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Um den steigenden Anforderungen im ambulanten Pflegebereich gerecht zu werden bedarf es einer kontinuierlichen Weiterbildung im Rahmen des lebenslangen Lernens. Dies benötigt Zeit, welche Pflegende, aufgrund zunehmender Arbeitsdichte bei gleichzeitigem Personalmangel, nicht haben. Das Lernformat Microlearning hat den Anspruch, Lernen in die Arbeitszeit bzw. den Arbeitsprozess zu integrieren und somit entstehende Warte- als Lernzeiten zu nutzen. Im vorliegenden Band wird untersucht, inwieweit Microlearning den Anforderungen und Bildungsbedarfen von ambulant Pflegenden gerecht werden kann sowie ein Konzeptentwurf zur Implementierung des Lernformats in der ambulanten Pflege vorgestellt.
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Seitenzahl: 156
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Abbildungsverzeichnis IV
Glossar VI
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Ausgangslage
1.2 Zielsetzung, Gegenstand und theoretischer Rahmen der Arbeit
1.3 Forschungsleitende Fragestellungen
1.4 Methodische und inhaltliche Vorgehensweise
2 Microlearning in der betrieblichen Weiterbildung – Theoretischer Hintergrund
2.1 Microlearning in der Erwachsenenbildung
2.2 Microlearning im Rahmen der beruflichen und betrieblichen Weiterbildung
2.2.1 Kompetenzentwicklung als zentrales Ziel von arbeitsintegriertem Lernen
2.2.2 Stufen betrieblichen Lernens
2.2.3 Microlearning im Rahmen von formalem, nonformalem und informellem Lernen
2.3 Microlearning-Formate
2.3.1 Analoge Formate
2.3.2 Digitale Formate
2.3.3 Das One Minute Wonder als Beispiel für Microlearning in der Pflege
2.4 Zwischenfazit und Ausblick
3 Anforderungs- und Bildungsbedarf in der betrieblichen Weiterbildung am Beispiel der ambulanten Pflege
3.1 Anforderungs- und Bildungsbedarf der Pflegenden im ambulanten Bereich abgeleitet aus den rechtlichen und bildungspolitischen Rahmenbedingungen
3.2 Anforderungs- und Bildungsbedarf der Pflegenden im ambulanten Bereich abgeleitet aus dem spezifischen Aufgabenbereich
4 Anforderungs- und Bildungsbedarf im Setting der ambulanten Pflege – Methodik der empirischen Untersuchung
4.1 Erhebung des Anforderungs- und Bildungsbedarfs der Pflegenden im ambulanten Bereich
4.2 Aufbereitung der gewonnenen Daten
4.3 Auswertung der gewonnenen Daten
4.4 Beurteilung der Arbeit anhand qualitativer Gütekriterien
4.5 Reflexion des methodischen Vorgehens
5 Darstellung der empirischen Ergebnisse bezüglich des Anforderungs- und Bildungsbedarfs in der ambulanten Pflege
6 Diskussion: Microlearning als Lernformat in der betrieblichen Weiterbildung im Setting der ambulanten Pflege
7 Fazit und weiterführende Gedanken
8 Literaturverzeichnis
9 Anhang
9.1 DQR-Matrix Niveau 4
9.2 Interviewleitfäden
9.3 Interviewvereinbarung
9.4 Transkriptionsregeln
9.5 Vorläufiges Kategoriensystem
9.6 Endgültiges Kategoriensystem
9.7 Kodierleitfaden
9.8 Bestimmung und Interpretation der Interrater-Reliabilität mithilfe von Cohens Kappa
9.9 Statistik für Subcodes (MAXQDA)
9.10 Konzeptentwurf zur Implementierung von Microlearning in der ambulanten Pflege
Abbildung 1: Forschungsablauf (eigene Darstellung)
Abbildung 2: Die Stufen eines Social Workplace Learning nach Jane Hart (eigene Darstellung in Anlehnung an Erpenbeck & Sauter 2015, S. 20)
Abbildung 3: Das 70-20-10-Modell (eigene Darstellung)
