungen Jean Pauls gehört und ihm selbst die liebste blieb, hat er die eigne Doppelnatur, die Gemütsinnigkeit und die humoristische Neigung seines Wesens, jene in dem weich gestimmten Walt, diese in dessen Zwillingsbruder Vult, zur Darstellung bringen wollen. In der »Levana, oder Erziehungslehre« (Braunschw. 1807, 3 Bde.; Stuttg. 1815, 4. Aufl. 1861; neue Ausg. von R. Lange, Langensalza 1893) sollten die in der »Unsichtbaren Loge«, im »Titan« und in den »Flegeljahren« in Romanform dargelegten Grundsätze theoretisch ausgeführt wiederkehren. Während der Zeit der französischen Fremdherrschaft schrieb Jean Paul zu eigner und seines Volkes Erheiterung die Humoresken: »Des Feldpredigers Schmälzle Reise nach Flätz« (Tübing. 1809) und »Doktor Katzenbergers Badereise« (Heidelb. 1809, Bresl. 1823), zwei Erzählungen von derbster Komik. Aber auch in ernsthafteren, wenngleich an satirischen Schlaglichtern reichen Schriften suchte er den gesunkenen Mut der Nation auszurichten, so in der »Friedenspredigt in Deutschland« (Heidelb. 1808) und den »Dämmerungen für Deutschland« (Tübing. 1809). Das letztere Buch, gedruckt in der Zeit, als Davout das Bayreuther Land besetzt hielt, legt auch deshalb ein schönes Zeugnis für Jean Pauls männlichen Mut und edlen Sinn ab, weil er es veröffentlichte, nachdem ihm soeben durch den ganz von dem französischen Imperator abhängigen Fürst-Primas v. Dalberg eine Jahrespension von 1000 Gulden ausgesetzt worden war. Nachdem diese Pension mit dem Großherzogtum Frankfurt 1813 zu Ende gegangen, bezog der Dichter seit 1815 einen gleichen Jahresgehalt von dem König von Bayern. Aus den spätern Lebensjahren Jean Pauls sind zu verzeichnen als bedeutendere Schriften: »Das Leben Fibels« (Nürnb. 1811), »Der Komet, oder Nikolaus Marggraf« (Berl. 1820–22, 3 Bde.), die beiden letzten größeren Arbeiten des Dichters in der komischen Gattung; ferner das Buch »Selina, oder: Über die Unsterblichkeit der Seele« (Stuttg. 1827, 2 Bde.) und endlich das Fragment einer Selbstbiographie, das unter dem im Gegensatz zu Goethe gewählten Titel: »Wahrheit aus Jean Pauls Leben« (Bresl. 1826) erschien und die Jugenderinnerungen des Dichters enthält. Einen tiefen Schatten warf auf Jean Pauls Lebensabend der Tod seines einzigen Sohnes, der 1821 als Student in Heidelberg starb. Seitdem kränkelte er und war zuletzt über Jahresfrist des Augenlichts fast gänzlich beraubt. König Ludwig I. von Bayern ließ ihm 1841 in Bayreuth ein Erzstandbild (von Schwanthaler) errichten.
Jean Paul nimmt eine eigentümliche und schwer zu bezeichnende Stellung innerhalb unsrer klassischen Literaturperiode und zwischen den sich drängenden Richtungen seit dem Beginn des 19. Jahrh. ein. Unzweifelhaft vom besten Geiste des 18. Jahrh., von dem »Ideal der Humanität«, beseelt, schloss er sich doch in seiner Darstellungsweise weit mehr an die frühern Schriftsteller als an Lessing, Goethe oder Schiller an. Die Engländer, vor allen Swift und Sterne, die Franzosen Voltaire und Rousseau, die ostpreußische Schriftstellergruppe Hamann, Hippel und Herder beeinflussten die Entwickelung seines Talents und führten ihn im Verein mit seinem eignen Naturell und seinem persönlichen Schicksal auf wunderliche Abwege. Gemeinsam mit unsern großen Dichtern blieben R. die Überzeugung von der Entwickelungsfähigkeit des Menschengeschlechts und ein freiheitlicher Zug; aber er gelangte niemals zu einer Entwickelung im höheren Sinne des Wortes. Der Abstand zwischen seinen frühesten und spätesten Werken ist ziemlich unwesentlich; die Widersprüche des unendlichen Gefühls und des beschränkten realen Lebens bildeten den Ausgangspunkt aller seiner Romane; aus ihnen gingen die weichen, wehmut- und tränenvollen Stimmungen hervor, über die er sich dann durch seinen unter Tränen hell lachenden Humor erhob. In der empfindsamen Zeit, in der Jean Paul auftrat, musste er den größten Erfolg haben; die schreienden Mängel seiner Darstellung wurden geleugnet; ja, sie scheinen in den meisten Kreisen gar nicht empfunden worden zu sein. R. gelangte nur in dem Idyll und in den besten Episoden seiner größeren Romane zu wirklich künstlerischer Gestaltung; meist wurden bei ihm Handlung und Charakteristik unter einer wuchernden Fülle von Einfällen, reflektierenden Abschweifungen, Episoden und fragmentarischen Einschiebseln verdeckt und erstickt. Verhängnisvoller noch ward für ihn die oben schon erwähnte Vielleserei, in der er ein Gegengewicht gegen die Enge seiner Verhältnisse gesucht hatte, und in ihrer Folge die leidenschaftliche Bilderjagd und Zitatensucht. Alle diese Mängel vereint drückten seinem Stil mit endlosen Perioden und unzähligen Einschachtelungen den Charakter des Manierierten auf, den der Dichter nur da abstreift, wo er von seinem Gegenstand aufs tiefste ergriffen und in innerster Bewegung ist. Gegenüber dem Enthusiasmus, der R. eine Zeitlang zum gefeiertsten Schriftsteller der Nation erhob, heftete sich die spätere Kritik wesentlich an die bezeichneten Unvollkommenheiten seiner Erscheinung. Während in seinen ausgedehnteren Werken, der »Unsichtbaren Loge«, dem »Hesperus«, dem »Titan« und »Komet«, nur einzelne glänzende Beschreibungen, humoristische Episoden oder jene zahlreichen »schönen Stellen« noch zu fesseln vermögen, von denen mehrmals besondere Sammlungen veranstaltet wurden, gewähren alle in ihren Hauptteilen idyllischen oder entschieden humoristischen Dichtungen einen weit reinern Genuss und lassen das Talent und die tieferen Eigentümlichkeiten besser hervortreten. Immer steht die liebevolle, reine Teilnahme bei ihm an allen Mühseligen und Beladenen, an den Armen, Bedrückten und Bedrängten im Vordergrund. Sein Blick für das Köstliche im Unscheinbaren, das Große und Ewige im Beschränkten ist tief und beinahe untrüglich; auch seine Naturliebe verleiht allen seinen Werken Partien von bestrickendem Zauber. Seine scharfe Beobachtung des Komischen wirkt unwiderstehlich, und alle diese Vorzüge erwecken lebhaftes Bedauern, daß dem Dichter das Erreichen klassischer, künstlerisch vollendeter Form versagt blieb. Richters Werke erschienen gesammelt in erster, aber ungenügender Ausgabe in 60 Bänden (Berl. 1826–38), besser in 33 Bänden (das. 1840–42; 3. Ausg. 1860–62, 34 Bde.) sowie in Auswahl in 16 Bänden (2. Ausg., das. 1865); ferner in der Hempelschen Ausgabe, mit Biographie von Gottschall (das. 1879, 60 Tle.; Auswahl 31 Tle.) und eine Auswahl in Kürschners »Deutscher Nationalliteratur« (hrsg. von Nerrlich, Stuttg. 1882 ff., 6 Bde.). Nach des Dichters Tod erschien noch »Der Papierdrache« (hrsg. von seinem Schwiegersohn Ernst Förster, Frankf. 