Abbildung 4 Deduktive Kategorien auf Grundlage des theoretischen Rahmens als Basis für die Ermittlung des Anforderungs- und Bildungsbedarfs von Pflegenden im ambulanten Bereich (eigene Darstellung)
Abbildung 5 Liste der Codes. Erstellt mit dem Programm MAXQDA (Version 20.4.1) (eigener Entwurf)
Tab. 1 Merkmale von Micro- und Macrolearning im Vergleich (eigene Darstellung in Anlehnung an Abel & Wagner 2017, S. 138; Lorenz 2010, S. 5)
BBiG
Berufsbildungsgesetz
BMG
Bundesministerium für Gesundheit
DIPF
Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung
DQR
Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen
EQR
Europäischer Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen
FDZ
Forschungsdatenzentrum
ICN
International Council of Nurses
IM
Instant-Massaging-Dienst
LMS
Learning Management System
MDK
Medizinischer Dienst der Krankenkassen
OK
Oberkategorie
OMW
One Minute Wonder
PDL
Pflegedienstleitung
SGB
Sozialgesetzbuch
UK
Unterkategorie
WHO
Weltgesundheitsorganisation
ZQP
Zentrum für Qualität in der Pflege
Autopoiesis
„Selbststeuerung, Selbstorganisation lernender Systeme“ (Siebert 2019, S. 302).
Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR)
Der Deutsche Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) stellt die nationale Umsetzung des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) dar, mit dem Ziel, „… Gleichwertigkeiten und Unterschiede von Qualifikationen transparenter zu machen und auf diese Weise Durchlässigkeit zu unterstützen“ (DQR 2011, S. 3). Hierbei werden die „… Besonderheiten des deutschen Bildungssystems …“ (ebd.) berücksichtigt.
Deutungsmuster
Jeder Mensch eignet sich im Laufe seines Lebens, bedingt durch individuelle Erfahrungen, verschiedene Deutungsmuster an. Diese „… bieten den Individuen Handlungs- und Bewertungsorientierungen, mit deren Hilfe sie auch schwierige Situationen ausdeuten können“ (Bögelein & Vetter 2019, S. 14). Sie sind „strukturiert und konsistent“ (ebd.) und „… entwickeln unabhängig von ihrem eigentlichen Entstehungskontext eine relative Eigenständigkeit“ (ebd.).
Deutungsmuster können sich weiterentwickeln und wandeln, besitzen aber dennoch „… eine hohe situationsübergreifende Stabilität …“ (ebd.).
Ermöglichungsdidaktik
Die Ermöglichungsdidaktik beruht auf Prinzipien, wie dem der Selbstbestimmung und Selbststeuerung. Lernen findet durch einen Aneignungsprozess statt, der in der Verantwortung der Lernenden liegt. Die Lehrenden regen zum Selbstlernen an, indem sie ihre Rolle an den individuellen Bedarf der Lernenden anpassen (z. B. als Lernbegleiter/-in), aktivierende Methoden, wie eine Fallarbeit, wählen und eine lernförderliche Atmosphäre schaffen (Arnold 2014, S. VIII; Siebert 2015a, S. 34).
Erzeugungsdidaktik
Bei der Erzeugungsdidaktik wird das Wissen von den Lehrenden vermittelt. Lerninhalte und -ziele sind von außen vorgegeben (Quilling 2015, S. 2).
Kompetenzen, Kompetenzentwicklung
Kompetenzen sind laut Arnold (2010c) ganzheitlich ausgerichtet (S. 172-173). Sie umfassen neben fachlichem Wissen und Können außer- bzw. überfachliche Fähigkeiten, wie die Methoden-, Sozial- und Personalkompetenz. Sie verbinden das reine Wissen mit dem praktischen Können (Arnold 2015a, S. VI). Schlüsselqualifikationen werden ebenfalls zu diesen Fähigkeiten hinzugezählt.
Eine Kompetenzentwicklung findet dann statt, wenn neue Fähigkeiten erworben werden, welche dazu beitragen, Aufgaben selbstgesteuert zu bewältigen (ebd.).