1845, 2 Bde.). Von verkürzenden Bearbeitungen, die den Dichter der Gegenwart näher bringen wollen, sei erwähnt die des »Titan« von O. Sievers (Wolfenbüttel 1878). Von seinen Briefen sind zu nennen: »Jean Pauls Briefe an Friedrich Heinrich Jacobi« (Berl. 1828); »Briefwechsel Jean Pauls mit seinem Freund Chr. Otto« (das. 1829–33, 4 Bde.); »Briefwechsel zwischen Heinrich Voß und Jean Paul« (hrsg. von Abr. Voß, Heidelb. 1833); »Briefe an eine Jugendfreundin« (hrsg. von Täglichsbeck, Brandenb. 1858). Die »Briefe von Charlotte v. Kalb an Jean Paul und dessen Gattin« (Berl. 1882) und »Jean Pauls Briefwechsel mit seiner Frau und Christian Otto« (das. 1902) gab Nerrlich heraus. Aus der zahlreichen Literatur über R. heben wir hervor: Spazier, Jean Paul Friedrich R., ein biographischer Kommentar zu dessen Werken (Leipz. 1833, 5 Bde.); die Fortsetzung von »Wahrheit aus Jean Pauls Leben« von Otto und Förster (Bresl. 1826–33, 8 Hefte); E. Förster, Denkwürdigkeiten aus dem Leben von Jean Paul (Münch. 1863, 4 Bde.); Henneberger, Jean Pauls Aufenthalt in Meiningen (Meiningen 1863); Planck, Jean Pauls Dichtung im Licht unsrer nationalen Entwickelung (Berl. 1868); Vischer, Kritische Gänge, neue Folge, Bd. 6 (Stuttg. 1875); Nerrlich, Jean Paul und seine Zeitgenossen (Berl. 1876) und Jean Paul, sein Leben und seine Werke (das. 1889); Jos. Müller, Jean Paul und seine Bedeutung für die Gegenwart (Münch. 1894), Die Seelenlehre Jean Pauls (das. 1894) und Jean Paul-Studien (das. 1899); Hoppe, Das Verhältnis Jean Pauls zur Philosophie seiner Zeit (Leipz. 1901); Reuter, Die psychologische Grundlage von Jean Pauls Pädagogik (das. 1902): Allievo, Gian Paolo R. e la sua Levana (Tur. 1900); Czerny, Sterne, Hippel und Jean Paul (Berl. 1904); F. J. Schneider, Jean Pauls Altersdichtung Fibel und Komet (das. 1901) und Jean Pauls Jugend und erstes Auftreten in der Literatur (das. 1905). Eine begeisterte, formvollendete »Denkrede auf Jean Paul« verfaßte Börne (1825).
Ich begreife sehr wohl, warum manche ihren Körper so wenig den Befehlen der Weisheit untertänig machen können. Der, dessen Herz bei jedem neuen Vorfall zu pochen anfängt, wird über dasselbe anfangs wenig mit seiner Weisheit vermögen. Denn das Bestreben, den Fehler zu vermeiden, bringt ihn hervor.
Es ist der Wahrheit nicht zuträglich, wenn ein großer Kopf mit einem dummen Gegner streitet. Da jener diesen für zu gering ansieht, so wird er ihm auch da nicht Recht lassen, wo er's hat.
Wenn der Feige vor andern sich an seinem Feinde zu rächen drohet oder schon gerächt zu haben lüget, so folget er hierin weniger seinem Stolze, für tapfer zu gelten, als seinem Zorne, zu dessen Auslassung der ganze Körper kein anderes Glied als die Zunge anbietet, und der sich mutig zu machen sucht, indem er's scheinen will.
Man hat nicht bei jeder Person denselben Witz. Es gibt Leute, bei denen es unmöglich ist, witzig zu sein. Ein Witziger ist es selten bei einem Witzigen, am wenigsten bei höheren Personen.
Man lobt den andern lieber in Briefen als ins Gesicht.
Wer nicht den Mut hat, auf seine eigne Art närrisch zu sein, hat ihn schwerlich, auf seine eigne klug zu sein.
Der Skeptiker liebt den Orthodoxen mehr als den Heterodoxen.
Nur recht berühmte Leute kann man leicht fein loben.
Das System, das ein großer Mann erfunden, können kleine nicht verteidigen; auch zum letzteren gehört ein großer.
Wir suchen der Nachwelt bekannt zu werden und grämen uns doch nicht, es der Vorwelt nicht zu sein.
Der Professor schreibt seine Lektionszettel flüchtig, weil er seine Unabhängigkeit von Studenten zeigen will.
Der lügt am sichersten, der die Wahrheit nur verfälscht und keine ganze Lüge erdichten darf; bei jedem nimmt er ein andres Stück Wahrheit weg und setzt eine andre Lüge hinzu.
Die Nacht ist so zu Träumen eingerichtet, daß man auch wachend in Träume gerückt wird; man wird von ihr traumtrunken.
Jeder Mensch hat seine Lieblingsausdrücke, das Schöne zu loben.
Die Satire bessert selten. Darum sei sie nicht bloß lächelnd, sondern bitter, um die Toren, die sie nicht bessern kann, wenigstens zu bestrafen.
Kritik lernt man mehr von eignen Arbeiten als von Kunstrichtern.
Die Schriftsteller, welche ihre Schriften mit der Feile in der Hand verfertigen, werden im gemeinen Leben wenig oder schlecht sprechen. Sie sind zu sehr gewohnt, gut zu sprechen, um geschwind zu sprechen.
Ein Autor sollte unter die Schönheiten, die nur Kenner fühlen, immer solche mit mischen, die auch der schlechte Leser fühlt.
Man erwartet in den Anmerkungen eines Buches schlechtern Stil.
Vor Frauenzimmern darf man bloß Männer loben.
In einer schlechten Kleidung gelingt das Artigtun weniger als in einer guten.
Der gefällt nicht, der fürchtet, nicht zu gefallen; denn die Ungezwungenheit, die allen übrigen Schönheiten des Umgangs erst ihren Wert und oft ihr Dasein gibt, verschwindet mit der Furcht.
Eine witzige Schmeichelei verzeiht sogar der Bescheidenste.
Bei der Geliebten nur darf man von sich reden.
Die Verstellung hilft unter Leuten, denen wir ähnlich sind, nichts.
Welcher Unterschied, ob wir mit dem abgenommenen Hute einen Halbzirkel beschreiben oder ihn senkrecht bis zur Brust herunternehmen.
Wenn der andre sich mit allen seinen Fehlern, die er noch besser kennt als ich, erträgt, warum sollte ich ihn nicht ertragen?
In unsern Gesprächen verweilen wir bei einem witzigen Gedanken und bestreiten den ernsthaften, anstatt es umzukehren.
Ein einziger Geruch weckt ganze Gruppen von alten Empfindungen wieder auf; wirkt mehr auf die Phantasie als selbst das Auge.
Man freuet sich über die Standhaftigkeit des Missetäters, weil er dadurch unser Gefühl der Unterwürfigkeit unter die Obrigkeit mildert.
Man verteidiget oft eine Sache mit schwachen Gründen, weil man die stärksten sich nicht zu sagen getraut.
Mit zu großer Traurigkeit sympathisieren wir leichter als mit zu großer Freude, die Sympathie wächst mit jener, nicht mit dieser.
Ganz anders und besser versteht und goutiert man einen Autor, wenn man ihn über eine Sache lieset, über deren Aufklärung man eben jetzt verlegen ist.
Den Unmut über unsre Fehler lassen wir an der Art aus, mit der der Freund sie uns entdeckte. Geschah es frei, so zürnen wir über seine Unbescheidenheit, Plumpheit und Grobheit; geschah es fein, über seine Verstellung.
Man ist neugierig, die Stellen im Buche zu lesen, die ein andrer unterstrichen hat.
Der Mensch gehet allezeit, wenn er sich noch so lange gegen eine Meinung gesträubt, endlich zu ihr mit Leidenschaft über.