Lebenslanges Lernen
„Die Vision des lebenslangen Lernens baut darauf auf, dass die Menschen die Kompetenz erwerben, eigenständig über ihre Lebensspanne hinweg zu lernen. Sie umfasst damit alle Gelegenheiten zum Lernen: in Seminaren, mit E-Learning, am Arbeitsplatz oder in Projekten, ein Leben lang“ (Erpenbeck & Sauter 2010a, S. 11).
Lebenswelt
Unter Lebenswelt wird das persönliche Umfeld, in welchem ein Mensch lebt, verstanden.
Metakognition
Metakognition bedeutet die Selbstreflexion über das eigene Denken. Dieses, sowie das individuelle Lernverhalten und das Handeln zu hinterfragen, spielt im Rahmen des lebenslangen Lernens eine wichtige Rolle (Arnold 2014, S. VII).
Selbststeuerung, selbstgesteuertes Lernen
Selbstgesteuertes Lernen verläuft prozesshaft und beinhaltet die eigenverantwortliche Bestimmung und Formulierung von Lernbedürfnissen und -zielen, die Identifikation von Ressourcen, die Auswahl und die Anwendung geeigneter Lernstrategien sowie die Bewertung von Lernergebnissen (Knowles 1975 zit. n. Arnold 2010d, S. 264).
Teilnehmerorientierung
Teilnehmerorientierung, als ein wichtiges Prinzip der Erwachsenenbildung, bedeutet „…eine Passung von Lernanforderungen und Teilnehmervoraussetzungen“ (Tietgens 1980, S. 216). Die Subjektivität der Teilnehmenden wird in die Planung und Durchführung von Veranstaltungen in der Erwachsenenbildung mit einbezogen, was wiederrum ein Anschlusslernen ermöglicht (Siebert 2019, S. 119).
Durch Globalisierungsprozesse und dem demographischen Wandel sowie die rasanten technologischen und medizinischen Fortschritte ist die Gesellschaft einem stetigen Wandel unterworfen (Mittnacht 2009, S. 15).
Mit Zunahme der Lebenserwartung und dem in Konsequenz wachsenden Anteil älterer Menschen sowie der Ausbreitung chronischer und multimorbider Erkrankungen, steigen neben dem Grad der Pflegebedürftigkeit auch die Anforderungen für Pflegende im Setting der ambulanten Pflege (Idler 2020, S. 49; bpb 2020; Kuhlmey 2009, S. 293). Hinzu kommt der Personalmangel in der Pflege. Zwar haben sich in den letzten Jahren immer mehr Pflegende für eine Arbeit im ambulanten Bereich entschieden; es konnte ein Zuwachs um 8,4% Vollzeitäquivalente festgestellt werden; allerdings ist diese Zunahme im Verhältnis zum Anstieg der Pflegebedürftigen (+ 18,4%) gering1 (Destatis 2020, S. 13).
Dem gegenüber stehen die hohen Qualitätsanforderungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) (GKV-Spitzenverband 2015, S. 9) und nicht zuletzt der, vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) postulierte, „Anspruch auf gute Pflege“ (BMG 2021, S. 127).
Eine Möglichkeit der zunehmenden Komplexität im Pflegealltag und den damit verbundenen Anforderungen gerecht zu werden liegt in der kontinuierlichen Weiterbildung im Rahmen des lebenslangen Lernens, mit dem Ziel, „… eine qualitativ hochwertige pflegerische Versorgung durch … Kompetenzentwicklung zu gewährleisten“ (Krüger et al. 2021, S. 23).
Die These der „Halbwertszeit des Wissens“ (Helmrich & Leppelmeier 2020, S. 5) verfügt zwar über keine empirische Grundlage und der, oft mit Globalisierungsprozessen und Digitalisierung (z. B. Industrie 4.02) in Zusammenhang gebrachte, Wissensverfall bezieht sich eher auf die Endlichkeit der Menschen (Helmrich & Leppelmeier 2020, S. 13–14); dennoch lässt sich beobachten, dass „… das in einer beruflichen Erstausbildung erworbene Wissen häufig nur noch die Grundlage für den Einstieg in den Arbeitsmarkt darstellt und dabei erworbenes Wissen nicht mehr für ein ganzes Berufsleben ausreicht …“ (Bretschneider 2006, S. 4). Neue medizinische und pflegerische Erkenntnisse machen ein kontinuierliches Weiterlernen, über die bereits erworbenen Kenntnisse, Fähig- und Fertigkeiten hinaus, erforderlich (Lipusch 2010, S. 28; Eppler et al. 2019, S. 642).
Der Besuch von institutionalisierten Fort- und Weiterbildungen benötigt neben Motivation jedoch v. a. eines: Zeit. Zeit, welche Pflegende, aufgrund zunehmender Arbeitsdichte bei gleichzeitigem Personalmangel, nicht haben. Dennoch gilt es, eine Verschlechterung der Pflegequalität zu verhindern.
Ein Ansatzpunkt, um ein Weiterlernen trotz Zeitmangel zu ermöglichen, ist es, Lernen dorthin zu verlegen, wo sich die Pflegenden größtenteils aufhalten: an ihren Arbeitsplatz. Doch selbst wenn die Fort- und Weiterbildungen vor Ort angeboten werden, finden diese häufig zu Beginn oder am Ende der Arbeitszeit statt, da eine längere Abwesenheit im Dienst nicht möglich ist. Dabei ist fraglich, inwieweit Pflegende vor und nach der Arbeit motiviert, konzentriert und aufnahmefähig für die Aneignung neuer Lerninhalte sind (Spitz-Köberich 2018, S. 12).
Ein Lernformat, welches sich dieser Herausforderung stellt, ist das sogenannte Microlearning. Hierbei sind klar abgegrenzte Lerninhalte so aufbereitet, dass diese von den Lernenden – unabhängig von Ort und Zeit, oftmals digital – innerhalb kürzester Zeit angeeignet werden können (Ettl-Huber 2020, S. 11–12).
Das ursprünglich aus England stammende Lernformat Microlearning ist bereits seit einigen Jahren in Deutschland verbreitet. Die erste Konferenz im deutschsprachigen Raum zum Thema fand 2005 in Innsbruck statt (Siepmann 2021, S. 13). Dementsprechend wird das Lernformat bereits in vielen Branchen angewendet. So auch in der Pflege (Robes 2009, S. 5). Ein Beispiel aus dem Bereich der Akutpflege ist das One Minute Wonder, welches einer „niederschwelligen Wissensvermittlung“ (Eppler et al. 2019, S. 642) zur sinnvollen Nutzung von Wartezeiten dient. Aufgrund der dünnen Studienlage ist allerdings davon auszugehen, dass dieser Trend im Bereich der ambulanten Pflege noch nicht angekommen zu sein scheint. Dabei lässt v. a. dieses Setting, aufgrund der hohen Eigenverantwortung und den benötigten fachlichen Kenntnissen, vermuten, ein geeignetes Einsatzfeld für Microlearning zu sein (Bleses & Jahns 2016, S. 133).
Laut der Benchmarking Studie 2021 stellen „… kurze und attraktive Lerneinheiten heute ein Muss“ (Siepmann 2021, S. 12) dar. Microlearning wird somit häufig als hilfreiches Lernformat suggeriert. Jedoch stellt sich die Frage, inwieweit diese Art von Lernen den Anforderungen und Bildungsbedarfen der Pflegenden im ambulanten Bereich, unter den vorherrschenden Rahmenbedingungen, gerecht werden kann (Baumgartner 2014, S. 20; Rensing & Després 2018, S. 1; Lorenz 2010, S. 1).
Diese Anforderungen und Bedarfe zu eruieren und mit dem ‚Können‘ von Microlearning abzugleichen, stellt die hier zu untersuchende Forschungslücke dar.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zu analysieren, inwieweit Microlearning den Anforderungen und Bildungsbedarfen von Pflegenden im Rahmen der betrieblichen Weiterbildung im Setting der ambulanten Pflege gerecht werden kann und welche Bildungsbedarfe durch dieses Lernformat wie gedeckt bzw. adressiert werden können.