Man läßt sich herunter zu denen, die man liebt, wenn sie klein sind, bis auf einen gewissen Grad, zu dem man sich nie aus Liebe gegen Größere herablassen würde, und Sokrates ritt wohl mit seinen Kindern, aber nicht mit Größern auf dem Steckenpferd.
Wenn man die Verteidigung nicht widerlegen kann, tadelt man die Art derselben.
Ein Dummer mit Lebhaftigkeit ist das lächerlichste Geschöpf.
Wenn einer alle die Hindernisse überdenkt, die sein ganzes Leben durch seine Entwicklung bestritten hatten, so ruft er aus: »Was hätt ich nicht werden können!«
Es ist falsch, daß gewisse Laster einen großen Geist beweisen. Nicht das Laster selbst, sondern die Mittel, durch die man es ausübt, bestätigen die Größe.
Wenn Seneca sagt, Gott könne nichts lieber sehen als einen tugendhaften Mann im Widerstande gegen das Unglück, so setzte ich hinzu: als einen im Genusse einer erlaubten Freude.
Es ärgert einen, wenn man ihm die zu lesende Zeitung voraussagt.
Man kann gegen ein Laster mit dem größten Nachdruck predigen und es doch ausüben, ohne zu heucheln.
Es gibt Leute, die, um tugendhaft zu sein, erst Gelegenheit brauchen.
Die Republik zeugt und ermordet große Männer; die Monarchie tut das erstere nicht; jene lässet sie große Taten tun und belohnet mit Undank, diese verbeut große Taten.
Niemand denkt über den verschiedenen Wert großer Autoren verschiedener als große selbst.
Eine Frau kann einem Achtung für ihr Geschlecht einflößen, aber mehrere auf einmal vermindern sie.
Manche können nur fremde Meinungen, nicht ihre eignen berichtigen.
Wenn man von gewissen Sekten etc. höret: glaubt man, sie wären unsinnig, so etwas zu glauben. Aber wenn man mit ihnen bekannt wird: findet man wenigstens Zusammenhang in ihren Irrtümern.
Zuviel Enthusiasmus in der Tugend macht auf den folgenden Augenblick desto kälter und schadet also.
Wenn ich in der Jugend jemand seine Nase mit Geräusch reinigen sah, hoffte ich es einst auch tun zu können und beneidete ihn.
Bei den gemeinen Leuten ist man vornehm delikat, bei den Vornehmen zynisch.
Die Personen können sich am leichtesten verstellen, die vorher gut waren; wie Schauspieler die Rollen, die ihrer natürlichen am nächsten kommen, gut spielen.
In der Einsamkeit wird der gute Teil des Menschen, in der Menge der schlechte vergrößert; jener bekommt dort die Waffen, dieser fühlt sie hier. In der Gesellschaft lernt man die Tugend nicht.
Wenn man fragt: »Würde mit der Leidenschaft nicht manche gute Tat wegfallen?« so heißt das: »Würde der, der, weil er keinen Zorn hätte, eine gute Tat unterließe, nicht Trägheit an dessen Statt haben?« Das heißt aber: »Welches ist besser, dieses oder jenes Laster?« und unsre Frage war doch: »Ist's nicht überhaupt besser, kein Laster zu haben?«
Die Gewohnheit der Vollkommenheit des Freundes macht gegen ihn ungerecht. Man denke sich dieselbe an einem andern, wie würde man ihn lieben!
Wenn man in einem wirksamen Helfen begriffen ist, wird man von den Seufzern des Leidenden minder gerührt.
Wenn der andre ein wenig Genie zeigt, so werden wir neidisch und ungerecht gegen ihn sein; wenn er aber uns zu sehr übertrifft, nicht.
Je sinnlicher die Seelenkraft, worin man hervorsticht, desto origineller; daher sind am meisten originell die Musiker, weniger die Maler, noch weniger die Poeten, und am wenigsten die Philosophen.
Das Schönste, was wir in der Vergangenheit antreffen, ist die Hoffnung.
Wenn man sich etwas erinnern will, hebt man den Kopf in die Höhe.
Kleiner Schmerz ist in Augenblicken leidlich, aber nicht in der Fortdauer; also liegt die Ursache unserer Ungeduld darin, daß er uns immer unterbricht.
Die Vernunft kann, wenn sie einer Leidenschaft oder Empfindung ihren Ungrund und ihre Narrheit noch so deutlich zeigt, sie doch nie aufheben, sondern höchstens schwächen.
Wenn einer an einem großen Mann einen Fehler, den er selbst nicht hat, wahrnimmt, so wünschet er sich sofort Glück, daß er solcher nicht ist.
Jeder Mensch ist in einer Sache ordentlich.
Jeder bewundert den Mut des andern und findet seine Freiheit edel; treffen beide ihn, dann erregen sie seinen Zorn.
Mit wieviel tausend kleinen Mitteln muß sich der Mensch abgeben, ehe er mit etwas Großem sich beschäftigen kann.
Man würde die Menschen leichter kennen, wenn man nicht jede Handlung als die Folge von Grundsätzen ansähe; man hält zu selten eine für Kaprize, aus der nicht auf den Hauptcharakter zu schließen ist.
Ein großer Schritt zur Tugend ist, daß man nicht alles an sich liebt, seine Kleinigkeiten, Geschmack im Essen etc.
Jede Verleumdung, wenn man sie auch verwirft, läßt eine geringere Meinung vom Verleumdeten auf kurze Zeit zurück.
Wenn man beim Erzählen eines fremden Scherzes selbst sehr lacht, so gewinnt er; bei dem eines eignen, so verliert er.
Man wird mit weniger Anstoß über Glaubenssachen spotten als streiten, weil man im ersteren Falle doch noch daran zu glauben scheint.
Das Lob einer besondern Eigenschaft setzet dem Verdachte der Schmeichelei aus, da der andre sich seiner Schwäche darin vielleicht bewußt ist; aber ein allgemeines Lob wird für keine gehalten, weil jeder sich vortrefflich im Ganzen hält.
Um zur Wahrheit zu gelangen, sollte jeder die Meinung seines Gegners zu verteidigen suchen.
Die Mutter liebt der Art Menschen, von der ihr Sohn ist; gibt dem Handwerksburschen, wenn ihr Sohn einer, mehr.
Jeder Mensch wünscht sich im Frühling zu verlieben.
Die Finger, wenn sie beschmutzt sind, auseinandergebreitet tragen.
Der Wirt ist stets aufrichtiger als der Gast.
Wer in einer Gesellschaft ein Bonmot erklärt, hat seine Feinheit nicht verstanden.
Die Bewunderung nützt nicht sowohl dem Gegenstande als dem Subjekt am meisten; man freuet sich über die Größe des Menschen und daß man sie empfindet.
Wenn ich mit einem Freunde zürne, werd ich sogleich wieder gut, sobald ich eine Gelegenheit bekomme, ihm einen Dienst zu erweisen etc.
An andern liebt man Vollkommenheiten, an sich sich.
Er lobt mit Vergnügen die Tugenden des andern und rügt mit Vergnügen seine Fehler.
Alles Vergnügen kommt von ungefähr und fället aus den Wolken; an dem, das man lange erwartet, ist selten viel.
Wir schämen uns mehr vor uns selber, wenn wir uns einer Torheit, als eines Lasters erinnern.
Jeder sieht nun ein, daß die Verleumdung von ihm lüge; und doch vermutet er nicht, daß sie auch von andern Leuten lügen könne.
Ein witziger Kopf ist nirgends vergnügter und glänzender, als wo ein Narr mit ist.
Wenn euch ein feiner Kopf etwas Alltägliches zu sagen scheint: so glaubt gewiß, daß ihr ihn nicht verstanden und daß er zu fein gewesen.
Nach einer großen Sünde begeht jeder die kleine, die sie verdeckt, ohne alles Bedenken.
Er hatte Lebensart, nicht um sie zu zeigen, sondern aus Menschenliebe und Schonung: denn Lebensart ist die Tugend auf kleine Gegenstände angewandt.