Im Vordergrund der Arbeit stehen die
1. Identifikation der Bildungsbedarfe, welche durch Microlearning gedeckt und der Adressaten, welche durch dieses Lernformat angesprochen werden;
2. Analyse der Anforderungen und Bildungsbedarfe der Pflegenden in der ambulanten Pflege;
3. Überprüfung, inwieweit das Lernformat Microlearning die Bildungsbedarfe von Pflegenden im Setting der ambulanten Pflege deckt und inwiefern eine Umsetzung möglich und v. a. sinnvoll erscheint.
1 Zu beachten gilt, dass die vorliegenden Zahlen als unsicher zu betrachten sind, da es durch die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes im Jahr 2019 zu Verfälschungen kommt.
2 Unter Industrie 4.0 wird „… die intelligente Vernetzung von Maschinen und Abläufen in der Industrie mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologie“ (BMWi & BMBF 2021) verstanden.
Die entsprechenden forschungsleitenden Fragestellungen lauten daher:
1. Welche Bildungsbedarfe können mit Microlearning wie gedeckt bzw. adressiert werden?
2. Welche Anforderungen und Bildungsbedarfe bestehen für Pflegende im Setting der ambulanten Pflege?
3. Inwieweit wird Microlearning diesen Anforderungen und Bildungsbedarfen gerecht?
Die Forschungsfragen sind, im Sinne eines qualitativen Vorgehens, offen formuliert (Döring & Bortz 2016c, S. 26). In der Zielsetzung und den forschungsleitenden Fragestellungen wird bewusst auf den allgemeinen Begriff der ‚Pflegenden‘ und ‚Pflegepersonen‘ zurückgegriffen, da in der ambulanten Pflege viele unterschiedliche Berufsgruppen vertreten sind, wie bspw. Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen, Altenpflegehelfer/-innen, Heilerziehungspfleger/-innen (Destatis 2020, S. 39).
In der Arbeit sollen alle Berufsgruppen Berücksichtigung finden, welche in der ambulanten Pflege einen Dienst direkt am zu pflegenden Menschen (bspw. Körperpflege, Injektionen, …) durchführen und in einem Pflegedienst angestellt sind. Ausgeschlossen davon sind somit pflegende Angehörige und 24-Stunden-Pflegende.
Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine qualitative Einzelfallanalyse. Dieses Vorgehen wurde gewählt, da der Fokus auf der Ermittlung individueller Anforderungen und Bildungsbedarfe von Pflegenden in einem ambulanten Pflegedienst liegt. „Eine qualitative Einzelfallstudie [ist] keine Methode im strengen Sinne, sondern ein Verfahren, in welchem verschiedene Methoden kombiniert werden“ (Brüsemeister 2008, S. 50). Es werden, im Gegensatz zu einer Methode, keine Regeln bzgl. Datenerhebung oder -auswertung vorgegeben (ebd., S. 80).
Neben der „… Erfassung subjektiver Einschätzungen, Deutungsmuster und Handlungsorientierungen unter Berücksichtigung der situationsspezifischen Kontextbedingungen“ (Hardes & Gieg 2005/2006, S. 1) zeichnet sich dieses Verfahren durch die „Ermittlung individueller Perspektiven“ (ebd.) aus. Im Vordergrund der Einzelfallanalyse steht das Erkenntnisinteresse. Welche Daten verwendet werden – standardisiert oder nicht-standardisiert – hängt davon ab, welche am relevantesten für den „Gewinn des Tiefenverständnis des Falles“ (Hering & Jungmann 2019, S. 624) sind.
Zu Beginn der Analyse steht das „… motivierte… Interesse an einer heuristisch abgegrenzten Untersuchungseinheit …“ (Hering & Jungmann 2019, S. 619). Diese gilt es im weiteren Prozess der Forschung zu verstehen und mit all ihren Ausprägungen zu erklären. Dabei ist es im Sinne der Einzelfallanalyse, die gegebenen Rahmenbedingungen, also bspw. die zeitlichen und örtlichen Gegebenheiten in der ambulanten Pflege, zu berücksichtigen. Sie „… liegen … explizit im Erkenntnisinteresse des Vorhabens“ (ebd.).
Um einen Gesamtüberblick über das Thema Microlearning zu erlangen wurde zu Beginn eine Literaturrecherche durchgeführt. Hierfür wurde u. a. in Wissenschaftsverlagen (z. B. SpringerLink), Online-Portalen (wie peDOCS), Literaturdatenbanken (bspw. Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (DIE)) und Bibliotheken recherchiert.
In Phase 1 des Forschungsablaufes wurde mithilfe der Literaturrecherche eine Themenwahl getroffen (Microlearning in der betrieblichen Weiterbildung), das Thema weiter eingegrenzt (Setting ambulante Pflege) und Forschungsfragen abgeleitet. Anschließend wurde der theoretische Rahmen festgelegt und dargestellt (siehe Abbildung 1).
Aufgrund des Forschungsgegenstandes und zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde als methodische Vorgehensweise die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring, auf Basis von Leitfadeninterviews mit Pflegenden aus einem ambulanten Pflegedienst, zur Ermittlung der individuellen Anforderungen und Bildungsbedarfe gewählt.
Bei diesem Vorgehen, welches sich "an der Grenze zur quantitativen Sozialforschung" (Vogt & Werner 2014, S. 10) befindet, wird das Forschungsproblem vor dessen theoretischen Hintergrund beleuchtet (siehe Kapitel 2). Demzufolge wird in Kapitel 2.1 darauf eingegangen, an welchen erwachsenenbildungspädagogischen Prinzipien sich das Lernformat Microlearning ausrichtet.
Abbildung 1: Forschungsablauf (eigene Darstellung)
In Kapitel 2.2 geht es um Microlearning im Rahmen der beruflichen und betrieblichen Weiterbildung. Es wird erläutert inwieweit Microlearning, aus Sicht der bereits bestehenden Literatur, zur Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz beitragen (Kapitel 2.2.1) und an welchen Stellen Microlearning im Rahmen von Social Blended und Workplace Learning eingesetzt werden kann (Kapitel 2.2.2). Kapitel 2.2.3 bezieht sich auf Microlearning im Rahmen von formalem, non-formalem und informellem Lernen. Hier wird u. a. auf das 70-20-10-Modell und die Wichtigkeit informeller Lernprozesse eingegangen.
In Kapitel 2.3 folgt die Betrachtung analoger und digitaler Microlearning-Formate, sowie ein Beispiel für die Umsetzung in der Pflege.
Nach Festlegung und Erörterung des theoretischen Rahmens folgt im Zwischenfazit in Kapitel 2.4 die Beantwortung der Forschungsfrage, bei welcher die Bildungsbedarfe, welche durch Microlearning wie gedeckt werden können, zusammenfassend dargestellt werden.
Anschließend wird der Anforderungs- und Bildungsbedarf der Pflegenden im ambulanten Bereich, abgeleitet aus gesetzlichen Bestimmungen und dem Arbeitsalltag, beschrieben.
Kapitel 4 leitet Phase 2 des Forschungsablaufes ein und befasst sich mit der Methodik der empirischen Untersuchung. Die individuellen Bildungsbedarfe der Pflegenden werden mithilfe von Leitfadeninterviews erhoben. Die Struktur der Interviewleitfäden der Pflege- und Leitungspersonen ergibt sich aus einer deduktiven Kategoriendefinition, welche auf theoretischer Basis stattfindet (Mayring 2015, S. 85).
Es werden die Datenerhebung (Kapitel 4.1), -aufbereitung (Kapitel 4.2) und -auswertung (Kapitel 4.3) beschrieben. Hierbei werden bspw. der Feldzugang und die Festlegung der Stichprobe, sowie der Aufbau der Interviewleitfäden, erläutert. Die Inhalte der Interviews werden mittels Audiodateien festgehalten, transkribiert und anschließend, mittels der inhaltlich strukturierten qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring, ausgewertet. Die Gütekriterien finden hierbei Berücksichtigung (Kapitel 4.4).