Solang einer noch kein System hat und die Wahrheiten ungeordnet in seinem Kopfe liegenlässet, so lange liebt [er] schwerlich die Wahrheit: ich glaube, zuweilen ist ihm wahrhaftig eine Lüge noch lieber.
Nicht alle Menschen bedürfen notwendig des Wechsels der Moden (denn die Araber sind auch Menschen); aber wohl die Franzosen unter ihnen.
Kein Autor sollte sich über etwas zu schreiben hinsetzen, dem es nicht unbeschreiblich ärgert, daß er keinen Folioband darüber schreiben kann. Wehe ihm, wenn er einen Gedanken sucht und nicht jede Minute 10 abweiset.
Jeder hat eine andre Art, das Geld zu zählen; der eine nach 4, der andre nach 5 Groschen.
Es ist beinahe noch schwerer, gut zu schreiben, als ebensogut zu reden: denn zu jenem hab ich nicht mehr Zeit als bei diesem, weil gute Gedanken doch schnell entstehen.
Habe für alle menschl(iche) Meinungen eine Ehrfurcht und glaube, daß ihr zu sehr Wesen einerlei Art seid, als daß du über eine ganz lachen könntest, die ein Wesen deiner Art geglaubt und zu der es gewiß Gründe nötigten. Der Weise spüret alle Tage mehrere Irrtümer der Menschen und mehrere Scheingründe, durch die sich jene Irrtümer einschmeichelten, zum Gegengifte der Selbstgenügsamkeit auf.
Sich eines philosophischen Satzes zu erinnern, braucht man mehr Zeit als eines historischen: jenen schafft man beinahe wieder mit.
Wenn uns das Böse als Böses Reue macht und nicht als Wirkung der Strafe: warum bereuen wir einen bösen Willen, einen bösen Entschluß, der nicht ausgeführt wurde, nicht ebensosehr als eine böse Handlung?
Er zog sein schlechtestes Kleid an, wenn er mit einem ausging, der ärmer als er war.
Der Mensch ist gut und will nicht, daß man vor einem andern als ihm selber krieche.
Es gehört schon zu den Widersprüchen des Menschen, daß er welche zu haben glaubt.
Der Dumme denkt, man hat keine andern Wege, ihn auszulisten, als seine.
Man will nicht nach seinem Äußerlichen geschätzt sein, und andre schätzt man doch mit den Augen.
Die 11. Gefälligkeit für den, dem du 10 erwiesen, ist die Gelegenheit, dir eine zu vergelten.
Gestorbne Freunde sind Ketten, die uns von der Erde ziehen und fester mit einer bessern Welt verknüpfen.
Die Empfindungen sind nur mit Empfindungen zu besiegen.
Wienach kann im Traume die Seele über eine Person nachdenken, indessen s(elber) die Person ein Gedanke von ihr ist? –
Wer nicht immer weiser wird, der ist nicht einmal weise.
Es ist Eitelkeit, wenn man denkt, gute Bücher nützen nicht; wir bilden uns ein, andre könnten nicht den Epiktet so gut nützen wie wir.
Wer weiß, daß er uns gefället, dem gefallen wir.
Schwere Bücher machen eben denen Vergnügen, die sonst das wenigste genießen, eklen Kennern.
Unbeständigkeit gegen seinen Vorsatz heißet sich selber das Wort brechen, welches man sowenig wie gegen einen andern darf: da dieselbe schädliche Folge des Mißtrauens daraus entsteht.
Was hat man für Recht dazu, dem Pöbel, dem größern Teil der Menschen, die Aufklärung vorzuenthalten? Wer gab uns das Recht, der Richter seiner Einsicht und seines Schicksals zu sein? Wenn er die Aufklärung mißbraucht: so wird er es nicht mehr tun als die, die jetzt aufgeklärt sind. Freilich der Übergang von Finsternis zu Licht geschieht allemal in einem Orkan. – Man regiert, um sie dumm zu erhalten: und erhält sie dumm, um sie zu beherrschen.
Den Schlimmen vertritt der Argwohn die Stelle des Verstandes, und [sie] sind eben darum vor Überlistung beschützt.
Schlimme Leute befinden die guten am ersten falsch, weil diese jene nicht bei andern billigen können.
Verwandtschaft d(er) besten mit d(en) falschen Syst(emen): Es gibt schwerlich einen wahren Satz, um den nicht verwandte Bastarde stehen; um den Stoizismus steht der Quietismus und Foismus. Wie nahe grenzt die Enthaltung des Mönchtums an das Christentum! Dies gibt uns die Regel: da, wo wir einen wahren Satz so weit treiben, daß er mit allen unsern Empfindungen und Denkart zu kriegen anfängt, zu stutzen und zurückzukehren.
Worauf gründen denn die höhern Stände ihr Vorrecht an alle Wahrheiten, die dem Volk entstehen? Etwan, weil sie schon die Vorkenntnisse haben, die sie vor dem Mißbrauche neuer Wahrheit bewahren? Nun so gebe man dem Volke die Vorkenntnisse. Oder darum, weil sie regieren und nicht gehorchen dürfen? Unmöglich kann Aufklärung den Gehorsam gegen nützliche und gerechte Befehle aufheben: aber wohl gegen ungerechte. Sie sagen, sie können nicht regieren, wenn das Volk aufgeklärt würde, und sie regieren bloß, damit es es wird. Freilich gehorcht das mündige Kind dem Vater nicht mehr, sondern seinem eignen Verstand, den eben der Gehorsam dazu bildete.
Jeder hat etwas, worin er selbst denkt, und etwas, worin er nachbetet.
Es gibt verbindende und trennende Köpfe. Jene erfinden Systeme oder Epopäen, kurz, sie reißen mit schöpferischer Hand auseinanderstehende Ideen zusammen. Der philosophische Erfinder braucht so gut die Flügel der Dichtungskraft als der poetische. Die trennenden Köpfe brauchen bloß Scharfsinn, sie werfen ähnlich scheinende Ideen auseinander und sind keine Systematiker, lieber Skeptiker, Bayle.
Der Mensch schneidet nicht seine Handlungen und Neigungen nach seinen Grundsätzen, sondern diese nach jenen zu, und die Neigung ist eher als die Maxime da. Der Mann nach und der ohne Grundsätze sind nur darin verschieden, daß jener seine Neigung in e(inen) allgemeinen Satz verdolmetscht.
Nicht die wenigen Strahlen von Vergnügen, die in dieses Leben fallen, machen es uns so wert: sondern das unnennbar süße Gefühl, zu sein, das Leiden kaum stören, machts.
Fehler aus relativen Schlüssen: z. B. das Übel und den Wert eines Menschen verkleinern, indem man beide mit größern vergleicht.
Feigheit macht so gut dem Menschen das Schlimmste zutrauen als Argwohn und eigne Bosheit.
Nichts hasset man so, als die erste Äußerung eines Lasters, das man nicht erwartet.
Die Tugend des andern fühlen und ehren seine Untergebnen am meisten, weil sie sie beglückt – seine Gleichen und Obern nicht, weil sie ihnen widersteht.
Man sollte untersuchen: was eigentlich in uns die Wahrheit entdeckt? Scharfsinn ist's nicht, ein gutes Herz mehr – Mangel des Scharfsinns ist's nicht, wenn man die feinsten Irrtümer begeht und doch nicht auf die feinere Widerlegung kommt, aber vielleicht Fehler des Herzens.
Bloß die Großen schreiben wie die Alten, ohne Brotgier, ohne Rücksicht auf Leser, bloß in den Gegenstand versenkt.
Indem man oft zu neuen Erfahrungen und Kenntnissen den Namen suchen will: findet man, daß man den Namen schon längst, aber ohne Idee, bei sich getragen.
Von der Gleichförmigkeit der Seele. Dem Witzigen wird es ebensoschwer, einen Einfall eines Dummen zu verstehen als umgekehrt. Für jeden Menschen gibt es nur eine gewisse Art Menschen, die für ihn passet; bei den andern befindet er sich immer in einem Grade unbehaglich und gedrückt. Der mit einem großen Herzen leidet in den Alltagsgesellschaften mehr als diese von ihm; denn diesen macht er wenig(er) Langeweile, weil sie ihn für neu und närrisch halten.
Um in Gesellschaft etwas zu erfahren, muß man die Antwort nicht durch eine Frage, sondern eine Veranlassung herauslocken.
Dem Fürsten durch ein Gesetz die gesetzgebende Gewalt geben heißt sich selber vernichten – soviel, als wollt einer seiner Geliebten alles aufopfern, sogar seine Liebe. Man kann nichts bewilligen und geben, als was man kannte und wollte; man kann also dem Fürsten keine Gewalt zu den Gesetzen gegeben haben, die man nicht wußte und die uns schaden. Aber auf der andern Seite: wie weit erstreckt sich der Nachkommenschaft Verbindlichkeit, unter Gesetze sich zu bücken, die sie nicht gegeben? Sowenig ein Volk einem andern Volk Gesetze geben kann: sowenig die Mitwelt der Nachwelt.
Ironie ist der Weg und Übung zur Laune.
Wir können keine Leidenschaft etc. ohne ihre immerwährende Dauer fühlen. Wir können nicht glauben, jemand aufhören zu lieben, den wir lieben. Vielleicht ist's das nämliche, als was man ›glauben‹ oder für wahr halten hält.
Ein Hauptfehler, daß man d(em) andern nicht zutrauet, zu bemerken, was wir bemerken.
Je mehr man sich in seine Materie hineinarbeitet und jede Ideenfaser wieder zerfasert: desto origineller und ungenießbarer wird man, z. B. Sterne.
Je mehr man mit einer Empfindung, Bemerkung vertraut ist: desto allegorischer und versteckter drückt man sie aus.
Da kein Geschmack früher als der Gegenstand da sein kann, den er genießt und der ihn bildet: so muß die Tristramische Laune erst mißfallen, eh sie gefället, und den Geschmack zeugen, der sie goutiert.
Wir haben nichts darwider, was der andre von sich hält, wenn er nur von uns noch mehr hält.
Wenn es keine Freiheit [gibt] und unsre Triebe bloß uns stoßen: woher kömmt's denn, daß uns der erste beste Trieb nicht fortreis[s]et? was ist denn das Vermögen, Entschließungen abzuwägen, oder vielmehr das Vermögen, sich zur Anwendung jenes Vermögens ins Äquilibrium zu setzen?
Oft sind am besten Menschen dessen größte Tugenden und größte Flecken unbekannt.
Wir sagen ›das Leben nehmen‹, während nur Jahre genommen werden.
Nichts macht die Menschen vertrauter und gegeneinander gutgesinnter als gemeinschaftliche Verleumdung eines dritten.
Die Leute hassen am wenigsten, die ihren Haß in Spott und Laune auslassen.
Man muß seine Behauptungen nie entscheidend in Gesellschaft aufstellen, weil man sonst andern Mut und Lust benimmt, sie anzufechten. Einer, der alle seine Sätze mit einem ›vielleicht‹ entkräftet, lockt aus andern ihre Widersprüche und Meinungen.
Außer der Einsamkeit macht nichts so stolz als eine Gesellschaft, die sich immer untereinander lobt.
Gegen den Bekanntesten fühlt man größere Achtung, wenn andre sie ihm erzeigen.
Ein Genie, das nachgeahmt wird, hat ebendeswegen viele Fehler: denn sonst schreckt' es ab. (Ramler, Goethe jetzt und sonst)
Man schämt sich eines Sprachfehlers mehr als eines Denkfehlers – eines Gedächtnisfehlers mehr als eines Schluß-Fehlers.
Zeige nie in Reden Trotz und Mut, sondern in Taten – weniger Feinde machst du.
Wenn es keine Freiheit gibt: wie kömmt denn der ganz Lasterhafte zum Gefühl, daß er sie verloren? »Bloß weil er das starke Gewicht der einen Gründe fühlt« – allein der Tugendhafte fühlt auch seines, aber keinen Freiheitsverlust.
In Frauen wird man oft aus Langweile verliebt – man weiß nichts mit ihnen weiter anzufangen.
Wenn das, was du dem andern sagst, nicht entweder ein Merkwort zur Erinnerung oder ein Funke zur Erfindung ist: so versteht er dich nicht; ihr müßt euch voneinander bloß in der Zeit der Erfindung unterscheiden.
Jeder hat mehr Selbstliebe, als man ihm zutraut.
Alle große Torheiten, Schwärmereien etc. kamen daher, daß man – zu konsequent war, immer fortschloß, ohne Rücksicht auf Menschenverstand; z. B. Mönchtum; Skeptizismus etc.
Nicht die Fühlsamkeit und der Enthusiasmus der jüngern Jahre ist in ältern vermindert, sondern man kann nur, bei erweitertem Ideenkreis, von andern, bessern, also seltnern Gegenständen gerührt werden.
Nichts erkältet Liebe so leicht als Beschämung.
Die toleranten Menschen haben nicht die meiste Liebe.
Freude macht aufrichtig.
Große Seelen fallen am ersten in Selbstverachtung.
Keine Absichten werden leichter und allgemeiner erraten als die des Eiteln. Dies setzt allgemeine Eitelkeit voraus.
Denken lernt man nicht an Regeln zum Denken, sondern am Stoff zum Denken.
Wie verschieden, ob man sich in die Ober- oder Unterlippe beißet!
In jeder neuen Lage tritt man ein wenig aus der Philosophie heraus.
Man wird am leichtesten verschwiegen unter Leuten, die es nicht sind.
Beredsamkeit ist bloß Deutlichkeit.
Im nämlichen poetischen Kopf verschönert sich neben der Tugend auch das Laster.
Der Autor vermengt das Vergnügen, das ihm ein Buch als Künstler gibt, mit dem, das es andern als Lesern gibt.
Alle, die nur für Leute eines Fachs schreiben, z. B. Theologen, schreiben deswegen elend.
Solang ein Mensch ein Buch schreibt, kann er nicht unglücklich sein.
Aus Instinkt übt man die feinsten Umgangsregeln aus, über die man erstaunt, wenn man sie liest.
Was man selbst erfahren, kann man auch andern vortragen, obgleich es ihnen etwas Altes ist.
Es ist die größte Weisheit, sich über die Menschen hinauszusetzen, ohne sie zu hassen oder zu verachten.
Mit manchen Dingen muß man prahlen, um sich ihrer nicht zu schämen.
Ein Mann liebt Keusche und ist es selbst nicht; bei Weibern ist's umgekehrt.
Ich wäre am begierigsten, die Fehler der Engel zu wissen.
Der denkende Teil in mir entdeckt in der Welt überall Ordnung, nur der empfindende nicht, der nicht der Zuschauer, sondern ein Glied dieser Kette ist.
Bloß darum müssen wir soviel lesen, weil wir alles in 10 Büchern lesen müssen, anstatt es aus 1 zu merken.
Der neueste Gedanke altert unter der Hand eines gemeinen Schrift(stellers), der älteste verjüngt sich unter der Hand eines guten.
Dem Talent und Körper verzeiht man alles, der Tugend nichts.
Man hat eine Wahrheit lange gehört, verstanden, gelobt, eh man sie verdauet und zum Teil seines Ichs macht.
Die Kunst des Arztes wohnt zwischen der Ohn- und Allmacht der Natur mitten.
Die Situation wird nicht durch die Worte gehoben, sondern diese durch jene.
Zur Freundschaft gehört: daß wir einander gleichen, einander in einigem übertreffen, einander in einigem nicht erreichen.
Ich habe nie eine einzige Bemerkung allein gemacht, sondern es fiel mir allezeit noch eine zweite ein.
Ich bedaure nichts, was ich auf der Erde verloren, keine Jugend und keine Freude – außer dem Verlust der hohen Vorstellung, die ich von allen diesen gehabt.