„Gefordert wird im Sinne der Wissenschaftlichkeit … eine genaue Reflexion und Dokumentation der subjektiven Perspektiven der Forschenden und ihrer Einflüsse“ (Döring & Bortz 2016d, S. 70). Dieser Forderung wird mit Kapitel 4.5 nachgekommen.
Es folgt die Ergebnisdarstellung, also die Vorstellung der Resultate der Interviews mit Ankerbeispielen (Kapitel 5).
Nach der Identifikation der Anforderungen und Bildungsbedarfe von Pflegenden im ambulanten Bereich soll in Kapitel 6, der Ergebnisdiskussion, geklärt werden, inwieweit das Lernformat Microlearning den ermittelten Anforderungen und Bildungsbedarfen gerecht werden kann (Phase 3).
Kapitel 7 schließt mit einem Fazit über die vorherigen Erkenntnisse und Überlegungen.
Die gewählte Methode, die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring, zeichnet sich neben einem regelgeleiteten Vorgehen durch „… die Theoriegeleitetheit der Interpretation aus“ (Mayring 2015, S. 59), was zur Notwendigkeit der Darstellung des theoretischen Hintergrunds von Microlearning führt.
Laut der Trendstudie mmb learning Delphi 2019/2020, bei welcher 61 E-Learning Fachpersonen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt wurden, zählt Microlearning mit 92% zu einer der wichtigsten Lernformen in der Zukunft (mmb Institut 2020, S. 7; Hasenbein 2020, S. 67–68). Die Benchmarking Studie 2021 legt zudem offen, dass in 51% der dort befragten Unternehmen Microlearning eingesetzt wird und bei fast 30% der Einsatz geplant ist (Siepmann 2021, S. 13). Das Thema Blended Learning wird in der Trendstudie mmb learning Delphi mit 90% ebenfalls hoch bewertet und scheint auch zukünftig eine zentrale Rolle im Rahmen des lebenslangen Lernens zu spielen (Hasenbein 2020, S. 67–68).
Der Frage, welchen Stellenwert Microlearning im Rahmen der Erwachsenenbildung einnimmt und wo es sich, in Bezug auf die betriebliche Weiterbildung, verorten lässt, wird in den folgenden Kapiteln nachgegangen. Hierzu werden in Kapitel 2.1 die erwachsenenpädagogischen Elemente von Microlearning vorgestellt. Es folgt eine Erläuterung, inwieweit dieses Lernformat der beruflichen Kompetenzentwicklung dienen kann. Anschließend wird das Thema Blended Learning im Rahmen der betrieblichen und beruflichen Weiterbildung im Zusammenhang mit Microlearning aufgegriffen.
Das Potential von Microlearning „… zur Überbrückung formeller, nicht-formeller und informeller Lernkontexte …“ (Hug 2018, S. 335) wird in Kapitel 2.2.3 erörtert, bevor verschiedene Formatarten, analoger und digitaler Natur, sowie ein konkretes Beispiel für die Umsetzung von Microlearning in der Pflege, vorgestellt werden.
Kapitel 2.4 schließt mit einem Zwischenfazit.
Werden die Studien rund um das Thema Microlearning näher betrachtet, fällt auf, dass es keine einheitliche Definition für Microlearning zu geben scheint und in der Literatur vielerlei Begriffe kursieren, welche synonym verwendet werden. Hierzu zählen Wörter wie bite-sized learning, Wissenshappen, Lernhäppchen oder Learning-Nuggets (ArgenturQ 2019, S. 5; Robes 2009, S. 2). Zudem variieren die Schreibweisen von Microlearning, über Micro-Learning bis hin zum deutschen Wort Mikrolernen (Ettl-Huber 2020, S. 11). Doch trotz aller Unterschiede gibt es übereinstimmende Komponenten.