Es gibt nichts Wollüstigeres, als einen Freund zu loben.
Wenn ein Jüngling und ein Mädgen miteinander einen Fehltritt begehen, so werden beide nur von dem Geschlecht entschuldigt, zu dem sie nicht gehören.
Man verdirbt unter Leuten, die einen nicht übertreffen.
Man fühlt das Bedürfnis zu unterhalten nie, wenn man interessante Gedanken hat oder zutraut; – nicht bloß in der Liebe.
Das Gefühl findet, der Scharfsinn wägt die Gründe.
Eitelkeit ist darum so schwer abzulegen, weil man sie, unter allen Lastern allein, den ganzen Tag genießen kann.
Zwischen dem Betragen eines orientalischen und eines monarchischen Untertanen ist ein geringerer Unterschied als zwischen dem eines monarchischen und eines republikanischen.
Der Mensch hält jede Veränderung seines Innern, jede Verbesserung und sogar jede Verschlimmerung für größer, als sie ist; er wird klüger, aber nicht weiser, er ändert mehr seine Handlungen als seine Gefühle, mehr seine Einsichten als seine Meinungen, und bloß sein Gedächtnis ändert sich am meisten. Gleichwohl ist einer, der nicht den Tag, die Stunde angeben kann, wo er gut geworden, es auch nicht. Die Besserung gibt oder nimmt uns nicht Gefühle, sondern beherrscht nur die eignen – und in jedem Menschen hat die Tugend andere Neigungen zu ordnen.
Man glaubt, man erhebe sich über alle die Leute, über die man nachdenkt und Reflexionen macht.
Es ist schöner, eine schöne Gegend zu betrachten als zu betreten.
Wenn man sich in Kleidern niederlegt, fällt die Melancholie der Nacht weg.
Wir wollen gern den Wert des Genies anerkennen, aber es selbst soll's nicht.
Jeder hat in seiner Jugend etwas von einem poetischen Genie, seine Narrheit und seine Entzückung; – das poetische Genie selbst aber lebt in einer ewigen Jugend.
Man kann die feinsten Bemerkungen über den Menschen und über Individuen machen und doch von ihnen betrogen werden, d. h. sie nicht kennen.
Die Sucht, seinen Charakter zu zeigen, sieht oft ebenso falsch aus als die, ihn zu verbergen.
Im kraftvollen Zustand ist man am meisten ärgerlich, z. B. bei Arbeiten des Geistes.
An der größten Tugend ist nichts zu bewundern, weil uns das Gefühl ihrer Erreichung bleibt – aber am Talent.
Es ist leichter, eine Tugend zu übertreiben, als sie zu haben, leichter, das Gelübde immerwährender Keuschheit zu tun, als in der Ehe zu leben.
An alles Körperliche ist Geistiges geknüpft, an Eigennutz Freundschaft, an Wollust Liebe, an den Gaumen Erinnerung, an Trank Tugend.
Eine Freude darüber, daß man was Neues entdeckt, heißt eine über einen 6000jährigen Irrtum.
Ohne Philosophie steigen und sinken die Gefühle zu weit.
Es sind verschiedene Talente, eines Charakter und eines Gesinnungen und Gedanken zu erraten.
Man drückt lieber die Augen zu, als daß man die Finsternis sähe.
Gerade Unparteiische, die alle Seiten sehen, finden weniger Beifall und Freunde, als die gegen eine Seite heftig sind.
Leute mit offenliegenden Vorzügen – Schöne, Witzige und Kenner vieler Sprachen – sind eitel; mit verborgenen – Tugend, Weisheit – sind stolz.
Man widerlegt lieber den, der zu schwer, als der zu leicht zu widerlegen ist.
Daß Verstand erst mit den Jahren kommt, sieht man nicht eher ein, als bis der Verstand und die Jahre da sind.
Der hohe Haß ist wie die Tugend, ohne Worte und Hitze, aber handelnd.
Die Erde als Erde ist auch dem Sinnlichsten nichts, sondern seine Ideen darüber.
Es ist ein Irrtum, daß die edlern Neigungen vernünftiger seien als die unedlern.
Kleine Seelen fühlen in ihrem Unglück nur ihren Zustand, große noch Zusammenhang, ihr Ich.
Der Blinde kann keine solchen Schrecken haben wie wir, da er keine Finsternis kennt.
Aufopferung ist leichter als Rechtschaffenheit.
Man kann keinen Gedanken gut ausdrücken, als den man oft gehabt.
Eine humoristische Stelle glänzt am meisten in einem ernsthaften Buch zitiert.
Ein Roman ist eine veredelte Biographie.
Jeder Autor dient in seinem ersten Buch bloß seinen Neigungen – im zweiten dem Geschmack.
Der vollkommene Philosoph muß ein Dichter mit sein und umgekehrt.
Von einem in Begeisterung könnte man sogar das drucken, was er denkt.
Keiner denkt mehr frei, der ein System hat.
Warum sollt es verwegen sein, dem Kant zu widersprechen? Dann wär's auch, ihm zu glauben; weil zu einem, der seine Gründe fassen will, ebenso viel gehört als zu einem, der sie widerlegen will.
Es gehört zur Tugend und Lebensart, von andern nicht zu sehr sein Recht zu fodern.
Aus einer Frau ohne Torheiten wäre weiter nichts zu machen als – ein Mann.
Weiber und Große bleiben ewig zu klug für den Weisen.
Weiber halten die Leiden besser aus als Männer; nur die der Liebe schlechter.
Eine Frau findet zwischen zwei Männern nicht soviel Unähnlichkeit als wir zwischen zwei Weibern.
E. lobt am andern nichts, was er nicht glaubt; aber um es zu loben, glaubt er's vorher.
Gewisse Menschen wären Engel, wenn sie stärker wären, und gewisse keine Teufel, wenn sie schwächer wären.
Ein Prophet (Autor) wird von seinem Vaterland zuwenig, von seinen Freunden zuviel geschätzt.
Es stärkt einen fast, daß einem die Eitelkeit der Dinge kleiner vorkömmt, wenn wir sie geschildert, d. h. durch das Medium der Poesie erblicken.
Feine Menschenkenntnis und Beobachtung ist verschieden von ausgebreiteter und vollständiger.
Ein gewöhnlicher Kopf wagt selten etwas Kindisches.
Man errät den andern mehr durch Vermutungen als durch Beobachtungen.
Die Dummen halten alle Feinen für falsch.
Eine starke Phantasie ist jed(es) großen Entschluss(es) fähig, aber sie macht auch – weil sie die Sache auf einer andern Seite betrachtet – desto unfähiger, ihn auszuführen.
Sanfte, weiche Menschen beweisen zum Schutz anderer einen größeren Zorn und Mut als für sich, z. B. Mütter.
Wir zeigen mit weniger Scham die Leidenschaften des Hassens als des Liebens.
Man hört, wegen der Gewöhnlichkeit, das Prügelgeschrei eines Kindes mit weniger Rührung als eines Hunds.
Wenn ein Buch nicht wert ist, 2 mal gelesen zu werden, so ist's auch nicht wert, 1 mal gelesen zu werden.
Die Liebe mindert die Feinheit der Weiber und mehrt die der Männer.
Nichts sichert (zumal die Weiber) mehr gegen Beleidigungen als die Gewißheit, daß man sie nicht vergibt.
Jakobi(s) Schriften verstand ich mehr, indem ich mich ihrer erinnerte, als indem ich sie las.
Ein Jüngling, der mit dem bürgerlichen Leben zufrieden wäre, wäre sehr mittelmäßig.
Mehr Sachen auf einmal merkt man leichter als eine.
Für einen von viel Witz und Belesenheit gibt's gar keine Unähnlichkeiten mehr.
Die Mannspersonen, die wir weibisch nennen, haben vom Weib nur die Fehler und gefallen Weibern so wenig als Weiber.
Bei manchen zerfließet alles so sehr ins Ganze, daß sie bei eignen Fehltritten die Schwäche der menschlichen Natur bedauern.
Manche wollen nur, daß, nicht wie, man sich entschuldige.
Die Eitelkeit des Umgangs wächst am meisten durch Leute, an denen man kein Interesse nimmt und mit denen man doch spricht.
Er hält sich noch nicht für tugendhaft genug, um sich kleine Sünden zu verbieten.
Der Weise rechnet das Mißvergnügen zu seinen Sünden.
Der schönste, edelste, freimachende Gehorsam ist der gegen sich – man muß nicht wollen, was man tut, sondern tun, was man will.
Übertriebner Tadel schadet Guten mehr als übertriebnes Lob.
Wenn man bei Mädgen etwan wie bei Männern auf ein schneidendes Ja oder Nein dringt: so gewinnt man sicher das Unangenehmere – sie haben eine aus Ja und Nein zusammengesetzte Antwort gewohnt.
Ferne Berge sind erhabner als nahe.
An ungebildeten Leuten ärgert e(inen) Eigennutz nicht.
Eine gewisse Seelengröße macht zur Menschenkenntnis unfähig.
Liebe ist ein Auszug aus allen Leidenschaften auf einmal.
Wenn man lang ein Kleidungsstück ansieht, kömmt's einem närrisch vor.
Eine einzige Selbstüberwindung stärkt mehr als 20 Gefühle und 200000 Predigten.
Es gibt 2 ganz verschiedene Satiren, eine gegen Laster, eine gegen Torheiten.
Eltern schlagen stärker, wenn das Kind nicht schreiet.
Unsre schlimmen Taten bleiben uns mehr im Gedächtnis als unsre guten.
Um sich von einer zu großen Liebe oder Duldsamkeit für etwas zu heilen, muß man nicht die Feinde davon lesen, sondern die Freunde. Lavater
Die größere Stärke wäre, bei der Kraft, wie ein ungewöhnlicher Mensch zu leben, der Entschluß, zu leben wie ein gewöhnlicher.
Wenn man keine besondere Gelegenheit hat, jemand seine Liebe zu zeigen: denkt man zuletzt, man fühle sie schwächer.
Manche wollen ihre Freunde nur von sich gelobt wissen.
In der Jugend hält man von hinten jede für schön.
Die meisten reden origineller, als sie schreiben.
In Leidenschaft machen wir nicht falsche Beobachtungen, sondern falsche Schlüsse daraus.
Jede Freude füllt, jeder Schmerz leert dich, aber in jener hat noch Sehnsucht Platz, in diesem noch Zuversicht.
Jeder Zustand, den eine gegenwärtige äußere Lage uns gibt, ist nicht rein, sondern ein Gemisch aus ihr und d(er) vergangnen – daher kann uns die gemeinste Lage einen ungewöhnlichen Zustand nach einer ungewöhnlichen Vergangenheit geben.
Ein Mensch, der uns bloß in unsern eignen Talenten übertrifft, erhebt uns – einer, der in ganz fremden groß ist, demütigt uns.
Man muß etwas Bessers sein als sein Stand, um ihn zu erfüllen.
Je mehr man mit d(em) andern bekannt wird, desto mehr hört man auf, den Verstand zu zeigen, und beginnt, das Herz zu zeigen.
Friedrich II. hätte vielleicht keinen Fehler gehabt und wäre ein größerer Mann gewesen, wär er kein König gewesen.
Kleine Mädgen grüßen mehr als Knaben.
Ein Narr ist nie so lächerlich, als man ihn macht.
Ein Staat ist leichter zu regieren als ein Mensch.
Warum lieben wir die Tugend an andern zehnmal mehr als an uns? Warum fühlen wir so viel Wärme gegen einen Aufopfernden und halten's für Schuldigkeit bei uns? Einmal müssen wir uns irren.
Die Weiber lieben einander nicht so sehr, weil sie sich nicht in den schönsten Augenblicken je sehen – des Gebets und der Liebe.
Das, was er nicht verbergen konnte, ließ er nicht erst erraten, sondern sagte es selbst, um das Opfer der Aufrichtigkeit zu bringen.
Manche Menschen macht man durch die größten Wohltaten nicht so warm als durch das kleinste Lob.
Einer kann uns ohne Egoismus sein Leben mit Interesse nur schriftlich, aber nicht mündlich erzählen.
4erlei gute Mädgen, die mit, die ohne Ehre – mit, ohne allgemeine Betrachtungen.
Wenn ein Mensch eine gewisse Anzahl Wohltaten empfangen: hört er auf, sie zu zählen.
Wenn die Menschen immer Versuchungen zu großen Sünden hätten: sie blieben gut; aber die täglichen Kämpfe gegen kleine gewöhnen an Niederlagen.
Scharfsinn ohne Empfindung ist Mühlstein ohne Korn.
Manche geben allen großen Wahrheiten Kleinheit, wenn sie sie nur sagen.
Man wird zuletzt tolerant, denkt man, gegen die Menschen; aber man ist nur gleichgültig.
Bei jeder neuen Lage fängt man eine neue Jugend an, man verjüngt sich, wenn man sich verändert. Ein Konrektor ist älter als ein Rektor, der er wird.
Man kann Liebe selten zu spät, immer zu bald gestehen.
Unterschied unter Männern und Weibern, daß diese in der Leidenschaft keine Gründe annehmen.
Man gewinnt mehr, wenn man Mädgen etwas für sich tun lässet, als wenn man etwas für sie tut.
Schwerlich kennt die Frau unter der Liebe etwas größers als die Liebe – der Mann kennt mitten darunter noch seine Lieblingsarbeit, seine Philosophie als das Größere. Bei ihr ist sie Ziel; bei uns ist sie Spaliergewächs an den Schranken zum Ziel.
Der Mensch genießet den jetzigen Augenblick nicht, wenn er nicht gewiß weiß, daß der künftige auch Glück zuführt. Daher quälet er sich mit der Jagd nach Hoffnungen und mit der Flucht vor Befürchtungen. Um nun eine störende Befürchtung loszuwerden, bequemet er sich lieber zu den tollsten Hoffnungen.
Der Mensch erträgt ein neues Übel darum unwilliger als ein größeres altes, weil sie es, aus Mangel an Wiederholung, noch für kein notwendiges halten.
Der Mensch kann nicht eher wissen, wie gut er ist, als bis einmal sein halbes Glück von einer großen Sünde abhing.
Das Alter ist trüber als die Jugend, nicht, weil seine Freuden, sondern weil die Hoffnungen erloschen sind.
Wem eine Frau gleichgültig wird, bei dem fängt die Sinnlichkeit an.
Feinheit des Ausdrucks ist verschieden von Feinheit der Gesinnung.
Vielleicht die männliche Herrschsucht daher, weil Weiber keine Gründe annehmen.
Man errät die Menschen am besten, wenn man sie bei Erzählungen um ihre Vermutungen der unerzählten Zukunft fragt.
Die Weiber beherrschen Männer mehr als umgekehrt, weil nur diese Gründe annehmen.
Keinem Gesichte steht ein häßliches übler als einem schönen.
Wie leichtsinnig Weiber sind, [sieht man] daraus, weil der Gedanke des Todes bei der Schwangerschaft nicht mehr Einfluß auf sie hat.
Wenn man etwas hört, das einen in Erstaunen und zugleich in Verwirrung wegen der Antwort setzt: so muß man kalt eine kurze einsilbige Frage tun, die eine lange Antwort braucht.
Wenn man bezahlt wird, denkt man, man arbeitete zu wenig – wenn man arbeitet, man bekomme zu wenig.
Ich begreife nicht, wie ein Mann sagen oder glauben kann, er sei schön, ohne rot zu werden.
Wenn sich einer nur einmal zwingt nachzugeben: so sieht er, daß er nicht viel nachzugeben braucht und daß der andere auch nachgibt.
Es ist unbegreiflich, wenn man in den höhern Ständen sieht, wie viel eine Frau braucht, um keine Langweile zu haben – in unsern, wie wenig.
Man unterlässet zu viel Gutes, weil der Nutzen, und begeht so viel Böses, weil der Schaden zweifelhaft ist.
Man verbindet sich oft einen Menschen, wenn man nach dem Namen seines Hundes fragt.
Nur ein Mann, keine Frau, kann eine Stunde vor einem Ball in einem philosophischen Buche lesen, oder darin gar daran denken.
Voltaire widerlegt den Pascal und hat überall recht – nur darin nicht, daß er ihn nicht verstand.
Derselbe Scharfsinn findet an allen Behauptungen das Wahre, der an allen das Falsche entdeckt – er weiß kaum, wo er anfangen soll, zu widerlegen oder beizutreten.
Im Sommer ist man menschlicher, im Winter bürgerlicher.
Bei Mangel an Talent ist's besser zu sprechen als zu schreiben.
Nur in 1 Fall sind Weiber Weibern lieber als Männer – wenn sie nämlich als Gäste kommen: mit Männern können sie nichts reden. –
Sogar in unserer Erinnerung ist uns die Vergangenheit als Fülle früherer Erinnerung schön.
Manche können leichter die Lehrer der besten als der guten Menschen sein.
Leidenschaft macht, daß man besser und schlechter handelt als die Vernunft täte.
Man entschuldigt seinen Fehler bei sich dadurch, daß man ihn sogleich bereuet, und setzt doch bei [einem] andern nicht voraus, daß er den kleinen sogleich nach dem Begehen bereue.
Der Stand erhebt die Großen über die Urteile, die die Kleinen über ihre Tugenden fällen – aber nicht über ihre Vorzüge. Sie rächen nicht die beleidigte Achtung, sondern die beleidigte Eitelkeit.
Kluge halten das Gewöhnliche, Dumme das Ungewöhnliche für toll.
Wir täuschen uns über den Wert eines Autors, da wir nicht an die vielen Minuten denken, wie er das Werk Glied vor Glied zusammengeschoben.
In einem Vormittage, wo man reiset, ein ungewöhnliches Geschäft hat – kurz in jeder neuen Lage – lebt man mehr, sieht das Leben anders, fühlt sich mehr als in 4 gewöhnlichen Wochen.
Es ist ebenso fehlerhaft, nicht überall die Sinnlichkeit, als überall ihren Sieg voranzusetzen.
Feinheit überall wirkender als Kraft.
Ich ärgerte mich über den Menschenlärm unter mir und konnte nicht eher schlafen, als bis ich wußte, es seien Pferde.
Jede Arbeit, auch philosophische, poetische, lenkt den Menschen vom Ich und oft vom Bessern ab.
Fehler, daß man den andern nur widerlegen, nicht überreden will.
Gegen Liebe ist man nie undankbar, nur gegen Wohltaten.
Eigentlich müßte man für jedes Individuum ein besonderes Buch schreiben.
Menschen beweisen sich in Gesellschaft Sachen, die jeder glaubt.
Eine nie auf die Probe gesetzte Frau denkt stets von sich zu gut und von dem Sieg zu leicht.
Es verlohnt sich nicht, daß man alle Bücher widerlegt. Exzerpieren isoliert und hebt eine Sache heraus.
Der Gelehrte erwirbt sich mehr blindes Zutrauen als der Scharfsinnige, weil jenem nur der Gelehrtere, diesem jeder widersprechen kann.
Es ist leichter, die Menschen zu lieben, als zu ertragen – viele heftig zu lieben, als keinen zu hassen.
In den Weibern ist der höchste Kontrast der Aufopferung und der Schwäche – der Tugend und der Kleinlichkeit.
Die Schwätzer von lohnendem Bewußtsein guter Taten haben wenig getan – sie hätten sie sonst vergessen –, sie hätten sich sonst erinnert, daß die Gewissensbisse mit der Stärke des Gewissens steigen und daß die besten Menschen sich mehr vorwerfen als die schlimmsten.
Ein ganz Tugendhafter muß viel Geist oder Feuer haben, um nicht langweilig zu sein.
Man legt leicht die großen Unarten ab und hat noch immer die kleinen der Gewohnheit und Erziehung.
Uns greift ein auf der Straße verwesetes Vogelgerippe an, aber keines, das auf unserm Teller liegt.
Man liebt die Menschen mehr, wenn man den Entschluß, ihnen eine Wohltat zu erweisen, fässet, als nachdem er ausgeführt ist.
Ein Volk kann nicht auf seine Genies, sondern auf das Volk, auf die Menge stolz sein – die Genies können auf die Genies es sein.
Bei der Besserung sieht man, daß man eine Menge Dinge im Umgang, die man aus Höflichkeit und Mode tat, aus Tugend nun tut und leichter.
Ein Mann von Verstand gibt Leuten von Verstand zu leicht sein Herz.
An Weibern ist alles Herz, sogar der Kopf.
Man sagt zu Ochsen ›dummer Esel‹ und umgekehrt.
Man liebt noch den Ort der Liebe, wenn man gegen die Person keine mehr hat.
Man sollte nie mit dem Edeln zugleich einen unschuldigen, aber nied(rigen) Zweck erreichen – es ist nichts gefährlicher für die Moral (Tugend), als von ihr zu leben.
Menschen erraten heißet nichts als sich ähnl(icher) Erfahrungen besinnen. Mit einem ganz neuen Charakter kömmt der größte Menschenkenner nicht aus.
Es ist leichter zu schmeicheln, als zu loben.
Die Menschen, besonders die Weiber, wollen lieber gelobt als geliebt sein.
Ein anderes ist der Mut, d(er) Gefahr nicht zu achten, ein anderes, sie nicht zu sehen, zu verachten, ihr zu trotzen.
Zwischen 4 Wänden sind alle Menschen Sonderlinge, nur nicht offen.
Man sagt leise: »ich empfehle mich Ihnen«, wenn man den Hut von weitem zieht.
Keine Fehler sind von den Besten schwerer zu verzeihen als die der besten Menschen.
Es ist ein geringer Unterschied zwischen dem Stolz auf wahre Vorzüge und dem auf keine.
Man glaubt oft, man könne nicht gut sprechen, da einem doch nichts fehlt als der Stoff zu sprechen.
Genuß der Ehre hindert den der Natur.
Goethe, so dramatisch und in fremdem Namen redend, daß er sich nicht finden kann, wenn er etwas im eignen sagen soll.
Wenn zwei körp(erlich) zusammenstoßen, denkt jeder, nur der andere habe Schmerz und Recht – bei moralischem Zusammenstoßen das Gegenteil.
Die Menschen wären alle bescheidener und demütiger, trieben sie alle nur eine Kunst.
Jeder kömmt sich selber leer und mager vor (ausgenommen wenn er sich vergleicht), weil er sich ganz auskernt und erschöpft mit der Idee. Keiner kann seine eigne Gelehrsamkeit bewundern, weil er sie ganz kennt.
Die höchste Liebe glaubt und fodert höchste Vollkommenheit, daher ist sie ihrem Ende am nächsten.
Ehrgeiz ist verschieden von Ehrliebe – diese sündigt nie gegen die Ehre, aber jener, der nach Schande nichts fragt, um berühmt zu sein – diese will eigne Achtung, jener fremde, diese ist bei Weibern, jener [bei] Männern.
Nichts ist an Rousseau so groß – der sich selber kleiner darstellet, als er war, wie bei jedem großen Mann der Fall sein müßte, wenn er uns in alle Ecken seiner Seele blicken ließe – als dieses, daß er mitten im Leben der großen Welt und in Paris seine hohen Grundsätze entwickelte und behielt. Diese Festigkeit gegen die untergrabende Zerstörung der äußern Welt ist die höchste Stärke der Seele.
Die Keuschheit wohnt weder in den obern noch untern Ständen – sondern in den mittlern.
Das Einfältigste sagt man im Anfang in einer Gesellschaft, das Beste zuletzt.
Ein rechtschaffener Menschenf(ein)d sagt im Zorn mehrere und nützlichere Wahrheiten als in der Liebe.